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(Energievermeidung), Energieeinsparung durch Heizung und Dämmung) sowie Energieeffizienz (Nahwärme). Die Überforderung lässt sich besonders gut bei der von der Landesregierung geforderten Szenarienentwicklung der Versorgung von Haushalten und Kleinverbrauchern mit er- neuerbarer Energie aufzeigen. So sinnvoll und – gerade im Hinblick auf eine dezentralisierte Energieversorgung auch – notwendig Bestandsanalyse und Zukunftskonzeption sind – weder von der Datenverfügbarkeit noch von ihrer rechtsför- migen Grundausstattung ist Regionalplanung in der Lage, diese Aufgabe wahrzunehmen und zu erfüllen. Am Beispiel einer rechtlich verbindlichen Festlegung von Verbrauchsmengen für Haushalte kann das eindrucksvoll demonstriert werden: Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und Energieeinsparungsverordnung (EnEV) sind bundes- einheitlich geregelt und unterfallen ausschließlich dem Kompetenzbereich von Verfassungsorganen des Bundes (Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung). Landes- oder regionalplanerische Zusatzregelungen sind in diesem Kompetenzmodell nicht vorgesehen. Eine am Vorbild der Bauordnung orientierte – hier so genannte – „Energieord- nung“ existiert nicht. Schließlich verfügt die Regionalpla- nung – von wenigen Ausnahmen abgesehen – über keine finanziellen Mittel, um Maßnahmen zur energetischen Sa- nierung von Gebäuden bzw. zur Effizienzsteigerung der Energieausbeute zu ermöglichen. Der Autor steht der der Regionalplanung zugewiesenen Rolle eines „Königmachers“ bei der Ausarbeitung regio- naler Energiekonzepte außerordentlich skeptisch gegen- über. Die Bedenken konzentrieren sich auf die fachliche Überforderung und auf die Informalität – und damit auf die planerisch-rechtlichen Unverbindlichkeit – dieser Pla- nung. In der folgenden Ausgabe werden die Bedenken er- läutert. „Energiewende in der Industriegesellschaft“ – so lautet der Titel des vom Institut für Umwelt- und Technikrecht Trier (IUTR) veranstalteten 29. Trierer Kolloquiums zum Um- welt- und Technikrecht unter der Leitung von Professor Dr. Reinhard Hendler , das am 5. und 6. September 2013 im ERA Conference Center in Trier stattfand. Die insgesamt neun Vorträge beleuchteten das komplexe Thema unter verschiedenen Gesichtspunkten und ermöglichten so den ca. 90 Teilnehmern aus unterschiedlichsten Bereichen ei- nen umfassenden Einblick und die Möglichkeit zu ange- regten Diskussionen auch im Rahmen des Tagungs- programms. In seinen einleitenden Worten, mit denen der Tagungs- leiter und Direktor des IUTR, Professor Dr. Reinhard Hend- ler, das Themenfeld kurz umriss, stellte er fest, dass die Deutschen besonders wendeerfahren und besonders wen- demutig seien. Die Energiewende, einerseits geprägt von der durch die Ereignisse in Fukushima neu entfachten Angst vor der Atomkraft, andererseits von dem Wunsch, Abstand von der Energiegewinnung durch klimaschädli- che Rohstoffe wie Kohle zu nehmen, stelle jedoch auch die Deutschen vor verschiedenste Herausforderungen wie bei- spielsweise den Schutzgüterkonflikt mit dem Naturschutz. Nach dem Grußwort des Präsidenten der Universität, Pro- fessor Dr. Michael Jäckel, begann das Vortragsprogramm mit dem Referat von Professor Dr. Gerrit Manssen, Universität Regensburg, zum „Fördersystem des Erneuerbare-Ener- gien-Gesetzes (EEG) aus rechtlicher Sicht“. Nach einer kurzen Darstellung der verschiedenen Stufen des Förder- systems befasste sich Manssen vornehmlich mit der Frage, ob es sich bei der EEG-Umlage um eine hoheitliche Ab- Jessica Schröter, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, IUTR Trier, Deutschland gabe handele und demzufolge die Befreiung bestimmter Unternehmen von dieser Umlage als Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV zu qualifizieren sei, was er bejahte. Dies begründete er damit, dass Grundlage für die EEG-Um- lage das EEG und die AusgleichsmechanismusVO seien, die Befreiung von der Umlage durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle durch Bescheid erfolge, die Netzbetreiber keine privatautonome Gestaltungsfrei- heit bei der Festsetzung der Umlage hätten und hierbei der Aufsicht der Bundesnetzagentur unterlägen. Zudem han- dele es sich bei der EEG-Umlage um eine verfassungswid- rige Finanzierungssonderabgabe. Im zweiten Referat befasste sich Professor Dr. Jürgen Küh- ling, LL.M, Universität Regensburg, mit den „Rechts- fragen der Entschädigung und des Belastungsausgleichs bei der Anbindung von Offshore-Anlagen“. Einleitend wies Kühling auf die Vorteile der Offshore-Windkraftan- lagen aufgrund ihrer sicheren Leistung, aber auch auf ei- nige Probleme, insbesondere das der Netzanbindung hin. Im Anschluss beleuchtet er das neu geschaffene Entschädi- gungs- und Ausgleichssystem der §§ 17 e ff. Energiewirt- schaftsgesetz (EnWG), mit denen die Entschädigungskosten im Falle der Störung der Netzanbindung zum Großteil auf den Verbraucher umgelegt würden. Er kam zu dem Ergeb- nis, dass die durch den Umlagemechanismus verursachten Kosten keinen Verstoß gegen Grundrechte darstellten und eine zulässige unechte Rückwirkung vorliege. Er teilte je- doch die Auffassung von Manssen, dass es sich um eine ver- fassungswidrige Sonderabgabe handele, nicht aber um ei- nen Verstoß gegen das Beihilfeverbot des Art. 107 AEUV. Gleichwohl plädierte er für eine grundlegende Reform des EEG mit einer Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Ele- menten. Im Anschluss daran referierte Professor Dr. Beckmann, Bau- meister Rechtsanwälte, Münster, über „Die Bereitstellung DOI: 10.1007/s10357-013-2582-3 Tagungsbericht: Das 29. Trierer Kolloquium zum Umwelt- und Technikrecht Jessica Schröter © Springer-Verlag 2014 Berichte 123 28 NuR (2014) 36: 28–30 BERICHTE

