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Vortrag No. 8 Von der Schleuder zur Winchester im Rahmen der TC-Vortragsreihe Öffentlicher Vortrag von AWCATS Writer zur Entwicklung der Schusswaffen Veranstaltungsort: Theater- und Ballsaal, U. S. Grant Road, Tucson, AZ Arizona 11. Januar/02. Februar 1873 (11:15 PST a.m. SL-RP-time) Dieser Vortrag führt in Entwicklung der Schusswaffen ein. Im ersten Teil befasse ich mich mit einfachen und alten Waffen, welche ohne Schwarzpulver auskommen. Ich zeige auf, welche physikalischen und strategischen Gründe bei der Waffenentwicklung allgemein eine Rolle spielten. Dabei werde ich auf einzelne wichtige Aspekte in der Weiterentwicklung der Schusswaffentechnik eingehen, welcher im Einstieg in die Schwarzpulver-Schusswaffen mündet. Anhand von Beispielen stelle ich Schusswaffen im Allgemeinen vor. Dabei benenne ich Ihnen die wichtigsten Merkmale und Vertreter bis zur Entwicklung der Patronenmunition und Hinterlader. Im zweiten Teil beschreibe ich den Wechsel von Vorder- zu Hinterlader. Eng damit verbunden ist die Entwicklung einzelner Waffenschmieden, deren wichtigste Produkte ich dabei vorstelle. Im Ausblick reiße ich kurz an, was die Zukunft bringen mag, denn um 1873 sind die modernen rauchlosem Treibmittel und etliche damit verbundene Anpassungen noch unbekannt. Ergänzende Informationen und Downloadlinks (Datensammlung aus 11/2014-01/2015) finden Sie daher als Anlage, ebenso. Im Veranstaltungsraum finden Sie eine kleine begleitende Ausstellung. Eine Bilderserie- dieser Ausstellung befindet sich im Anhang, um den Lesern, welche nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnten, einen nachträglichen Einblick zu gewähren. Eine Wiederholung dieses Vortrags ist auf Anfrage möglich. Gesamtredezeit: ca. 4 h.

TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

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DESCRIPTION

Über die Entwicklung der Handfeuerwaffen - von primitiven Waffen über Speer, Pfeil und Bogen zu den Schwarzpulverfeuerwaffen bis ca. 1875. Inkl. Anlagen zur Weiterentwicklung der Treibmittel, Internetlinks und Bildmaterial von der Ausstellung in Tucson, AZ Arizona (SecondLife roleplay area).

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Page 1: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Vortrag No. 8

Von der Schleuder zur Winches ter

i m R a h me n d e r T C - Vo r t ra g s re ih e

Ö f f e n t l i c h e r V o r t r a g v o n AWCAT S W r i t e r

z u r E n tw i c k l u n g d e r S c h u s sw a f f e n

Ve ran s ta l tungso r t :

T h e a t e r - u n d B a l l s a a l , U . S . G r a n t R o a d , T u c s o n , A Z A r i z o n a

1 1 . J a n u a r / 0 2 . F e b r u a r 1 8 7 3 ( 1 1 : 1 5 P S T a . m . S L - R P - t i m e )

Dieser Vortrag führt in Entwicklung der Schusswaffen ein. Im ersten Teil befasse ich mich

mit einfachen und alten Waffen, welche ohne Schwarzpulver auskommen. Ich zeige auf,

welche physikalischen und strategischen Gründe bei der Waffenentwicklung allgemein eine

Rolle spielten. Dabei werde ich auf einzelne wichtige Aspekte in der Weiterentwicklung der

Schusswaffentechnik eingehen, welcher im Einstieg in die Schwarzpulver-Schusswaffen

mündet. Anhand von Beispielen stelle ich Schusswaffen im Allgemeinen vor. Dabei benenne

ich Ihnen die wichtigsten Merkmale und Vertreter bis zur Entwicklung der

Patronenmunition und Hinterlader. Im zweiten Teil beschreibe ich den Wechsel von Vorder-

zu Hinterlader. Eng damit verbunden ist die Entwicklung einzelner Waffenschmieden, deren

wichtigste Produkte ich dabei vorstelle. Im Ausblick reiße ich kurz an, was die Zukunft

bringen mag, denn um 1873 sind die modernen rauchlosem Treibmittel und etliche damit

verbundene Anpassungen noch unbekannt. Ergänzende Informationen und Downloadlinks

(Datensammlung aus 11/2014-01/2015) finden Sie daher als Anlage, ebenso. Im

Veranstaltungsraum finden Sie eine kleine begleitende Ausstellung. Eine Bilderserie- dieser

Ausstellung befindet sich im Anhang, um den Lesern, welche nicht an der Veranstaltung

teilnehmen konnten, einen nachträglichen Einblick zu gewähren. Eine Wiederholung dieses

Vortrags ist auf Anfrage möglich. Gesamtredezeit: ca. 4 h.

Page 2: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Übersicht zum TC-Vortrag No. 8: Von der Schleuder zur Winchester

1 Einleitung

2 Die ersten Waffen

2.1 Von der Faust zum Stein/Faustkeil

2.2 Vorteil 1: Distanzwahrung

2.3 Vorteil 2: höhere Kraftübertragung

2.4 Zielgenauigkeit: Messer, Speer & Pfeil

2.5 Verbesserungen der Beschleunigung

2.6 Speerschleuder

3 Pfeil und Bogen

3.1 Einfache Bogen

3.2 Recurve- oder Reflexbogen

3.3 Kompositbogen

3.4 Mechanisch gespannte Kompositbogen

4 Feuerwaffen

4.1 Vorderlader

4.1.1 Handrohre

4.1.2 Perfektionierung langläufiger Handwaffen

4.1.3 Zündmechanismen

4.1.4 Einsatz der frühen Schusswaffen

4.1.5 Läufe

4.1.6 Lauf und Kugel

4.2 Hinterlader

4.2.1 Zündnadelgewehr

4.2.2 Chassepotgewehr

4.3 Patronen und Munition

4.3.1 Papierpatrone

4.3.2 Moderne Patrone

4.3.3 Sonderform – hülsenlose Munition

4.3.4 Liderung

4.3.5 Aufbau der modernen Patrone

4.3.6 Patronenabmessungen

5 Repetiergewehre und Repetierkarabiner

5.1 Vorläufer der Winchester-Karabiner

5.2 Volcanic-Pistole Kal .41

5.3 Unterhebelrepetierer

5.3.1 Das Henry-Gewehr 1860

5.3.2 Winchester Modell 1866 'Yellowboy'

5.3.3 Winchester Modell 1873

6 Faustfeuerwaffen

6.1 mehrschüssige Waffen im Allgemeinen

6.1.1 Pistole

6.1.2 Revolver

6.1.3 frühe mechanisierte Gewehre

6.2 Waffenhersteller und ihre Produkte

6.2.1 Remington Arms Company, Inc.

6.2.2 Colt

6.2.3 Smith & Wesson

7 Ausblick

8 Inhaltsverzeichnis & Bildverzeichnis

9 Tales of the gun

10 A Little History of the Handgun

11 Ordonnanzwaffe

Veranstalter: AWRCATS Writer , Tucson Chronicle, Tucson, AZ Arizona

Page 3: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 1 – Von der Schleuder zur Winchester

TC Vortrag 08 - Von der Schleuder zur Winchester

Ausgewählte Schritte in der Entwicklung der Handwaffentechnologie

1 Einleitung Ich danke der Stadt Tucson im Südwesten des Territoriums AZ Arizona, welche, wie so oft, uns den

Veranstaltungsraum zur Verfügung stellt und freue mich, heute wieder einige alte Bekannte, aber

auch neue Besucher und Bürger begrüßen zu können. Ich hoffe, sie haben den Übergang in das neue

Jahr wohlbehalten überstanden und wünsche Ihnen, dass Ihre guten Vorsätze und Pläne für dieses

Jahr auch in Erfüllung gehen mögen. Ich selbst hoffe auf ein friedliches Jahr mit neuen Entwicklung

und bin gespannt, was uns das Jahr bringen wird.

In der ersten Veranstaltung, welche die Tucson Chronicle Vortragsreihe einleitete, hatte ich über den

sicheren Umgang mit Explosivstoffen schon über Schwarzpulver und brisante Stoffe wie

Knallquecksilber berichtet. Hierbei erwähnte ich auch, dass diese Stoffe für Schusswaffen

Verwendung finden. Mittlerweile gehen wir nahezu selbstverständlich mit Revolver oder

Patronengewehr um. Doch bis es soweit kam und wie es möglich gemacht wurde, so einfach und

sicher mit diesen Dingen umzugehen, darüber will ich heute referieren.

Wie kam der Mensch also dazu, Schusswaffen zu entwickeln? Dieses Thema hatte ich geplant und

einige Zeit zurückgestellt. Es umfasst eine lange Zeitspanne und je näher wir der Gegenwart

kommen, desto umfassender werden unsere Erkenntnisse und vielfältiger die technischen

Neuerungen. Angesichts der Fülle an doch recht interessanten Informationen insbesondere bezüglich

der Schusswaffenentwicklung in diesem Jahrhundert habe ich daher vor, dieses Vortragsthema zu

teilen. Sie erfahren daher heute in einem ersten Teil, wie der Mensch schrittweise seine

Waffentechnik verfeinerte, sodass am Ende so etwas wie ein Colt Army oder eine Winchester in den

Händen von Cowboys, Siedlern und natürlich Gesetzeshütern, der Army und anderen als übliche

Feuerwaffe zu finden ist. Ich reduziere den Vortrag auf bestimmte Meilensteine in der Entwicklung

und möchte Ihnen anhand einzelner Techniken darstellen, welche Prinzipien hier zugrunde liegen

und was die Weiterentwicklung ausmachte.

Es wird sich zeigen, wie weit wir heute thematisch kommen. Begleitend zu diesem Vortrag aber auch

vorbereitend für einen zweiten Teil, den ich Ihnen in ein paar Wochen präsentieren möchte, habe ich

am Anfang der Woche hier oben in der Empore eine kleine Ausstellung mit mehreren Exponaten zum

Thema Schusswaffen und ihrer Entwicklung aufgebaut. Sie sind herzlich eingeladen, sich dort oben

die unterschiedlichen Waffen und Gegenstände aus der Nähe anzusehen. Unser Dank gilt an dieser

Stelle Miss Kitty Dalton für den Großteil der Leihgaben, welche teilweise schon im Alamo-Museum zu

sehen waren.

In dem für später geplanten zweiten Teil werde ich dann gern auf die nahe Geschichte einzelner

bekannter Waffenhersteller eingehen, welche für diese Region und Zeit von besonderer Bedeutung

waren und sind. Zudem will ich dann auch Fragen thematisieren und beantworten, welche heute im

ersten Teil ggf. auftreten und unbeantwortet bleiben.

Ich kann und will Sie nicht zu Waffenschmieden oder Bogenbaukünstler ausbilden. Dazu fehlen mir

die Profession und die Möglichkeiten, alles Notwendige zu vermitteln. Aber ich will Ihren Blick

schärfen auf einzelne Aspekte, welche Ihnen dann beim Verständnis und Umgang mit diesen Dingen

helfen können. Denn, so möchte ich voranschicken, der verständige Geist ist des Menschen bestes

Werkzeug!

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 2 – Von der Schleuder zur Winchester

Daher will ich nun mit Ihnen zusammen zurücksehen in dunkle, vielleicht sehr düstere Zeiten unserer

Geschichte. Denn nicht immer war es so friedlich wie heute … lachen Sie bitte nicht. Ich bin aufgrund

meiner Recherchen sicher, dass wir heute in ziemlich friedlicher Gesellschaft miteinander leben

können. Damit meine ich nicht unbedingt das Verhältnis zwischen Ranchern, Siedlern und Natives

oder unsere nahe Geschichte der Sezession, welche hier in Arizona kaum schmerzhafte

Auswirkungen aufwies. Bitte folgen Sie mir daher gedanklich weit in unsere Vergangenheit, als der

nackte Mensch bar jeglicher Hilfsmittel erste Weg beschritt, die Welt zu entdecken.

Das ist gar nicht allzu schwer vorzustellen. Überlegen Sie einfach: Wie könnten Sie sich selbst nackt

und jeglicher Hilfsmittel beraubt inmitten eines Waldes oder der Prärie behaupten? Der Mensch

wirkt im Vergleich zu seinen Mitbewohnern auf der Erde doch schon recht sonderbar. Kein

schützendes Fell, keine spitzen, festen Klauen, die Zähne – im Vergleich zu einem Wolf oder Bären

lächerlich klein und kaum eine Gefahr – sind gerade gut genug, um Fleisch von einem wehrlosen

Knochen zu nagen oder Körner und Früchte zu zermahlen. Was ist es also, was uns ausmacht? Was

befähigte - oder besser - befähigt uns, heute einen Wolf oder Büffel zu verjagen oder gar zu jagen

und uns als Spitze der Schöpfung zu betrachten?

2 Die ersten Waffen Als der Mensch sich auf seine Hinterbeine erhob, bekam er seine Hände frei. Man darf dies wohl

annehmen. So man kritischen Forschern wie Charles Darwin glauben darf, war der Vorteil des

aufrechten Ganges und der damit verbundenen Freiheit der vorderen Gliedmaßen ein wichtiger

Faktor der Entwicklung der frühen Menschen. Doch auch wenn jemand strenggläubig von der

göttlichen Schöpfung am sechsten Tage ausgeht und den Werken Darwins1 nicht folgen mag, wird er

diesem Argument zum Einstieg in das heutige Thema wohl nichts entgegensetzen. Die freien Hände

sind mit dem frei beweglichen Daumen und dem Tastsinn ein Universalwerkzeug zum Sondieren,

Fühlen und Greifen. Die meisten Dinge begreifen wir sprichwörtlich, wir erfassen die Umwelt nicht

nur mit unserem Geist, sondern wir beobachten und fassen fast alle Dinge auch an. Unser

Gesichtssinn erlaubt uns, räumlich zu sehen und so die Tiefe und Entfernungen in unserer Umgebung

wahrzunehmen. Und ohne Neugier und Intellekt blieben uns viele Dinge dennoch verborgen. So mag

der Intellekt vielleicht die erste und wichtigste Waffe sein, die uns zur Verfügung steht.

2.1 Von der Faust zum Stein/Faustkeil Nicht alles kann theoretisiert werden und nicht alle Dinge sind geeignet, um mit bloßem Händen

angefasst zu werden. Mit Hilfe von Stöcken oder Steinen erweitern sich die Möglichkeiten und der

Aktionsradius. Ich denke, Sie gehen mit mir konform, dass Sie, wenn Sie mit einem Stock oder Stein

und ansonsten unbewaffnet wären, eine Klapperschlange oder einen Kojoten lieber mir diesen

Hilfsmitteln verjagten. Auch das Graben im Boden, das Sammeln von Früchten dornenbewehrter

Pflanzen oder Öffnen von hartschaligen Nüssen ist hiermit einfacher.

Ich postuliere daher, dass Stock und Stein die ersten primitiven Hilfsmittel waren, mit denen die

Menschen der ersten Stunde ihren Aktionsradius erweiterten. In der Bibel steht nichts davon in der

Schöpfungsgeschichte. Der Mensch hat sich solche Waffen wahrscheinlich erst nach dem Genuss

vom Baum der Erkenntnis und dem Verweis aus dem Garten Eden zugelegt. Aber welche Vorteile

bieten diese Dinge? Der Stein oder Stab bekommt seine Kraft durch den Menschen, der ihn mehr

oder weniger stark geschwungen hat. Je schneller, desto mehr Kraft wurde investiert und diese Kraft

wirkt dann auch, zusammen mit der Masse des Gegenstands beim Auftreffen auf das Ziel ein.

1 Insbesondere ‚On the Origin of Species‘ (Über die Entstehung der Arten) von 1859 und die 1871 veröffentlichte Arbeit ‚The Descent of Man, and Selection in Relation to Sex‘ (Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl)

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 3 – Von der Schleuder zur Winchester

2.2 Vorteil 1: Distanzwahrung Ein bloßer Stock verlängert den Arm und wird schon deshalb nützlich sein. Ein brennender Stock kann

als Fackel dienen, seine Hitze jedoch auch im Kampf oder in der Abwehr dienlich sein. Dennoch bleibt

er ein Werkzeug, das nur mit der Hand und somit in unmittelbarer Nähe geführt wird. Auch ein

schwerer, harter Stein ist wirksamer als die bloße Faust. Gleiches gilt für einen harten, zähen Stab.

Neben der Kraftwirkung ist aber auch der Aspekt der Distanzwirkung zu berücksichtigen. Je weiter

entfernt die Wirkung eintritt, desto vorteilhafter mag dies sein - aus vielerlei Hinsicht: Ausreichende

Fluchtdistanz, Zeit für erneuten Angriff, unentdeckter Angriff aus einem Hinterhalt, Wirkung auf

ansonsten zu schnell entfernte Ziele sind wohl die wichtigsten Vorteile.

Der Mensch hat gelernt, besonders gut zu werfen, schnell und präzise. Das unterscheidet ihn von

allen anderen Tieren.2 Er ist in der Lage, einen geeigneten Gegenstand auf über 150 km/h zu

beschleunigen. Daher kann er auch Ziele treffen, die wesentlich schneller als er selbst sind und sich

vom Werfer entfernen.

Die Distanz, die dem Menschen beim Werfen eines Steines zugutekommt, kann bei einer Schleuder

erhöht werden. Die Schleuder ermöglicht dem Werfer, einen großen Teil des Rotationsschwunges

auf den geschleuderten Stein zu übertragen. Dies führt zu einer erhöhten Geschwindigkeit

gegenüber einem normalen Wurf aus blanker Hand und größeren Distanzen. Die Schleuder ist eine

sehr ursprüngliche Waffe, die auch in der Bibel3 angesprochen wird. Während die meisten anderen

Waffen meist erst nach gewisser Vorbereitung einsatzfähig sind, ist eine Schleuder wesentlich

leichter herstellbar und transportabel. Ihre Munition ist praktisch immer verfügbar. Es ist aber

ratsam, immer ein paar Stücke ‚Munition‘ dabeizuhaben.4

2.3 Vorteil 2: höhere Kraftübertragung auf das Ziel Die Wirkung der Waffen hängt aber nicht nur von Masse und Geschwindigkeit des Projektils ab. Auch

dessen Form ist wichtig. Ein 50 g schwerer runder Kiesel wird eine andere Wirkung haben, als spitzer,

scharfkantiger Stein gleicher Masse. Woran liegt das? Die gleiche Kraft konzentriert sich auf eine

wesentlich kleinere Oberfläche.5 Kraft pro Fläche ist hier die physikalische Grundlage. Eine stumpfe

Klinge hat vielleicht eine drei- bis zehnfach größere Oberfläche auf der Schnittkante und wir merken

schon dann die Einschränkung.

Vernachlässigen wir die Energie aus der Gewichtskraft (potentielle Energie), bleibt bei einem Projektil

die Energie aus der Bewegung übrig. Die physikalische Formel lautet: Ekin=1/2mv². Kinetische Energie

ist als die halbe Masse mal Geschwindigkeit im Quadrat. Hieraus ergibt sich, dass einem 30 g

schweren Stein bei 20 m/s eine Energie von 6 Joule innewohnt. Ein doppelt so schwerer Stein verfügt

demnach über die doppelte kinetische Energie: 12 J. Verdoppelt man hingegen die Geschwindigkeit,

steigert sich die kinetische Energie um das Vierfache auf 24 J6.

Leichte Kieselsteine kann man am schnellsten werfen, aber der größte Teil der Energie verbleibt im

Wurfarm. Umgekehrt bei einem fußballgroßen Stein: Hier benötigt man die gesamte Kraft, um ihn

2 http://www.spektrum.de/alias/videos-aus-der-wissenschaft/wie-der-mensch-zu-seinem-einzigartigen-wurftalent-kam/1199750 3 1. Buch Samuel: David verweist Saul auf seine Arbeit als Hirtenjunge, wo er auch mit Löwen und Bären zu tun hat, selbst offenbar nur mit einer Schleuder bewaffnet. In seiner Hirtentasche führt er ein paar Steine mit sich. 4 http://de.wikipedia.org/wiki/Schleuder_%28Waffe%29 5 http://www.youtube.com/watch?v=f14w-wRMCdo 6 Ekin1: ½ * 0,03 kg * (20 m/s)² = 0,5 * 0,03 * 20² kg m²/s² = 6 J Ekin2: ½ * 0,06 kg * (20 m/s)² = 0,5 * 0,06 * 20² kg m²/s² = 12 J Ekin3: ½ * 0,03 kg * (40 m/s)² = 0,5 * 0,03 * 40² kg m²/s² = 24 J

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 4 – Von der Schleuder zur Winchester

nur ein, zwei Meter weit zu werfen oder stoßen. Das Optimum für die beste Flugweite oder größte

Durchschlagskraft liegt irgendwo dazwischen.

Kommen wir zurück zum Urmenschen, der Joule oder kinetischer Energie nicht kannte, jedoch die

praktische Erfahrung, die sich daraus ergibt. Das Geschick des Jägers hängt von seiner Erfahrung ab,

seine Umwelt zu kennen – seine Beute, aber auch die Gefahren und die verfügbaren Werkzeuge und

ihre Möglichkeiten. Das spezielle Wissen, wie ein geeigneter Stein zu einer Klinge geformt werden

kann, führte zu Messer und Beil, aber auch Pfeil- und Speerspitzen.

Hölzer können einfach zugespitzt und durch Feuer gehärtet werden. Durch eingesetzte Knochen,

Stein- oder Metallspitzen verbessern sich die Eigenschaften der Spitzen enorm.

2.4 Zielgenauigkeit: Wurfmesser, Speere und Pfeile Eine Klinge auf größere Distanz ins Ziel zu bringen, bedarf einer Stabilisierung der Flugbahn. Hierzu

kann die Klinge in Rotation versetzt werden oder muss so ausbalanciert sein, dass die Klinge mit der

Spitze voran das Ziel trifft. Ein rotierendes Messer wird je nach Bauart und Wurftechnik vielleicht auf

bis zu 10 Meter zielsicher und effektiv geworfen. Um weitere Distanzen zu überbrücken, muss sich

die Klinge ohne Rotation entgegen der Flugbahn bewegen, was bei einem Speer zutrifft. Oder das

Messer hat mehrere Klingen mit mehreren Spitzen oder Haken, ist also eher eine rotierende Scheibe.

Der Speer erlangt Kraft und Geschwindigkeit aus der Wurfbewegung. Er kann also nur beschleunigt

werden, während er sich noch in Händen des Werfers befindet. Ein durchschnittlicher Speerwerfer

wird seine Waffe über eine mehr oder weniger bogen- oder parabelförmige Wurfbahn auf 20, ein

guter Werfer vielleicht auch auf 30 Metern einigermaßen treffsicher ins Ziel bringen. Größere Weiten

(bis ca. 50 m) ergeben keine sicheren Treffer.7 Die Geschwindigkeit und die Masse des Speeres

verleihen der Speerspitze eine größere Durchschlagskraft als bei einem Messer.

2.5 Verbesserungen der Beschleunigung durch Hebel Eine stärkere Beschleunigung bedeutet, in irgendeiner Form neben der normalen Beschleunigung

durch die Gliedmaßen, in der Regel des Wurfarmes, weitere Energie auf die zu beschleunigende

Waffe zu übertragen. Dies gelingt anfangs durch Hebel, die den Arm praktisch verlängern. Das kann

bei einer Schleuder die durch das in Rotation unter Spannung stehende Wurfband sein. Hier kommt

neben der Bewegungsenergie aus der Rotation der Schleuder mit dem Wurfhebel selbst noch eine

zusätzliche Komponente hinzu.

2.6 Speerschleuder Bei einem Speer könnte man noch mit einem Anlauf einen Teil der Bewegungsenergie auf den

geworfenen Speer übertragen. Interessanter ist hier jedoch, den Wurfarm und somit den Hebel beim

Werfen zu verlängern. Um einen Speer noch stärker zu beschleunigen, hat sich der frühe Mensch

hierzu etwas Besonderes einfallen lassen. 8

Mit einer Art Holzstab mit einem Haken oder Klaue, welche in das Ende des Speerschaftes passt,

kann man einen leichten Speer oder befiederter Wurfpfeil noch wesentlich länger beschleunigen. Es

ist, als hätte man einen entsprechend längeren Arm.9 Hierdurch ist der Speer schneller und kann

somit weiter fliegen – und hat mehr Wucht beim Aufprall. (Reichweite + 40%, Energie +65%). Die

Klaue der Speerschleuder und die Nut der Führung sind im Idealfall so aufeinander abgestimmt, dass

7 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13519086.html 8 http://www.steinzeitwissen.de/waffen-der-steinzeit 9 http://www.texasbeyondhistory.net/ceremonial/images/hafted-about.html

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 5 – Von der Schleuder zur Winchester

es bis zum Abwurf bei einer kontrollierten Verbindung der beiden Werkzeuge bleiben kann. In

Südamerika nennt man die Speerschleuder auch Atlatl10.

Der Pfeil ist wie ein kleiner Speer, ebenfalls mit einer harten11, scharfen Spitze und einem geraden,

zähelastischen Pfeilschaft. Damit kann ein guter Pfeil häufig wiederverwendet werden. Eine

Befiederung am Ende wirkt wie ein Leitwerk, das den Pfeil besser auf Kurs hält.12

3 Pfeil und Bogen Die Beschleunigung erfährt der Pfeil seit Erfindung des Bogens nur noch selten durch einen Wurf.

Eine gespannte Sehne ist in der Lage, die Zugkraft, die der Schütze mit seiner Muskelkraft in dem

Bogen speichert, auf den Pfeil zu übertragen (36 kg im Mittelalter bei Armeelangbogen). Damit das

Holz des Bogens nicht bricht, muss es elastisch und zäh genug sein. Ein Beispiel wäre gut gelagertes

Eiben-oder Ulmenholz. Esche, Ahorn und Akazie liefern ebenso gutes Holz für den Bogenbau. Aber

auch aus einem starken Stab aus Haselnussholz lässt sich schnell ein einfacher Bogen erstellen.

Der Bogen wird meist in der Mitte gehalten. Der Zug der Bogensehne überträgt sich vor allem auf die

Enden des Bogens. Auf der dem Schützen zugewandten Seite entstehen im Holz des Bogens

Druckkräfte. Auf der dem Ziel zugewandten Seite zerren Zugkräfte an den Holzfasern. Daher wird das

Bogenholz so gewählt, dass auf der Innenseite Kernholz, auf Außenseite unversehrtes Splintholz zu

finden ist.

3.1 Einfache Bogen Häufig ist der Bogen zumindest auf der Innenseite abgeflacht, um einen stärkeren Zug zu

ermöglichen (D-Profil, Flachbogen). Einfache Bogen werden aus einem Stück gefertigt und mit einer

Bogensehne versehen. Langbogen und Flachbogen kann man auch noch zu diesen Typen zählen,

insofern der vorgespannte Bogen von der Seite wie ein D aussieht. Die Bogensehne, welche den Zug

bzw. die Schnellkraft des Bogens zum Teil auf den Pfeil überträgt, wird so präpariert, dass sie an ihren

Enden Schlaufen (Augen) aufweist und so leicht an den Enden (Tips) eines vorgespannten

Bogenholzes befestigt werden kann. Sie kann aus diversen Materialien bestehen (Flachs, Leinen,

Sehnen gedrehter Haut, Darm oder Leder, Draht, …). Sie kann geflochten und umwickelt sein.

3.2 Recurve- oder Reflexbogen Sind die Bogenenden zur Schussrichtung umgebogen, kann hierdurch zusätzliche Hebelkraft

entstehen (Recurve- oder Reflexbogen). Die Ansprüche an das Material ist aber höher.

3.3 Kompositbogen Die meisten Reflexbogen sind zugleich Kompositbogen13 14. Hier werden die Bestandteile des Bogens

nach ihren Aufgaben getrennt kombiniert. Der Vorteil von Sehnen und Horn besteht in ihrer höheren

Fähigkeit, Energie zu speichern und auch wieder an den Pfeil abzugeben. Die Effizienz eines gut

gebauten Kompositbogens mit entsprechender möglicher Formgebung ist höher als die eines

konventionellen Bogens aus Holz, der bei identischem Layout sofort brechen würde. Je nach

Befestigung der Materialien (Holz, Horn, Sehnen, Harz, Birkenpech, Knochenleim, Wickelungen mit

Pflanzenfasern, Lederüberzüge) sind sie aber feuchtigkeitsempfindlich und sehr aufwändig in der

Herstellung.

10 http://www.youtube.com/watch?v=ePi6zRASS7A 11 http://www.youtube.com/watch?v=2iITh4fXE1s 12 http://www.youtube.com/watch?v=E2OIj2NNGLw 13 http://de.wikipedia.org/wiki/Kompositbogen 14 http://www.usaarcheryrecords.org/FlightPages/2007/worldrecords07.htm

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 6 – Von der Schleuder zur Winchester

Zu Lebzeiten übertragen Sehnen Zugkräfte von Muskeln auf das Skelett. Daher werden Sehnen auch

im Bogenbau genutzt, um Zugkräfte aufzunehmen und den Bogen zu verstärken. Tiersehnen haben

im Vergleich zu Holz eine ca. vierfache Zugfestigkeit. Auch Tierhäute können Zugbelastungen

aufnehmen. Die Verstärkung der Vorderseite nennt man ‚Backing‘.

Horn hält eine doppelte Druckbelastung aus wie Holz und kann daher die Innenseiten verstärken.

Daher lässt sich hiermit die benötigte Schichtdicke auf ein Viertel bzw. die Hälfte im Vergleich zu Holz

reduzieren. Dünnere Bogenarme sind elastischer als dickere; je weniger Energie aber beim Biegen

der Wurfarme verloren geht, umso mehr kann beim Verschießen des Pfeiles abgegeben werden.

Kleinere und kürzere Wurfarme besitzen zudem weniger Masse, die bewegt werden muss. Kann man

Verbundmaterialien in einem technisch besonders effektiven Design zusammenleimen, erhält man

eine gegenüber traditionellen Bögen kleinere Waffe mit dennoch hoher Spannkraft, die sich

hervorragend für Reiter eignet.

Mongolische und türkische Reiterbogen haben ein Zuggewicht von durchschnittlich 75 Pfund (34 kg)

und schießen speziell abgestimmte leichte Pfeile 500 bis 800 m weit. Die Comanchen verfügen über

extrem gute Kompositbogen. Sie werden daher von uns auch als ‚die beste leichte Cavallerie der

Welt‘ honoriert.

Stahlbögen können der Feuchtigkeitsempfindlichkeit entgegenwirken und sind aus Indien bekannt. In

Europa finden wir Stahlarme nur bei Armbrüsten.

Je länger der Bogen ist, desto mehr Energie kann der Bogen speichern. Wird der Bogen senkrecht

gehalten, ist seine maximale Länge durch die Körpergröße des Schützen begrenzt (ca. 2,10 m). Bei

waagrechter Haltung sind noch größere Bögen möglich. Japanische Bogen sind asymmetrisch gebaut

und weisen einen längeren oberen Arm auf. Doch auch Gewicht, Länge der verfügbaren Sehnen und

die vom Durchzug abhängige Pfeillänge begrenzen hier die sinnvollen Möglichkeiten. Als Pfeilspitze

kommen je nach Verwendungszweck das gehärtete Holz des Pfeilschaftes selbst oder aufgesetzte

Spitzen aus Metall, Stein oder auch Knochen in Frage.

Vergleichen wir nun einmal grob Trefferdistanzen und Geschwindigkeiten

Messer bis 10 m 47m/s bis 170km/h

Kleiner Stein/Ball: bis 20 m 47m/s bis 170km/h

Speer/Lanze: bis 25 m 42 m/s ca. 150 km/h

‚Wurfpfeil m. Atlatl 60 bis 90 m

Langbogen15 36 kg 200 m 50 m/s 180 km/h 10 Pfeile/Minute je 50 g

3.4 Mechanisch gespannte Kompositbogen Eine höhere Spannung können kombinierte elastische Holz- oder Metallstücke mit entsprechender

Sehne aufweisen (Kompositbogen), wenn sie mechanisch vorgespannt und entspannt werden. Hier

kommen dann Bolzen (Armbrust, Scorpio) oder schwerere Pfeile/leichte Speere oder andere

Geschosse wie Steine, Brandsätze (Balliste) in Frage. Doch ich schweife ab, denn letztere sind eher

Belagerungswaffen und benötigen mehrere Personen zur Bedienung.

