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TOURISMUS REGIO AUGSBURG Pioniere und Fabrikschlösser Industriekultur in Augsburg Karl Ganser | context verlag

Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

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„Deutsches Manchester“ nannte man Augsburg im 19. und 20. Jahrhundert wegen seiner vielen Textil- und Maschinenfabriken. Hier entstanden einige der frühesten Industrien Deutschlands: Im Augsburger Textilviertel reihte sich ein Fabrikschlossans nächste. In Augsburg wurden Innovationen wie Flugdrachen und die erste Zentralheizung Deutschlands, die früheste deutsche Zeitungsrotationsdruckmaschine und der von Rudolf Diesel entwickelte Motor geschaffen. Das Augsburger Wasserwerk war eine europaweit bestaunte technische Sensation, das ehemalige Gaswerk ist heute in ganz Europa einzigartig. Vom Lech bei Augsburg ging die Elektrifizierung der Region mit Strom aus Wasserkraft aus.

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Industriekultur in Augsburg

„Deutsches Manchester“ nannte man Augsburgim 19. und 20. Jahrhundert wegen seiner vielenTextil- und Maschinenfabriken. Hier entstandeneinige der frühesten Industrien Deutschlands: Im Augsburger Textilviertel reihte sich ein Fabrik-schloss ans nächste. In Augsburg wurden Inno-vationen wie Flugdrachen und die erste Zentral-heizung Deutschlands, die früheste deutscheZeitungsrotationsdruckmaschine und der vonRudolf Diesel entwickelte Motor geschaffen. DasAugsburger Wasserwerk war eine europaweitbestaunte technische Sensation, das ehemaligeGaswerk ist heute in ganz Europa einzigartig.Vom Lech bei Augsburg ging die Elektrifizierungder Region mit Strom aus Wasserkraft aus.

Sehenswert sind noch immer viele Bauten, dienicht nur den Glanz der Fabrikschlösser, sondernauch die Bedürfnisse der Bewohner einer großenIndustriestadt widerspiegeln: Direktorenvillen,Arbeiterquartiere und eine Gartenstadt, dasprächtige Kurhaustheater, ein Jugendstilvolks-bad, eine einzigartige Jugendstilkirche und eineder schönsten Synagogen Europas. Karl Ganser,„der Architekt des neuen Ruhrgebiets“, erklärtdie Geschichte der Industriemetropole Augsburgund führt zu „Architektur-Perlen“ und Museen.Der international bekannte und ausgezeichneteExperte verbindet damit ein ebenso persönlicheswie leidenschaftliches Plädoyer für die Erhaltungund sensible Nutzung der Zeugnisse einer inno-vativen, häufig jedoch unterschätzten Epoche.

216 Seiten, 169 AbbildungenEUR 14,80ISBN 978-3-939645-26-9

c o n t e x tm e d i e n u n d

v e r l a g

TOURISMUSREGIO

AUGSBURG

Pioniere und Fabrikschlösser

Industriekultur in Augsburg

Karl Ganser | context verlag

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Die Kongresshalle wurde 1972 als eine der modernsten Hallen

Europas eröffnet. Seit Mai 2010 wird der in die Jahre gekommene

Bau, der fast 40 Jahre lang neben Kongressen und Tagungen auch

Konzerten, Bällen, Sportveranstaltungen das passende Ambiente

bot, rundum erneuert. Ab Mai 2012 soll das Kongresszentrum

dann – nach modernsten Maßstäben auf den neuesten Stand der

Technik und Energieeffizienz gebracht – wieder für Veranstaltungen

aller Art zur Verfügung stehen.

Das Baujuwel aus den 70er Jahren wird künftig den Namen

„Kongress am Park Augsburg“ tragen. Das Gebäude steht unter

Denkmalschutz. Die spannende Architektur, die Kontraste von

hartem Beton und weichem Holz, klaren Linien und verspielten

Lichtelementen geben einen einzigartigen Rahmen für Veran-

staltungen.

Die zentrale Lage, umgeben vom Wittelsbacher Park und das

direkt angrenzende Hotel „Dorint An der Kongresshalle Augsburg“

mit 180 Zimmern, sind weitere Gründe, die für dieses Kongress-

zentrum sprechen.

Kongress am Park

Kongresshalle Augsburg Betriebs GmbH

Gögginger Straße 10 | 86159 Augsburg

Telefon 0821-324 2348 | Telefax 0821-324 2363

www.kongress-augsburg.de | [email protected]

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Page 3: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

Karl Ganser

Industriekultur in AugsburgPioniere und Fabrikschlösser

Hrsg. Regio Augsburg Tourismus GmbH

c o n t e x tm e d i e n u n d

v e r l a gwww.context-mv.de

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Karl Ganser

Industriekultur in AugsburgPioniere und Fabrikschlösser

Page 6: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

INDUSTRIEKULTUR

Karl Ganser, Dr. rer. nat., Dr. habil., Dr. h. c., MinDir i. R.,geboren 1937 in Mindelheim (Schwaben)Studien der Chemie, Biologie, Geologie und Geografie an derUniversität München und an der Technischen Hochschule München

· 1964 Promotion zum Dr. rer. nat. an der TU München · 1967 befasst mit dem Aufbau der Stadtentwicklung

bei der Landeshauptstadt München· 1968 Habilitation und außerplanmäßige Professur an der TU München· 1971 Leitung der Bundesforschungsanstalt für Landeskunst und

Raumordnung in Bonn· 1980 Abteilungsleiter im Städtebauministerium des Landes

Nordrhein-Westfalen mit Zuständigkeiten für Stadterneuerung,Denkmalschutz, kommunalen Straßenbau und Bauleitplanung

· 1989 bis 2000 Geschäftsführer der Gesellschaft InternationaleBauausstellung Emscher Park mbH

· 2000 bis 2004 Vorstand des Deutschen Architektur Zentrums (DAZ) in Berlin

Ehrungen:· 1975 Mitglied der Akademie für Raumforschung und Landesplanung· 1986 Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau

und Landesplanung· 1995 Bürger des Ruhrgebiets· 1996 Umweltpreis des Technischen Überwachungsvereins (TÜV)· 1997 Deutscher Preis für Denkmalschutz (Karl-Friedr.-Schinkel-Ring)· 1998 Fritz-Schuhmacher-Preis für Städtebau und Landesplanung· 1999 Ehrenpromotion der Universität Bochum· 1999 Ehrenmitglied des Bundes Deutscher Architekten (BDA)· 1999 Städtebaupreis „Sir Patrick Abercrombie Prize“ der

Internationalen Architektenunion (UIA)· 2000 Preis der Sikkens-Foundation für Architektur, Rotterdam· 2001 Preis des Deutschen Kulturrats „Kulturgroschen“ (abgelehnt)· 2004 Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen· 2004 Heinz-Schmitz-Gedächtnismedaille des BDB· 2006 Preis der Obayashi Foundation Tokyo

für zukunftsfähige Stadtentwicklung· 2006 Bürgermedaille der Stadt Augsburg· 2007 Naturschutzpreis Bayern· 2008 Schickhardt-Ehrenring der Stadt Freudenstadt· 2010 VDRJ-Preis der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten

„Impulsgeber für Kulturhauptstadt 2010-Ruhr“

Der Autor

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EINLEITUNGVorwort

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Salve. Sei gegrüßt Reisender!

Der Reisende sucht den fernen Ort und die fremde Welt, will sehen,staunen, verstehen und um Erfahrungen reicher heimkommen. DerTourist wird Last Minute vermittelt, um dann die überall gleichenHotels, Strände, Geschäfte und Leute anzutreffen. Sein Handy sorgtdafür, dass er nicht wirklich weg war.

Es gibt sie noch, die Reisenden, und ihre Schar wird größer. Ich ladeSie ein nach Augsburg, um in dieser Stadt das Industriezeitalter zubesichtigen. Für die meisten Menschen ist das 19. Jahrhundert ein

ferner Ort und eine fremde Welt.Es war eine grandiose Zeit inGlanz und Elend, und Augsburgwar mittendrin. Die Stadt zähltezu den großen Akteuren am Be-ginn des Industriezeitalters.

Aber Achtung! Diese Besichtigungähnelt der einer antiken Grabungs-stätte. Wenige Steine, Fundamenteund Mauerreste müssen kraftvollgenug sein, um das Bild dieserEpoche, die verloren gegangenen

Bauten und die Protagonisten früherer Epochen lebendig zu machen.Das Lesen ist die Grundlage dafür, dass das Reisen bildet und dieSpurensuche einen Sinn erhält.

Dieses „Reiselesebuch“ ist eine Skizze der Industriezeit in Augsburg.Es soll nicht zuletzt dem „Fremden” Lust machen, das „DeutscheManchester“ kennenzulernen. Die Menschen aus Augsburg und Um-gebung sind ohnehin eingeladen, zu sich „nach Hause“ zu reisen.Denn nur wer mit seiner eigenen Stadt vertraut ist, wird auch einguter Gastgeber sein. Am Ende kann man sich fragen, weshalb sowenig aus dem Industriezeitalter bewahrt wurde und warum dasdanach Zugebaute so wenig Charakter hat. Dennoch: Positive Bei-spiele gibt es in Augsburg immer noch weitaus mehr als anderswozu sehen.

Herzlich willkommenKarl Ganser

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INDUSTRIEKULTUR

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Kapitel I: Zwölf Perlen der Industriekultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Denkmäler des Industriezeitalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Die Schüle’sche Kattunmanufaktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Die Augsburger Kammgarn-Spinnerei (AKS) . . . . . . . . . . . 13

Der Glaspalast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Rudolf Diesel und die MAN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Das Gaswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Die Synagoge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Die Herz-Jesu-Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Das Kurhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Der Hochablass und das Wasserwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Der Bahnpark Augsburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Der Schlacht- und Viehhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Das Lechmuseum Bayern in Langweid . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Kapitel II: AugsburgerStandortvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

Die Standortgunst der Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Faktor 1: Augsburg und seine einzigartige Lage . . . . . . . . . . 28

Faktor 2: der Lech und die Wasserkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Faktor 3: der Wasserweg und die Eisenbahn . . . . . . . . . . . . . . . 30

Faktor 4: der Finanzplatz Augsburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Faktor 5: die Stadt der Industriezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Friedrich List (1789–1846) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Um 1850: Augsburger Fabriken, Münchner Tempel . . . . . . . 36

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Kapitel III: Fünf Wege durch die Industriestadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Zu Rudolf Diesel und Bertolt Brecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Acht Stationen von Oberhausen bis zur Altstadt: Leuchtgas und Motoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

Das Gaswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Die Wunderwelt der Gasbehälter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Die Schuhfabrik Wessels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Maschinen- und Bronzewarenfabrik Riedinger . . . . . . . . . . . . . . . 52

Die Riedinger-Buntweberei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

Ludwig August Riedinger (1809–1879) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

Das MAN-Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Heinrich von Buz (1833–1918) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Von der Hochdruck-Rotation zu „manroland“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Rudolf Diesel (1858–1913) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Glühende Geburt eines Giganten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

Die Baumwollspinnerei am Stadtbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Die Papierfabrik Haindl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Georg Haindl (1816–1878) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Die Arbeiterkolonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

Die Haindl-Häuser und die Familie Brecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Das Alte Stadtbad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Textilkrisen, Abrisse und Denkmäler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

Textilviertel: Von der Schüle‘schen Kattunmanufaktur zum Fabrikschloss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

Die Schüle’sche Kattunmanufaktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Die Faszination des Kattundrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Spinnerei und Weberei am Sparrenlech . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Neue Augsburger Kattunfabrik (NAK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

200 Jahre Stoffmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

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INDUSTRIEKULTUR

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Mechanische Weberei am Fichtelbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Die Haag-Villa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Wie Direktoren residierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

Die Baumwoll-Feinspinnerei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

Die Mechanische Baumwoll-Spinnerei und

Weberei Augsburg (SWA) – Werk I „Altbau“ . . . . . . . . . . 106

SWA – die Große Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Der Schlacht- und Viehhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Das Proviantbachquartier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Arbeiterquartiere und Wohnsiedlungen . . . . . . . . . . . . . . . 115

Die Osram GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Das SWA-Werk III („Fabrikschloss“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

Das SWA Werk IV „Aumühle“ („Glaspalast“) . . . . . . . . . . 122

Drei Kunstmuseen im Glaspalast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Der Martini-Park . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

Die Augsburger Kammgarn-Spinnerei (AKS) . . . . . . . . . . 130

Das Staatliche Textil- und Industriemuseum . . . . . . . . . 135

Der Färberturm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Die Manufaktur – auf dem Weg zur Fabrik . . . . . . . . . . . 141

Die Soziale Frage in Augsburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Eine Gedenktafel für das Textilviertel . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Gedenktafel 1 – Die Pioniere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Gedenktafel 2 – Die Sterbetafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Gedenktafel 3 – Die Verwerter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Im Dreieck des Eisenbahnzeitalters . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Vom Augsburger Hauptbahnhof über denBahnpark zum Alten Bahnhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Der Augsburger Hauptbahnhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Das Brauhaus S. Riegele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Die Synagoge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Die Gartenstadt im Thelottviertel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Das Architekturmuseum Schwaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

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Der Bahnpark Augsburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Die Augsburger Localbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

Alter Bahnhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Industrie und Luxus in den Vororten . . . . . . . . . . . . . 168

Zwischen Göggingen und Pfersee zu Nähfaden, Heilkunst und Theater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

Die Zwirnerei und Nähfadenfabrik Göggingen . . . . . . . 171

Am Weg nach Göggingen: die RENK AG . . . . . . . . . . . . . . . 173

Besser wohnen in der Fabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

An der Singold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Johann Friedrich von Hessing (1838 – 1918) . . . . . . . . . . 177

Das Kurhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Jean Keller (1844 –1921) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

Das Kaltwalzwerk Eberle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Die Mechanische Weberei am Mühlbach . . . . . . . . . . . . . . 186

Die Herz-Jesu-Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

Stromgewinnung und reines Wasser . . . . . . . . . . . . . . 190

Im Lech und am Lech:Trinkwasser und Wasserkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Das Wasserwerk am Hochablass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

Der Hochablass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

Die Lechbäche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Das Lechmuseum Bayern in Langweid . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Bernhard Salomon (1855 – 1942) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Augsburg und das elektrische Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .212

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

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Kapitel I: Zwölf Perlen der Industriekultur

„Deutsches Manchester“ wurde das Augsburg desIndustriezeitalters genannt. Dies war damals nur positivgemeint. Prachtvolle Fabrikschlösser waren entstanden.Webereien, Spinnereien und Färbereien gaben etlichentausend Textilarbeitern Lohn und Brot. In Augsburg wurdeder Dieselmotor zum Laufen gebracht, hier wurden dieschnellsten Druckmaschinen Deutschlands gebaut. DieGasbeleuchtung in den Straßen strahlte noch vor der inMünchen. Von den ersten Wasserkraftwerken am Lechging die Elektrifizierung der ganzen Region aus. Industrienund industrielle Prachtbauten sind heute großteils ver-schwunden. Doch was noch vorhanden ist (wie das Gas-werk in Augsburg-Oberhausen), lädt zum Staunen ein.

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INDUSTRIEKULTUR1

Denkmäler des Industriezeitalters

Wo soll ich einsteigen in die Industriezeit der Stadt? Wo die Textil-industrie ihren Anfang hatte: Mit von Schüles Manufakturpalast. Erkündet von der einstigen Herrlichkeit und dem späteren Niedergang.Zu sehen ist jetzt eine neue Fachhochschule und noch ein bisschenKopfbau zur Erinnerung. Aber unweit davon blieb die ehemals groß-artige Augsburger Kammgarn-Spinnerei erhalten. Dort ist der Glanzder Epoche im Staatlichen Textil- und Industriemuseum aufbewahrt.

Das Interesse ist geweckt, aber wohin weiter? Zu den Zeugen derFabrikschlösser von damals. Der Glaspalast oder das Fabrikschlossbieten sich an. Der Glaspalast ist heute ein Museum für moderneKunst. Das Fabrikschloss ist nun ein Einkaufszentrum. Man kann den Weg auch zum ersten Dieselmotor ins MAN-Museum nehmen,zum letzten komplett erhaltenen Gaswerk in Europa oder zu einemWasserwerk am Lech. Zwölf Perlen der Industriekultur sind aufeinen Faden gefädelt, der die Zeit von 1770 bis 1914 durchzieht.

Die Schüle’sche Kattunmanufaktur

Feinste ostindische Kattune und heimische Gewebe wurden in derManufaktur bedruckt. Diese Luxusware rief in ganz Europa Bewunde-

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Werk I der Mechanischen Baumwoll-Spin-nerei und Weberei Augsburg ist abgerissen.Andere Fabrikschlösser blieben erhalten.

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ZWÖLF PERLEN

rung hervor und für die „allerhöchste“ sorgte Kaiser Joseph II.: Ererhob den Unternehmer Schüle in den Ritterstand. Johann Heinrich von Schüle ließ 1770 am Roten Tor vor den Stadtmauern ein „Schloss“erbauen, um die neue Zeit zu adeln. Eingewandert und eingeheiratet,ging Schüle mit dem alten Weberhandwerk nicht zimperlich um. Esgab Proteste gegen die überlegene Kattunmanufaktur. 1811 – nachdem Tod des Gründers – erlosch das Unternehmen. Es folgten vieleneue Besitzer, bis 1989 auch der letzte aufgab. Nun blieb nur noch die„Verwertung der Immobilie“. Die neue Fachhochschule sieht ganz gutaus. Von der Pracht der Schüle’schen Kattunmanufaktur zeugt jedochnur noch der Kopfbau von 1772 – hier beginnt man sich zu wundern.

Schüle‘sche Kattunmanufaktur (siehe Seite 88 ff.) Friedberger Straße 2, 86161 Augsburg

Die Augsburger Kammgarn-Spinnerei (AKS)

Drei „Grazien“ zur Begrüßung. Überlebensgroße Frauenfiguren miteiner beneidenswerten Garderobe ziehen in Sekunden immer wiederneue Kleider an. Die schönsten Muster aus einer Sammlung von 1,3Millionen Motiven, gebunden in 555 Folianten, werden elektronischauf den Faltenwurf projiziert. Das ist das Schauspiel im neuen Textil-und Industriemuseum.

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Die Schüle’sche Kattunmanufaktur war einesder frühesten Fabrikgebäude Deutschlands.Heute ist nur noch der Kopfbau erhalten.

