30

Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder
Page 2: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)Kindheit und Profession

Page 3: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

Kindheitspädagogische Beiträge

Herausgegeben vonTanja Betz | Peter Cloos

Die Handlungsfelder der Bildung, Betreuung undErziehung von Kindern bis zehn Jahren haben sich inden letzten Jahren nachhaltig verändert. Sie stehenzunehmend im Fokus politischer Aufmerksamkeit undsind Gegenstand von Reformbemühungen.Kindheitspädagogische Forschung reagiert hierauf,indem sie den Blick nicht mehr allein auf das Kern-arbeitsfeld des Kindergartens richtet, sondern dengesamten Bildungs- und Betreuungsmix kindheits-pädagogischer Dienstleistungen fokussiert und dabeidie Schnittstellen von öffentlicher und privater Bildung,Betreuung und Erziehung, von informellen, formalenund non-formalen Bildungs- und Betreuungssettingssowie neue Formen der Zusammenarbeit berück-sichtigt. Die Reihe „Kindheitspädagogische Beiträge“trägt den skizzierten Veränderungen Rechnung, indemsie einen erweiterten, forschenden Blick auf die Bildung,Betreuung und Erziehung von Kindern entwickelt undeinen Ort für theoretisch fundierte und empirischelaborierte Diskussionen bietet.

Page 4: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)

Kindheit und ProfessionKonturen und Befunde einesForschungsfeldes

Page 5: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sindim Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzesist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das giltinsbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungenund die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2014 Beltz Juventa · Weinheim und Baselwww.beltz.de · www.juventa.deHerstellung: Ulrike PoppelSatz: text plus form, DresdenDruck und Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad LangensalzaPrinted in Germany

ISBN978-3-7799-5123-0

Page 6: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

5

Inhalt

Tanja Betz/Peter CloosKindheit und Profession.Die Kindheitspädagogik als neues Professions- und Forschungsfeld 9

Teil IBenachbarte Forschungsfelderund ihr Anregungspotential für die Kindheitspädagogik

Johanna MierendorffChildhood Studies.Anregungen für die kindheitspädagogische Professionsforschung 24

Florian EßerKindertagesbetreuung im Kontextsozialpädagogischer Professionalität 36

Diemut KucharzGrundschulpädagogische Unterrichtsforschungund ihr Anregungspotential für die Kindheitspädagogik 49

Anja MüllerProfession und Sprache.Die Sicht der (Zweit-)Spracherwerbsforschung 66

Dieter Nittel/Johannes WahlKomparative pädagogische Berufsgruppenforschungund ihr Anregungspotential für die Kindheitspädagogik 84

Page 7: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

6

Teil IIKonturen und Konzepteeiner kindheitspädagogischen Professionsforschung

Peter CloosKonturen einer kindheitspädagogischen Professionsforschung 100

Margrit StammTheoretische und empirische Konturen der internationalenkindheitspädagogischen Professionsforschung 116

Melanie KuhnVom Allgemeinen und Besonderen.Wissens- und differenzkritische Überlegungenzur Professionalisierung von kindheitspädagogischenFachkräften in Migrationsgesellschaften 130

Sascha NeumannBildungskindheit als Professionalisierungsprojekt.Zum Programm einer kindheitspädagogischenProfessionalisierungs(folgen)forschung 145

Sabine AndresenZusammenarbeit mit Elternals Aufgabe der Professionalisierung.Herausforderungen einererziehungswissenschaftlichen Familienforschung 160

Teil IIIProfession und Kompetenz

Stefan FaasWissen und Können einer kindheitspädagogischen Profession 176

Hans Rudolf Leu/Bernhard KalickiZur Professionalisierung und Kompetenzorientierungin der Weiterbildung frühpädagogischer Fachkräfte 191

Page 8: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

7

Dörte WeltzienDer forschende Habitus in der Kindheitspädagogik.Aktuelle Diskurslinien im Kontext von Kompetenzforschungund Kompetenzentwicklung 206

Susanne Kuger/Wilfried Smidt/Jutta Sechtig„Gender“ als Thema in der frühpädagogischenProfessionalisierungsdiskussion.Eine empirische Annäherung 221

Teil IVHandlungen und Orientierungeneiner kindheitspädagogischen Profession

Susanne Viernickel/Iris Nentwig-GesemannBeobachtung und Dokumentation im Spannungsfeldvon programmatischer Anforderung,Rahmenbedingungen und professioneller Haltung 240

Marc SchulzLernende Kindergartenkinder.Professionstheoretische Perspektiven auf die Praktikender Fallherstellung in Kindertageseinrichtungen 261

Margarete Jooß-WeinbachStellvertretende Deutung als Kernelementprofessionellen Handelns in der Krippe 276

Die Autorinnen und Autoren 288

Page 9: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder
Page 10: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

9

Tanja Betz/Peter Cloos

Kindheit und ProfessionDie Kindheitspädagogikals neues Professions- und Forschungsfeld

Seit einigen Jahren kursiert in der Debatte um Kindheit und Profession inDeutschland der Begriff der Kindheitspädagogik. Damit wird auf unter-schiedlichen, sowohl professionsbezogenen und politiknahen als auch pra-xis- und forschungsorientierten Ebenen der Versuch unternommen, neueEntwicklungen im Feld der Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindernund ihren Familien aufzugreifen und zugleich diese aktiv mitzugestaltenund voranzutreiben.

Professionstheoretisch betrachtet kann die begriffliche Neufassung alsein Versuch der Kindheitspädagogik interpretiert werden, professionell-dis-ziplinäre „Claims“ abzustecken (Abbott 1988) und ihre marginalisierte Stel-lung innerhalb der Erziehungswissenschaft zu verlassen. Dies erscheint not-wendig angesichts der deutlich gewachsenen öffentlichen Aufmerksamkeitfür die frühe Kindheit, die mit weitreichenden Professionalisierungserwar-tungen, der Formulierung neuer Anforderungen an pädagogische Fachkräf-te und der Ausweitung hochschulischer Studienangebote einhergeht. Dienachfolgend dargestellten Entwicklungen können in diesem Sinne als Bei-träge zur Neukonstituierung einer kindheitspädagogischen Profession inter-pretiert werden.

Auf politischer Ebene wurde 2011 von der Jugend- und Familienminis-terkonferenz (JFMK 2011) der Bundesländer die Berufsbezeichnung „staat-lich anerkannte Kindheitspädagogin/staatlich anerkannter Kindheitspäd-agoge“ eingeführt. Diese hat einen Empfehlungscharakter für die Hochschu-len und die neu entstandenen pädagogischen Studiengänge im Bereich derBildung und Erziehung in der Kindheit. Der Beschluss ging u.a. auf denVorschlag einer neu gegründeten Interessensvertretung zurück, der Bundes-arbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit (BAG-BEK2009). Er reagierte damit aber auch auf die internationale Debatte, in deru.a. von der OECD (2006) das niedrige Ausbildungsniveau in deutschenKindertageseinrichtungen kritisiert wurde (siehe auch: Rabe-Kleberg 2008).Mit der stärkeren Verortung der Kindheitspädagogik an den Hochschulen

Page 11: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

10

und Universitäten ist die darauf bezogene Profession auch nicht länger vonden wissenschaftlichen Instanzen der Wissensproduktion abgekoppelt, dadie Hochschulen einen dezidierten Forschungsauftrag haben. Die Auswei-tung kindheitspädagogischer Studiengänge stellt damit eine Grundlage fürdie seit längerer Zeit bildungspolitisch geforderte Ausweitung von For-schungsausgaben zu kindheitspädagogischen Fragestellungen dar (Liegle2006; vbw 2012).

Zugleich soll der Begriff Kindheitspädagogik eine Klammer für das im-mer vielschichtiger werdende Praxisfeld bilden, das sich an Kinder und ihreFamilien von der Geburt bis zum Alter von zehn Jahren bzw. von den Frü-hen Hilfen und dem Kinderschutz bis zu pädagogischen Interventionen und(Kultur-)Angeboten für Kinder im Grundschulalter und ihre Eltern er-streckt. Bei den sich ausdifferenzierenden und sich neu etablierenden Hand-lungsfeldern hat sich auch angesichts neuer Formen der handlungsfeld-übergreifenden Zusammenarbeit und der mitunter unterschiedlichen Tradi-tionslinien eine disziplinäre Zuständigkeit (noch) nicht eindeutig geklärt.Indem hier die Kindheitspädagogik einen Zuständigkeitsbereich reklamiertund im Rahmen von Forschung abzusichern versucht, erweitert sie ihrenGegenstandsbereich.

