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Abschlussbericht VDI Projekt „Technikunterricht in den Schulen“ Seite 1 T i S Technikunterricht in den Schulen – ein Projekt des VDI Berlin Brandenburg Abschlussbericht Verfasser: Dipl.-Ing. Siegfried Brandt / VDI und im Text genannte Koautoren 15.Mai 2012

Technikunterricht in den Schulen ein Projekt des VDI … · Bildungsmanagement Konzeption eines pädagogischen Konzepts zur Implementierung technischer Bildung im Unterricht Netzwerk

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T i S

Technikunterricht in den Schulen –

ein Projekt des VDI Berlin Brandenburg

Abschlussbericht

Verfasser: Dipl.-Ing. Siegfried Brandt / VDI und im Text genannte Koautoren

15.Mai 2012

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1. Zielsetzungen des Projektes

1.1. Positionierung innerhalb des bildungspolitischen Konzeptes des VDI

In den letzten Jahren wurde der Technik und naturwissenschaftliche Unterricht an den Schulen

nicht nur zum Teil dramatisch reduziert, es fehlt auch wegen der föderalen Bildungsstruktur der

Bundesrepublik eine die Mobilität unterstützende harmonisierte Bildungspolitik. Dies gilt nicht

nur für alle Bundesländer, sondern auch speziell zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg.

Das Föderalismus Chaos in diesem Bereich wurde in einer VDI Studie sichtbar gemacht, deren

Zusammenfassung aus dem folgenden Bild erkennbar ist. Die Grafik zeigt den Flickenteppich, wie

Technik orientierter Unterricht in den verschiedenen Bundesländern und Schultypen angeboten

wird.

Angesichts dieser Situation sind sehr umfangreiche Aktivitäten von unterschiedlichen Trägern zur

Stützung eines Technik orientierten Unterrichts entwickelt worden. Die meisten dieser

Aktivitäten sind außerschulische Angebote. Hiervon distanziert sich der VDI Berlin Brandenburg

deutlich, da wir der Meinung sind, dass die Bildungsvermittlung eine Aufgabe der Schulen ist

und bleiben muss. Die Schulen und die verantwortliche Politik darf nicht aus der Verantwortung

für diese Bildungsvermittlung entlassen werden. Nach mehreren auch auf unserer Seite

durchgeführten außerschulischen Aktivitäten hat der VDI sich bemüht, über Verträge mit dem

Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Berlin und dem Ministerium für Schulwesen

in Brandenburg die politisch Verantwortlichen einzubeziehen. Über diese Verträge wollen wir

den inhaltlichen Konsens mit den Verwaltungen im Bildungsbereich erreichen und über die

Schulverwaltungen unsere Curricula Vorschläge einbinden.

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1.2. Technische Bildung versus naturwissenschaftliche Bildung

Zwischen Naturwissenschaft und Technik existieren fundamentale Unterschiede sowohl in der

Analytik, den Vorgehensmodellen, den Erkenntnissen und Schlussfolgerungen.

Die Naturwissenschaften sind analytisch ausgerichtet und fragen nach den kausalen

Zusammenhängen. Es geht hier um Ursache und Wirkung. Die naturwissenschaftlichen Aussagen

orientieren sich an den Kategorien "richtig oder falsch" Ihr Gegenstand ist das, was von Natur aus

da ist.

Die Technik und die Technikwissenschaften beziehen sich auf von Menschen künstlich

geschaffene Werke. Ihre Fragerichtung ist nicht kausal, sondern final orientiert. Hier interessiert in

erster Linie nicht das, "was ist", sondern das, "was sein soll!" Die Hauptfragerichtung ist daher

nicht die nach Ursache und Wirkung, sondern die nach Sinn und Zweck. Bei der Beurteilung

technischer Sachverhalte geht es nicht um richtig oder falsch, sondern um "gut oder schlecht".

Diese Zusammenhänge sind in folgender Darstellung zusammengefasst:

Naturwissenschaft Technik

Gegenstandsbereich Was von Natur aus da ist Was vorhanden ist

Was von den Menschen künstlich geschaffen wird, Was sein soll

Bezugswissenschaften Naturwissenschaften Technik Wissenschaften

Hauptfragerichtungen der Bezugswissenschaften

Kausal Ursache - Wirkung

Final Sinn und Zweck

Hauptmethoden Analytisch, erklärend Synthetisch, problemlösend

Praxis Experimentieren zur Erkenntnisgewinnung

Gestaltung der Lebensumwelt durch Herstellung und Gebrauch

Bewertungskriterien Richtig oder falsch Gut oder schlecht

Verantwortungssubjekt Mensch und Gesellschaft

Der Physikunterricht ist eine Grundvoraussetzung für einen guten Technik Unterricht, weil

physikalische Erkenntnisse in der Technik angewandt werden, aber damit wird Technik nicht zur

Anwendung der Physik. Die „Praxis“ des Physikers ist die Weiterentwicklung der Wissenschaft

Physik. Hierzu bedient er sich auch technischer Hilfsmittel wie Messgeräte, etc. Die Praxis der

Technik dient der Gestaltung der menschlichen Lebenswelt. Die Kompetenzbereiche der Technik

und Physik sollten aber kompatibel sein. Nehmen wir ein Beispiel aus der Energietechnik, die

Physik beschäftigt sich mit dem Kernspaltungsproblem und der Frage, welche Energie frei wird

und warum sie frei wird. Die Technik will aber ein Problem der menschlichen Lebenswelt lösen,

die Menschen brauchen Energie. Kann ich das mit Kerntechnik oder auch anders realisieren?

Solange fossile Quellen vorhanden sind, brauche ich die Kernphysik nicht. Das Ende der fossilen

Quellen und die Risiken der Kernphysik erfordern technische Kreativität, wie kann ich auf der

Basis physikalischen Wissens andere technische Prozesse finden, entwickeln, konstruieren,

bauen, in Betrieb setzen, betreiben, entsorgen, und damit menschliche Artefakte schaffen, die

mir Energie liefern? Damit sind einige der Kernthemen des Technik Unterrichtes schon genannt:

die Vermittlung von Technik bezogener Handlungskompetenz. Die umfasst das Entwickeln,

Konstruieren, Bauen, in Betrieb setzen, Betreiben, Entsorgen die Fähigkeit zum Problem lösenden

Gestalten, menschliche Artefakte schaffen.

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1.3. Gesellschaftliche Komponente

Es gibt ein komplexes Beziehungsgeflecht zwischen Technik, Natur und Gesellschaft. Die

begriffliche Trennung entspricht einer heute durch technologische Entwicklungen nur bedingt

gültigen Differenzierung. Wichtig bleibt, technische Dinge bedürfen zu ihrer Reproduktion des

Menschen, Natur reproduziert sich selbst. Mit dem Stichwort Technik assoziieren wir meistens

einzelne technische Geräte oder technische Prozesse. Spricht man jedoch von der Technostruktur

der Gesellschaft, so entzieht sich unserem Blick der gesellschaftliche Charakter der Technik. Die

gesellschaftliche Realität liegt nicht im technischen Gerät, sondern in der Existenz einer

technischen Infrastruktur. Wir sprechen nicht mehr vom Telefongerät, sondern von dem

Telefonnetz und vom Begriff der Kommunikation, nicht mehr nur vom Auto, BMW xyz, sondern

vom Individualverkehr mit Straßen, Tankstellen, Raffinerien, Fabrikationsstellen,

Fertigungsautomatisierung, Versicherungen, Service und Reisen. Das Reisen wird zum

technischen Vorgang. Wir sprechen nicht mehr von der Eisenbahn, die wir heute als Produkt im

Technikmuseum sehen, sondern von schienengebundenem Verkehr, Netzlogistik,

Fahrplanoptimierung, Frachtverlagerung auf die Bahn und Güterverkehrszentren.