4 Feuerwaffen Seit dem 15. Jh. treten Feuerwaffen auf den Plan. Das Schwarzpulver16 in Kombination mit einem

Rohr, welches die Richtung von einem oder mehreren Projektilen bestimmt, ermöglicht dem

Schützen durch die höhere Projektilgeschwindigkeit einen größeren Erfolg bei einem Treffer. Auch

15 http://de.wikipedia.org/wiki/Langbogen 16 http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzpulver

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 7 – Von der Schleuder zur Winchester

die Ausbildung an der Schusswaffe ist einfacher und weniger zeitaufwändig als die Ausbildung zu

einem guten Bogenschützen. Mit den ersten Schusswaffen auf Schwarzpulverbasis konnten die

Langbogen noch eine Zeit lang mithalten. Als Mitte des 16. Jahrhunderts die ersten Feuerwaffen in

Japan Einzug hielten, verlor der Bogen dort zunächst nicht an Bedeutung. Feuerwaffen benötigten

teures, aus England importiertes Schießpulver und wurden zudem bei Regen oft unbrauchbar. Bogen

waren weitaus verlässlicher und hatten in der Hand eines geübten Schützen annähernd dieselbe

Reichweite bei höherer Schussrate.17

Wie Schwarzpulver oder andere explosive Treibmittel entdeckt und hergestellt wurden sind

Fragestellungen, auf welche ich bei meinem ersten Vortrag über den sicheren Umgang mit

Explosivstoffen eingegangen bin. Zusammenfassend reicht wohl der Hinweis, dass Schwarzpulver

feuchtigkeitsempfindlich ist und je nach Körnung mehr oder weniger schnell abbrennt und hierbei

auch heftigen Pulverdampf erzeugt.

4.1 Vorderlader Die ersten Schusswaffen waren Vorderlader, soll heißen, die Waffe wird mit den einzelnen

Komponenten über die Schussöffnung geladen – also zuerst Pulver, dann das Projektil, vielleicht noch

eine Verdämmung aus Werg oder Papier. Das Schwarzpulver wird später über einen kleinen Kanal im

hinteren Bereich des Rohres entzündet. Die beim Abbrand entstehenden Gase katapultieren das

Projektil aus dem Rohr.

Es ist also erforderlich, dass die geeignete Menge an Schwarzpulver eingesetzt wird und das

Schwarzpulver gleichbleibende Qualität hat, um mit gleichen Projektilen vorhersagbare und

reproduzierbare Schießergebnisse zu erzielen. Die Handfeuerwaffe muss stabil genug sein, um den

Druck dauerhaft auszuhalten. Ggf. muss sie nach einer Schussfolge auch abkühlen, da sie sich

erhitzen kann und sich durch Ausdehnung ihre physikalischen Eigenschaften verändern. Eine

unkontrollierte Explosion verursacht meist schwere körperliche Schäden beim Schützen. Die Waffe

muss auch regelmäßig gereinigt werden, um Abbrand zu entfernen und Korrosion zu vermeiden.

Waffen die vorn vorne geladen werden, meist direkt durch die Mündung oder Kammern bei

mehrschüssigen Waffen, bezeichnet man also als Vorderlader18. Die Treibladung wird von hinten

durch ein kleines Loch entzündet. Schauen wir uns nun mal ein paar wichtige Waffen in ihrer

Entwicklung an.

4.1.1 Handrohre

Die ersten nennenswerten Handfeuerwaffen in Europa sind die Handrohre19. Das Handrohr wurde

um 1300 entwickelt, vielleicht sogar schon früher. Von Italien kam es über Deutschland nach

Flandern und 1314 mit flämischen Söldnern nach England. In Europa blieb das Handrohr bis etwa

1520 in Gebrauch, bevor die Arkebuse seinen Platz einnahm. Im Fernen Osten (insbesondere in

China) wurden Handrohre bis ins 19. Jahrhundert hinein verwendet. Die Herkunft ist umstritten,

Chinesen, Mongolen, Araber und Europäer kommen als Erfinder in Frage.

Die Handrohre waren aus Bronze gegossen. Die Entwicklung von besserem Stahl erlaubte auch

Handrohre aus Eisen. Als Munition wurden von Beginn an Bleikugeln verschossen. Die Rohrlänge

variierte zwischen etwa 19 und 60 cm. Das Kaliber reichte von ca. 12 bis 36 mm, wobei sich bis

Anfang des 15. Jahrhunderts das Kaliber 3,5 cm durchsetzte. Das Gewicht eines Handrohrs lag

17 http://de.wikipedia.org/wiki/Yumi 18 http://de.wikipedia.org/wiki/Vorderlader 19 http://de.wikipedia.org/wiki/Handrohr

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 8 – Von der Schleuder zur Winchester

zwischen 1,5 und 15 kg bei Belagerungsmodellen. Viele Handrohre wiesen einen zweigeteilten Lauf

auf, im vorderen Teil den Flug zur Aufnahme des Geschosses und dahinter mit einem kleineren

Kaliber die Kammer zur Aufnahme der Pulverladung.

Zur leichteren Handhabung wurden die Handrohre an Holzstangen von ungefähr 0,6 - 2 m Länge

befestigt. Größere und schwerere Handrohre wurden mit Hilfe einer Stützvorrichtung (hölzerne

Gewehrgabel, Burgmauer) abgefeuert. Beim Ausrichten der Waffe musste mitunter ein zweiter Mann

assistieren. Leichte Handrohre wurden unter dem Arm eingelegt (wie eine Lanze) oder auf der

Schulter liegend gezündet. Wegen des großen Rückstoßes war das Anlegen an der Schulter unüblich.

Das Gros der Handrohre waren Vorderlader. Es wurde auch mit Hinterladermodellen experimentiert.

Bei allen Varianten zündete der Schütze die Pulverladung mit einer (beidseitig) brennenden Lunte.

Diese führte er, bei frühen Modellen direkt per Hand bzw. Luntenstock, seit Mitte des 15.

Jahrhunderts mittels Luntenschloss an das offene Zündloch.

Trotz einer maximalen Reichweite von circa 300 m blieben Handrohre nur auf kurze Distanzen

effektiv, da das Zielen schwierig ist. Bis zu einer Entfernung von 100 m vermochte das Geschoss eines

Handrohrs eine Ritterrüstung zu durchschlagen, ist also vergleichbar mit einer Armbrust. Eine Person

konnte auch noch auf 100 m tödlich getroffen werden. Nachteile waren: umständliche Handhabung,

niedrige Schussfrequenz und die Anfälligkeit des Pulvers gegen Wind und Nässe. Ein Langbogen

durchbohrte nur bis 60 m einen Harnisch und traf ansonsten bis 180 m. Darum lag der Nutzen des

Handrohrs weniger in offener Feldschlacht als vielmehr bei Belagerungen und beim Legen von

Hinterhalten.

Obwohl die Handrohre den Langbögen und Armbrüsten in Handhabung, Zielgenauigkeit und

Schussfrequenz (Handrohr: 1 Schuss/Minute; Armbrust: 2 Schüsse/Minute; Langbogen: 12

Schüsse/Minute) taktisch unterlegen blieben, eroberten sie dennoch ihren Platz in den

Waffenarsenalen der mittelalterlichen Kriegsherren. Strategische Gründe dafür waren die niedrigen

Produktionskosten (20× billiger als eine Armbrust), die einfache (innerhalb eines halben Tages

mögliche) Herstellung und die damit erleichterte Massenproduktion. Auf die Laufherstellung gehe ich

später ein. Zudem verlangte die Verwendung nur wenige Tage Schützenausbildung: Bei Bedarf waren

große Schützenkontingente in kürzester Zeit rekrutierbar, die zudem einen geringeren Sold bezogen

als die in langen Jahren ausgebildeten Langbogen-Spezialisten.

4.1.1.1 Sonderformen des Handrohrs

Mit der mehrläufigen Orgelbüchse (4 bis 10 Rohre) und der Kugel- oder Feuerlanze, die mit einem

Schuss mehrere hintereinander angesetzte Ladungen freisetzte (etwa zum Inbrandsetzen von

Gebäuden), wurde bereits im 15. Jahrhundert experimentiert. Berittene Schützen verwendeten seit

Mitte des 15. Jahrhunderts das „kurze Handrohr“. Abgefeuert wurde die etwa 25 cm lange

Faustfeuerwaffe von einer am Sattel befestigten, abklappbaren Stützgabel. Das Faustrohr

(Faustbüchse, Fäustling; im 16./17. Jahrhundert auch Puffer) behielt seinen Namen auch noch lange,

nachdem es schon längst mit einem Radschloss versehen war. Damit war der Übergang zur

modernen Pistole vollzogen, aus der sich im 19. Jahrhundert der Revolver entwickelte.

4.1.2 Perfektionierung der langläufigen Handwaffen

Der Übergang zu kleineren Kalibern ging einher mit der Verbesserung der Schwarzpulverqualität und

optimierten Gießverfahren zur Gusseisenhärtung: Das Volumen der Treibladung konnte verringert,

das Gewicht der dickwandigen Handrohre herabgesetzt werden. Eine handwerkliche

Weiterentwicklung war die bereits im 15. Jahrhundert aufkommende Hakenbüchse, aus der

wiederum die Arkebuse und die Muskete hervorgingen.

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 9 – Von der Schleuder zur Winchester

4.1.2.1 Hakenbüchse und Arkebuse

Mit Hakenbüchse und Arkebuse20 wird eine vielfältige Familie von Vorderladern des 15. und 16.

Jahrhunderts bezeichnet. Diese finden sich in Europa und Asien mit Luntenschloss und einem Kaliber

von etwa 18 bis 20 ggf. 25 Millimetern. Die früheren und schweren Hakenbüchsen waren noch

klobige Weiterentwicklungen der Faustrohre, die allerdings mittels Kolben und Luntenschloss

entscheidend verbessert wurden. Sie eigneten sich aufgrund ihrer Schwerfälligkeit ausschließlich als

Verteidigungswaffen, wobei sie vorwiegend von der Burgmauer herab eingesetzt wurden; einige

frühe Modelle mögen sich nur durch Kolben und Haken von einem Handrohr unterschieden haben

und wurden (wie gehabt) abgefeuert, indem die Lunte von Hand an das Zündloch geführt wurde.

Aus den Hakenbüchsen wurden Anfang des 16. Jahrhunderts die deutlich handlicheren Arkebusen

entwickelt. Sie waren die kürzeren und leichteren Zwillinge der Musketen – die so schwer waren,

dass sie stets eine Stützgabel erforderten – und konnten auch von Reitern genutzt werden; somit

ermöglichten sie erstmals berittene Schützen und stellen also die Vorläufer der Karabiner dar.

4.1.2.2 Muskete

Die Muskete21 (englisch musket, französisch mousquet; eigentlich Sperber, in Anlehnung an die Form

des Hahnes) ist ein schweres, langes Vorderladergewehr mit glattem (zuglosen) Lauf.

Die Muskete löste ab Ende des 16. Jahrhunderts schrittweise die Arkebuse als Infanteriewaffe ab und

wurde im 18. Jahrhundert zur Hauptwaffe der Fußtruppen („Musketiere“). Von der Arkebuse

unterscheidet sich die Muskete hauptsächlich durch die größere Länge, die dem Geschoss eine

höhere Mündungsgeschwindigkeit und dadurch gesteigerte Reichweite und Durchschlagskraft

verlieh. Oft war auch das Kaliber größer, welches damals jedoch noch nicht genormt war und auch

bei Arkebusen beachtlich sein konnte. Höherwertige Musketen wurden im 17. Jahrhundert auch mit

einem Radschloss versehen.

Für einen Schuss wurde die Waffe mit Schwarzpulver, dem kugelförmigen Projektil und anfänglich

mit einem Schusspflaster geladen und das Ganze mit dem Ladestock festgestopft. Der Ladestock

wurde meist in einer Scheide unter dem Lauf mitgeführt. Wegen der starken Schmutzablagerungen

des verwendeten Schwarzpulvers musste die Kugel kleiner sein als der Innendurchmesser des Laufes,

damit sie in diesen hineinrollen konnte. Im Gefecht verzichtete man auf das Pflaster, da man so

schneller schießen konnte. Man ließ die Kugel einfach in den Lauf fallen.

Am hinteren Ende des Laufes war außen eine Zündpfanne angebracht, welche durch eine Bohrung

mit dem Innern des Laufes verbunden war. Auf die Zündpfanne schüttete man ca. 1 Grain (= 0,0648

Gramm) fein gemahlenes Schwarzpulver (sogenanntes Zündkraut22). Das Zündkraut wurde beim

Schuss mit einer brennenden Lunte entzündet, bei den späteren Modellen mit Steinschloss

übernahm dies ein Feuerstein. Die Flamme des verbrennenden Zündkrautes schlägt durch die

Bohrung im Lauf bis zur Treibladung aus Schwarzpulver (je nach Kaliber bis zu 160 Grain) und zündet

diese. Durch die expandierenden Gase wird die Kugel aus dem Lauf getrieben.

Da eine Muskete ursprünglich bis zu 15 kg wog und man deswegen nicht freihändig schießen konnte,

stützte man sie beim Feuern auf die Gabel des „Gabelstocks“. In späterer Zeit wurden die Waffen

leichter, so dass sich die Verwendung einer Gabel im Laufe des 17. Jahrhunderts erübrigte.

20 http://de.wikipedia.org/wiki/Arkebuse 21 http://de.wikipedia.org/wiki/Muskete 22 http://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%BCndkraut

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 10 – Von der Schleuder zur Winchester

4.1.3 Zündmechanismen

Einige Zündmechanismen hatte ich schon angesprochen. Im Folgenden möchte ich die wichtigsten

Zündmechanismen in der Reihenfolge ihres historischen Auftretens vorstellen.23

4.1.3.1 Lunte

Die Lunte ist ein glimmendes und somit sich immer wieder verbrauchendes Stück Faserstrang, der

mit Bleiacetat getränkt ist. Manche Lunten wurden auf einem Luntenstock beidseitig glimmend

angebracht und musste von Hand an das Zündloch bzw. die Zündpfanne gehalten werden. Damit war

ein gleichzeitiges Zielen nahezu unmöglich. Beim Luntenschloss24 war die Lunte an einem nach vorn

klappenden S-förmigen Hahn eingeklemmt. Der Hahn konnte nach vorn gedrückt oder später durch

Hebelkraft und einem Abzug nahezu kraftlos für den Schützen ausgelöst werden. Erstes Zielen war

somit möglich. Das Zündloch wanderte von oben auf die rechte Seite. Visieren über den Lauf war so

besser möglich.

Die Lunte, welche auch bei damaligen Kanonen benutzt wurde, verbreitete beim Verbrennen einen

sehr starken und markanten Geruch. Dieser Geruch war einer der Gründe für die Einführung des

Feuersteins zur Pulverzündung, denn zusammen mit dem Glimmen der Lunte verriet der Geruch

häufig einen geplanten nächtlichen Feuerüberfall, so dass das Überraschungsmoment für den

Angreifer verloren ging. Auf diese Tatsache ist die Redensart „Jemand hat Lunte gerochen“

zurückzuführen.

4.1.3.2 Radschloss

Am Radschloss25 wird ein Stück Schwefelkies (Pyrit) unter Federkraft auf die Reibfläche eines

rotierenden Rades gedrückt und wirft so Funken in die vorbereitete Pfanne mit etwas Schießkraut.

Die mit Ketten, Spann- und Haltefedern versehene Konstruktion musste zuerst wie eine Spieldose

aufgezogen werden. Daraus ergeben sich eine teure Herstellung sowie eine empfindliche

Handhabung. Immerhin konnte das Pulver auf der Pfanne schon gegen Witterungseinflüsse

einigermaßen geschützt werden, eine Abdeckung lag über der Pfanne und wurde erst im letzten

Moment mechanisch zurückgezogen. Diese Sonderform wurde besonders für Jagdgewehre und

Pistolen eingesetzt.

4.1.3.3 Steinschloss

Das Steinschloss26 (französisches Schloss, Batterieschloss) ist ein Auslösemechanismus für

Vorderladerfeuerwaffen, der mit einem Feuerstein zündet. Es war der Nachfolger des

Luntenschlosses und wurde in Folge vom Perkussionsschloss abgelöst.

Nach Einführung des Steinschlosses als sog. Schnapphahnschloss im Lauf des 16. Jahrhunderts und

dessen Weiterentwicklung als sog. Batterieschloss im sehr frühen 17. Jahrhundert wurde der Name

Flinte – wegen des zur Zündung verwendeten Feuersteins (Flint) – gebräuchlich.

Die Redensart „Die Flinte ins Korn werfen“ bezieht sich auf die gerade in den Kriegen des 17. und 18.

Jahrhunderts unter den reichlich eingesetzten Söldnern weit verbreitete Verhaltensweise, immer

dann, wenn es ernst wurde, nicht zu kämpfen, sondern die eigene Haut zu retten und die Flinte

wegzuwerfen.

23 http://www.blackpowderbook.com/ Übersicht von Muskete zur Patronenwaffe ggf. als ebook erhältlich 24 http://de.wikipedia.org/wiki/Luntenschloss 25 http://de.wikipedia.org/wiki/Radschloss 26 http://de.wikipedia.org/wiki/Steinschloss

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 11 – Von der Schleuder zur Winchester

Die Redensart „etwas auf der Pfanne haben“, bezog sich auf den noch nicht abgegebenen Schuss: das

Zündkraut lag noch unverbrannt in der Zündpfanne und die Waffe war noch geladen.

„Sich etwas an den Hut stecken können“ als Redensart ist darauf zurückzuführen, dass Musketiers

sich zur Verdämmung vorbereitetes Papier an ihren Hut steckten, um es im Gebrauchsfall zur Hand

zu haben. Als Verdämmungsmaterial wurde entsprechend alles nicht mehr anderweitig zu

gebrauchende Papier verwandt.

Die ersten modernen Massenfertigungen von Musketen wurden wesentlich durch die Bestimmungen

des englischen Board of Ordnance und wenig später von dem Franzosen Honoré Le Blanc und dem

Amerikaner Eli Whitney eingeführt.

Im englischen Sprachraum hielt sich die Bezeichnung musket für ein langes, großkalibriges

Vorderladergewehr mit glattem und sogar mit gezogenem Lauf (rifled musket) bis zum 19.

Jahrhundert (Musket Springfield 1855 in den USA und Enfield Rifled Musket in Großbritannien).

4.1.3.4 Perkussionsschloss

Das Perkussionsschloss27 (von lateinisch percutere - schlagen) ist ein Mechanismus, der der

Auslösung des Schusses bei Feuerwaffen dient. Statt des Flints wird der Schlag auf eine

Anzündladung genutzt.

Das Perkussionsschloss wird vor dem Schießen mit einer schlagempfindlichen Anzündladung (ab

1818 meist ein Anzündhütchen28) bestückt. Beim Betätigen des Abzuges schlägt ein Hahn, der vor

dem Schuss gespannt wird, auf die Anzündladung, die dann die Treibladung entzündet, worauf der

Schuss bricht.

Eine der frühesten Konstruktionen eines Perkussionsschlosses stammt von Alexander John Forsyth,

der sich seinen Entwurf 1807 patentieren ließ. Dieses Schloss besaß ein waagerecht drehbares

Magazin mit schlagempfindlichem Explosivstoff. Bei jeder Drehung gelangte eine bestimmte Menge

des Pulvers in die Zündpfanne und wurde bei der Schussauslösung durch den Hahn entzündet.

Bei späteren Konstruktionen kamen

Zündkapseln in Form von Kügelchen, Pillen

oder Papierstreifen (ähnlich einem

Zündplättchen29) zum Einsatz. Beliebter

brisanter Zündstoff war darin das 1804

entdeckte Knallquecksilber - Knallsilber war

für den Masseneinsatz zu teuer.

Knallquecksilber ist sehr giftig und korrosiv!

4.1.3.4.1 Perkussionsschloss mit Maynard Zündband

Im Idealfall wurde das Zündband transportiert und der

verbrauchte Teil abgeschnitten. Die Konföderierten

nutzten unter Jefferson Davis hiermit das Springfield

Model 1851 rifle-musket.

27 http://de.wikipedia.org/wiki/Perkussionsschloss 28 http://de.wikipedia.org/wiki/Anz%C3%BCndh%C3%BCtchen 29 http://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%BCndpl%C3%A4ttchen

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 12 – Von der Schleuder zur Winchester

4.1.3.4.2 Sharps „Model 1852 Slanting breech

Auch Sharps „Model 1852 Slanting breech“30 nutzte Papiersteifen mit Zündpillen – ein Vorteil bei

Laden während des Reitens. Probleme durch Feuchtigkeit und Schmutz verhinderten jedoch den

langfristigen Einsatz der Zündvorrichtung von Dr. Edward

Maynard31. Die kupfernen Zündkapseln waren betriebssicherer.

In den Jahren 1814 bis 1816 ließen sich mehrere Erfinder

kupferne Zündhütchen patentieren, die bei den bis heute

verwendeten Perkussionswaffen hauptsächlich benutzt

werden. Diese Zündhütchen werden vor dem Schuss auf einen

hohlen Stift (Piston) gesteckt und beim Abschlagen des Hahnes

gezündet.

4.1.3.4.3 Perkussionsschloss mit Zündhütchen und Piston32

Das Perkussionsschloss mit Piston und Zündhütchen33 ist unempfindlicher gegen Witterungseinflüsse

und versagte generell seltener als seine Vorläufer oder Konkurrenten mit Zündplättchen auf

Papierbasis. Deshalb setzte es sich schnell bei Militär- und Zivilwaffen durch. Es wurde ab Mitte des

19. Jahrhunderts durch das Zündnadelgewehr abgelöst.

4.1.4 Taktik und Einsatz der frühen Schusswaffen in der Armee

Seit 1500 hatte sich in den europäischen Armeen die Verwendung von Handfeuerwaffen verbreitet.

Es handelte sich dabei im Feldgebrauch überwiegend um Halbhaken oder Arkebusen. Gegen Ende

des 16. Jahrhunderts kamen zum besseren Schutz vor Waffenwirkung der Feuerwaffen sogenannte

„schussfreie“ Brustharnische, Helme und Tartschen auf, die dann eine höhere Durchschlagskraft

erforderlich machten. Dieses führte zur feldmäßigen Verwendung von schweren Doppelhaken oder

Musketen, deren Gebrauch sich vorher auf den Festungskrieg beschränkt hatte. Die Schützen wurden

durch Pikeniere (Lanzenträger) vor allem vor gegnerischer Kavallerie geschützt.

Die Musketiere, anfangs nur eine kleine Gruppe untern den Schützen, gewannen an Bedeutung. Nach

der spanischen Ordonnanz von 1638 sollten die Musketiere ein Drittel der Schützen betragen und

sich an den beiden äußeren Enden der Schlachtformation aufstellen, in der Mitte standen dann die

Pikeniere.

30 http://lastoftheplainsmen.freeforums.org/sharps-m-1853-slant-breech-sporting-rifle-t3288.html 31 http://en.wikipedia.org/wiki/Maynard_tape_primer 32 http://www.gau-uffenheim.de/vl-wissenswertes.html 33 http://de.wikipedia.org/wiki/Piston_%28Perkussionswaffe%29

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 13 – Von der Schleuder zur Winchester

4.1.4.1.1 Muskete mit Tüllenbajonett, engl. Beschriftungen 34

Durch die Erfindung des Bajonetts35 waren auf den Schlachtfeldern um 1700 keine Pikeniere mehr

erforderlich. Diese Klinge zum Aufstecken auf den Gewehrlauf wurde in Bayonne entwickelt, daher

der Name. Die ersten Bajonette wurden einfach in den Lauf gesteckt (Spundbajonett). Hierdurch war

das Schießen mit einer Muskete dann nicht möglich. Zweckmäßiger war dann die Variante, welche

mit einer Tülle am Gewehrlauf befestigt wurde (Tüllen- oder Dillenbajonett, 1669). Ab 1700 hatten

die Tüllenbajonette einen abgewinkelten Arm, sodass

die Schusswaffe auch mit aufgepflanztem Bajonett

nachgeladen werden konnte. Die Klinge war drei- oder

vierkantig und ca. 40 cm lang – also eher zum Stoßen

denn zum Hauen geeignet.

Spätestens mit den Hinterladern kam man darauf,

dieses ‚Seitengewehr‘ auch mit der Hand zu führen,

anfänglich montierte man Hirschfänger, später spezielle

Messer oder Säbelbajonette. Sie bekamen einen

Handgriff, die Waffe war dann eine Hieb- und

Stichwaffe mit einer bis zu 60cm langen Klinge für den

Nahkampf im freien Feld.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nahm der

Anteil von Arkebusieren rapide ab. Im Dreißigjährigen

Krieg war die Arkebuse praktisch nur noch als

Bandelierarkebuse oder Karabiner als Reiterwaffe zu

finden.

4.1.4.1.2 Musketier im 30-Jährigen Krieg, mit Muskete, Gabel, Luntenschloss und Bandeliergurt 36

Während des Dreißigjährigen Krieges wurden die Musketen leichter, der Gabelstock fiel weg, das

Kaliber verringerte sich. Die Waffe war jetzt leichter als frühere Arkebusen. Dennoch setzte sich die

Bezeichnung Muskete durch.

34 "Musketparts" by Engineer comp geek at en.wikipedia - Transferred from en.wikipedia.. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Musketparts.jpg#mediaviewer/File:Musketparts.jpg 35 http://www.sigges-bajonette.de/, http://de.wikipedia.org/wiki/Bajonett 36 http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/985173

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 14 – Von der Schleuder zur Winchester

Trefferquote: Aufgrund des glatten Laufes und der Kugelform des Geschosses war die

Treffgenauigkeit bei Entfernungen von über 100 m vergleichsweise gering. Durch die militärisch

eingesetzte Rollkugel – die zum leichteren Laden kleiner als der Laufdurchmesser ist und nicht

geführt wird – wurde diese nochmals herabgesetzt. Kompensation erhoffte man durch eine hohe

Anzahl an Schützen. Man ließ die feindlichen Truppen auf ca. 75 Meter herankommen, um dann die

gewünschte Wirkung durch Massenfeuer zu erreichen. Die Infanterie Friedrichs des Großen nutzte

mehrere Kompanien, die sich im Feuer abwechselten, um das Musketenfeuer stets

aufrechtzuerhalten. Preußen führte eine Muskete mit konischem Zündloch ein, damit das Aufbringen

des Zündkrautes auf die Pfanne entfallen konnte.

Im Normalfall hatten nur 5–7 % aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel. Stress und

Sichtbehinderung, sich bewegende Ziele, das Fehlen von Visiereinrichtungen sowie manchmal

mangelnde Ausbildung erklären die niedrigen Erfolgszahlen in den Schlachten. Ungeachtet dessen

bedeuteten 10.000 abgegebene Schüsse 500 bis 700 Tote und Verwundete.

Unter idealen Bedingungen ermittelte Trefferquoten waren:

75 m – 60 % Treffer

150 m – 40 % Treffer

225 m – 25 % Treffer

300 m – 20 % Treffer

Ein preußischer Schießversuch aus dem Jahr 1810 kommt zu folgenden Ergebnissen (Trefferquote bei

jeweils 200 Schuss). Das Ziel hatte eine Höhe von 1,88 m bei einer Breite von 31,4 m. Dies entsprach

einem in Linientaktik kämpfenden gegnerischen Infanterieregiment.

Waffe Trefferquoten auf Distanzen von: 75 m 150 m 225 m 300 m

Französische Muskete Modell 1777 151 99 53 55

Gewehr 1780 a.p. 92 64 64 42

Britische Brown-Bess 94 116 75 55

Gewehr 1780 mod. 150 100 68 42

Preußisches Nothardt-Gewehr M/1801 145 97 56 67

Russisches Modell 1809 104 74 51 49

Neupreußisches Infanteriegewehr M/1809 149 105 58 32

Man kam zu dem Schluss, dass nur eine Steigerung der Feuergeschwindigkeit im Gefecht Vorteile

bringen würde. Also wirkt auch hier die Überlegung der kinetischen Formel, wonach die höhere

Geschwindigkeit eher zu Verbesserungen führt, als die Verwendung größerer Kaliber.

4.1.5 Läufe

Dass die meisten Läufe früher Schusswaffen aus gegossener Bronze sind, hat wohl die Ursache, dass

zeitgleich erstellte Läufe aus Eisen schlichtweg verrostet sind. Erste Läufe wurden aus einem einfach

umgeschlagenen Stück Eisen geschmiedet. Sie konnten an ihrer senkrechten Naht bersten. Besser

waren spiralig angeordnete Eisenstücke. Man schmiedete um einen gehärteten Stab, der gleichzeitig

das spätere Kaliber bzw. den Innendurchmesser des Laufs definierte. Anfänglich wurden durch

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 15 – Von der Schleuder zur Winchester

Schmieden auf einem flachen Amboss mit einem planen Schmiedehammer kantige, in der Regel

sechs- oder achteckige Läufe erstellt. Später durchbohrte man Stangen aus geschmiedeten

Halbzeugen wie Blechen oder Knüppeln aus Gussstahl.

Ohne weitere Verarbeitung waren diese Läufe innen glatt. Später wurden

Rillen, sogenannte ‚Züge‘, engl. ‚grooves‘ in der Laufinnenseite erstellt. Die

ersten Züge waren gerade und sollten das Laden eines langen Laufes

vereinfachen, da eine Bleikugel so weniger Widerstand beim Einrammen

mit dem Ladestock aufwies. Auch die Ablagerungen vom Schmauch des

Schwarzpulvers blockieren anfangs den gezogenen Lauf nicht mehr so

stark. So kann man länger hintereinander schießen, muss man dann aber

umso mehr putzen.

Bald merkte man, dass spiralige Züge der Kugel einen Drall geben und die

Zielgenauigkeit hierdurch zunahm. Analog wirkt das Leitwerk bei

befiederten Pfeilen. Werden die Federn leicht diagonal am Pfeilschaft

befestigt, beginnt sich der Pfeil im Flug um seine Längsachse zu drehen.

4.1.5.1.1 Schema eines doppelten Zuges und dazugehörigem Profil des Stabes zum Einschlagen37

Durch den hieraus entstehenden gyroskopischen Effekt hat er konstantere Flugeigenschaften. Die

Züge versetzen vor allem ein längliches Projektil in Rotation um seine Längsachse und verursachen

eine deutlich langgestreckte Flugbahn. Hiermit konnten von der Infanterie nun Massenziele bis auf

1.000 Schritt effektiv bekämpft werden, während das bei glatten Vorderladern höchstens bis auf 300

Schritt möglich war.

Die Läufe selber werden in Warm- oder Kaltschmiedetechnik geschmiedet. Die Züge in den Läufen

wurden entweder eingeschlagen oder gefräst. Aus dem englischen Wort für die Herstellung der Züge

eines Gewehrlaufes ist ‚rifle‘ als Bezeichnung für Gewehre mit gezogenen Läufen hervorgegangen. Im

Deutschen wird der Begriff ‚Flinte‘ in Anlehnung an die Steinschlosswaffen der damaligen Zeit für

langläufige Waffen mit glatten Läufe (ohne Züge) verwendet. Schrotflinten haben manchmal eine

spezielle Mündung zur Beeinflussung des Schussbildes. Eine Sonderform sind Läufe mit einem

gedrehten Innensechskant. Auch Kanonen können Läufe mit Zügen aufweisen. Paradoxe Läufe haben

teilweise Züge im hinteren Bereich und glatte Laufenden. Sie werden in Jagdwaffen eingesetzt, die

wahlweise Kugeln oder Schrot als Munition nutzen.

4.1.6 Lauf und Kugel

Je geringer der Zwischenraum zwischen Kugel und Lauf ist, desto höher wird die treibende Kraft und

somit die Mündungsgeschwindigkeit. Umso schwieriger gestaltet sich dann aber das Laden von

Vorderladern. Teilweise müssen die Kugeln mit dem Ladestock und einem Hammer in den Lauf

getrieben werden (Jagdwaffen und Scharfschützen). Das ist wegen der Ladezeit im Militäreinsatz für

die Infanterie nicht sinnvoll. Vorderlader mit gezogenen Läufen und enganliegenden Projektilen

wurden erstmals nur von Scharfschützen eingesetzt, welche die Infanterie unterstützten. Teilweise

wurden die gezogenen Läufe verkürzt, um die längere Ladezeit zu kompensieren.

