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5 Elastische Isolation Das wohl wichtigste Mittel, den Schwingungseintrag in Geb¨ aude oder ins Erd- reich zu verringern, bilden weichfedernde Zwischenelemente zwischen Maschi- nen, Motoren oder anderen Aggregaten und den sie tragenden Fundamenten. Anwendungsbeispiele f¨ ur diese Technik des elastischen Entkoppelns sind die Lagerung von Maschinen auf Einzelfedern zur Entkopplung von Geb¨ au- den (Bild 5.1), Unterschottermatten f¨ ur Eisenbahn- oder U-Bahn-Gleise in der N¨ ahe von ausern zur Verringerung des Ersch¨ utterungseintrages (Bild 5.2) und der heute wohl fast immer in Geb¨ auden benutzte schwimmende Estrich (Bild 5.3, siehe auch das Kapitel ¨ uber Schalld¨ ammung) Die genannten Beispiele spannen eine sehr große Bandbreite von Anwendun- gen und dabei verwendeten technischen L¨ osungen auf. Bild 5.1. Maschinenlagerung auf Einzelfedern

Technische Akkustik

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Page 1: Technische Akkustik

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Elastische Isolation

Das wohl wichtigste Mittel, den Schwingungseintrag in Gebaude oder ins Erd-reich zu verringern, bilden weichfedernde Zwischenelemente zwischen Maschi-nen, Motoren oder anderen Aggregaten und den sie tragenden Fundamenten.Anwendungsbeispiele fur diese Technik des elastischen Entkoppelns sind

• die Lagerung von Maschinen auf Einzelfedern zur Entkopplung von Gebau-den (Bild 5.1),

• Unterschottermatten fur Eisenbahn- oder U-Bahn-Gleise in der Nahe vonHausern zur Verringerung des Erschutterungseintrages (Bild 5.2) und

• der heute wohl fast immer in Gebauden benutzte schwimmende Estrich(Bild 5.3, siehe auch das Kapitel uber Schalldammung)

Die genannten Beispiele spannen eine sehr große Bandbreite von Anwendun-gen und dabei verwendeten technischen Losungen auf.

Bild 5.1. Maschinenlagerung auf Einzelfedern

Page 2: Technische Akkustik

144 5 Elastische Isolation

Bild 5.2. Elastisches Entkoppeln des Gleises vom Fahrweg-Unterbau auf einerdicken Platte

elast ische Dämmschicht ,meist 30 bis 40 mm

Rohdecke, meist120 bis 350 mm

dünne Fol ieZement-Estr ich, meist

40 bis 60 mm

Bild 5.3. Aufbau des schwimmenden Estrichs zur Verbesserung der Tritt-schalldammung

Zum Beispiel erweist es sich oft (an Stelle der punktweisen Maschinenfuß-Lagerung wie in Bild 5.1) als sinnvoll, ein Aggregat oder eine Maschinezunachst auf einer festen Platte (einige Zentimeter Beton) zu befestigen unddiese dann durch eine vollflachige weiche Zwischenlage vom Fundament zuentkoppeln. Oft bestehen technische Apparaturen (wie z.B. Kuhleinrichtun-gen) namlich nicht in einem ”kompakten Aufbau“, sondern setzen sich ausvielen, durch Kabel und Schlauche miteinander verbundenen Einzelteilen zu-sammen. Nicht nur deshalb, sondern auch zur Erhohung der Masse, ist dieVormontage auf einer schwereren Platte erst einmal sinnvoll. Die Vielfalt derAnwendungen deutet sich auch schon in den vielen Varianten von Federele-menten und weich gestalteten Platten an, von denen Bild 5.4 einen kleinenUberblick bietet.

Die Betrachtungen in diesem Kapitel versuchen, die im Zusammenhangmit der elastischen Lagerung auftretenden Fragen sowohl vom Prinzipverstand-nis her als auch hinsichtlich der praktischen Anwendung zu beantworten. Dernachste Abschnitt gibt deswegen Auskunft uber das Kernprinzip durch Be-

Page 3: Technische Akkustik

5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament 145

handlung des einfachsten Modells. Danach wird untersucht, welchen Einflussdie zunachst vernachlassigten physikalischen Effekte besitzen, um realisti-schere Vorstellungen in der zu erwartenden Große von Pegelminderungen zubegrunden. Schließlich wird noch auf die praktisch wichtigen Fragen einge-gangen, wie elastische Lagerungen ausgelegt werden sollen und unter welchenVoraussetzungen sich diese Maßnahmen uberhaupt als sinnvoll erweisen.