Somit markiert der Begriff auch ein junges Forschungsfeld, das breiterangelegt ist als die bisherige Konzentration der Pädagogik der frühen Kind-heit auf das Handlungsfeld des Kindergartens (Cloos 2010; Thole 2008). Indiesem Zusammenhang sind auch neue Publikationsorgane für forschungs-bezogene Beiträge entstanden wie u.a. die Zeitschrift „Frühe Bildung“, dieReihe „Kindheitspädagogische Beiträge“ und einschlägige Themenhefte inbereits etablierten Fachzeitschriften wie 2012 „Frühe Förderung in der Fa-milie“ in der Zeitschrift für Familienforschung, 2011 „Professionsforschung“in der Zeitschrift für Grundschulforschung, 2010 „Frühpädagogik“ in derZeitschrift für Pädagogik oder 2008 das Themenheft „FrühpädagogischeFörderung in Institutionen“ in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaftsowie neue Handbücher (Stamm/Edelmann 2013), die nach innen und au-ßen versuchen, das Forschungsfeld zu konturieren und zu profilieren. Zurinstitutionellen Absicherung und Weiterentwicklung des Forschungsfeldeswurden zudem eine Vielzahl an neuen Forschungsinstitutionen und -initia-tiven, Förderlinien und Förderprogrammen, wie z.B. die Weiterbildungs-initiative frühpädagogische Fachkräfte (WiFF), das Niedersächsische Institutfür frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) oder die Förderlinie desBMBF zur „Ausweitung der Weiterbildungsinitiative frühpädagogischeFachkräfte“ (AWiFF), ins Leben gerufen und kindheitspädagogische Frage-stellungen als wichtiger Teil der Bildungsberichterstattung etabliert (Kon-sortium Bildungsberichterstattung 2012). Zur hochschulpolitischen Absiche-rung der kindheitspädagogischen Studiengänge wurde der Studiengangstag

Page 12: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

11

Pädagogik der Kindheit gegründet. Auch wenn keine Einigkeit über den Be-griff Kindheitspädagogik besteht, gemeinsam ist den beschriebenen diszi-plinären Entwicklungen, dass hier ein weites Verständnis eines Forschungs-feldes Kindheitspädagogik zu Grunde gelegt wird.

Obwohl der Begriff Kindheitspädagogik wie skizziert auf unterschied-lichen Ebenen, die zudem stark ineinander verwoben sind, eingeführt wurdeund auch zunehmende Verbreitung findet, sind in der Diskussion verwand-te Begriffe bzw. Beschreibungen von Forschungs- und Praxisfeldern nachwie vor präsent. Es ist weiterhin u.a. die Rede von der Frühpädagogik, derPädagogik der (frühen) Kindheit, der Elementarpädagogik, der Vorschul-pädagogik und -erziehung. Im englischsprachigen Raum ist der Begriff derEarly Childhood Education and Care (ECEC) dominant, was in Deutsch-land entsprechend mit Frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehungoder Bildung, Betreuung und Erziehung in der Kindheit oder meist syn-onym mit einem der skizzierten Begriffe gefasst wird. Allein an dieser Be-griffsvielfalt wird deutlich, dass Unklarheit darüber herrscht, welche Be-zugswissenschaften entscheidend sind und was an der Schnittstelle u.a. vonSozialpädagogik, (Entwicklungs-)Psychologie, Grundschulforschung, Ele-mentardidaktik, (soziologischer) Kindheitsforschung, Spracherwerbs- undMigrationsforschung und den Neurowissenschaften der Forschungsgegen-stand der Kindheitspädagogik ist und mit welchen Handlungsfeldern undProblemstellungen sie sich zu befassen hat (Liegle 2006).

Die Beantwortung der Frage, welche Wissenselemente aus welchen Dis-ziplinen bedeutsam für die Etablierung der Kindheitspädagogik sind, wirddabei perspektivenabhängig unterschiedlich beantwortet: Im Einklang mitaktuellen (bildungs-)politischen Forderungen auf Bundes- und Länderebenewird disziplinär argumentiert, dass aufgrund des verstärkten Bildungsauf-trags der Kindertageseinrichtungen eine stärkere Ausrichtung auf allge-mein- und fachdidaktische Kompetenzen der Fachkräfte angesagt wäre (u.a.Diemut Kucharz; in dem Band; auch Speck-Hamdan 2011 zur Grundschul-pädagogik als Impulsgeber für die Elementarpädagogik). In dieser Perspek-tive wird bisweilen die Sozialpädagogik als bislang dominierende Bezugs-disziplin identifiziert und zugleich gefordert, diese solle durch eine stärkereOrientierung an der empirischen Bildungsforschung abgelöst werden (füreine Ausrichtung frühpädagogischer Forschungsfragen an der empirischenBildungsforschung: Mischo/Fröhlich-Gildhoff 2011). Hier schließen sichForderungen nach einer stärkeren fachwissenschaftlichen und -didaktischenFundierung einer kindheitspädagogischen Profession an, die zum einen überdie in den Bildungs- und Orientierungsplänen der Länder genannten Bil-dungsbereiche und zum anderen über eine deutlichere Ausrichtung auf dieFörderung von vorschulischen Kompetenzen begründet werden. Am bil-dungs- und integrationspolitisch viel beachteten Thema „Sprache“ lässt sich

Page 13: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

12

beispielhaft zeigen, dass nicht nur ein breites Spektrum, sondern auch tief-gehende sprachwissenschaftliche Wissensbestände über Sprache, Erst- undZweitspracherwerb, Sprachstandsdiagnostik und Sprachförderung (AnjaMüller; in dem Band; Lengyel 2012; List 2010) kombiniert mit fachdidakti-schen Kompetenzen der Sprachbildung und -förderung das professionelleHandeln fundieren sollen. Demgegenüber finden sich Positionen, bei deneneine Weiterführung der Kindheitspädagogik in ihrer sozialpädagogischenTraditionslinie gefordert bzw. als folgerichtig skizziert wird, weil u.a. argu-mentiert wird, dass sich das pädagogische Feld als ein soziales Feld „nicht inder Logik individueller Bildungs-, Lern- oder Entwicklungsprozesse bezie-hungsweise in deren Begleitung in einer pädagogischen Dyade zwischen Er-zieherIn und Kind erschöpft“ (Florian Eßer; in dem Band, S. 42; auch: Sting2013 zu sozialpädagogischen Zugängen zur Bildung in der frühen Kind-heit). Eine Ausrichtung der Kindheitspädagogik an einer Disziplin oder ei-nem festen Wissenskanon scheint zumindest derzeit nicht absehbar.

Die Kindheitspädagogik ist somit auf vielfältige Theorieangebote undempirische Grundlagen aus unterschiedlichen Bereichen verwiesen, um ihreigenes Profil als neues Forschungsfeld herauszuarbeiten. Im Fokus stehenhierbei wie skizziert allgemein- und fachdidaktische sowie fachwissen-schaftliche Fragestellungen sowie die Erforschung von Handlungslogikenund den professionellen Kernaktivitäten, wie das professionelle Arbeits-bündnis und die stellvertretende Deutung (Jooß-Weinbach; in dem Band),die Beobachtung von Kindern und die Dokumentation von Bildungsprozes-sen (Schulz; in dem Band; Cloos/Schulz 2011) oder die Zusammenarbeit mitEltern (Andresen; in dem Band; Pietsch et al. 2010). Da diese professionellenKernaktivitäten sozial-, bildungs- und integrationspolitisch gerahmt sind, isteine kindheitspädagogische Professionsforschung zudem dazu aufgefordert,die jeweiligen politischen Kontexte des professionellen Handelns mit in denBlick zu nehmen. Somit benötigt sie Wissen darüber, wie das Verhältnis vonpolitischer Konstituierung der Kindheitspädagogik und professioneller Um-setzung zu beschreiben ist (am Beispiel der Bildungs- und Orientierungs-pläne Viernickel/Nentwig-Gesemann; in dem Band; kritisch: Betz/de Moll2013). Dies gilt ebenso, insofern der Blick zu weiten ist auf die übergreifen-den politischen Diskurse, u.a. im Bereich der Qualitäts- und der Kompe-tenzdebatte (Leu/Kalicki; in dem Band), der Genderdiskurse (Kuger/Smidt/Sechtig; in dem Band), der Debatten um mehr Chancengerechtigkeit durchfrühkindliche Bildung und Erziehung (Betz 2010, 2013) oder um die Rechteund das Wohlergehen der Kinder (Bertram 2013). KindheitspädagogischeProfessionsforschung kann darüber hinaus ihre Entwicklung vor dem Hin-tergrund gesamtgesellschaftlicher Veränderungsprozesse beleuchten, die dasHandlungs- und Forschungsfeld Kindheitspädagogik hervorbringen unddas professionelle Handeln rahmen. Relevant ist in diesem Zusammenhang