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1836 wurde die Augsburger Kammgarn-Spinnerei gegründet, um 1900produzierte sie mit über 1000 Mitarbeitern. Von der wahrhaft statt-lichen Anlage ist so viel erhalten, dass die seinerzeitige Größe nochabzulesen ist. Dort also ist nun das „tim“, wie es kurz genannt wird,eingezogen. Man ahnt die Atmosphäre in den ehemaligen Spinnsälenund staunt über die Leichtigkeit unter den Sheds – flache Maschinen-hallen der Weberei – aus der Zeit um 1950. Wer beim Abschied überdas Gelände blickt, sieht die Weite mit den noch ungenutzten Bau-werken. Halten Sie die Daumen, dass diese stehen bleiben.

Staatliches Textil- und Industriemuseum Augsburg (siehe Seite 135 ff.)Provinostraße 46 | 86153 AugsburgTelefon 08 21/8 10 01-50 | www.tim-bayern.de

Der Glaspalast

Das erste Werk der Mechanischen Baumwoll-Spinnerei und Weberei(SWA) – der „Altbau“ – wurde von 1837 bis 1840 fünf Geschosse hochund 155 Meter lang errichtet. 1968 wurde es abgebrochen. Werk II,die „Rosenau“, entstand 1887/88 – abgebrochen 1972. Werk III, das(noch erhaltene) „Fabrikschloss“ am Proviantbach, folgte 1896/98.

Das Werk IV „Aumühle“ wurde 1909/10 auf einem freien Gelände mit22 Hektar gebaut. 60 000 Spindeln fanden im fünfstöckigen Spinnerei-

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Die Augsburger Kammgarn-Spinnerei be-herbergt das Textil- und Industriemuseum.

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hochhaus Platz. Die ebenerdigen Sheds überdachten 1000 Webstühle.Die Spinnerei war damals eine der ersten Konstruktionen aus Stahl-beton. Die damals innovative Skelettbauweise machte weite Fenster-flächen mit hellen Spinnsälen möglich. Staubturm, Wasserturm undAufzugsturm markieren den großen Glaswürfel. Werk IV „Aumühle“der Mechanischen Baumwoll-Spinnerei und Weberei – genannt der„Glaspalast“ – glänzt heute zwar als Standort von drei Museen zeit-genössischer Kunst. Doch in seiner banalen Umgebung wirkt dieserPalast der Moderne nunmehr seltsam verloren.

Glaspalast (siehe Seite 122 ff.) Beim Glaspalast 1 | 86153 AugsburgTelefon 08 21/8 15 11 63 | www.glaspalast-augsburg.de

Rudolf Diesel und die MAN

Theodor Diesel war Buchbinder in Augsburg. 1858 wurde sein SohnRudolf in Paris geboren. In den zwei Jahren von 1893 bis 1895 brach-te er einen neuartigen, heute nach ihm benannten Motor zum Laufen.Er ist im Original im MAN-Museum zu sehen. Die MaschinenfabrikAugsburg (heute MAN) gab Diesel die Werkstatt, Freiraum und Ver-trauen für die Verwirklichung seiner visionären Idee. Ende 1895 liefder mit Petroleum betriebene Motor 17 Tage lang im Dauerbetrieb.

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Der Glaspalast – einstmals ein innovativerIndustriebau, heute ein Haus der zeitge-nössischen Kunst.

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Der Name Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg entstand 1908, weildie Maschinenbauer aus Augsburg und Nürnberg 1898 zusammenge-gangen waren. Der Augsburger Zweig wurde 1840 von Ludwig Sandergegründet. Dann begann ein furioser Aufstieg des Maschinenbaus:1858 zählte man um die 300 Beschäftigte, 1898 rund 2900. Heute istdas Unternehmen ein weltweit führender Konzern.

MAN-Museum (siehe Seite 60 ff.) Heinrich-von-Buz-Straße 28 | 86153 AugsburgTelefon 08 21/4 24 37 91 | www.manroland.com

Das Gaswerk

Gaslaternen erhellten die Straßen der Städte ab 1850, erst wenige,dann fast alle. Leuchtgas war das sichtbare Symbol des Fortschritts.Augsburg erhielt als zweite Stadt Bayerns (nach Nürnberg) eine Gas-beleuchtung. Alle größeren Städte errichteten Gaswerke: Augsburgbaute 1848 eines der ersten in Süddeutschland. Sie alle wurden ab-gerissen – bis auf eines, das in Augsburg-Oberhausen. Es wurde dortvon 1913 bis 1915 auf freiem Feld als schönstes und modernstes weitund breit gebaut. Der Bauplan ist schlossartig angelegt. Heute ist derKomplex das einzige noch vollständig erhaltene „Fabrikschloss“ inder Stadt und ein Denkmal von europäischem Rang. Der staunende

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Ingenieur Rudolf Diesel und sein Werk: Den Versuchsmotor besichtigt man imMAN-Museum in Augsburg.

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Besucher kann dort den Prozess der Leuchtgaserzeugung Bauwerkfür Bauwerk „ablaufen“. Seit der Aufgabe der Leuchtgaserzeugungvor 40 Jahren präsentieren sich großartige Innenräume in stillerSchönheit. Am Ende der Wanderung geht es über 392 Treppen fast 90 Meter hoch auf das Dach des „Gasometers“ und zu einem Rund-blick über die Stadt und das Umland.

Gaswerk Augsburg (siehe Seite 43 ff.) August-Wessels-Straße 30 | 86156 AugsburgTelefon 08 21/58 50 41 | www.gaswerk-augsburg.de

Die Synagoge

1438 wurden die Juden aus der Stadt verwiesen. Ab 1813 bildete sichaufs Neue eine jüdische Gemeinde. 1914 legte man den Grundstein fürdie Synagoge, eine eklektizistische Mischung aus byzantinischer undklassizistischer Architektur mit Elementen des Jugendstils und derNeuen Sachlichkeit – wohl eine der schönsten in Europa. Wie durchein Wunder hat sie die Pogromnacht von 1938 überdauert. Nach demKrieg war sie lange nicht im Bewusstsein der Stadt. 15 Jahre mühe-voller Vorarbeit durch die kleine jüdische Gemeinde waren notwendig,bis die Synagoge 1985 erneut geweiht wurde. 2010 ist die IsraelitischeKultusgemeinde Augsburgs mit 1700 Mitgliedern so groß wie nie. Der

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Ab 1913 entstand in Augsburg eine derschönsten Synagogen Europas. 1985 warder 1938 geschändete Bau restauriert.

Page 20: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

INDUSTRIEKULTUR1geschlossene Hof rund um den strahlenden Betraum umfriedet einjüdisches Kulturzentrum mit einem Museum zur Geschichte undKultur der Juden. Man geht nachdenklich wieder weg. Es bleibt diebedrückende Frage: „Wie konnte das nur geschehen, Völkermord?“

Jüdisches Kulturmuseum (siehe Seite 158 ff.) Halderstraße 6 – 8 | 86150 AugsburgTelefon 08 21/51 36 58 | www.jkmas.de

Die Herz-Jesu-Kirche

Wer ein ganz besonderes Gotteshaus auf sich wirken lassen will, dermuss nach Pfersee gehen. Dort steht hoch aufragend „die schönsteJugendstilkirche“ Deutschlands. Die Kirche Herz Jesu wurde 1910geweiht. Der damalige Bischof von Augsburg habe die Weihe abge-lehnt, weil ihm Architektur und Dekor zu radikal modern erschienen.Wie kommt eine solche Kirche hierher? Im Dorf Pfersee westlich derWertach wurde 1856 die „Spinnerei und Weberei Pfersee“ gegrün-det. Pfersee wuchs rasch auf Stadtgröße an. Zu Beginn des 20. Jahr-hunderts waren etliche Orte rund um die Stadt so bevölkerungsreich,dass größere Gotteshäuser notwendig wurden. Die selbstbewusstePferseer Gemeinde setzte ein markantes Kirchenbauwerk gegen die„Türmegemeinschaft“ der einstigen Reichsstadt mit Dom, St. Ulrich

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Eine Jugendstilkirche als Erinnerung an dasIndustriezeitalter: 1910 wurde die Herz-Jesu-Kirche in Augsburg-Pfersee geweiht.

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und Afra, St. Peter, St. Anna, St. Moritz und anderen. Diese „Provoka-tion“ war noch nicht mal fertig gebaut, als die bis 1911 selbstständige Gemeinde zum Augsburger Stadtteil degradiert wurde. Die Industrie-anlagen von Pfersee wurden wie anderswo großteils beseitigt. HerzJesu wirkt nun wie ein einsamer Zeuge einer großen Vergangenheit.

Herz-Jesu-Kirche (siehe Seite 188 ff.) Augsburger Straße 23 a | 86157 AugsburgPfarrgemeinde: Franz-Kobinger-Straße 2 | 86157 AugsburgTelefon 08 21/25 27 30 | www.herzjesu.com

Das Kurhaus

Im ansonsten unauffälligen Stadtteil Göggingen ist ein Juwel ver-steckt, das Kurhaus. Diese zauberhafte Schöpfung aus einer leichtenund verzierten Stahlkonstruktion mit funkelnden Scheiben dazwischenist ein Meisterwerk der Ingenieursbaukunst. Es lohnt wirklich, sich an einem sonnigen Spätnachmittag in den Garten zu einem Kaffeeoder Drink zu setzen. Der verspielte Kurpark ist das Abbild der spiele-rischen Architektur. Man kennt solche Bilder aus mondänen Bade-orten. Der gebrechliche Hochadel und der neue Geldadel hatten sichdort versammelt, um zu plaudern, zu tanzen und zu spielen, mit einbisschen Heilkur dabei: Baden-Baden oder Wiesbaden oder Bad

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Das bis 1886 errichtete Kurhaus im heutigenAugsburger Stadtteil Göggingen gilt als einMeisterwerk der Ingenieursbaukunst.

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Oeynhausen oder Davos. Aber Göggingen, ein industrieller Vorort vonAugsburg? Die damals weltberühmten Hessing’schen OrthopädischenKliniken haben bis 1886 das Kurhaus samt Kurpark geschaffen. 1972ausgebrannt, wurde die Anlage zwischen 1988 und 1996 originalgetreurekonstruiert und restauriert. Das Kurhaus ist wieder ein Tempel derleichten Muse. Man sollte auch am Abend einmal dort gewesen sein.

Kurhaustheater Augsburg-Göggingen (siehe Seite 179 ff.) Klausenberg 6 | 86199 AugsburgTelefon 08 21/9 06 22 22 | www.parktheater.de

Der Hochablass und das Wasserwerk

Folgen wir der Empfehlung in einem „Augsburger Führer“ von 1900:Schon damals war „… der Hochablass ein schattiger und kühler Auf-enthaltsort mit prächtiger Aussicht.“ Der Lech, der in Vorarlberg ent-springt, wird von einem mächtigen Schotterkörper begleitet. In ihm sind große Mengen reinstes Grundwasser gespeichert. Im Süden vonAugsburg drängt es an die Oberfläche. Unter dem dortigen Sieben-tischwald liegt das Trinkwasser der Stadt. Nah davon staut ein WehrLechwasser in die fächerartig ausschwärmenden Stadtbäche – derseit dem Mittelalter bestehende, 1911/12 als Stahlbetonkonstruktionerrichtete „Hochablass“. Dort hat sich die Stadt 1879 ein weltweit bestauntes Wasserwerk erbaut. Von einem Lechkanal angetriebene

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1879 galt das Wasserwerk am Hochablassweltweit als ein Wunder der Technik.

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Pumpen hoben das Trinkwasser aus dem Schotterkörper und drück-ten es ins Leitungsnetz. Das System kam ohne die üblichen Wasser-türme aus. Für die innovative Technik ließ die Stadt ein klassizistischesGebäude entwerfen. Die formschönen Maschinen sind im reich ver-zierten Maschinensaal zu bestaunen. Erst 1973 ging das Wasserwerkaußer Betrieb. Heute ist es ein Technikmuseum und Wasserkraftwerk.

Wasserkraftwerk am Hochablass (siehe Seite 194 ff.) Spickelstraße 31 | 86161 AugsburgTelefon 08 21/65 00-86 03 | www.stawa.de

Der Bahnpark Augsburg

Über die Industriestadt Augsburg führte schon 1854 die bedeutende„Ludwig-Nord-Süd-Bahn“ zwischen Hof und Lindau. Die einstige Be-deutung des Eisenbahnknotenpunkts Augsburg lässt der Bahnparknoch heute erahnen. Ein Teilbereich des früheren Bahnbetriebswerksist nun ein Eisenbahnmuseum. In einem denkmalgeschützten Ringlok-schuppen mit Drehscheibe und drei Dampflokhallen zeigt der Bahn-park 30 Lokomotiven. Die Schmiedewerkstatt blieb erhalten. In denWerkstätten restauriert man Lokomotiven. Besichtigen kann man denBahnpark bei Ausstellungen, Aktionen und Dampfloksonderfahrten.Ab und zu führt eine vom DGB organisierte Fahrt mit der „Localbahn“hierher. Das 65 Kilometer lange Schienennetz der „Localbahn“ leitet

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Der Bahnpark erinnert an die wegweisendeRolle Augsburgs im Eisenbahnzeitalter.

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INDUSTRIEKULTUR1vom Hauptbahnhof ins Textilviertel, zu 60 angeschlossenen Betriebenund zu artenreichen Sekundärbiotopen in den Industriebrachen.

Bahnpark Augsburg (siehe Seite 162 ff.) Firnhaberstraße 22 | 86159 AugsburgTelefon 08 21/65 07 59-0 | www.bahnpark-augsburg.de

Der Schlacht- und Viehhof

Von 1898 bis 1900 entstand der industrielle Schlacht- und Viehhof amOstrand des Textilviertels beim Lech – auf dem Gelände des früherenStadthafens. Das Hafenbecken – zuvor Ziel der Lechflößerei – wurdezugeschüttet. Viehhof, Schlachthof, Pferdeschlachthof, Seuchen- undAuslandsviehhof bildeten die Anlage, deren architektonischer Höhe-punkt bis heute die frühere Großmarkthalle, die sogenannte Kälber-halle, ist. Klinkerornament, Stahl und Glas gestalten diesen Komplex.Bausünden der 1970er und 1980er Jahre, als dieses Schlachtzentrumzum zweitgrößten Bayerns wurde, hat man im Zuge einer behutsamenSanierung geheilt. Teile der traditionsreichen Dierig Holding AG – einTextilunternehmen – arbeiten noch immer in diesem Ensemble.

Schlacht- und Viehhof Augsburg (siehe Seite 110 ff.) Proviantbachstraße 1 | 86153 AugsburgTelefon 08 21/52 10-2 26 | www.dierig.de

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Der ehemalige Schlacht- und Viehhof blieberhalten – und findet eine neue Nutzung.

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Das Lechmuseum Bayern in Langweid

Der Lech fließt an Augsburg vorbei, verstärkt sich durch die Wertachund verwandelt jetzt Wasserkraft in Strom. Ab 1901 wurden stromab-wärts von Augsburg drei große Kraftwerke gebaut. Das erste Wasser-kraftwerk weit und breit errichtete man in Gersthofen, 1907 ein zwei-tes in Langweid – sehenswerte Ingenieurbauten mit hoher Baukultur.1922 ging dann ein drittes Wasserkraftwerk in Meitingen in Betrieb.Das bundesweit einzigartige Fluss-, Technik- und Architekturmuseumim Wasserkraftwerk in Langweid erzählt die Geschichte der Stromge-winnung am Lech sowie die Wirtschafts-, Kultur- und Naturgeschichtedes Flusses von der Quelle in den Lechtaler Alpen bis zur Mündung in die Donau. In dem Historismusbau wird noch immer Wasserkraft in Elektrizität umgewandelt. Nach dem Besuch der beiden Museums-geschosse führt der Weg nach unten. Bei der Modernisierung derAnlagen wurde eine Turbine als technisches Denkmal erhalten. Dieseinerzeit neuartige Maschine in ihrem Turbinenhaus ist begehbar.Allein dieses Erlebnis lohnt den Weg. Dabei entsteht eine Ahnungvon den Dimensionen des Maschinenbaus zu Beginn des 20. Jahr-hunderts. Nun ist auch klar, was sich hinter der Fassade verbirgt.

Lechmuseum Bayern (siehe Seite 205 ff.) Lechwerkstraße 19 | 86462 Langweid am LechTelefon 08 21/3 28-16 58 | www.lechmuseum.de

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Im Historismusbau in Langweid wird Stromerzeugt – und ein ganzer Fluss erklärt.

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12Zwölf Architekturperlendes Industriezeitalters

Schüle’sche Kattunmanufaktur

Augsburger Kammgarn-Spinnerei und

Staatliches Textil- und Industriemuseum

Glaspalast

MAN-Museum

Gaswerk

Synagoge

Herz-Jesu-Kirche

Kurhaus

Hochablass und Wasserwerk

Bahnpark Augsburg

Schlacht- und Viehhof

Lechmuseum Bayern in Langweid12

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Kapitel II: AugsburgerStandortvorteile

Dass sich Augsburg zur – neben Nürnberg – führendenIndustriestadt Bayerns entwickeln konnte, hatte sowohl geografische als auch geschichtliche Gründe. Unter dasStichwort Geografie fällt die zentrale Lage Augsburgs imsüddeutschen Raum. Die Gebirgsflüsse Lech und Wertachwaren nicht nur bedeutende Transportwege, sondern ver-sorgten die Stadt seit dem Mittelalter mit der Antriebskraftdes Wassers. Zur Geschichte Augsburgs gehört, dass manschon vor den Glanzzeiten der Fugger mit Handel, Textilher-stellung und Metallen vertraut war. Der WasserreichtumAugsburgs und das Wissen seiner Bewohner leisteten derIndustrialisierung massiv Vorschub. Die Textil- und Metall-industrie sowie die Energiegewinnung aus Wasserkraftstanden im Zentrum fast aller Entwicklungen.

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Die Standortgunst der Stadt Faktor 1: Augsburg und seine einzigartige Lage

Augsburg wurde auf einem Sporn am Zusammenfluss der Gebirgs-flüsse Lech und Wertach gegründet. Der Blick reicht hier flussab-wärts in Richtung Donau. Flussaufwärts führt der Weg weit hinaufund zu den Alpenpässen hinüber nach Italien. Die Römer haben dieGunst dieser Lage erkannt. Es gibt südlich der Donau keine bessere.Der Geländesporn besteht aus Kiesen einer älteren Eiszeit: Geolo-gisch ist das eine Hochterrasse. Rund um diese lagert sich etwas tiefer das Schotterfeld der Niederterrasse aus der jüngsten Eiszeit ab.