37 „Girdled bullet and twin rifle groove“ von John Gibbon - The Artillerist's Manual By John Gibbon p.125 [1]. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Girdled_bullet_and_twin_rifle_groove.jpg#mediaviewer/File:Girdled_bullet_and_twin_rifle_groove.jpg

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 16 – Von der Schleuder zur Winchester

Die Verbreitung von gezogenen Vorderladern in Kombination mit sich an den Lauf anpassenden

Projektilen (z. B. System Minié3839 1849 und Wilkinson/Lorenz 1852) erhöhte um die

Jahrhundertmitte erheblich die Reichweiten. Friedrich Engels hat diese Fragestellung in seiner

‚Geschichte des gezogenen Gewehrs‘ ausführlich beschrieben40. Durch einen Hohlraum im hinteren

Bereich des Projektils kann es gedehnt werden, durch ein kleines Stück Metall, dass beim Abschuss in

den Hohlraum gepresst wird oder durch den Gasdruck im Allgemeinen.

4.1.6.1.1 Schema zu Minié-Projektil Kaliber .58

Dies hat mehrere Vorteile: a) Das Projektil kann geringeren Durchmesser als der Lauf haben und ist

so gerade bei einem Vorderlader wesentlich leichter zu laden. b) Der Druckverlust ist geringer, da

nun weniger expandierendes Gas an dem Projektil vorbei und vor diesem den Lauf verlässt. Eine

höhere Mündungsgeschwindigkeit ist die Folge. c) Das Projektil kann durch seine längliche,

zylindrisch-konische Form bei geringerem Kaliber eine relativ höhere Masse haben. d) Die

Auswirkungen eines Treffers mit diesem Projektil sind heftiger gegenüber einer runden Kugel. Es wird

weniger abgelenkt und kann Knochen zertrümmern.

Eine doppelte Aufgabe erfüllten die Rillen bei den unterkalibrigen Minié-Geschossen für Vorderlader.

Bei der Schussauslösung drangen die heißen Gase in den Hohlboden ein und weiteten das Geschoss

auf. Dabei befand sich in den Rillen das zur Schmierung notwendige Geschossfett, während

gleichzeitig die Erhebungen für eine Abdichtung zum Lauf sorgten.41

Gezogene Vorder- und Hinterlader wurden im Militär jedoch nur zögerlich eingeführt. Im Krimkrieg

1853-56 waren die russischen Einheiten noch mit glatten Musketen ausgestattet, während Briten

und Franzosen über gezogene Gewehre verfügten. Die eindeutigen Lehren aus den Einigungskriegen

(Bruderkriege: Deutsch-Dänischer Krieg und Preußisch-Österreichischer Krieg sowie der Deutsch-

Französischer Krieg 1870-71), dem Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) setzten sich jedoch sehr

langsam durch. 1870-71 wurden an Reserve- und Milizeinheiten teilweise noch glatte Vorderlader

ausgegeben, in Kleinkriegen in Übersee sogar noch später.

Das erste in großer Stückzahl hergestellte Vorderladergewehr mir gezogenem Lauf ist die ‚Enfield

Rifled Musket‘ von 185242 mit Minié-Geschoss. Der Namensteil ‚Musket‘ ist irreführend, denn

38 http://de.wikipedia.org/wiki/Mini%C3%A9-Geschoss 39 http://en.wikipedia.org/wiki/Mini%C3%A9_ball 40 http://www.mlwerke.de/me/me15/me15_195.htm 41 http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BChrungsband 42 http://de.wikipedia.org/wiki/Enfield_Rifled_Musket

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 17 – Von der Schleuder zur Winchester

Musketen haben glatte Läufe. Im Krimkrieg 1853-56 kam die Waffe zum ersten Mal als britisches

Infanteriegewehr zum Einsatz. Erfahrungen aus diesem Krieg mit internationaler Beteiligung waren in

mehrfacher Hinsicht richtungsweisend. Bald wurde die Anzahl der Züge von drei auf fünf erhöht, was

genaueres Schießen auch auf hohe Distanz verbesserte, selbst bei verkürzten Läufen (Karabiner). 43

4.2 Hinterlader Das Enfield wurde später auch als Hinterlader hergestellt bzw. umgerüstet. Die Einführung von

Hinterladern ab 1848 und schließlich von Repetiergewehren ab 1870 erhöhte die Reichweite und

Feuergeschwindigkeit derart, dass der Einsatz massierter Infanterieformationen zu extremen

Verlusten führte.

4.2.1 Zündnadelgewehr

Samuel Johann Pauli entwickelte 1810 ein Hinterladergewehr, bei dem mit Hilfe eines Schlagbolzens

eine neuartige Patrone gezündet wurde. Die Patrone enthielt Geschoss, Treibladung und in einem

Bodenstück aus Metall eine Zündpille aus dem 1804 entdeckten Knallquecksilber, das, wie ich in

anderem Vortrag schon erwähnte, zu den sogenannten brisanten Substanzen zählt. Das System war

fortschrittlich, litt aber an praktischen Problemen. Die brisante Zündpille war gefährlich, weil

ungeschützt, und die Gasdichtigkeit der Waffe war wegen des Zündlochs im Boden mangelhaft. Pauli

brachte es keinen Erfolg.

Sein Schüler Johann Nikolaus von Dreyse war Jahrzehnte später umso erfolgreicher. Er konnte 1824

einen verbesserten Herstellungsprozess für Zündhütchen entwickeln und gründete eine erfolgreiche

Zündhütchenfabrik. 1827 entdeckte er, dass sich damals verwendete Zündpillen nicht nur durch

Schlag, sondern auch durch Stich entzünden lassen. Hieraus entwarf

er einen neuartigen Zündmechanismus mit seiner „Einheitspatrone“

und den dazu gehörigen Gewehrprototyp - zunächst als Vorderlader.

4.2.1.1.1 Schematischer Querschnitt durch die Einheitspatrone von Dreyse, 1827

Das erste Zündnadelgewehr44 45 von Dreyse 1827 in Sömmerda nutzte schon die neuartigen

Zündnadelpatronen, die neben Geschoss und Treibladung auch das Zündelement enthielten.

Während Patrone und Zündvorrichtung grundsätzlich fertig entwickelt waren, erwies sich die

Konstruktion des Vorderladers beim Laden der Patrone als gefährlich, da es immer wieder zu

ungewollten Zündungen kam. Bei einem solchen Vorfall hat sich Dreyse selbst an der Hand verletzt.

Am Ende entwarf Dreyse 1835/36 das ‚Zylindergewehr‘, bei dem die Zündvorrichtung in einem

Zylinder, dem Schlösschen, untergebracht war. Wir haben es hier mit einem Hinterlader mit

beweglichem Verschluss zu tun. Sein zukunftsweisender Kammer- bzw. Zylinderverschluss

ermöglichte es, die Waffe von hinten zu laden.46 Er nannte diesen Entwurf ‚Scharfschützengewehr‘.

Das Gewehr war das erste in Massen produzierte und zum militärischen Einsatz taugliche

Hinterladergewehr. Die Massenproduktion begann 1840. Das Gewehr wurde in verschiedenen

Varianten hauptsächlich von 1848 bis 1876 in der preußischen Armee verwendet. Die preußischen

Erfolge im Deutschen Krieg 1866 führten zu einer Umstellung der Infanteriebewaffung auch in

anderen Staaten.

43 http://de.wikipedia.org/wiki/Krimkrieg 44 http://de.wikipedia.org/wiki/Dreyse_Z%C3%BCndnadelgewehr 45 http://en.wikipedia.org/wiki/Needle_gun 46 https://www.tumblr.com/search/dreyse%20needle%20gun

Page 20: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 18 – Von der Schleuder zur Winchester

Das Zündnadelgewehr fand nach einigen Verbesserung also allgemeine Anerkennung und vereinte

drei wesentliche Neuerungen in der damaligen Waffentechnik:

1. Geschoss, Treibladung und Zündmittel bilden als Patrone eine Einheit.

Das Geschoss aus Blei sitzt in einem Treibspiegel aus Pappe. Unterhalb des Treibspiegels

befindet sich das Anzündmittel, darunter liegt die Treibladung aus Schwarzpulver. Durch eine

starke Papierhülle werden die Komponenten der Patrone zusammengehalten.

2. Die Patrone wird von hinten in den Lauf geladen: die Waffe ist ein Hinterlader.

Die bewegliche Kammer wird fest an das Rohr gedrückt und somit nach hinten gasdicht

abgeschlossen.

3. Im Gegensatz zu einem außen angebrachten Stein- oder Perkussionsschloss befindet sich das

Schlösschen geschützt innerhalb der Waffe (Innenzündung).

Die Zündung erfolgt mit einer Zündnadel, die beim Abzug durch eine gespannte Spiralfeder in die

Patrone hineingetrieben wird. Die lange Zündnadel muss erst die Papierhülle und das Treibmittel

durchstoßen, um zu der Zündpille gelangen.

4.2.1.1.2 Schema mit Details des Preußischen Nadelgewehrs aus: Canadian Illustrated news 1869 47

Das Zündnadelgewehr besteht aus vier Hauptteilen: Lauf, Entladestock, Schloss und Schaft. Die

äußere Form entspricht weitestgehend zeitgemäßen Stand der Waffentechnik.

4.2.1.1.3 Dreyse Zündnadelgewehr von 1865

Der Schaft besteht aus Nussbaum- oder Ahornholz. Ringe aus Messing verbinden den Schaft mit dem

Lauf. Bei den meisten Varianten kann ein Bajonett aufgepflanzt werden. Der Entladestock aus Stahl

ist unterhalb des Laufs abgebracht. Er wird benutzt, um eine Patrone, z. B. nach einem Zündversager

aus dem Patronenlager zu stoßen sowie als Wischstock beim Putzen des Gewehres.

47 Canadian Illustrated News, Vol. II, No. 8, Page 115. Reproduced from Library and Archives Canada's website: Canadian Illustrated News, 1869-1883.

Page 21: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 19 – Von der Schleuder zur Winchester

Lauf

Der gezogene Lauf wurde anfangs aus dem damals üblichen Schmiedeeisen hergestellt. Später wurde

zum ersten Mal in der militärischen Waffenfabrikation der moderne Gussstahl angewendet, der eine

höhere Qualität aufweist. In beiden Fällen wurde der Lauf aus Halbzeugen wie Blechen oder

Knüppeln geschmiedet und anschließend aufgebohrt. Er besteht aus dem Patronenlager und dem

gezogenen Teil. In den gezogenen Teil des Laufes sind vier Züge mit einem Drallwinkel von 3°45′

eingeschnitten. Das Patronenlager ist mit einem Gewinde mit dem Lauf fest verbunden. Hinter der

Kammer, am Ende des Patronenlagers, befindet sich das konisch geformte Mundstück, welches den

Verschluss des Laufes nach hinten bewirkt.

Schloss

Die technische Neuerung des Zündnadelgewehrs war das Schloss; es verschließt den Lauf nach hinten

und beherbergt den innen liegenden Mechanismus zur Entzündung der Patrone. Weitere Details zum

Aufbau des Schlosses entnehmen Sie bitte meinem Skriptum, ich kann und will Sie heute ja nicht zu

Feinmechanikern und Waffenschmieden ausbilden.

Nur soviel: Die Kammerhülse nimmt sämtliche Schlossteile auf und sorgt für die Verbindung mit dem

Lauf und dem Schaft. An der Kammer ist der Kammerstängel befestigt und über diesen kann die

Kammer in der Kammerhülse vom Schützen bewegt werden. Der hintere Teil nimmt das Schlösschen

auf.

Schlösschen

Im Boden des Schlösschens befindet sich das Loch für den federgespannten Nadelkopf. So kann man

die Zündnadel auswechseln, ohne dazu das Schloss zu zerlegen! Ein Lederplättchen sperrt die

Pulvergase von den inneren Schlossteilen ab. Die Zündnadel zündet die Zündpille durch einen Stich.

Die Stahlnadel mit Messingschaft und -kopf ist auf dem Nadelbolzen aufgeschraubt.

Abzugsgruppe

Die Abzugsfeder dient zum Halten und Abdrücken des Schlosses. Durch Spannen des Abzugszüngels

wird der Schuss ausgelöst. Wird der Abzugszüngel komplett durchgedrückt, dann entriegelt das die

Kammer, um diese aus der Kammerhülse herauszuziehen.

Zubehör- und Ersatzteile

Die wichtigsten Zubehörteile sind Kammer- und Nadelrohrreiniger. Diese dienen auch gleichzeitig als

Werkzeug z. B. um die Zündnadel zu wechseln. Als wichtige Ersatzteile gelten Zündnadeln,

Spiralfedern und Lederplättchen. Diese müssen im Einsatz mitgeführt werden.

4.2.1.2 Ladevorgang

Der Ladevorgang mit den nötigen Handgriffen des Schützen spielt sich folgendermaßen ab:

1. Entspannen des Schlösschens: Letztlich werden hier das Schlösschen und die Nadel zurückgezogen.

2. Öffnen der Kammer: Ein Schlag der rechten Hand von unten an den Knopf führt den

Kammerstängel von der schiefen Fläche in den Hülseneinschnitt und dreht die Kammer. Durch

Zurückziehen des Kammerstängels wird der Lauf geöffnet und die Patroneneinlage frei.

3. Einstecken der Patrone

Die Patrone wird mit dem Daumen ganz nach vorne ins Patronenlager in geschoben, um ein

Verklemmen beim späteren Schließen der Kammer zu verhindern.

Page 22: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 20 – Von der Schleuder zur Winchester

4. Schließen der Kammer

Die Kammer wird mit dem Kammerstängel bis an die Schlussfläche des Laufes vorgeschoben. Durch

einen kräftigen Schlag auf den Kammerstängel wird dieser auf die schiefe Fläche gedrückt. Das

bewirkt, dass die beiden Schlussflächen der Kammer und des Laufs an einander gepresst werden und

so den Lauf nach hinten abschließen.

5. Spannen des Schlösschens

Das Schlösschen wird durch einen Druck auf den Daumenstollen in die Kammer hineingeschoben. Die

Spiralfeder wird durch den Boden des Schlösschens gedrückt und dadurch gespannt.

Abschussvorgang

Zum Abfeuern zieht der Zeigefinger den Abzugszüngel zurück, bis der Abzugsfederstollen so weit aus

dem Schlösschen herausgezogen ist, dass der hintere Nadelbolzenkopf nicht mehr blockiert wird. Die

Spiralfeder entspannt sich und treibt den Nadelbolzen bis an das hintere Ende des Nadelrohrs.

Dadurch gleitet die Nadel durch das Nadelrohr und die Spitze durchsticht zuerst die Papierhülle der

Patrone, dann das Treibladungspulver und dringt schließlich in die Zündpille ein und entzündet diese.

Die Zündpille entzündet daraufhin das Treibladungspulver und die Verbrennungsgase treiben den

Treibspiegel samt Geschoss aus dem Lauf.

Bewertung der Vor- und Nachteile

Das Zündnadelgewehr wurde in etwa gleichzeitig mit gezogenen Vorderladern, oftmals System

Minié, ab Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführt. Dabei wurden Vor- und Nachteile des

Zündnadelgewehrs als Hinterlader gegenüber den gezogenen Vorderladern von der militärischen

Fachwelt diskutiert.

4.2.1.3 Vorteile

Der besondere Vorteil ist die Möglichkeit des Nachladens im Liegen. Im Liegen bietet der Schütze

eine deutlich kleinere Trefferfläche. Der Schütze eines Vorderladergewehrs muss stehen oder

mindestens knien.

Die Schussfrequenz des Zündnadelgewehrs beträgt unter Gefechtsbedingungen etwa 3–5 Schuss pro

Minute. Sie ist in etwa dreimal höher als bei einem Minié-Vorderlader. Anfangs wurde die hohe

Schussfrequenz allerdings als Gefahr der Munitionsverschwendung angesehen. Mit der schnellen

Schussfolge konnte ein Soldat seinen gesamten Munitionsvorrat von 60 Patronen in etwa 12 Minuten

verschießen.

Weitere Vorteile sind:

die leichtere Reinigung des Laufs durch Zugang von beiden Seiten:

Die Vorderlader verkrusten nach 25–30 Schuss so stark, dass ein Laden nicht mehr möglich

ist. Bei gezogenen Vorderladern mit Minié-System ist das Problem allerdings nicht mehr so

gravierend.

die Schonung der Züge im Lauf, da kein Stopfen mit eisernem Ladestock erfolgt

eine größere Unempfindlichkeit gegen nasse Witterung sowie

weniger Ladefehler: Bei einem Hinterlader ist die Gefahr eines versehentlichen mehrfachen

oder falschen Ladens viel geringer als bei Vorderladern. Dieses kam bei Vorderladern im

Gefecht unter Stress immer wieder vor und konnte sich für den Schützen fatal auswirken.

Page 23: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 21 – Von der Schleuder zur Winchester

4.2.1.4 Nachteile

Das Zündnadelgewehr hat aber immer noch ernsthafte Mängel. So ergibt sich eine schlechtere

Trefferleistung und Reichweite gegenüber anderen gezogenen Gewehren. Gegen Massenziele

beträgt die Reichweite etwa 600 Meter, Einzelziele können hingegen nur bis etwa 200 Meter mit

großer Wahrscheinlichkeit getroffen werden.

So haben die österreichischen gezogenen Vorderlader von Typ Lorenz hingegen eine Reichweite von

etwa 750–900 m. Das französische Chassepotgewehr, ein gezogener Hinterlader, hat sogar eine

Reichweite von 1.200 Metern.

Die schlechteren Schussleistungen sind durch Konstruktionsmängel begründet. Zum einen

der nicht ganz dichte Verschluss – im ungünstigen Fall wird kein hoher Gasdruck erreicht.

Das Festhalten am traditionell großen Kaliber erweist sich als Nachteil gegenüber

verkleinerten Kaliber mit geringerer Masse. Zwar wurde das Laufkaliber von 15,43 mm auf

13,6 mm reduziert, weist aber ballistische Nachteilgegenüber dem etwa 20 Jahre später

konstruierten französischen Chassepotgewehr mit einem Kaliber von nur noch 11 Millimeter.

Die Einheitspatrone mit Papierhülse ist kompliziert und fehleranfällig in der Herstellung. Das

hat eine negative Wirkung auf die Genauigkeit und Reichweite. Bei etwa 10 % der Patronen

ist das Geschoss nicht exakt im Treibspiegel ausgerichtet. Bei manchen Patronen kommt es

zu einer zu späten oder gar keiner Trennung von Geschoss und Treibspiegel. Beides führt zu

taumelnden Bewegungen und abgebremsten Flugbahnen.

Der Verschluss ist schwergängig, besonders bei heißgeschossener Waffe. Zum Öffnen und

Schließen ist ein kräftiger Schlag mit der Hand auf den Kammerstängel nötig, was nach

mehrfacher Wiederholung Schmerzen bereitet. So kam es im Gefecht zuweilen vor, dass

aufgelesene Steine zum Schlagen verwendet wurden, was aber wiederum das Gewehr

beschädigen konnte.

Die Zündpille befindet sich mitten in der Patrone, was auf der einen Seite die Gefahr einer

ungewollten Zündung minimiert. Auf der anderen Seite muss deshalb die Zündnadel lang und

dünn sein und sie befindet sich dazu nach der Zündung mitten in den heißen

Explosionsgasen. Dieses führt zu einer schnellen Materialermüdung und somit zum

Verbiegen oder Brechen der Zündnadel.

Auch die kompliziertere Herstellung gegenüber Vorderladern mag man als Nachteil ansehen.

Die Konstruktionsmängel blieben grundsätzlich bis zum Produktionsende; lediglich Optimierungen an

der Munition und eine Verkürzung der Luftkammer bei späteren Modellen wurden vorgenommen.

Erst am Ende des Produktlebenszyklus wurde die Aptierung nach Beck vorgenommen, welche einige

Mängel behoben hat.

4.2.1.5 Vergleich zu damaligen Alternativen

Das Prinzip der Zündnadelzündung wurde vor allem durch Frankreich im Chassepotgewehr

übernommen. Darüber hinaus prägte das Prinzip der Hinterladung des Zündnadelgewehres, der

Zylinderverschluss, die Waffentechnik noch auf Jahrzehnte.

Das einzige vergleichbare Gewehr zur Zeit der Einführung des Zündnadelgewehrs ist der Norwegische

“Kammerlader“— der einzige andere Verschlusslader im Einsatz in den 1840ern.

Page 24: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 22 – Von der Schleuder zur Winchester

Rifle Zündnadelgewehr Kammerlader M1849/55

Effective range 600 m (650 yards) 1,000 m (1,100 yd)

Kadenz 10 bis 12 Schuss/Minute Ca. 6 bis 8 Schuss/Minute

Kaliber 15.4 mm (0.61 in) 17.5 mm (0.69 in)

Mündungsgeschwindigkeit 305 m/s (1,000 ft/s) Je nach Quelle 265 bis 350 m/s (870 bis 1,150 ft/s)

Lauflänge 91 cm (35.8 in) 78 cm (30.7 in)

Gesamtlänge 142 cm (55.9 in) 126 cm (50.4 in)

Gewicht (geladen) 4.7 kg (10.4 lb) 5 kg (11 lb)

Der Kammerlader48 kann der erste norwegische

Hinterlader betrachtet werden, auch wenn die

kurze Ladekammer wie beim Vorderlader

bestückt wird. Bei diesem einschüssigen

Schwarzpulvergewehr wurde der Kammerlader

mit einer Kurbel auf der Seite des Verschlusses

betrieben. Die Kammer wurde dann wie bei

einem Vorderlader geladen. Unter den ersten

Hinterladern war er der einzige andere außer

dem Zündnadelgewehr, der für den Einsatz in

einer Armee weltweit angepasst wurde.

4.2.1.5.1 Bild: Kammerlader mit hochgekurbelter Kammer49

Die Kurbel-Technik ermöglichte es, die Waffe viel einfacher und schneller zu laden, als die bisher

verwendeten Vorderlader. Kammerlader gewannen schnell den Ruf eines schnellen und präzisen

Gewehrs und sollten eine tödliche Waffe gegen massierten Reihen der Infanterie sein.

Die Kammerlader wurde 1842 eingeführt, bis etwa 1870 wurden etwa 40.000, während woanders die

ersten Steinschlosshinterladergewehre wie das Ferguson50 zum Einsatz kamen.

Norwegen war das erste europäische Land, das ein Hinterladergewehr in großen Stückzahlen für

seine Armee und Marine einführte. Die Vereinigten Staaten nutzten als ersten militärischen

Hinterlader in der Welt das M1819 Hall Gewehr51 - auch eine Konstruktion mit dem Element einer

separaten hinterer Kammer mit Frontladetechnik und mit Steinschloss, später mit

Perkussionsschloss. Die Briten hatten zuvor schon mit dem Ferguson Gewehr im amerikanischen

Unabhängigkeitskrieg einen Hinterlader eingesetzt.

Die Kammerlader wurden in verschiedenen Modellen hergestellt und die meisten Modelle wurden

an einem gewissen Punkt in irgendeiner Weise modifiziert. Kammerlader, die an Zivilisten verkauft

wurden, wurden oft für die Verwendung als Schrotflinten oder Jagdwaffen modifiziert.

48 http://en.wikipedia.org/wiki/Kammerlader 49 http://blackpowderbook.com/chapters.php 50 http://en.wikipedia.org/wiki/Ferguson_rifle 51 http://en.wikipedia.org/wiki/M1819_Hall_rifle

Page 25: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 23 – Von der Schleuder zur Winchester

4.2.2 Chassepotgewehr

Das Chassepotgewehr52, das französische Infanteriegewehr M 1866, ist ein gezogener Hinterlader

vom Typ des Zündnadelgewehrs, entstanden aus der Kenntnis des preußischen Zündnadelgewehrs,

jedoch von der Konstruktion um 25 Jahre jünger und moderner.

Die 1840 in Preußen eingeführten Hinterlader des Konstrukteurs Johann Nikolaus von Dreyse fanden

in Frankreich keinen Anklang. Aber in der Revolution von 1848 wurden Zündnadelgewehre aus dem

Berliner Zeughaus gestohlen. Zwei davon gelangten wohl ins Ausland und es fanden Versuche statt,

bessere Gewehrkonstruktionen auf Basis eines Hinterladers einzuführen.

1858 legte Antoine Chassepot eine erste Konstruktion mit Hahnzündung und einer Kautschukscheibe

vor. Nach Verbesserungen erhielt Chassepot 1866 sein Patent und unterzeichnete sofort einen

Lizenz-Vertrag mit der Gewehrfabrik von Isaac Cahen-Lyon. Das Chassepotgewehr wurde zur

französischen Ordonnanzwaffe erhoben und die Produktion dermaßen angekurbelt, dass 1868 die

gesamte aktive Armee mit dem Chassepotgewehr ausgerüstet war.

Als im Gefecht bei Mentana (Emilia Romagna) am 4. Nov. 1867 das Chassepot-Gewehr nach den

Aussagen des kommandierenden Generals Wunder vollbracht habe, fand dieses Gewehr in der

gesamten Welt sofort große Beachtung. Jeder französische Soldat führte 68 Patronen mit sich. Gegen

Ende des Krieges waren die französischen Fabriken in der Lage, 50.000 Chassepotgewehre pro Monat

zu produzieren.

4.2.2.1 Vorteile

Die Vorzüge des Chassepotgewehrs gegenüber dem damaligen preußischen Zündnadelgewehr von

Dreyse bestanden in dem kleineren, ballistisch günstigeren Kaliber (11 mm gegenüber 15,4 mm),

dem besseren Gasabschluss, der höheren Pulverladung (85 Grains statt 75 Grains) und der

bequemeren Handhabung. Wesentlich war eine höhere Rasanz des Projektils (420 Meter/Sekunde

gegenüber 295 m/s) verbunden mit höherer Reichweite (1.200 Meter gegenüber 600 Metern beim

Dreyse-Gewehr), aber auch seine höhere Feuergeschwindigkeit. Eine Sonderform ist das „fusil pour

la cavalerie d'Afrique“ mit einem Visier bis 1.600 Meter.

Geladen wurde das Chassepotgewehr mit einer Papier-Einheitspatrone in einer Seidenhülle. Im

Deutsch-Französischen Krieg (1870–71) zeigte sich die Überlegenheit des Chassepotgewehrs auf

mittlere und weite Entfernungen. Schon vor dem Krieg ging das Wort, 300 Chassepotgewehre seien

so wertvoll wie 500 Dreyse-Gewehre.

4.2.2.1.1 Mauser M71, Detailzeichnung

Verschluss-Komponenten53

Die Konstruktion von Kammer und

Schlösschen war richtungsweisend. Man

findet diese Konstruktion (mit Varianten)

sowohl am späteren deutschen Gewehr 8854

und dem von ihm abgeleiteten

Mannlichergewehren wie auch beim

russischen Dreiliniengewehr. Der Lauf des späteren (preußischen) M71 war eine fast identische

Kopie, nur mit entgegengesetzter Drallrichtung.

52 http://de.wikipedia.org/wiki/Chassepotgewehr 53 http://de.academic.ru/pictures/dewiki/77/Mauser_M71.jpg 54 http://de.wikipedia.org/wiki/Gewehr_88, http://en.wikipedia.org/wiki/Gewehr_1888, http://www.dghu.de/17er/utensilien/gewehr88.html

Page 26: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 24 – Von der Schleuder zur Winchester

4.2.2.2 Nachteile

Das Chassepot-Gewehr wurde durch Verschmutzung leichter unbrauchbar als das preußische

Zündnadelgewehr. Insbesondere die in der Pulverkammer zurückbleibenden Reste der Papierpatrone

und ihrer faktisch nicht brennbaren Seidenumhüllung bereiteten Schwierigkeiten und mussten nach

wenigen Schüssen entfernt werden.

Der Kautschukring machte die Waffe zwar gasdicht, wurde aber auch bald spröde, weswegen jeder

Soldat drei Ersatz-Kautschukringe mit sich führte. Die Verriegelung mit dem Kammerstengel neigte

im Winter zur Blockade (das Dreyse-Modell hatte dieses Problem nicht).

4.2.2.3 Weiterentwicklungen

Man arbeitet an der Beseitigung einiger Mängel. Insbesondere die feuchtigkeitsempfindliche und

wenig formstabile Papierpatrone ist im Fokus der Forschung. Neue Metallpatronen weisen

wesentliche Vorteile auf. Experimentelle Modelle mit Umbau für Zentralfeuermetallpatronen gibt es,

eine Massenproduktion ist jedoch nicht geplant.

Während des Deutsch-Französischen Krieges wurde eine enorme Anzahl an Chassepotgewehren

erbeutet (Gerüchten nach fast 600.000). Teils für Metallpatronen des M 7155, teils zu Karabinern

umgerüstet, wurden diese in Preußen getestet.

4.2.2.4 Aptierung des Zündnadelgewehrs nach Beck

War das preußische Zündnadelgewehr ein Vorbild für das französische Chassepotgewehr, so ist

nunmehr das Chassepotgewehr Vorbild für das modernisierte Zündnadelgewehr von Dreyse. Es

wurde ab 1869 ähnlich wie das Chassepotgewehr gasdicht gemacht („aptiert nach Beck“). Hinter dem

Metallplättchen des Nadelrohrs befindet sich nun ein Gummiring. Beim Abschuss wird das Nadelrohr

durch den Gasdruck etwas nach hinten gegen den Hohlzylinder gedrückt und somit der Gummiring

gestaucht, dadurch verbreitert sich dieser und dichtet das Patronenlager ab.

Gleichzeitig wurde die Handhabung verbessert. Zum einen entfällt das händische Hereindrücken der

Patrone in das Patronenlager, denn das neue Nadelrohr macht das selbstständig beim Schließen der

Kammer. Zum anderen wird die rampenartige Fläche an der Kammerhülse, die ein festes Anziehen

des Verschlusses bewirkte, nicht mehr benötigt. So lässt sich die Kammer wesentlich leichter öffnen

und schließen; der Schlag mit dem Handballen auf den Kammerstängel entfällt. Die neue Munition

verfügt über ein 10 Gramm leichteres, ballistisch günstigeres Geschoss. Diese Änderungen bewirken

eine Verdopplung der Reichweite auf etwa 1.200 m, was der Leistung des Chassepotgewehrs

entspricht.

Das deutsche Modell 7156 übernimmt vom Chassepotgewehr die Konstruktion des Laufes mit dem

Kaliber von 11 mm und vier Zügen sowie die Größe und Konstruktion des Patronenlagers.

Die jetzige Forschung zielt auf den Einsatz von Metallpatronen ab. Gerüchten zufolge entwickeln die

Preußen auch einen Karabiner.

4.2.2.5 Schussleistung und Vergleiche

H. von Löbell betont 1867 in einem Bericht zum Militäreinsatz die Vorzüge des Chassepots im

Rahmen des Deutsch-französischen Krieges: "Die Ladefähigkeit des Chassepot ist so bedeutend, daß

ein gewöhnlicher Schütze in der Minute 8 Schuß, ein gut geübter 12 Schuß thun kann."

Zur Kampfentfernung und Eröffnung des Feuers schreibt er: "... hat das Chassepotgewehr auch

bedeutend größer bestrichene Räume als das Zündnadelgewehr. Dieselben betragen auf 400 Schritt

55 http://de.wikipedia.org/wiki/Mauser_Modell_71 56 http://www.militaryrifles.com/Germany/71Mauser.htm http://www.militaryrifles.com/Germany/71-84Mau.htm

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 25 – Von der Schleuder zur Winchester

gegen Infanterie bei Chassepot 180 Schritt, beim Zündnadelgewehr nur 115 Schritt und gegen

Kavallerie beim Chassepot 469 Schritt, beim Zündnadelgewehr 449 Schritt und auf 800 Schritt gegen

Infanterie bei Chassepot 59 Schritt, beim Zündnadelgewehr 49 Schritt und gegen Kavallerie bei

Chassepot 90 Schritt und beim Zündnadelgewehr 74 Schritt." Das preußische Zündnadelgewehrs sei

hingegen "wenig rasant, seine Treffwahrscheinlichkeit ist von der der französischen Gewehre auf den

kleineren Entfernungen wenig verschieden, wird aber von dieser auf den größeren Distanzen

übertroffen".