Tagungsbericht: Das 29. Trierer Kolloquium zum Umwelt- und Technikrecht

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(Energievermeidung), Energieeinsparung durch Heizung und Dämmung) sowie Energieeffizienz (Nahwärme).

Die Überforderung lässt sich besonders gut bei der von der Landesregierung geforderten Szenarienentwicklung der Versorgung von Haushalten und Kleinverbrauchern mit er-neuerbarer Energie aufzeigen. So sinnvoll und – gerade im Hinblick auf eine dezentralisierte Energieversorgung auch – notwendig Bestandsanalyse und Zukunftskonzeption sind – weder von der Datenverfügbarkeit noch von ihrer rechtsför-migen Grundausstattung ist Regionalplanung in der Lage, diese Aufgabe wahrzunehmen und zu erfüllen.

Am Beispiel einer rechtlich verbindlichen Festlegung von Verbrauchsmengen für Haushalte kann das eindrucksvoll demonstriert werden: Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und Energieeinsparungsverordnung (EnEV) sind bundes-einheitlich geregelt und unterfallen ausschließlich dem Kompetenzbereich von Verfassungsorganen des Bundes

(Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung). Landes- oder regionalplanerische Zusatzregelungen sind in diesem Kompetenzmodell nicht vorgesehen. Eine am Vorbild der Bauordnung orientierte – hier so genannte – „Energieord-nung“ existiert nicht. Schließlich verfügt die Regionalpla-nung – von wenigen Ausnahmen abgesehen – über keine finanziellen Mittel, um Maßnahmen zur energetischen Sa-nierung von Gebäuden bzw. zur Effizienzsteigerung der Energieausbeute zu ermöglichen.

