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Taiwan Aktuell #555 15.10.2012

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Präsident Ma zum Nationalfeiertag Außenhandel wächst wieder Frauen in der Politik

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Zweiwöchentliche Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Zweiwöchentliche Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Zweiwöchentliche Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Zweiwöchentliche Nachrichten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der

Republik ChRepublik ChRepublik ChRepublik Chiiiinananana

Herausgeber: Karl C.Y. Cheng, Chefredakteur: Bo-Sung Hsu Redaktion: Helga Doppler Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Büro München - Presseabteilung

Sonnenstraße 25, 80331 München, Tel: 089-271 19 58, Fax: 271 32 02 Email:[email protected], Internet: www.taiwanembassy.org.de

Präsident Ma zum Nationalfeiertag Außenhandel wächst wieder Frauen in der Politik

Politik

Präsident Ma zum Nationalfeiertag (Auszüge aus dem von der Regierung veröffentlichten Text der Rede des Präsidenten zum 10.10.2012) Heute ist der 101. Nationalfeiertag der Republik China. An diesem Tag sollen wir uns immer an die Mühsal und die Kämpfe unserer Vorfahren erinnern und uns darauf besinnen, weiter fortzufahren in unseren Bemühungen um unser Land. Fast neun Monate sind vergangen seit der Präsidentschaftswahl in diesem Jahr. Während dieser Zeit haben sich enorme politische und wirtschaftliche Veränderungen ereignet, sowohl in Taiwan als auch in der gesamten Welt. Einige politische Entscheidungen unserer Regierung wurden von der Öffentlichkeit kritisiert. Wir haben diesen kritischen Stimmen sehr genau zugehört. Wir haben unsere Vorgehensweise unter die Lupe genommen und

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21. Jahrgang ISSN 0945-618X

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darüber nachgedacht, was wir verbessern können. Unsere Antwort werden wir in Form von konkreten Maßnahmen geben. Die globale wirtschaftliche Situation ist in diesem Jahr nicht weniger ernst als sie es vor vier Jahren während des Finanz-Tsunamis war. Erschwerend kommt hinzu, dass die Spannungen im Ost- und Südchinesischen Meer eskaliert sind. Daraus erwachsen besondere Herausforderungen für Taiwan, die wir jedoch nicht fürchten müssen. Ich schlage vier Ansätze vor, die wir zum Wohl unseres Landes alle gemeinsam verfolgen sollten:

1. Reformen bei den Strukturen der Industrie und eine Anhebung der Löhne 2. Beseitigung von Investitionsbarrieren und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen 3. Verteidigung der Souveränität und der Fischereirechte sowie die Förderung des

regionalen Friedens 4. Stärkung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit bei gleichzeitiger Förderung der

Entwicklung in den Beziehungen über die Taiwan-Straße. Obwohl Taiwans Wirtschaft in den letzten Jahren gewachsen ist, haben jedoch viele Menschen erfahren müssen, dass ihre Löhne stagnieren, und darüber sie sind verständlicherweise nicht erfreut. Deshalb müssen wir uns im internationalen Wirtschafts- und Handelssystem neu positionieren und unsere Industrien entsprechend umstrukturieren, um ein neue Entwicklung von Taiwans Wirtschaft herbeizuführen. Wir wollen unsere Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit anderen Ländern ausweiten und so die weltweite Vermarktung von Taiwans Produkten und Dienstleistungen erleichtern. Vor zwei Jahren haben wir das Rahmenabkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECFA) mit Festlandchina, unserem Handelspartner Nummer Eins, abgeschlossen. Im August dieses Jahres haben wir dann ein gegenseitiges Abkommen zum Schutz und zur Förderung von Investitionen geschlossen, weiter ein Zollkooperationsabkommen und eine Absichtserklärung hinsichtlich der Währungsbeziehungen zwischen beiden Seiten, und die Folgeverhandlungen zu ECFA werden nun mit Nachdruck vorangetrieben. In den letzten Jahren haben sich die Beziehungen mit Japan, unserem zweitgrößten Handelspartner, kontinuierlich verbessert. In den letzten zwei Jahren ist die Anzahl der Flüge zwischen Taiwan und Japan um 45 Prozent gestiegen, während die Zahl der angeflogenen Destinationen sich um 90 Prozent erhöht hat. Seit Taiwan und Japan das Bilaterale Investionsabkommen im letzten Jahr geschlossen haben, sind die Investitionen Japans in unserem Land um 26 Prozent angestiegen. Damit ist Japan in diesem Jahr der wichtigste ausländische Investor in Taiwan. Anfang September haben die USA, unser drittgrößter Handelspartner, zugestimmt, die Verhandlungen mit Taiwan unter dem bilateralen Handels- und Investitionsrahmenabkommen wieder aufzunehmen, und wir werden uns weiter darum bemühen, günstige Bedingungen für Taiwans Teilnahme an der Trans-Pazifik Partnerschaft zu schaffen. Außerdem haben die Vereinigten Staaten am 02. Oktober 2012 angekündigt, dass Taiwan in das Visa Waiver