Hieraus erklären sich die großen deutschen Verluste im deutsch-französischen Krieg: Die deutschen

Truppen erlitten schwere Verluste beim Vorrücken gegen die Franzosen, die bereits auf 600 m das

Feuer eröffneten (teils sogar schon bei 1.200 m), während die Preußen meist erst auf 300 Schritt (225

m) mit dem Feuerangriff beginnen konnten. Bei Gravelotte verloren die Preußen im Vergleich zu

Frankreich mehr als doppelt so viele Soldaten. Als einzige Möglichkeit sahen die Strategen der

Preußen, das gegnerische Feuer zu "unterlaufen". Es wurden möglichst viele Soldaten ins Feld

geführt, in der Hoffnung, ausreichend viele mochten bis zur Erstürmung der gegnerischen Stellungen

den Beschuss überleben.

4.2.2.6 Die Patrone

Bei den ersten 100 Schuss rechnete man mit 10% Versagern, beim weiteren Schießen bis zu 30%! Die

Patrone für das Chassepot besteht aus zwei Teilen, die von starken Papierhülsen ummantelt und

durch einen Schnürbund zu einer Einheitspatrone zusammengesetzt sind. Der vordere Teil enthält

das Geschoss (24,5 g schwer, 25 mm lange und am Boden 11,7 mm stark).

Der hintere Teil umfasst das sechsflügelige Zündhütchen und die Pulverladung (5,5 g). Ein solches

Zündhütchen wurde schon bei Perkussionswaffen verwendet.

4.2.2.6.1 Schematischer Vergleich zwischen Dreyse- und Chassepot-Patrone57

Vorteilhaft ist, dass hierdurch die Zündnadel nicht die gesamte Pulverladung durchstechen muss wie

beim Dreyse-Gewehr und somit auch nicht so schnell ausglüht. Die Anfangsgeschwindigkeit des

Geschosses übertrifft mit 420 m/s das ältere preußische Langblei bei weitem.

57 http://en.academic.ru/pictures/enwiki/67/Compare_Dreyse-Chsassepot.JPG Beschriftung korrigiert

Page 28: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 26 – Von der Schleuder zur Winchester

4.2.2.6.2 Foto von Chassepotpatronen und Verpackung für 9 Schuss58

4.3 Patronen und Munition Beim Chassepot aber auch beim Zündnadelgewehr sind wir einer allgemeinen Neuerung begegnet,

welche das Laden ungemein vereinfacht, der Patrone. Eine Patrone (von französisch ‚patron‘ für

Form, Muster, Modell) fasst die zum Abfeuern eines Projektils aus einer Feuerwaffe notwendigen

Komponenten in einer Einheit zusammen. Erste Patronen zählen heute zur Munition. Besondere

Bauformen, beispielsweise Schrotpatronen, enthalten mehrere Geschosse (Schrote), deren Größe

und Zahl je nach Verwendungszweck variiert. Spezielle Patronen können anstelle des Geschosses

oder zusätzlich zum Geschoss auch Treib-, Leucht- oder Knallsätze oder Reizstoffladungen enthalten.

Wir treffen jedoch schon bei frühen Formen von Gewehren auf Patronen. Dosierte Pulvermengen

und feste Kaliber des Projektils, was besservorhersagbare Schießergebnisse mit sich brachte, das gab

es auch schon früher. Pulverflaschen ermöglichten alternativ eine dosierte Ausgabe von

Schießpulver. Hatten die Musketiere im 16. und 17. Jahrhundert noch Holzröhrchen mit

abgemessenen Pulverladungen an ihrem Bandelier hängen, um den Ladevorgang zu beschleunigen,

war eine Papierpatrone der erste Schritt dazu, Pulverladung und Projektil zu vereinigen. Anfangs

musste ja Pulver in den Gewehrlauf und auf die Pfanne gegeben werden. Um eine höhere

Schussfolge (Kadenz) zu erreichen, war die vorherige Dosierung des Treibmittels ein wichtiger

Aspekt. Das Laden der einzelnen Komponenten (Treibladung, Schusspflaster und Projektil plus

Anzündmittel) vereinfachte sich durch das Laden mittels Patronen erheblich. Erst dadurch wurde

auch die Entwicklung von praxistauglichen Hinterladern möglich.

58 http://en.academic.ru/pictures/enwiki/67/Chassepot_IMG_3574.JPG

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 27 – Von der Schleuder zur Winchester

4.3.1 Papierpatrone

Vorläufer der modernen Metallpatrone war die Papierpatrone59 seit Ende des 17. Jahrhunderts. Eine

längliche verklebte Papierhülse enthält Schießpulver und Bleikugel. Diese erste Generation der

Papierpatrone diente nur der Bereitstellung einer abgemessenen Pulvermenge und des Projektils

und wurde bei Vorderladern z. B. Musketen verwendet.

Zum Laden der Waffe biss der Schütze die Papierhülse hinten auf, wobei die Waffe mit der zweiten

Hand gehalten werden musste, gab etwas Pulver auf die Zündpfanne und leerte den Rest in den Lauf

der Muskete. Um nicht aus dem Zündloch auszutreten, musste das Pulver eine ausreichend grobe

Körnung aufweisen. Das Papier samt Projektil wurde anschließend nachgeschoben. Das Papier glich

als Dichtmaterial die großen Fertigungstoleranzen der gegossenen Kugel im Lauf aus.60 Gezündet

wurde die Ladung mittels Steinschloss und dem Pulver der Zündpfanne, ab Mitte des 19.

Jahrhunderts durch ein Zündhütchen. Aus einer preußischen Dienstanweisung stammt das Zitat: „…

beißen soll der Kerl bis er das Pulver schmeke.“ Die Vorteile dieser frühen Patrone lagen in der

Möglichkeit der Massenfertigung, der besseren Transportierbarkeit der Munition und der

gleichmäßigeren Ladung der Waffen.

Mit der Weiterentwicklung der Waffen wurde auch die

Papierpatrone weiterentwickelt. Für die

aufkommenden Modelle wurden weitere Arten von

Patronen entwickelt. Beispiele sind die Papierpatronen

für frühe Hinterladergewehre (Zündnadelgewehre) um

1866, die Papierpatronen Kaliber .44 und .36 für

Perkussionsrevolver, Sharps und Gallager, aber auch

das Westley Richards Monkey-Tail-Gewehr und das

bayerische Podewils-Gewehr.

4.3.1.1.1 Foto: Monkey-Trail Gewehr mit dazugehöriger Papierpatrone61

Für spätere Gewehrmodelle wurde die Papierpatrone weiter entwickelt. So wurden zum Beispiel bei

den Sharps-Hinterladern62 bereits komplette Papierpatronen verwendet. Diese enthielten Projektil,

Dämmstoff (meist Filz) und die Pulverladung. Die Patrone war einige Millimeter länger als die

Ladekammer. Wurde der Blockverschluss geschlossen, wurde das hintere Ende der Patrone

abgeschnitten und platzierte das Zündloch direkt vor der Treibladung. Der Schütze musste nur noch

das Zündhütchen auf den Piston des Perkussionsschlosses aufsetzen und konnte sofort feuern.

Um zu verhindern, dass Papierreste im Lauf und im Patronenlager verblieben, konnte nitriertes

Papier als Hülsenmaterial verwendet werden, das fast rückstandsfrei verbrannte.

Auch die ersten Revolver von Colt oder Remington wurden mit Papierpatronen

geladen, in denen sich das Geschoss und die Treibladung befanden. Lediglich

das Zündhütchen musste noch auf das Piston aufgesteckt werden. An den

Papierpatronen rühmten die Zeitgenossen die Einfachheit und die billige

Herstellung. Bald wurde es aber notwendig, durch die Patrone und deren

Liderung (die druckbedingte Anpassung) ans Patronenlager Gasdichtigkeit zu

erreichen, was bei Papierpatronen (z. B. Zündnadelpatrone) nicht möglich war.

59 http://en.wikipedia.org/wiki/Paper_cartridge 60 http://www.svartkrutt.net/articles/vis.php?id=6 61 http://www.svartkrutt.net/board/images/uploaded/image45.jpg 62 http://en.wikipedia.org/wiki/Sharps_rifle

Page 30: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 28 – Von der Schleuder zur Winchester

4.3.1.1.2 Foto: Colt Papierpatronen63

4.3.2 Moderne Patrone

Ein Vorläufer der modernen Patrone wurde um 1830 von

Casimir Lefaucheux entwickelt, die Lefaucheux-

Stiftzünderpatrone64.

Die Besonderheit der Patrone besteht in einem seitlich

herausgeführten Stahlstift, der den Schlagimpuls des Hahns

auf die Innenseite des in der Patrone vorhandenen

Zündhütchens überträgt.

4.3.2.1.1 Schema: Lefaucheux Revolver mit Patrone

Ein weiterer wichtiger Schritt zur Entwicklung der modernen Patronenmunition war die Erfindung

des französischen Büchsenmachers Louis Flobert, der bereits 1846 eine Patrone in der heute

gebräuchlichen Form patentieren ließ. Als Zünd- und Treibmittel diente das in den inneren Rand der

Hülse eingearbeitete Knallquecksilber. Im Unterschied zur modernen Munition enthielt die

Flobertpatrone65 neben dem Zündsatz noch keine Pulverladung als Treibmittel.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts schritt die Entwicklung moderner Patronen, so wie sie bis heute

verwendet werden, schnell voran, die dann letztlich auch die Waffenentwicklung stark beeinflusste.

4.3.3 Sonderform – hülsenlose Munition

Als erste hülsenlose Patrone kann die 1848 von Walter

Hunt patentierte, im amerikanischen Hunt-

Repetiergewehr verwendete Rocket Ball66 bezeichnet

werden. Bei dieser war die Treibladung in der hinteren

Höhlung des Geschosses untergebracht. Horace Smith

und Daniel Wesson verbesserten sie, indem sie zusätzlich

zum Treibmittel auch die Zündpille in die Höhlung des

Geschosses einsetzten. Ab 1855 wurde sie in den Volcanic-

Unterhebelrepetierern verwendet, infolge fehlender

Liderung verschwand sie rasch wieder.

4.3.3.1.1 Skizze: Rocket Ball Patentzeichnung,1848

4.3.4 Liderung

Der hintere Abschluss zwischen Patrone und Wand der Kammer wird durch die Liderung verbessert.

Der dünn gehaltene Patronenrand dehnt sich und presst sich beim Abfeuern an die Kammerwand.

Dadurch wird der Druck höher und die Mündungsgeschwindigkeit nimmt zu. Am besten funktioniert

dies mit Messingpatronen.

63 Nach http://de.academic.ru/pictures/dewiki/67/Combustible_Colt_cartridges.JPG 64 http://de.wikipedia.org/wiki/Lefaucheux-Z%C3%BCndung 65 http://de.wikipedia.org/wiki/Flobert_%28Munition%29 66 http://de.wikipedia.org/wiki/Rocket_Ball, http://en.wikipedia.org/wiki/Rocket_Ball

Page 31: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 29 – Von der Schleuder zur Winchester

4.3.5 Aufbau der modernen Patrone

In der am weitesten verbreiteten Bauform der Patrone enthält die Patronenhülse die Anzündladung,

die Treibladung und das Projektil (Geschoss). Die Patronenhülse hält alle Teile zusammen.

Das Treibmittel ist Schießpulver (später Kordit). Das Anzündhütchen, zur Zündung des Treibmittels,

befindet sich im Innern am Boden der Patrone.

Hinten an der Patronenhülse befindet sich ggf. (z. B. bei

Pistolenmunition und Munition automatischer Waffen)

eine Auszieherrille, die zum Ausziehen der

abgeschossenen Hülse oder beim Entladen zum

Ausziehen der Patrone benötigt wird. Bei anderen

Waffen wird ein wulstiger Rand am unteren Ende der

Hülse benötigt, z. B. um die Patrone von hinten in

zylindrisch durchbohrte Kammern einer

Revolvertrommel einzuführen.

4.3.5.1.1 Querschnitte: Projektile und Patronen

1: Minié-Projektil, 2: Dreyse Einheitspatrone, 3:

Chassepot Einheitspatrone, 4: M 71/84-Projektil in

boat-tail-Form, 5: belgische Mauser-Büchsenpatrone

mit Auszieherrille, boat-tail-Form67

4.3.5.2 Patronenkomponenten

Patronenhülse

Moderne Patronenhülsen bestehen zumeist aus Messing. Für das Militär werden Patronenhülsen oft

auch aus Stahl gefertigt und korrosionsschutzbehandelt. Sie sind leichter und billiger herzustellen als

Patronenhülsen aus Messing. Die Hülsen werden durch Fließpressen in mehreren Arbeitsgängen aus

einem Metallstück geformt. Der Hülsenboden ist in der Regel härter als der Hülsenhals; dieses wird

durch Härten bzw. Weichglühen erreicht.

Patronenhülsen aus Messing werden nach Verwendung z. B. auf Schießständen zu einem hohen Grad

wiederverwertet, entweder durch Wiederladen oder als Material zur industriellen Neufertigung. Die

Messinghülsen sind als Wertstoff besonders beliebt, da es bei der Verwendung und bei der

Sammlung kaum zu nennenswerten metallurgischen Verunreinigungen kommt.

Besondere Formen der Patronenhülse sind unter anderem:

Patronenhülse aus Pappe (in frühen Zeiten verwendet)

Patronenhülse aus Nitrozellulose, auch sich selbst aufbrauchende Patronenhülse, die bei der

Schussabgabe fast rückstandslos verbrennt.

Schrotpatronenhülse, die zum Teil aus behandelter Pappe, behandeltem Papier, … in

Verbindung mit einem metallischen Becher (meist Messing) besteht, der das Anzündhütchen

und die Treibladung aufnimmt

treibmittelfreie Patrone (Flobertpatrone und ihre Nachfolger mit Kupferhülse in diversen

Kalibern, z. B. die .44 Henry-Patrone)

67 Die Gartenlaube (1890). Leipzig: Ernst Keil, 1890, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: http://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1890)_160.jpg&oldid=1930338 (Version vom 1.1.2013)

Page 32: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 30 – Von der Schleuder zur Winchester

Patronenboden

Patronenböden weisen meist eingeprägte Bodenstempel auf, die Informationen über die Ausführung

der Patrone, ihre Produktionsstätte und ihr Herstellungsdatum enthalten.

Projektil (Geschoss)

Generell gibt es für das Projektil mehrere Anforderungen: Es muss im Lauf ausreichend abdichten,

damit die Gase der Treibladung nicht vor das Projektil gelangen und es sollte möglichst wenig

Reibung im Lauf verursachen (interne Ballistik). Es sollte eine gleichmäßige Symmetrie haben, damit

es im Flug nicht taumelt, nachdem es durch die Züge im Lauf in Rotation versetzt wurde (externe

Ballistik). Hieraus ergeben sich für die verschiedenen Projektile jeweils Kompromisse.

Das Projektil wird in der Jägersprache als ‚Kugel‘ bezeichnet, auch wenn es andere Formen aufweist.

Die Standardprojektile haben ein gerade „geschnittenes“ Ende und dadurch eine aerodynamisch

ungünstige Form. Das Ende der sogenannten „Boat Tail“-Geschossform (engl., in etwa „Bootsheck“,

da der Längsschnitt eines solchen Geschosses dem Umriss eines Bootsrumpfes ähnelt) verläuft

demgegenüber konisch in der Form eines Kegelstumpfes, ist so aerodynamischer und fliegt daher

weiter und stabiler.

Projektilaufbau und -spitze werden den gewünschten zielballistischen Anforderungen angepasst. So

wurden im Laufe der Jahre sehr unterschiedliche Konfigurationen aus Voll- und

Teilmantelgeschossen verschiedener Materialien mit den unterschiedlichsten Geschossspitzen, ggf.

auch mit galvanischen und chemischen Beschichtungen und Einsätzen entwickelt. Weiterhin werden

aber auch Blei und Bleilegierungen sowie galvanisch beschichtete Bleigeschosse verwendet.

4.3.5.3 Treibmittel

In der frühen Geschichte der Feuerwaffen bestand das Treibmittel aus Schwarzpulver (auch

Schießpulver). Ältere Patronentypen wurden noch für die Verwendung mit Schwarzpulver entwickelt,

zuerst natürlich die alten Papierpatronensorten, aber später auch Kurz- und Langwaffenpatronen mit

Hülsen aus Messing. Erkennbar sind diese Schwarzpulverpatronen bisweilen an Bezeichnungen wie z.

B. .44-40 (auch .44 WCF) oder .45-70.

Je nach Verwendungszweck werden Pulver mit unterschiedlicher Abbrandgeschwindigkeit eingesetzt.

Für Waffen mit kurzem Lauf wird eher schnell abbrennendes Pulver bevorzugt, da nur ein relativ

kurzer Weg für das Beschleunigen des Projektils zur Verfügung steht. Für Waffen mit langen Läufen

werden langsamer abbrennende Pulver verwendet. Der Energiegehalt einer Pulversorte ist von ihrem

Abbrennverhalten weitgehend unabhängig.

4.3.5.4 Anzündhütchen

Bei modernen Patronen wird fast ausschließlich die Zentralfeuerzündung benutzt. Für im Jagd- und

sportlichen Bereich überwiegend genutzte Patronen ist die als Boxerzündung bekannte Zündart

verbreitet. Hierbei sitzt über einem mittig im Hülsenboden gebohrten Zündkanal ein Anzündhütchen.

Militärisch genutzte Patronen haben meist die sogenannte Berd-Anzündung mit zwei oder drei

Zündkanälen. Hierbei ist mittig im Hülsenboden ein Amboss genannter Dorn eingelassen, um diesen

herum sind die Zündkanäle symmetrisch angeordnet. Auch hier sitzt das Zündhütchen mittig im

Hülsenboden.

Wenn der Schlagbolzen einer Waffe auf das Zündhütchen trifft und sich das Material gegen und am

Amboss vorbei quetscht wird durch Reibung gezündet. Dabei wird die Anzündladung abgebrannt und

die entstehende Energie durch den oder die Zündkanäle im Hülsenboden auf die Treibladung

gerichtet.

Page 33: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 31 – Von der Schleuder zur Winchester

Eine wichtige Aufgabe des Anzündhütchens ist es zudem, die Patrone am Boden gasdicht

abzuschließen. Je nach Substanz reichen schon sehr geringe Erschütterung oder Wärmeeinwirkung

aus, um eine Zündung zu bewirken, weshalb das Manipulieren an Zündhütchen oder Patronen

lebensgefährlich sein kann. Derzeit kommt Quecksilberfulminat als Anzündladung zum Einsatz.

Beim Flobert-Gewehr ist der Zündsatz gleichzeitig der Treibsatz. Zusätzlich gibt es noch die heute

veraltete Perkussionszündung und die Lefaucheux-Zündung.

Bei der Randfeuerzündung bildet die Hülse am Boden einen Rand, in dem sich der Anzündsatz

befindet. Der Schlagbolzen trifft auf den Rand der Hülse und entzündet so den Anzündsatz. Vorteil ist

der kostensparende Verzicht auf ein Anzündhütchen, nachteilig ist, dass die Patrone wegen der

Verformung des Randes nicht erneut geladen werden kann.

4.3.5.5 Zusammenspiel der Komponenten

Je nach Verwendung werden die Komponenten einer Patrone desselben Kalibers unterschiedlich

zusammengestellt. So unterscheiden sich die Laborierung, die Patronenhülse und der Geschosstyp,

aber auch die Qualität der Komponenten und/oder die Qualität der gesamten Patrone voneinander.

Bei den Großkalibern wird gerne auf selbstgefertigte und wiedergeladene Patronen zurückgegriffen.

Bei Gewehrmunition für Weiten ab 300 m werden die Patronen von den Schützen oftmals

unmittelbar vor dem Einsatz geladen, um sie so besser den Umweltbedingungen anzupassen.

4.3.6 Patronenabmessungen

Für Handfeuerwaffen werden Projektildurchmesser bis 20 mm verwendet. Militärische Waffen

verwenden Patronen bis ca. zum Kaliber 40 mm. Darüber hinaus werden meist getrennte Projektile

und Treibladungen eingesetzt.

Patronen für Handfeuerwaffen werden mit verschiedensten Geschossdurchmessern und

Hülsenlängen verwendet. Die deutsche Nomenklatur bezeichnet zuerst das Kaliber des Geschosses

und dann die Länge der Hülse (z. B. 9 × 19 mm). Der Vorteil dieser Bezeichnung liegt darin, dass

zusätzlich zum eigentlichen Kaliber, nämlich dem des Laufinnendurchmessers, auch die Länge der

Patronenhülse und somit ein Grundmaß des Patronenlagers mit angegeben wird, was bei der

Identifizierung von Patronen mit kalibergleichem Geschoss von Belang ist. Auch bei den metrischen

Angaben wird von „Patronenkaliber“ gesprochen. Handelt es sich um eine Hülse mit Rand oder

Halbrand, wird ein entsprechendes Kürzel angehängt (z. B. 7,65 × 17 mm HR). Um bei gleichen

Abmessungen weitere Unterscheidungen treffen zu können, werden unterschiedlichste Zusätze

verwendet. Umgangssprachlich werden oft andere Bezeichnungen verwendet, auch um den

Unterschied zur gängigen Munition klar herauszustellen.

In den angelsächsischen Ländern werden die Kaliber meist in Zoll angegeben und um den Namen des

Entwicklers ergänzt (z. B. .223 Remington). Es wird aber mitunter auch das Jahr der Einführung oder

die Ladung und das Geschossgewicht angegeben. Manche Kaliberangaben weichen von den

tatsächlichen Maßen ab oder sind gerundet, um unterschiedliche Patronen mit gleichem

Geschossdurchmesser voneinander zu unterscheiden. „Magnum“-Patronen sind länger als die

Standardpatrone. Da längere Patronen eine größere Treibladung aufnehmen, haben diese in der

Regel eine höhere Energie und damit eine höhere zielballistische Wirkung. Wichtig ist letztendlich,

dass man weiß, welche Patrone in einer Handfeuerwaffe verwendbar ist.

Page 34: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 32 – Von der Schleuder zur Winchester

4.3.6.1 Handfeuerwaffenpatrone

Für Handfeuerwaffen (Pistolen, Revolver, Gewehre) werden Patronen oft fertig zusammengesetzt

geliefert. Fachkundige mit entsprechender Sprengstoff-Erlaubnis dürfen Patronen von Wiederladern

auch selbst fertigen.

4.3.6.2 Kurzwaffenpatrone

Eine Kurzwaffenpatrone ist eine Patrone, die für die Verwendung in einer Kurzwaffe

(Faustfeuerwaffe) eingerichtet ist, also eine Revolver- oder Pistolenpatrone. Solche Patronen sind in

der Regel zylindrisch (z. B. Kaliber .38 Special) oder ganz leicht konisch (z. B. Kaliber 9 × 19 mm).

Allerdings gibt es Ausnahmen und es gibt auch Kurzwaffen, die Gewehrmunition verschießen.

4.3.6.3 Revolverpatrone

Eine Revolverpatrone ist für die Verwendung in einem Revolver konzipiert. Sie hat in den meisten

Fällen einen Rand, damit die Patronen in den Patronenkammern festgehalten werden und nicht

durch die Bohrung in der Trommel fallen. Revolverpatronen haben oft eine längere Hülse als

vergleichbare Pistolenpatronen. Die daraus resultierende mögliche größere Treibladung erhöht ihre

Durchschlagskraft gegenüber Pistolenmunition.

Zudem wird mit Revolvern in Gewehrkalibern experimentiert, die aber meist als Einzelstücke

hergestellt werden und nur schwer zu handhaben sind. Solche „Giganten“ lassen sich nur noch mit

Handschuhen und Kopfschutz abfeuern, ohne schwere Verletzungen durch die Waffenbewegung

beim Schuss zu riskieren.

4.3.6.4 Pistolenpatrone

Eine Pistolenpatrone ist hauptsächlich als Munition für die Verwendung in einer Pistole konzipiert.

Sie verfügt in der Regel über keinen Rand, damit die Patronen besser übereinander in einem Magazin

angeordnet werden können. Dafür haben sie immer eine umlaufende Nut vor dem Patronenboden,

die Auszieherrille. In sie greift die Auszieherkralle, um die leergeschossene Hülse aus dem

Patronenlager (Lauf) durch das Auswurffenster aus der Waffe auszuwerfen.

Es gibt auch einige wenige Pistolen, die für Revolverpatronen eingerichtet sind. Mit speziellen

Halterungen (Metallscheiben mit Aussparungen) können in entsprechenden Revolvern auch

Pistolenpatronen ohne Rand verschossen werden. Durch die mit mehreren Patronen versehenen

Metallscheiben kann der Ladevorgang beschleunigt werden.

4.3.6.5 Gewehrpatrone

Gewehrpatronen sind für die Verwendung in einem Gewehr konzipiert. Sie verfügen in der Regel

über eine deutlich stärkere Ladung als Patronen für Pistolen und Revolver, da die Treibgase durch die

größere Lauflänge länger auf das Geschoss wirken können, womit eine höhere

Mündungsgeschwindigkeit erreicht werden kann. Es gibt auch Gewehrpatronen, die in Pistolen oder

Revolvern Verwendung finden.

4.3.6.6 Büchsenpatrone

Hülsen von Büchsenpatronen haben oft eine Flaschenform, da so der Pulverraum vergrößert werden

kann, ohne dass das Länge-Durchmesser-Verhältnis der Hülse zu groß wird. Bei zu lang gestreckten

Hülsen bestünde die Gefahr, dass die Ladung bei der Schussentwicklung nicht vollständig zündet und

unverbranntes Pulver den Lauf verlässt, was die Leistung vermindern würde. Die Hülsen von

Patronen schwerer Jagdkaliber (.450 bis .700) oder Kaliber, deren Einführung lange zurückliegt (z. B.

die „Försterpatrone“ 9,3×72R), sind zylindrisch oder leicht konisch.

Page 35: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 33 – Von der Schleuder zur Winchester

4.3.6.7 Flintenpatrone - Aufbau einer Schrotpatrone

Der modifizierte Aufbau der Flintenpatrone enthält die Patronenhülse, das Projektil (Geschoss) im

Falle sog. Flintenlaufgeschosse (engl. Slug) oder die Schrotladung (engl. Shot), den Schrotbecher

(oder anderes geeignetes Ausgleichsmaterial) zum Volumenausgleich in der Patrone, die Treibladung

(Schießpulver oder Kordit) und die Anzündladung mit Anzündhütchen in der Patronenkappe. Die

Patronenhülse aus Pappe oder Papier hält alle Teile zusammen. Ihr oberer Rand ist nach innen

eingerollt (engl. crimped). Flintenlaufgeschosse sind am oberen Ende der Patrone sichtbar. Bei

Schrotladungen ist die Patronenhülse oben durch eine Pappscheibe oder durch sternförmig gefaltete

Pappe verschlossen.

4.3.6.8 Flechette

Flechettegeschosse weisen pfeilförmige Projektile auf, welche besondere Flugeigenschaften haben.

Mit den ersten Feuerwaffen wurden fast ausschließlich Pfeilgeschosse verschossen, bevor im 14.

Jahrhundert runde Bleikugeln erfunden wurden. Man ging wegen der einfacheren Produktion in der

Massenherstellung und aufgrund der kürzeren Kammern auf kegel- und kugelförmige Projektile über.

Ein Flechettegeschoss hat auf hohe Distanzen besonders günstige Eigenschaften und wird heute als

unterkalibriges Nadel- oder Pfeilgeschoss genutzt. Wie bei Schrot- oder Flintenlaufgeschossen findet

auch hier ein Treibspiegel68 Anwendung, um Gasschlupf um das Geschoss zu vermeiden. Ein solches

Pfeilgeschoss hat eine wesentlich gestrecktere Flugbahn und eine viel höhere Geschwindigkeit als ein

herkömmliches Geschoss gleichen Kalibers.

Der Treibspiegel wurde ursprünglich zur besseren Abdichtung der noch sehr ungenau gefertigten

Steinkugeln oder Bleikugeln von großkalibrigen Vorderladern entwickelt. Meist kam ein Holzpfropfen

zum Einsatz. Bei Handfeuerwaffen umwickelte man die Kugel stattdessen mit einem gefetteten Stück

Leinwand (Pflasterkugel). Dies war zudem bei gezogenen Vorderladern die einzige Möglichkeit, die

Kugel in den Zügen zu führen. Mit der Entwicklung von Minié-Geschossen für Vorderlader und der

Verbreitung von gebrauchsfähigen Hinterladern wurde die Pflasterkugel im Laufe des 19.

Jahrhunderts überflüssig.

Der Treibspiegel oder -käfig dichtet die Ladung im Lauf ab und bietet den Pulvergasen bei dem

eingesetzten unterkalibrigen Projektil eine größere Wirkungsfläche. Aufgrund der kleineren

Projektilmasse steigt die Mündungsgeschwindigkeit. Die Treibkäfigpatrone vereint die Vorteile eines

großen Kalibers mit den höheren Geschwindigkeiten kleinerer Kaliber bei geringerem Rückstoß. Der

Treibspiegel trennt sich durch den höheren Luftwiderstand nach Verlassen des Laufes vom Geschoss.

Löst er sich nach dem Verlassen des Laufs nicht unmittelbar und symmetrisch, führt dies zu

geringerer Treffpräzision.

Bei Kartätschen und Schrotpatronen dient ein Treibspiegel zur Abdichtung der Treibladung gegen die

Kugeln, die die Pulvergase sonst teilweise durchlassen würden, ohne durch sie beschleunigt zu

werden. Treibspiegelgeschosse können in Feuerwaffen mit innen glatten oder spiralförmig

gezogenen Läufen verschossen werden. Treibspiegel (Treibkäfige) dienen bei moderner

Unterkalibermunition wie beim Flechette zur Führung des Geschosses in dem größeren, gezogenen

Lauf der Waffe.

68 http://de.wikipedia.org/wiki/Treibspiegel

Page 36: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 34 – Von der Schleuder zur Winchester

4.3.6.8.1 Schema: Flechette-Projektil mit Treibspiegel (grün), Grafik nach Karl Bednarik

5 Repetiergewehre und Repetierkarabiner Ein Beispiel für ein Repetierkarabiner ist das Winchester Model 1866 Karabiner. Das Unternehmen

Winchester Repeating Arms Company entwickelt und baut seit 1860 in den Vereinigten Staaten

Gewehre. Seit 1866 werden diese unter der bekannten Marke Winchester vertrieben.

Umgangssprachlich steht eine Winchester für Unterhebelrepetierer, jedoch entwickelt Winchester

Repeating Arms auch andere Gewehrtypen.

Kennzeichnend für die vielen Modelle, die Winchester seit den 1860er-Jahren auf den Markt brachte,

ist die Benennung nach dem Jahr der Einführung (Winchester 66, Winchester 73). Regelmäßig bringt

Winchester hochwertig ausgestattete „Commemorative“-Modelle für Sammler heraus, die zumeist

historischen Persönlichkeiten oder Ereignissen gewidmet sind. Zahlreiche andere Unternehmen

orientieren sich an klassischen Winchester-Modelle (einschließlich der Henry und der berühmten

Winchester 73) für Liebhaber und zum sportlichen Schießen.

5.1 Vorläufer der Winchester-Karabiner 1849 patentierte der Erfinder Walter Hunt69 das Repetiergewehr „Volition Repeater“, welches

wichtige Merkmale der späteren Winchester hatte, nachdem er 1848 die hülsenlose Munition Rocket

Ball entwickelt hatte.

5.1.1.1.1 Teilgrafik aus der Patentschrift zum Volition Repeater von Walter Hunt, 1854

69 http://en.wikipedia.org/wiki/Walter_Hunt

Page 37: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 35 – Von der Schleuder zur Winchester

Hunt tat sich mit dem Büchsenmacher Lewis Jennings in Vermont zusammen, um vereinfachte und

verbesserte Prototypen zu entwickeln. Daraus ging die von Smith & Wesson am 14. Februar 1854

patentierte Magazinpistole hervor, die hülsenlose Munition verschoss.

Das unten offene Röhrenmagazin war unter dem Lauf angebracht. Nachgeladen wurde mit dem

Abzugsbügel, der den Verschluss über ein Kniegelenk betätigte und verriegelte. Das System bewährte

sich nicht, da die in der hohlen Kugel liegende Pulverladung zu schwach war und der Gasaustritt

wegen fehlender Liderung die Anfangsgeschwindigkeit noch mehr verminderte.