Die Technik hat damit eine eigene Infrastruktur und die gesellschaftliche Reproduktion bedingt

auch eine Reproduktion dieser Infrastruktur. Wir leben damit heute in einer technischen

Zivilisation, die sichtbar macht, dass zu den klassischen Strukturen der Gesellschaft, Staat,

Zugehörigkeit des Individuums im Organismus des Staates, und Markt heute die Techno Struktur

der Gesellschaft hinzukommt. Technische Innovation heißt nicht mehr nur ein neues Gerät,

sondern z.B. der Einsatz datenverarbeitender Maschinen lässt das mittlere Management

verschwinden, d.h. unser technisches Handeln ist gesellschaftliches Handeln.

Dessen ungeachtet ist die oben schon erwähnte klassische Differenzierung heute nur bedingt

gültig. Es ist einerseits heute anerkannt, dass das technische Verhalten von Geräten den

Naturgesetzen entsprechen muss, problematisch bleibt es jedoch, das technische Verhalten von

Geräten aus den Naturgesetzen, die ihm zugrunde liegen, zu deduzieren. Der Technik Entwurf

geht weiter, da er Vorgänge im Bereich des naturgesetzlich Möglichen schafft, der

Techniker/Ingenieur schafft technische Infrastrukturen und organisiert damit Naturelemente zu

gesellschaftlichen Zwecken. Er schafft damit Organisationsformen in der Natur, die die Natur von

sich aus nicht realisiert hat. Technische Vorgänge funktionieren damit nach Gesetzen, die sich im

Rahmen der Naturgesetze bewegen, selbst aber Realisierungen gesellschaftlicher Funktionen

sind. Dies fordert von uns auch die Berücksichtigung der Folgewirkungen unserer technischen

Realisierungen gesellschaftlicher Funktionen auf die Natur. Diese muss mitspielen. Technik ist

nicht nur Aneignung von Natur, sondern auch deren Verbrauch.

Man hat immer wieder versucht, Technik als angewandte Naturwissenschaft zu verstehen. Diese

Unterstellung ist sicherlich falsch. Richtig ist jedoch, dass Technik, oder besser, unsere

gesellschaftlichen Anforderungen an die Technik, auf die Natur wirkt. Die überall akzeptierte

Anforderung an Bildungssysteme, das Verhalten im gesellschaftlichen Kontext durch Ausbildung

vorzubereiten, erfordert somit ohne Einschränkung technische Bildung.

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1.4. Die 5 Kompetenzbereiche des Technik Unterrichtes in der VDI Studie

Auf Basis der vorliegenden Betrachtungen wurde ein Konzept erarbeitet, dass die Kompetenzziele

für einen Technik orientierten Unterricht formuliert und präzisiert. Die Kompetenzvermittlung als

Ziel ist heute mittlerweile anerkannter Standard in der Bildungspolitik. Der VDI hat hiermit seinen

bildungspolitischen Beitrag geleistet.

Die 5 Kompetenzbereiche für das Fach Technik sind

Technik verstehen • Zielorientierung und Funktionen, Begriffe, Strukturen, Prinzipien der Technik

kennen und anwenden.

Technik konstruieren und herstellen

• Technische Lösungen planen, entwerfen, fertigen, optimieren, prüfen und

testen

Technik nutzen

• Technische Lösungen auswählen, fach- und sicherheitsgerecht anwenden

sowie entsorgen

Technik bewerten

• Technik unter historischer, ökologischer, wirtschaftlicher, sozialer sowie

humaner Perspektive einschätzen

Technik kommunizieren

• Technikrelevante Informationen sach-, fach- und adressatenbezogen erschließen und austauschen

Diese Kompetenzen sollen die Schülerinnen und Schüler befähigen, in solchen Situationen erfolgreich zu handeln, die eine wesentliche Bedeutung für ihre Lebenswelt und Lebensgestaltung haben. Dazu gehören die für die inhaltliche Strukturierung im Technikunterricht gebräuchlichen Handlungsfelder

Arbeit und Produktion

Bauen und Wohnen

Transport und Verkehr

Versorgung und Entsorgung

Information und Kommunikation

Haushalt und Freizeit.

Zu den fünf Kompetenzbereichen werden Bildungsstandards und deren Niveau formuliert und

mit Beispielaufgaben verdeutlicht. Dabei sind die Aufgaben so angelegt, dass das

Zusammenwirken mehrerer Kompetenzbereiche deutlich wird. Die Kontexte dieser Aufgaben

werden aus den oben genannten Handlungsfeldern gewählt, sie lassen sich aber nicht nur

einem Handlungsfeld zuordnen. Die Inhaltsdimension wird überwiegend im

Kompetenzbereich „Technik verstehen“ abgebildet, die Handlungsdimension in den

Kompetenzbereichen „Technik konstruieren und herstellen“, „Technik nutzen“, „Technik

bewerten“ und „Technik kommunizieren“. Inhalts- und handlungsbezogene Kompetenzen

können nur gemeinsam und in Kontexten erworben werden.

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2. VDI als Initiator und beteiligter Partner

Der Bezirksverein des VDI Berlin Brandenburg ist Initiator des Projektes. Zur Umsetzung wurden

verschiedene Institutionen mit einbezogen, um die unterschiedlichen Kompetenzen nutzen zu können

und den Erfolg sicherzustellen. Im Einzelnen:

Projektleitung: VDI Berlin Brandenburg Vertreten durch Dipl.-Ing. Siegfried Brandt, VDI Vorstand Dipl.-Ing. Volker Bergmann

Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Vertreten durch Joachim Kranz

Technische Universität Berlin, Fakultät I Institut für Erziehungswissenschaft, Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie

Vertreten durch Prof. Dr. Angela Ittel Betreuung/Beratung der Masterarbeit

Antje Romeike, Master of Arts, Bildungsmanagement Konzeption eines pädagogischen Konzepts

zur Implementierung technischer Bildung im

Unterricht

Netzwerk Berufspraxis Vertreten durch Katrin Thierfeld Vorsitzende Modul e.V., Förderverein Modernes Lehren und Lernen in Schule, Aus- und Weiterbildung

Technische Universität Berlin, Fachbereich Fachdidaktik Arbeitslehre Vertreten durch Prof. Ralf-Kiran Schulz,

Herr Eisen

VDE Berlin Vertreten durch Dipl.- Ing. Hans-Joachim Nitschke

Hemingway Sekundarschule Berlin Mitte Vertreten durch Torsten Retschlag Fachlehrer Math., Physik, Informatik

Oberstufenzentrum Max-Taut-Schule Vertreten durch Klaus Schulz, Abt. Leiter a.D.

Technische Universität Berlin, Fakultät IV, Elektrotechnik und Informatik, Projektlabor für Schüler , Fakultät V, Verkehrs- und Maschinensysteme Solarlabor

Vertreten durch Dipl.-Ing. Stefan Seifert

Beuth-Hochschule / Schulen und Oberstufenzentren Vertreten durch Frank Rüdiger

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Diese Arbeitsgruppe erweiterte sich sehr schnell startend mit den Kernteilnehmern des VDI zu einem viele Interessengruppen repräsentierenden Team. Es gelang aktive Lehrer zu integrieren, die immer wieder theoretische Überlegungen mit der Realität der Schulen abgleichen konnten. Die Mitarbeit der Technischen Universität vertreten durch den Lehrstuhl für pädagogische Psychologie und den Fachbereich Fachdidaktik Arbeitslehre lieferte dem Team den Input des aktuellen wissenschaftlichen Standes. Die Beuth Hochschule gab wichtige Anregungen zu der erforderlichen Lehrerausbildung. Besonders zu erwähnen ist das hohe Engagement von Frau Thierfeld und Herrn K. Schulz von dem Netzwerk Berufspraxis, die auch den Kontakt zu den Thüringer Solarexperten hergestellt haben. Die Diskussionen über ca. 1,5 Jahre waren geprägt von hohem ehrenamtlichem Engagement aller Beteiligten. Es wurden konstruktive aber auch kontroverse Diskussionen geführt über die Begriffe/Inhalte eines Rahmenlehrplanes, eines Curriculums, der Kompetenzbegriffe, Inhalte einer Handhabungsunterlage und das methodische Vorgehen. Im Zentrum stand immer die Umsetzbarkeit und Realisierbarkeit der Ziele der Arbeitsgruppe im schulischen Alltag sowohl an Schulen mit guten Sozialstrukturen ebenso wie Schulen mit hohem Migrationsanteil und dem Attribut der Problemschule. Der VDI als Träger dieser Teamarbeit möchte sich auf diesem Wege bei allen Partnern für das Engagement bedanken.