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Programm aufgenommen wird. Bemerkenswert daran ist, dass Taiwan unter den 37 teilnehmenden Ländern das einzige ist, dass keine diplomatischen Beziehungen mit den USA unterhält. Das zeigt wiederum auch das hohe Maß an Vertrauen, dass die USA in die Bürger der Republik China und ihre Regierung setzt. Diese vertrauensbildende Maßnahme wird zu einer Vertiefung der Beziehungen zwischen den Menschen hier und dort beitragen und die bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen stärken. Ein weiteres Thema über das sich die Menschen in Taiwan Gedanken machen ist die Beschäftigungslage. Wir müssen ein besseres Geschäftsumfeld kreieren, um dazu beizutragen, dass in Taiwan mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Kürzlich wurde Taiwan in einer internationalen Studie auf Platz 4 eingestuft hinsichtlich seines Investitionsklimas im globalen Vergleich. Doch unsere Regierung wird sich weiter bemühen Investitionshürden abzubauen und wir werden für einen besseren Ausgleich hinsichtlich der Infrastruktur der verschiedenen Regionen in Taiwan sorgen. Auch der Tourismus bietet gute Möglichkeiten mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Es wird erwartet, dass die Anzahl der ausländischen Besucher dieses Jahr die 7-Millionen-Marke überschreiten wird. Öffentlicher wie privater Sektor müssen hart daran arbeiten, den ausländischen Gästen herausragende Qualität und Dienstleistungen zu bieten. Es sind mehr Investitionen nötig, um unser Ziel von 10 Millionen ausländischer Besucher im Jahr 2016 zu erreichen. Neben Großprojekten muss die Regierung noch vieles in Angriff nehmen. Es muss ein noch besseres Investitionsklima geschaffen werden durch weitere Deregulierungsmaßnahmen. Was ich jedoch in diesem Zusammenhang deutlich bekräftigen möchte, ist, dass wir bei der Aufhebung von Restriktionen für ausländische Investitionen in Taiwans Industrien immer darauf bedacht sein werden, die nationale Sicherheit und die nationalen Interessen zu wahren und zu schützen. In Zukunft wird liberale Wirtschaftspolitik die Regel sein und Barrieren die Ausnahme. Wir müssen Kontrollen des Arbeitsmarktes aufheben, um mit den modernen Trends mitzuhalten, jedoch immer unter der Voraussetzung, dass eine gesunde Balance zwischen Investitionsanreizen und dem Schutz des heimischen Arbeitsmarktes besteht. Wir müssen unsere Souveränität und unsere Fischereirechte verteidigen und den Frieden in der Region weiter fördern. Die Situation in den Gewässern um die Diaoyutai Inseln hat weltweit Aufmerksamkeit erregt. Ob aus der Perspektive von Geschichte oder Geographie oder internationalem Recht betrachtet, die Diaoyutai Inseln waren immer ein Teil des Gebietes der Republik China und gehören zu den Inseln Taiwans. Die Gewässer um die Diaoyutais sind seit Jahrhunderten die traditionellen Fischgründe der Fischer Taiwans. Die Patrouillenboote der Regierung werden weiterhin unsere Fischer schützen und unsere Territorialgewässer in diesem Gebiet verteidigen. Die Republik China hat immer Frieden gesucht und großes Gewicht auf die guten Beziehungen mit anderen Ländern gelegt. Als Antwort auf die Auseinandersetzungen um die Diaoyutai Inseln habe ich am 05. August die Friedensinitiative im Ostchinesischen Meer gestartet, um mich dafür einzusetzen, dass alle Beteiligten den Streit beilegen und in einen Dialog eintreten. Die Republik China will als Friedensstifter in der internationalen Gemeinschaft aufzutreten und wird sich für Frieden und Stabilität in Ostasien einsetzen.