5.1.1.1.2 Grafiken aus Patentzeichnung der Smith & Wesson Magazinpistole, 1854

5.2 Volcanic-Pistole Kal .41 Die Pistole und ein Gewehr nach dem gleichen Prinzip verkauften sich schlecht. 1855, nachdem sich

Horace Smith und Daniel Wesson entschieden hatten, in die Revolverproduktion einzusteigen,

überließen sie die Produktion der neu gegründeten VOLCANIC REPEATING ARMS COMPANY. Schon

am Anfang daran beteiligt und ab 1856 Präsident und wichtigster Geldgeber war Oliver Winchester,

der das Unternehmen bereits im Frühjahr 1857 umorganisierte und neu unter NEW HAVEN ARMS Co.

registrieren ließ. Gesamthaft wurden etwas über 3.000 Volcanicpistolen und etwa 1.000

Volcanicgewehre unter der Leitung von Oliver Winchester hergestellt.

5.3 Unterhebelrepetierer Nächste Entwicklungsschritte waren dann die Unterhebelrepetierer, die gemeinhin als Henry-Rifle

oder Henry-Gewehr sowie die Winchester-Gewehre sowie der Spencer Karabiner bekannt wurden.

5.3.1 Das Henry-Gewehr 1860

Benjamin Tyler Henry entwickelte während seiner Tätigkeit als Betriebsleiter (engl: Superintendent)

bei der NEW HAVEN ARMS Co. auf der Basis der Volcanic ein Repetiergewehr, das er am 16. Oktober

1860 patentieren ließ.

Die charakteristischen Merkmale des Henry-Gewehrs waren: Die Verwendung einer von ihm

entwickelten Randfeuerpatrone im Kaliber .44 Henry mit Hülse70, welche die Liderung garantiert; ein

Verschlussgehäuse aus Bronze; ein Verschluss, der horizontal durch einen „Unterhebel“, d. h. den

verlängerten und zum Handschutz umgeformten Abzugsbügel, vor- und zurückbewegt wird; ein

Kniegelenk, das die Bewegung des Unterhebels auf den Verschluss überträgt und diesen in

vorderster Stellung blockiert; ein außenliegender Hahn, der durch die Verschlussbewegung

70 http://de.wikipedia.org/wiki/.44_Henry

Page 38: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 36 – Von der Schleuder zur Winchester

niedergedrückt und gespannt wird; ein langes, als integrierter Teil des Laufes angeordnetes Magazin

in Form eines unten offenen Rohres, in dem 15 Patronen hintereinander liegen; ein Hebel, der (mit

dem Unterhebel gekoppelt) den Patronenzuführer senkrecht nach oben hebt, der Patronenzuführer

wirft gleichzeitig die abgeschossene Patronenhülse aus. Beim Schließen des Verschlusses wird die

zugeführte Patrone vom Verschluss in das Patronenlager geschoben, und die Waffe ist schussbereit.

Während des Bürgerkriegs schaffte die Armee der Nordstaaten etwas über 1.700 Henrygewehre an.

Eine Anzahl Henrys wurde zudem von Einheitskommandanten der Nordstaaten für ihre Truppen

privat erworben oder direkt von Kriegsteilnehmern gekauft. Die Gesamtproduktion betrug Ende 1866

über 12.800 Waffen.

5.3.1.1.1 Henry-Gewehre, Patronen .44 Henry Flat und .44 Henry (Fotos)

Im Amerikanischen Bürgerkrieg wurde die Henry-Patrone von der Union verwendet, die Südstaaten

konnte die Munition nicht herstellen. Später wurde die .44-Henry-Patrone im amerikanischen

Westen, in Mexiko und Südamerika in den zahlreich vorhandenen Winchester-Mod-66-Gewehren

und Karabinern verwendet. Aber auch für Revolver wie der frühe Smith & Wesson No 3 Revolver,

Colt Model 1860 Army „Long Cylinder“ Conversions und der Colt Open Top sowie der 1873 Colt

Single Action Army .44 Rimfire verwendeten diese Patrone. (auch: 44 Long Rimfire oder 11 x 23 R)

5.3.1.1.2 Detailskizzen Henry-Gewehr aus Patentschrift 16.10.186071

71 http://www.learnnc.org/lp/multimedia/12427

Page 39: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 37 – Von der Schleuder zur Winchester

Neben dem Henry-Gewehr erreichte auch das im März 1860 patentierte Spencer-Repetiergewehr72 73Marktreife. Die Truppen der Nordstaaten setzten diese Waffen während des Bürgerkrieges ein.

Dabei zeigte sich, dass diese dem Roots-Revolvergewehr Modell 1855, einer Perkussionswaffe von

Colt, überlegen waren.

5.3.1.1.3 Bild: Detailskizze Spencer Karabiner

5.3.1.1.4 Schemazeichnung Spencer Karabiner 1865 .52 mit Patronentasche

5.3.2 Winchester Modell 1866 'Yellowboy'

Das Unternehmen NEW HAVEN ARMS Co. wurde im Mai 1866 in Winchester Repeating Arms

Company umbenannt; dadurch trat der Name Henry-Rifle in den Hintergrund. Die aus dem

Henrygewehr entwickelte Winchester Modell 186674 im Henrykaliber hatte ein geschlossenes

Röhrenmagazin, das von hinten durch eine seitlich angebrachte Ladeklappe geladen wurde.

72 http://www.historicalfirearms.info/post/74424440096/military-rifles-with-tubular-magazines-the-latter 73 http://blog.cheaperthandirt.com/top-ars-1870s/ 74 http://de.wikipedia.org/wiki/Winchester_%28Gewehr%29

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 38 – Von der Schleuder zur Winchester

Damit war der Hauptnachteil der Henry, Probleme mit verschmutzten Patronen, behoben. Da der

Verschlusskasten des Modell 66 aus Messing gefertigt wurde, wurde dieses Modell auch 'Yellowboy'

genannt.

Das Modell 66 trat seinen Siegeszug als Karabiner und Jagdgewehr in der nach dem Bürgerkrieg

stürmisch einsetzenden Besiedlung des Westens an. Vom Modell 66 wurden insgesamt etwa 170.000

Stück hergestellt, 3/4 davon waren Karabiner mit 20-Zoll-Läufen, der Rest Jagdgewehre, zum Teil mit

Achtkantläufen und Infanteriegewehre mit Bajonetthalter. Das Modell 66 war als Militärwaffe

allerdings weniger geeignet, da es keine starken Gewehrpatronen verschießt.

5.3.3 Winchester Modell 1873

1873 bringt Winchester eine verstärkte Version des Modell 66 heraus. Dieses hat den Vorteil, dass

nun auch stärkere Patronen geladen werden können. Die neue Waffe wiegt 4,6 Kilogramm und

verschießt neu entwickelte Zentralfeuerpatronen, z. B. Kaliber .44-40 WCF, .38-40 WCF und.32-20

WCF (Winchester Center Fire). Außerdem wird sie in den Randfeuerkalibern .22 kurz (.22 Short) und

.22 lang (.22 long) hergestellt. Der

Kniegelenkverschluss wurde

beibehalten. Für den

Verschlusskasten wurde nicht mehr

Bronze, sondern Eisen verwendet.

Auch von dieser Waffe werden

Karabiner, Jagdgewehre und

Musketen hergestellt.

5.3.3.1.1 Winchester 1873, Schemazeichnung (nach erfolgtem Schuss)75

5.3.3.1.2 diverse Winchester 73-Modelle (Foto) 76

75 http://castboolits.gunloads.com/showthread.php?169838-Tell-me-about-the-1873-Winchester-trigger 76 http://www.wildwest-guns.de/wildwest-guns/uberti/1873/

Page 41: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 39 – Von der Schleuder zur Winchester

Die Schwäche der Waffe ist zugleich ihre Stärke, denn üblicherweise nutzt man mit ihr Patronen, die

auch in den gebräuchlichsten Revolvermodellen Verwendung finden – z. B. dem Colt Single Action

Army sowie dem Smith & Wesson No 3. Der Besitzer war so in der Lage, die gleiche Patronensorte

sowohl im Gewehr als auch in seiner Faustfeuerwaffe zu verwenden.

6 Faustfeuerwaffen (Colt, Revolver und Pistole) Faustfeuerwaffen sind relative kurzläufige Waffen, welche mit einer Hand abgefeuert werden. Je

nach Modell kann auch das Spannen mit einer Hand erfolgen. Die ersten Waffen dieser Gattung sind

noch Vorderlader. Der große Vorteil gegenüber einem Vorderladergewehr ist, dass der Schütze beim

Laden nicht knien oder stehen muss, also in Deckung bleiben kann. Auch ist der Transport der

kleineren Waffe weniger problematisch. Je kürzer der Lauf, desto ungenauer wird das Zielen sein. Für

einen Reiter darf der Lauf aber auch nicht zu kurz sein, damit die Waffe nicht versehentlich aus dem

Holster rutscht.

6.1 mehrschüssige Waffen im Allgemeinen Mit Einführung von mehrschüssigen Waffen mit Zündhütchen und geladener Kammer in den Jahren

vor dem Civil War wurde die individuelle Feuerkraft auf das Fünf- bis Sechsfache erhöht, je nach

Anzahl der getragenen Waffen. Einige Männer trugen zwei, vier oder auch fünf Handfeuerwaffen, um

über diese Feuerkraft vor dem nächsten Laden zu verfügen. Die meisten Revolverbesitzer trugen ihre

Waffe mit entpanntem Hammer über einer leeren Kammer, um das versehentliche Abfeuern zu

vermeiden, falls die Waffe zu Boden fällt. Diese Praxis wurde auch beibehalten, als durch Einführung

der Patronen das Laden der Waffe wesentlich weniger Zeit beanspruchte.

6.1.1 Pistole

Der Begriff Pistole wird von vielen assoziiert mit einer Handfeuerwaffe, welche die Munition in Form

eines geschlossenen Magazins bevorratet, dies wird auch von vielen englischsprachigen Sprechern so

angenommen. Hierdurch macht man eine Unterscheidung zwischen ‚Pistolen‘ mit statischen

Magazinen und Pistolen, mit rotierenden Magazinen, welche in der Regel dann als ‚Revolver‘

spezifiziert werden. Generell sind Pistolen im Allgemeinen Handfeuerwaffen. Die Handfeuerwaffen

treten im 16 Jahrhundert in Europa auf. Wir finden den Namen 1550 im Mittelfranzösischen:

‚pistolet‘, 1570 im Englischen als ‚pistol‘. Seinen Ursprung hat der Begriff vielleicht im Tschechischen

‚píšťala‘ = Flöte, wo es um 1420 eine Handkanone beschreibt und in den deutschsprachigen

Nachbarländern dann auch als pitschale, pitschole, petsole zu finden ist. Die ersten Pistolen hatten

ein Steinschloss oder Radschloss, später ein Perkussionsschloss. Mehrläufige Modelle wurden früh

entwickelt, auch bei Pistolen, z. B. Derringer. Die 1850 verfügbare Jarre Harmonica pistol hatte ein

einschiebbares Magazin mit Handbetrieb. Später sind durch Einsatz von Federn und entsprechenden

Patronen ohne Randwulste halbautomatische Magazine möglich.

6.1.2 Revolver77

Erste mehrläufige Revolver, deren Läufe noch von Hand gedreht werden mussten, bildeten die

Grundlage für die modernen mehrschüssigen Revolver. Im Rahmen der technischen Verbesserungen

wurde Material eingespart, um die Waffen handlicher und leichter zu machen. So finden wir die

mehrläufige Pepper-box78 über lange Zeit und in vielen Varianten und Ländern. Dieser Waffentyp ist

mehrläufig, benötigt aber nur noch einen Hammer.

77 http://en.wikipedia.org/wiki/Revolver 78 http://en.wikipedia.org/wiki/Pepper-box

Page 42: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 40 – Von der Schleuder zur Winchester

6.1.2.1.1 Augsburger 3-Lauf-Pistole,

Steinschloss, (18.Jhd),

Vorläufer der Pepper-box-

Varianten

6.1.2.1.2 Pepper-box um 1850 (Foto)

Mit Einführung der Trommelmagazine ist die Reduktion auf einen Lauf möglich und die Waffe ist

weniger kopflastig. Die meisten Handfeuerwaffen im Wilden Westen haben die wesentlichen

Merkmale gemein, dass sie durch einläufige Ausführung leicht zu transportieren, aber durch

rotierende Trommelmagazine mehrschüssig sind. Sie haben meist fünf oder sechs Kammern und sind

anfangs als Vorderlader und Zündhütchen, später als Hinterlader mit Patronen zu finden. Besondere

Formen können auch größere Trommeln mit entsprechend größerer Ladekapazität haben oder als

Gewehr ausgelegt sein.

Der klassische Trommelrevolver wird auch als ‚wheel gun‘ bezeichnet. Die sechsschüssige Variante,

insbesondere der Colt Single Action Army hat auch die umgangssprachliche Bezeichnung ‚six gun‘.

6.1.2.1.3 Diverse Steinschloss-Revolver von Elisa Haydon Collier

Der Begriff Revolver beschreibt also die Eigenschaft, dass mehrere geladene Kammern durch

Rotation jeweils schussbereit werden. Eine der ersten Waffen dieser Gattung stammt aus dem

späten 15. Jahrhundert aus Nürnberg. Von Elisha Haydon Collier79 stammen diverse Revolver mit

Steinschloss ab 1814. Gegenüber der schweren und oft unsicheren Pepper-box waren dies wohl die

ersten funktionstüchtigen Revolver. Diese Waffen inspirierten Samuel Colt später zur Entwicklung

seines ‚Colt Paterson‘.

6.1.3 Exkurs: frühe mechanisierte Gewehre und Geschütze

79 http://en.wikipedia.org/wiki/Elisha_Collier, http://www.katetattersall.com/?p=1843

Page 43: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 41 – Von der Schleuder zur Winchester

Die ‚Puckle Gun‘, eine englische

Steinschloss-Revolver-Waffe aus 1718

war auf einem Tripod montiert und

erlaubte neun Schüsse.

6.1.3.1.1 Skizzen zu Puckle Gun, 171880

1777 stellte Joseph Belton aus Philadephia

seine Erfindung vor, seine „new improved

gun“, die mit einem Magazin ausgestattet

war und bis zu 20 Schuss in fünf Sekunden

abfeuern konnte. Doch seine

Preisvorstellungen waren zu hoch. Sie

hätte mit ihrer Feuerkraft immerhin 100

Steinschlossmusketen entsprochen.

Gatling war nicht der erste, der über eine Kombination mehrerer Läufe nachdachte. Bereits im 18.

Jahrhundert gab es entsprechende Ideen und auch die französische Mitrailleuse von Nordenfelt

verfügte über mehrere Läufe.

6.1.3.1.2 Montigny Mitrailleuse 1859 (Zeichnung), Mitrailleuse

de Reffye, 1866 (Foto)

Bis zu Mitte des 19. Jhd. finden

wir so mehrere Varianten, wie

die Feuerkraft durch mehrläufige

und/oder magazingestützte

Konstruktionen erhöht werden

konnte. Manchmal wurden ganze

geladene Läufe inklusive Schloss

zu mehrschüssigen Waffen

kombiniert und auf Achsen montiert, z. B. die Mitrailleuse81

Erste Waffen dieser Gattung haben ein

Munitionsreservoir, aus dem die

Patronenalleine durch Schwerkraft in

Position rutschen, um dann geladen zu

80 http://thefiringline.com/forums/showthread.php?t=536160&page=3 81 http://en.wikipedia.org/wiki/Mitrailleuse

Page 44: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 42 – Von der Schleuder zur Winchester

werden. Die Agar-Gun82 bekam den Spitznamen Coffee-mill gun – wegen ihres kaffeemühlenartigen

Magazins mit Kurbel. Sie wird um 1861 eingesetzt, 54 Stück orderte man für die Unionstruppen.

6.1.3.1.3 Agar-Gun (Foto)

Hohe Schussfolgen sind möglich, wenn neben dem Abfeuern auch das Laden automatisiert werden

kann. Wird nur die Munition in rascher Folge zugeführt, z. B. Patronen in Förderketten, spricht man

von mechanisierten oder Maschinengewehren. Diese schnellfeuernden Waffen sind immer noch

halbautomatisch. Es muss irgendwann immer noch ein Magazin geladen werden.

Wenn die Schussfolge mechanisiert ist (Kurbel), nennt man dieses Prinzip auch ‚Gatling‘. Die Gattling

Gun83, von Richard Jordan Gattling 1861 während des amerikanischen Bürgerkriegs entworfen, war

die erste automatisch ladende Waffe mit erstem Einsatz im Amerikanischen Bürgerkrieg. Die

Regierung der Vereinigten Staaten hatte zuerst kein Interesse daran; trotzdem kaufte der

Unionsgeneral Benjamin Butler 12 Stück und setzte sie an der Front bei Petersburg ein.

Die ursprüngliche Gatling verfügte über sechs Läufe, was eine Überhitzung der Läufe verhinderte. Sie

rotierten um eine Mittelachse. Die Patronen wurden durch die Schwerkraft von oben über einen

aufsteckbaren Schacht in die Waffe befördert.

6.1.3.1.4 Bild: Gatling Gun84

6.1.3.1.5 Bild: Gatling Gun Patentzeichnung85

Man benötigte vier Mann, um das Gatling-

Maschinengewehr zu bedienen.

82 http://en.wikipedia.org/wiki/Agar_gun 83 http://en.wikipedia.org/wiki/Gatling_gun 84 http://www.civilwarhome.com/gatlinggun.html 85 http://www.the-blueprints.com/blueprints/weapons/weapons/30418/view/gatling_battery_gun/

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 43 – Von der Schleuder zur Winchester

Doch um die Stärken solcher schnellfeuernder

halbautomatischer oder automatisch ladender

Waffen zu nutzen, müssen diese meist exponiert

aufgestellt werden und die Crew, die diese Waffen

bedient ist dann das Ziel von Scharfschützen und

gegnerischer Artillerie.

Die leichtesten Modelle wogen über 45 kg.

Daher wurden viele dieser Waffen auf fahrbaren

Gestellen installiert und zum Schutz der Crew gegen

gegnerisches Feuer armiert. Damit fällt diese

Waffengattung definitiv nicht mehr unter die

Handfeuerwaffen.

6.1.3.1.6 Bild: Hotchkiss 37mm 5-barrel revolving cannon86

6.2 Waffenhersteller und ihre Produkte Die Welt im 18. Und 19. Jahrhundert befindet sich im Umbruch. Neue Technologien, Expansion und

politische Neuordnungen, internationaler Handel… alles zusammen ergibt den Nährboden, wenn

nicht gar Notwendigkeiten, auch für die Waffenhersteller in Europa und Amerika. Ich möchte hier

exemplarisch nur drei renommierte Waffenhersteller und einige ihrer Produkte vorstellen:

Remington, Colt und Smith & Wesson. Durch die gemeinsame Geschichte und Konkurrenz sind diese

Hersteller und ihre Waffen thematisch miteinander verbunden. Sicherlich gab und gibt es noch

mehrere andere namhafte Hersteller, die ich heute allein schon aus zeitlichen Gründen nicht

betrachten kann. Doch mit den drei vorgenannten ‚Waffenschmieden der amerikanischen Neuzeit‘

denke ich, einen Großteil der näheren Entwicklungsgeschichte bzgl. der bedeutenden

Handfeuerwaffen im Wilden Westen abzudecken.

6.2.1 Remington Arms Company, Inc.

Das Unternehmen wurde 1816 von Eliphalet Remington in Ilion, New York, unter dem

Namen „E. Remington and Sons“ gegründet. Es ist das älteste Unternehmen der USA,

das seit der Unternehmensgründung ohne Unterbrechung Waffen herstellt. 87

6.2.1.1.1 Bild: Eliphalet Remington

6.2.1.2 Produktion der Läufe

Die langjährige Geschichte von Remington begann im Jahre 1816. Eliphalet Remington II war davon

überzeugt, er könne eine bessere Waffe bauen, als er kaufen könnte. Die damaligen Farmer der

Gemeinden in der Region waren dafür bekannt, dass sie vielfältige handwerkliche Fähigkeiten hatten

und sich weitgehend selbst versorgen konnten. Die Wintersaison, in der auf den Feldern keine Arbeit

anfiel, wurde dazu genutzt, Güter des täglichen Bedarfs selber herzustellen, sowohl für den

Eigengebrauch als auch für lokale Märkte.

Zu jener Zeit stellten die meisten Leute ihre Gewehre aus Kostengründen selbst her. Der Schaft bzw.

Kolben des Gewehres wurde von Hand geschnitzt, der Lauf und das Zündschloss dazugekauft und

dann selbst montiert.

86 Fort Copacabana, Rio de Janeiro, 1872 http://en.wikipedia.org/wiki/Hotchkiss_gun 87 http://de.wikipedia.org/wiki/Remington_Arms

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 44 – Von der Schleuder zur Winchester

Der Vater von Eliphalet war ein Schmied und wollte seine Produktpalette erweitern, indem er Läufe

für Gewehre fertigte. Um sich Wissen über die Laufherstellung anzueignen, wurde Eliphalet von

seinem Vater zu einem bekannten Hersteller geschickt. Er hatte die Aufgabe, dort einen Lauf zu

kaufen und nebenbei die Produktionstechniken zu beobachten. Nachdem der junge Mann nach

Hause zurückgekehrt war, wurde in der Schmiede seines Vaters, in Ilion-Gorge, New York, eine

erfolgreiche Lauf-Manufaktur eröffnet.

Zu jener Zeit bestand die Methode einen Lauf herzustellen darin, lange, flache, erhitzte Eisenbarren

um eine Metallstange des gewünschten Kalibers zu wickeln. Diese wurden dann immer wieder erhitzt

und zusammengehämmert, so lange bis sich die Barren verbanden und zu einem soliden Zylinder

wurden (daher früher auch die populäre Achtkantform der Läufe). War der Zylinder komplett, wurde

die Metallstange in der Mitte herausgezogen und der Lauf war fertig.

6.2.1.3 Remingtons Start als Waffenhersteller

Eliphalet Remington entwarf für sich ein Steinschlossgewehr und baute dieses. Im Herbst desselben

Jahrs nahm er an einem Schießwettbewerb teil, bei dem er den zweiten Platz belegte. Seine sehr gut

verarbeitete Waffe beeindruckte einige der anderen Schützen, viele waren von der Qualität sogar

dermaßen überzeugt, dass sie sofort ein Gewehr in Auftrag gaben. Am Ende des Tages hatte Eliphalet

Remington so viele Bestellungen erhalten, dass er ab sofort offiziell im Waffenschmiedegeschäft war.

Im Jahre 1828 übersiedelte das Werk in die Nähe von Ilion, New York, an genau jenen Standort, wo

noch heute das moderne Remington-Werk zu finden ist. Zur Produktpalette gehören Büchsen,

Flinten, Revolver und Pistolen, sowie Munition.

Während des Sezessionskrieges (1861–1865) konnte Remington die Union von seinem Perkussions-

Revolver, dem Remington New Model Army im Kaliber .44 überzeugen, von dem 106.000 Exemplare

beschafft und als Ordonnanzwaffe für die Kavallerie und für Offiziere eingeführt wurden. Vom

kleineren Modell im Kaliber .36 wurden 4000 Stück für die U.S. Navy beschafft.

6.2.1.4 Die kleinste Remington

Als Sportwaffe ist der Single Shot Derringer gedacht88. Die “Remington-Rider Single Shot Derringer

Parlor Pistol” wurde zwischen 1860 und 1863 mit knapp 200 Stück produziert. Die Pistole mit Kaliber

.17 (4.3 mm) verfügt über einen Drei-inch (7.6 cm) Messinglauf, einen zweiteiligen Verschluss, einen

Messinggriff mit Silberintarsien.

Es ist die kleinste Remington Pistole. Die Munition nutzt kein Treibmittel, diese niedliche

Handfeuerwaffe nutzt 4.3 mm Projektile, deren überraschend hohe Geschwindigkeit nur durch das

Zündhütchen herrühren. Das Prinzip dieser Waffe, nur mit Zündhütchen zu schießen, wurde 1845

vom Franzosen Louis Nicolas Flaubert eingeführt. Von Ihm stammt auch der Begriff ‚Parlor Gun‘, also

Salon- oder Dielenpistole, dann dort wurden diese Waffen zum sportlichen Schießen eingesetzt.

Diese kleinen Pistolen waren also keine Verteidigungswaffen. Sie wurden in Salons oder anderen

geschlossenen Räumen mit kleinem Personenkreis beim sportlichen Scheibenschießen eingesetzt.

88 http://en.wikipedia.org/wiki/Remington_Rider_Single_Shot_Pistol

Page 47: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 45 – Von der Schleuder zur Winchester

6.2.1.4.1 Bild: Remington-Rider Single Shot Deringer, hergestellt ca. 1860-1863

6.2.1.5 Remington Army Modelle

Der Remington-Beals Army Revolver war der ersten grosskalibrige Revolver der Firma. Auf ihm

basiert der Remington 1861 Army (später Old Model genannt). Es folgte das Remington New Model

Army, das von 1863 bis 1875 produziert wurde89. Der Ladebügel der ersten beiden Modelle war so

gestaltet, dass er nicht herunter geklappt werden musste um die Trommelachse herauszuziehen. Der

Ladebügel des New Model hingegen blockierte die Trommelachse, er musste nach unten geklappt

werden, damit man diese herausziehen konnte. (Zwei oder mehrere zusätzliche Trommeln erlaubten

ein schnelleres Nachladen im Gefecht.) Die ersten ca. 30.000 Revolver hatten noch ein im

Schwalbenschwanz seitlich verschiebbares Korn aus Messing, später wurde das Korn aus Eisen fest

verschraubt.

89 http://de.wikipedia.org/wiki/Remington_New_Model_Army

Page 48: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 46 – Von der Schleuder zur Winchester

Die US-Armee beurteilte zwar alle drei Versionen als nicht sehr ausgereift, schaffte aber trotzdem

115.563 Stück an, da der Konkurrent Colt allein den Bedarf an Faustfeuerwaffen nicht decken konnte.

Aufgrund seiner Robustheit bewährte sich der Remington jedoch und war beliebt bei der Truppe. Der

einteilige Rahmen erlaubte die Verwendung auch im Nahkampf, was beim vergleichbaren Colt Army

Model 1860-Revolver problematisch war, da dieser aus vier Bauteilen bestand: Griffstück,

Systemkasten mit Trommelachse, Trommel und Lauf mit Ladehebel. Colts Griffstück war mit fünf

Schrauben am Systemkasten befestigt, die Trommel saß auf der massiven Trommelachse, auf die das

Laufstück aufgeschoben und mit einem Querkeil arretiert wurde.

6.2.1.5.1 Bild: Remington New Model Army, hergestellt ab 186390

Beim Remington war der Lauf fest mit dem einteiligen Rahmen/Griffstück verschraubt. Die

Trommelachse wurde von vorne eingeschoben und durch den Ladebügel gehalten. Die massive

einteilige Waffe mit dem unten verstärkten Ladebügel konnte im Nahkampf als Schlagwaffe

eingesetzt werden, was beim Colt eher riskant war. Die stabile Bauweise des Remington-Revolvers

hatte dafür einen Nachteil. Beim Colt konnte der Lauf zur Reinigung abgenommen werden. So

konnten Pulverrückstände herausgewaschen werden, ohne dass Wasser ins Schloss eindringen

konnte.

Die meisten der Remington New Model Army Revolver wurden an die US-Armee geliefert. Sie sind an

diversen Stempelungen und der unten an der linken Griffschale eingepressten Inspektormarke

erkennbar. Nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges wurden sie im zivilen Markt verkauft,

ein Teil ging nach Frankreich zur Bewaffnung der Truppen im Deutsch-Französischen Krieg.

Systemgleich stellte Remington ein kleineres Navy- und ein Police-Model im Kaliber .36 sowie ein

Pocket-Model im Kaliber .31 her.

Eine Besonderheit dieser Waffe war eine simple, aber effektive Sicherung. Da es zu jener Zeit noch

keine Fallsicherungen bei Revolvern gab, luden die Schützen bei einem sechsschüssigen Revolver nur

fünf Kammern und ließen eine leer, auf welcher der Hahn ruhte. Fiel die Waffe zu Boden, so konnte

sich kein Schuss lösen.

90 http://www.all4shooters.com/de/Fotos/Kurzwaffen/Revolver-Remington-1858-zerlegen-Anleitung-Galerie/

Page 49: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 47 – Von der Schleuder zur Winchester

6.2.1.5.2 Bild: Zwei Remington New Model Army mit Gravur und dem mexikanischen Motiv

"Schlange und Adler", Kugelzange, Pulverflasche und Zündkapseldose

Der Remington hingegen hatte auf der Trommel zwischen jedem Piston eine Fräsung, in welche man

den Hahn einrasten konnte, die sogenannte „Hahnrast“. Man hob den Hahn etwas an, drehte die

Trommel nur halb weiter und ließ dann den Hahn in diese Fräsung einrasten. Somit war

gewährleistet, dass der Hahn nicht auf eine geladene Kammer treffen konnte. Wurde der Hahn von

hinten angeschlagen, so passierte nichts.

6.2.1.5.3 boxed remington beals first model pocket revolver (Foto)91

91 http://www.remingtonsociety.com/rsa/journals/PasteboardBoxes

Page 50: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 48 – Von der Schleuder zur Winchester

6.2.1.6 Umbau des New Model Army zum fünfschüssigen Hinterlader Kaliber .46

In Anwendung des Rollin-White-Patents vom 3. April 1855 brachte Smith & Wesson 1857 einen

Hinterlader-Revolver mit Metallpatronen auf den Markt, den Smith & Wesson No 1.

Anderen Herstellern war es nicht erlaubt, Revolver mit zylindrisch durchbohrter Trommel für

Patronen auf den Markt zu bringen. Remington verständigte sich mit Smith & Wesson und erhielt

eine Lizenz zur Herstellung von Umbausätzen, um die Waffen für die Verwendung von Patronen

herzurichten. Februar 1868 brachte Remington einen Umbausatz für sein New Model Army und auch

die kleineren Modelle auf den Markt. Allein 4.574 Remington New Model Army wurden so auf

Hinterladung im Kaliber .46 umgebaut. Die Waffe konnte durch Auswechseln der Trommel und des

Hahns umgerüstet und daher sowohl mit Perkussionszündung als auch mit Randfeuerpatronen

Kaliber .46 verwendet werden.

6.2.1.6.1 Remington Conversion .46 mit Pateninschrift auf Trommel (Fotos)92 93

Der abgeänderte Remington war vermutlich der erste an die US-Truppe abgegebene

Patronenrevolver. Nachgewiesen ist, dass er in den Indianerkriegen neben den Perkussionsrevolvern

verwendet worden ist. Im „Army and Navy Journal“ vom 25. September 1869 kritisieren

Kavallerieoffiziere die Nachteile des früher abgegebenen Remington (Perkussionsrevolver)

gegenüber dem kürzlich verteilten neuen Modell (Patronenrevolver). Im Artikel steht auch, dass das

Gefecht der Truppen von Capt. Fettermann mit Patronenrevolvern hätte vermieden werden können

(1866 wurde Fettermann mit 80 Mann von einer Übermacht von Cheyennes und Sioux in einen

Hinterhalt gelockt und bis auf den letzten Mann aufgerieben).

Buffalo Bill Cody, der von 1866 bis 1870 einen „New Model Army“ besaß, beurteilte diese Waffe

positiv: „It never failed me“.

6.2.1.7 Remington Rolling Block Gewehr

A propos Buffalo Bill, das Remington Rolling Block Gewehr94 ist ein sehr robustes Hinterladergewehr

(Verschluss-Lader), die 1864 von E. Remington and Sons entworfen wurde und auch als Jagdgewehr

92 http://www.liveauctionworld.com/Remington-model-1858-New-Model-revolver-Rollin-White-type-conversion-to-46-caliber-rimfire-blue_i9858944 93 http://deadlyweapons-army.blogspot.de/2011/10/deadly-remington-model-1858.html 94 http://en.wikipedia.org/wiki/Remington_Rolling_Block_rifle

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 49 – Von der Schleuder zur Winchester

bei der Büffeljagd beliebt war. Es wird mit einer Vielzahl von Kalibern, Rand- und

Zentralfeuerpatronen verwendet.

Schweden und Norwegen entschieden sich 1867 für dieses Gewehr und gehörten so zu den ersten

Nationen, die das Remington rolling block als Standardmilitargewehr einführten. Große Mengen der

Remington rolling block Gewehre und Karabiner wurden unter Lizenz in Schweden und Norwegen

produziert. Zivile Remington rolling block Gewehre und später auch zusätzliche Militargewehre

wurden bei den skandinavischen Jäger bekannt und beliebt, insbesondere für die Elchjagd.