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3. Einsatz an Berliner Sekundarschulen

3.1. Verabredungen mit dem Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Prof. Dr.

Jürgen Zöllner

In der Einleitung wurde bereits erläutert, dass der VDI nicht die vielen außerschulischen Aktivitäten um eine weitere ergänzen, sondern gezielt Maßnahmen vorzuschlagen wollte, die mit der Schulverwaltung abgestimmt und dann über die Schulverwaltung in Verantwortung der Schulverwaltung in die Schulen eingespeist werden sollten. Zu diesem Zweck wurde ein Kooperationsvertrag mit dem Senator für Schulwesen, Herrn Zöllner abgeschlossen, der dann in der Sacharbeit in Gesprächen mit den Vertretern der Senatsverwaltung, Herrn Kranz und Herrn Nix präzisiert wurde auf die neuen Berliner Sekundarschulen und das dortigen Fach WAT (Wirtschaft-Arbeit-Technik). Basis unserer Arbeiten war der hierfür vorliegende Rahmenlehrplan

Mit der Berliner Schulstrukturreform 2010/2011 wurde das Fach Arbeitslehre ab Jahrgangsstufe 7 und 8 durch das Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik ersetzt. Diese Schulstrukturreform soll dazu beitragen, einer breiten Schülerklientel eine möglichst umfassende Berufsorientierung zu ermöglichen, sowohl für Schülerinnen und Schüler, welche nach dem mittleren Schulabschluss (MSA) die Schule verlassen, als auch in Form von Berufs- und Studienorientierung bei weiterführender schulischer Laufbahn in der gymnasialen Oberstufe.

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3.2. Pädagogisches Konzept (Modul Katalog)- für „Regenerative Energien“

(Brandt/Romeike/Ittel)

Die oben erläuterten Kompetenzziele haben in den Rahmenlehrplan der neuen Berliner

Integrierten Sekundarschulen Eingang gefunden, jedoch nur mit rudimentären

Stundenkontingenten und nicht hinterlegt mit einer Vorlage für ein Unterrichtsmodul. Dies soll

der Freiheit der Lehrkräfte obliegen. Die Fachleute sagen jedoch, dass Lehrkräfte ganz wesentlich

durch Materialien gesteuert werden. Sie weisen darauf hin, dass wegen der hohen

Stundenausfallraten die Fachkompetenz wegen fachfremdem Unterricht nicht ausreichend ist. Es

ist also ein roter Faden für die Lehrkräfte erforderlich, eine Vorlage für ein Unterrichtsmodul,

um diese Kompetenzen und Ziele u.a. auf Basis eines SOL – selbstorganisierten Lernens (SOL)-

umzusetzen.

Hier setzt der VDI Berlin Brandenburg an und erweitert seine bisherigen Vorgehensweisen an den

Schulen, um eine höhere Nachhaltigkeit zu erreichen. Der VDI verfolgt mit diesem Ziel die

Umsetzung der vertraglichen Vereinbarungen mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und

Wissenschaft in Berlin und den Ministerien in Brandenburg. Dies soll durch die Unterstützung bei

der Erarbeitung eines Curriculums erfolgen, das dann über die Schulverwaltungen in die Schulen

eingespeist werden kann.

Im Rahmen eines Pilotprojektes wird ein Unterrichtsmodul erarbeitet, für das das Thema

„Regenerative Energien“ ausgewählt worden ist. Das Thema muss einerseits auf den

Rahmenlehrplan der neuen „Integrierten Sekundarschulen“, auf die Kompetenzziele des VDI und

auf die Zielgruppen abgebildet werden. Hierbei soll für jede Schulstufe der integrierten

Sekundarschule alle Kompetenzbereiche behandelt werden, das Anforderungsniveau der

Kompetenzbereiche (I, II, III) jedoch den Schulstufen angepasst werden, z.B. Klasse 7: I, Klasse 8:

II, Klasse 9/10: III. Integraler Bestandteil ist ein pädagogisches Konzept für die unterschiedlichen

Jahrgangsstufen.

Das pädagogische Konzept soll darauf ausgerichtet sein, ein gemeinsames Verständnis für

energiepolitische Themenstellungen für jedes Klassenniveau zu erreichen. Die Motivation der

Schülerinnen und Schüler soll erreicht werden durch Selbstorganisation und Selbstverantwortung

der Schülerinnen und Schüler.

Innerhalb des pädagogischen Konzeptes sollen folgende Punkte besondere Berücksichtigung

finden:

Förderung der Kreativität

Förderung des Selbstverständnisses von Technik als integraler Bestandteil von Kultur und

Gesellschaft und Verständnis für die Relevanz der Dimension von Technik

(Wirtschaftsfaktoren, Chancen und Risiken, demographischer Wandel etc.)

Klassenstufenorientierte Ausprägung

Direktes Erleben von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen (Physik, Chemie,

Mathematik,…) und Herstellung von Bezügen zu den naturwissenschaftlichen

Unterrichtsfächern.

Kennenlernen und Verstehen der Fachterminologie, klassenstufenabhängig

Unterstützung von eigenverantwortlicher und selbstständiger Bewertung

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Kritisches Denken, Selbstreflexion und Problemlösung im Team

Verknüpfung von Politik und Technik

Berücksichtigung von Gender- und Diversity Aspekten (relevant für das Berufsleben und

wichtig für die Förderung und Motivation von Mädchen für technische Berufe)

Verbesserung der technischen Bildungskompetenz und Anreiz zur Ergreifung eines Berufs

in technischen Feldern, Berufsorientierung, Erarbeitung und Sicherstellung eines

nachhaltigen Konzeptes

Die Zielgruppen sind folgende:

Lehrkräfte an ausgewählten Schulen,

Schülerinnen und Schüler durch Teilnahme an Projekttagen und Begleitung der

Pilotstunden

die Senatsverwaltung für Bildung für die Mitgestaltung und den Transfer des Curriculums.

Die Vorgehensweise ist darauf ausgerichtet, ein Verständnis für energiepolitische

Fragestellungen Klassenstufen übergreifend zu vermitteln und auszubauen. Es sollen Anreize zur

Gestaltung und Theorievermittlung eines haptisch erfahrbaren Technikunterrichts geschaffen

werden. Der Fokus liegt auf der Berufsorientierung und Steigerung der Motivation zur Ergreifung

eines Berufs in technischen Feldern unter Einbeziehung von Gender- und Diversity-Aspekten

gelegt. Das Selbstverständnis von Technik als integraler Bestandteil von Kultur und Gesellschaft

und der Dimension von Technik als Wirtschaftsfaktor soll gefördert werden.

Das Ergebnis wird ein Leitfaden zur Unterrichtsgestaltung zum Thema „Regenerative Energien für

den Technikunterricht.“ sein, der an die jeweiligen Anforderungsniveaus und Kompetenzbereiche

der Klassenstufen angepasst werden soll.

Der Leitfaden soll Möglichkeiten einer Unterrichtsgestaltung mit dem Schwerpunkt der

Berufsorientierung liefern. Damit wird das Ziel verfolgt, mehr Schülerinnen und Schüler durch

frühe praktische Erfahrungen zur Ergreifung eines Berufes in technischen Feldern oder eines

Studiums in MINT-Fächern zu motivieren.