Der Autor steht der der Regionalplanung zugewiesenen Rolle eines „Königmachers“ bei der Ausarbeitung regio-naler Energiekonzepte außerordentlich skeptisch gegen-über. Die Bedenken konzentrieren sich auf die fachliche Überforderung und auf die Informalität – und damit auf die planerisch-rechtlichen Unverbindlichkeit – dieser Pla-nung. In der folgenden Ausgabe werden die Bedenken er-läutert.

„Energiewende in der Industriegesellschaft“ – so lautet der Titel des vom Institut für Umwelt- und Technikrecht Trier (IUTR) veranstalteten 29. Trierer Kolloquiums zum Um-welt- und Technikrecht unter der Leitung von Professor Dr. Reinhard Hendler, das am 5. und 6. September 2013 im ERA Conference Center in Trier stattfand. Die insgesamt neun Vorträge beleuchteten das komplexe Thema unter verschiedenen Gesichtspunkten und ermöglichten so den ca. 90 Teilnehmern aus unterschiedlichsten Bereichen ei-nen umfassenden Einblick und die Möglichkeit zu ange-regten Diskussionen auch im Rahmen des Tagungs-programms.

In seinen einleitenden Worten, mit denen der Tagungs-leiter und Direktor des IUTR, Professor Dr. Reinhard Hend-ler, das Themenfeld kurz umriss, stellte er fest, dass die Deutschen besonders wendeerfahren und besonders wen-demutig seien. Die Energiewende, einerseits geprägt von der durch die Ereignisse in Fukushima neu entfachten Angst vor der Atomkraft, andererseits von dem Wunsch, Abstand von der Energiegewinnung durch klimaschädli-che Rohstoffe wie Kohle zu nehmen, stelle jedoch auch die Deutschen vor verschiedenste Herausforderungen wie bei-spielsweise den Schutzgüterkonflikt mit dem Naturschutz.

Nach dem Grußwort des Präsidenten der Universität, Pro-fessor Dr. Michael Jäckel, begann das Vortragsprogramm mit dem Referat von Professor Dr. Gerrit Manssen, Universität Regensburg, zum „Fördersystem des Erneuerbare-Ener-gien-Gesetzes (EEG) aus rechtlicher Sicht“. Nach einer kurzen Darstellung der verschiedenen Stufen des Förder-systems befasste sich Manssen vornehmlich mit der Frage, ob es sich bei der EEG-Umlage um eine hoheitliche Ab-

Jessica Schröter, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, IUTR Trier, Deutschland

gabe handele und demzufolge die Befreiung bestimmter Unternehmen von dieser Umlage als Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV zu qualifizieren sei, was er bejahte. Dies begründete er damit, dass Grundlage für die EEG-Um-lage das EEG und die AusgleichsmechanismusVO seien, die Befreiung von der Umlage durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle durch Bescheid erfolge, die Netzbetreiber keine privatautonome Gestaltungsfrei-heit bei der Festsetzung der Umlage hätten und hierbei der Aufsicht der Bundesnetzagentur unterlägen. Zudem han-dele es sich bei der EEG-Umlage um eine verfassungswid-rige Finanzierungssonderabgabe.

Im zweiten Referat befasste sich Professor Dr. Jürgen Küh-ling, LL.M, Universität Regensburg, mit den „Rechts-fragen der Entschädigung und des Belastungsausgleichs bei der Anbindung von Offshore-Anlagen“. Einleitend wies Kühling auf die Vorteile der Offshore-Windkraftan-lagen aufgrund ihrer sicheren Leistung, aber auch auf ei-nige Probleme, insbesondere das der Netzanbindung hin. Im Anschluss beleuchtet er das neu geschaffene Entschädi-gungs- und Ausgleichssystem der §§ 17 e ff. Energiewirt-schaftsgesetz (EnWG), mit denen die Entschädigungskosten im Falle der Störung der Netzanbindung zum Großteil auf den Verbraucher umgelegt würden. Er kam zu dem Ergeb-nis, dass die durch den Umlagemechanismus verursachten Kosten keinen Verstoß gegen Grundrechte darstellten und eine zulässige unechte Rückwirkung vorliege. Er teilte je-doch die Auffassung von Manssen, dass es sich um eine ver-fassungswidrige Sonderabgabe handele, nicht aber um ei-nen Verstoß gegen das Beihilfeverbot des Art. 107 AEUV. Gleichwohl plädierte er für eine grundlegende Reform des EEG mit einer Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Ele-menten.