6.2.1.7.1 Bild: Remington Rolling-Block95

Mit Kaliber.43 war sie die Hauptwaffe der

spanischen Armee ab 1870 (–1893) und

somit auch in deren Reservebeständen. Das

Remington rolling block wurde auch zum

Standardgewehr der Dänischen Armee.

Während des französisch-Preußischen

Krieges , bezog Frankreich 210,000 Rolling

Block Gewehre um Versorgungslücken

beim Chassepot-Gewehr zu kompensieren.

6.2.1.8 Remingtons erweiterte

Geschäftsbereiche

1865 wurde Remington in eine

Aktiengesellschaft umgewandelt. Danach

begann Remington auch in anderen

Geschäftszweigen Fuß zu fassen. 1873

wurde z. B. die Produktion von

Schreibmaschinen eingeführt. Dieser Zweig

wurde aber 1886 an die Standard

Typewriter Company verkauft, womit auch

die Rechte zum Gebrauch des Namens

Remington verbunden waren.

6.2.1.8.1 Remington Rolling-Block breech,

Detailzeichnungen96

95 Foto nachgearbeitet nach http://en.wikipedia.org/wiki/Remington_Rolling_Block_rifle 96 http://www.figuren-modellbau.de/remington-rolling-block.html

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 50 – Von der Schleuder zur Winchester

6.2.2 Colt

Als die Soldaten ihren Sold hatten, stolperten sie über Soldaten, die ihren Colt hatten, sodass die Soldaten, die ihren Colt hatten, bald auch den Sold hatten, was die Soldaten, die ihren Sold hatten, natürlich nicht gewollt hatten.

Samuel Colt97 erhielt 1836 sein erstes Patent für einen funktionalen Revolver. Er begann die

Produktion einer Reihe von Perkussionsrevolvern und Revolvergewehren mit der Patent Arms

Manufacturing Co. in Paterson (New Jersey) für den zivilen Markt98 99. Sein Ziel war jedoch die

militärische Verwendung der Waffen und es gelangen ihm einige Verkäufe an die US-Armee sowie an

die Republik Texas. In Paterson wurden zwischen 1836 bis 1842 Revolver-Waffen hergestellt:

Gewehre und Karabiner (1.450), Shotguns (462) und Pistolen (2.350). John Ehlers, ein ehemaliger

Kreditor, übernahm nach Colts Konkurs die Produktion und Geschäfte bis 1847.

Colt's ersten Entwicklungen spielten tragende Rolle in der Popularisierung des Revolvers und der

Abkehr von den zuvor verwendeten einschüssigen Pistolen. Auch wenn Samuel Colt das Konzept des

Revolvers nicht erfunden hat, so gehören seine Entwicklungen doch zu den ersten sehr erfolgreichen

Revolvern.

6.2.2.1 Colt Paterson-Serie

Das Besondere an den

Paterson-Colts100 war der

Abzug: dieser konnte

eingeklappt werden, was

den Abzugsbügel zu

seinem Schutz erübrigte.

Wenn man den Hahn

spannte, klappte der

Abzug aus. Nach der

Benutzung konnte man

diesen wieder einklappen.

Diese Mechanik erlaubte,

den Revolver auch ohne

Holster im Gürtel tragen

zu können.

6.2.2.1.1 Colt Paterson „Holster Model“, Patentzeichnung 1839101

Dem "No. 1 Pocket Model" (500 Exemplare mit Kaliber .28 Zoll) folgten größeren Modelle. "No. 2 und

No. 3 Belt Model" (Gurtmodell) (ca. 900 Stück, Kaliber Trommelkammern: zwischen .31 und .32 Zoll,

Laufkaliber zwischen .33 und .34 Zoll). Das Modell No. 2 hatte einen kürzeren, das Modell

No. 3 einen längeren unten erweiterten Griff.

97 http://de.wikipedia.org/wiki/Colt-Perkussionsrevolver 98 http://en.wikipedia.org/wiki/Colt%27s_Manufacturing_Company 99 http://en.wikipedia.org/wiki/Colt_Ring_Lever_rifles 100 http://en.wikipedia.org/wiki/Colt_Paterson 101 http://www.gunsandammo.com/historical/making-men-equal-legend-samuel-colts-200th-birthday/ , http://thewadsworth.org/ Photo: Wadsworth Atheneum Museum of Art

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 51 – Von der Schleuder zur Winchester

"No. 5 Holster Pistol" (1.000 Exemplare, Kaliber .36) war der größte in Serie hergestellte Paterson-

Revolver. Zwar gingen Samuel Colt 1838 die Mittel aus, er bekam aber Unterstützung durch Texas

Ranger Samuel Walker. Er ging ab 1839 in nennenswerter Stückzahl an die Texas Rangers.

Unter Sammlern wird dieses Modell deshalb auch ‚Texas Model‘ genannt. Die fünfschüssige Waffe

war jeder anderen Vorderladerpistole überlegen, aber immer noch komplex in Struktur und

Bedienung (76 bewegliche Teile). 1842 wurde die Produktion mangels Rentabilität eingestellt.

6.2.2.2 Colt Walker Mod. 1847

Der ehemalige Texas Ranger Captain Samuel Walker war von den Vorteilen eines einfach

bedienbaren aber schussstarken Revolvers überzeugt. Er nahm Kontakt zu Colonel Samuel Colt auf

und entwickelte mit diesem den sechsschüssigen Colt Walker Mod. 1847 im Kaliber .44 mit 60 Grains

Ladung102. Er hatte nur noch 17 bewegliche Teile und die Ladung erfolgte ohne Demontage der

Trommel. Tausend Stück gingen an die Armee unter der Bezeichnung „Model of 1847 Army Pistol“.

Mangels eigener Produktionsstätten wurden diese beim Fabrikanten und Waffenhersteller Eli

Whitney Jr. in Whitneyville, Connecticut hergestellt. Colt gründete hierauf die Colt’s Patent Firearms

Manufacturing Company.

Keine andere Waffe hat die Entwicklung im Wilden Westen, insbesondere in Texas während des

Mexikanischen Krieges, derart geprägt wie der erfolgreiche Colt Walker. Für Samuel Colt selbst war

es das come back als Waffenhersteller.103 Dieser Colt gilt als die stärkste, kommerziell hergestellte

Schwarzpulver-Handfeuerwaffe des 19. Jahrhunderts.

6.2.2.3 Colt 1848 Dragoon

Vom hieraus verbesserten Modell, dem Colt 1848 Dragoon mit nur 7 beweglichen Teilen wurden bis

1860 weitere 8.000 Stück an die Truppe geliefert. Von 1860 bis 1865 lieferte Colt dann über 100.000

Colt 1860 Army an die Nordstaaten, es war der letzte bei den US-Truppen verwendete

Vorderladerrevolver.

6.2.2.3.1 Colt 1848 Dragoon (Fotos)

Colt lieferte auch repräsentative Einzelstücke mit Gravuren, teilweise mit Goldinlays und Griffen aus

Walnussholz und Klavierlack. In seinen Manufakturen bot Colt ein vergleichbar sehr gutes

Arbeitsumfeld. Er beschäftigte Spezialisten für die Einzelbestandteile und erreichte so sehr hohe

Qualitäten. Der Goldrausch und der aufkommende Bürgerkrieg sorgten für einen guten Absatzmarkt.

Colt versorgte die Unionstruppen. Das Pocket-Model aus dem Jahr 1849, war eine übliche Zweitwaffe

der Unionstruppen (340.000)

102 http://en.wikipedia.org/wiki/Colt_Walker 103 http://www.cimarron-firearms.com/percussion-revolvers-2/walker-dragoon.html

Page 54: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 52 – Von der Schleuder zur Winchester

6.2.2.4 1851, Colt Navy 36.

Der Navy Model 1851 wurde von Colt als Belt-Model (Gurtmodell) bezeichnet und kam 1850 auf den

Markt. In der Größe liegt der Navy zwischen dem Pocket und dem Dragoon. Colt Navy wird er wegen

der auf der Trommel aufgerollten Seeschlacht genannt. Der Navy hatte einen achtkantigen 7.5-Zoll-

Lauf und wurde im Kaliber .36 (selten .40) produziert. Wie der Dragoon und der Pocket hatte er eine

am Lauf angebrachte Laderamme. Zwischen 1850 und 1872 wurden in Hartford über 215.000 Stück

dieser sechsschüssigen Waffe hergestellt. Eine nicht bekannte Stückzahl ging im Sezessionskrieg an

die US-Armee und die US-Marine.

6.2.2.4.1 Colt Navy Mod. 1851, Foto mit Bezeichnungen wichtiger Merkmale in Englisch104

Auch andere Länder verwendeten Navy-Colts. So ist bekannt, dass die Lieferung einer Anzahl dieser

Revolver an Russland von Preußen abgefangen wurde und mit der Bezeichnung KM von der Marine

eingesetzt wurde. Auch Österreich verwendete diese Waffen und stellte in Innsbruck Nachbauten

her. Dieses klassische Modell war auch bei Zivilisten sehr beliebt und daher weit verbreitet.

6.2.2.5 Im Schatten des Rollin White-Patents

Rollin White war ein Mitarbeiter von Colt, in den 1850er Jahren entwickelte White einen neuen

Lademechanismus. Samuel Colt zeigte aber kein Interesse an Whites Mechanismus. White verließ die

Firma und ließ seine Entwicklung 3. April 1855 für 7 Jahre patentieren und bis April 1869 verlängern.

Die Patentzeichnung zeigte eine komplett zylindrisch durchbohrte Trommel. Firma Smith & Wesson

übernahm das Patent konnte so bereits Ende 1857 einen ersten Revolver für Metallpatronen auf den

Markt zu bringen (vergl. Smith & Wesson No 1). Alle anderen Waffenhersteller waren zu dieser Zeit

noch patentrechtlich gebunden und konnten ihren Kunden nur Revolver mit von vorne zu ladenden

Trommeln anbieten oder das Patent in Lizenz nutzen – Remington erhielt eine Lizenz zur Herstellung

von durchbohrten Revolvertrommeln für den Remington New Model Army und kleinere Modelle.

Andere Waffenhersteller, unter ihnen auch Colt, versuchten erfolglos dieses Patent zu umgehen. Colt

brachte in dieser Zeit den Colt-Thuer-Revolver heraus.

Das Veto von US-Präsident Grant gegen die Verlängerung des Patents machte im April 1869 den Weg

frei zur Entwicklung moderner Hinterlader-Revolver. Das Unternehmen Colt überbrückte die Zeit mit

eigenen Modellen.

104 http://www.manhattanfirearms.com/files/Navy4th_2LAST.jpg

Page 55: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 53 – Von der Schleuder zur Winchester

6.2.2.6 1861 Army 44. 8 Inch

Konföderierte Soldaten nutzten gerne die Chance, einen Union-Colt in die Hände zu bekommen. Ihre

Kopien dieser Waffe nutzten (brass) Bronze statt Stahlrahmen und waren daher weniger stabil. 1862

starb Colt wahrscheinlich an Überarbeitung, seine Frau Elisabeth führte die Geschäfte weiter. Nach

dem Bürgerkrieg begann man, weitere Verbesserungen einzuführen.

1869 Colt entwickelte einen zuerst "Army 42" genannten Revolver, um ihn der U.S. Armee für

Testzwecke zur Verfügung zu stellen. Da sich die Armee für die Abänderung der noch in großer Zahl

vorhandenen Perkussionsrevolver Colt Army Model 1860 entschied, bot Colt die nun "Open Top

Frontier" genannten Revolver auf dem zivilen Markt an. (Open Top steht für den oben offenen

Rahmen). Der Open Top war ein auf der Basis der Colt Model 1851/61 Navy-Vorderlader entwickelter

Patronenrevolver. Ende der 1860er-Jahre erhielten erste Teile der Truppe auf Hinterladung

abgeänderte Colt-Vorderlader105 sowie eine Anzahl von Kipplaufrevolvern Smith & Wesson No. 3.

6.2.2.6.1 Colt Open Top .44, Navy (Foto)

6.2.2.7 Colt Single Action Army 1873

In den frühen 1870er-Jahren wurde eine Neubewaffnung der Kavallerie nötig. Die U.S. Cavalry war

eine Dragonertruppe, sie kämpfte in der Regel abgesessen. Ihre veraltete Bewaffnung aus dem

Bürgerkrieg wird durch den Springfield-Karabiner 1873 im Kaliber 45-70 (mit auf 55 Grains

reduzierter Ladung) und den Colt Single Action Army 1873 Cavalry Model mit einem 7½-Zoll-Lauf

ersetzt106. Der Kavalleriesäbel Mod. 1860 wurde beibehalten, jedoch selten getragen.

Trotz anfänglichen Schwierigkeiten bei der Munitionsproduktion ist die Truppe jedoch begeistert

vom Colt Single Action .45 Cavalry Model107. Der Colt Single Action Army, auch bekannt SAA oder Colt

45, ist der erste von der Colt’s Patent Firearms Manufacturing Company hergestellte großkalibrige

Patronenrevolver mit geschlossenem Rahmen. Die sechsschüssige Trommel wird – wie bei allen

Single-Action-Revolvern – durch das Spannen des Hahns weitergedreht.

Die für die Armee bestimmten Colt Single Actions wurden bereits von Colt-Inspektoren geprüft,

bevor sie an die Armeeinspektoren gingen. Der Armeeinspektor der ersten Serie von 8000 Stück war

Orville W. Ainsworth. Sein Schlag auf Metallteilen war ein kleines „A“, ein „OWA“ wurde auf das

Griffstück geprägt. Andere Inspektoren waren Henry Nettleton („HN“), David F. Clark („DFC“) und

105 http://de.wikipedia.org/wiki/Colt_Open_Top 106 http://de.wikipedia.org/wiki/Colt_Single_Action_Army 107 http://de.wikipedia.org/wiki/.45_Colt

Page 56: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 54 – Von der Schleuder zur Winchester

Rinaldo A. Carr („RAC“). Zurückgewiesene Waffen erhielten ein „C“ für „Condemned“. Deren Teile

gingen, so in Ordnung, in die Zivilproduktion.

6.2.2.8 Colt-Hinterlader

Um Lagerbestände abzubauen, brachte Colt zuerst auf Hinterladung umgebaute Colt-

Perkussionsrevolver auf den Markt und gleichzeitig entwickelte die Firma einen Army 42 und später

Colt Open Top genannten Revolver im Kaliber .44 Henry für Armeetests, der mit seinem offenen

Rahmen noch auf den älteren Modellen basierte. Da keine dieser Waffen den letzten Spezifikationen

der US Army entsprachen, wurde der Chefingenieur bei Colt, William Mason beauftragt, einen

Revolver mit geschlossenem Rahmen für die damalige Armeepatrone .44 S & W American zu

entwickeln. Die oft gehörte Meinung, Colt habe den geschlossenen Rahmen bei Remington

abgeschaut, ist falsch, gab es doch bereits im Jahr 1855 Colt-Revolver mit geschlossenem Rahmen,

1860 auch Versuchsmodelle im Kaliber .44 Rimfire.

Im Frühjahr 1872 war der Prototyp des Single Action Army fertiggestellt. Anstatt einer Nummer war

auf dem Rahmen die Bezeichnung 44 NM 1872 eingeschlagen. Im Juni 1872 folgte die Nummer S 1

und im November wurde Nr. S 2 an die verantwortlichen Stellen der US-Armee als erste Testwaffe

ausgeliefert, der weitere 36 Waffen aus der frühen Serienfertigung folgten. (NM steht für New Model

und S für Sample, deutsch: Muster)

Diese Colt Single Action Army durchliefen alle Armeetests erfolgreich und waren dem Smith &

Wesson No 3 überlegen. Die ersten für Armeetests gefertigten Waffen waren für die damalige

Armeepatrone im Kaliber .44 S & W American gefertigt. Die Läufe wurden aus Rundmaterial

hergestellt und hatten sieben Züge mit Progressivdrall.

Da die Munition im Kaliber .44 S&W nicht befriedigte, wurde Colt beauftragt, eine bessere Patrone zu

entwickeln, was zur .45-Long-Colt-Patrone führte. Die neuen Läufe erhielten sechs Züge mit

konstantem Drall. Die .45-Long-Colt-Zentralfeuerpatrone wurde mit dem Colt Single Action Army im

Jahre 1873 als Ordonnanz der United States Army angenommen. Sie hatte eine Kupferhülse mit

einem innenliegenden Benét-Zünder (Patent Benét). Dieser wurde von vorne in die Hülse

eingeschoben und mit zwei Einkerbungen von außen fixiert. Ein Wiederladen dieser Patronen war

deshalb nicht möglich. Wegen ihrer Länge konnte sie in den S&W-Schofield .45 nicht eingesetzt

werden.108

Der Colt Single Action Army wie auch die Munition blieben Ordonnanz der U.S. Army und wurden bis

1892 abgegeben. Bis 1883 wurde für den Rahmen Schmiedeeisen verwendet, danach Stahl. Die

Rohrrahmen und andere Teile wurden im Gesenk geschmiedet, spanabhebend bearbeitet,

geschliffen, poliert und auf Fehler und Maßhaltigkeit geprüft.

Der sechsschüssige Colt Single Action wird in verschiedenen Ausführungen hergestellt, hauptsächlich

im Kaliber .45 Colt und .44-40 in den Lauflängen 7½, 5½ bis 4¼ Zoll. Die 7½-Zoll-Läufe kommen für

Reiter in Frage. Während auf dem Pferd der lange Lauf die Waffe im Holster stabilisiert, schlägt sie

auf der Kutsche auf dem Sitz auf. Lauflängen von 5½ und 4¼ Zoll sind daher von Vorteil bei sitzender

Tätigkeit (z. B. Kutscher). Revolver mit kürzeren Läufen sind selten, sie wurden „Sheriff’s Model“ oder

„Storekeeper“ genannt und hatten keinen Ausstoßer. Andere Lauflängen wurden auf Bestellung

hergestellt. Bekannt sind Revolver mit 16-Zoll-Läufen und montierbaren Anschlagkolben, die

„Buntlines“. Der erste wurde (der Legende nach) vom Journalisten und Autor Ned Buntline in Auftrag

gegeben. Einen soll er sogar persönlich an Wyatt Earp verschenkt haben.

108 http://en.wikipedia.org/wiki/.45_Schofield

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 55 – Von der Schleuder zur Winchester

Der Schlossmechanismus des Colt Single Action besteht wie beim Colt Walker Model 1847 aus vier

beweglichen Teilen – dem Hahn (Hammer), der Klinke (Hand), die über den Zahnkranz die Trommel

dreht (Cylinder, Ratchet), dem Hebel (Cylinder Locking Bolt), der die Trommel zum Schuss blockiert,

und dem Abzug (Trigger). Der Hammer trägt hinten eine Rolle (Hammer Roller) als Kontakt zur

Schlagfeder (Mainspring); über einen Nocken betätigt er auch die Klinke. Zwei Federn bringen Klinke,

Hebel und Abzug jeweils in die zur Funktion richtige Position.

Der Hahn hat drei Rasten. Die erste wird „Sicherheitsraste“ genannt, obwohl damit keine echte

Sicherheit erreicht wird. Fällt der Revolver auf den Hahn, so kann sich ungewollt ein Schuss lösen. Die

zweite Raste dient zum Laden, da die Trommel in Uhrzeigerrichtung frei rotieren kann. Die erste und

zweite Raste sind hakenförmig ausgeführt, um den Abzug zu blockieren. Die dritte, flache Raste dient

zum Auslösen des Schusses.

Auch die Klinke, die beim Spannen des Hahns die Trommel dreht, wurde verbessert. Anstatt eines

einfachen Nockens hat sie einen Doppelnocken, der in zwei Zähne des Transportrades der Trommel

eingreift. Diese Maßnahmen führen dazu, dass der Colt Single Action Army wesentlich später als

seine Konkurrenten blockiert.

Die Trommelachse wird vorne durch eine schräg im Rahmen eingesetzte Schraube festgehalten. Alle

Schwarzpulverwaffen verschmutzen rasch. Dies führte bei Revolvern dazu, dass sich

Pulverrückstände zwischen der Trommelachse und der Trommelbohrung festsetzten und die

Trommel blockierten. Colt half dem bei den Perkussionsrevolvern ab, indem er eine

schraubenförmige Rinne in die Trommelachse drehen ließ. Diese war als Fettdepot gedacht und

nahm beim Schießen Pulverrückstände auf.

Beim Colt Single Action Army 1873 wurde eine andere Lösung gefunden: Zwischen die Trommelachse

(Base Pin) und die Zentralbohrung der Trommel wird eine drehbare Büchse (Base Pin Bushing)

eingesetzt. So müssen zwei Lager blockiert sein, bevor sich die Trommel nicht mehr drehen lässt.

Zudem ist mit der eingesetzten Büchse eine genauere Passung möglich als mit der Trommel. Die

flanschförmige Erweiterung der Büchse liegt am vorderen Achslager genau an und verhindert das

Eindringen von Pulverrückständen.

6.2.2.9 Model ‚P‘

Die Beliebtheit des Colt SAA 1873 führte zu Spitznamen wie „Peacemaker“ (Friedensstifter),

„Equalizer“ (Gleichmacher) und „Widowmaker“ (Witwenmacher). Der Kaufpreis von 17,50 $

entspricht dem Monatslohn eines Arbeiters. Zu den damaligen Großhändlern gehörte Kittredge &

Co. in Cincinnati. Diese Firma nannte den Colt SAA auf ihren Anzeigen und Prospekten den

„Peacemaker“. Dieser Name wurde rasch zum Begriff und die Waffe war der große Erfolg aus dem

Hause Colt auf dem zivilen Markt. Model ‚P‘, der Peacemaker, ist ein wesentlicher Faktor in der

Eroberung des Westens. Er weist eine sehr gute Balance auf, schnelle Hinterladung und ist bei fast

allen renommierten Revolverschützen seiner Zeit ‚der‘ Singleaction-Colt im Einsatz.

Seine verbesserte Doubleaction-Version war der Colt ‚The Lightning‘, wie er z. B. von Billy the Kid

genutzt wurde. Doubleaction bedeutet: bei dieser Waffe werden mit dem Abzug auch die Trommel

gedreht und gleichzeitig der Hahn gespannt und bei weiterem Durchzug auch der Hahn ausgelöst.

Das half Billy am Ende aber nicht, da er nachts in der Küche nur mit einem Messer bewaffnet war, als

er von Pat Garret mit einem Peacemaker niedergestreckt wurde.

6.2.2.9.1 Der Peacemaker im zivilen Markt

Zwischen November 1873 und März 1874 konnte Colt nur etwa 400 Model-1873-Single-Action-Army-

Revolver in den zivilen Markt liefern, da die Armeelieferungen an die National Springfield Armory,

Massachusetts Priorität hatten. Nach diesem Datum, als die 8.000 Colt SAA des ersten Vertrages

Page 58: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 56 – Von der Schleuder zur Winchester

ausgeliefert waren, war mehr Kapazität für die Belieferung seiner traditionellen fünf Grossisten der

Colt Allies vorhanden. Im Juli 1875, bei Serien-Nummer 20.000 waren bereits etwa 5.000 SAAs in den

zivilen Markt gelangt, zwischen Nummer 20.000 und 30.000 erfolgten keine Armeelieferungen.

Der Peacemaker wurde in zwei Nummernreihen hergestellt. Die Zentralfeuer-Variante inklusive

Bisley-Modell von No. 1 bis No. 357.859 und die zwischen 1875 und 1880 hergestellten Revolver mit

Randfeuerzündung von No. 1 bis ca. No. 1890. Größter Abnehmer war der US-amerikanische Markt.

Der Peacemaker und seine Varianten waren bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein die meistverkaufte

Faustfeuerwaffe im Wilden Westen. Allerdings hatte nicht, wie in den Wildwestfilmen, jeder Cowboy

einen Peacemaker am Gurt. Die Patronenrevolver setzten sich nur langsam durch, da die Munition

teuer und nicht überall verfügbar war. Dazu kam die Konkurrenz der umgebauten

Perkussionsrevolver und der anderen Anbieter, allen voran Smith & Wesson.

Erste Lieferungen gingen auch ins Ausland. Bekannt sind die mysteriösen im Dezember 1873 nach

Deutschland gelieferten 40 (laut anderen Quellen 59) Peacemakers im Kaliber .44 German. Größere

Lieferungen erfolgten nach England und in die Kolonien, sie sind erkennbar an der Laufaufschrift mit

der Londoner Adresse, an den Abnahmestempeln und den im British Empire gebräuchlichen Kalibern

.450 Boxer und Eley, sowie dem .455 und .476 Eley.

Von 1873 bis 1878 war die .45-Coltpatrone das Standardkaliber des Peacemakers. Da Winchester

eine neue Zentralfeuerpatrone für das Winchester (Gewehr) Modell 1873, die .44 WCF (.44

Winchester Center Fire, andere Bezeichnung .44-40) als Ersatz für die veraltete Henry-Patrone

entwickelt hatte, bot Colt ab 1877 auch Peacemaker-Modelle für dieses Kaliber an.

6.2.2.9.2 Bild: Colt Frontier Six Shooter, .44-40, ab 1878

eingeätzter Schriftzug, bei späteren Modellen war dieser aufgerollt109

6.2.2.10 Colt Proofmark

Alle an die US-Armee gelieferten Cavalry Single Actions und der größte Teil der zivilen Peacemakers

haben buntgehärtete Rahmen, die Trommel, der Lauf, die Ausstoßerhülse und der Griffrahmen sind

brüniert (gebläut). Serienmäßig wurden viele Revolver auch vernickelt, andere Oberflächenbehand-

lungen waren selten. Die einteiligen Walnussholz-Griffstücke für Armeewaffen waren geölt, bei

zivilen Waffen war das Griffstück lackiert. Seltener bestanden Griffschalen aus Elfenbein und

109 „Colt Frontier Six Shooter“ von Hmaag - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Colt_Frontier_Six_Shooter.JPG#mediaviewer/File:Colt_Frontier_Six_Shooter.JPG

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 57 – Von der Schleuder zur Winchester

Perlmutt. Die Revolver wurden von Spezialisten montiert und einreguliert, bis sie perfekt

funktionierten. Nachher wurden sie beschossen und auf kurze Distanz eingeschossen. Die zivilen

Waffen wurden während des gesamten Herstellungsprozesses laufend geprüft, schätzungsweise 0,3

% wurden ausgeschieden.

6.2.2.10.1 Bild: Der Colt Single Action Army in der US-Armee, U.S Cavalry Single Action Patronen Colt

.45, Colt Model 1873, U.S. Artillery Model

6.2.2.11 Gravuren und Sondereditionen

Colt-Perkussionsrevolver und auch etwa ein Prozent der Colt SAA 1873 wurden im Werk direkt oder

im Auftrag von Colt graviert. Die Graveure waren meist eingewanderte Deutsche, was aus den

Namen hervorgeht. Gustave Young (Gustaf Jung), Louis Daniel Nimschke, Cuno Helfricht und Wilbur

Glahn stammten aus Deutschland und Rudolph Kornbrath war ein Österreicher aus Ferlach.

Einige Waffen wurden auch ungehärtet und in unbrünierten Zustand (in the white) an

Wiederverkäufer geliefert, die sie zur Gravur an Spezialisten weitergaben. Man spricht von „New

York Engraving“, da sich die wichtigsten Agenten Colts in New York befanden. Bekannt sind Schuyler,

Hartley & Graham; Spies Kissam Co.; Wexel and Degress und andere. Auch die Winchester Repeating

Arms Co. lässt Coltrevolver gravieren. Es gibt für exportierte Colts auch englische Gravuren, die im

Auftrag des Londoner Agenten Von Oppen, 14 Pall Mall, London in Auftrag gegeben werden.

Ausgeliefert wurden die Revolver brüniert, Rahmen buntgehärtet; seltener vernickelt. Weiterhin gab

es Modelle in Luxusvarianten wie beispielsweise mit Perlmutt- und Elfenbeingriffen, graviert, mit

vergoldeten Einlegearbeiten, Horngriffen.

6.2.3 Smith & Wesson

Die 1852 gründeten Horace Smith und Daniel B. Wesson die Smith & Wesson Company in Norwich,

Conneticut um das schon vorgestellte Volcanic Rifle (Patent 1854) zu produzieren. 1855 erfolgte die

Umbenennung zu Volcanic Repeating Arms und Oliver Winchester kaufte das Unternehmen auf.

Während Wesson im Unternehmen blieb, verließ Smith das Unternehmen. Als das Ende von Colts

Patent 1856 anzunehmen war, entwickelte Wesson einen Prototypen für einen Patronenrevolver.

Wesson erkannte, dass das Patent von Rollin Whit, der komplett durchbohrte Zylinder in der

Revolvertrommel, ein wichtiges Merkmal der neuen Waffen war. Wesson nahm Kontakt zu Smith auf

und man erreichte eine Einigung mit White für die lizenzierte Produktion, White erhielt 0,25 $ pro

verkauftem Revolver von S&W. White hatte im Gegenzug dafür zu sorgen, dass sein Patent

anderweitig nicht verletzt wurde.

Der Smith & Wesson Model No 3 war der erste nach vorne abklappbare Revolver mit einem

mechanischen Patronenhülsenauswurf in den Kalibern .44 und .45, der 1870 von der Firma Smith &

Wesson am Markt eingeführt wurde. Er ersetzte die ersten von der Firma hergestellten

Patronenrevolver, den Smith & Wesson No 1 und seine Nachfolger No 2 und No 1½ in den

Randfeuerkalibern .22 und .32 mit aufklappbarem Lauf und loser Trommel.

6.2.3.1 Smith & Wesson No 1

Zwischen 1856 und 1872 hatte Smith & Wesson ein Monopol am Markt für Patronenrevolver. Mit

der Einführung des Smith & Wesson No 1 im Jahre 1856 war der erste Meilenstein in der Geschichte

der Patronenrevolver gemacht. Da Colt und Remington patentrechtlich gebunden waren, konnten

diese offiziell noch keine Hinterlader-Revolver einführen. Colt versuchte es mit dem Umbau zum

Colt-Thuer-Revolver, bei dem die Patronen von vorne in die hinten geschlossene Trommel

eingepresst wurden und die Firma Remington erwarb eine Lizenz bei S&W zur Herstellung von

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 58 – Von der Schleuder zur Winchester

Umbausätzen für seine Perkussionsrevolver, um diese zu Hinterladern umzubauen – so genannte

Conversions.110

6.2.3.2 Smith & Wesson Army No. 2

Smith & Wesson wollte nach dem Erfolg des .22-cal.-Modells No 1, des .32 cal. No. 1½ und des im

Sezessionskrieg von vielen Offizieren als Zweitwaffe privat erworbenen .32 cal. Army No. 2 ebenfalls

einen großkalibrigen Revolver im Kaliber .44 und .45 am Markt etablieren. Nach den Versuchen mit

großkalibrigen Revolvern auf der Basis des No.-2-Rahmens konnte Smith & Wesson Patente

erwerben, welche die Herstellung von Kipplaufrevolvern mit Zentralauswerfer erlaubten.111

6.2.3.3 Smith & Wesson No. 3

Schließlich entwickelte man das Model No 3, einen Single-Action-Revolver mit einer Ladung von

sechs Schuss in der Trommel. No 3 ist aber eigentlich keine genaue Modellbezeichnung, sondern die

Bezeichnung für die Rahmengröße der Rohlinge; dahinter verbirgt sich eine ganze Modellreihe mit

einer Vielfalt von Typen. Die bekanntesten Typen der No-3-Serie sind „The Russian Model“

(Russisches Modell) und das „Schofield“-Modell.112

Model No 3 verfügt über zwei bahnbrechende Neuerungen: Erstens kann der Lauf samt Trommel

nach vorne abgekippt werden. Somit ist die gesamte Trommel offen und kann sehr rasch beladen

werden. Man klappt die Laufpartie einfach wieder zu und die Waffe ist feuerbereit. Die zweite

Neuerung ist der mechanische (quasi automatische) Hülsenausstoßer. Wird der Lauf um mehr als 90

Grad nach vorne abgekippt, treibt eine Mechanik einen Kranz in der Mitte der Trommel heraus, der

die leeren Patronenhülsen aus den Trommelkammern schiebt. Wird der Lauf wieder in einen Winkel

von etwa 45 Grad zurückgenommen, geht der Ausstoßer wieder in seine Ausgangsposition zurück.