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4. Entwicklung eines pädagogischen Konzeptes (Romeike / Ittel)

Nachdem der thematische Rahmen des Projekts innerhalb der VDI-Projektgruppe vereinbart

worden war, begann die Arbeit an der praktischen Realisierung. Diese bestand aus der

Erarbeitung eines pädagogischen Leitfadens der das Thema „Regenerative Energien“ unter

Berücksichtigung der intendierten Kompetenzvermittlung und den politischen

Rahmenbedingungen für den Unterricht aufbereitet.

Um das Thema für den Unterricht handhabbar zu machen, musste dafür ein pädagogisches

Konzept erstellt werden. Hierzu ging der VDI 2010 eine Kooperation mit der Technischen

Universität Berlin ein. Die Ausgestaltung des pädagogischen Konzepts wurde von Prof. Dr.

Angela Ittel (Pädagogische Psychologie, Institut für Erziehungswissenschaft, Fakultät I)

betreut und in Form einer Masterarbeit im Studiengang Bildungsmanagement von der

Studentin Antje Romeike bearbeitet.

Das Ziel war die Entwicklung eines Modulkataloges zum Thema „Regenerative Energien“, der

die curricularen Rahmenrichtlinien der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und

Forschung Berlin mit den „Bildungsstandards Technik für den Mittleren Schulabschluss“ des

VDI vereinen soll und auf diesen Grundlagen ein pädagogisches Konzept mit praktischen

Unterrichtseinheiten (Modulkatalog) für das Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik in den

Klassenstufen 7 und 8 ausgestaltet.

Im Oktober 2010 begann die Entwicklungsphase des Projekts „Modulkatalog zum Thema

Regenerative Energien“. Das Ziel war ein anwendungsorientiertes pädagogisches Konzept zur

Implementierung Technischer Bildung in die Schule, das in Form einer Handreichung den

Lehrkräften zur Gestaltung ihres Unterrichts im Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik zur Verfügung

gestellt werden sollte.

Für die Erstellung des Konzeptes wurden zunächst die politischen Rahmenrichtlinien des

Faches mit den vom VDI entwickelten Bildungsstandards Technik verglichen. Aus der

Schnittmenge dieser Grundlagen wurden Kompetenzen abgeleitet, die im vorliegenden

Konzept vermittelt werden.

Anschließend wurde das Thema „Regenerative Energien“ ansprechend für die Schülerinnen

und Schüler aufbereitet. Der Fokus lag auf der Einbindung der Komponenten

Kompetenzentwicklung, Berufsorientierung, Lernen durch praxisorientierte Umsetzung sowie

gendersensibler Unterrichtsgestaltung.

Unter Einbeziehung dieser Grundlagen wurden Unterrichtsabläufe und didaktische

Handlungsempfehlungen entwickelt und klassenstufengerechte, themenbezogene

Experimente gewählt, die im Unterricht von den Schülerinnen und Schülern durchgeführt

werden können.

Für zwei Module des Rahmenlehrplans für die Sekundarstufe I, Fach Wirtschaft-Arbeit-

Technik wurde eine vollständige Unterrichtseinheit entwickelt und erprobt. In dieser sind

vielfältige Bausteine enthalten, die den Lehrkräften die Gestaltung eines

binnendifferenzierten und praxisnahen Unterrichts ermöglichen.

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Das Konzept wurde im Rahmen einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit entwickelt, die sich

einerseits theoretisch mit der Vermittlung des Themas unter politischen, gesellschaftlichen

und wirtschaftlichen sowie didaktischen Aspekten befasst, die die Grundlage für die

praktische Handreichung bildet. Diese besteht in Form eines Modulkatalogs, (67 Seiten) der

didaktische Hinweise (Gendersensibilität, Binnendifferenzierung, Lernarrangements) sowie

zwei komplette Unterrichtseinheiten zum Thema Regenerative Energien (theoretische sowie

experimentelle Vermittlung) enthält.

Die Handreichung wurde nach Fertigstellung einem Praxistest unterzogen und soll zum

Sommer 2012 in der Reihe „Bildung für Berlin“ der Senatsverwaltung für Bildung,

Wissenschaft und Forschung publiziert und den Lehrkräften für die Verwendung im

Unterricht zur Verfügung gestellt werden.

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5. Pilotversuche (Thierfeld / Schulz)

Die Diskussion in der Arbeitsgruppe führte zu einer zweistufigen Vorgehensweise. Es wurde beschlossen,

in einer ersten Arbeitsstufe existierende Praxis Module auf ihre Akzeptanz und Anwendbarkeit im Berliner

Kontext zu prüfen. Dazu wurden Modellkoffer ausgewählt, die gefördert vom Kultusministerium

Thüringen vom Träger Solardorf Kettmannshausen e.V. entwickelt wurden. Dies wurde in Pilotstunden

untersucht und bewertet. In einer zweiten Stufe wurden die auf die Kompetenzen des WAT abgebildeten

pädagogischen Konzepte geprüft und die Möglichkeit untersucht, Lehrkräften durch Handreichungen die

Möglichkeit zu geben, diese auch anzuwenden.

5.1. Eingesetzte Unterrichtsmaterialien

5.1.1. Solarbiker

Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse zur Versuchsreihe „Solarthermie“ und

„Solarbiker“ Jahrgangsstufen 7 und 8

Ausgangsdaten:

Im Zeitraum Oktober bis Dezember 2011 erprobten 191 Schülerinnen und Schüler aus 9

Klassen an 3 Sekundarschulen (Hemingway-Schule Berlin-Mitte, Korczak-Schule Berlin-

Pankow und Schule an der Gräfestraße Berlin-Kreuzberg) der Jahrgangsstufen 7 und 8 die

Umsetzung praktischer Versuchsreihen und Konstruktionen im Bereich Erneuerbarer

Energien.

Genutzt wurden Modellkoffer zu o.g. Themenschwerpunkten, die bereits seit zwei Jahren in

Thüringer Schulen (gefördert durch das Kultusministerium Thüringen, entwickelt in

Kooperation mit der TU Ilmenau) angewendet werden. Die Modelle nebst Arbeitsanweisung

wurden vom Träger Solardorf Kettmannshausen e.V. gegen Entgelt entliehen und vorab in

der TU Berlin, Fachbereich AL / IBBA vorgestellt und methodisch begleitend betreut (Prof.

Ralf-Kiran Schulz, Herr Eisen).

Es sollte geklärt werden, inwieweit eine ausgewählte Schülerpopulation (hoher Anteil von

Schülern mit Migrationshintergrund, Lernbehinderung, aber auch sehr leistungsstarken

Klassen) die Arbeit mit den Modellkästen und Experimenten positiv und in der

Selbsteinschätzung erfolgreich und nachhaltig erlebt.

Zur Evaluation wurden ein Schüler- und ein Lehrerfragebogen in Anlehnung an das

Projektlabor der TU Berlin entwickelt und ausgewertet (s. Anlage). Ergänzend wurde eine

Fotodokumentation erstellt.

Unterrichtliche Ziele waren dabei bspw. beim Solarbiker das Bauen einer Konstruktion nach

Bauplan, die Informationsentnahme aus Bild und Text zu diversen Verbindungstechniken,

die Möglichkeit von Stromerzeugung zum Betreiben eines Elektromotors und die

Kraftübertragung Motor/Kette/Radfahrer sowie die Funktionsweise von Solarpanelen und

deren modifizierte Anwendung.

Eingebunden wurde die Versuchsreihen in die Schwerpunktsetzung des Dualen Lernens Sek

I, Schwerpunkt Jahrgangsstufen 7 und 8. Es sollte untersucht werden, inwieweit diese

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Versuchsreihen und Modellgruppen in die Umsetzung der Rahmenpläne WAT einbezogen

werden.

Sowohl die jeweiligen Klassenlehrer als auch die zuständigen WAT-Lehrer begleiteten die

Klassen in das Ausbildungszentrum der Innung für Sanitär, Heizung, Klempner und Klima.

Vorab bestand für alle Lehrer die Möglichkeit, sich mit dem Versuchsaufbau eigeninitiativ

praktisch vertraut zu machen.