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Rechtsstaatlichkeit ist ein wesentliches Element der demokratischen Staatsführung und eine saubere, kompetente Regierung ist wesentlicher Bestandteil der Rechtssicherheit. Deshalb habe ich, seit ich das Amt des Präsidenten angetreten habe, immer wieder an die Beamten appelliert “Integrität zu zeigen, Ergebnisse zu erzielen und Leidenschaft für die Sache zu entwickeln“. Und ich habe geschworen eine saubere und kompetente Regierung zu führen. Die demokratischen Errungenschaften der Republik China hier in Taiwan haben die Aufmerksamkeit der gesamten chinesisch sprechenden Welt erregt. Taiwan hat bewiesen, dass Demokratie sich im Rahmen der chinesischen Kultur verwurzeln und Früchte tragen kann. Deshalb bin ich überzeugt, dass mehr in den Beziehungen zwischen Taiwan und dem Festland liegt als nur vergleichbare Wirtschaftsformen und kulturelle Bande. Ich glaube, dass wir in einen Dialog über Demokratie und Rechtstaatlichkeit eintreten können. In der Zeit von etwas mehr als vier Jahren hat unsere Regierung 18 Abkommen geschlossen und zwei Konsenspunkte mit dem Festland erreicht. Diese Entwicklung wird den Menschen in Taiwan substantielle Vorteile bringen. Die Regierung wird sich weiter bemühen die Interaktionen über die Taiwan-Straße auszuweiten auf der Basis des Konsens von 1992, der besagt, jede Seite erkennt die Existenz von “Ein China“ an, vorbehaltlich der eigenen Interpretation, was es bedeutet. Wir drängen darauf, dass beide Seiten auf dem Territorium des jeweils anderen Büros einrichten, um den Bedürfnissen von Geschäftsleuten, Studenten und der allgemeinen Öffentlichkeit gerecht zu werden. Es gibt viele Begebenheiten in der 100-jährigen Geschichte der Republik China, die uns mit Stolz erfüllen. Unsere Vorväter haben uns die Nation vermacht und wir sind verpflichtet sicherzustellen, dass die Nation weiter besteht. Das Rad der Geschichte kann sich nur immer weiter drehen. Die Tage und Jahre, die vor uns liegen, bieten unendlich vielen Möglichkeiten. Es ist mein fester Glaube, dass die Republik China eine glänzende Zukunft hat. Mögen wir zusammen unseren Weg gehen, auf welche Schwierigkeiten wir auch immer stoßen werden und in Einigkeit für Taiwan kämpfen. Lasst uns zusammen ausrufen: Lang lebe die Republik China! Lang lebe die Demokratie in Taiwan! Danke!

Wirtschaft

Außenhandel wächst wieder Vor dem Hintergrund der schnell wachsenden aufstrebenden Märkte in Asien hat der Außenhandel Taiwans im September 2012 ein Volumen von 50,26 Milliarden US$ (umgerechnet ca. 39 Milliarden Euro) erreicht, dies hat das Finanzministerium am Montag, den 08. Oktober 2012, bekannt gegeben.