Page 14: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

13

die Tatsache, dass Deutschland eine Migrationsgesellschaft darstellt (Kuhn;in dem Band), sich familiäre, ökonomische und wohlfahrtspolitische Kon-texte des Aufwachsens von Kindern verändern und damit auch die Positionder institutionellen frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung imKanon informeller, non-formaler und formeller Lernorte und Bildungswel-ten (Rauschenbach 2009). Die Kindheitspädagogik als Forschungsfeld hathierbei die Aufgabe zu beobachten und zu analysieren, wie die auch von ihrmit initiierten Diskurse um frühkindliche Bildung und Förderung den be-schriebenen gesellschaftlichen Wandel hervorbringen, den sie in ihren Zie-len und Forderungen nach mehr Professionalisierung und Qualifizierungimmer schon voraussetzt (Neumann; in dem Band). Erst durch die Öffnungdes forschenden Blicks über den Kindergarten hinaus, kann also die Kind-heitspädagogik als ein sozialwissenschaftliches Forschungsfeld etabliert wer-den, das in Rechnung stellt, dass „das Konzert (der) kindheitsbezogenen In-stitutionen in seiner inneren Verfasstheit und Aufeinanderbezogenheit (…)Kindheit im Kontext umfassender normativer Annahmen über (frühe)Kindheit, über das Verhältnis von Kindheit und Erwachsenheit mit hervor(bringt)“ (Mierendorff; in dem Band, S. 32). Kindheitspädagogik als For-schungsfeld thematisiert somit die „Institutionen der frühen Kindheit“ inihren komplexen Wechselverhältnissen zu gesellschaftlichen Entwicklungenund politischen Entscheidungen. Letztere liegen nicht selten im Spannungs-feld von Politikbereichen, die sich mindestens auf die Bereiche Bildung, In-tegration, Soziales, Familie, Kinder und Jugend(hilfe) und Wirtschaft erstre-cken und die professionelles Handeln in der Kindertagesbetreuung und inweiteren pädagogisch gerahmten Settings konstituieren. Zugleich spielenauch nach wie vor geläufige Vorstellungen über die Dominanz von Frauenim Handlungsfeld und ihrer Mütterlichkeit mit in die Debatte um Profes-sionalisierung hinein (Rabe-Kleberg 2006). Die Analyse der Verflechtungenvon normativen Annahmen über die richtige Erziehung und ihren gesell-schaftlichen Ort bzw. die gesellschaftliche Zuständigkeit von Frauen undMännern mit Blick auf die Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern(vgl. die neue politische Initiative „Mehr Männer in Kitas“; Koordinations-stelle Männer in Kitas 2012) gehören damit auch zum Forschungskatalogder Kindheitspädagogik.

Dies schließt ein, Kindheitspädagogik nicht allein als ein professionellesHandlungsfeld von ErzieherInnen zu fokussieren. Kindheitspädagogik auseiner breiteren, einer feldtheoretischen Perspektive zu betrachten heißt, zumeinen SozialpädagogInnen, HeilpädagogInnen, Tagespflegepersonen, Fach-beraterInnen, ForscherInnen etc. und die multiprofessionelle und mitunterauch institutionenübergreifende Zusammenarbeit von Professionen und In-stitutionen zu berücksichtigen, die das Handlungsfeld in Zukunft stärkerprägen wird. Zum anderen umfasst diese Perspektive, dass sich im Kontext

Page 15: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

14

der Kindheitspädagogik jenseits der direkten pädagogischen Arbeit mit Kin-dern ein weites Spektrum an Angeboten zur qualitativen Sicherung undWeiterentwicklung und zur Aus- und Fortbildung entwickelt hat. In diesemSinne kann Kindheitspädagogik als ein professionelles Berufssystem be-trachtet werden (Abbott 1988; Freidson 1979; Cloos; in dem Band).

Hieran knüpft eine komparative Berufsgruppenforschung an. Diese kannuntersuchen, inwieweit Kindheitspädagogik mehr ist als eine professions-politische Metapher bzw. ein Übergangsobjekt (Hörster/Köngeter/Müller2013) zur Konstituierung einer „neuen“ Profession. Die Schaffung einesWir-Gefühls stellt eine der Grundbedingungen für strukturelle Veränderun-gen im Handlungsfeld dar. Vergemeinschaftungsprozesse sind zentral füreine öffentliche Wahrnehmung der Bedeutsamkeit von beruflichen Leistun-gen in den diesbezüglichen Einrichtungen und damit auch für eine zumin-dest mittelfristige politische Aufmerksamkeit (Nittel/Wahl; in dem Band).Zu diesen Vergemeinschaftungsprozessen gehört, dass Professionen sich aufein spezifisches Set an Werthaltungen und professionellen Kernaktivitätenbeziehen. In diesem Zusammenhang können aber auch die Debatten um einspezifisches Wissen und Können von KindheitspädagogInnen (Faas; in demBand) und um einen forschenden Habitus als Schlüsselkompetenz vonKindheitspädagogInnen (Weltzien; in dem Band) eingeordnet werden, überdie die Profession von anderen Berufsgruppen unterscheidbar gemachtwird. Die dazu vorliegenden empirischen Analysen sind bislang rar.

Der vorliegende Eckband in der Reihe „Kindheitspädagogische Beiträge“will einen Beitrag zur Vermessung des kindheitspädagogischen Professions-feldes und zur Reflexion und Diskussion über die darauf bezogene For-schung leisten. Ausgangspunkt bildet dabei die Beobachtung, dass die aktu-elle empirische Basis – im deutschsprachigen Raum (für den internationalenKontext: Stamm; in dem Band) – über die kindheitspädagogische Professionin den unterschiedlichen Institutionen der Bildung, Betreuung und Erzie-hung von Kindern und ihren Familien und insbesondere über die Kernele-mente des relevanten Wissens und Könnens in der Aus- und Fortbildungunbefriedigend ist (Fried 2005; Thole 2008; Cloos 2010; aktuell Stamm/Edelmann 2013). Diese Forschungslücke erweist sich umso größer, je deutli-cher sich Kindheitspädagogik nicht mehr allein auf das Forschungsfeld despädagogischen Handelns in Kindertageseinrichtungen beschränkt.

Es kann festgehalten werden, dass die Kindheitspädagogik ein dyna-misch sich entwickelndes Professions- und Forschungsfeld ist, bei dem ak-tuell kaum abzusehen ist, wie es sich in seinen wissenschaftlichen und pro-fessionsbezogenen Konturen entfalten wird. Offen ist, ob der Begriff Kind-heitspädagogik von Wissenschaft und Profession dauerhaft als tragfähigangesehen wird und eine professionelle Identität für ein heterogenes Hand-lungsfeld vermitteln kann. Zugleich wird zu beobachten sein, ob sich die

Page 16: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

15

verschiedenen Handlungsfelder unter dem Label „Kindheitspädagogik“ sub-sumieren lassen wollen, zumal sie sich in ihren Traditionslinien, Bezugsdis-ziplinen, Konzepten und Zielorientierungen mitunter erheblich unterschei-den. Für die kindheitspädagogische Professionalisierungsforschung kann esdaher besonders aufschlussreich zu sein, die Dynamik dieses sich neu kon-turierenden Feldes empirisch in den Blick zu nehmen und die Veränderun-gen forschend zu begleiten.