Diese Topografie teilt die (Alt-)Stadt in eine obere und eine untere.Man erlebt den Höhenunterschied, wenn man die Treppen am Rat-haus hinunter geht. Draußen vor den Toren der Stadt – noch etwastiefer – weiten sich die Talauen von Lech und Wertach. Durch Aus-stauen wurden die Stadtbäche aus dem Lech in die untere Stadt„gehoben“. Nicht zuletzt aufgrund dieser Kanäle hat sich seit demfrühen Mittelalter erfolgreich Gewerbe entwickelt. Auf den weiten, zu Beginn des Industriezeitalters unbesiedelten Talauen machte sichim 19. Jahrhundert die Industriestadt Augsburg breit.

Augsburg entstand im Mündungsdreieckder Gebirgsflüsse Lech und Wertach. SeinWasserreichtum förderte bereits im frühenMittelalter den Aufstieg der Stadt.

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STANDORT AUGSBURGFaktor 2: der Lech und die Wasserkraft

Kraft für die Industrie in Augsburg kam aus dem Lech und aus derWertach. Reichlich Wasser und starkes Gefälle machten die Wasser-kraft „produktiv“. Stadtbäche wurden aus dem Fluss ausgeleitet oderquollen aus dem begleitenden Schotterkörper. Dieses System reichtbis ins Mittelalter zurück. Wohl schon um 1346 gab es im Süden derStadt ein Stauwehr, den „Lechablass“, um Wasser in die Stadtbächeabzuzweigen. Um 1850 zählte man in Augsburg über 100 Triebwerkemit rund 200 Wasserrädern. Im Lauf der Entwicklung folgten Turbinen.

Die Wasserkraft war für einen „revierfernen Standort“ mit großerEntfernung zur Kohle von entscheidender Bedeutung. Kein andererStandort in Süddeutschland verfügte über derart viel leicht nutzbaresWasser. Der Lech brachte es von hoch oben aus den Lechtaler Alpenvor die Tore der Stadt. Das war auch von Vorteil für den Wettbewerbmit Nürnberg, der anderen großen Industriestadt der Zeit. Verglichenmit dem Lech waren Pegnitz, Regnitz und Rezat „ärmliche Gewässer“.

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Eine Karte aus dem 17. Jahrhundert ver-deutlicht, wo Wasser aus dem Lech und derWertach über Werkskanäle die AugsburgerMühlräder und Hammerwerke antrieb.

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Der Lech war bis weit in das 19. Jahrhundert hinein ein Wildfluss.Mehrmals im Jahr kamen Hochwässer. Dabei verlegte der reißendeGebirgsfluss immer wieder sein Bett. Das Tal war breit und die Uferwaren flach. Der Lech konnte sich bei Hochwasser also in der Aue„austoben“. In der Fachsprache von heute wäre von natürlichen„Retensionsräumen“ die Rede. Für den Hochwasserschutz und zurElektrizitätsgewinnung wurde der Lech, wie fast alle großen Flüsse in dieser Zeit, kanalisiert. Durch die Stauwehre wurde das Geschiebezurückgehalten. Ohne diese steinerne Fracht hat sich der Fluss immerweiter eingetieft. Nun konnten auch die Ufer besiedelt werden. Heutewünschen sich viele die Schönheit und Natürlichkeit des Wildflusseszurück. Aber der Weg dorthin ist verbaut. Die „Naturierung“ ist trotz-dem eine Vision für die Zukunft.

Vom Hochablass aus hat man den Lech im Blick – den Kanal, die Aus-leitung der Stadtbäche und tiefer unten den Altlauf zwischen Kies-bänken. Doch dies ist nur ein schwacher Abglanz des Wildflusses vor der „Zivilisierung“.

Faktor 3: der Wasserweg und die Eisenbahn

In vorindustrieller Zeit war der Lech ein viel genutzter Wasserweg.Die Flößerei war hoch entwickelt. Der beachtliche Holzbedarf derStadt wurde in einer stattlichen Floßlände umgeschlagen. Noch 1912

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1911/12 errichtete man den Hochablass alsStahlbetonkonstruktion im Lech.

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wurde ein Floßhafen am Lech gebaut. Im 19. Jahrhundert kam sogardie Idee auf, den Lech von der Stadt bis zur Mündung in die Donauschiffbar zu machen. Der „Masterplan“ für einen Augsburger Donau-hafen ist beeindruckend, doch die hochfliegenden Pläne des Augs-burger Architekten Karl Albert Gollwitzer wurden schon bald ad actagelegt. Zu stark war die Konkurrenz durch die Eisenbahn. Und auchder Floßbetrieb wurde schon 1914 eingestellt.

1838 war die Bahnlinie zwischen Augsburg und München gebaut. Diefür die industrielle Entwicklung der Stadt aber entscheidende Streckeverband Augsburg über Nürnberg mit dem sächsischen Industrie-gebiet und mit dem Bodensee. Diese 600 Kilometer lange Nord-Süd-Bahn war 1854 bis Lindau fertiggestellt. 1854 war auch Württembergüber Ulm angeschlossen. Der größte Eisenbahnknoten in Bayern warin Augsburg geflochten worden. Angefangen hatte das Eisenbahn-wesen Bayerns mit einer sechs Kilometer langen Strecke zwischenNürnberg und Fürth, von privaten Bankkreisen finanziert. Die Streckehatte bereits im ersten Jahr 475 000 Fahrgäste. Eisenbahnfahren wareine Sensation. So mancher Freizeitpark von heute würde sich übereinen solchen Start freuen.

Die Bahn von München nach Augsburg kam an einem Sackbahnhofvor dem Roten Tor an. Die Schienen importierte man aus England,

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1901 gab es in Augsburg Überlegungen, denLech bis zur Donau hin schiffbar zu machen.Ein Stadthafen war in Planung.

Page 34: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

INDUSTRIEKULTUR2sechs Lokomotiven wurden in Liverpool bestellt. Für die Verknüpfungder Strecke Augsburg – München mit der Nord-Süd-Bahn war einSackbahnhof allerdings ungeeignet. Also wurde 1846 der heutigeHauptbahnhof als Durchgangsstation in Betrieb genommen. DerHauptbahnhof in Augsburg ist übrigens der älteste noch „dienst-habende“ in der Bundesrepublik. Der Traum vom Wasserweg aufdem Lech war also schnell ausgeträumt. Dafür wurde der Lech zumStromproduzenten.

Faktor 4: der Finanzplatz Augsburg

Der Stern der Stadt als weltumspannende Kapitale des Kapitals warnach 1600 zwar am Sinken. Aber die lange Tradition und die altenBeziehungen lebten am Beginn der Industriezeit wieder auf. BaronLorenz von Schaezler (1762 – 1826) brachte es zum reichsten Bürgerder Stadt. Er gewann seinen Reichtum als Finanzier der bayerischenKrone – das erfolgreiche Muster der Renaissance wiederholte sich.Sein Sohn Ferdinand machte die Schaezlerbank zum wichtigstenKreditgeber für die neuen Unternehmen. Die Schaezlers residiertenstandesgemäß im prachtvollen Rokokopalais in der Maximilianstraße.

Die Kapitalbeschaffung über Aktien wurde entwickelt. Augsburg warfür kurze Zeit Börsenplatz, verlor dann aber gegen die Konkurrenz in München. Auch gelang es nicht, den Sitz der neuen Nationalbank,der Hypotheken- und Wechselbank, nach Augsburg zu holen. Trotz-dem gab es keinen Mangel an Kapital für die Industrialisierung, unddie Tradition des Finanzplatzes war dabei hilfreich.

Faktor 5: die Stadt der Industriezeit

Der Städtebau der Industrialisierung folgte einem eigenwilligen Plan.Diese „andere Stadt“ stößt bis heute auf nur wenig Verständnis. Alsowird sie bedenkenlos abgerissen oder ausgeplündert. Der Bauplander „abendländischen Stadt“ geht auf das hohe Mittelalter zurück,auf die Zeit der Städtegründungen, den Plan der gotischen Zeit.Dieser Grundriss hat bis heute überlebt. An diese Stadt haben wiruns gewöhnt. Sie wurde jüngst – in Augsburg wie auch anderswo –mit Fleiß saniert. Diese „gute Stube“ finden die Menschen nämlichheute noch schön.

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Die Karte aus dem 19. Jahrhundert zeigt,wie die Lechbäche zahlreiche (rot hervor-gehobene) Fabriken in der Stadt versorgten.

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INDUSTRIEKULTUR2Die Bauweise der Industriezeit organisierte die Produktion. Dabeinahmen die Herren der Produktion Anleihen bei der alten Stadt. Sitzdes Unternehmers oder des Betriebsdirektors war die herrschaftlicheVilla. Die mächtigen Produktionsgebäude waren nach Funktion ge-staffelt. Dazwischen lag ein Park. Ganz am Rand waren die Wohn-häuser der Arbeiter angelagert. Die städtebauliche Anordnung imitierte oft eine Schlossanlage.

Jedes größere Unternehmen errichtete für sich solch eine „Stadt“. Dazwischen verblieben Abstandsflächen zum nächsten Betrieb. EinFlickenteppich von Inseln industrieller Produktion, die in sich weit-gehend „autark“ waren, umlagerte auch und gerade in Augsburg diehistorische Stadt. Diese städtebauliche Konzeption begreift man beimStudium einer Ansicht der Haag’schen Maschinen- und Röhrenfabrikin Augsburg. Heute steht dort die Haag-Villa einsam mit etwas Park.

In Augsburg ist so eine zweite Stadt entstanden. Sie blieb den meistenMenschen fremd. Sie bestand aus in sich geordneten und geschlosse-nen Anlagen mit Park im Inneren und Grün außen herum, verbundendurch Stadtbäche und Werksbahnen. Komplette Ensembles dieserBauweise gibt es heute nur noch eines in Augsburg – das Gaswerk.Schade. Die meisten wurden nach 1980 in der Zeit des industriellenNiedergangs ganz oder teilweise abgerissen. Am Ende stand danndie „Immobilienverwertung“.

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Die Maschinen- und Röhrenfabrik JohannesHaags mit der 1875 erbauten Haag-Villa.

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VORDENKER UND WEGBEREITER

Friedrich List (1789 – 1846)

Den Weg ins Industriezeitalter bereiteten große Denker vor. Sieklärten auf und stürzten religiöse und wissenschaftliche Dogmen.„Aufklärung“ war die Grundlage für den freien Geist in Philosophie,Naturwissenschaft, Technik und Ökonomie. Ende des 18. Jahrhun-derts entstand der Begriff „Fortschritt“. Mit ihm verband sich die Er-wartung, Naturwissenschaft und Technik würden die allumfassendeMachbarkeit ermöglichen. Diese Utopie trieb die Industrialisierungein Jahrhundert lang an. Aufklärung als kritische Vernunft des Indi-viduums verlor ihr Ideal an Ideologien: Liberalismus, Nationalismusund Sozialismus, Kommunismus und Faschismus versprachen eine„bessere Welt“. Alle sind sie – früher oder später – gescheitert. Zuden geistigen Wegbereitern der Industrialisierung zählt auch AdamSmith (1723 – 1790), der die klassische Nationalökonomie begründete.Immanuel Kant (1724 – 1804) forderte den Menschen zum Handelnauf – mit dem Ziel des ewigen Friedens. Die Evolutionstheorie vonCharles Darwin (1808 – 1882) verabschiedete sich radikal von derSchöpfungsgeschichte. Karl Marx (1818 – 1883) begründete den nachihm benannten Marxismus und verfasste 1847 mit Friedrich Engelsdas „Kommunistische Manifest“. Technische Wegbereiter warenJames Watt (1736 – 1819), der Erfinder der Dampfmaschine, sowieGeorge Stephenson (1791 – 1848), der die Eisenbahn entwickelte undin seiner Fabrik die „Adler“, die erste deutsche Dampflokomotive,baute. Der Ingenieur und Erfinder Werner von Siemens (1816 – 1892)begründete die Elektrotechnik, Justus von Liebig (1803 – 1873) dieorganische Chemie und 1840 die Theorie der künstlichen Düngung.

Der Reutlinger Friedrich List wurde mit 28 Jahren Professor für Ver-waltungspraxis an der Universität Tübingen. 1819 gründete er inFrankfurt den Deutschen Handels- und Gewerbeverein: ein Meilen-stein auf dem Weg zum Deutschen Zollverein von 1834. Lists freieDenkweise führte zu seiner Verhaftung. Er emigrierte in die USA, kamzurück, wurde politisch nicht rehabilitiert und zog daher nach Paris.Er setzte sich für den Ausbau des Thüringer Eisenbahnnetzes ein,bekam jedoch keine feste Anstellung, nur den Ehrendoktor der Uni-versität Jena. Ab 1841 wohnte List am Vorderen Lech 15 in Augs-burg, wo er sein Hauptwerk, „Das nationale System der politischenÖkonomie“, vollendete. Eine Gedenktafel erinnert dort an den Wirt-schaftsdenker. König Ludwig I. von Bayern verlieh ihm einen Orden,König Wilhelm I. von Württemberg stellte Lists bürgerliche Ehrewieder her. Während einer Reise in Südtirol beging List Selbstmord.

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In Augsburg baute man Fabrikschlösser wieSchüles Kattunmanufaktur und gab sich –wie Ludwig August Riedinger – bürgerlich.

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Um 1850: Augsburger Fabriken, Münchner Tempel

Zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Augsburg zum „DeutschenManchester“. Das nahe München verwandelte sich derweil in ein„Isar-Athen“. Dank Napoleon war das Königreich Bayern entstanden,Augsburg hatte 1806 alle Reichsfreiheiten verloren und wurde mitTeilen des schwäbischen Reichskreises Bayern zugeschlagen. Daspolitische Machtzentrum war nun München – und die Künste gehenzur Macht. Die Augsburger Bibliotheken wurden nach München ver-schleppt – Kaufleute bräuchten keine Bücher, ließ der König seineneuen Untertanen wissen.

In Augsburg gründeten die Pioniere der Industrialisierung eine neueStadt, die Industriestadt. Sie lagerte sich an die alte Stadt an und be-legte weite Flächen um die Mauern: Dort entstand eine Vorstadt mitmächtigen, teils prächtigen Industriekomplexen. Bis 1850 wirkte derGründerboom vor den Stadtmauern, die ab 1860 niedergelegt wurden.

In München regierte Ludwig I., König von Bayern. Er verwandelte imBaurausch mit den genialen Architekten von Klenze und von Gärtnerdie Stadt in eine „Weltstadt des Klassizismus“. Die Industrialisierungließ auf sich warten. Auch München sollte eine Stadt der Industriewerden, aber erst viel später, verbunden mit den Namen Justus von

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STANDORT AUGSBURG

Liebig, Carl von Linde, Joseph Anton von Maffei und anderen. Im Jahr1890 gründete auch Siemens ein „Technisches Büro“ an der Isar.

Die Industrialisierung Augsburgs war um 1850 weit fortgeschritten:1770 entstand Schüles Manufakturpalast, 1780 Schöppler & Hartmannals ein Vorläufer der Neuen Augsburger Kattunfabrik (NAK), 1836 die Augsburger Kammgarn-Spinnerei (AKS), 1837 die Spinnerei und Weberei Augsburg (SWA), 1840 die Maschinenfabrik Augsburg (MAN),1846 die Mechanische Weberei am Fichtelbach, 1847 die Färberei undDruckerei Martini und die Papierfabrik Haindl, 1851 die RöhrenfabrikJohannes Haag, 1839/40 der Alte Bahnhof und 1846 der Neue Bahnhof.

In München baute man zu dieser Zeit Nachahmungen griechischerTempel und Siegestore. König Ludwig I. von Bayern und in seinemAuftrag Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner machten Münchenzu einer Stadt des Klassizismus – zum Isar-Athen. Um 1850 wurdenganze Straßenzüge und Plätze im neuen, wenn auch eher rückwärts-gewandten Stil angelegt: die Brienner Straße und die Ludwigstraße, der Karolinenplatz, der Königsplatz und der Odeonsplatz. ImposanteBauten wurden geschaffen: Die Alte Pinakothek, die Universität unddie Staatsbibliothek wurden in den Jahren 1838 beziehungsweise 1840und 1843 eingeweiht. Bis 1844 entstanden die Feldherrenhalle und dieLudwigskirche, 1852 das Siegestor und 1860 die Propyläen.

In München plante man um 1850 antikische,tempelartige Bauten wie die Alte Pinakothek,und der König repräsentierte mittelalterlich.

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Kapitel III: Fünf Wege durch die Industriestadt

Willkommen. Einige der Perlen der Industriekultur kennenSie vielleicht schon. Wenn nicht, dann empfehle ich zurEinstimmung erst einmal einen Besuch im Textilmuseum,im Gaswerk oder im MAN-Museum. Auch eine Wanderungentlang des Lechs beim Hochablass, eine Tasse Kaffee imKurhaus in Göggingen oder ein Konzert in der Synagogenahe des Hauptbahnhofs sind schöne Erlebnisse. Abereigentlich will ich Sie zu fünf ausgedehnten (Rad-)Wande-rungen durch die Industriestadt Augsburg einladen. Dasgeht nicht alles an einem Tag. Daher beschreiben die fünffolgenden Kapitel die große „fremde Stadt“ des 19. Jahr-hunderts in Routen, die Sie zu Fuß oder mit dem Fahrraderwandern können. Ich – Karl Ganser – begleite Sie dabei.

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Zu Rudolf Diesel und Bertolt Brecht Eine Tour nördlich und östlich der alten Augsburger Stadt-mauern führt – unter anderem – in das europaweit einzig-artige Gaswerk im Stadtteil Oberhausen. Sie leitet auch zu den Spuren Ludwig August Riedingers, einem der ganzgroßen Industriellen jener Zeit. Während an ihn nur wenigerinnert, sieht man im MAN-Museum den Versuchsmotor,mit dem Rudolf Diesel den nach ihm benannten Motor zurSerienreife brachte. Außer Dieselmotoren werden linksund rechts des Wegs Druckmaschinen und Papier produ-ziert. Diese Tour führt auch in das Arbeiterquartier, in demder junge Schriftsteller Bertolt Brecht erwachsen wurde –und dem der weltberühmte Autor später ein literarischesDenkmal gesetzt hat. Am Schluss steht ein Jugendstilbad,das gestiftet wurde, um die hygienischen Bedingungen der Augsburger Industriearbeiter zu verbessern.