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Die jüngsten Statistiken des Ministeriums belegen, dass Taiwans Exporte im Jahresvergleich um 10,4 Prozent auf 27,17 Milliarden US$ (umgerechnet ca. 21,12 Milliarden Euro) angewachsen sind. Die Importe sind langsam um 1,3 Prozent auf 23,09 Milliarden US$ (ca. 17,94 Milliarden Euro) geklettert. Der Nettohandelsüberschuss stieg um 125,4 Prozent auf 4,08 Milliarden US$ (umgerechnet ca. 3,17 Milliarden Euro) an. Generaldirektor Yeh von der Abteilung für Statistik des Finanzministeriums, fügte hinzu, dass der Export im September gegenüber dem Vormonat August bereits um zehn Prozent zulegen konnte. Dies ist innerhalb der letzten vierzehn Monate der höchste Wert gewesen und hat ein halbes Jahr des Rückgangs beendet. “Das ermutigende Ergebnis lässt sich vornehmlich auf die kräftige Nachfrage nach Flachbildschirmen, Elektronik und Produkten auf Petroleumbasis aus Taiwan zurückführen. All diese Erzeugnisse haben im betreffenden Zeitraum ein Wachstum im zweistelligen Bereich zu verzeichnen,“ erklärte Yeh. Besonders Elektronik und Produkte auf Petroleumbasis waren mit einem Zuwachs von 10,5 respektive satten 140 Prozent die erfolgreichsten Bereiche mit historischen Höchstständen von 7,75 Milliarden US$ und 2,38 Milliarden US$ (ca. 6,01 und 1,84 Milliarden Euro), erläuterte Generaldirektor Yeh. Das wichtigstes Zielgebiet für Exporte aus Taiwan bleibt nach wie vor Festlandchina einschließlich Hongkong. Von Taiwans Exporten gehen 39,9 Prozent dorthin mit einer Gesamtsumme von 10,84 Milliarden US$, das entspricht 8,41 Milliarden Euro und ist ein Zuwachs von sechs Prozent. “An zweiter Stelle mit 20 Prozent des Exportumfangs stehen die sechs wichtigsten Handelspartner Taiwans in der Vereinigung südostasiatischer Staaten. Die Lieferungen an sie sind um 41,4 Prozent auf eine Rekordsumme von 5,42 Milliarden US$ (ca. 4,2 Milliarden Euro) angewachsen,“ verkündete Yeh und fügte hinzu, dass die USA an dritter Stelle folgten mit 10,7 des Exportumfangs, respektive 9,2 Milliarden US$, ca. 7,14 Milliarden Euro. Auch die Exporte nach Japan sind um 27,9 Prozent kräftig gewachsen. Nur bei Lieferungen nach Europa musste Taiwan Einbußen von 10,5 Prozent respektive 2,27 Milliarden US$, also 1,76 Milliarden Euro, hinnehmen. Während der ersten neun Monate des Jahresvergleichszeitraums hatten die Exporte Taiwans noch um 3,9 Prozent auf ein Gesamtvolumen von 223,6 Milliarden US$ (ca. 173,5 Milliarden Euro) nachgelassen. Auch die Importe verzeichneten noch ein Negativwachstum von fünf Prozent auf 204 Milliarden US$, also 158 Milliarden Euro. Der Außenhandelsüberschuss war um neun Prozent auf 19,56 Milliarden US$ angewachsen, in Euro 15,18 Milliarden. Die Einfuhren von Investitionsgütern und Rohmaterialien, die 90 Prozent der Importe Taiwans ausmachen, blieben relativ stabil. Konsumgüter wie Kleinwagen und Mobiltelefone konnten einen starken Zuwachs verzeichnen und trugen dazu bei, die monatlichen Zahlen in der Spur zu halten.

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Nachdem das Einkaufsgeschäfts zum Jahresende nun unmittelbar bevorsteht, erwartet Yeh, dass der Export weiter wachsen wird. Gleichzeitig warnte er aber davor, dass die Verhältnisse in Europa und den USA noch unklar seien. Nach Schätzungen der Generaldirektion für Budget, Rechnungswesen und Statistik werden die Ausfuhren Taiwans im vierten Quartal nochmals um 4,45 Prozent zulegen können. Damit werde der Exportrückgang auf das komplette Jahr 2012 betrachtet nur noch 1,72 Prozent betragen. (taito)