Für einen Band, der sich für das Verhältnis von Kindheit und Professioninteressiert, ergibt sich aus den vorgestellten Überlegungen allerdings dasDilemma, dass die Konturen des kindheitspädagogischen Professionsfeldes(noch) unscharf gezeichnet sind, zumal unklar ist, welche Berufsgruppenund Handlungsfelder diesem zuzuordnen sind. Erschwerend kommt hinzu,dass kaum geklärt ist, was unter einer kindheitspädagogischen Disziplin zuverstehen ist und was ihr Gegenstand sein soll. Somit verwundert auchnicht, dass sich professionsbezogene Vergewisserungen und die Forschungim Kontext von Kindheitspädagogik auf verschiedene Berufsgruppen, un-terschiedliche Handlungsfelder und Bezugswissenschaften beziehen – auchwenn nach wie vor die Kindertageseinrichtungen und die dort tätigen päd-agogischen Fachkräfte im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen. An-gesichts der Vielschichtigkeit und Unübersichtlichkeit des Feldes haben wirbei der Konzeptionierung unserer wissenschaftlichen Fachtagung „Kindheitund Profession. Konzepte, Befunde und Konturen eines Forschungspro-gramms. Kindheitspädagogische Beiträge“ vom 29. bis 30. März 2012 an derGoethe-Universität Frankfurt am Main im Fachbereich Erziehungswissen-schaften und am LOEWE-Forschungsverbund IDeA in Kooperation mit derStiftung Universität Hildesheim und dem Kompetenzzentrum Frühe Kind-heit Niedersachsen sowie bei der Ausarbeitung dieses Herausgeberbandesdarauf gesetzt, unterschiedliche Positionen und Perspektiven zu kontrastie-ren, auch mit dem Ziel, eine Reflexion über eben diese Konturen und dieFrage anzuregen, wie Forschung zur Herstellung dieser Konturen beiträgt.Dass dies möglich wurde, verdanken wir der engagierten Mitarbeit am Ty-poskript von Anna-Victoria Dieter und Silvia Ewald.

Überblick über den Band

Teil I: Im ersten Teil des Bandes sind fünf Beiträge versammelt, die die Po-tenziale angrenzender Disziplinen und Forschungsgebiete, ihre konzeptio-nelle und empirische Anschlussfähigkeit für die Kindheitspädagogik dis-kutieren. Hierbei werden die Childhood Studies, die Sozialpädagogik, diekomparative pädagogische Berufsgruppenforschung, die grundschulpädago-gische Unterrichtsforschung und die (Zweit-)Spracherwerbsforschung ins

Page 17: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

16

Verhältnis zu aktuellen Debatten, Konzepten und Befunden aus der kind-heitspädagogischen Professionsforschung gesetzt.

Johanna Mierendorff liefert aus der Perspektive der Childhood Studiesund ihrer beiden zentralen erkenntnistheoretischen Konzepte „Agency“und „generationale Ordnung“, Anregungen für die kindheitspädagogischeProfessionsforschung, die das Verhältnis von früher Kindheit und Profes-sion bzw. professionellem Handeln thematisiert. Dabei entfaltet sie die The-se, dass die Inblicknahme der gesellschaftlichen Bedingungen der Teilhabe,des Handelns und Lernens von Kindern sowie des Handelns von Professio-nellen relevant sind, um reflexiv mit den Bedingungen und Grenzen sowiemit den Folgen professionellen Handelns und der Professionsentwicklungumzugehen.

Florian Eßer nimmt in seinem Beitrag die Perspektive der Sozialpädago-gik ein und analysiert vor diesem Hintergrund die gegenwärtigen Professio-nalisierungsprozesse in der Kindertagesbetreuung. Er zeigt in einem histori-schen Abriss die Entwicklung des Praxisfeldes unter dem Dach der Fürsorgeund mit engen Bezügen zur Sozialpädagogik auf und diskutiert Wert undNutzen einer ‚sozialpädagogischen Professionalität‘ für Gegenwart und Zu-kunft. Eßer sieht systematische Gründe für eine enge Verknüpfung von So-zialpädagogik und Pädagogik der frühen Kindheit, insofern das pädagogi-sche Feld als ein soziales aufgefasst wird, das sich weder in der Begleitungder Dyade ErzieherIn-Kind noch in der Logik individueller Bildungs- undLernprozesse erschöpft.

Diemut Kucharz nimmt die Perspektive der grundschulpädagogischenUnterrichtsforschung ein und diskutiert deren Beitrag für die Kindheitspäd-agogik. Hierbei legt sie ihren Fokus auf die Gestaltung von Lern- und Bil-dungssituationen, die sich zwischen den Institutionen der Frühpädagogikund der Primarstufe nicht grundsätzlich, sondern lediglich graduell unter-scheiden. Sie unterbreitet einen an der Lehr-Lernforschung orientiertenVorschlag für eine Elementardidaktik, in welcher die Pole „Kind“, „Pädago-gIn“ und „Gegenstand“ in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander ste-hen und PädagogInnen eine bildende Auseinandersetzung des Kindes mitdem Gegenstand ermöglichen.

Die (Zweit-)Spracherwerbsforschung und ihr Blick auf den Zusammen-hang von Profession und Sprache im Elementarbereich stehen im Zentrumdes Beitrags von Anja Müller. Sie arbeitet heraus, über welches WissenSprachförderkräfte aus sprachwissenschaftlicher und spracherwerbstheore-tischer Sicht verfügen sollten. Dabei orientiert sie sich an einem Kompe-tenzmodell und unterscheidet vier Kernbereiche der Sprachförderkompe-tenz, die sie in den Bereichen Sprache, (Zweit-)Spracherwerb, Sprachstands-erhebung und Sprachförderung verortet.

Page 18: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

17

Die komparative pädagogische Berufsgruppenforschung und ihr Anre-gungspotenzial für die Kindheitspädagogik loten Dieter Nittel und JohannesWahl in ihrem Beitrag aus. Dabei unterziehen sie pädagogische Fachkräftein Kindertageseinrichtungen und ErwachsenenbildnerInnen an Volkshoch-schulen einem systematischen Vergleich entlang der Kategorien „Sinnquel-len, Kernaktivitäten und Technologien“. Auf der Grundlage von Gruppen-diskussionen arbeiten die Autoren Differenzen und Gemeinsamkeiten inden Selbstbeschreibungen der PädagogInnen im System des lebenslangenLernens heraus und analysieren ihr gesellschaftliches Mandat und ihre je-weilige Lizenz für spezifische Formen der pädagogischen Intervention.

Teil II: Im zweiten Teil des Bandes werden die Konturen und Konzepte einerkindheitspädagogischen Professionsforschung in fünf Beiträgen ausgelotet.Hierbei geht es darum, den internationalen Forschungsstand und bestehen-de Blickrichtungen auf Kindheitspädagogik als Profession aufzuzeigen undkontrastierend gegenüber zu stellen. Plädiert wird hier u.a. dafür, auch dieFolgen einer kindheitspädagogischen Professionalisierung empirisch zu be-leuchten.

Peter Cloos beschreibt in seinem Beitrag die Konturen einer kindheits-pädagogischen Professionsforschung. Er resümiert, dass diese die aktuellhohen Reformerwartungen an das kindheitspädagogische Handlungsfeldaufgreift und somit das Augenmerk auf die Bedingungen der Möglichkeiteiner Optimierung pädagogischen Handelns richtet. Auf professionstheore-tischer Grundlage plädiert er dafür, nicht nur ErzieherInnenprofessionali-sierungsforschung zu betreiben, sondern die Forschungsperspektiven zu er-weitern. In diesem Sinne habe kindheitspädagogische Professionsforschungnoch stärker als bisher die Ausdifferenzierung der Kindheitspädagogik alsProfessionsfeld auch in ihrer historisch-gesellschaftlichen Entwicklung zubeschreiben.

Margrit Stamm skizziert die theoretischen und empirischen Konturender internationalen, insbesondere anglo-amerikanischen kindheitspädago-gischen Professionsforschung bzw. des Early Childhood „Professional Deve-lopment“ und fokussiert hierbei relevante Schlüsselbereiche wie die „Profes-sion und ihr Kapital“, die „Prozessarbeit in der Praxis“ und die „Aus-/Wei-terbildung“. Auf Basis ihres Reviews kommt sie zu dem Schluss, dass wenigdarüber bekannt ist, welches die besten und wirksamsten Typen professio-neller Entwicklung sind und unter welchen Bedingungen bessere Aus- undWeiterbildung auch zu besseren kindlichen Entwicklungsergebnissen führt.