Im Anschluss daran referierte Professor Dr. Beckmann, Bau-meister Rechtsanwälte, Münster, über „Die Bereitstellung

DOI: 10.1007/s10357-013-2582-3

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B E R IC H T E

der Grundlast durch konventionelle Kraftwerke“. Durch das Dritte Gesetz zur Neuregelung energiewirtschafts-rechtlicher Vorschriften (3. EnWNG) vom 20. 12. 2012 und die Reservekraftwerksverordnung (ResKV) vom 27. 6. 2013 habe der Gesetzgeber erheblich in das Recht der Kraftwerksbetreiber zur Stilllegung ihrer Anlagen einge-griffen. Dies sei geschehen, weil Betreiber konventionel-ler Kraftwerke angekündigt hatten, wegen des Ausbaus er-neuerbarer Energien, ihre Kraftwerke aus wirtschaftlichen Gründen stillzulegen. Erneuerbare Energien seien aber auf Grund ihrer schwankenden Beiträge zur Stromversor-gung nicht grundlastfähig. Beckmann differenziert zwi-schen vorläufiger und endgültiger Stilllegung. Bei erste-rer prüfe der systemverantwortliche Betreiber, ob durch die vorläufige Stilllegung die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems gestört oder gefährdet wird, und könne bei einem positiven Ergebnis den Anla-genbetreiber zur Bereithaltung der Anlage bzw. den Ein-satz verpflichten. Hier bestehe Konfliktpotential mit den Vorschriften zur Genehmigung des Kraftwerks nach dem BImSchG, insbesondere der Verzichtserklärung. Bei beiden Formen der Stilllegung könne der Betreiber aber eine an-gemessene Vergütung geltend machen.

Es folgte der Beitrag von Professor Dr. Spannowsky, Uni-versität Kaiserslautern, zum Thema „Der Ausbau der er-neuerbaren Energien in der Raumordnungs- und Bauleit-planung“. Diese sei bezüglich des Ausbaus der erneuerbaren Energiequellen vor allem durch die Steuerung der Nut-zung von Solar-, Biomasse- und Windenergie betroffen. Der Ausbau der Übertragungsnetze sei dagegen der Fach-planung unterworfen. Im Folgenden wies Spannowsky auf die besondere Brisanz der Steuerung der Windkraftnut-zung hin, deren Regelungsdichte insbesondere durch die Abweichung der Länder vom ROG des Bundes bedingt sei. Er kritisierte die Verlagerung der planerischen Konfliktbe-wältigung auf die kommunale Ebene unter dem Gesichts-punkt der Nachhaltigkeit und zeigte die Schwächen der rheinland-pfälzischen Teilfortschreibung des LEP IV auf, wobei ihm als Beispiel die nicht ausreichende Abschätzung des Flächenbedarfs für die Windenergienutzung im Pfälzer Wald diente. Im Ergebnis gelangte er zu der Einschätzung, dass die Regelungsvielfalt zu Planungsunsicherheiten führe.

Den letzten Vortrag des ersten Tages, der das Thema „Recht und Praxis der Energiewende – Folgen für die Branche der erneuerbaren Energien“ zum Gegenstand hatte, hielt Bernhard Bögelein, juwi Energieprojekte GmbH, Wörrstadt. Nach einer Vorstellung seines Unternehmens verwies er zunächst auf die Bedeutung der Kommunen beim Ausbau erneuerbarer Energien. Sodann zeigte er ver-schiedene Planungshemmnisse für den Bau von Wind-energieanlagen auf, die den Großteil der Strommenge aus erneuerbaren Energie ausmachen. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass die Vorstellung, das ganze Land Rheinland-Pfalz werde mit Windenergieanlagen überhäuft, nicht der planungsrechtlichen Wirklichkeit entspreche. Sodann er-läuterte er den Umbau der Energieerzeugungsstruktur sowie die starke Diskrepanz des Strompreises für ener-gieintensive Unternehmen und Privatkunden. Abschlie-ßend betonte Bögelein die Bedeutung der Planungssicher-heit für die Energiewende und schlug ein Festpreismodell für Solar- und Windenergie vor, da dieses mangels Brenn-stoffkosten für erneuerbare Energien genüge, um die In-vestitionen in die Anlage zu refinanzieren, und somit das kostengünstigste Modell darstelle.