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Acht Stationen von Oberhausen biszur Altstadt: Leuchtgas und Motoren

Versetzen wir uns gut hundert Jahre zurück. Der Plan der Stadt von1902 zeigt im Norden vor dem Wertachtor zwischen dem Lech undder Wertach zwei Spinnereien sowie die Maschinenfabrik und Bunt-weberei Riedinger am Senkelbach, die Maschinenfabrik Augsburgam Stadtbach, die Baumwollspinnerei zwischen Stadtbach und Pro-viantbach und die Papierfabrik Haindl, dazu die vorstädtische Wohn-bebauung. Die aus Lech und Wertach abgeleiteten aufgefächertenStadtbäche fließen nördlich der Altstadt wieder zusammen.

Westlich der Wertach liegt das kleine Dorf Oberhausen. Danachkommt nur noch freies Feld. Das große Gaswerk wird erst 1913/14weiter nordwestlich erbaut werden.

Heute, nach über hundert Jahren, ist dort die wohl größte zusam-menhängende Gewerbezone der Stadt ausgeufert. Die seinerzeitigeklare Struktur ist völlig überformt. Im Gewirr fällt die Orientierungschwer. Wir machen uns also auf die Suche nach den Bauwerken,der Kultur und der Geschichte von damals – zu acht Stationen.

Eine Luftaufnahme des Gaswerk-Komplexesaus dem Jahr 1932. Den 86 Meter hohenScheibengasbehälter gab es damals nochnicht – er entstand erst 1953.

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Das Gaswerk

Das Augsburger Gaswerk ist nicht zu übersehen. Von Weitem und aus allen Richtungen fällt der Blick auf den Gasometer, eine der dreihöchsten Landmarken der Stadt neben dem Hotelturm am Bahnhof(107 Meter) und der Basilika St. Ulrich und Afra (93 Meter). Der Gas-behälter ist „nur“ 86 Meter hoch, dafür aber 45 Meter „dick“. VonWeitem ist das Gaswerk also gut zu sehen, aus der Nähe dann aller-dings doch schwer zu finden. Sie müssen die August-Wessels-Straßesuchen. Ich erwarte Sie am Torhaus mit der Nummer 30.

Guten Tag! Bitte kurz draußen stehen bleiben. Wo findet man heuteso ein stattliches Entree am Eingang zu einem sogenannten Gewerbe-park? Drehen Sie sich um, da ist der „Deuter Park“, die Nachnutzungdes ehemaligen Deuter-Areals. Sehen Sie den großen Unterschied?Gehen wir durch den Torbogen, dann leitet eine baumbestandeneEinfahrt zum Mittelpunkt der Anlage, zum „Behälterturm“. Dort sindmächtige Tanks aus Stahl für die Speicherung von Löschwasser undchemischen Produkten gestapelt.

Nun wandern wir den Weg der Leuchtgaserzeugung Gebäude für Gebäude ab. Sie befinden sich auf der einzigen Anlage in Europa, wo das noch möglich ist. Denn: Alle anderen sind ganz oder bis aufwenige Reste abgerissen.

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Schlossähnliche Industriebauten: das Ofen-haus und der Behälterturm des Gaswerks.

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Von Oberhausen in die Altstadt

Gaswerk

Schuhfabrik Wessels

Maschinen- und Bronzewarenfabrik

Riedinger*

Die Riedinger-Buntweberei

Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg

(MAN)

Baumwollspinnerei am Stadtbach*

Papierfabrik Haindl

Arbeiterkolonien

Altes Stadtbad

*Diese Fabriken sind nicht mehr erhalten.

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Das doppelschiffige hohe Ofenhaus beschirmte zwei mal fünf Meiler,in denen unter Luftabschluss bei 1000 Grad Celsius der Kohle rund 20 Stunden lang das „Gas“ ausgetrieben wurde. Dabei entstandenKoks, also reiner Kohlenstoff, und Rohgas. Der Koks musste sofort ab-gelöscht werden, damit er nicht verbrannte: Er war wertvolles Brenn-material. Der Wasservorrat dafür wurde im Behälterturm mit 540 000Litern Fassungsvermögen gespeichert. Das Rohgas aus dem Ofen-haus wurde nach der Reinigung zum Leuchtgas. Darüber hinaus ent-standen Wertstoffe wie Ammoniak, Benzol und Naphthalin, Schwefelund Teer. Diese Nebenprodukte waren begehrt und daher gut verkäuf-lich. Gehen wir jetzt weiter in das Kühlerhaus: Dort wurde das heißeRohgas abgekühlt. Der helle, fast anmutige Raum wirkt nun wie eineOrangerie. Das langgestreckte Apparatehaus enthält die Pumpen undKompressoren, mit denen das Gas angesaugt und ins Netz gedrücktwurde. In diesem beinahe majestätisch wirkenden Raum mit flachemTonnengewölbe sind Maschinen in einer langen Reihe ausgerichtet.

Von da aus gehen wir weiter ins Reinigerhaus. An diesem Gebäudekann man die Betonskelettbauweise gut studieren. Drei Geschossestehen übereinander. Im Obergeschoss wurde eine Reinigermasseeingefüllt. Im Mittelgeschoss wurde dem Gas mithilfe dieser Masseder Schwefelanteil entzogen. Im unteren Geschoss wurde die schwe-felgesättigte Masse wieder abgeführt, vom Schwefel „entlastet“

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Die Teilansicht des Gaswerks, Ende der1930er Jahre vom Kessel aus fotografiert,verdeutlicht seine schlossähnliche Anlage.

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und im Kreislaufsystem oben wieder eingebracht. In der ehemaligenElektrozentrale hat der Verein der Gaswerkfreunde auch ein kleinesMuseum mit Kostbarkeiten aus der alten Zeit eingerichtet.

Mit der Ausbreitung des Erdgases ging die Leuchtgaszeit ab 1960 zuEnde. Im Augsburger Gaswerk endete die Produktion von Leuchtgas1978 endgültig. Danach wurde allerdings noch bis 2001 Erdgas ge-speichert und in das Netz eingespeist. Jetzt ist auch das vorbei. Nunkönnen wir das schöne und letzte Denkmal aus der großen Zeit desLeuchtgases bestaunen. Die Stadtwerke Augsburg haben es bis heutebewahrt und behütet – dafür gebührt Dank und Anerkennung. Wasdaraus werden wird? Die Zukunft ist ungewiss. Wir stehen vor einem„Industrieschloss“. Also werden „neue Schlossherren“ gesucht, dieihr Gewerbe nicht in einem der üblichen Gewerbegebiete oder im„Businesspark“ betreiben wollen. Die Stadtwerke werden weiterhineine schützende Hand über diese Perle der Industriekultur halten.

Die tiefsten Eindrücke vermittelt das Gaswerk, wenn man auch nochdie „Wunderwelt der Gasbehälter“ anschaut. Der Aufstieg auf denhohen Scheibengasbehälter ist aus Sicherheitsgründen nur bei Füh-rungen möglich. Sie werden an Wochenenden im Sommerhalbjahrangeboten. Nach telefonischer Vereinbarung kann man eine Führung„aus erster Hand“ durch den Verein der Gaswerkfreunde buchen.Wer es beim ersten Mal nicht schafft, kann ja noch einmal kommen.

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Der komplette Erhaltungszustand macht dasAugsburger Gaswerk europaweit einzigartig.

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Die Wunderwelt der Gasbehälter

Leuchtgas wurde rund um die Uhr erzeugt. Die Öfen konnten nichteinfach zurückgefahren oder wieder angefeuert werden. Der Ver-brauch war jedoch großen Schwankungen unterworfen – Tag undNacht, warme und kalte Tage. Es musste also zwischengespeichertwerden. Dafür haben die Ingenieure „Gaskessel“ konstruiert. Siemussten sicher, gasdicht und immer mit gleichem Druck gefüllt undentladen werden. Im Gaswerk Augsburg ist eine weltweit einmaligeAnsammlung von vier unterschiedlichen Gasbehältern, die zwischen1910 und 1953 erbaut wurden, zu bestaunen. Dadurch ist ein „Frei-lichtmuseum“ der Gasspeichertechnik entstanden. Erhalten sind

· der kleine Teleskopbehälter, entstanden 1910: Durchmesser 40 m –Gerüsthöhe 32,5 m – Volumen 25 000 m3 – Gasdruck 10 bis 19 mbar

· der große Teleskopbehälter, entstanden 1913: Durchmesser 53 m – Gerüsthöhe 34,4 m – Volumen 50 000 m3 – Gasdruck 10 bis 18 mbar

· der hohe Scheibengasbehälter, entstanden 1953: Durchmesser 45 m – Höhe 86 m – Volumen 100 000 m3

Und dann der „Schwarze 1er“, der Wassergasbehälter von 1913:Er ist der weltweit erste Gasbehälter in der Scheibentechnik, ge-

Wirkt wie „Kunst im Gaswerk“ – das Ober-licht im Inneren des Scheibengasbehälters.

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DIE GASKESSEL

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baut wurde er für die Speicherung von Wassergas. Dieser Stahlbe-hälter wurde seinerzeit zur Sicherheit ummauert. Die Ummauerungist erhalten, der Stahlkessel entfernt. Der Innenraum wirkt wie eineRundkirche. Für diese Erfindung erhielt die Maschinenfabrik Augs-burg-Nürnberg am 5. September 1913 das Kaiserliche Patent. Weran so viel Technik nicht interessiert ist, oder wer die Funktionsweisetrotz der Erklärungen nicht ganz versteht, kann sich einfach von derstillen Schönheit dieser Innenräume beeindrucken lassen.

Die Teleskopbauweise funktioniert jedenfalls so: Eine „Tasse“ ausStahl ist mit Wasser gefüllt. Wohlgemerkt, der Durchmesser liegt zwischen 40 und 53 Metern. In diese Tasse ist eine „Glocke“ einge-taucht. Strömt Gas durch das Wasser von unten ein, hebt sich dieGlocke nach oben, geführt an einem zierlichen Führungsgerüst. DasFassungsvermögen der Glocke kann vergrößert werden, wenn zweiRinge an sie angehängt sind. Sie bewegen sich dann mit der Glocketeleskopartig nach oben.

Bei der Scheibenbauweise muss man sich eine Blechdose vorstel-len, in der sich der Deckel je nach Füllung auf und ab bewegt. DieMaschinenfabrik Augsburg-Nürnberg baute weltweit 500 Scheiben-gasbehälter – sie hatte das Weltmonopol. In Europa existieren nurnoch wenige, alle ohne das zugehörige Gaswerk. In Oberhausen im Ruhrgebiet ist der größte dieser Gasbehälter zu bestaunen.

Die Teleskopbehälter und der 1953 gebauteGasometer des Gaswerks Augsburg.

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Die Schuhfabrik Wessels

Wir sind durch den Torbau des Gaswerkes wieder zurück in derAugust-Wessels-Straße. Wer war dieser Herr Wessels? Mit einemSchuster aus Oldenburg und einem Pfarrer aus Wörishofen hat allesbegonnen. Der Schuster war während seiner Lehr- und Wanderjahre in Augsburg angekommen und erhielt eine Anstellung bei der Zolle’-schen Schuhfabrik in Oberhausen. Beim Studium eines Buches überdie Kneipp’sche Heilkunde blieben seine Gedanken „in der Sandalestecken“. 1895 machte sich August Wessels in der Kaltenhoferstraßein Oberhausen selbstständig. Der Schuhmacher fertigte Sandalen inHandarbeit. Ein Helfer schnitt zu, dessen Frau steppte, Meister Wes-sels zwickte und nähte durch. Dann belud er sich und ging mit seinenSandalen hausieren. In wenigen Monaten stieg der Absatz steil an. DieTagesfertigung lag bald bei 140 Paar Sandalen und 50 Paar Schuhen.

Ein Jahr später erwarb Wessels ein Grundstück an der Feldstraßeund der Anfang für die heutige große Fabrik war gemacht. Nun wur-den moderne Schuhe aller Art maschinell hergestellt. 1902 waren 125Arbeiter beschäftigt. 1908 war die Schuhfabrik der größte Spezialher-steller von Sandalen, Leinen- und Sportschuhen im Kaiserreich. Baldzählte die Belegschaft über 1000 Menschen. Die beiden Weltkriegebrachten Krisen und die Umstellung auf Kriegsprodukte. Danach aberfolgte ein glanzvoller Wiederaufstieg. 1965 beschäftigte das Unter-

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Die Schuhfabrik Wessels ist ein Glücksfallgut erhaltener Industriearchitektur.

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nehmen am Standort in Oberhausen und in zwei weiteren Betrieben2500 Menschen. 1970 war alles vorbei. Die Schuhfabrik Romika über-nahm die restliche Belegschaft. Das ist eine typische Geschichte vomatemberaubenden Aufstieg eines Unternehmens im 19. Jahrhundertund über das jähe Ende nach 1970. Blieben nicht Bauwerke erhalten,könnten wir die Geschichte nur noch in Schriften lesen – dank sei demDenkmalschutz. Während ich das erzähle, sind wir durch die Unter-führung der Bahnlinie in Richtung Nürnberg gegangen und vor demPortal der Wessels-Fabrik angekommen. Schranke davor, kein Zutritt.

Wir müssen unsere Köpfe weit in den Nacken legen, um an denmächtigen Fassaden hochzuschauen. Wenigstens einen Blick in den Innenhof dürfen wir auf Anfrage werfen. Es herrschen strengeSicherheitsvorkehrungen. Was ist das heute für ein Betrieb? Nach dem Ende erwarb eine Maschinenfabrik aus Friedberg die 16 000 m2

große Nutzfläche. 1986 ging dieses Objekt an eine Immobilienfirma.Es wurde außen und innen umfassend saniert. Die hallenweiten Ge-schosse teilte man in Büro-, Schul- und Laborräume auf. Auch dietechnische Ausrüstung wurde den neuen Anforderungen angepasst.

Die Schuhfabrik Wessels gehört zu den Glücksfällen, die nach ihrem„Aus“ einen klugen Immobilienverwerter gefunden hat. Der Erhalt dergesamten städtebaulichen Anlage einschließlich ihrer Architektur-qualität wurde als eine Chance erkannt. Heute ist das Werk voll unddauerhaft an ein großes Unternehmen der Labordiagnostik vermietet.Auch eine medizinisch-technische Schule und einige kleinere Firmenzählen zu den Mietern. Interessant wäre es, wenn der Reisende mehrsehen könnte als nur die Außenfront und ein bisschen vom Innenhof.

Doch wer auf den Gasometer im Gaswerk nebenan steigt, der kanndie Gesamtanlage von oben betrachten – es lohnt sich. Dieses Werk, das heute so einheitlich aussieht, hat sich von 1896 bis 1919 in Bau-abschnitten entwickelt. Ein Architekt namens Horle hat mit einemwinkelförmigen Blankziegelbau begonnen. Jean Keller – dem wir aufunserem Weg zu den Perlen der Industriearchitektur noch häufigerbegegnen werden – hat ab 1904 in moderner Betonskelettbauweiseweitergebaut. 1910/11 wurde das Werk von Philipp Jakob Manz ver-längert. Den letzten Bauabschnitt von 1919 plante Eduard Rottmann.Dieses alles können wir uns vermutlich nicht merken und ohne eineFührung im Detail wohl auch nicht begreifen. Doch wir spüren immer-hin, dass hier ein Unternehmer seine Geschäfte über lange Zeit mitSinn für die Baukultur geführt hat. Das macht die Einheitlichkeit undzugleich das Lebendige an der Schuhfabrik Wessels aus.

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Maschinen- und Bronzewarenfabrik Riedinger

Wir machen uns auf den Weg in das „Reich Riedingers“ in Oberhau-sen. Was das Dorf Oberhausen vor der Industrialisierung ausmachte,ist im alten Ortskern nur noch zu erahnen. Was muss das für ein Über-fall der modernen Zeit gewesen sein, wenn rundherum in wenigenJahren solch riesige Fabrikbauten entstanden sind? Die neuen Unter-nehmer haben mit ihren Ideen, Produkten und Fabrikationen hand-werkliche Existenzen verdrängt. Das verlief nicht ohne Protest undsoziale Not. Diesen neuen Maßstab haben wir soeben an WesselsFabrik gesehen. Auch Ludwig August Riedinger war solch ein unge-bändigter Erneuerer. Am Senkelbach hat er sein Imperium geschaffen.

Wir stehen auf der Brücke über der Wertach. Tief unten der Fluss,seit der Regulierung schnurgerade und eingetieft. Hier beginnt dieRiedingerstraße. Südlich dieser Straße zwischen Wertach undSenkelbach hat anno 1857 Ludwig August Riedinger die „Mechani-sche Werkstatt am Senkelbach“ begründet. 1850 hatte er dort schoneine Hammerschmiedegerechtsamkeit gekauft. Zuvor war Riedingertechnischer Direktor der Mechanischen Baumwoll-Spinnerei undWeberei (SWA), von der wir noch Großes sehen und hören werden.Gleichzeitig war er auch ein Pionier der Gasbeleuchtung und Planervon Gaswerken in ganz Deutschland.

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Auf einem Briefbogen von 1910 ist das da-malige Werk der Maschinen- und Bronze-warenfabrik Riedinger abgedruckt.

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Es lag nahe, dass er am Senkelbach anfing, Gasapparate im großenStil zu bauen. Bald war die Maschinenfabrik „universal“: Gasometer-glocken, Gasuhren, Brauereieinrichtungen, Bierkühler, Feuerwaffen,Dampfmaschinen … Die Maschinenfabrik hatte 1893 drei Turbinen,zwei Dampfmaschinen, 195 Drehbänke, 28 Hobelmaschinen, 69 Bohr-und Fräsmaschinen und etliche andere Maschinen. Ab 1875 wurdendurch die Gasabteilung 180 Gasfabriken erbaut und 5000 Eisenbahn-wagen mit rund 20 000 Gasflammen ausgerüstet. Riedinger leuchteteacht fürstliche Schlösser, 40 Staatsgebäude, 16 Theater, zwölf Bahn-höfe, zwölf Kirchen und über 100 Vergnügungsetablissements aus.

1884/85 entstand im Zentrum der Anlage eine rund 110 Meter lange,dreischiffige Maschinenbauhalle mit palastartiger Stirnfront, einHöhepunkt des Industriehallenbaus in Augsburg. Der großzügig ver-glaste Obergaden machte diese Halle strahlend hell. Mitten in dieserMaschinenfabrik stand auch das Direktorenhaus, erbaut 1865. Vondieser Pracht ist leider nichts erhalten.