Wissens- und differenzkritische Überlegungen zur Professionalisierungin der Migrationsgesellschaft bearbeitetMelanie Kuhn in ihrem Beitrag. Da-bei stellt sie die Frage, ob es einer besonderen Professionalisierung der kind-heitspädagogischen Praxis bedarf oder ob die allgemeine Professionalisie-

Page 19: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

18

rung einschließt, was die Migrationstatsache an Handlungsanforderungenstellt. Dabei diskutiert sie die Prämissen und Implikationen der jeweiligenZugänge entlang der Aspekte „Differenz“, „Defizit“ und „Wissen“.

Sascha Neumann bearbeitet in seinem Beitrag die spezifische Perspektiveeiner kindheitspädagogischen Professionsforschung, die er gegenüber einerauf Professionalisierung abzielenden Forschung abgrenzt und illustriert sei-ne Überlegungen exemplarisch mit Befunden aus einem ethnografischenForschungsprojekt. Er geht dabei der Frage nach, was man über die Bil-dungswirklichkeit der frühpädagogischen Praxis erfährt, wenn man sie da-nach untersucht wie sie die Erwartungen an ihre Bildungsbedeutsamkeit inder alltäglichen Praxis hervorbringt bzw. in der Vollzugswirklichkeit auf-greift.

Sabine Andresen beleuchtet die Zusammenarbeit mit Eltern als Profes-sionalisierungsaufgabe und vertritt dabei die These, dass die Asymmetriezwischen Professionellen und Eltern, zwischen Familie und pädagogischenInstitutionen „verhandelt“ werden muss. Sie plädiert hierbei für eine macht-und rollentheoretische Fundierung der populären Forderung nach einer„Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ und arbeitet über einen kulturwissen-schaftlichen und einen sozialwissenschaftlichen Zugang die Herausforde-rungen für eine erziehungswissenschaftlich orientierte Familienforschungheraus.

Teil III: Im dritten Teil wird der Fokus auf das Wissen und Können, auf dasprofessionelle Handeln von kindheitspädagogischen Fachkräften gerichtet.Die vier Beiträge orientieren sich hierbei an Kompetenzmodellen, die in un-terschiedlichen Kontexten entwickelt wurden und beziehen diese auf dasHandlungsfeld Kindertageseinrichtungen.

Stefan Faas behandelt auf (kompetenz-)theoretischer und empirischerEbene das Wissen und Können einer kindheitspädagogischen Profession.Hierzu richtet er den Blick auf die zu bewältigenden Anforderungen und zuerbringenden Aufgaben und skizziert die inhaltlichen und psychologischenAspekte des hierauf bezogenen Wissens und Könnens. Dabei orientiert ersich an Vorarbeiten aus dem Bereich der Lehrerbildungsforschung und zeigtempirisch auf, welche Wissensbestandteile Fachkräfte bei der Auseinander-setzung mit beruflichen Handlungsanforderungen im Bereich „sprachlicheBildung und Förderung“ aktualisieren.

Ausgehend von der Beobachtung, dass die Kindertagesbetreuung seit ei-nigen Jahren rasanten Veränderungen unterliegt und intensive Debatten umdie Qualität der Einrichtungen und der Qualifizierung der Fachkräfte ge-führt werden, diskutieren Hans Rudolf Leu und Bernhard Kalicki in ihremBeitrag Professionalisierungs- und Kompetenzkonzepte und ihre Bedeutungfür das Praxisfeld. Dabei fokussieren sie im Speziellen auf das Kompetenz-

Page 20: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

19

konzept, das der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte zu-grunde liegt und sich in seiner Struktur am Deutschen Qualifikationsrah-men orientiert.

Dörte Weltziens Beitrag stellt das Konzept des forschenden Habitus als„Schlüsselkompetenz“ in der Kindheitspädagogik in den Mittelpunkt. Aus-gehend von einer Verortung des Konzepts in der Kompetenzforschung und-entwicklung diskutiert sie, welche Ziele und Erwartungen mit dem for-schenden Habitus verbunden sind. Sie fragt nach, ob es neben dem indivi-duellen auch einen konjunktiven Habitus gibt, wie sich der forschende Ha-bitus in der Praxis ausdrückt, wie er gemessen und wie ein forschender Ha-bitus befördert und erhalten werden kann.

Susanne Kuger, Wilfried Smidt und Jutta Sechtig behandeln das Thema„Gender“ in der frühpädagogischen Professionalisierungsdebatte. Sie legendar, warum „Gender“ bedeutsam ist und wie die Praxis derzeit auf die De-batte reagiert. In einer eigenen empirischen Untersuchung gehen sie derFrage nach, ob die (wenigen) Unterschiede im Alltagserleben und -verhaltenvon Jungen und Mädchen in Kindertageseinrichtungen mit dem Grad derProfessionalisierung des Fachpersonals assoziiert sind. Ihre Ergebnisse zeich-nen ein „vorsichtig optimistisches Bild“, insofern es positive Zusammenhän-ge zwischen Fachkraftmerkmalen und den Aktivitäten der Kinder gibt sowiegeringe geschlechtsbezogene Unterschiede im Erleben und Verhalten vonKindern und Fachkräften.

Teil IV: Der vierte Teil des Bandes umfasst drei Beiträge, die sich über empi-rische Zugänge den Orientierungen und dem Handeln einer kindheitspäd-agogischen Profession zuwenden. Im Zentrum stehen dabei professionelleKernaktivitäten im Handlungsfeld Kindertageseinrichtungen, wie das Beob-achten und Dokumentieren von Bildungsprozessen und die alltägliche Kon-stituierung von Arbeitsbündnissen zwischen Fachkräften und Kindern.

Susanne Viernickel und Iris Nentwig-Gesemann diskutieren exemplarischam Aufgabenfeld „Beobachtung und Dokumentation“ das Spannungsver-hältnis zwischen programmatischen Anforderungen an „professionelles Ar-beiten“, wie sie sich in Bildungsprogrammen manifestieren und den Rah-menbedingungen, d.h. den zur Verfügung stehenden zeitlichen und perso-nellen Ressourcen. Auf der Basis von Gruppendiskussionen zeigen sie auf,dass für die Fachkräfte Umsetzungs- und Orientierungsdilemmata typischsind und die Teams in Einrichtungen sich jeweils darin unterscheiden, wasfür sie ein Bildungsprogramm ist und welche Bedeutung es entfaltet.

Ausgehend von der Diagnose, dass die Frage, wie kindheitspädagogischeProfessionelle zu ihren Arbeitsgegenständen, d.h. den Kindern, kommen,nicht beantwortet ist, diskutiertMarc Schulz in seinem Beitrag wie Kinder inKindergartenkinder transformiert werden. Dabei berücksichtigt er den Zu-

Page 21: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

20

sammenhang zwischen dieser Transformationsarbeit und der Rolle, die hier-bei instrumenten- und verfahrensgeleitete Beobachtungen der Kinder leis-ten. Eine solche Professionsforschung interessiert sich für das Zusammen-spiel von Praktiken, Instrumenten und AkteurInnen.

Im Beitrag von Margarete Jooß-Weinbach werden das Handlungsfeld derKrippe und darin die Erzieherin-Kind-Interaktion als dyadisches Arbeits-bündnis genauer beleuchtet. Sie rekonstruiert am Beispiel der stellvertreten-den Deutung als Teil des Arbeitsbündnisses die ihm inhärenten Chancenund Risiken und interessiert sich vor einem professionstheoretischen Hin-tergrund für die Praktiken, Handlungslogiken und Kernaktivitäten profes-sionellen Handelns. Den Fokus richtet sie dabei insbesondere auf das pro-fessionelle Deutungshandeln der Erzieherin und die Frage danach, welcheOrientierungsmuster und handlungsleitende Motive sich hierbei auffindenlassen.

Literatur

Abbott, A. (1988): The System of Professions. An Essay on the Division of Expert Labor.Chicago/London: University of Chicago Press.

Bertram, H. (Hrsg.) (2013): Reiche, kluge, glückliche Kinder? Der UNICEF-Bericht zurLage der Kinder in Deutschland. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.

Betz, T. (2010): Kompensation ungleicher Startchancen. Erwartungen an institutionali-sierte Bildung, Betreuung und Erziehung für Kinder im Vorschulalter. In: Cloos, P./Karner, B. (Hrsg.) (2010): Erziehung und Bildung von Kindern als gemeinsames Pro-jekt. Zum Verhältnis familialer Erziehung und öffentlicher Kinderbetreuung. Balt-mannsweiler: Schneider Hohengehren, S. 113–136.