Auswertung (Evaluation):

Insgesamt führten 78 Mädchen und 113 Jungen die Experimentreihen durch. Davon äußern

125 Schüler, dass ihnen das Projekt gefallen hat und 89 Schüler würden sogar das Projekt

weiterempfehlen. Die Beschäftigung mit technischen Inhalten wird in der Auswertung von

53 bzw. 49 Schülern als Wunsch geäußert (Beschäftigung sowie anwendungsorientierte

Umsetzung von Technik in der Praxis). Parallel dazu wurde nach der Selbsteinschätzung zur

Problembewältigung bei den Schülern gefragt. Letztlich sollten die Schüler die

Übertragbarkeit der Lerninhalte auf konkrete Berufe benennen.

Folgende Schwerpunkte lassen sich entsprechend der Nennung zusammenfassen:

Erlebbare Technik wird als persönlicher Lerngewinn gewertet

Selbsteinschätzung eigener Fertigkeiten und Fähigkeiten wird als positives Erlebnis

gewertet

Interdisziplinarität der Experimente und Versuchsanordnungen zum Fächerkanon

der Schule positiv

Partnerarbeit und anschließende Gruppenarbeit wird sehr positiv eingeschätzt

Betreuung und gemeinsame Pausen mit den Lehrern am außerschulischen Lernort

werden durch die Schüler als sehr angenehm empfunden (wichtig: Lob der Schüler

an die Lehrer, dass vorab die Versuchsreihen durch das Kollegium erprobt wurden)

Technik wird schülerorientiert vermittelt und weitestgehend vorurteilsfrei und

neugierig angewendet

Verbesserungsvorschläge zum Versuchsmodell werden konkretisiert angebracht

Zeitplanung wird als zu gering eingeschätzt

Handlungsempfehlung

Die Umsetzung in den genannten Jahrgangsstufen verlief problemlos, sollte allerdings auch

in den Jahrgangsstufen 7 und 8 verbleiben. Die Nutzung von außerschulischen Lernorten

und die dortige fachlich gute Beratung werden im Vergleich zur Schule als sehr positiv

bewertet. Durch die Initiatoren des Pilotprojekts wurden gute inhaltliche Einschätzungen

und Verbesserungsvorschläge an die Kollegen der TU Ilmenau geschickt. Eine Modifikation

für den Berliner Markt wäre allerdings notwendig (auch angesichts der Tatsache, dass es das

Unterrichtsfach Werken nicht mehr gibt).

An der Umsetzung einer Übungs- und Experimentiereinheit zum Thema Erneuerbare

Energien wird gegenwärtig – flankierend durch Schülerexperimente – gearbeitet. Der sehr

große und überraschende Erfolg der Projektergebnisse erfordern die Fortführung. Eine

Einbindung in die WAT-Rahmenlehrplanung l

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5.1.2. Solarthermie

Hier wurde mit einem Experimentiermodell im modularen Aufbau (14 Teile) gearbeitet. Die

Schüler lernten am Modellbeispiel (eigener Modellaufbau) das Prinzip der Erzeugung von

Wärme durch solarthermische Anlagen kennen. Die Erwärmung des Wärmeträgers wurde

durch unterschiedliche Farbflüssigkeiten transparent und für die Schüler in Versuchsreihen

messbar.

Die empfohlene Montagezeit von 30 Minuten wurde allerdings oft überschritten. Das

Experiment wurde in seiner Bedeutung als Umweltbildungsmodell sowohl Schülern als auch

Lehrern vermittelt.

An der Umsetzung nahmen 2 Schulen (ISS Gräfestraße Kreuzberg und Janusz-Korczak-Schule

Pankow) mit 3 Klassen der 8. bzw. 7. Jahrgangsstufe teil. Von den 64 Schülern (27 weiblich, 37

männlich) bewerteten 37 das Projekt als „sehr interessant“ / „empfehlenswert für meine

Freunde“, 39 möchten sich „mehr mit Technik beschäftigen“, 10 Schüler allerdings fanden

kein oder geringes Interesse am Thema Solarthermie. Folgende Punkte wurden im Einzelnen

bei positiver Bewertung genannt: die Arbeit mit Werkzeugen und dem Wärmeträger Wasser

war interessant, das Auf- und Abbauen in der Partnerarbeit hat Spaß bereitet, die

unterschiedlichen Materialien und verwendeten Werkstoffe konnten gut verwendet werden.

Negative Aspekte waren: die Messprotokolle waren zu kompliziert, undichte Versuchskörper,

die große Anzahl von Schrauben und die Schwierigkeit, die Arbeitsschritte des Auf- und

Abbaus einzuhalten.

Die Schüler wünschten sich: mehr Zeit und Platz bei den Experimenten, mehr Werkzeug,

weniger Schrauben und eine leichtere Beschreibung des Aufbaus.

Auf die Frage, für welche Berufe das erlernte Wissen gebraucht werden kann, wurde genannt:

Hausmeister, Solarkollektorhersteller, Solararbeiter, Elektroniker, Dachdecker, Techniker,

Heizungsmonteur und Lehrer.

5.2. Zusammenfassung der ausgewählten Schulen (191 Schüler, 7./8. Jahrgang)

Hemingway-Sekundarschule Berlin-Mitte, Janusz-Korczak-Sekundarschule Berlin-Pankow Integrierte Sekundarschule Gräfestraße Berlin-Kreuzberg)

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6. Evaluationen

Evaluation des Pädagogischen Konzeptes (Romeike / Ittel)

Das Konzept wurde in einer Pilotphase in der achten Klasse (sieben Schülerinnen und acht

Schüler) der „Sekundarschule Graefestraße“, eine integrierte Sekundarschule, in Berlin-

Kreuzberg getestet und evaluiert. Die Schülerschaft besteht zu einem hohen Anteil aus

Kindern mit Migrationshintergrund (ca. 95%). Aus organisatorischen Gründen (Stundenplan)

wurde die Pilotphase an Projekttagen durchgeführt. Die Wirkung auf die Schülerinnen und

Schüler wurde anhand eines Fragebogens evaluiert. Dieser fragte nach Einschätzungen

bezüglich der Themenwahl, der Unterrichtsgestaltung und der daraus resultierenden

Motivation

An zwei Projekttagen wurde der erste Teil der Einheit (Regenerative Energien: Energiebedarf

und Möglichkeiten der Energieerzeugung) getestet. . Dieser beginnt mit einer Sensibilisierung

zum Thema Energieverbrauch durch Selbsteinschätzung. Die Schülerinnen und Schüler

schätzen ihren eigenen Verbrauch ein, indem sie analysieren, welche Geräte, die Energie

benötigen, im Tagesverlauf von ihnen genutzt werden. Anschließend erhalten die

Schülerinnen und Schüler Energiemessgeräte, mit denen sie den Verbrauch von

verschiedenen Geräten eigenständig messen, dokumentieren und der Klasse präsentieren.

Daran anknüpfend werden Formen der Energieerzeugung behandelt, zu denen einzelne

Experimente von den Schülerinnen und Schülern in Gruppenarbeit durchgeführt werden

können.

Im zweiten Teil der Einheit geht es um Berufsperspektiven im Bereich „Regenerativer

Energien“. Die Schülerinnen und Schüler erstellen Berufsbilder indem sie recherchieren und

Informationen zu dem Beruf sammeln. Sie lernen Berufe kennen und gleichen diese

spielerisch (Berufswahltest) mit ihren persönlichen Interessen und Kompetenzen ab.

Die Evaluation der Pilotphase des Moduls ergab, dass die praktische Themengestaltung den

Schülerinnen und Schülern zusagte. So gab die Mehrheit der befragten Schülerinnen und

Schüler (14 von 15) an, ein derartiges Projekt gerne wieder durchführen zu wollen. Das

Thema stieß ebenfalls auf positive Resonanz (zehn fanden es gut, fünf mittelmäßig).