1927 erfolgte nach dem Ableben des Gründersohns August Riedingerdie Fusion der Maschinenfabrik mit der MAN. Das Unternehmen wur-de als „L. A. Riedinger’sche Bronzewarenfabrik für Lampen“ bis 1967fortgeführt. In das Fabrikareal ist längst der Druckmaschinenhersteller„manroland“ hereingewachsen. manroland ist heute selbstständigund der wohl bedeutendste Hersteller von Druckmaschinen weltweit.

Bronzewaren und Beleuchtungskörper: einWerbedruck von L. A. Riedinger in Augsburg.

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Die kunstgewerbliche Sparte der Maschinenbaufabrik kreierte Be-leuchtungskörper und Bronzewaren, die europaweit begehrt waren.Zu den viel bewunderten Unikaten in prominenten Bauwerken gehör-ten der mit Elektrolampen bestückte Leuchter in der Fürstenherberge„Drei Mohren“ in Augsburg, 1894 die riesigen Bronzeleuchter für denReichstag in Berlin (jede Leuchte mit einem anderen Entwurf) undeine drei Tonnen schwere Deckenleuchte aus Muranoglas mit 250Lampen im Zuschauerraum des Theaters Augsburg.

Karl Riedinger war kreativ und rastlos wie sein Vater August. Ab 1894wurden auf dem Gelände der Maschinenbaufabrik am Senkelbach„Fluggeräte“ entwickelt. Es begann mit einem „Lenkballon“ für militä-rische Zwecke. Bald wurde ein Flugzeug konstruiert. Es kam aber nurzu einem Versuchsexemplar. Ein windstabiler Drachenballon folgte.Diese Entwicklungen fanden in der stilvollen Halle statt, die ursprüng-lich die Kunstgewerbesammlung Karl Riedingers aufnehmen sollte.1897 wurde auf dem Firmengelände eine Ballonfabrik gegründet. DerMajor von Parseval war ein erfahrener Konstrukteur und der PartnerRiedingers. Bis 1931 wurden 28 zusammenlegbare Parseval-Luftschiffegebaut, die meisten für das Militär. Auf einer Reise nach Süddeutsch-land landete die „Parseval III“ im Oktober 1909 in Augsburg. Dieses 75 Meter lange, zigarrenähnliche Luftschiff mit 5600 m3 Volumen woll-ten damals Tausende sehen. Aus der Ballonfabrik Riedinger von 1897ging die Ballonfabrik Augsburg hervor, die bis 2009 existierte und sichauf See- und Luftausrüstungen spezialisiert hat.

Die Riedinger-Buntweberei

Ludwig August Riedinger hatte reichlich Erfahrung im Textilbereich,war er doch schon 1842 zum technischen Direktor der MechanischenBaumwoll-Spinnerei und Weberei Augsburg (SWA) berufen worden,dem damals größten Textilbetrieb in Bayern. Dort schied er 1852 ausund gründete 1857 seine große Maschinenfabrik südlich der heutigenRiedingerstraße. Anno 1865 folgte – ebenfalls am Senkelbach – eineWeberei nördlich der Riedingerstraße. Anfänglich firmierte sie unterdem Namen „Mechanische Baumwollweberei“ und produzierte mit200 Webstühlen. Sie wurde bald in eine Buntweberei umgewandelt.1869 zählte man 430 Webstühle mit knapp 600 Arbeitern. Die Webereiwar ein integrierter Betrieb mit Spinnerei, Bleicherei, Färberei undAppretur. Für diesen komplexen Betrieb standen anfänglich kein ge-eignetes Führungspersonal und auch nur wenig geschulte Arbeiterzur Verfügung. Doch Ludwig August Riedinger überwand alle Hinder-nisse. Ein Drittel seiner Produktion bestand aus Artikeln in Türkisch

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Rot – damals eine Modefarbe – und farbigem Bettzeug, aus Futter-stoffen, Kleidern und Blusen, Barchenten und Trikots. Das Garn dafürwurde teilweise in England hergestellt.

Die Buntweberei Riedinger war eine Anlage im Fabrikschlossstil.Nach ihrer weitgehenden Zerstörung im Krieg entstand ein Websaalin Schalenbeton. Anfang der 1950er Jahre kamen ein Hochbau für einWeberei-Vorwerk und ein Kraftwerk dazu. Die Fabrikansicht wird voneinem überlangen Betonskelettbau mit eng gestellten Vertikalstützenbestimmt, der 1958 für eine Kleiderfabrik entstand. Die Kleiderfabrikist nun ein Schulgebäude. Die Buntweberei Riedinger (zuletzt gehörtesie zum Dierig-Konzern) wurde nach ihrer Stilllegung (1982) zunächstzum „Riedinger-Park“ und – in jüngerer Zeit – zum „Augsburg-Park“.

Als wir dort waren, war es gar nicht einfach, den Eingang zu finden.Unter vielen Firmenschildern hing auch ein kleines in Weiß mit derAufschrift „Riedinger-Park“. Einen Augenblick lang hofften wir, dassaus der stillgelegten Fabrik ein schöner Park geworden ist. Denn nichtviel weiter nördlich, am Zusammenfluss zwischen Lech und Wertach,erstreckt sich das Landschaftsschutzgebiet „Wolfzahnau“. Doch keinPark weit und breit: nur ein heterogen genutztes gewerbliches Land –teilweise auch „Un-Land“ – mit einer Einfahrt, in die man sich kaumhineintraut. Sich in diesem „Park“ aufzuhalten lohnt nur dann, wenndas Interesse an der Geschichte dieses Werks überwiegt.

1865 entstand Ludwig August RiedingersBuntweberei am Senkelbach.

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Ludwig August Riedinger (1809 – 1879)

Ludwig August Rüdinger wurde 1809 in Württemberg geboren. SeinVater war Landwirt und Schneider. Der junge Riedinger, wie er sichdann später nannte, machte eine Schreinerlehre und wurde in einerBaumwollspinnerei in Heidenheim Modellschreiner. 1837 erhielt ereinen Preis für Verbesserungen an einer Vorspinnmaschine. Wohlmit diesem Ruf wurde er nur wenig später von der Mechanischen Baumwoll-Spinnerei und Weberei in Augsburg (SWA) als Karderie-meister eingestellt. Vier Jahre später war er technischer Direktor.

1852 verließ er die SWA aus Zorn über die Blockaden der altein-gesessenen Augsburger Wirtschaftskreise. Ausgestattet mit einemVertrag des Chemikers Max von Pettenkofer widmete er sich 1852dem Bau von Gasanstalten und der Einrichtung von Gasbeleuchtun-gen in ganz Deutschland. Von seiner 1857 gegründeten Maschinen-fabrik am Senkelbach und der Weberei (der späteren Buntweberei)von 1865 am Senkelbach war schon die Rede.

Riedinger war Schreiner, Erfinder, Textilingenieur, Maschinenbauer,Pionier des Leuchtgaswesens, Lichtdesigner – so würde man heutesagen. Er gehörte am Ende seines Lebens zu den reichsten Unter-nehmern Bayerns. Im Jahr vor seinem Tod erwarb er noch das ersteHaus am Platz, das Hotel „Drei Mohren“. 1879 verstarb der ebensobedeutende wie erfolgreiche Augsburger Industrielle.

Ludwig August Riedinger war „ein guter Patriarch“, sorgte für denwirtschaftlichen Erfolg seiner Unternehmen und umsorgte die zu-gehörigen Belegschaften. In einem Porträt von Peter Fassl, Bezirks-heimatpfleger für das bayerische Schwaben, steht geschrieben:„… Trotz dieses Aufstiegs zum Großindustriellen blieb Riedinger als ‚der Mann aus dem Volke’ … in engem und unmittelbarem Kon-takt zu seinen Arbeitern, bei denen er höchstes Ansehen besaß.Stolz auf seinen Werdegang aus eigener Kraft waren ihm ‚Treu und Glauben’ … die Grundpfeiler der menschlichen Gesellschaft, wie er in seiner Autobiografie schrieb .“

Fassl weiter: „Über die inneren Gründe seiner rastlosen Arbeit gibt er in dem 1875 von Ferdinand Wagner gemalten Porträt (heute imHotel ‚Drei Mohren’) in seiner Autobiografie Auskunft. Riedingersteht vor einem Kartentisch mit den Plänen der Gaswerke von Co-burg und Mantua (beide Städte verliehen ihm das Ehrenbürger-

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DER GUTE PATRIARCH

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recht), im Hintergrund sieht man zwei Bücher mit den Titeln ‚DieSchule des Lebens’ und ‚Ueber Wissenschaft und Arbeit als Quelledes Wohlstands für Alle’. Riedinger hatte die Nöte und Mühen deskleinen Mannes am eigenen Leib verspürt, er sah seine Arbeit alseine Pflicht, seinen Aufstieg als Ansporn und Aufgabe, sein Schaf-fen letztlich als Dienst am Fortschritt und damit am Menschen.

Der vitale und bis zuletzt energiesprühende Mann wurde am 20. Ap-ril 1879 nach einem Schlaganfall mitten aus seiner Arbeit gerissen.10 .000 Menschen begleiteten den Toten zum protestantischen Fried-hof. Kein anderer Augsburger Wirtschaftsführer genoss im 19. Jahr-hundert beim einfachen Arbeiter ein vergleichbares Ansehen. Seinwirtschaftliches Werk mutet eher ‚amerikanisch’ an und blieb indieser Spannweite in Bayern einmalig. Auf dem abgebildeten Ge-mälde schaut Riedinger bärbeißig und mit einer Andeutung vonSchmunzeln in die Ferne. Er hat gerade einen Brief gelesen, ge-lassen überlegt er die weiteren Schritte. Reiche Erfahrung, Selbst-sicherheit und Tatkraft strahlt das markante Gesicht aus, ein Unter-nehmer, der mit Stolz auf seine Leistung schauen kann.“ (Zitate aus:„Schauplätze der Industriekultur in Bayern“, Hrsg. Werner Kraus, S. 39/40) Beim Weggehen aus dem „Riedinger-Park“ sind wir unseinig: Ludwig August Riedinger hätte zu beiden Seiten des Senkel-bachs wirklich große Architektur im Park verdient.

Der Augsburger Ludwig August Riedingerzählte zu den bedeutendsten bayerischenGroßindustriellen des 19. Jahrhunderts.

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Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN)

Wir stehen an der Ecke Riedinger-/Wolfzahnaustraße vor der MAN.Mit großen Buchstaben steht an diesem Tor „MAN Diesel & Turbo“.Wie machen wir uns dieses riesige Werk begreifbar, wenn es inBetrieb und somit – außer bei Führungen – nicht begehbar ist?

Ich schlage vor, wir umlaufen den Komplex über die Sebastianstraßein die Stadtbachstraße und danach hinauf bis zur MAN-Brücke überden Lech. Rund 3000 Mitarbeiter sind hier vorrangig mit dem Bau vonDieselmotoren beschäftigt. In den Hallen der MAN Diesel & Turbo SEentstehen im Jahr 2010 Schiffsmotoren mit einer Leistung von bis zu29 368 PS. Der Versuchsmotor von Rudolf Diesel hatte damals 20 PS.

2008 feierte die MAN ihr 250-jähriges Bestehen. Das AugsburgerWerk entstand erst 1840 als Sander’sche Maschinenfabrik. Es gibt in der MAN also noch eine wesentlich ältere Wurzel. Sie steckte imBoden des nördlichen Ruhrgebietes. Die „St.-Antony-Hütte“ wurde1758 in Oberhausen-Osterfeld gegründet. Damals sah eine Eisenhüttenoch aus wie ein Bauernhof in einer idyllischen Landschaft. Wasser-kraft wurde aus angestauten Teichen bezogen, weil der kleine Bachnicht genug Kraft hatte. Das Raseneisenerz kam auch von nebenan.Auch die Maschinenfabrik in Augsburg sah 1857 noch nicht aus wie

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Eine Postkarte aus der Zeit vor 1898 zeigtdie Maschinenfabrik Augsburg und ihreLage am Stadtbach.

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eine „richtige“ Fabrik, obwohl sie seit 1857 „Maschinenfabrik Augs-burg“ hieß. Die von Ludwig Sander gegründete Firma war zuvor ge-meinsam von ihm und Carl August Reichenbach als „C. Reichenbach‘-sche Maschinenfabrik“ geführt worden.

Von da an dauerte es noch fast 40 Jahre bis zur Erfindung des Diesel-Motors. Aber schon die ersten Produkte aus den 1850er Jahren ge-nossen im Gebiet des Zollvereins einen guten Ruf – Turbinenräder mit hohem Wirkungsgrad, Transmissionen, Dampfmaschinen, Schrift-gießereimaschinen und Schnelldruckpressen mit bestem Farbwerkgehörten zum Programm. Damals waren 500 Arbeiter beschäftigt. Mitihren Druckmaschinen erwarb sich die Maschinenfabrik AugsburgWeltgeltung. Das Unternehmen entwickelte 1873 die deutschlandweiterste Rotationsdruckmaschine für Zeitungsdruck. Von MAN Roland –heute manroland AG – wird später noch die Rede sein.

Die MAN hat noch eine dritte Wurzel. Sie geht auf die „Maschinen-fabrik und Eisengießerei Klett & Comp.“ von 1841 in Nürnberg zurück.Dieser Zweig der MAN hat sich früh auf Waggons, Tragwerke, Hallenund Brücken ausgerichtet. Ein berühmtes, heute wieder aufgestelltesBauwerk war die Schrannenhalle in München. Die Eisengießerei inNürnberg war der wichtigste Wegbereiter des Eisenbahnwesens. DerBrückenbau zeugte eine Seitenwurzel in Mainz, wo ab 1860 das WerkGustavsburg aus einer Brückenbaustelle hervorging. An dieser Stelledrängt sich eine Rückblende zum Augsburger Gaswerk auf: Denn die„Gustavsburger“ haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahezu alleScheibengasbehälter gebaut.

Die Reichenbach’sche Maschinenfabrik undEisengießerei war ein Vorläufer der MAN.Das Unternehmen sah noch eher nach einerländlichen Idylle als nach einer Fabrik aus.

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2010 beschäftigte die MAN-Gruppe weltweit rund 48 000 Arbeitskräfte.In Augsburg ist mit MAN Diesel & Turbo SE und dem GetriebebauerRENK AG noch ein starker Zweig beheimatet, zusammen 4000 Arbeits-plätze. Wie entstand die MAN-Gruppe? Augsburg und Nürnberg ver-einten sich 1898. Die Nürnberger brachten das Werk Gustavsburgmit. Der Name MAN entstand 1908. Im Ruhrgebiet ist aus der kleinenAntony-Hütte die große Gutehoffnungshütte, Aktienverein für Berg-bau und Hüttenvertrieb, geworden. Sie übernahm 1921 die Aktien-mehrheit bei der MAN. Der Name MAN ist geblieben. Heute wird derKonzern in München verwaltet. Druckmaschinen werden seit 2008bei der manroland AG gebaut: Der zweitgrößte Hersteller von Druck-systemen und Weltmarktführer im Rollenoffset zählte 2010 in Augs-burg 2700 Mitarbeiter. Das ist die 250-jährige Erfolgsgeschichte vonEisenhütte, Gießerei, Maschinenbaufabrik und Fahrzeugbau.

Bevor wir nun an der MAN entlanglaufen, bietet sich ein Abstecherin die gegenüberliegende Heinrich-von-Buz-Straße an. Dort machenwir einen Kurzbesuch beim MAN-Museum. Im Blick auf das Gegen-über bekommen wir ein Gefühl von der Größe des Werks manrolandAG. Wieder zurück am Buz-Tor gehen wir an der Sebastianstraßeentlang. Dort hat sich die Kapuzinerkirche St. Sebastian gegen dieAusweitung des MAN-Werks behauptet. Beinahe ohne Trennfugegehen die Mauern von Konzern und Kloster ineinander über. An derEcke Stadtbachstraße steht das imposante Verwaltungshochhaus,vom MAN-Baubüro in den Jahren 1960/61 errichtet.

Die Maschinenbaufabrik hatte ihre Anfänge am Stadtbach und erwei-terte sich von da aus nach Westen und Norden mit Gießereien undmehrschiffigen Montagehallen, die unter anderem von den Architek-ten Johann Hosp und Jean Keller entworfen wurden. In diesen rechtbetagten Hallen wird heute noch effizient produziert – davon könnenwir jedoch nichts sehen. An der MAN-Brücke drängt sich ein anderesGroßunternehmen mit langer Tradition vor Augen: Die Haindl-PapierGmbH. Genau genommen: die ehemaligen Haindl-Werke. Denn 2001wurde das traditionsreiche Familienunternehmen an den finnischenKonzern UPM Kymmene Group veräußert.

Das MAN-Museum

Das MAN-Museum, ein langgestrecktes Bauwerk in der Heinrich-von-Buz-Straße, ist äußerlich wie im Inneren von gediegener Eleganz.Das Gebäude wurde 1938 als „Forschungsanstalt für Gestaltfestig-keit“ nach neuesten Erkenntnissen gebaut. Dies war eine Prüfanstalt

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TREIBENDE KRAFT

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Heinrich von Buz (1833 – 1918)

Heinrich Buz studierte an der Polytechnischen Schule in Augsburg.Vater Carl Buz holte den Sohn 1857 in die Maschinenfabrik Augs-burg, die der Sohn in den Jahren zwischen 1864 und 1913 mit außer-gewöhnlichem Erfolg führte. Anno 1898 betrieb er die Vereinigungmit der Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft Nürnberg. Heinrich Buzgab dem jungen Rudolf Diesel die Werkstatt und die Freiräume fürdie Entwicklung des Dieselmotors. Unter seiner Führung entstandenaber auch die erste deutsche Rotationsdruckmaschine und die ersteLinde’sche Kältemaschine. Heinrich Buz war überdies die treibendeKraft bei der Gründung der Augsburger „Localbahn“.

Man nannte von Buz einen „Bismarck der deutschen Maschinen-bauindustrie“. 1907 wurde er geadelt. Heinrich Ritter von Buz starb1918 als einer der reichsten Unternehmer Bayerns. Buz war einezentrale Persönlichkeit bei der Entwicklung Augsburgs zu einer führenden Industriestadt des 19. Jahrhunderts. Ein monumentalesSteindenkmal vor dem MAN-Hochhaus an der Stadtbachstraße ehrtden großen Augsburger Unternehmer. Das MAN-Museum liegt ander nach dem Firmenlenker benannten Heinrich-von-Buz-Straße.

Heinrich von Buz war eine der Persönlich-keiten, denen die Entwicklung Augsburgszur führenden Industriestadt zu verdankenwar. Sein monumentales Denkmal steht vordem Verwaltungshochhaus der MAN.