Betz, T. (2013): Anforderungen an Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen. In: Stamm,M./Edelmann, D. (Hrsg.) (2013): Handbuch Frühkindliche Bildungsforschung. Wies-baden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 259–272.

Betz, T./de Moll, F. (2013): Aktive Lerner, verletzliche Geschöpfe, Entwicklungswesen:Kinderbilder im deutschen politischen Diskurs. In: Förster, C./Höhn, K./Schreiner,S.A. (Hrsg.) (2013): Kindheitsbilder – Familienrealitäten. Prägende Elemente in derpädagogischen Arbeit. Freiburg: Herder, S. 41–49.

Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit (BAG-BEK) (2009):Qualifikationsrahmen für BA-Studiengänge der „Kindheitspädagogik“/„Bildung undErziehung in der Kindheit“. Manuskript Köln, verabschiedet auf der Tagung der BAG-BEK am 26.11. 2009 in Köln.

Cloos, P. (2010): Qualitative frühpädagogische Forschung. In: Bock, K./Miethe, I. (Hrsg.)(2010): Handbuch Qualitative Methoden in der Sozialen Arbeit. Opladen und Far-mington Hills: Barbara Budrich, S. 475–480.

Cloos, P./Schulz, M. (Hrsg.) (2011): Kindliches Tun beobachten und dokumentieren.Perspektiven auf die Bildungsbegleitung in Kindertageseinrichtungen. Weinheim undMünchen: Juventa.

Freidson, E. (1979): Der Ärztestand. Stuttgart: Klett.

Page 22: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

21

Fried, L. (2005): Zum Stand der Forschung im Bereich der Pädagogik der frühen Kind-heit. In: Schweppe, C./Thole, W. (Hrsg.) (2005): Sozialpädagogik als forschende Dis-ziplin. Theorie, Methode, Empirie. Weinheim und München: Juventa, S. 277–289.

Hörster, R./Köngeter, S./Müller, B. (2013): Grenzobjekte. Soziale Welten und ihre Über-gänge. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) (2011): Staatliche Anerkennung vonBachelorabschlüssen im Bereich der Kindertagesbetreuung und Berufsbezeichnung.Beschluss vom 26./27. Mai 2011 in Essen.

Konsortium Bildungsberichterstattung (2012): Bildung in Deutschland. Ein indikator-gestützter Bericht mit einer Analyse zur kulturellen Bildung im Lebenslauf. Bielefeld:Bertelsmann-Verlag. http://www.bildungsbericht.de/daten2012/bb_2012.pdf (Zugriffam 24.10. 2013).

Koordinationsstelle Männer in Kitas (2012) (Hrsg.): Männer in Kitas. Opladen, Berlinund Toronto: Barbara Budrich.

Lengyel, D. (2012): Sprachstandsfeststellung bei mehrsprachigen Kindern im Elementar-bereich. WiFF-Expertise. München: DJI.

Liegle, L. (2006): Konjunkturen der (frühpädagogischen) Forschung. In: Diskurs Kind-heits- und Jugendforschung, H. 2, S. 307–315.

List, G. (2010): Frühpädagogik in der Sprachförderung. Qualifikationsanforderungen fürdie Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte. WiFF-Expertise. München: DJI.

Mischo, C./Fröhlich-Gildhoff, K. (2011): Professionalisierung und Professionsentwick-lung im Bereich der Frühen Bildung. In: Frühe Bildung, H. 0, S. 4–12.

OECD (2006): Starting Strong II. Early Childhood Education and Care. Paris: OECD.Pietsch, S./Ziesemer, S./Fröhlich-Gildhoff, K. (2010): Zusammenarbeit mit Eltern in Kin-

dertageseinrichtungen – Internationale Perspektiven. Ein Überblick: Studien und For-schungsergebnisse. WiFF-Expertise. München: DJI.

Rabe-Kleberg, U. (2006): Mütterlichkeit und Profession – oder: Mütterlichkeit, eineAchillesferse der Fachlichkeit. In: Diller, A./Rauschenbach, T. (Hrsg.) (2006): Reformoder Ende der Erzieherinnenausbildung. Beiträge zu einer kontroversen Debatte.München: DJI, S. 95–109.

Rabe-Kleberg, U. (2008): Akademisierung von Frühpädagogik als Voraussetzung fürProfessionalisierung. In: Balluseck, H. von (Hrsg.) (2008): Professionalisierung derFrühpädagogik. Perspektiven, Entwicklungen, Herausforderungen. Opladen und Far-mington Hills: Barbara Budrich, S. 237–250

Rauschenbach, T. (2009): Zukunftschance Bildung. Familie, Jugendhilfe und Schule inneuer Allianz. Weinheim und München: Juventa.

Speck-Hamdan, A. (2011): Grundschulpädagogisches Wissen – Impulse für die Elemen-tarpädagogik. WiFF-Expertise. München: DJI.

Stamm, M./Edelmann, D. (Hrsg.) (2013): Handbuch frühkindliche Bildungsforschung.Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Sting, S. (2013): Sozialpädagogische Zugänge zur Bildung in der frühen Kindheit. In:Sektion Sozialpädagogik und Pädagogik der frühen Kindheit (Hrsg.) (2013): Konsensund Kontroversen. Sozialpädagogik und Pädagogik der frühen Kindheit im Dialog.Weinheim und Basel: Beltz Juventa, S. 14–26.

Thole, W. (2008): „Professionalisierung“ der Pädagogik der Kindheit. In: Thole, W./Roß-bach, H.-G./Fölling-Albers, M./Tippelt, R. (Hrsg.) (2008): Bildung und Kindheit. Päd-

Page 23: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

22

agogik der frühen Kindheit in Wissenschaft und Lehre. Opladen und FarmingtonHills: Barbara Budrich, S. 271–294.

Vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (Hrsg.) (2012): Professionalisierungin der Frühpädagogik. Qualifikationsniveau und -bedingungen des Personals in Kin-dertagesstätten. Münster: Waxmann.

Page 24: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

Teil IBenachbarte Forschungsfelderund ihr Anregungspotentialfür die Kindheitspädagogik

Page 25: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

24

Johanna Mierendorff

Childhood StudiesAnregungen für die kindheitspädagogischeProfessionsforschung

Ausgangspunkt des vorliegenden Bandes ist die Annahme, dass die aktuelleDatenbasis über das professionelle Handeln in frühpädagogischen Hand-lungsfeldern unbefriedigend ist. Dies sei, so Tanja Betz und Peter Cloos (indem Band), insbesondere deswegen kritisch zu betrachten, da in den derzei-tigen Reformbemühungen nur auf ein wenig empirisch abgesichertes Wis-sen zurückgegriffen werden könne. Ziel der HerausgeberInnen ist es daher,neue Forschungsperspektiven zu entwickeln. Die Kindheitssoziologie zielterst einmal nicht auf die Klärung professionstheoretischer Fragen – welchenBeitrag kann ein solcher Zugang aber dennoch leisten? Meine Überlegungenhierzu wurden von zwei Beobachtungen geleitet: Zum einen wird, wenn imKontext einer kindheitspädagogischen Professionsforschung interdiszipli-näre Perspektiven erschlossen werden, häufig eher auf lern- und entwick-lungspsychologische Erkenntnisse und Modelle Bezug genommen, um pro-fessionelles pädagogisches Handeln im Elementarbereich erforschen undbegründen zu können, weniger auf soziologische Zugänge. Zum anderenwerden, wenn dies doch geschieht, vielfach eher Schlagworte übernommen,wie das „Kind als Akteur“ oder „generationale Machtverhältnisse“, die teil-weise normativ verkürzt oder als Ausdruck einer forschungsprogrammati-schen bzw. forschungsethischen Haltung verwendet werden. Die jeweils da-hinterstehenden theoretischen Konzepte werden so nicht in ihrem Erkennt-nispotential genutzt. Das Erkenntnisinteresse der Professionsforschung liegtzwar nicht in der Erklärung gesellschaftlicher Ordnungen oder in der Erfor-schung mikrosoziologischer Prozesse in Bezug auf die Herstellung vonKindheit. Allerdings kann, so meine These, die Frage nach den gesellschaft-lichen Bedingungen der Teilhabe, des Handelns und Lernens von Kindern(nach deren Agency) sowie das Handeln von Erwachsenen resp. Professio-nellen in den Institutionen der frühen Kindheit durchaus von Interesse sein,um reflexiv mit den Bedingungen und Grenzen sowie mit den Folgen pro-fessionellen Handelns und der Professionsentwicklung umzugehen. In die-sem Beitrag werden daher zwei grundlegende Zugänge – Agency und Gene-

Page 26: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

25

rationale Ordnung – vorgestellt, auf die häufig Bezug genommen wird, unddie für eine empirische kindheitspädagogische Professionsforschung, dienicht nur Profession, sondern das Verhältnis von früher Kindheit und Pro-fession bzw. professionellem Handeln in den Blick nimmt, von erkenntnis-theoretischem Interesse sein können.