Die Tagungsteilnehmer konnten den Tag beim Empfang der Landesregierung im Kurfürstlichen Palais ausklingen lassen, wo die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, in ihrer Festrede über ihre politische Einschätzung zum Thema des Kolloquiums referierte.

Den zweiten Tag eröffnete Professor Dr.  Thorsten Be-ckers, Technische Universität Berlin, mit seinem Referat zum Thema „Das Fördersystem des Erneuerbare-Ener-

gien-Gesetzes aus (institutionen-)ökonomischer Sicht“, das auf einer gemeinsam mit weiteren Verfassern entwickel-ten Forschungsarbeit mit dem Titel „Weiterentwicklung des Marktdesigns und der Netzregulierung zur Transfor-mation des Stromsystems“ basierte. Hierbei kam er beim Vergleich zwischen einem Modell, in dem die Bereitstel-lung von Erzeugungskapazität und Investitionsfinanzie-rung durch Betreiber im Kontext eines Wettbewerbs der Vertriebe und des Engery-Only-Marktes erfolgt, sowie ei-nem Modell, indem dies durch regulatorische Planung und Verträge (Kapazitätsinstrumente) geschieht, zu dem Ergeb-nis, das letzteres der erfolgversprechendere Ansatz sei. In-soweit präferierte er Regulierung im Gegensatz zu markt-wirtschaftlichen Elementen. Sodann ging er auf das EEG als Kapazitätsoption ein und beschrieb es als grundsätzlich geeignet für die Bereitstellung und die Investitionsfinan-zierung. Daher solle das EEG 2.0 eine Weiterentwicklung des EEG 1.0 sein.

Das Tagungsprogramm wurde sodann von Dr. Hermann Hüwels, Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Ber-lin, fortgesetzt, der über „Das Fördersystem des Erneuer-bare-Energien-Gesetzes aus unternehmerischer Sicht“ re-ferierte. Dieser wies zunächst unter Bezugnahme auf die direkten Kosten für die Einspeisevergütung nach dem EEG von 20 Mrd. Euro auf die enormen Strompreise für er-neuerbare Energien hin. Dies sei insbesondere darauf zu-rückzuführen, dass konventionelle Kraftwerke nicht darauf ausgelegt seien, nachrangig zur schwankenden Leistung aus erneuerbaren Energien zu produzieren, was zu einem Überschuss an Strom, einem Verfall des Börsenstrompreises und schließlich zu einer Steigung der EEG-Umlage führe. Dies habe auch zur Folge, dass gerade Gaskraftwerke, die ideal zu erneuerbaren Energien harmonieren, nicht ren-tabel seien. Insbesondere gibt er zu bedenken, dass ener-gieintensive Unternehmen in Europa wettbewerbsfähig bleiben müssten. Insoweit plädierte er für einen europa-rechtlichen Rahmen für die Energiepolitik, eine Unter-stützung des Trends zur Eigenversorgung, die Abkehr von bestimmten Quoten und vom Vorrang erneuerbarer Ener-gien am Markt, wobei sich eine Präferenz weiterhin durch Zuschläge für erneuerbare Energien ausdrücken könne.