Besonders gut gefiel den Schülerinnen und Schülern die, praktische Anwendung von

eigenständigen Experimentierphasen („Experiment Energieforscher“, Messungen zum

Energieverbrauch im alltäglichen Kontext). In Zukunft sollte größerer Wert auf die

Möglichkeit der Partner Arbeit gelegt werden. Die überwiegende Mehrheit der Kinder in

dieser Gruppe (12 von 15) gab in der Befragung an, dass sie gern mit ihrem Partner

zusammen gearbeitet hätten. Die Mehrheit (11 von 15) kann sich vorstellen, das Thema zu

vertiefen und das Projekt weiter zu empfehlen. Auf Grund dieser Rückmeldungen kann die

Durchführung des Projekts positiv bewertet werden.

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7. Pädagogische Erfahrungsberichte (Romeike / Ittel)

7.1. Erfahrungen in der Praxisphase des Pädagogischen Konzeptes

Der Fokus wurde aufgrund des anstehenden ersten Berufspraktikums der Schülerinnen und Schüler in der

achten Klasse auf Berufsorientierung im MINT-Bereich gesetzt. Es stellte sich heraus, dass die

Schülerinnen und Schüler beim Einsatz haptischer Erfahrungen in Form von Experimenten und auf

eigenen Einschätzungen beruhenden Erkenntnisgewinn (Berufswahltests mit dem Fokus auf den MINT-

Bereich) erzielten und den Unterricht aktiver mitgestalteten und diesen laut eigener Einschätzung als

positiv bezüglich ihres Lernerfolgs befanden. So generierten sie Ideen zu Berufen in dem Themenfeld.

Einen Mehrwert ergab sich laut den Schülerinnen und Schülern aus der aktiven Auseinandersetzung mit

dem Thema Regenerative Energie bezüglich Ihrer eigenen Lebenswirklichkeit. Durch die aktive

Unterrichtsgestaltung waren zudem war nach Meinung der Lehrkräfte eine positive Teamentwicklung und

Zusammenarbeit zwischen den Schülerinnen und Schülern zu beobachten. Die Projektstruktur und das

daraus resultierende eigenständige Arbeiten bewirkten ein positives Klassenklima und begünstigen

selbstgesteuertes Lernen. Aus der Testphase kann als Handlungsempfehlung abgeleitet werden, dass

Themen stets mit der eigenen Lebenswirklichkeit verknüpft werden sollten und selbstgesteuertes Lernen

und gezielter Informationsinput (in diesem Fall Informationen zu Berufsmöglichkeiten im technischen

Bereich) einen positiven Effekt auf die Erkenntnisgewinnung und Kompetenzausbildung hat.

Als herausfordernd stellte sich jedoch heraus, dass die Einheit während der Pilotphase schwer in einen

interdisziplinären thematischen Gesamtkontext integriert werden konnte, der eine Nachhaltigkeit der

Lernerfolge begünstigen könnte. Diese thematische Verknüpfung mit anderen Fächern war aufgrund der

Stundenplanstruktur nicht gegeben. Ein langfristiger Erfolg zur Schulung technischer Kompetenz und

Kompetenzvermittlung in diesem Bereich, scheint nur durch interdisziplinäre Verknüpfung der Thematik

gewährleistet zu werden.

8. Erarbeitung einer Handreichung für die Schulen über die Schulverwaltung (Romeike)

Nach Abschluss der Pilotphase befindet sich der Modulkatalog derzeit (Stand April 2012) in der

Endredaktion. In Kooperation mit der Senatsverwaltung für Bildung Wissenschaft und

Forschung Berlin wird dieser in der Reihe „Bildung für Berlin“ publiziert und an die Integrierten

Sekundarschulen im Land zur Verwendung im Unterricht verteilt. Die Veröffentlichung ist zum

neuen Schulhalbjahr im Sommer 2012 angesetzt.

Das Projekt wird mit dem Bericht und der Erstellung der Handreichung abgeschlossen. Die

Handreichung ist ein Modulkatalog zur Stundenaufbereitung für Regenerative Energien, der die

Bildungsstandards Technik des VDI in für das Land Berlin modifizierter Form in den Unterricht

implementiert.

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9. Perspektiven für eine Fortsetzung des Projektes (Brandt/Thierfeld)

Die Ergebnisse der Pilotstunden haben ergeben, dass die Verfügbarkeit eines Baukastens eine gute

Voraussetzung für ein erfolgreiches Stundenkonzept ist. Dies muss praktikabel gestaltet werden,

wirtschaftlich für die Schulen realistisch sein und vor allem der Übertragbarkeit und Anwendung in den

jeweiligen Schulen entsprechen. Nicht immer sind die räumlichen und personellen Voraussetzungen

vorhanden, jede Schule und jedes Lehrerkollegium muss eigene Voraussetzungen zur Umsetzung

entsprechend der Situation an der Schule schaffen.

Das Ziel der Initiatoren besteht in der Entwicklung eines „Berliner Modellkoffers“, der zusammen mit den

methodisch-didaktischen Begleitmaterialien im binnendifferenzierten Unterricht an den Integrierten

Sekundarschulen im Jahrgang 7/8 entsprechen Rahmenlehrplan WAT (ergänzend zu Physik / Chemie)

einsetzbar

Folgende Vorstellungen existieren:

Zusammenarbeit mit Solardorf Kettmannshausen für die Entwicklung eines Koffers zum Bau eines

Energiehauses, enthaltend

o didaktische Entwicklung eines Koffers mit verschiedenen Aufbaustufen

o Erstellung eines Pilotkoffers

o Didaktische Erprobung

Gründung einer Schülerfirma zum Bau dieser Koffer

Entscheidungen über erforderliche Logistik

Ausleihkonzepte oder Bevorratung in den Schulen

Testunterricht

Erstellung der erforderlichen Unterrichtsvorlagen

Konzept für Lehrerausbildung

Integration von Studenten der Arbeitslehre

Die Umsetzung erfolgt bereits auf zwei Ebenen:

1. Anwendung eines bereits hergestellten Modellhauses „Erneuerbare Energien“ im 8. Jahrgang,

2. Erstellung von binnendifferenziert anwendbaren Lehr- und Lernmaterialien zu o.g. Themen und

Arbeitsschwerpunkten

Entscheidungen über den Träger des Projektes und seine Finanzierung

Öffentliche Förderung

Private Sponsoren

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10. Anlagen 1 Erste praktische Erfahrungen mit dem Solarbiker (Stefan Seifert)

Dieser Abschnitt berichtet über die praktischen Erlebnisse und Erfahrungen des Besuchs der Klasse 7a der

Hemingway Schule. Die 22 Schülerinnen und Schüler besuchten am 02.11.2011 zusammen mit ihren

Lehrkräften das Ausbildungszentrum SHK. Obwohl es sich um einen außerschulischen Lernort handelt,

war geplant, dass die Lehrerinnen und Lehrer das Projekt unter Aufsicht selbst durchführen. Hierfür gab

es im Vorfeld eine Schulung der entsprechenden Lehrkräfte und die Aufgabe selbst einmal den

kompletten Solarbiker aufzubauen.

Die Veranstaltung startete am Morgen um 11 Uhr mit einer Begrüßung von Frau Thierfeld und einer

kurzen Vorstellung des Ausbildungszentrums und des Tagesablaufs. Zehn Minuten später wurden bereits

die Koffer vorgestellt und das Ziel des Projekts deutlich gemacht.