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für originalgroße Teile in Hochleistungs-Dieselmotoren. Nach Kriegs-ende wurde diese technisch wegbereitende Prüfanstalt von den Besatzungsstreitkräften demontiert. In der einen dadurch frei gewor-denen Halle wurde das Werksmuseum mit etwa 700 QuadratmeternAusstellungsfläche eingerichtet. Der unbestrittene „Star“ in dieserAusstellung ist der Versuchsmotor von Rudolf Diesel. Bei Führungenkann dieser Motor wieder in Gang gesetzt werden. Davon ausgehendwird hier die Entwicklung des Dieselmotors dargestellt.

Die andere Linie der Exponate beginnt mit einer handbetriebenenSchnellpresse, Baujahr 1846, die 1000 Bogen pro Stunde druckte. Dieausgestellte Schnellpresse wurde bis 1974 in der Justizvollzugsanstaltin Amberg zum Druck von Formularen eingesetzt. 1873 entstand beider Maschinenfabrik Augsburg die erste Rotationsdruckmaschine fürZeitungsdruck, die man 1873 auf der Weltausstellung in Wien zeigte.Mit einer im MAN-Museum ausgestellten Druckmaschine dieser Bau-art wurde in Leipzig das Meyer’sche Konversationslexikon gedruckt.Ein besonders schönes Schaustück ist der Ackerschlepper AS325H,Baujahr 1951. Dieser wurde von 1949 bis 1952 insgesamt 1450-malproduziert. Ein Blickfang ist auch das Modell der MS Mozart, einesLuxus-Flusskreuzfahrtschiffs, das auf der Deggendorfer Werft für dieDonauschifffahrt gebaut wurde. Die Antriebsleistung betrug zweimal1622 PS. Das großzügig gestaltete MAN-Museum bietet einen reprä-

Ab 1845 wurden bei MAN Druckmaschinengebaut. 1873 entstand die erste Rotations-druckmaschine für den Zeitungsdruck.

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sentativen Rahmen für Veranstaltungen. Die „Augsburg-Halle“ mit200 Sitzplätzen kann angemietet werden. Das MAN-Museum wird vonmanroland betrieben, ist aber ein Gemeinschaftswerk der manrolandAG, der MAN SE und MAN Diesel & Turbo SE.

Von der Hochdruck-Rotation zu „manroland“

Die lange und erfolgreiche Linie der Druckmaschinen bei MAN nahmmit der ersten handbetriebenen Schnelldruckpresse ab 1845 ihrenAnfang. Die große Innovation war dann die Hochdruck-Rotations-maschine von 1873. Woher kommt der Name Roland? Im Jahr 1871gründeten Louis Faber und Adolf Schleicher eine Gesellschaft zurProduktion von lithografischen Schnellpressen in Offenbach. Im Jahr1911 wurde vom Unternehmen „Faber & Schleicher AG“ die ersteBogenoffsetpresse mit der Bezeichnung „Roland“ gebaut. Die Druck-maschinenbereiche der MAN und der „RolandoffsetmaschinenfabrikFaber & Schleicher“ schlossen sich 1979 zur „MAN Roland Druck-maschinen AG“ zusammen. 2008 entstand aus der MAN Roland diemanroland AG.

Wir sind die Heinrich-von-Buz-Straße entlanggelaufen und haben soeine oberflächliche Vorstellung von diesem Werk gewonnen. An derEcke zur Ottostraße sind noch einige alte Gebäude aus der Zeit derRiedinger’schen Maschinenbaufabrik erhalten. Bis zur Eingliederungin die MAN 1927 lag auf dem Areal zwischen der Wertach und derHeinrich-von-Buz-Straße die erfolgreiche Maschinenbaufabrik vonRiedinger, angetrieben von der Wasserkraft des Senkelbachs.

Das MAN-Museum steht ander Heinrich-von-Buz-Straße.Das bekannteste Exponatdieses Werksmuseums istder Versuchsmotor RudolfDiesels. Noch immer kanndieser Motor zum Laufengebracht werden.

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Stromgewinnung und reines WasserDie Gebirgsflüsse Lech und Wertach erleichterten nichtnur seit jeher den Warentransport nach Augsburg, sondernwaren auch eine wichtige Kraftquelle für das Handwerk.Ab dem 19. Jahrhundert profitierten dann auch die Fabrikender Textil- und Metallindustrie an den Augsburger Stadt-bächen von der Stromgewinnung aus Wasserkraft. 1901entstand am Lechkanal in Gersthofen am nördlichen Stadt-rand von Augsburg das erste große Kraftwerk am neuenLechkanal. Von ihm ging die Elektrifizierung der Regionaus. Dank des Wasserreichtums des Lechs ist aber auchAugsburgs Trinkwasser bis heute besser als anderswo.Um es zu gewinnen, schuf man 1878 ein Wasserwerk, daseuropaweit als technische Sensation bestaunt wurde.

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Im Lech und am Lech:Trinkwasser und Wasserkraft

Auf die Gesundheit!

Wir haben uns heute im „Alten Wasserwerk“ der Stadt Augsburgverabredet. Dort werden wir mit einem Glas des allerbesten Trink-wassers in Mineralwasserqualität begrüßt. Reiner und natürlichergeht es nicht. Es wird aus den Quellen im umgebenden Schutzgebietgewonnen. Warum gibt es für das gemeinsame Trinken von Wasserkeinen Trinkspruch? „Auf die Gesundheit“ sollte nur dafür reserviertsein. Unsere anschließende (Rad-)Wanderung ist dem Lech gewid-met. Dieser Fluss „bewässert“ Augsburg seit Jahrhunderten.

Große Bewässerungsanlagen vermutet man ja eher in Trocken-gebieten. Die großen Wasserbaukulturen waren in der Geschichteim Orient, in Ostasien oder in Mittelamerika zu finden. Die Anfängeder Gesetzgebung gehen auf die Kodifizierung der Wasserrechtezurück. Die Römer wurden berühmt durch „Überlandleitungen“ fürWasser und die zugehörigen Aquädukte. Der Islam hat im frühenMittelalter mit dem Vordringen nach Spanien die Wasserbaukultur

Im Jahr 1907 wurde das Wasserkraftwerk inLangweid errichtet. 2008 entstand dort dasLechmuseum Bayern – Strom aus Wasser-kraft wird hier noch immer gewonnen.

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zur Blüte gebracht. Die Baumeister der Renaissance haben die Bau-kultur des Wassers wieder aufgenommen und weiterentwickelt.Augsburg war in der Geschichte immer nahe an Italien. Man nenneeine andere Stadt nördlich der Alpen, die so früh und so meisterlichdie Versorgung mit Trinkwasser und Wasserkraft in die ummauerteStadt gebracht hat. Bildhaft ausgedrückt könnte man sagen, Augs-burg ist eine große Bewässerungsanlage.

Andere große Städte sind am Strom gebaut. Ihre Dome spiegeln sichin Donau, Main, Rhein oder Elbe. Augsburg steht auf einem Spornvor dem Zusammenfluss von Lech und Wertach, sicher vor Hoch-wasser, aber eben abseits der Flüsse. Daher musste mit einem aus-geklügelten Kanalsystem vom Hochablass im Süden bis zum Kraft-werk Wolfzahnau im Norden das Wasser in die Stadt geholt werden.Am Hochablass schwärmen die Lechbäche aus, in der Wolfzahnauwerden sie wieder eingefangen. Dieses Wasserbausystem hat ganzerheblich zur Blüte des Gewerbes in der Freien Reichsstadt und demdarauf gegründeten Handel beigetragen. Stattliche Wassertürmeund die Prachtbrunnen in der Maximilianstraße sind bauliche undkunsthistorisch bedeutende Symbole dafür.

Die Kraft der Lechbäche war in der Industriezeit eine maßgeblicheAttraktion für die Zuwanderung von Industriegründern. Denn Kraftaus Dampfmaschinen erforderte in einer Zeit ohne Eisenbahn denteuren Transport aus fernen Kohlerevieren.

Flöße auf dem Lech brachten Holz aus den Alpen. Die ergiebigenWassermengen blieben schon in der vorindustriellen Zeit Mühlen,Sägewerken und Kattunmanufakturen vorbehalten oder bewässertendie Bleichen im Vorfeld der Stadt. Darüber legte sich im 19. Jahr-hundert die energiehungrige Industrie.

Das riesige Schotterfeld, das den Lech vor und durch Augsburg be-gleitet, führt aber auch reichlich Grundwasser als Quelle für bestesTrinkwasser. Die Quellen liegen allerdings tiefer als die Stadt. DasWasser musste also in Wassertürme gepumpt werden, um mit Ge-fälle in die Leitungen zu drücken. Dies verband die Wasserbaukunstmit der Kunst von Triebwerken.

Wir werden heute aus dem „Wunderwerk“ des Wassers in dieserStadt nur den industriell bedeutsamen Ausschnitt sehen. Das ganzekunstvolle System kann auf dem „Augsburger Wasserpfad“ mit einerFührung der Regio Augsburg Tourismus GmbH erwandert werden.

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Das Wasserwerk am Hochablass

Unser Treffpunkt ist der Festsaal für die drei Zwillingspumpen, dieTrinkwasser in das Leitungsnetz der Stadt drückten. Ja – drückten!Denn bis zur Inbetriebnahme des Wasserwerks am Hochablass imOktober 1879 wurde in Augsburg das Trinkwasser in die Wassertürmehochgepumpt, um es (wie anderswo auch) mit „natürlichem“ Gefällezu verteilen. Unter anderen topografischen Bedingungen liegen dieQuellhorizonte aber so hoch, dass Hochspeicher in Türmen nicht nötigwaren. In Augsburg liegen die Quellen jedoch tiefer als die alte Stadt.

1871 nahm die Stadt Augsburg die Planungen für einen radikalentechnischen Systemwandel auf. Im „neuen Wasserwerk“ saugtenPumpen das Grundwasser aus Bassins und drückten es über Druck-leitungen bis zum Endverbraucher. Der Druck entsprach der Wasser-turmhöhe von 50 Metern (5 bar). Dafür musste in kürzester Zeit fastüberall in der Stadt ein neues Leitungsnetz verlegt werden.

Diesen Druck erzeugten die drei imposanten Pumpen, die wir im Maschinenhaus sehen, gefertigt von der Maschinenfabrik Augsburg,der späteren MAN. Die Stadt Augsburg hatte so eine viel bewunderte„technische Sensation“ geschaffen und dafür auch mit stattlicher

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Der 1. Oktober 1879 war der offizielle Beginnder neuen Wasserversorgung für die StadtAugsburg. Der „Urbau“ ist erhalten. Heuteist er ein Wasserkraftwerk und ein Museum.

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Architektur den passenden Rahmen gebaut. Der Maschinenraumwurde stilvoll ausgemalt und mit einem ornamentalen Terrazzobodenbelegt. Die Mechanik der Pumpen ist nicht nur gut ablesbar, sondernauch eine formschöne Installation. Die Halle ist sieben Meter hoch,17,5 Meter breit und 37 Meter lang. Es wurde Platz gelassen für einevierte Zwillingspumpe, der dann aber nicht gebraucht wurde. DieHalle ist der Schönheit wegen viel größer als es für einen schlichtenWetterschutz für Maschinen notwendig gewesen wäre.

Wir gehen nach draußen. Die Stirnseite des Bauwerks ist der Haupt-eingang mit zwei Ecktürmen und einem Mittelportal. Die Architekturist schlicht-schöne Neorenaissance. Wir wechseln auf die vordereLängsseite. Vier Rundbogenfenster markieren die darunterliegendenEinläufe für das Treibwasser aus dem Neubach. 12 m3/s werden ausdem Lech ausgestaut für den Antrieb von drei Jonval-Turbinen zu je-weils 70 PS, ebenfalls von der Maschinenfabrik Augsburg gebaut. ImInteresse der Betriebssicherheit kam 1885 auch eine Dampfmaschinemit einem Kesselhaus dazu, um Wasserschwankungen bei Eis oderNiedrigwasser auszugleichen. Wie es sich damals gehörte, wohnteder Direktor in einer standesgemäßen Villa am Werk.

Das damals sensationell innovative Wasserwerk ist heute ein Technik-museum. Aber nicht nur: Denn das Wasser des Neubachs lässt seine

Bei seiner Inbetriebnahme im Jahr 1879 galtdas turmlose Wasserwerk am Hochablasseuropaweit als technische Sensation.

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Kraft nicht einfach laufen, sondern erzeugt jetzt als „Kleinkraftwerk“Strom aus Wasserkraft. 1992 kehrten die generalüberholten Francis-Turbinen für diese Aufgabe in das Technikmuseum zurück.

Die Stadt Augsburg hat 1879 ein Bauwerk geschaffen, das längst einDenkmal ist. Der Architekt war (sehr wahrscheinlich) Karl Albert Goll-witzer. Die Stadt verkündete damals stolz, dass „alle Maschinen undGewerke“ von Augsburger Firmen stammen. Die Stadtwerke pflegenund betreiben nun dieses Museum der modernen Wasserversorgung.Mit ähnlicher Wertschätzung bewahren die Stadtwerke Bauten undIndustriegeschichte beim stillgelegten Gaswerk in Oberhausen undbeim Straßenbahndepot am Alten Bahnhof vor dem Roten Tor.

Der Hochablass

Der Hochablass im Süden der Stadt ist der Ursprung aller Wasser-kraft, so wie das Wasserwerk die Quelle der modernen Trinkwasser-versorgung ist. Es sind nur 300 Meter vom Wasserwerk-Museum zumHochablass. Dieses Lechwehr geht vielleicht schon auf die Zeit umdas Jahr 1000 zurück. Es ist 1346 erstmalig beurkundet, weil für denBau eine auf drei Jahre begrenzte Sondersteuer erhoben wurde.

Es ist schon ein großes Schauspiel: Das spiegelglatt gestaute Ober-wasser und der rauschende Ablauf unten am Wehr. Hier muss maneinmal bei Hochwasser gestanden haben, um die Kraft des Wasserseindringlich auf sich wirken zu lassen. Bei Hochwasser kommen vordem Wehr etwa 1000 m3/s an, bei Niedrigwasser nur 50 m3/s.

Vor diesem Wehr ist immer ein „Stauziel“ von 484,5 Metern über demMeeresspiegel einzuhalten. Die Entnahme für die Lechbäche ist auf36 m3/s konzessioniert. Diese Wassermenge wird in den Hauptstadt-bach ausgeleitet. Bei schwacher Wasserführung wird dem Lech alsomehr als die Hälfte „gestohlen“ – entsprechend rinnsalig sieht der „reißende Alpenfluss“ dann auch aus.

Auch heute steht das Wasser im Flussbett eher, als dass es fließt.Große Kiesbänke sind aufgetaucht. Das Wasser ist glasklar und dieSchotterbänke laden zum Lagern und Sonnen ein. Niedrigwasser ist im Spätsommer und im Herbst häufig. Mittleres Hochwasser hatder Lech vom Frühjahr bis zum Frühsommer, wenn im Hochgebirgeder Schnee schmilzt – vorausgesetzt, die Füllung der 21 Lechstau-stufen oberhalb des Hochablasses – der Forggensee bei Füssen istder Kopfspeicher – ist im Vorjahr nicht defizitär verlaufen.

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Wir überqueren das Wehr bis zum Kuhsee im Osten und während wirwieder zurückgehen, lese ich aus dem „Ruckdeschel“ vor. WilhelmRuckdeschel hat ein lesenswertes Buch über die Industriekultur inAugsburg verfasst und im ersten Abschnitt die Wasserversorgung so-wie die Wasserkraft in Augsburg ausführlich und zugleich anschau-lich beschrieben. Sie werden staunen, an wie vielen Wehren wir vorbeikommen, wie kunstvoll die Technik ist und dass wir das Ganzewohl nur in Ansätzen verstehen: „Bewerkstelligt wird dies durch eineganze Reihe von festen sowie beweglichen, teils automatischenWehren. Von Ost (Hochzoller Ufer) nach West folgen:· Der Aus- und Überlauf des Kuhsees.· 2 feste Wehre mit 6,3 m Fallhöhe.· 3 Wehre mit selbstregulierenden Gegengewichtsklappen …· Das große Walzenwehr: Länge 20 m, Verschlusshöhe 3 m,

Durchlassmenge 154 m3/s …· Ein Wehr mit Doppelschütz: Länge 12 m, Verschlusshöhe 2,5 m,

Durchlassmenge 55 m3/s. …· Ein Wehr mit ‚Fischbauchklappe’· Die Fischtreppe.· Die Kiesschleuse mit Doppelschütz; gebaut von der M.A.N.Senkrecht dazu liegt das Einlaufbauwerk des Hauptstadtbaches. Die

Eine historische Postkarte zeigt den nachder Hochwasserkatastrophe vom Juni 1910anstelle des gesprengten Wehrs erbautenneuen Hochablass. Die Stahlbetonkonstruk-tion ersetzte ein Wehr aus Holz und Stein.

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optimale Regulierbarkeit der ‚konzessionierten’ Wassermenge von 36 m3/s gewährleisten 4 Einfachschütze … sowie 7 Doppelschütze,sämtlich elektromotorisch – und im Notfall von Hand – betätigt überGetriebe und Triebstock-Zahnstangen.“ (Zitat Wilhelm Ruckdeschelaus: „Industriekultur in Augsburg“, S. 43/44)

1910 gab es eine große Hochwasserkatastrophe, die das alte Wehr zerstörte. Es war nicht die erste. Der Chronist berichtet von Über-schwemmungen im Jahr 1501, 1721 bricht der Hochablass durch, 1789wird das Wehr erneut zerstört, und auch 1816, 1824 und 1831 sindbedeutende Überschwemmungen verzeichnet. 1836 war der Lech imGegensatz dazu so „trocken“, dass das gesamte Lechwasser in dieKanäle eingeleitet werden musste, um den Betrieben die Wasserkraftzu erhalten. Bis zur Katastrophe im Jahr 1910 war der Hochablassspitzwinkelig auf die Stadt zugeführt, um dem aufgestauten Wasserund den Flößen mehr „Schwung“ zu geben. Das Wehr war 210 Meterlang, zwölf Meter breit und aus Holz gebaut.

Sollten Sie einmal nach Landsberg kommen, dann steht dort nochheute ein solch schräg gestelltes Streichwehr in traditioneller Bau-weise aus dem Jahr 1390. Bei einem Espresso an der Ufermauer bie-tet sich ein munteres und zugleich anmutiges Wasserschauspiel. Ich

Zwei Steinfiguren am östlichen Ende desHochablasses symbolisieren die Bedeutungdes Lechwassers für das Gewerbe und dieeinst äußerst umfangreiche Flößerei.