Sodann stellte Professor Dr.  Wilfried Erbguth, Universi-tät Rostock, seinen Beitrag „Planung und Zulassung von Stromautobahnen“ vor. Hierbei ging er auf das Netzaus-baubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) ein, das die bisherige Zuständigkeit der Länder für Tras-sensicherung und Zulassung großräumiger Höchstspan-nungsleitungen auf Bundesebene verlagert und dadurch deren (gesamt)planerische Verbindung mit der Steuerung der Energieerzeugung beseitigt, allerdings weiterhin eine Abweichungskompetenz der Länder beinhaltet. Probleme bereite hier, dass der Bundesfachplanung kein Vorrang ge-genüber der Landesplanung eingeräumt werde. Erbguth wies weiterhin auf eine Gefährdung der Effektivität des Rechtsschutzes hin, da das Rechtsschutzverfahren, sofern es erst im Planfeststellungsverfahren ansetzt, bereits durch die Bindungswirkung der Bundesfachplanung determiniert sei. Weiterhin ging er auf die Zuständigkeit der Bundes-netzagentur ein, die er für verfassungsrechtlich bedenk-lich hält. Insgesamt kam er zu dem Ergebnis, dass es sich beim NABEG um Raumordnung im fachplanerischen Ge-wand handele und bewertet das Auseinanderfallen zwi-schen Energieerzeugung und Energieversorgung durch das NABEG als schlecht.

Zum Abschluss des Kolloquiums referierte RA Dr. Win-fried Porsch, Dolde Mayen & Partner, Rechtsanwälte, Stutt-gart, über die „Öffentlichkeitsbeteiligung an der Netz-ausbauplanung vor dem Hintergrund von ‚Stuttgart 21‘“. Dabei ging er zunächst auf die Aufgabe der Öffentlich-keitsbeteiligung allgemein und die Defizite der Öffentlich-keitsbeteiligung speziell bei Stuttgart 21 und anderen Pro-jekten ein. Sodann bezog er sich auf das Planungs- und

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Zulassungsecht für die Übertragungsnetze, das verschie-dene Stufen vorsieht, denen mehrere Öffentlichkeitsbetei-ligungsschritte zugeordnet sind. Hierbei wies er insbeson-dere darauf hin, dass es für die Öffentlichkeit schwierig sei, die eigene Betroffenheit schon während des Verfahrens der Bundesbedarfsplanung festzustellen, da der Trassenkorri-dor erst bei der Bundesfachplanung und die grundstücks-mäßige Betroffenheit erst im Planfeststellungsverfahren er-kennbar sei. Insoweit würde Porsch eine bürgerfreundliche Beteiligung bei der Bedarfsplanung bevorzugen. Aufgrund der langen Zeiträume zwischen den einzelnen Planungs-

schritten, in der sich die Grundlagen der Planung ändern können, sieht er die Akzeptanz der Vorhaben trotz früher Öffentlichkeitsbeteiligung gefährdet.

Professor Dr. Reinhard Hendler beendete die Tagung, die er als instruktiv und bereichernd bewertete, mit seinem Schlusswort und einem Ausblick auf das 30. Trierer Kollo-quium zum Umwelt- und Technikrecht, das voraussicht-lich am 4. und 5. September 2014 zum Thema „kommu-naler Umweltschutz“ stattfinden wird. Die Ergebnisse der diesjährigen Tagung werden Anfang des Jahres 2014 in ei-nem Tagungsband veröffentlicht.

Mit Urteil vom 11. 9. 2013 gewährt das OLG Hamm dem kla-genden Pächter eines vormals industriell genutzten Grundstücks einen Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs. 2 BBodSchG gegen die Rechtsnachfolgerin des früher dort ansässigen Industriebetriebs für solche Sanierungs- und Entsorgungskosten, die erst und nur durch bauliche Veränderungen des Grundstücks ausgelöst werden (baube-dingte Sanierungsmaßnahmen). Der nachfolgende Beitrag betrach-tet die Vereinbarkeit dieser Entscheidung mit den Grundsätzen der bodenschutzrechtlichen Ausgleichsforderung und ordnet sie in die bisherige bodenschutzrechtliche Rechtsprechung ein.