Diese Mechanik wurde von vielen Waffenproduzenten kopiert.

6.2.3.4 American Model

Der erste Revolver im Kaliber .44 Rimfire (Henrypatrone) wurde im Mai 1870 fertig und den

verantwortlichen Stellen der U.S. Armee zur Prüfung zugesandt. Diese stellten die Überlegenheit der

Waffe über alle bislang geprüften Revolver fest, empfahlen aber die Änderung von Randfeuer

(Wegwerfpratrone, teure Munition und nicht überall verfügbar) auf Zentralfeuer (weit verbreitete

wiederladbare Patrone). Ende 1870 bestellte die Armee 1.000 dieser S&W Model No. 3 First Model

Single Action Revolver mit einer Lauflänge von 8 Zoll, im Kaliber .44 S&W American (Alternative

Bezeichnung .44/100).

Vom S&W No 3 First Model wurden insgesamt etwa 8.000 Stück hergestellt, einige wenige auch für

die .44-Henry-Randfeuerpatrone. Diese, und die bis Seriennummer 38.000 laufenden, etwas

verbesserten No.-3-Second-Model-American-Revolver gelten als die beliebtesten Waffen des Wilden

Westens. Viele Gesetzeshüter, aber auch Cowboys und Revolverhelden greifen auf dieses Modell

zurück. Eine weitere Variante des S&W Model No. 3 wird für die .44-Russian-Patrone hergestellt.

6.2.3.5 S&W No 3 Schofield .45

Der 1874 von Major Schofield verbesserte Smith & Wesson No. 3 .45 war wegen der Ladetechnik für

Reiter ideal, hatte jedoch eine kürzere Trommel als die Ordonnanzwaffe, der Colt SAA. Daher konnte

er die .45 Colt-Munition, die quasi Standard geworden war, nicht nutzen. Eine schwächere

Einheitspatrone für beide Waffen erwies bald sich als weniger sinnvoll, der S&W No. 3 Schofield .45

wurde aus logistischen Gründen in der U. S. Army wieder ausgemustert.113

110 http://en.wikipedia.org/wiki/Smith_%26_Wesson_Model_1 111 http://en.wikipedia.org/wiki/Smith_%26_Wesson_Model_2 112 http://en.wikipedia.org/wiki/Smith_%26_Wesson_Model_3 113 http://en.wikipedia.org/wiki/.45_Schofield

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 59 – Von der Schleuder zur Winchester

7 Ausblick Die Entwicklungen schreiten voran, bekannte Waffen werden verbessert, das Schwarzpulver durch

alternative, effektivere Treibmittel ersetzt. Nitrozellulose und Nitroglycerin und verwandte

Substanzen finden ihren Weg in die Munitionsproduktion und versprechen bis zu 6-fache Effizienz.

Hierdurch ergeben sich wiederum Anpassungen in Materialstärke und Lauflängen. Um 1900 wird das

Schwarzpulver als Treibmittel abgelöst. Zusätze erlauben rauchlose und mündungsblitzfreie

Munition. Waffen werden weiter automatisiert. Die Munition wird entsprechend der metallurgischen

Kenntnisse und Fertigungsprozesse verfeinert. Doch der Revolver bleibt parallel zur Entwicklung der

Pistolentechnik auf dem Markt als robuste und schussstarke Waffe. Doch letztlich sind die besten

Waffen, zumindest nach meiner Meinung nach, diejenigen, welche erst gar nicht zum Verletzen von

Menschen zum Einsatz kommen.

Page 62: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 60 – Von der Schleuder zur Winchester

8 Verzeichnisse

8.1 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ......................................................................................................................................... 1

2 Die ersten Waffen ........................................................................................................................... 2

2.1 Von der Faust zum Stein/Faustkeil .......................................................................................... 2

2.2 Vorteil 1: Distanzwahrung ....................................................................................................... 3

2.3 Vorteil 2: höhere Kraftübertragung auf das Ziel ..................................................................... 3

2.4 Zielgenauigkeit: Wurfmesser, Speere und Pfeile .................................................................... 4

2.5 Verbesserungen der Beschleunigung durch Hebel ................................................................. 4

2.6 Speerschleuder ........................................................................................................................ 4

3 Pfeil und Bogen................................................................................................................................ 5

3.1 Einfache Bogen ........................................................................................................................ 5

3.2 Recurve- oder Reflexbogen ..................................................................................................... 5

3.3 Kompositbogen ....................................................................................................................... 5

3.4 Mechanisch gespannte Kompositbogen ................................................................................. 6

4 Feuerwaffen .................................................................................................................................... 6

4.1 Vorderlader ............................................................................................................................. 7

4.1.1 Handrohre ....................................................................................................................... 7

4.1.1.1 Sonderformen des Handrohrs ..................................................................................... 8

4.1.2 Perfektionierung der langläufigen Handwaffen .............................................................. 8

4.1.2.1 Hakenbüchse und Arkebuse ........................................................................................ 9

4.1.2.2 Muskete ....................................................................................................................... 9

4.1.3 Zündmechanismen ........................................................................................................ 10

4.1.3.1 Lunte .......................................................................................................................... 10

4.1.3.2 Radschloss ................................................................................................................. 10

4.1.3.3 Steinschloss ............................................................................................................... 10

4.1.3.4 Perkussionsschloss .................................................................................................... 11

4.1.4 Taktik und Einsatz der frühen Schusswaffen in der Armee ........................................... 12

4.1.5 Läufe .............................................................................................................................. 14

4.1.6 Lauf und Kugel ............................................................................................................... 15

4.2 Hinterlader ............................................................................................................................ 17

4.2.1 Zündnadelgewehr .......................................................................................................... 17

4.2.1.2 Ladevorgang .............................................................................................................. 19

4.2.1.3 Vorteile ...................................................................................................................... 20

4.2.1.4 Nachteile .................................................................................................................... 21

4.2.1.5 Vergleich zu damaligen Alternativen......................................................................... 21

Page 63: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 61 – Von der Schleuder zur Winchester

4.2.2 Chassepotgewehr .......................................................................................................... 23

4.2.2.1 Vorteile ...................................................................................................................... 23

4.2.2.2 Nachteile .................................................................................................................... 24

4.2.2.3 Weiterentwicklungen ................................................................................................ 24

4.2.2.4 Aptierung des Zündnadelgewehrs nach Beck ........................................................... 24

4.2.2.5 Schussleistung und Vergleiche .................................................................................. 24

4.2.2.6 Die Patrone ................................................................................................................ 25

4.3 Patronen und Munition ......................................................................................................... 26

4.3.1 Papierpatrone ................................................................................................................ 27

4.3.2 Moderne Patrone .......................................................................................................... 28

4.3.3 Sonderform – hülsenlose Munition ............................................................................... 28

4.3.4 Liderung ......................................................................................................................... 28

4.3.5 Aufbau der modernen Patrone ..................................................................................... 29

4.3.5.2 Patronenkomponenten ............................................................................................. 29

4.3.5.3 Treibmittel ................................................................................................................. 30

4.3.5.4 Anzündhütchen ......................................................................................................... 30

4.3.5.5 Zusammenspiel der Komponenten ........................................................................... 31

4.3.6 Patronenabmessungen .................................................................................................. 31

4.3.6.1 Handfeuerwaffenpatrone.......................................................................................... 32

4.3.6.2 Kurzwaffenpatrone .................................................................................................... 32

4.3.6.3 Revolverpatrone ........................................................................................................ 32

4.3.6.4 Pistolenpatrone ......................................................................................................... 32

4.3.6.5 Gewehrpatrone ......................................................................................................... 32

4.3.6.6 Büchsenpatrone ........................................................................................................ 32

4.3.6.7 Flintenpatrone - Aufbau einer Schrotpatrone ........................................................... 33

4.3.6.8 Flechette .................................................................................................................... 33

5 Repetiergewehre und Repetierkarabiner ..................................................................................... 34

5.1 Vorläufer der Winchester-Karabiner ..................................................................................... 34

5.2 Volcanic-Pistole Kal .41.......................................................................................................... 35

5.3 Unterhebelrepetierer ............................................................................................................ 35

5.3.1 Das Henry-Gewehr 1860 ............................................................................................... 35

5.3.2 Winchester Modell 1866 'Yellowboy' ............................................................................ 37

5.3.3 Winchester Modell 1873 ............................................................................................... 38

6 Faustfeuerwaffen (Colt, Revolver und Pistole) ............................................................................. 39

6.1 mehrschüssige Waffen im Allgemeinen ................................................................................ 39

6.1.1 Pistole ............................................................................................................................ 39

Page 64: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 62 – Von der Schleuder zur Winchester

6.1.2 Revolver ......................................................................................................................... 39

6.1.3 Exkurs: frühe mechanisierte Gewehre und Geschütze ................................................. 40

6.2 Waffenhersteller und ihre Produkte ..................................................................................... 43

6.2.1 Remington Arms Company, Inc. .................................................................................... 43

6.2.1.2 Produktion der Läufe ................................................................................................. 43

6.2.1.3 Remingtons Start als Waffenhersteller ..................................................................... 44

6.2.1.4 Die kleinste Remington ............................................................................................. 44

6.2.1.5 Remington Army Modelle ......................................................................................... 45

6.2.1.6 Umbau des New Model Army zum fünfschüssigen Hinterlader Kaliber .46 ............. 48

6.2.1.7 Remington Rolling Block Gewehr .............................................................................. 48

6.2.1.8 Remingtons erweiterte Geschäftsbereiche ............................................................... 49

6.2.2 Colt ................................................................................................................................ 50

6.2.2.1 Colt Paterson-Serie .................................................................................................... 50

6.2.2.2 Colt Walker Mod. 1847.............................................................................................. 51

6.2.2.3 Colt 1848 Dragoon ..................................................................................................... 51

6.2.2.4 1851, Colt Navy 36. .................................................................................................... 52

6.2.2.5 Im Schatten des Rollin White-Patents ....................................................................... 52

6.2.2.6 1861 Army 44. 8 Inch ................................................................................................. 53

6.2.2.7 Colt Single Action Army 1873 .................................................................................... 53

6.2.2.8 Colt-Hinterlader ......................................................................................................... 54

6.2.2.9 Model ‚P‘.................................................................................................................... 55

6.2.2.10 Colt Proofmark ...................................................................................................... 56

6.2.2.11 Gravuren und Sondereditionen ............................................................................. 57

6.2.3 Smith & Wesson ............................................................................................................ 57

6.2.3.1 Smith & Wesson No 1 ................................................................................................ 57

6.2.3.2 Smith & Wesson Army No. 2 ..................................................................................... 58

6.2.3.3 Smith & Wesson No. 3 ............................................................................................... 58

6.2.3.4 American Model ........................................................................................................ 58

6.2.3.5 S&W No 3 Schofield .45 ............................................................................................. 58

7 Ausblick.......................................................................................................................................... 59

8 Verzeichnisse ................................................................................................................................. 60

8.1 Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. 60

8.2 Bildverzeichnis ....................................................................................................................... 65

9 Anhang: Tales of the gun ............................................................................................................... 66

9.1 1 making a gun ...................................................................................................................... 66

9.2 2 bullets and ammo ............................................................................................................... 66

Page 65: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 63 – Von der Schleuder zur Winchester

9.3 3 dueling pistols ..................................................................................................................... 66

9.4 4 the gunslingers ................................................................................................................... 66

9.5 5 guns of Colt ......................................................................................................................... 66

9.6 6 guns of Remington.............................................................................................................. 66

9.7 7 guns of Smith & Wesson..................................................................................................... 66

9.8 8 guns of Winchester ............................................................................................................. 66

9.9 9 early guns ........................................................................................................................... 66

9.10 10 the rifle ............................................................................................................................. 66

9.11 11 the shotgun....................................................................................................................... 66

9.12 12 Guns of browning ............................................................................................................. 66

9.13 13 early machineguns ............................................................................................................ 67

9.14 14 gangster guns ................................................................................................................... 67

9.15 15 the tommy gun ................................................................................................................. 67

9.16 16 rapid firepower ................................................................................................................. 67

9.17 17 guns of the civil war .......................................................................................................... 67

9.18 18 guns of revolution ............................................................................................................ 67

9.19 19 US guns of the WW II ........................................................................................................ 67

9.20 20 infamous guns .................................................................................................................. 67

9.21 21 german small arms of WW II ............................................................................................ 67

9.22 22 Luger ................................................................................................................................. 67

9.23 23 guns of the Mauser ........................................................................................................... 67

9.24 24 guns of Israel .................................................................................................................... 67

9.25 25 guns of the Russian ........................................................................................................... 67

9.26 26 Japanese guns of the WW II ............................................................................................. 67

9.27 27 naval guns: ........................................................................................................................ 67

9.28 28 ./. ...................................................................................................................................... 67

9.29 29 ./. ...................................................................................................................................... 67

9.30 30 super guns of today and tomorrow .................................................................................. 67

9.31 31 guns of the sky .................................................................................................................. 68

9.32 32 automatic pistols .............................................................................................................. 68

9.33 33 sharp shooters and long range weapons ......................................................................... 68

9.34 34 police guns ........................................................................................................................ 68

9.35 35 women and guns .............................................................................................................. 68

9.36 36 guns of the infamy (1) ...................................................................................................... 68

9.37 37 guns of the infamy (2) ...................................................................................................... 68

9.38 38 Million dollar guns ............................................................................................................ 68

Page 66: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 64 – Von der Schleuder zur Winchester

9.39 39 guns of the commandos ................................................................................................... 68

9.40 40 guns of the revolution ...................................................................................................... 68

9.41 41 Kalashnikov AK47 ............................................................................................................. 68

9.42 Ten guns that changed the world .......................................................................................... 68

10 Anhang: Treibmittel ................................................................................................................... 68

10.1 Schwarzpulver ....................................................................................................................... 68

10.1.1 Zusammensetzung ......................................................................................................... 69

10.1.2 Herstellung .................................................................................................................... 69

10.1.3 Chemische Reaktion ...................................................................................................... 69

10.1.4 Verwendung .................................................................................................................. 70

10.1.4.1 Geschichte Allgemein ............................................................................................ 70

10.1.4.2 China ...................................................................................................................... 71

10.1.4.3 Arabien .................................................................................................................. 71

10.1.4.4 Mittelalter .............................................................................................................. 71

10.2 Rauchschwache Pulver .......................................................................................................... 71

10.2.1 Entwicklungsgeschichte ................................................................................................. 72

10.2.1.1 Kordit ..................................................................................................................... 73

10.2.2 Verbreitung.................................................................................................................... 73

10.2.2.1 NC-Pulver unterschiedlicher Sorten ...................................................................... 73

10.2.2.2 Pyroxilinpulver und Nitroglycerinpulver ............................................................... 74

10.2.3 Zusatzstoffe ................................................................................................................... 75

10.2.4 Oberflächengestaltung .................................................................................................. 75

11 Anhang: A Little History of the Handgun ................................................................................... 76

12 Anhang: Ordonnanzwaffe ......................................................................................................... 77

12.1 Sprachgebrauch ..................................................................................................................... 77

12.2 Geschichte ............................................................................................................................. 77

12.3 Konstruktion und Ausstattung .............................................................................................. 77

Page 67: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 65 – Von der Schleuder zur Winchester

8.2 Bildverzeichnis 4.1.3.4.1 Perkussionsschloss mit Maynard Zündband ..................................................................... 11

4.1.3.4.2 Sharps „Model 1852 Slanting breech ................................................................................ 12

4.1.3.4.3 Perkussionsschloss mit Zündhütchen und Piston ............................................................. 12

4.1.4.1.1 Muskete mit Tüllenbajonett, engl. Beschriftungen .......................................................... 13

4.1.4.1.2 Musketier im 30-Jährigen Krieg, mit Muskete, Gabel, Luntenschloss und Bandeliergurt 13

4.1.5.1.1 Schema eines doppelten Zuges und dazugehörigem Profil des Stabes zum Einschlagen 15

4.1.6.1.1 Schema zu Minié-Projektil Kaliber .58 ............................................................................... 16

4.2.1.1.1 Schematischer Querschnitt durch die Einheitspatrone von Dreyse, 1827........................ 17

4.2.1.1.2 Schema mit Details des Preußischen Nadelgewehrs aus: Canadian Illustrated news 1869

18

4.2.1.1.3 Dreyse Zündnadelgewehr von 1865 .................................................................................. 18

4.2.1.5.1 Bild: Kammerlader mit hochgekurbelter Kammer ............................................................ 22

4.2.2.1.1 Mauser M71, Detailzeichnung Verschluss-Komponenten ................................................ 23

4.2.2.6.1 Schematischer Vergleich zwischen Dreyse- und Chassepot-Patrone ............................... 25

4.2.2.6.2 Foto von Chassepotpatronen und Verpackung für 9 Schuss ............................................ 26

4.3.1.1.1 Foto: Monkey-Trail Gewehr mit dazugehöriger Papierpatrone ........................................ 27

4.3.1.1.2 Foto: Colt Papierpatronen ................................................................................................. 28

4.3.2.1.1 Schema: Lefaucheux Revolver mit Patrone ....................................................................... 28

4.3.3.1.1 Skizze: Rocket Ball Patentzeichnung,1848 ........................................................................ 28

4.3.5.1.1 Querschnitte: Projektile und Patronen ............................................................................. 29

4.3.6.8.1 Schema: Flechette-Projektil mit Treibspiegel (grün), Grafik nach Karl Bednarik .............. 34

5.1.1.1.1 Teilgrafik aus der Patentschrift zum Volition Repeater von Walter Hunt, 1854 ............... 34

5.1.1.1.2 Grafiken aus Patentzeichnung der Smith & Wesson Magazinpistole, 1854 ..................... 35

5.3.1.1.1 Henry-Gewehre, Patronen .44 Henry Flat und .44 Henry (Fotos) ..................................... 36

5.3.1.1.2 Detailskizzen Henry-Gewehr aus Patentschrift 16.10.1860 .............................................. 36

5.3.1.1.3 Bild: Detailskizze Spencer Karabiner ................................................................................. 37

5.3.1.1.4 Schemazeichnung Spencer Karabiner 1865 .52 mit Patronentasche ................................ 37

5.3.3.1.1 Winchester 1873, Schemazeichnung (nach erfolgtem Schuss) ......................................... 38

5.3.3.1.2 diverse Winchester 73-Modelle (Foto) ............................................................................. 38

6.1.2.1.1 Augsburger 3-Lauf-Pistole, Steinschloss, (18.Jhd), Vorläufer der Pepper-box-Varianten. 40

6.1.2.1.2 Pepper-box um 1850 (Foto) .............................................................................................. 40

6.1.2.1.3 Diverse Steinschloss-Revolver von Elisa Haydon Collier ................................................... 40

6.1.3.1.1 Skizzen zu Puckle Gun, 1718 .............................................................................................. 41

6.1.3.1.2 Montigny Mitrailleuse 1859 (Zeichnung), Mitrailleuse de Reffye, 1866 (Foto) ................ 41

6.1.3.1.3 Agar-Gun (Foto) ................................................................................................................. 42

6.1.3.1.4 Bild: Gatling Gun ................................................................................................................ 42

6.1.3.1.5 Bild: Gatling Gun Patentzeichnung .................................................................................... 42

6.1.3.1.6 Bild: Hotchkiss 37mm 5-barrel revolving cannon .............................................................. 43

6.2.1.1.1 Bild: Eliphalet Remington .................................................................................................. 43

6.2.1.4.1 Bild: Remington-Rider Single Shot Deringer, hergestellt ca. 1860-1863 ........................... 45

6.2.1.5.1 Bild: Remington New Model Army, hergestellt ab 1863 ................................................... 46

6.2.1.5.2 Bild: Zwei Remington New Model Army mit Gravur und dem mexikanischen Motiv

"Schlange und Adler", Kugelzange, Pulverflasche und Zündkapseldose............................................... 47

6.2.1.5.3 boxed remington beals first model pocket revolver (Foto) .............................................. 47

6.2.1.6.1 Remington Conversion .46 mit Pateninschrift auf Trommel (Fotos) ............................... 48

6.2.1.7.1 Bild: Remington Rolling-Block ........................................................................................... 49

6.2.1.8.1 Remington Rolling-Block breech, Detailzeichnungen ....................................................... 49

6.2.2.1.1 Colt Paterson „Holster Model“, Patentzeichnung 1839 .................................................... 50

Page 68: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 66 – Von der Schleuder zur Winchester

6.2.2.3.1 Colt 1848 Dragoon (Fotos) ................................................................................................ 51

6.2.2.4.1 Colt Navy Mod. 1851, Foto mit Bezeichnungen wichtiger Merkmale in Englisch............. 52

6.2.2.6.1 Colt Open Top .44, Navy (Foto) ......................................................................................... 53

6.2.2.9.1 Der Peacemaker im zivilen Markt ..................................................................................... 55

6.2.2.9.2 Bild: Colt Frontier Six Shooter, .44-40, ab 1878 ................................................................ 56

6.2.2.10.1 Bild: Der Colt Single Action Army in der US-Armee, U.S Cavalry Single Action Patronen

Colt .45, Colt Model 1873, U.S. Artillery Model .................................................................................... 57

9 Anhang: Tales of the gun Diese Übersicht (Stand 11/2014-01/2015) bietet Ihnen die Internetlinks zu Youtube-Beiträgen aus der

amerikanischen TV-Doku ‚Tales oft he Gun‘. Die Serie ist nahezu komplett frei verfügbar. Die

Einzelbeiträge haben jeweils ca. 45 Minuten Wiedergabedauer und sind in English. Sofern jemand

Hinweise zu einer synchronisierten Fassung hat, mag er sich gerne bei mir melden.

9.1 1 making a gun http://www.youtube.com/watch?v=Op3L2j0HOHs

9.2 2 bullets and ammo http://www.youtube.com/watch?v=OzAIXp9XtTA

9.3 3 dueling pistols http://www.youtube.com/watch?v=ODvLpMBjH9c

9.4 4 the gunslingers http://www.youtube.com/watch?v=7tgpoXRjWDw

9.5 5 guns of Colt http://www.youtube.com/watch?v=NbQt1ye7P88

5-Schuss Trommel: “load on Sunday, shoot whole week…”

9.6 6 guns of Remington http://www.youtube.com/watch?v=v3Yu3Xcid3w

9.7 7 guns of Smith & Wesson http://www.youtube.com/watch?v=r1D9vOItgU0

9.8 8 guns of Winchester http://www.youtube.com/watch?v=Gt41a_CjqhQ

9.9 9 early guns http://www.youtube.com/watch?v=KI0zBd4Q_rM

9.10 10 the rifle http://www.youtube.com/watch?v=cazIkd-twiY gezogener Lauf

9.11 11 the shotgun http://www.youtube.com/watch?v=x0vA6jdwFyM

9.12 12 Guns of browning http://www.youtube.com/watch?v=1d7XIZr3tLg

Page 69: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 67 – Von der Schleuder zur Winchester

9.13 13 early machineguns http://www.youtube.com/watch?v=mZNMfjHtlRk

9.14 14 gangster guns http://www.youtube.com/watch?v=XAP7XAvcbUQ

9.15 15 the tommy gun http://www.youtube.com/watch?v=OJFZdIYLN4s

9.16 16 rapid firepower http://www.youtube.com/watch?v=hVpAbFLrQg8

9.17 17 guns of the civil war http://www.youtube.com/watch?v=jfsaCaWpGEw

9.18 18 guns of revolution http://www.youtube.com/watch?v=uRz_F3mkQEQ

9.19 19 US guns of the WW II http://www.youtube.com/watch?v=5TUT0bbYdfg

US guns of the WW II: http://www.youtube.com/watch?v=tKRmWWT7gWc

9.20 20 infamous guns http://www.youtube.com/watch?v=GVzQnQa4XAI

9.21 21 german small arms of WW II http://www.youtube.com/watch?v=T32cagQNHqg

9.22 22 Luger http://www.youtube.com/watch?v=Pu9WSs4EMeo

9.23 23 guns of the Mauser http://www.youtube.com/watch?v=xFfn9BAG0a0

9.24 24 guns of Israel http://www.youtube.com/watch?v=X3YwS7G1hH0

9.25 25 guns of the Russian http://www.youtube.com/watch?v=_81MxVKF8M0

Guns of the Russian: http://www.youtube.com/watch?v=_JzEjhL36MI

9.26 26 Japanese guns of the WW II http://www.youtube.com/watch?v=yhqs6DwLCps

Japanese guns of WW II: http://www.youtube.com/watch?v=UW_8bjFbBeM

9.27 27 naval guns: http://www.youtube.com/watch?v=ehCpuEX328w

9.28 28 ./.

9.29 29 ./.

9.30 30 super guns of today and tomorrow http://www.youtube.com/watch?v=1htMNpBJkfg

Page 70: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 68 – Von der Schleuder zur Winchester

9.31 31 guns of the sky http://www.youtube.com/watch?v=t5r9dMN5v-g

9.32 32 automatic pistols http://www.youtube.com/watch?v=wWP5BicvCL0

Automatic pistols: http://www.youtube.com/watch?v=MoRtyEEIzXQ

9.33 33 sharp shooters and long range weapons http://www.youtube.com/watch?v=TG2ngHgjs_E

9.34 34 police guns http://www.youtube.com/watch?v=llrI09PIMrU

9.35 35 women and guns http://www.youtube.com/watch?v=78P_IuZFKpY

9.36 36 guns of the infamy (1) http://www.youtube.com/watch?v=WpL98dlnlFM

9.37 37 guns of the infamy (2) http://www.youtube.com/watch?v=Il6QKo93ZmQ

9.38 38 Million dollar guns http://www.youtube.com/watch?v=nKmktUWdYNI

9.39 39 guns of the commandos http://www.youtube.com/watch?v=YzsBA6zsq7o

9.40 40 guns of the revolution http://www.youtube.com/watch?v=XIWJjkJA7iQ

9.41 41 Kalashnikov AK47 http://www.youtube.com/watch?v=2S1y7Bz3IuY

9.42 Ten guns that changed the world http://www.youtube.com/watch?v=QG6GlRG3h5w

10 Anhang: Treibmittel Das im Vortrag benannte Treibmittel ist in der Regel Schwarzpulver. Leistungsfähigere

Nachfolgeprodukte wie raucharme Pulver aus Nitrozellulose, Kordit und Co. werden erst nach 1883

bekannt, spielen im Rahmen der Vortragsreihe des TC also vorerst keine Rolle. Der Vollständigkeit

halber finden Sie hier im Anhang jedoch ergänzende Erläuterungen.

10.1 Schwarzpulver114 Schwarzpulver war der erste Explosivstoff, der als Schießpulver für Treibladungen von Schusswaffen

verwendet wurde. Als Sprengpulver ist es ein Sprengmittel. Heute wird es als Korn- und Mehlpulver

hauptsächlich in der Pyrotechnik, insbesondere der Feuerwerkerei, verwendet.

114 http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzpulver

Page 71: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 69 – Von der Schleuder zur Winchester

10.1.1 Zusammensetzung

Schwarzpulver ist eine pyrotechnische Mischung, die aus Kaliumnitrat (Kalisalpeter), Holzkohle,

früher vornehmlich aus dem Holz des Faulbaums gewonnen, und Schwefel besteht. Schwarzpulver

besteht im Mittel aus 75 % Salpeter (Kaliumnitrat), 10 % Schwefel und 15 % Holzkohle, kann je nach

Verwendungszweck hiervon aber leicht abweichen.

Pulver auf der Basis von Natriumnitrat, das billiger aber sehr hygroskopisch ist, wurde in Form von

Presslingen hergestellt und mit Bitumen gegen Feuchtigkeit imprägniert. Diese Presslinge waren als

Geschützpulver wenig geeignet, sie wurden vornehmlich im Bergbau verwendet, die Bezeichnung

lautet Sprengsalpeter.

In der frühen Geschichte des Schwarzpulvers wurde statt Kalisalpeter auch Calciumnitrat (zunächst

als Mauersalpeter) und Magnesiumnitrat genommen, die aber wegen hygroskopischer Eigenschaften

das Pulver schnell verdarben. Aus diesem Grund wurden Umlösungsprozesse entwickelt, die mit Hilfe

von Pottasche aus gelöstem Calcium- und Magnesiumnitrat eine Lösung mit Kaliumnitrat lieferten

(Calcium und Magnesium wurden als Karbonate ausgefällt). Die Gewinnung der Nitrate für

Schwarzpulver geschah später durch bakterielle Nitrifikation (siehe Kalisalpeter).

Salpeter dient als Sauerstofflieferant, wobei auch andere Salze (z. B. Chlorate, jedoch wegen hoher

Brisanz nicht für Treibladungspulver) verwendet werden können. Kohlepulver dient als Brennstoff

und Schwefel als Brennstoff und Sensibilisierer, damit die Schwarzpulvermischung bei kleinster

Berührung mit Funken zu brennen beginnt.

Zur Erzielung von Flammenfärbungen für pyrotechnische Erzeugnisse kann das Kaliumnitrat durch

Nitrate ersetzt werden, deren Kation eine entsprechende Flammenfärbung liefert.

10.1.2 Herstellung

Die Bestandteile müssen fein zermahlen und gleichmäßig vermischt werden, wobei jeder Vorgang

mehrere Stunden dauert. Das geschieht meistens in einer Pulvermühle. Danach wird das Gemisch in

Kuchen feucht verpresst und getrocknet, die wiederum zermahlen und entweder gekörnt oder als

Mehlpulver belassen werden. Beim Körnen, das schon im 15. Jahrhundert bekannt war, wird das

Pulver angefeuchtet und wieder in Bewegung zu Kügelchen geformt. Damit wird ein Entmischen der

Bestandteile verhindert und über die Größe der Kügelchen kann die Abbrandgeschwindigkeit in

gewissen Grenzen reguliert werden. Außerdem dringt beim Anfeuchten Salpeter und Schwefel in die

Mikroporen der Kohlepartikel.

Das fertige Pulver wird noch getrocknet und kann dann abgefüllt und verpackt werden. Es hält sich

luftdicht verpackt über Jahrhunderte völlig unverändert.

10.1.3 Chemische Reaktion

16 C + 4 S + 10 KNO3 -> 15 CO + K2CO3 + 4 K2SO2 + 5 N2

Beim Verbrennen des Schwarzpulvers entstehen also Kohlenmonoxid, Kaliumcarbonat, Kaliumsulfit

und Stickstoff. Diese Reaktionsgleichung ist sehr vereinfacht und von der prozentualen

Zusammensetzung des Schwarzpulvers abhängig. Nicht berücksichtigt wurde dabei die

Restfeuchtigkeit sowie der Sauerstoff-, Wasserstoff- und Ascheanteil in der Holzkohle.

Page 72: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 70 – Von der Schleuder zur Winchester

Die Mischung verbrennt rasch, die innerstoffliche Schallgeschwindigkeit wird dabei jedoch nicht

überschritten, weswegen statt von einer Detonation von einer Deflagration gesprochen wird. Bei der

Verbrennung entsteht eine Temperatur von ungefähr 2.000 °C.

Schwarzpulver deflagriert mit einer Abbrandgeschwindigkeit von 300 bis 600 m/s, dabei spielen die

Restfeuchtigkeit, die Gründlichkeit der Mahlung und Vermischung der Bestandteile, die Größe und

Dichte der Ladung sowie die Körnung eine große Rolle.

Während bei Handwaffen feinkörniges Pulver verwendet wurde, um überhaupt eine akzeptable

Schussleistung zu erreichen, musste bei großkalibrigen Geschützen entsprechend grobkörniges

Pulver verwendet werden, um den Enddruck zu begrenzen und damit Rohrsprengungen zu

vermeiden. Bei Feuerwerkskörpern wird eine Verdämmung aus Karton, Kunststoff und ähnlichem

verwendet.

Das Schwadenvolumen (bei Normalbedingungen) liegt um 337 l/kg, außerdem entstehen etwa 0,58

kg feste Kaliumsalze.

Die Nachteile von Schwarzpulver sind die recht niedrige Leistung, durch die brennbaren Gase

bedingtes starkes Mündungsfeuer und starke Rauchentwicklung durch die großen Mengen fester

Kaliumsalze. Aus diesem Grund wurde es weitgehend durch rauchschwaches Schießpulver auf der

Basis von Nitrozellulose verdrängt.