Zu Beginn des Projekts sollte jedes Zweierteam den Kofferinhalt auf Vollständigkeit überprüfen. Bereits zu

diesem Zeitpunkt zeigte sich, dass bereits einfachste technische Begriffe wie Kreuzschlitzschraube oder

Schlitzschraube für manche eine Schwierigkeit darstellten. Die in den Koffern vorhandene Teileliste sollte

daher um Fotos der jeweiligen Bauelemente erweitert werden, damit die Schüler z.B. die verschiedenen

Schrauben auch korrekt unterscheiden können. Außerdem ist es empfehlenswert den Inhalt und die

Werkzeuge vorher kurz vorzustellen. Bei späteren Durchführungen wurden diese Erkenntnisse bereits

berücksichtigt, so dass es bei nachfolgenden Gruppen auch zu deutlich weniger Problemen kam

Während des Aufbaus kam es immer wieder zu kleinen Zwischenfällen, die bei solchen Projektarbeiten

aber durchaus normal sind. Ärgerlich war z.B. dass an einem Motor ein Kabel abgerissen ist und aufgrund

von fehlenden Ersatzteilen dieser auf die Schnelle wieder repariert werden musste. Hierbei erwies sich

das Ausbildungszentrum als sehr nützlich, da die Werkstätten mit den entsprechenden Werkzeugen ein

paar Räume weiter zu finden waren. Für den Betrieb in Schulen empfiehlt es sich mit mindestens einem

Kasten mehr zu bevorraten, damit die Ersatzteile umgehend zur Verfügung stehen, da ansonsten

wertvolle Arbeitszeit in den Gruppen verloren geht und im Normalfall die betreuende Lehrkraft auch nicht

einfach den Unterricht für eine Weile verlassen kann.

An manchen Stellen ist es durchaus sinnvoll die Materialien anzupassen, da die Schüler immer wieder

Probleme hatten, die passenden Schrauben zu finden. Dies liegt unter anderem auch daran, dass eine

genaue Teileübersicht der Kleinteile fehlt. Für den schnellen Baufortschritt ist es aber durchaus sinnvoll,

dass die jeweils benötigten Materialien nochmal explizit bei den jeweiligen Montageschritten abgebildet

werden. Hilfreich ist es auch, wenn man die Schrauben so gestaltet, dass nur eine bestimmte Sorte in

Frage kommt z.B. Sechskant.

Für die Verknüpfung von Modell und realer technischer Anwendung ist es außerdem wichtig, wenn

zusätzliche Informationen mit in die Anleitung integriert werden. So wird z.B. den Schülern überhaupt

nicht klar, worin der Unterschied zwischen Stoppmutter und normaler Mutter besteht. An einer solchen

Stelle bietet sich ein Exkurs aber durchaus an, damit Parallelen zwischen dem Projekt und dem Alltag der

Kinder und Jugendlichen erkannt und die beiden Bereiche miteinander verknüpft werden können.

Um 12:10 sind die ersten Biker sind fast fertig. Leider wurden jedoch die Abbildungen in der Bauanleitung

oft nicht sorgfältig genug betrachtet, so dass kleine Montagefehler aufgetreten sind.

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Abbildung 1: Fehlerhafte Montage von Fuß und Tretlager

Ein Beispiel hierfür zeigt die bei mehreren Gruppen aufgetretene falsche Montage von Fuß und Tretlager,

wie sie in Abbildung 1 dargestellt ist. In der Anleitung wird dies korrekt dargestellt, für die Schüler ist es

aber scheinbar einfacher das Tretlager auf die große flache Fläche zu legen und anschließend wird der Fuß

dann auf der falschen Seite festgeschraubt. Die Nabe des Tretlagers verhindert nun aber eine Drehung

des Fußes um die Achse. Dies zeigt deutlich, dass das technische Verständnis an vielen Stellen noch nicht

ausgeprägt ist und dringender Handlungsbedarf besteht.

Abbildung 2: Unnatürliche Beinstellung

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Ein weiteres Beispiel dafür ist in Abbildung 2 dargestellt. Diesmal betrifft es auch die Anatomie des

Menschen. Der Fehler äußert sich in diesem Fall dadurch, dass der Schrittzähler nicht betätigt wird und

sich die Schüler fragen, warum nicht gezählt wird. Einige Gruppen halten bei der Montage Tretlager-Bein-

Kombination das Knie nicht fest und aufgrund der der Schwerkraft fällt somit das Knie nach unten, was

zur Folge hat, dass der Radfahrer eine unnatürliche Beinstellung bekommt und der Oberschenkel nicht

das Zählmodul betätigen kann.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass das Schrauben eine sehr gute Übung für die Jugendlichen ist. Einige

wussten vor dem Projekt noch nicht einmal wie rum man eine Schraube festzieht und wie man sie löst.

Außerdem bietet sich ziemlich oft die Partnerarbeit bei der Montage der Baugruppen an, da einer die

Teile halten kann und der Andere sich aufs Schrauben konzentriert. Da es häufig am mechanischen

Grundverständnis fehlt, bietet sich ein sogenannter „Schraubenführerschein“ im Vorfeld der

Projektdurchführung an, so dass z.B. auch klar ist, dass man die Mutter und insbesondere die

Stoppmutter beim Schrauben mit einem Schlüssel festhalten muss. Auch die Auswahl des passenden

Werkzeugs sollte dabei angesprochen werden

Es ist jedoch sehr beruhigend, dass in der beobachteten Projektgruppe die gemachten Fehler

geschlechtsunspezifisch sind. Sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Teams traten die gleichen

Fehler auf. Es war auch zu beobachten, dass eine Gruppe schnell ist, aber leider die Anleitung nicht genau

befolgt und andere Gruppen sich an diesem falschen Ergebnis orientieren, da es oft einfacher ist etwas

praktisch in 3D vor sich zu sehen.

Abbildung 3: Baufortschritt zur Pause

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Kurz vor der Pause um 12:40 gab es folgenden Zwischenstand:

Team Arbeitsschritt

1. Beine montieren 37

2. Elektrobauteile montieren 57

3. Pedale 51

4. Pedal-Achse 48

5. Pedal-Achse 49

6. Arme 53

7. Endmontage der Beine 43

8. Zählermontage 45

9. Pedale montieren 48

10. Füße fertig, Motor 40

11. Montage der M essbox 54

Aus der Aufstellung ist ersichtlich dass es sowohl eine Gruppe gibt, die sehr schnell ist, aber auch eine die

sehr langsam baut. Der Großteil liegt jedoch im Mittelfeld und kommt ungefähr gleich schnell voran. Dies

zeigt auch der Zwischenstand zur Pause, wie er in Abbildung 3 dargestellt ist.

Abbildung 4: Die Löcher passen manchmal nicht

Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass auch die verwendeten Experimentierkästen einige

Probleme mit sich brachten. Gelegentlich passte mal ein Loch nicht zum eingepressten Gewinde und die

Schüler waren sehr überrascht, als man ihnen mitteilte, dass man die Schraube auch weglassen kann, da

die anderen beiden reichen. Hierfür ist natürlich ein gewisser technischer Sachverstand von Nöten. Auch

beim späteren Zusammenbau der Plexiglashalterung für das Solarpanel musste gelegentlich improvisiert

werden, damit am Ende auch wirklich alle Teile des Solarbikers zusammen passten. Ein Team war sehr

verwundert, als bei dem in Abbildung 5 dargestellten Zählmodul an einer Stelle wo ein Loch sein sollte,

plötzlich ein Gewinde war und die Schraube nicht mehr durch passte. Es stellte sich heraus, dass durch die

vorhergehende Gruppe beim Zusammenbau eine Schraube zu fest angezogen wurde und somit die

Einpressmutter aus dem Holz bis ins Plexiglas gezogen wurde.

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Abbildung 5: Ausgerissene Einpressmutter

Abschließend bleibt festzuhalten, dass bis zum Schluss Probleme bestanden, die richtigen Schrauben zu

finden. Es gab auch einige Probleme mit dem beiliegenden Werkzeug, da z.B. die Schraubendreher nicht

zu den verwendeten Schrauben passten. Auch dieser Mangel wurde durch die Verwendung von

höherwertigem Werkzeug bei einer späteren Wiederholung des Projekts mit einer anderen Schülergruppe

erfolgreich beseitigt. Da die Anleitung oft nicht richtig gelesen wurde, wurden Teile wie das Zählmodul

zwar montiert, aber nicht justiert, so dass die Zählfunktion nicht gewährleistet war. Gerade beim

Anschluss der Elektronik fehlte eine Übersicht, die erst viel zu später in der Anleitung auftauchte.