1. Einleitung

Die bodenschutzrechtliche Ausgleichsforderung nach § 24 Abs.  2 BBodSchG beschäftigt seit ihrer Einführung mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz regelmäßig die Oberge-richte und den Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof konnte dabei bisher Fragen der Anspruchsverjährung 1, des Verhältnisses des Anspruchs zu den Vorschriften des Ge-samtschuldnerausgleichs 2 und Fragen der Altlastenfreistel-lung bei Grundstücksübertragungen 3 klären. Trotz dieser Entscheidungen des BGH sind wichtige weitere Fragen bis-lang noch nicht höchstgerichtlich geklärt. Jedenfalls stellt die Vorschrift des § 24 Abs. 2 BBodSchG die Gerichte wei-terhin vor Schwierigkeiten. Grund hierfür mag die Ver-knüpfung öffentlich-rechtlich geprägter Anspruchsvoraus-setzungen mit einem zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch sein, der infolgedessen bruchfrei sowohl in die öffentlich-rechtliche Systematik des Ordnungsrechts als auch in die zivilrechtliche Systematik etwa des Gewährleistungs- und Schadensersatzrechts einzufügen ist. Mit dem Urteil des OLG Hamm vom 11. 9. 2013 4 erging nun eine neue Ent-scheidung zur bodenschutzrechtlichen Ausgleichsforde-

Rechtsanwälte Dr. Wolf Friedrich Spieth und Niclas Hellermann, Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Berlin, Deutschland

rung nach § 24 Abs. 2 BBodSchG, die gleich aus mehreren Gründen eingehende Betrachtung verdient und von großer Bedeutung für alle industriell genutzten Grundstücke ist.

2. Das Urteil des OLG Hamm v. 11. 9. 2011

In dem Fall, der dem – noch nicht rechtskräftigen – Ur-teil des OLG Hamm zugrunde lag, macht der Pächter ei-nes mit Schadstoffen verunreinigten Grundstücks einen Anspruch auf Freistellung von Sanierungskosten nach § 24 Abs.  2 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) geltend. Beklagt ist die Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Grund-stückseigentümerin, die in der Vergangenheit auf dem Grundstück über mehrere Jahrzehnte eine industrielle Pro-duktion betrieben hatte, wodurch der Boden des Grund-stücks mit Produktionsrückständen verunreinigt wurde. Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig. In den Jah-ren 1987 bis 2008 hatte die Beklagte erhebliche Kosten für den Aushub kontaminierten Bodens getragen und in wei-teren Jahren die Kosten für Boden- und Grundwasserun-tersuchungen sowie andere Sanierungskosten ebenfalls al-lein übernommen. Neben der Dekontamination (d. h. dem Austausch belasteten Bodens) auf einem Teils des Grund-stücks wurden im Zuge dieser Maßnahmen von der Be-klagten insbesondere eine Bodenversiegelung eingerich-tet, die den Eintritt von Oberflächenwasser in den Boden und das Auswaschen von Schadstoffen in das Grundwasser verhindert. Nach Abschluss dieser Maßnahmen hatte die zuständige Bodenschutzbehörde 2010 gegenüber der Be-

Keine Haftung nach § 24 Abs. 2 BBodSchG für baubedingte Sanierungsmaßnahmenzugleich Besprechung zu OLG Hamm, Urteil v. 11. 9. 2013, Az.: I-11 U 22/12

Wolf Friedrich Spieth und Niclas Hellermann

© Springer-Verlag 2014

Urteilsanmerkungen

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1) BGH, Urt. v. 1. 10. 2008 – XII ZR 52/07, NuR 2009, 293; BGH, Urt. v. 18. 10. 2012 – III ZR 312/11, NVwZ 2012, 3777

2) BGH, Urt. v. 18. 2. 2010 – III ZR 295/09, NuR 2010, 673.3) BGH, Urt. v. 2. 4. 2004 – V ZR 267/03, NuR 2004, 824; BGH,

Urt. v. 28. 7. 2004 – XII ZR 163/03, NuR 2005, 4854) OLG Hamm, Urt. v. 11. 9. 2013 – I-11 U 22/12, NuR 2014, 74 (in

diesem Heft).

U RT E I L S A N M E R K U N G E N