Schwarzpulver ist wenig schlag- und reibungsempfindlich. Statische Elektrizität (Funkenschlag) kann

es nur äußerst schwer entzünden, da die enthaltene Holzkohle ein guter Leiter ist und der Strom

abfließen kann. Zudem sind moderne Schwarzpulver aus Sicherheitsgründen mit einer dünnen

Graphitschicht versehen. Die Zündtemperatur liegt sehr niedrig (ca. 170 °C). Schwarzpulver ist

massenexplosiv. Ab einer Menge von ca. einem Kilogramm ist keine Verdämmung mehr erforderlich,

damit das Pulver nicht mehr nur abbrennt, sondern in jedem Fall explodiert.

10.1.4 Verwendung

Schwarzpulver wird in der Pyrotechnik, bei frei erhältlichen Knallkörpern, bei

Modellraketenantrieben u. a. verwendet.

10.1.4.1 Geschichte Allgemein

Der Chemiker und Spezialist für Explosivstoffgeschichte Jochen Gartz vertritt die Ansicht, dass die

Rezeptur des Schießpulvers, entgegen früheren Vorstellungen, nicht durch Zufall in China oder

Arabien entdeckt wurde, sondern sich im Laufe wiederholter Experimente aus salpeterhaltigen

Brandmischungen entwickelt hat, wie sie den Byzantinern bereits seit dem 7. Jahrhundert bekannt

waren. Hierbei wurden nach und nach die flüssigen Bestandteile des sogenannten griechischen

Feuers (wie z. B. Erdöl) durch festere Brandstoffe ersetzt (wie pulverisierte Kohle).

Der Liber Ignium (das Buch der Feuer) des fiktiven Marcus Graecus, entstanden um 1225 mit noch

erhaltenen Abschriften bis ins 13. Jahrhundert aber auf ältere antike und arabische Quellen

zurückgehend, enthält ein Rezept in der Zusammensetzung 6 Teile Salpeter, 2 Teile Holzkohle und 1

Teil Schwefel, das sich auch in einem Albertus Magnus zugeschriebenen Werk findet, dessen

Zuschreibung aber sehr zweifelhaft ist. Auch Roger Bacon erwähnt in mehreren Schriften von 1242

bis 1267 mehrmals das Pulver, unter anderem als Kinder-Feuerwerkspielzeug. Ob er darüber hinaus

genaue Angaben zur Herstellung und Zusammensetzung von Schwarzpulver machte ist umstritten. J.

R. Partington folgt in seiner Geschichte der Pyrotechnik einer Rekonstruktion eines Anagramms

durch den Artillerieoberst Henry Hime (1904), dass dieser in einer unklaren Stelle bei Bacon gelesen

haben will (in einem Buch von Bacon, dessen Zuschreibung umstritten ist). Die zweifelhafte

Page 73: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 71 – Von der Schleuder zur Winchester

Rekonstruktion liefert eine vom Liber Ignium und späteren Rezepten abweichende

Zusammensetzung von fast gleichen Anteilen (7 Teile Salpeter, 5 Teile Haselholz-Kohle und 5 Teile

Schwefel).

Erste militärische Anwendung soll das Schießpulver in Europa möglicherweise bei einer Schlacht im

hundertjährigen Krieg im Jahr 1346 in der Nähe von Abbéville erhalten haben.

Um 1354 nutzten die Dänen das Schießpulver bei einer Seeschlacht.

10.1.4.2 China

Im Kaiserreich China wurden salpeterhaltige Brandsätze im Song-zeitlichen Wu Ching Tsung Yao um

1044 erwähnt. In dieser Zeit wurden auch Feuerpfeile (Raketen) entwickelt. Ein chinesischer

Kriegsmandarin, Yu-yen-wen, wollte im Jahr 1161 derartige Feuerpfeile auch zur Abschreckung von

Feinden militärisch nutzen. Im Jahr 1232 kam bei der Belagerung der Stadt Kai-Feng Schießpulver

zum Einsatz. In China und Japan diente jedoch das Schießpulver vornehmlich zu rituellen Zwecken,

und zwar zu Ehren Verstorbener. Das Buch ist aber nur in seiner jüngsten Kopie von 1550 aus der

Ming-Zeit überliefert, daher ist nicht mehr erkennbar, ob die Vermerke zu den Brandsätzen nicht

später hinzugefügt wurden. Es ist jedoch nachgewiesen, dass mit Schwarzpulver gefüllte Bomben

durch die Chinesen spätestens im 13. Jahrhundert als Waffe eingesetzt wurden.

10.1.4.3 Arabien

In seinem Buch über berittenen Kampf und den Einsatz von Kriegsmaschinen (Al-Furusiyya wa al-

Manasib al-Harbiyya) von etwa 1285 beschreibt der syrische Autor Hasan al-Rammah die Herstellung

von Schwarzpulver, insbesondere die erforderliche Reinigung des Kaliumnitrats.

10.1.4.4 Mittelalter

Im Mittelalter wurde Schwarzpulver im niederdeutschen Sprachraum als krud oder krut (Kraut) auch

„Donnerkraut“ und im hochdeutschen Sprachraum als pulver/puluer (frühneuhochdeutsch)

bezeichnet. Die heutige Bezeichnung Schwarzpulver geht wohl nicht auf den Franziskanermönch

Berthold Schwarz aus Freiburg im Breisgau zurück, der im 14. Jahrhundert einer Legende zufolge die

treibende Wirkung der Pulvergase auf Geschosse fand, sondern auf dessen schwarzes Aussehen;

gegen Ende des 19. Jahrhunderts unterschied man Schwarzpulver von den neuen weißen

Cellulosenitratpulvern.

Schwarzpulver blieb bis zur Erfindung der modernen Sprengstoffe der einzige militärische und zivile

Explosivstoff und einziges Treibmittel für Artillerie- und Handfeuerwaffen. Im 17. Jahrhundert wurde

seine Handhabung als Treibmittel für Musketen durch die Papierpatrone mit abgemessener

Füllmenge einschließlich Kugel erleichtert. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte die

Entwicklung des Hinterladers die noch einfachere Einheitspatrone möglich. Seit Mitte des 19.

Jahrhunderts verdrängten brisantere Sprengstoffe - wie das Nitroglyzerin, das darauf basierende

Dynamit, die Nitrozellulose (Schießbaumwolle), Nitroaromaten, Nitramine usw. - das Schwarzpulver

weitgehend als Explosivstoff und Treibmittel.

10.2 Rauchschwache Pulver Rauchschwache Pulver115 sind eine Gruppe von Explosivstoffen, deren Hauptbestandteil

Cellulosenitrat ist; oft auch Nitrocellulose, Schießbaumwolle oder engl. guncotton. Es wird zwischen

einbasigen, zweibasigen und dreibasigen Treibmitteln unterschieden. Paul Vieille entwickelte die

erste Treibladung, das rauchlose Pulver B, aus Schießbaumwolle, indem er sie mit einer Mischung aus

Alkohol und Ether behandelte. Aber erst Alfred Nobel gelang es, ein progressiv abbrennendes Pulver

herzustellen. Er ließ die mit Salpeter behandelte Baumwolle mit Nitroglycerin gelieren. Diese

115 http://de.wikipedia.org/wiki/Rauchschwache_Pulver

Page 74: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 72 – Von der Schleuder zur Winchester

Bestandteile bilden die Grundlage aller modernen rauchlosen Treibstoffe. Inzwischen arbeitete man

überall in einer ganz neuen Richtung: an einem chemischen Pulver. Max Duttenhofer erreichte 1884

als erster das Ziel mit seinem neuen Pulver R. C. P. (Rottweiler chemisches Pulver). Es bestand aus

Nitrocellulose, verbrannte rauchlos und fast ohne Rückstand und verdrängte in kürzester Zeit das

schwarze Pulver.

10.2.1 Entwicklungsgeschichte

Entwickelt wurden die rauchschwachen Schießpulver am Ende des 19. Jahrhunderts, als das bis dahin

hauptsächlich als Treibmittel verwendete Schwarzpulver den Anforderungen moderner

Artilleriewaffen nicht mehr genügte.

Die Problematik stellte sich wie folgt dar: Für die Verwendung in großkalibrigen Geschützen war

Schwarzpulver wenig geeignet, weil es zu offensiv war: Die Treibladung war bereits abgebrannt, ehe

das Geschoss das Rohrende erreicht hatte, und verursachte so eine stark ansteigende Druckkurve.

Versuche, die Abbrandgeschwindigkeit zunächst durch gröbere Körnung des Schwarzpulvers, danach

durch höhere Verdichtung der Rohpulvermasse zu verringern, zeigten nur begrenzte Erfolge. Weitere

Nachteile waren die starke Rauchentwicklung und die starke Verschmutzung der Rohre durch Salze,

die bei der Verbrennung von Schwarzpulver entstehen. So liefert ein Kilogramm Schwarzpulver bei

der Verbrennung etwa 560 Gramm Salzgemisch, hauptsächlich Kaliumsulfit und Kaliumcarbonat. Die

Salzverschmutzung bereitete besonders Probleme bei Gewehren (bei denen die Offensivität des

Schwarzpulvers nicht störte) und war beim Übergang zu kleineren Kalibern hinderlich.

Nach wenig erfolgreichen Versuchen auf der Basis von Kaliumpikrat und einem Gemisch von

Kaliumchlorat, Blutlaugensalz und Zucker begannen Versuche mit nitrierter Zellulose. Diese

entwickelte kaum Rauch und hinterließ keinen Rückstand, war jedoch auch bei Gewehren zu

offensiv.

Abhilfe für die unerwünschte Offensivität wurde durch das Gelatinieren mit verschiedenen

Lösemitteln und das Phlegmatisieren gefunden. Durch das angewendete Gelatinierungsverfahren,

Variation der Zusätze sowie Größe und Form der Pulverteile konnte nun das Abbrandverhalten

weitgehend beeinflusst werden, jedoch nahm durch die verwendeten Zusätze die Rauchentwicklung

zu und das Pulver verbrannte nicht mehr komplett rückstandsfrei. Das wurde jedoch aufgrund der

sonstigen Vorteile in Kauf genommen.

Das Nitrozellulosepulver wurde 1884 von Max Duttenhofer in der Pulverfabrik Rottweil erfunden und

im großen Maßstab hergestellt. Alfred Nobel vermarktete Nitrozellulosepulver ab 1887 als Ballistit

und wird ebenfalls als Erfinder genannt. In diesem Zusammenhang gab es Patentstreitigkeiten zu

einer britischen Parallelerfindung, dem Kordit von Frederick Augustus Abel und James Dewar. Die

rauchschwachen Pulver haben das Schwarzpulver als Treibladungsmittel fast völlig verdrängt, da sie

gegenüber dem Schwarzpulver den Vorteil haben, den Lauf kaum zu verschmutzen und sicherer in

der Handhabung zu sein.

Hiram Maxim erhielt im Jahr 1889 ein Patent für das rauchlose Pulver Maximite, aus Trinitrocellulose

und Nitroglycerin.

In den USA gründete Eleuthère Irénée du Pont 1802 die Firma DuPont die zunächst auf die

Schwarzpulverherstellung spezialisiert war. Mit dem Aufkommen des rauchschwachen Pulvers

übernahm sie deren Einführung.

Page 75: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 73 – Von der Schleuder zur Winchester

10.2.1.1 Kordit

Kordit116 ist ein Explosivstoff, zu dessen Herstellung Nitrozellulose („Schießbaumwolle“) mit

Nitroglyzerin und Vaseline unter Zusatz von Aceton geliert, dann durch eine Presse zu Schnüren

(engl. „cords“) gepresst und anschließend wieder getrocknet wird. Es zählt zu den zweibasigen

rauchschwachen Schießpulvern.

Kordit bestand ursprünglich aus 58 % Glyceroltrinitrat, 37 % Cellulosenitrat und 5 % Vaseline, wurde

aber Anfang des 20. Jahrhunderts aufgrund der Beschädigung der Gewehrläufe durch die hohe

Verbrennungstemperaturmodifiziert, so dass es 30 % Glyceroltrinitrat, 65 % Cellulosenitrat und 5 %

Vaseline enthielt.

Kordit ist zur explosiven Verbrennung fähig, entwickelt im Gegensatz zu Schwarzpulver keinen bzw.

kaum Rauch, dafür aber bis zu sechsmal mehr Druck und wurde daher häufig als Treibmittel in

Gewehrpatronen verwendet.

Kordit wurde von Sir James Dewar entwickelt, das Patent wurde aber heftig von Alfred Nobel

angefochten. Das rührte daher, dass Nobel zusammen mit Dewar und Abel das dem Kordit ähnliche

Ballistit erfunden hatte. Dewar und Abel modifizierten die Zusammensetzung und verletzten so das

Vertrauen Nobels. Der Schwede verlor den Patentstreit in allen Instanzen, da er die Nitrozellulose zu

ungenau beschrieben hatte.

Kordit hat sich einen festen Platz im Wortschatz der Kriminalliteratur erobert. Häufig begegnet man

in Filmen oder Büchern der Floskel „es roch nach Kordit“, obwohl es ungefähr seit dem Ende des

Zweiten Weltkrieges nicht mehr benutzt und hergestellt wird.

10.2.2 Verbreitung

NC-Pulver sind heute das Standardpulver für Feuerwaffen. Für militärische Zwecke wird

ausschließlich rauchloses Pulver eingesetzt, da es neben der geringeren Verschmutzung den Vorteil

hat, dass die Position des Schützen nicht durch Rauchschwaden verraten wird. Die in Feuerwaffen

eingesetzten Pulver benötigen eine Initialzündung. Dieses wird bei Feuerwaffen vom Zündhütchen

übernommen. Das Pulver brennt jedoch nur relativ langsam ab, wenn man es beispielsweise mit dem

Feuerzeug anzündet, und entfaltet seine volle Wirkung erst von einer bestimmten Zündtemperatur

an. Ausnahmen von diesem Standard sind bei historischen Schwarzpulverschützen anzutreffen.

10.2.2.1 NC-Pulver unterschiedlicher Sorten

Nach der Zusammensetzung werden die NC-Schießpulver in drei Klassen eingeteilt:

Einbasige Schießpulver (Cellulosenitrat-Pulver): Mischungen von 80 % Schießbaumwolle und 20 %

Kollodiumwolle, die mit Alkohol-Ether(Äther)-Gemischen gelatiniert und nach dem Formen und

Trocknen mit Weichmachern wie Centraliten, Campher, Dibutylphtalat und ähnlichem phlegmatisiert

werden.

Zweibasige Schießpulver: Mischungen von Nitroglycerin und Cellulosenitrat die man mit

Aceton/Alkohol gelatiniert, anschließend zu Schnüren formt und dann das Lösemittel entfernt. Ein

typisches Beispiel ist das britische Kordit, das der Schnurform seinen Namen verdankt.

Dreibasige Schießpulver: Mischungen von Diethylenglykoldinitrat oder Triethylenglykoldinitrat und

Cellulosenitrat, denen Nitroguanidin als dritte Komponente zugesetzt wird; diese Pulver haben einen

niedrigen Energiegehalt bei großem Gasvolumen. Sie schonen durch die niedrigere

116 http://de.wikipedia.org/wiki/Kordit

Page 76: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 74 – Von der Schleuder zur Winchester

Verbrennungstemperatur die Rohre und werden besonders bei Feldartillerie (Dauerfeuer) und Flak

(hohe Kadenz) verwendet.

Mehrbasige Schießpulver: Dazu zählen Mischungen ab drei Komponenten; Mischungen mit mehr

als drei Komponenten werden selten hergestellt. Beispielsweise verwendeten die Deutschen im

Zweiten Weltkrieg Mischungen von Diethylenglykoldinitrat oder Triethylenglykoldinitrat,

Cellulosenitrat (nitrierte Cellulose), Hydrocellulose (hydrierte Cellulose), und Nitroguanidin,

manchmal wurde noch Pikrinsäure (TNP) oder Benzoltrinitrat (TNB), um die Brisanz zu erhöhen,

zugesetzt.

Wegen Mangel an Salpetersäure/Salpeter und Rauchschwachem Pulvern (insbes. aus Cellulose)

streckten die Deutschen im Zweiten Weltkrieg das Schießpulver, so z. B. auch mit Ammonsäure

(Ammoniumsalzen). Um das Mündungsfeuer weiter zu verringern gibt man oft noch Zusätze hinzu,

wie Salze z. B. Sulfate (Kaliumsulfat). Die Rohrhaltbarkeit kann man durch Zusätze mit Stickstoff wie

Nitriden oder Aziden erhöhen.

10.2.2.2 Pyroxilinpulver und Nitroglycerinpulver

Die rauchschwachen (rauchlosen) Pulver teilt man in Pyroxilin- und Nitroglycerinpulver auf. Die

Chemiker nennen sie kolloidale Pulver und unterscheiden zwischen

Pulver basierend auf flüchtigen Lösungsmitteln,

Pulver basierend auf schwer flüchtigen Lösungsmitteln.

Die Pyroxilinpulver werden hauptsächlich in den Patronen der Schusswaffen eingesetzt, die

Nitroglycerinpulver mit der größeren Sprengleistung z. B. in Minen und Geschossen. Das moderne

Pyroxilinpulver besteht aus gallertartigem Pyroxilin. Das Pyroxilin wird gewonnen, indem man das

Zellgewebe (z. B. Holz, Watte, Lein, Hanf u. ä.) mit dem Gemisch aus Salpeter- und Schwefelsäuren

behandelt, Nitroglycerin nach der Bearbeitung des Glycerins mit dem Gemisch aus Salpeter- und

Schwefelsäuren. Das Nitroglycerinpulver stellt man aus der Mischung des Pyroxilins und

Nitroglycerins her. Das Pyroxilin gehört zu den Brisanzsprengstoffen, deren Charakteristiken die sehr

hohe Abbrandgeschwindigkeit und zerschmetternde Splitterwirkung sind, verursacht durch die sich

rasch ausdehnenden heißen Gase. Zur Verringerung der Brisanz und Umwandlung in das Pulver wird

Pyroxilin mit Lösungsmitteln behandelt. Das Pyroxilin quillt unter der Einwirkung des Lösungsmittels

auf und vermischt sich teilweise mit ihm. Dabei zerfällt seine faserige Struktur bis zu einem gewissen

Grad und es verwandelt sich in eine teigartige plastische Masse, die eine beliebige Form annehmen

kann. Diese Eigenschaft macht das Pyroxilin besonders wertvoll. Nach dem Entfernen des flüchtigen

Lösungsmittels wird die Masse fest.

Als POL-Pulver (Pulver ohne [organische] Lösemittel) werden zwei- oder dreibasige

Treibladungspulver für Artillerie oder auch als Raketentreibstoffe bezeichnet. Die Gelatinierung und

Homogenisierung erfolgt mit Wasser durch Walzen-, Strangpress- oder Schneckenpress-Prozesse,

wobei Diethylenglykoldinitrat oder Glycerintrinitrat als „Lösungs- und Quellmittel“ für Cellulosenitrat

fungiert. Dann wird das Wasser bis auf etwa 1 % verdampft und anschließend das Pulver maschinell

geformt.

Für die sogenannten Tropenpulver wurde in Deutschland wegen der geringeren Flüchtigkeit

Triethylenglykoldinitrat statt Diethylenglykoldinitrat verwendet. Glycerintrinitrat war während beider

Weltkriege wegen der Knappheit an Fetten und Ölen als Rohstoff nur begrenzt verfügbar.

Page 77: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 75 – Von der Schleuder zur Winchester

10.2.3 Zusatzstoffe

Zur Verringerung der Rauchentwicklung und Erhöhung der Lagerstabilität können 0,5 % bis 2 %

Diphenylamin zugegeben werden.

Ein Zusatz von 1 % Natriumoxalat oder 2 % Kaliumsulfat verhindert die Entzündung der Rauchgase

und somit den Mündungsblitz.

Dinitrotoluol kann als Ersatz für Glycerintrinitrat oder Diethylenglykoldinitrat verwendet werden, ist

allerdings bedeutend giftiger. Für denselben Zweck kann auch Ethylenglykoldinitrat verwendet

werden, allerdings findet wegen des viel niedrigeren Siedepunktes durch Verdunstung und

Rückkondensation eine langsame Entmischung statt. Deswegen ist dieses Pulver nicht lange

lagerfähig.

Als Ersatz für Cellulosenitrat können bis zu 50 % Ammoniumnitrat zugegeben werden, allerdings ist

das Schießpulver dann feuchtigkeitsempfindlich. Presslinge aus Kohlenstaub und Ammoniumnitrat

wurden im Ersten und Zweiten Weltkrieg in Deutschland als Treibmittel für die Artillerie eingesetzt.

Die fertigen Pulver werden graphitiert, um statische Aufladung beim Schütten und somit

Funkenbildung zu vermeiden.

10.2.4 Oberflächengestaltung

Nach der Form unterscheidet man Röhrenpulver, Plattenpulver, Streifenpulver, Ringpulver,

Nudelpulver und sonstige Formen. Die Form und Größe der Pulverteile wird weitgehend von der

Größe und Form der Treibladung sowie dem gewünschten Abbrandprofil bestimmt. In großkalibrigen

Kanonen verwendet man meistens Röhrenpulver, in Steilfeuergeschützen Plattenpulver, in

Handfeuerwaffen hauptsächlich feinkörnige Pulver. Treibsätze für Raketen werden in Form

zylindrischer Presslinge hergestellt, die zusätzlich Bohrungen und Rillen zur Vergrößerung der

Abbrandoberfläche erhalten.

Um zu verhindern, dass eine Artillerietreibladung detoniert statt zu deflagrieren, wird diese nicht

direkt von der Initialladung gezündet, sondern über eine Schwarzpulverzwischenladung. Dadurch

wird auch die gleichmäßige Zündung der Gesamtladung sichergestellt.

Page 78: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 76 – Von der Schleuder zur Winchester

11 Anhang: A Little History of the Handgun

Dieses Blog-Fundstück aus dem Internet mit dem Titel „A Little History of the Handgun“ will ich Ihnen nicht vorenthalten. Es ist an diejenigen gerichtet, welche sich nicht durch die knapp 70 Seiten meines Vortrages wühlen möchten und mit einem kurzen Querschnitt als Einstieg zufrieden sind.

Quelle: http://www2.ljworld.com/weblogs/friday-the-13th-stay-home-go-out-or-hide-from-the-/2009/aug/

RoeDapple August 13, 2009 at 3:31 p.m. http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/Yuan_chinese_gun.jpg

(Chinese hand cannon) It is generally accepted that firearms were invented and first used in China.There is no solid evidence for firearms in Europe before the 1300s. Archeologists have discovered a gun in Manchuria dating from the 1200s, and a historian has identified a sculpture in Sichuan dating from the twelfth century that appears to represent a person with a firearm. Since all known evidence points to Chinese origins, it is very likely that this is the case.

http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/HandBombardWesternEurope1380.jpg (Eastern European hand cannon)

A hand cannon is an early form of firearm. It is possibly the oldest type of firearm, as well as the simplest, as most examples require direct manual external ignition through a touch hole without any form of firing mechanism. The hand cannon was widely used until at least the 1520s in Europe and Asia, where it was mostly supplanted by matchlock firearms.

http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/PML_right.jpg http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/flintlock.jpg http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/capandballduel2.jpg

The matchlock (top photo) was eventually followed by the flintlock (center) which evolved into the cap and ball (bottom picture). Nearly all handguns were single shot, single barreled with a few two shot, double barreled variants.

http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/Old-Model-Powder-and-Ball-Revolver-Used-in-Mexican.jpg

With the invention of cap and ball revolvers in pre-Civil War years individual firepower was increased by five or six times, depending on mode of carry. Some men carried two, four and even five guns to increase firepower between reloading of the guns. Most revolver owners of the time carried the gun with the hammer down over an empty chamber in the cylinder to prevent accidental firing if the weapon were to drop. This practice continued with the invention of preloaded cartridges, which made loading the firearm a much less time consuming procedure.

http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/Pietta_1873_Colt_SAA_copy_1st_model_cropped_bright.JP

G (Colt SAA (Single Action Army) .45 cal first generation cartridge type revolver) Late in the 19th century double action revolvers and semi-automatic pistols were developed and are the basis of handguns as we know them today. In fact the model 1911 Colt is the most widely copied pistol in the world with manufacturers on every continent. Over 140 (my count) manufacturers make or have made hundreds of variations of this American origin

http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/1911___b.jpg

A more modern version

http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/1911_sti_colt_custom.jpg

(note the reflection of the photographer's forehead on the highly polished slide!) What is the future of handgunning? It may already be here...

http://worldonline.media.clients.ellingtoncms.com/img/blogs/entry_img/2009/Aug/12/toy-gun-revolver-901.jpg

Page 79: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 77 – Von der Schleuder zur Winchester

12 Anhang: Ordonnanzwaffe117 Die Ordonnanzwaffe (frz. ordonnance ‚Befehl‘, ‚Anordnung‘), auch Dienstwaffe, ist eine beim Militär

offiziell eingeführte und an Soldaten als persönlicher Ausrüstungsgegenstand ausgegebene Waffe.

Auch nach der Ausmusterung dieser Waffen bleibt ihnen die Bezeichnung „Ordonnanzwaffe“

erhalten.

12.1 Sprachgebrauch Der Begriff „Ordonnanzwaffe“ ist nicht mit dem in der deutschen Sprache verwendeten Begriff

„Dienstwaffe“ oder dem im englischen Sprachgebrauch verwendeten Begriff „Service Weapon“ (=

„Dienstwaffe“) gleichzusetzen, da der Begriff „Dienstwaffe“ im deutschen und englischen

Sprachraum auch beispielsweise die Waffen der Polizei-, Ordnungs- und Justizbediensteten etc.

einschließt. Auch bei privaten Sicherheitsunternehmen mit nicht hoheitlichen Aufgaben wird der

Begriff „Dienstwaffe“ verwendet.

Schützenverbände differenzieren entsprechend ihren Sportordnungen deshalb meist in

Dienstrevolver und Dienstpistolen sowie Ordonnanzgewehre, da Faustfeuerwaffen oft sowohl bei

Militär und Polizei eingeführt werden, Gewehre aber vornehmlich beim Militär. Der Verband

Deutscher Schützenbund (DSB) definiert innerhalb seiner Sportordnung die zum sportlichen

Ordonnanzschießen zugelassenen Waffen.

12.2 Geschichte Die Anfänge der Ordonnanzbewaffnung gehen auf das Aufkommen stehender Heere und die daraus

resultierende Vereinheitlichung im Militärwesen des 18. Jahrhunderts zurück. Vorläufer der

Ordonnanzwaffen finden sich schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts resp. Anfang des 17.

Jahrhunderts.

Den ersten Schritt unternahm jedoch England unter Georg I. mit Gründung des „Board of Ordnance“,

das die Teile der Militärmuskete „Brown Bess“ vereinheitlichte und auf diese Weise untereinander

austauschbar machte, auch die der „Contractors“, also der Zivilfabriken, die ergänzend zu den

staatlichen Betrieben Militärwaffen lieferten und bis dahin meist leicht abweichende Modelle

geliefert hatten (das Office of Ordnance war bereits von Heinrich VIII. 1544 gegründet worden).

Waren Ordonnanzwaffen zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert in Europa vorrangig Hieb- und

Stichwaffen, wie vor allem der Säbel, wurden sie zu Beginn des Ersten Weltkrieges zum Teil durch

Handfeuerwaffen ersetzt oder ergänzt. Während des Ersten Weltkrieges hielt, durch die

Stellungskämpfe, der Grabendolch, eine frühe Variante des Kampfmessers, Einzug in die

Ordonnanzbewaffnung.

Nach dem Krieg fanden Säbel meist nur noch bei Offizieren als Ordonnanzwaffe zu repräsentativen

Anlässen Verwendung. Andere Hieb- und Stichwaffen wie das Bajonett oder das Kampfmesser

werden noch heute verwendet.

Neue Strategien, Taktiken und Ausbildungsstandards erforderten eine standardisierte Ausrüstung

auch in Bezug auf die Bewaffnung, was wiederum Auswirkungen auf die mittlerweile industriellen

Fertigungstechniken von Waffen hatte.

12.3 Konstruktion und Ausstattung Die Konstruktion, Beschaffenheit und Ausstattung von Ordonnanzwaffen folgte seit dem 18.

Jahrhundert den Anforderungen für den Kriegseinsatz. Anfänglich bestand das Ziel nur darin,

einheitliche Waffen zu günstigen Kosten industriell zu fertigen. Daran hat sich bis heute nichts

117 http://de.wikipedia.org/wiki/Ordonnanzwaffe

Page 80: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 78 – Von der Schleuder zur Winchester

geändert; hinzu kamen die Anforderungen an Robustheit, Verwendbarkeit von Munition

befreundeter Staaten (Beispiel: Patronenmunition mit der Zusatzbezeichnung NATO – 9 x 19 mm

NATO, 5,56 x 45 mm NATO oder 7,62 x 51 mm NATO), und sonstige auf Militärtaktik und weiterer

Ausrüstung basierende Anforderungen.

Seit etwa 1850 ist eine stetige Kaliberverkleinerung zu beobachten, zunächst von etwa 19 mm auf 14

mm, dann auf 11 mm und 8 mm (alles Schwarzpulverwaffen). Dies führte nach Erfindung der

raucharmen Nitrozellulosepulver in Verbindung mit Vollmantelgeschossen zu weiteren

Kaliberverkleinerungen bis hinunter zu 5,45 mm (5,45 × 39 mm), was zwischenzeitlich von Medien

wegen der zu geringen barrikadebrechenden Wirkung bemängelt wird. Dachte man noch vor dem

Ersten Weltkrieg, dass künftig Gefechte (Graben- und Stellungskämpfe) auf Entfernungen von über

400 Metern ausgetragen würden, so ist heute klar, dass für die Infanterie weiterhin eine

Kampfentfernung von etwa 50 bis 300 Metern realistisch ist. Bereits das HK G3 der Bundeswehr

verfügt über ein Visier bis höchstens 400 Meter.

Da Ordonnanzpistolen und -revolver lange Zeit nur über feste, nicht verstellbare oder nur

umständlich verstellbare Visierungen (Verschiebungen des Korns oder der Kimme) verfügten, wurden

sie von ihren Trägern vorwiegend auf kürzeste Entfernungen, meist deutlich unter 25 Metern

verwendet.

Ordonnanzwaffen unterscheiden sich von ggf. baugleichen Waffen für den zivilen Gebrauch in

Ausstattung und Ausführung. Für den militärischen Einsatz verfügen Ordonnanzwaffen häufig über

einfachere Visierungen, robuste und matte Oberflächenbeschichtungen, geänderte Schäftungen und

weniger relevante Ausstattungsmerkmale (z. B. Fangösen an Pistolen, etc.).

./.

Page 81: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 79 – Von der Schleuder zur Winchester

Bilder der Ausstellung in Tucson (1873 RP-date, 2015 RL-date)

Vitrine 1 im Eingangsbereich

Vitrine 1: Old West Shilo Rifle mit Kantlauf und Rohrvisir, Sharps-Flyer

Page 82: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 80 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrinen 2-4

Page 83: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 81 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrine 2: Henry Rifle mit Rundlauf, Flyer und Rim Fire Patronen

Page 84: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 82 – Von der Schleuder zur Winchester

Page 85: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 83 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrinen 3-4

Page 86: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 84 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrine 3: Remington Autoloading Rifle und Werbematerial – Unterhebelrepetierer mit

Revolvertrommel und Kantlauf – eine Symbiose aus Revolver und Gewehr

Page 87: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 85 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrine 4: Remington Target Carbine, Kantlauf und seitliches Visir, Werbematerial Rolling Block

Page 88: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 86 – Von der Schleuder zur Winchester

Page 89: TC_Vortrag_08_Von der Schleuder zur Winchester

Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 87 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrinen im Obergeschoss

Rundvitrine 5: Alamo-Musket – Steinschlossmuskete

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 88 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrine 5: Alamo-Gedenktafel und Silbermünzen

Vitrine 5: Tagebuch

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 89 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrine 6: Winchester in diversen Native-Modifikationen

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 90 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrine 6: schwerer Einzel-Pfeil und diverse Pfeile gebündelt

Vitrine 7: Winchester 1866 „Yellowboy“

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 91 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrine 7: Colt Navy .45 - Kassette mit zwei Revolvern und Munition

Vitrine 8: Navyrevolver 1851 Cutaway, Kantlauf

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 92 – Von der Schleuder zur Winchester

Vitrine 9: Cavallry Colt

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Tucson Chronicle Vortrag No. 08 – 93 – Von der Schleuder zur Winchester

Wandregal mit sechs gravierten Colts und Munition

Detailsicht