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kann einen Besuch des „Karolinenwehrs“ nur empfehlen. Der alteHochablass in Augsburg muss noch malerischer gewesen sein. AlsHauptdurchlass diente eine 87 Meter lange und 17 Meter breite Floß-schleuse auf der Stadtseite. Nach dem Hochwasser von 1910 hatman das neue Wehr in kürzester Zeit in Stahlbetonbauweise gebaut. Es steht seit 1911/12 quer im Lech. Im Unterwasser des neuen Wehrssind noch immer Pfahlstümpfe des hölzernen Vorgängers zu sehen.

Über die Jahrhunderte hinweg war der Hochablass stets ein belieb-tes Ausflugsziel. Sogar Herrscher kamen zu Besuch, auch das baye-rische Königspaar im Juni 1914. Deshalb stand dort auch immer einerenommierte Hochablass-Gaststätte. Die alte versank in den Flutenvon 1910, mit dem neuen Wehr wurde eine größere und stattlicheregebaut. Sie wurde im Juli 1940 eingeweiht. Bis zu 1000 Gäste fandenhier Platz. 1979 wurde diese denkmalwürdige Gaststätte abgetragen.Es wurde eine Gefährdung des Trinkwassers befürchtet. Lediglich dasDachtürmchen wurde abgenommen, gelagert, restauriert und nun alsPavillon am Wehrzugang aufgestellt.

Wir haben eine Pause verdient und setzen uns zum Frühschoppen indie neu gebaute Gaststätte mit dem Ausblick auf die Kanustrecke, diezu den Olympischen Spielen 1972 in München gebaut wurde. BildenSie sich selbst ein Urteil zur Frage der Gemütlichkeit.

Der Hochablass am Lech ist seit Jahr-hunderten ein beliebtes Ausflugsziel der Augsburger Bevölkerung.

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Die Lechbäche

Wann immer wir in Augsburg vor einer Textilfabrik, einer Papier-fabrik oder einer Maschinenbaufabrik gestanden haben, immer warein Lechbach (oder ein Kanal voll Wertachwasser) dabei. Das galtselbst dann, wenn von der Fabrik nichts mehr übrig war. Die „Kraft-protze“ unter diesen Stadtbächen heißen Proviantbach, Schäffler-bach, Stadtbach und Senkelbach.

Es ist allmählich an der Zeit, den Ursprung und auch das Ende diesesBachsystems zu besichtigen und seine Verzweigungen zu erklären. Am Ursprung haben wir gerade gestanden, am Hochablass mit demEinlaufbauwerk für den Hauptstadtbach. Die Wassermenge ist dortauf die schon erwähnten 36 m3/s beschränkt.

Die erste Verteilung erfolgt am Damaschkeplatz (die Kreuzung Fried-berger Straße/Spickelstraße). Dort besorgt die „Pulvermühlschleuse“die Aufspaltung in Kaufbach in Richtung Westen und Herrenbach inRichtung Norden. Dem Herrenbach werden 24 m3/s, dem Kaufbach 12 m3/s zugeteilt. Diese Verzweigung ist bereits in den Karten des späten 17. Jahrhunderts verzeichnet. Ab 1774 wurde in der Nähe einePulvermühle betrieben, die von 1785 bis 1816 dreimal in die Luft flog.

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Eine historische Kreuzung im mitunter ver-wirrenden System der Stadtbäche: Seit 1848leitet eine gusseiserne Kanalbrücke sogarden Brunnenbach über den Stadtbach.

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Die Regulierung der Verschlüsse geschieht bis heute durch einfache,gleitgeführte Schütztafeln. Die Betätigungsmaschinerie dazu steht in bescheidenen Schleusenhäuschen – sie sind quer über die Kanal-einläufe gebaut. Die Pulvermühlenschleuse ist äußerlich schlicht,doch im Inneren ist der technische Fortschritt im Schütztafel-Winden-bau über zwei Jahrhunderte hinweg sichtbar. Diese Schleuse ist imstädtischen Besitz. Mal sehen, ob sie zugänglich ist?

Wir bewegen uns jetzt zurück in Richtung Lech über die Eichendorff-straße, queren die Berliner Allee und gehen hinunter zum Lechufer.Dort sehen wir von der Unterwasserseite her das Kraftwerk Eisen-bahnerwehr. Das fünf Meter hohe Wehr wurde als Schwelle gegendie weitere Eintiefung des Lechs gebaut. Es erzeugt Strom für etwa5000 Haushalte. Als Ausgleichsmaßnahme gegen den Eingriff in denFluss wurde eine Fischtreppe gebaut. Dieses Kraftwerk erhielt 2007einen Innovationspreis der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.

Wir laufen am Lechufer entlang abwärts bis vor die OSRAM-Werke,gehen hoch auf die Berliner Allee und biegen dann umgehend in die Reichenberger Straße ein. Dort steht das „Fabrikschloss“, das dritteWerk der Spinnerei und Weberei Augsburg (SWA). Dieses Fabrik-schloss ist uns bereits von einem früheren Rundgang bekannt. In derReichenberger Straße liegt vor dem Hanreiweg eine weitere Lech-bachabzweigung: Der Herrenbach teilt sich hier in den Proviantbach,der weiter nach Norden fließt, und in den Hanreibach, der Wasserins Zentrum des Textilviertels leitet.

Beim Versuch, den Hanreibach abzulaufen, kommen wir nicht weit.Der Weg ist durch den „Martini-Park“ – die frühere Färberei undBleicherei Martini – versperrt. Dort gibt es eine weitere Abzweigung:Hier „entspringt“ der Fichtelbach. Also gehen wir weiter entlang derReichenberger Straße bis zur Augsburger Kammgarn-Spinnerei (AKS).Hier treffen wir erstmals auf den Schäfflerbach. Er gehört zu den„berühmten“ unter den Lechbächen. Sein Ursprung liegt weiter imSüden, wo er an der Friedberger Straße aus dem Kaufbach gespeistwird. Am Schäfflerbach entstand die AKS: Wegen seiner Wasserkraftkam 1836 der Kaufmann Merz aus Nürnberg nach Augsburg.

Würden wir auf der Prinzstraße weiter stadteinwärts laufen, dannkönnten wir auch auf den Sparrenlech treffen, eine weitere Abzwei-gung aus dem Kaufbach. Auch der Sparrenlech war der Antrieb fürgroße Werke, so vor allem für die Spinnerei und Weberei am Sparren-lech in Fabrikschlossbauweise, von der leider nichts mehr existiert.

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Weiter nördlich ist die bekannte Kattunfabrik Schöppler & Hartmann,die spätere Neue Augsburger Kattunfabrik (NAK), entstanden.

Wir aber setzen unseren Weg am Schäfflerbach fort, folgen derSchäfflerbachstraße nach Norden bis zur Johannes-Haag-Straße.Hier lagen die Weberei am Fichtelbach, die Messingfabrik Beck unddas Röhrenwerk von Johannes Haag – alle zwischen Schäfflerbachund Fichtelbach.

Die Johannes-Haag-Straße stadtauswärts führt uns zurück an denProviantbach. In der Proviantbachstraße gehen wir in RichtungSüden und treffen so auf den Augsburger Schlacht- und Viehhof.

Mit einigen Umwegen verfolgen wir nun den Proviantbach nachNorden. Jenseits der Lechhauser Straße rücken der Schäfflerbach,der Hanreibach und der Proviantbach wieder eng zusammen. In diesem „Drei-Strom-Land“ ist seinerzeit die berühmte Baumwoll-Feinspinnerei entstanden. Auch davon ist nichts mehr erhalten. Statt-dessen treffen wir auf das schon erwähnte Wohngebiet mit der irre-führenden Bezeichnung „Klein-Venedig“.

Von da geht der Schäfflerbach noch eine Zeit lang einen eigenenWeg. Der Hanreibach aber wird vom Proviantbach vereinnahmt.Als letzter Zeuge der frühen Textilfabrikation an diesem Standort istdas „Kraftwerk am Schäfflerbach“ in der Berliner Allee F 22 erhalten.Es erzeugt wirtschaftlich rentabel – dank Einspeisevergütung – für600 Privathaushalte Strom.

Ein schattiger Weg führt uns entlang der Berliner Allee und einerTrasse der Localbahn bis zur Einmündung der Brückenstraße weiternach Norden. Dort bummeln wir durch das „Stadtbachquartier“ amRand der Papierfabrik Haindl, heute UPM-Kymmene. Innerhalb desWerks schluckt der größere Stadtbach den kleineren Schäfflerbach.Der nunmehr stattliche Stadtbach wird gleich jenseits der Stadtbach-straße zur „Kraftquelle“ der einstigen Reichenbach’schen Maschinen-fabrik, also der späteren MAN.

Wir lassen den Stadtbach unbesichtigt weiterlaufen. Nördlich hinterder MAN gerät er in die Nähe des Senkelbachs, der aus der Wertachabgeleitet wird. Dort wurde die ehemalige Buntweberei Riedinger ge-gründet. Noch weiter im Norden der Stadt treffen die drei LechkanäleSenkelbach, Stadtbach und Proviantbach zusammen und münden indie Wertach. Das auf den ersten Blick verwirrende System der auch

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Lech- oder Wertachkanäle genannten Stadtbäche und ihr Zusammen-spiel zwischen dem Lech am Hochablass, der Wertach und der Wolf-zahnau verstünde man mit Blick auf eine Schemakarte.

Wir aber verfolgen den Proviantbach von der MAN-Brücke aus ent-lang der Franz-Josef-Strauß-Straße. Dort arbeitete im 19. Jahrhun-dert die größte Baumwollspinnerei auf dem Gebiet des 1834 offiziellgegründeten Deutschen Zollvereins. Heute erstreckt sich auf demeinstigen Areal der Baumwollspinnerei am Stadtbach die PM 3 (diedritte Papiermaschine der Haindl-Werke, die jetzt zu UPM aus Finn-land gehören). Zur Erinnerung an vergangene Zeiten liegt quer imProviantbach etwa auf halber Höhe der 400 Meter langen Papier-straße das Kraftwerk Proviantbach. Es versorgt 5000 Privathaushaltemit Strom. Die Architektur stammt aus dem Jahre 1920.

Allmählich führt uns der Weg in die „Natur“ zurück. Wir machen unsauf den Weg zum „Gegenstück“ des Hochablasses: In der Wolfzahnauwerden alle ausgeleiteten Bäche von Lech und Wertach wieder zu-sammengeführt. Dort treffen wir auf ein Kraftwerk in einem denkmal-werten Bauwerk. Es bezieht seine Wasserkraft aus den Kanälen undnicht aus dem Lech, der etwas östlich davon deutlich tiefer einge-schnitten fließt. Flusskraftwerke waren seinerzeit bautechnisch noch

Das Wasserkraftwerk Wolfzahnau wurde1903 als Blankziegelbau errichtet. Es siehtgenauso aus wie vor 100 Jahren. Heute wirddort Strom für 15 000 Haushalte gewonnen.

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nicht möglich. Die Kraftwerke dieser Zeit liegen allesamt an ausge-stauten Kanälen.

Am Hochablass haben wir davon gehört, dass die vorgeschriebeneStauhöhe 484,5 Meter ist. Der Gesamthöhenunterschied zwischendem Lech-Spiegel am Hochablass und dem Lech-Spiegel in der nörd-lichen Wolfzahnau beträgt 26 Meter. Das beträchtliche Gefälle nutzendie Lechbäche mit einer potenziellen Wasserkraft von 9000 kW, vonder heute aber in Kleinkraftwerken nur 4500 kW genutzt werden.

Unter diesen Kraftwerken ist das Kraftwerk Wolfzahnau das größte.Es versorgt heute rund 15 000 Privatpersonen mit Strom. Es wurde1903 als Blankziegelbau errichtet. Von Süden her hat man den Ein-druck, es würde hier ein Wasserschloss aus dem Wasserspiegel auf-tauchen. Seit 1996 speist das Kraftwerk Strom in das Netz der Stadt-werke ein. Vorher gehörte es dem Dierig-Konzern.

Natürlich möchten wir nun auch noch gerne das Innere dieses Kraft-werks bestaunen. Im Maschinensaal sind mehrere Turbinen erhalten.Die große Attraktion ist das mächtige Schwungrad mit gut vier MeternDurchmesser, das im Jahr 1900 bei der Weltausstellung in Paris zuden Repräsentanten von Technik und Baukunst aus Deutschland ge-hörte. Eine Besichtigung geht aber nicht ohne Voranmeldung.

Im Kraftwerk Wolfzahnau ist ein Schwung-rad zu sehen, das anno 1900 bei der Welt-ausstellung in Paris gezeigt wurde.

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Das Lechmuseum Bayern in Langweid

Der Lech hat von der Quelle bis zur Mündung eine aufregende Natur-und Kulturgeschichte. Dieser Geschichte ist eine Dokumentations-stätte in einem „leibhaftigen“ Lechkraftwerk gewidmet, das Lech-museum Bayern in Langweid. Dieser Ort ist etwa 20 Autominuten vomAugsburger Stadtzentrum entfernt. Das Lechmuseum im LangweiderWasserkraftwerk liegt etwa 20 Kilometer nördlich von Augsburg. DasKraftwerk ist mit der Industriestadt Augsburg eng verbunden.

„Das Lechmuseum Bayern in Langweid ist die multimediale Inszenie-rung des Lechs – jenes Flusses, der seit Jahrtausenden das Lebender Menschen zwischen den Alpen und der Donau prägt. Das Lech-tal war Siedlungsraum und auch Grenze, Handelsroute und Schlacht-feld. Der Fluss nahm bei der Elektrifizierung Südbayerns eine Schlüsselrolle ein. 1901 ging das erste Wasserkraftwerk am Lech in Gersthofen in Betrieb.

Das Lechmuseum befindet sich im historischen WasserkraftwerkLangweid, das seit 1907 Strom produziert und bis heute Energie fürdie Region liefert. Das Kraftwerk – ein Historismusbau mit einer be-gehbaren historischen Turbinenkammer – ist das ‚Hauptexponat’ desMuseums.

4

Im Lechmuseum Bayern werden neben der Stromgewinnung Geschichte und wirt-schaftliche Bedeutung des Flusses erklärt.

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Auf drei Ebenen des Wasserkraftwerks und im Außenbereich werden der Lech und das Lechtal den Besuchern aus den unter-schiedlichsten Blickwinkeln nahegebracht. Themen sind nicht nurWasserkraft und Energieerzeugung sowie die Entstehung und überhundertjährige Geschichte der Lechwerke als regionaler Energie-versorger, sondern vor allem auch Natur, Kultur, Geschichte undWirtschaftsgeschichte.“ (Zitat aus einem Prospekt des Betreibers des Lechmuseums Bayern, der Lechwerke AG)

Das Lechmuseum erklärt auf natur- und kulturgeschichtlicher Grund-lage den Fluss, der zum bestimmenden Standortfaktor der Industrie inAugsburg wurde. Der Strom der Lechwerke war wegbereitend für dieEnergieversorgung nach 1900, als Wasserkraft und Leuchtgas an Be-deutung verloren. Es lohnt sich also, dem Kraftwerk und dem Museumim Kraftwerk einen eigenen Besuchstag zu widmen.

Gleichermaßen eindrucksvoll ist die Schauseite des Kraftwerks vomOberwasser und vom Unterwasser her. Zwischen beiden Pegeln liegtein Gefälle von mehr als sieben Metern.

Das erste Lechkraftwerk in Gersthofen erzeugte schon ab 1901 Strom. Es entstand in erster Linie zur Versorgung eines Chemiewerks der

Eine original erhaltene Wasserkraftturbine(im Bild die Auslaufkammer) zeigt in Lang-weid als technisches Denkmal imposanteIngenieursleistungen aus der Zeit um 1907.

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GRÜNDER DER LEW

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Bernhard Salomon (1855 – 1942)

Prof. Dr. Bernhard Salomon war der Unternehmensgründer derLechwerke AG in Augsburg. Die Elektrische Actien-Gesellschaftvormals W. Lahmeyer & Co. (EAG) wurde von Bernhard Salomongeführt. Durch seine engen geschäftlichen Beziehungen zu Waltervom Rath, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der späteren FarbwerkeHoechst, war die Ansiedlung eines Chemiewerks in Gersthofen zu-stande gekommen. Dieses Chemiewerk war der Hauptabnehmerdes ersten – ab 1901 Strom produzierenden – Kraftwerks am Lech.

1903 wurde die Lech-Elektrizitätswerke Aktiengesellschaft (LEW)gegründet. Sie löste die EAG als Eigentümer und Betreiber desGersthofer Kraftwerks ab, Bernhard Salomon wurde Aufsichtsrats-vorsitzender. Er blieb es bis 1933. Unter seiner Leitung wuchs dieLEW rasch. Zur Absicherung der Stromproduktion bei Wasserknapp-heit und als Stromreserve wurde neben dem Lechkraftwerk eineDampfkraftanlage errichtet. 1905 erhielt die LEW die Konzession für das zweite Kraftwerk in Langweid. Dazu musste der Lechkanalverlängert werden. Außerdem wurde eine Schleuse für die Flößereigebaut und damit Vorsorge für eine spätere Schifffahrt getroffen.Schon im Jahr 1913 wurde eine 50 000-Volt-Leitung von Gersthofennach Memmingen geführt. Sie war möglicherweise die erste diesesAusmaßes in Bayern.

Ab 1918 wollte Bernhard Salomon den gesamten Lech weiter ab-wärts bis zur Donau für die Stromgewinnung nutzen. Dabei geriet er mit den Interessen der Rhein-Main-Donau-Kanal AG in Kollision.Es reichte aber immerhin noch zu einem dritten Lechkraftwerk inMeitingen, das 1922 in Betrieb ging. Weitere Konzessionen warenfür die LEW am Lech nicht mehr zu erreichen. Die LEW verlegte ihre Aktivitäten unter Salomon deshalb an die Obere Iller.

Ab dem Jahr 1923 begann der Verbundbetrieb mit der KraftwerkAltwürttemberg AG in Ludwigsburg, ab 1932 der mit der Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätsaktiengesellschaft (RWE) in Essen. DieNationalsozialisten entfernten Bernhard Salomon aufgrund seinerjüdischen Abstammung 1933 aus dem Aufsichtsratsvorsitz. Wegenseiner fachlichen Kompetenz blieb er jedoch weiter unverzichtbar:Immerhin bis 1936 war er Mitglied des Aufsichtsrats. Mit 87 Jahrenverschied Salomon 1942 in Frankfurt am Main. Seine Ehefrau Metastarb kurz darauf im Konzentrationslager Ravensburg.