1. Zentrale theoretische Konzepte der Kindheitssoziologie

Die deutschsprachige Kindheitssoziologie kann auf einen intensiven Prozessder Selbstvergewisserung, der Theoriebildung, der methodologischen Aus-einandersetzungen und der Gegenstandsbestimmungen zurückschauen(Bühler-Niederberger 2011; Heinzel 2012; Hengst 2013; Hengst/Zeiher2005a, b; Honig/Lange/Leu 1999; Honig 2009a; Mierendorff 2010). Der Dis-ziplin liegt die grundlegende theoretische Annahme von Kindheit als sozialeOrdnung zugrunde (Bühler-Niederberger 2011; Honig 2009b; Zeiher 2006).Diese Ordnung der Kindheit ist Teil der gesellschaftlichen Ordnung und,wie Bühler-Niederberger es ausdrückt, konstitutiver Bestandteil der Ord-nungen westlicher Gesellschaften (ebd. 2011, S. 214; auch Mierendorff 2010,S. 31f.). Gesellschaftliche Ordnung ist also nicht ohne Kindheit zu denken,Kindheit vollzieht sich nicht am Rande oder außerhalb der gesellschaftli-chen Ordnung, selbst wenn von strukturellen Benachteiligungen von Kin-dern in der Gesellschaft gesprochen werden kann (Kaufmann 1980). Mie-rendorff (2010, S. 22–31) arbeitete heraus, dass das Muster moderner Kind-heit durch vier Dimensionen geprägt ist. Erstens durch eine hochgradiginstitutionalisierte Altershierarchie, d.h. dass über die Setzung von Alters-normen Rechte vermittelt, Zugänge und Ausschlüsse formuliert, Teilhabeund Besitz sowie Sorgebeziehungen reguliert werden (auch Mierendorff2011). Zweitens ist Kindheit durch einen hohen Grad der Scholarisierungund Pädagogisierung gekennzeichnet. Dieses Prinzip hat die Praxen im Um-gang mit dem als bildsam angenommenen Kind zutiefst durchdrungen. Ne-ben der Schule ist der Kinderalltag inzwischen durch eine große Zahl weite-rer kindbezogener Arrangements (Freizeitaktivitäten, außerschulische Bil-dung), die bewusst und reflektiert auf die Förderung von Bildungs- undEntwicklungsprozessen in nicht schicksalhaft zusammengefundenen, son-dern individuell zusammengesetzten Gruppen zielen, geprägt (Zeiher 2005,S. 76). Kinderalltage realisieren sich immer mehr in diesen Institutionen.Drittens ist Kindheit durch eine historisch tief verwurzelte Familialisierungcharakterisiert. Durch die normative und idealisierte Verortung von Kin-dern und die Sorge für Kinder im privaten Raum und in privaten Beziehun-gen und die damit einhergehende formale und prinzipielle Nachgeordnetheitvon Beziehungen im öffentlichen Raum erhalten Kinder eine ganz spezifi-

Page 27: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

26

sche gesellschaftliche Position. Bei den Eltern verbleibt die Letztverantwort-lichkeit für Erziehung, Sozialisationsbedingungen und Bildungsprozesse,welche sich stets im Spannungsverhältnis von Familie und Staat konstituiert.Und viertens ist Kindheit durch De-Kommodifizierung, also die Existenzeines normativen und idealisierten Schutzraumes mittels absoluter Freistel-lung von Erwerbsarbeit, gekennzeichnet. Durch das Einkommen der Elternund ggf. durch staatliche Zusatz-/Ersatzleistungen entsteht ein Schutzraum,in dem Erziehung möglich werden und sich Bildungsprozesse realisierensollen.

Um die auf Kindheit bezogenen sozialen Ordnungsprozesse erklärbar zumachen, haben sich zwei theoretische Zugänge durchgesetzt: Das Konzeptder Agency von Kindern sowie das Konzept der Generationalen Ordnung.Beide Ansätze haben die soziologische Kindheitsforschung sowie derenTheoriebildung in einem nicht unerheblichen Maß geprägt.

1.1 Agency

In der aufkeimenden kindheitssoziologischen Auseinandersetzung mit demForschungsgegenstand Kind oder Kindheit in den 1990er-Jahren setzte sichrasch die Heuristik des Kindes als eines sozialen Akteurs durch (Qvortrupet al. 1994; James/Prout 1990; James/Jenks/Prout 1998; James/James 2004).Kinder wurden als Akteure in der sozialen Welt und als Konstrukteure ihrerBiographie theoretisiert (Eßer 2008; Honig 1999, 2009b; James 2009; James/James 2004; Lange 2008), wenn hier auch keinesfalls radikal-konstruktivis-tische Konzepte angenommen wurden. Diese Heuristik wurde dabei in derAnfangszeit häufig eher programmatisch als normatives Gegenkonzept zum„Kind als Entwicklungswesen“ entworfen.

Die Annahme, dass Kinder an ihrer Entwicklung mitwirken, ist in dererziehungswissenschaftlichen und sozialisationstheoretischen Auseinander-setzung mit Kindern und der Lebensphase Kindheit nicht neu. Dass Kinderim Sozialisationsprozess keinesfalls eine passive, sondern ein aktive Rolleeinnehmen, arbeitete beispielsweise bereits Norman Denzin (1971) in seinensozialisationstheoretischen Auseinandersetzungen mit dem Werk George H.Meads heraus – Selbstobjektivierungen setzen das Handeln, das teils non-verbale Handeln des Kindes voraus. Alfred Schäfer weist aus einer bildungs-philosophischen Perspektive darauf hin, dass in erziehungswissenschaftli-chen Theorien das Kind stets als Subjekt konstituiert wurde, um überhauptdie Annahme der Bildsamkeit und die Notwendigkeit von Erziehung formu-lieren zu können (Schäfer 2005, 30ff.). Aus der Perspektive historischer Er-ziehungswissenschaft hat Meike S. Baader (2004) kritisch angemerkt, dass

Page 28: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

27

die Figur des Kindes als Akteur dem romantischen Kindheitsbild entsprächeund keine „Erfindung“ der Kindheitssoziologie sei.

Neu an der paradigmatischen Aussage des „Kindes als Akteur“ und desdahinter stehenden Konzeptes von Agency ist indessen die Erweiterung derForschungsperspektive und damit die Möglichkeit, neue Forschungsgegen-stände in den Blick zu nehmen (Lange/Mierendorff 2009). Das bedeutet,dass Kinder und Kindheit in der Soziologie nicht mehr vor allem in Bezugauf Sozialisation oder auf gesellschaftliche Reproduktions- und Integra-tionsprozesse thematisiert werden. Die wissenschaftliche Auseinandersetzungist insgesamt nicht mehr allein durch pädagogische, psychologische odersozialisationstheoretische Fragestellungen geprägt. Aus soziologischer Per-spektive werden nun die unterschiedlichsten gesellschaftlichen und privatenKontexte, Bedingungen und Praxen interessant, in denen das Kind und dieGruppe der Kinder im weitesten Sinne als Zeitgenossen (Hengst 2013) ein-bezogen sind und in denen das Kind gleichermaßen erst als Kind hervorge-bracht wird (Honig 2009b). Das Sein und Handeln der Kinder wird aus ei-ner praxeologischen Perspektive als stets involviert in die Hervorbringungvon Kultur, von Familie, von sozialen Beziehungen, Kindheit etc. gedacht.Auf der Grundlage vieler kulturtheoretischer und sozialwissenschaftlicherStudien, die die Kulturen, den Alltag und die Lebensbedingungen von Kin-dern in den unterschiedlichen familialen, institutionellen, wohlfahrtsstaatli-chen und gesellschaftlichen Kontexten untersuchen, wurde diese konstituti-ve Anfangsthese, dass Kinder in alltäglichen Praxen sich selbst, die Kultureiner Gesellschaft und die darin eingebetteten Kulturen der Kinder, die In-stitutionen der Kindheit, generationale Ordnung etc. mit hervorbringen,materialreich bestätigt und theoretisch weiterentwickelt. Kindheitsfor-schung zielt damit auf die Frage der Hervorbringung gesellschaftlicher Ord-nung. Am weitesten vorangetrieben hat inzwischen Doris Bühler-Nieder-berger eine solche Theoretisierung, in dem sie ausgehend von AnthonyGiddens’ theoretischen Überlegungen zum Verhältnis von Struktur undHandeln sowie aufbauend auf Grundannahmen des symbolischen Interaktio-nismus das Modell „Strukturen und Akteure der Kindheit“ entwirft (Büh-ler-Niederberger 2011, S. 202ff.). In Anlehnung an Pierre Bourdieu wird dasKind als „Komplize“ theoretisch gefasst (ebd., S. 203), das in die Adressie-rungen als (leibliches und soziales) Kind zutiefst verstrickt sei. Denn in sei-nem vielfältigen alltäglichen Eingebundensein in Kultur und Gesellschaftergründe es die Regelhaftigkeiten der generationalen Ordnung und bringedabei Wissen und soziale Ordnung immer wieder mit hervor. Gesellschaft-liche Ordnungen und die soziale Ordnung Kindheit werden demnach inProzessen interpretativer Reproduktion, wie William S. Corsaro (1985) esformuliert, auch von Kindern stets geschaffen (Bühler-Niederberger 2011,S. 202–211).