Um 14:00 Uhr endete das Projekt und es liefen alle Solarbiker, einige allerdings erst nach Unterstützung,

da Teile zu fest geklemmt oder nicht richtig justiert wurden. Es hat jedoch allen Spaß gemacht!

Als Erkenntnis kann man in jedem Fall festhalten, dass diese Aktion ein großer Erfolg war. Allein schon aus

diesem einen Projekt kann man sehr viele Erkenntnisse ziehen. Zum einen sollten die Schülerinnen und

Schüler durch einen „Schraubenführerschein“ auf die spätere mechanische Arbeit vorbereitet werden. Bei

der Suche nach dem passenden Arbeitsmaterial geht einiges an Zeit verloren, die man später für die

Experimentierphase gut brauchen kann. Desweiteren ist es wichtig, dass gutes Werkzeug bereitgestellt

wird, welches auch zu den verwendeten Schrauben passt.

Nachdem die Schüler gelernt haben mit den Materialien und den Werkzeugen umzugehen, hatten sie viel

Spaß unabhängig vom Geschlecht und auch die Gruppenarbeit klappte bestens. Da der Solarbiker

mechanisch sehr aufwändig ist, ist es empfehlenswert einen eigenen Bausatz / eine eigene Idee für den

Berliner Raum zu entwickeln. Wichtig ist, dass eine solche Einheit auch eine ausgeprägte

Experimentierphase enthält, so dass die Schülerinnen und Schüler eigene Erkenntnisse anhand der

Modelle gewinnen, die sie dann wiederum auf die Realität übertragen können. Gerade für den WAT

Unterricht ist eine Verknüpfung der drei Bereiche wichtig und problemlos möglich.

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Abschlussbericht VDI Projekt „Technikunterricht in den Schulen“ Seite 24

11. Anlagen 2

Prof. Dr. Angela Ittel

Aufgabe innerhalb der Projektgruppe: Beratung in der Konzeption

eines pädagogischen Konzepts zur Implementierung technischer

Bildung im Unterricht

Studium: Im Herbst 2008 wurde ich als Leiterin des Fachgebiets Pädagogische Psychologie and die TU berufen und bin seit dem in Forschung und Lehre in der Schülerarbeit der TU Berlin engagiert, insbesondere in nachhaltigen Strategien zur Nachwuchsförderung für naturwissenschaftliche Fachbereiche, sowie in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen im MINT Bereich. Im Rahmen der Kooperation mit der VDI-Projektgruppe hat mich besonders gereizt, unsere Erkenntnisse aus der Forschung zur Interessensentwicklung mit praxisrelevanten Erfahrungen von im schulischen Kontext tätigen Pädagogen zu integrieren. Besonders interessiert mich hierbei Fragen der Diversität (Gender, Migration) und Differenzierung im Unterricht. Langfristiges Ziel ist es, herkömmliche Muster der Lehr-Lerngestaltung aufzubrechen, um technikorientierte Themen im Kontext lebensrelevanter Fragestellungen und Aufgaben zu vermitteln.

Antje Romeike (M.A. Bildungsmanagement)

Aufgabe innerhalb der Projektgruppe: Konzeption eines

pädagogischen Konzepts zur Implementierung technischer

Bildung im Unterricht

Studium: Bachelor of Arts Germanistik/Geschichte (Gymnasiallehramt), Carl von Ossietzky Universität Oldenburg; Master of Arts Bildungsmanagement, Technische Universität

Berlin

Zu der VDI-Projektgruppe „TiS-Technik in Schulen“ kam ich durch eine wissenschaftliche

Kooperation des VDI und des Fachgebietes Pädagogische Psychologie der Technischen

Universität Berlin. Das Thema Bildung im MINT-Bereich im Spannungsfeld von demografischem

Wandel und daraus resultierendem Fachkräftemangel war schon lange einer meiner

Interessenschwerpunkte. Durch Forschungsprojekte im Bereich der Motivation und

Interessenbildung von Studierenden für den MINT-Bereich und die Projektleitung des

Fraunhofer-Projekts „Roberta - Lernen mit Robotern“ an der Fakultät V der Technischen

Universität Berlin wuchs in mir das Interesse, Lösungen und „best practices“ zu finden, wie junge

Menschen, insbesondere Mädchen, für technische Berufe interessiert werden können. Die

Implementierung technischer Bildung in der Schule erschien mir ein forschungswürdiger

Ansatzpunkt, weshalb ich mich in meiner Abschlussarbeit diesem Thema widmete.

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Abschlussbericht VDI Projekt „Technikunterricht in den Schulen“ Seite 25

Katrin Thierfeld

Netzwerk Berufspraxis Vorsitzende Modul e.V. Leitung des Geschäftsbereiches Netzwerk Berufspraxis Förderverein Modernes Lehren und Lernen in Schule, Aus- und

Weiterbildung

Stefan Seifert (Dipl.-Ing. Elektrotechnik)

Technische Universität Berlin, Fakultät IV, Elektrotechnik und Informatik,

Projektlabor für Schüler

Aufgabe innerhalb der Projektgruppe: Entwicklung von Experimenten und

Lehrerfortbildungen im Bereich der erneuerbaren Energien und Unterstützung bei

der praktischen Umsetzung und Evaluation

Studium:

Elektrotechnik an der TU Berlin

Bereits während meines Studiums zum Dipl.-Ing. Elektrotechnik an der Technischen Universität Berlin

konzipierte ich 2001 meinen ersten Kurs im Rahmen der Schülerinnen- und Schüler-Technik-Tage an der

TU Berlin. Das Angebot habe ich seitdem immer weiter ausgeweitet und konnte als Leiter des

studentischen Projektlabors der Fakultät IV für Elektrotechnik und Informatik im Jahr 2007 endlich das

Projektlabor für Schüler gründen. Bis Mitte 2011 war ich dort ehrenamtlich als Leiter tätig und habe mit

meinem Team unzählige Projekte entworfen und Angebote für spezielle Events konzipiert. Da ich mich

schon sehr lange für die Nachwuchsförderung im MINT-Bereich engagiere, war ich von Anfang an beim

VDI Projekt „TiS-Technik in Schulen“ dabei um mit meinen Erfahrungen aus dem Schülerlaborbetrieb die

Entwicklung von neuen Experimentiereinheiten und Lehrerfortbildungen zu unterstützen. Ich möchte

Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, möglichst früh technische Erfahrungen zu sammeln, die sie

mit ihrer realen Lebensumgebung verknüpfen können. Mit einer fundierten Grundlage können

Berufsentscheidungen begründet getroffen werden und ich hoffe, dass insbesondere die Mädchen durch

praktische Erfahrung erleben, dass technische Berufe Spaß machen können und eine gute und sichere

Zukunftsperspektive bieten.

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Abschlussbericht VDI Projekt „Technikunterricht in den Schulen“ Seite 26

Dipl.-Ing. Siegfried Brandt

Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des

VDI Bezirksvereins Berlin Brandenburg und

GL Ingenieurbüro Brandt

Unternehmensberatung

[email protected]

Der VDI verfolgt das Thema Technikunterricht in den Schulen seit

vielen Jahren, hat Analysen durchgeführt und Vorschläge für die

Politik erarbeitet. Wegen der besonderen Situation in Berlin Brandenburg mit den stetig

sinkenden Stundenkontingenten für naturwissenschaftliche und technische Fächer habe ich

dieses Thema zu einem Schwerpunktprojekt innerhalb des bildungspolitischen Engagement

des VDI Berlin Brandenburg gemacht und dieses Projekt initiiert. Zielsetzung ist es, keine

außerschulische Aktivität durchzuführen, sondern dies in Zusammenarbeit mit der

Schulverwaltung abzuwickeln. Es war eine wichtige Aufgabe, ein Netzwerk von an diesen

Aktivitäten beteiligten Stellen und Personen aufzubauen.