Gesellschaft

Frauen in der Politik In Sachen Gleichberechtigung der Geschlechter und Partizipation von Frauen in der Politik muss Taiwan den Vergleich mit der Situation in der internationalen Gemeinschaft nicht scheuen, sondern das Land kann stolz darauf sein, mit seinen Erfolgen in dieser Hinsicht in Asien eine Vorreiterrolle einzunehmen. In Taiwans Parlament haben die Frauen bei der Sitzverteilung einen Anteil von 31 Prozent, im Deutschen Bundestag sind knapp 33 Prozent der Abgeordneten weiblich, in Großbritannien sind es 20 Prozent, in den USA 17 Prozent. Im Vergleich mit Asien sind z. B. in Singapur 24 Prozent Frauen im Parlament, in Südkorea sind es 14 Prozent und in Japan 12 Prozent. Betrachtet man die Strukturen der Geschlechterverteilung bei den verschiedenen Wahlen der letzten Jahre in Taiwan ergibt sich folgendes Bild: Bei der Parlamentswahl 2012 lag der Anteil der Frauen bei 33,6 Prozent, bei den Wahlen zu den Stadtregierungen in den Großstädten mit besonderem Status im Jahr 2010 lag ihr Anteil bei 34,1 Prozent und bei den letzten Landratswahlen kamen die Frauen auf 27,4 Prozent. Der Aufstieg von Frauen in die Machtzentren der Politik war auch in Taiwan ein sehr langsamer Prozess. Vor dem Jahr 2000 waren es nur ein paar wenige Frauen, die auf Ministerebene agierten. Erst als die Demokratisch Progressive Partei im Jahr 2000 an die Macht kam, begann eine neue Ära der Gleichberechtigung in der Politik mit der Ernennung von Annette Lu zur Vizepräsidentin. Li Ming-juinn, Direktor des Forschungsinstituts Taiwan Brain Trust weist daraufhin, dass in fast allen Ländern der Welt der Eintritt von Frauen in die aktive Politik überhaupt erst in den 1950er Jahren begann, und dass in der Regel der Weg der Frauen dorthin in den entwickelten Ländern sich von dem in Entwicklungsländern stark unterschied. So waren weibliche politische Führungspersonen in Lateinamerika und Südostasien alle Nachfolgerinnen von männlichen Verwandten oder Ehemännern, was nicht bedeuten soll, dass es ihnen an Mut und Verantwortungsbewusstsein mangelte. Außerdem mussten sie oft unter repressiven Bedingungen ihrer politischen Arbeit nachgehen. Im Gegensatz zu diesen Politikerinnen

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spielten Herkunft und verwandtschaftliche Beziehungen in Europa und Nordamerika bei der Wahl oder Berufung von Frauen in politische Ämter keine Rolle. Sie wurden aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten und ihrer Fachkompetenz gewählt oder sind berufen worden. Die Erfolgsquote von Frauen in der Politik in Taiwan ist untrennbar verbunden mit der Frauenbewegung und der aktiven Unterstützung von Akademikerinnen der gesellschaftlichen Reformbewegung. Fan Yun, Dozentin an der National Taiwan University erklärt dazu, die Frauenbewegung habe eine Menge Energie und Arbeit darauf verwendet, gesellschaftliche Strukturen aufzubrechen, die verantwortlich waren für das Ungleichgewicht der Geschlechter. Außer die Parteien genau zu beobachten, ob sie ihre Versprechen einhielten mehr Frauen in die Politik zu bringen, haben die Aktivisten der Bewegung erfolgreich dafür gesorgt, dass Frauen von Reformen im Wahlsystem profitieren. Obwohl oberflächlich betrachtet Frauen jeden Zugang zur aktiven Beteiligung an der Politik haben, gibt es für diejenigen, die eine Karriere in der Politik anstreben, nach wie vor eine ganze Reihe von Hindernissen. Fun Yun ist der Meinung, dass die Gesellschaft immer noch die Fähigkeiten von Frauen nicht bestätige und respektiere. Wenn ein Mann eine hohe Position bekleidet, hinterfragen die Menschen selten seine Qualifikation, wenn jedoch Frauen in Machtpositionen sind, werden sie skeptisch betrachtet und müssen sich ständig neu beweisen. So wurde zum Beispiel gesagt: “Jemand der einen Rock trägt wird niemals ein guter Oberbefehlshaber werden“ (damit wurde im Wahlkampf auf den Oberfehl über die Streitkräfte, den der Präsident innehat, angespielt). Taiwans Gesellschaft hatte schon immer moralische Vorurteile gegenüber Frauen in der Politik sowie einen starken Hang zum Voyeurismus, was viele Frauen davon abhält, in die Politik zu gehen. Yang Tsui, Professorin an der Dong Hwa University sagt, es gebe ein gespaltenes Verhältnis in der Gesellschaft in Fragen von Geschlecht und Macht. Männer, die gezielt eine Machtposition anstreben, würden für die Zurschaustellung von Männlichkeit und Stärke bewundert, aber eine Frau, die Ambitionen auf eine Machtstellung zeigt, werde oft unbewusst als jemand angesehen, der “die hässliche Seite seines Charakters zeigt“ oder gar verteufelt. Dann sind Frauen in der Politik noch mit nahezu unüberwindbaren Hindernissen konfrontiert, auch wenn die Frage nach der Gleichberechtigung in Partnerschaft und Familie diskutiert wird. Hinter jedem großen Mann steht eine starke Frau, heißt es. Aber wenn eine Frau in die Politik geht, erwartet sie nicht, dass ein Mann ihr den Rücken stärkt – es reicht ihr, dass der Mann sie nicht auf ihrem Weg behindert.