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späteren Hoechst AG. Ab 1907 produzierte das zweite Lechkraftwerkweiter stromabwärts in Langweid mit Francis-Turbinen der MAN eineLeistung von 6300 PS. Diese Turbinengeneration wurde später aus-gebaut und durch modernere Turbinen ersetzt. Eine Turbine mit Tur-binen- und Auslaufkammer wurde erhalten und begehbar gemacht.Sie ist eine wichtige Attraktion im Lechmuseum, weil nur durch sietatsächlich eine Vorstellung von den Ausmaßen derartiger Anlagen, von der Fallhöhe und von der Gewalt des Wassers und der Schönheittechnischer Architekturen entsteht. Allein die Turbine lohnt den Weg.

Die andere große Attraktion ist eine filmische Reise am Lech von derQuelle hoch in den Lechtaler Alpen bis zur Mündung in die Donau.Dieser Film ist nicht irgendein Video, wie man sie in Museen häufigdarbietet. Es wird eine informative und kurzweilige Geschichte miteiner gekonnten Kameraführung erzählt.

Anfänglich hatte die Stadt Augsburg ein gespaltenes Verhältnis zurElektrifizierung. Einerseits waren die findigen Unternehmen in derStadt durchaus führend in den Bereichen Turbinen, Generatoren undStromversorgung, Beleuchtung und Leuchtmittel. In diesem Zusam-menhang muss der Name Riedinger genannt werden. Pioniertaten derFestbeleuchtung waren unter anderem die „feenhafte Illumination“im Hessing’schen Kurhaus-Theater in Göggingen und – schon 1886oder noch früher – der mit elektrischem Licht bestückte Kronleuchterim Festsaal des Drei-Mohren-Hotels.

Andererseits wehrte sich die Stadt aber gegen die Elektrifizierungder Unternehmen und der privaten Haushalte sowie der Straßenbe-leuchtung. So waren die umgebenden Gemeinden wie Lechhausenoder Oberhausen schon eher „verstromt“. 1895 kaufte die E-Gesell-schaft Schuckert & Co. aus Nürnberg das gesamte Tramnetz undbaute dafür ein E-Werk am Senkelbach, durfte aber ausschließlichStrom für die Straßenbahn liefern. Dafür wurde 1901 ein Vertrag mitAugsburg – und zwar ausschließlich über Kraftstrom – geschlossen.

Ein Grund für diese Zurückhaltung soll gewesen sein, dass schon um die Jahrhundertwende beschlossen wurde, in Oberhausen ein neuesgroßes Werk für die Leuchtgaserzeugung zu errichten. Das Gaswerkwurde 1913/14 auch gebaut – und die Stadt wollte offenbar keinenWettbewerb zwischen Leuchtgas und Strom. Bis 1915 wurde deshalbdie Straßenbeleuchtung in Augsburg ausschließlich mit Gas ausstädtischer Eigenproduktion befeuert. Erst ist diesem Jahr schlossdie Stadt mit den Lechwerken einen Stromlieferungsvertrag.

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209

Augsburg und das elektrische Licht

„… Die Augsburger kamen relativ spät in den Genuss elektrischenLichtes. Sie waren beileibe keine ‚Spätzünder’ oder gar technik-feindlich, die Industriefirmen waren in den 1880er Jahren sogarVorreiter in der Elektrifizierung ihrer Betriebe. Doch wer nichtbereit war, Strom mit einer ‚Hausanlage’ zu erzeugen, musstelange auf Strom aus dem Netz warten. Der stand erst 1902 zurVerfügung.

Die Stadtverwaltung stand der allgemeinen ‚Elektrifizierung’ eherbremsend gegenüber, denn sie räumte dem Gas eine Vorrangstel-lung ein. Das hatte triftige finanzielle Gründe: Schon 1890 stand fest, dass die Kommune 1907 die Gasherstellung und das Gasnetzvon Privatunternehmern übernehmen würde und sie wollte mit Gas Geld verdienen. Schon 1892 unterbreiteten Unternehmer demMagistrat den Vorschlag, auf Stadtgebiet mit Lechwasser in größe-rem Maße Strom zu erzeugen und ein Netz aufzubauen. Sehr zöger-lich erteilten die Ratsherren anno 1896 die Konzession dazu an die Maschinenfabrik Augsburg und an einen Ingenieur Huber. Alsihnen jedoch die Pläne vorgelegt wurden, bezeichneten sie dasProjekt als puren Schwindel und lehnten es ab. Gleichzeitig standjedoch die Elektrifizierung der bislang von Pferden gezogenenStraßenbahn an …

Dass man in Augsburg keineswegs rückständig war, dafür gibt esviele Belege. Als man zum Sängerfest im Juli 1900 im Stadtgarteneine 6000 Personen fassende hölzerne Festhalle aufstellte, war das E-Werk in Gersthofen noch im Bau. Die leicht entzündbareHalle wurde dennoch nicht mit Gas beleuchtet, sondern mit zwölfBogenlampen und 150 Glühlampen ‚elektrifiziert’ . Bis zum An-schluss ans Fernnetz – der dauerte noch zwei Jahre – erzeugte vorOrt eine ‚Lokomobile’ (fahrbare Dampfkraftmaschine) den Strom …“ (Zitat aus einem Beitrag von Franz Häußler, Augsburger Allgemeine,Nr. 118/2008)

In den Jahren davor hatten die großen Augsburger Textilfabrikenund metallverarbeitenden Unternehmen allerdings schon längst ihreeigene Stromversorgung – angetrieben von den Turbinen der Lech-bäche oder durch Dampfmaschinen in großen Kesselhäusern – ein-gerichtet. Ein solcher Gedankenausflug wird durch die Besichtigungdes Lechmuseums in Langweid angeregt.

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LITERATUR

210

Burgner, Willfried: Karl AlbertGollwitzer 1839 – 1917, Augsburg2004

Dierig Holding AG (Hrsg.):Dierig Weber seit 1805 – 200Jahre, Heidelberg 2005

Dey, Wolfgang: Die Entstehungund Entwicklung der AugsburgerTextilindustrie unter besondererBerücksichtigung der weltwirt-schaftlichen Beziehungen,München 1947

Grassmann, Josef von: DieEntwicklung der AugsburgerIndustrie im neunzehnten Jahr-hundert. Eine gewerbegeschicht-liche Studie, Augsburg 1894

Grünsteudel, Günther; HägeleGünter; Frankenberger, Rudolf(Hrsg.): Augsburger Stadtlexikon,Augsburg 1998

Kraus, Werner (Hrsg.): Schau-plätze der Industriekultur inBayern, Regensburg 2006

Loibl, Richard; Murr, Karl Borro-mäus: Staatliches Textil- undIndustriemuseum Augsburg,Augsburg 2010

MAN Diesel: Katalog zurSonderausstellung 150 JahreRudolf Diesel, Augsburg 2008

Nerdinger, Winfried (Hrsg):Industriekultur mit Zukunft?Augsburg und das Erbe desIndustriezeitalters, (Architektur-museum Schwaben, Heft 21),Augsburg 2003

Nerdinger, Winfried (Hrsg):Industriearchitektur in Baye-risch-Schwaben 1830 – 1960. Teil 1. Augsburg (Architektur-museum Schwaben, Heft 13),Augsburg 1999

Roeck, Bernd: Die GeschichteAugsburgs, München 2005

Ruckdeschel, Wilhelm: Industriekultur in Augsburg,Augsburg 2004

SanierungszweckverbandKurhaus Göggingen: Vergangen-heit für die Zukunft entdeckt. DasKurhaus in Augsburg-Göggingen,Augsburg 1996

Schütze, Christian: Das weißeBand – 150 Jahre Papier vonHaindl, Stuttgart 1999

Schwäbischer Architekten- und Ingenieurverein (Hrsg.):Architektur in Augsburg 1900 bis2000, Augsburg 2000

Stadt Augsburg: Industriebautenund technische Bauwerke. Tagdes offenen Denkmals 2003,Augsburg 2003

Stadtwerke Augsburg:Technik-Museum und lebendiges Wasserwerk amHochablass, Augsburg 1999

Eine wichtige Quelle für vielePassagen dieses Buchs warendie Beiträge der Zeitungsserie„Augsburg-Album“ von FranzHäußler in der AugsburgerAllgemeinen (2008/2009).

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Das Lechmuseum Bayern im Wasserkraftwerk Langweid ist die multimediale Inszenierung des Flusses, der seit Tausenden von Jahren das Leben unserer Region prägt und der die maßgebliche Rolle bei der Elektrifizierung Südbayerns spielte.

Gegen Voranmeldung unter Telefon 0821 328-1658 erhalten Sie eine fachkundige kostenlose Führung durch das Museum. Darüber hinaus ist das Museum an jedem 1. Sonntag im Monat von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. An den geöffneten Sonntagen bieten wir keine Führungen an.

www.lechmuseum.de

LECHMUSEUM BAYERN IN LANGWEID

BayernLECH MUSEUM

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BILDNACHWEIS

212

Bahnpark Augsburg: S. 163

Buchert, Hanna: S. 119

concret/Archiv: S. 93, S. 127 (1)

Baumgartner, Thomas: Titel (1),Rücktitel (1), S. 10/11, S. 13, S. 15,S. 18, S. 21, S. 22, S. 48, S. 49, S. 50, S. 61, S. 63, S. 65 (1), S. 75,S. 76, S. 89, S. 113 (1), S. 115, S. 116, S. 117 (1), S. 121, S. 123, S. 124, S. 128 (1), S. 129 (2), S. 133,S. 134, S. 140, S. 150/151, S. 153,S. 158, S. 160, S. 162, S. 165, S. 167, S. 168/169, S. 171, S. 173, S. 174,S. 188, S. 189, S. 199, S. 203

Kleiner, Wolfgang B.: Titel (1),Rücktitel (2), S. 16, S. 17, S. 19, S. 23, S. 26/27, S. 28, S. 30, S. 38/39, S. 40/41, S. 79, S. 102, S. 108, S. 117 (1), S. 159, S. 178 (1),S. 179, S. 180, S. 190/191, S. 198,S. 200, S. 204, S. 205, S. 206

Kluger, Martin: Titel (1), Rücktitel(1), S. 2/3, S. 14, S. 20, S. 43, S. 57, S. 65 (1), S. 80/81, S. 111 (1),S. 113 (1), S. 127 (1), S. 132, S. 136, S. 139, S. 157, S. 185, S. 187, S. 195

Kunstsammlungen und MuseenAugsburg: S. 12, S. 36 (1), S. 127 (1), S. 130, S. 152

Lechwerke AG: S. 192

Lehnerl, Manfred: S. 62, S. 125

MAN AG/Historisches Archiv(MAN): S. 59

Martini GmbH & Co. KG: S. 126,S. 128 (1)

Privat: S. 5

Sammlung Häußler: S. 29, S. 31,S. 33, S. 34, S. 36, S. 37 (1), S. 52,S. 53, S. 55, S. 58, S. 66, S. 68, S. 69, S. 70, S. 72, S. 73, S. 78, S. 82, S. 88, S. 91, S. 94, S. 95, S. 96, S. 99, S. 100, S. 104, S. 105,S. 110, S. 111 (1), S. 114, S. 118, S. 120, S. 122, S. 135, S. 144, S. 148/149, S. 156, S. 164, S. 166,S. 170, S. 176, S. 178 (1), S. 181, S. 182, S. 184, S. 186, S. 197

Schnyder, G.: S. 42, S. 46

Staatliches Textil- und Industrie-museum Bayern (tim): S. 97, S. 98,S. 106, S. 138 (2)

Stadtarchiv Augsburg: S. 112, S. 194

Stadtwerke Augsburg/WolfgangRiß: S. 47, S. 103

Untere Denkmalschutzbehördeder Stadt Augsburg: S. 101

Wikipedia/Bibliothek des US-Kongress: S. 37 (1)

Karten und Pläne

concret Werbeagentur: S. 24/25

Stadt Augsburg, Stadtvermessungsamt: S. 44/45,S. 86/87, S. 154/155, S. 172 (2)

Page 89: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

EINE DER FASZINIERENDSTEN STÄDTE DEUTSCHLANDS:

AUGSBURGAugsburg ist das Top-Ausflugsziel im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben.

Sehenswürdigkeiten gibt es hier in Hülle und Fülle: Der Goldene Saal im Rathaus,

die Fuggerei und das Mozarthaus, der Dom, eine glanzvolle Museumslandschaft

und „Perlen“ der Industriekultur sind lohnende Stationen. Die Augsburger

Puppenkiste und ihr Museum sowie der Zoo begeistern junge Familien.

Infos zu Augsburg und den Landkreisen

Aichach-Friedberg und Augsburg:

www.augsburg-tourismus.de

Regio Augsburg Tourismus GmbH Rathausplatz 186150 AugsburgTelefon 08 21/5 02 07-0www.augsburg-tourismus.de TOURISMUS

REGIOAUGSBURG

concret Werbeagentur GmbH Augsburg · www.concret-wa.de · Foto: Wolfgang B. Kleiner

Industriekultur vom Feinsten

www.context-mv.de

Augsburgs historisches WasserwerkEin einzigartiges Technikmuseum Das innovative Wasserwerk von 1879 wurde lange Zeit von derFachwelt bewundert. Franz Häußler beschreibt die Geschichte,Architektur und originalerhaltene Wassertechnik dieses Denkmals.

Franz HäußlerHrsg. Stadtwerke Augsburg96 S., 94 Abb., 9,80 €

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Page 90: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

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214

Industriekultur in AugsburgPioniere und FabrikschlösserKarl Ganser

Herausgeber: Regio Augsburg Tourismus GmbH

ISBN 978-3-939645-26-91. Auflage, November 2010

Redaktionelle Bearbeitung: Martin Kluger,Candida Sisto, Hanna Buchert,Kathrin Schmidl, Sandra Riedmiller, Julia Schade

Grafik und Produktion:concret WA GmbH, Augsburg

Historische Aufnahmen und Karten:Sammlung Franz Häußler

Fotografie:Thomas Baumgartner,Wolfgang B. Kleiner u. a.

Alle Rechte vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-939645-26-9© context verlag, Augsburg 2010www.context-mv.de

Page 91: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

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Page 92: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

DANK

216

Für ihre Informationen danken wir

· Robert Allmann, Staatliches Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim)

· Oliver Frühschütz, Verein der Gaswerkfreunde

· Wolfgang Geißler, Martini GmbH & Co. KG

· Franz Häußler· Kurt Idrizovic · Dr. Richard Loibl,

Haus der BayerischenGeschichte

· Dr. Werner Lutz, Architekturmuseum Schwaben

· Dr. Karl Borromäus Murr, Staatliches Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim)

· Dr. Sebastian Priller, Brauerei S. Riegele

· Bernhard Schad, Dierig Holding AG

· Dr. Benigna Schönhagen, Jüdisches KulturmuseumAugsburg

· Gerlinde Simon, MAN-Museum und Historisches Archiv (MAN)

Für ihre Unterstützung danken wir

Page 93: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

Die Kongresshalle wurde 1972 als eine der modernsten Hallen

Europas eröffnet. Seit Mai 2010 wird der in die Jahre gekommene

Bau, der fast 40 Jahre lang neben Kongressen und Tagungen auch

Konzerten, Bällen, Sportveranstaltungen das passende Ambiente

bot, rundum erneuert. Ab Mai 2012 soll das Kongresszentrum

dann – nach modernsten Maßstäben auf den neuesten Stand der

Technik und Energieeffizienz gebracht – wieder für Veranstaltungen

aller Art zur Verfügung stehen.

Das Baujuwel aus den 70er Jahren wird künftig den Namen

„Kongress am Park Augsburg“ tragen. Das Gebäude steht unter

Denkmalschutz. Die spannende Architektur, die Kontraste von

hartem Beton und weichem Holz, klaren Linien und verspielten

Lichtelementen geben einen einzigartigen Rahmen für Veran-

staltungen.

Die zentrale Lage, umgeben vom Wittelsbacher Park und das

direkt angrenzende Hotel „Dorint An der Kongresshalle Augsburg“

mit 180 Zimmern, sind weitere Gründe, die für dieses Kongress-

zentrum sprechen.

Kongress am Park

Kongresshalle Augsburg Betriebs GmbH

Gögginger Straße 10 | 86159 Augsburg

Telefon 0821-324 2348 | Telefax 0821-324 2363

www.kongress-augsburg.de | [email protected]

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Page 94: Taschenbuch Industriekultur in Augsburg

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Industriekultur in Augsburg

„Deutsches Manchester“ nannte man Augsburgim 19. und 20. Jahrhundert wegen seiner vielenTextil- und Maschinenfabriken. Hier entstandeneinige der frühesten Industrien Deutschlands: Im Augsburger Textilviertel reihte sich ein Fabrik-schloss ans nächste. In Augsburg wurden Inno-vationen wie Flugdrachen und die erste Zentral-heizung Deutschlands, die früheste deutscheZeitungsrotationsdruckmaschine und der vonRudolf Diesel entwickelte Motor geschaffen. DasAugsburger Wasserwerk war eine europaweitbestaunte technische Sensation, das ehemaligeGaswerk ist heute in ganz Europa einzigartig.Vom Lech bei Augsburg ging die Elektrifizierungder Region mit Strom aus Wasserkraft aus.

Sehenswert sind noch immer viele Bauten, dienicht nur den Glanz der Fabrikschlösser, sondernauch die Bedürfnisse der Bewohner einer großenIndustriestadt widerspiegeln: Direktorenvillen,Arbeiterquartiere und eine Gartenstadt, dasprächtige Kurhaustheater, ein Jugendstilvolks-bad, eine einzigartige Jugendstilkirche und eineder schönsten Synagogen Europas. Karl Ganser,„der Architekt des neuen Ruhrgebiets“, erklärtdie Geschichte der Industriemetropole Augsburgund führt zu „Architektur-Perlen“ und Museen.Der international bekannte und ausgezeichneteExperte verbindet damit ein ebenso persönlicheswie leidenschaftliches Plädoyer für die Erhaltungund sensible Nutzung der Zeugnisse einer inno-vativen, häufig jedoch unterschätzten Epoche.

216 Seiten, 169 AbbildungenEUR 14,80ISBN 978-3-939645-26-9

c o n t e x tm e d i e n u n d

v e r l a g

TOURISMUSREGIO

AUGSBURG

Pioniere und Fabrikschlösser

Industriekultur in Augsburg

Karl Ganser | context verlag

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