Page 29: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

28

Forschung auf der Grundlage einer solchen theoretischen Perspektivebedeutet also keinesfalls, dass die kulturell tief verwurzelten und derzeitscheinbar stabilen sozialen Konstruktionen vom Kind als Entwicklungs-wesen und die darin zum Ausdruck kommenden generationalen Machtver-hältnisse zwischen Erwachsenen und Kindern bspw. in den Institutionender Kindheit, die – auch in partizipatorisch angelegten sozialen Beziehun-gen zwischen Erwachsenen und Kindern und zwischen Kindern in Grup-pen (Cockburn 2005) – präsent sind, ignoriert werden. Vielmehr werden diezugrunde liegenden normativen Gegenstandsbeschreibungen und Kon-struktionen in ihrer gesellschaftlichen Genese und Funktion zu einer zen-tralen kindheitssoziologischen Fragestellung. Die sich verändernden sozia-len Zuschreibungen an das Kind und die Adressierungen des Kindes alsKind werden in ihrer Historizität und Gesellschaftlichkeit und in ihrer Kon-sequenz für das Handeln und Sein von Kindern und Erwachsenen gedachtund sichtbar gemacht. Damit ist ein Ansatz umrissen, der die permanenteTeilhabe von Kindern in Interaktionen, sozialen Prozessen und kulturellenKontexten unter den Bedingungen von Kindheit gleichzeitig gegenstands-konstitutiv zugrunde legt und erforscht.

1.2 Das Konzept der generationalen Ordnung

Das zweite grundlegende theoretische Konzept einer soziologischen Kind-heitsforschung, in welches das erste unmittelbar integriert ist, ist das der ge-nerationalen Ordnung (Alanen 2005; Alanen/Mayall 2001; Bühler-Nieder-berger 2011, 199ff.; Hengst/Zeiher 2005b; Honig 1999; 2009b; James 2009;Kelle 2005; Lüscher/Liegle/Lange 2009; Mayall/Zeiher 2002; Mierendorff2010; Qvortrup 2009). Dem Konzept der generationalen Ordnung liegt dieAnnahme zugrunde, dass die Unterscheidung zwischen Erwachsenen undKindern konstitutiv für die soziale Ordnung der Gesellschaft ist. Es wird da-von ausgegangen, dass die Unterscheidung vor allem entlang der KategorieAlter vollzogen wird (Alanen 2005; Mierendorff 2011; Mierendorff/Olk2010, S. 127). Damit wird deutlich, dass die Differenz keine „natürlicheOrdnung“ markiert, sondern einem sozialen Ordnungsprozess entspringt.Ich habe in Weiterführung der von Jens Qvortrup (2009) formulierten Aus-sage von „childhood as structural form“ darauf verwiesen, dass Alter nebenGender, Ethnie und sozialer Herkunft eines der zentralen Strukturmerkmalemoderner Gesellschaften ist (Mierendorff 2010, S. 24). Helga Zeiher (2009)spricht in diesem Zusammenhang von einem „altersgradierten Kindheits-regime“ (ebd., S. 114). Das Wissen um eine Unterscheidung nach Lebens-altern sowie das darin eingelagerte Wissen um altersbezogene Entwick-lungsstufen (Turmel 2008) hat sich erst im Laufe der Geschichte allmählich

Page 30: Tanja Betz | Peter Cloos (Hrsg.)5 Inhalt Tanja Betz/Peter Cloos Kindheit und Profession. Die Kindheitspädagogik alsneues Professions- und Forschungsfeld 9 Teil I Benachbarte Forschungsfelder

29

herausgebildet und in einem erheblichen Maße dazu beigetragen, dassKindheit sich in seiner heutigen Gestalt als eine über das Alter und den an-genommenen Entwicklungsstand definierte, ausgesprochen ausgedehnteSchutzphase (Bühler-Niederberger 2011, S. 69 ff.) herausgebildet hat. In die-sem Sinne kann Doris Bühler-Niederberger gefolgt werden, die aus einergesellschaftstheoretisch-historischen Perspektive darauf hinweist, dass Kind-heit als Ergebnis umfassender und permanenter sozialer Ordnungsprozessegesehen werden muss: „Prozesse des generationalen Ordnens stehen in ei-nem engen Zusammenhang […] zur Gesellschaft überhaupt“ (ebd., S. 214).Einerseits haben „angestrebte Veränderungen oder Straffungen in gesell-schaftlichen Ordnungsgefügen mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einem be-arbeitenden Zugriff auf das generationale Arrangement“ geführt (ebd.,S. 214). Andererseits zeigen umgekehrt „Eigenheiten oder Veränderungenim strukturierten Verhältnis der Altersgruppen ihre Rückwirkungen auf diegesellschaftliche Ordnung als Ganzes […], nämlich auf das Verhältnis Indi-viduum – Gesellschaft. Beides ist gemeint mit dem Begriff ‚generationaleOrdnung als Kernelement gesellschaftlicher Ordnung‘“ (ebd., S. 214).

Leena Alanen (2005, 2009) hat in ihrer wissenssoziologischen Auseinan-dersetzung mit bestehenden Konzepten von Generation und generationalerOrdnung nachdrücklich darauf verwiesen, dass moderne Kindheit nicht alsstatisches Strukturmuster zu theoretisieren, sondern in seiner Genese undpermanenten Hervorbringung zu verstehen sei. Damit wird zum einen einepraxeologische Perspektive stark gemacht, zum anderen wird auf die Rela-tionalität generationaler Ordnung verwiesen (Alanen 1988, 2005, 2009).Kindheit ist differenztheoretisch als Teil einer generationalen Ordnung zuverstehen, deren relationaler Bezugspunkt Erwachsenheit ist (Mierendorff2010, S. 19, auch Fuhs 1999). Selbst wenn im Rahmen eines Forschungsvor-habens die Entscheidung dafür gefallen ist, allein Kinder zu befragen, kön-nen die Interpretationen, Analysen oder Rekonstruktionen nicht von demtheoretischen Wissen über Kindheit gelöst werden. Kindheit kann nicht iso-liert von Erwachsenheit gefasst werden. Dies hat Konsequenzen vor allemfür die Auswertung der Daten über Kinder oder von Kindern. Denn kindli-ches Handeln und das auf Kinder bezogene Handeln von Erwachsenen voll-zieht sich in dem skizzierten Ordnungsrahmen. Damit ist eine grundlegen-de Bedingung von Agency formuliert, auf die ich später noch einmal einge-hen werde.

Leena Alanen bezeichnet den andauernden Prozess der Herstellung vonKindheit bzw. der Differenz von Kindern und Erwachsenen im Kontext ei-ner generationalen Ordnung als „generationing“ (Alanen 2005, S. 79). HelgaKelle spricht von der Differenzierung von Generation als soziale Praxis, alsovon „doing generation“ (2005, S. 83 u. 104). In einer sozialwissenschaftli-chen Kindheitsforschung, die das Konzept einer generationalen Ordnung