Ellen Huang, die seit den frühen 1980er Jahren in der Politik aktiv ist, spricht ein anderes Thema an: “Es ist rückständig, Politikerinnen aufzufordern sich “zu erklären“ oder gar “sich dafür zu entschuldigen“, dass sie unverheiratet sind. Wenn es auch nur im Entferntesten so sein sollte, dass Ehelosigkeit den Interessen der Öffentlichkeit zuwiderlaufe, so müssten doch alle staatlichen Einrichtungen, spezielle Abteilungen für Heiratsvermittlung unterhalten und wenn das so nicht zutrifft, dann haltet den Mund!“ In einer modernen Gesellschaft ist es eine freie Entscheidung, Single zu bleiben, nicht eine Frage von richtig oder falsch. “Einer Politikerin ermöglicht die Option unverheiratet zu bleiben, sich mehr für ihre öffentlichen Aufgaben einzusetzen.“

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Frauen und Politik, so besagt es ein Vergleich, sind wie Gewehre und Rosen. Bei dieser Metapher mögen die Frauen recht entwaffnet aussehen, aber mit Intelligenz und Flexibilität haben sie erfolgreich eine ganze Reihe von Festungen in der Geschichte der Politik eingenommen. In Zukunft sollten Frauen und Männer gleichberechtigt zusammen regieren und Demokratie und Gleichberechtigung sollten nicht mehr nur Worte sein, sondern Teil der alltäglichen Politik und ihrer Umsetzung in der Regierung. (eB) Veranstaltungskalender

Lesung von Chen Kohua in chinesischer und deutscher Sprache aus seinem Gedichtband Ich und Ich

Schirmherrschaft und Gesprächsleitung Karl C. Y. Cheng, Generaldirektor der Taipeh Vertretung in München

Gelegenheit zum Gespräch mit dem Autor und den Übersetzern Der Autor freut sich auf Fragen des Publikums am Freitag, den 19. Oktober 2012 ab 17:30 Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Büro München Sonnenstraße 25/IV 80331 München Eintritt frei – für Erfrischungen ist gesorgt Anmeldung erwünscht bei der Taipeh Vertretung (s. Impressum) Chen Kohua wurde 1961 in Hualien im Osten Taiwans geboren. Er absolvierte ein Medizinstudium in Taipeh. Heute ist Chen Oberarzt in der Augenabteilung des Veteran General Hospitals in Taipeh. Der Gedichtband mit 33 Kapiteln offenbart die intensive Selbstbeobachtung des Autors sowie sein langjähriges Studium buddhistischer Schriften. Er zeigt gesellschaftliche und politische Missstände auf, offenbart seine Sehnsucht nach Heimat und Jugend. Insgesamt legt er seine Reflexionen zu Körper, Lust und Sexualität in sehr offener tabuloser Weise dar. Chen hat über 30 Bücher veröffentlicht, seine Leidenschaft gehört jedoch nicht nur der Literatur, sondern auch der Musik, Malerei und Fotographie. Lassen Sie sich inspirieren und tauchen Sie in diese interessante Welt der Poesie ein!

Telefon 089/2711958 oder 089/ 512679-0 E-mail: [email protected] oder [email protected] Abkürzungen: (cp) = China Post (cna) = Central News Agency (tn) = Taiwan News (tt) = Taipei Times (ten) = Taiwan Economic News (taito) = Taiwan Today (rti) = Radio Taiwan International (fotai) = Focus Taiwan (eB) = eigener Bericht