Bild 5.4. Beispiele von Federelementen

5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starremFundament

Das einfachste Modell zur Beschreibung einer elastischen Entkopplung be-steht in der Modellierung der Maschine (des Motors, des Aggregats, des Ei-senbahnzuges,. . . ) als eine trage Masse, die durch eine Wechselkraft F zuSchwingungen angeregt wird und mit einer Feder verbunden auf einem star-ren, unbeweglichen Fundament ruht (Bild 5.5). Die in Wahrheit erheblicheBedeutung der endlichen Fundament-Nachgiebigkeit wird erst im Abschnitt5.3 erlautert. Die immer vorhandene innere Dampfung in der Feder wird durchAnnahme eines viskosen Reibdampfers berucksichtigt.

Page 4: Technische Akkustik

146 5 Elastische Isolation

Auf die Masse wirken die drei außeren Krafte

• die anregende Kraft F ,• die ruckstellende Federkraft Fs mit entgegengesetzter Richtung wie F und• die ebenfalls ruckstellende Reibkraft Fr.

Dem Newtonschen Gesetz zur Folge verursacht die Summe der genanntenKrafte die beschleunigte Bewegung der Masse:

F sF r Masse m

Dämpfer rFeder s

Kraft F

F s F r

starres Fundament

Bild 5.5. Modellanordnung zur Berechnung des Einfugungsdammmaßes von elasti-schen Lagerungen mit starrem Fundament

mx = F − Fs − Fr , (5.1)

worin x die in F -Richtung gezahlte Auslenkung der Masse (x: ihre Geschwin-digkeit, x: ihre Beschleunigung) bedeutet. Die ruckstellenden Krafte Fs undFr ergeben sich dabei

• nach dem Hookeschen Gesetz zu (s = Federsteife)

Fs = sx (5.2)

• und unter Annahme einer geschwindigkeitsproportionalen Reibkraft zu (r= Reibkoeffizient)

Fr = rx . (5.3)

Die Schwingungsgleichung fur die Masse lautet demnach

mx + rx + sx = F . (5.4)

Fur reine Tonex(t) = Re

{xejωt

}

Page 5: Technische Akkustik

5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament 147

(das Unterstreichen des komplexen Zeigers x wird zur Schreibvereinfachungweggelassen) wird daraus

− mω2x + jωrx + sx = F , (5.5)

oder naturlichx =

F

s − mω2 + jωr. (5.6)

Hauptsachlich interessiert bei der Beurteilung des Nutzens der elastischen La-gerung die in das Fundament eingeleitete Kraft FF, die sich aus der Federkraftund der Reibkraft zusammensetzt

FF = Fs + Fr , (5.7)

oder mit (5.2) und (5.3) und wieder fur reine Tone

FF = (s + jωr)x , (5.8)

oder mit (5.6)

FF =s + jωr

s − mω2 + jωrF . (5.9)

Als Maß fur den Erfolg der Maßnahme ”elastisch lagern“ gegenuber der ”star-ren Befestigung“ am Fundament benutzt man die sogenannte VergroßerungV ,

V =Fundamentkraft, starr

Fundamentkraft, elastisch=

FF(s → ∞)FF(s)

, (5.10)

die hier nach (5.9)

V =s − mω2 + jωr

s + jωr(5.11)

ergibt.Schließlich definiert man noch das Einfugungsdammmaß (= Pegeldifferenz

der Fundamentkraft ”ohne“ minus ”mit“ Maßnahme) zu

RE = 10 lg |V |2 . (5.12)

RE gibt den in Dezibel gemessenen Erfolg der elastischen Lagerung an.Erkennbar spielt bei der Interpretation der Vergroßerung V (und damit

des Einfugungsdammmaßes) die Resonanzfrequenz

ω0 =√

s

m(5.13)

eine wichtige Rolle. Im dampfungsfreien Fall r = 0 konnte die Massenauslen-kung x nach (5.6) in der Resonanz ω = ω0 unendliche Werte besitzen. Auchverhalt sich die Vergroßerung V fur tiefe Frequenzen ω � ω0 offensichtlichganz anders als fur hohe Frequenzen ω ω0.

Page 6: Technische Akkustik

148 5 Elastische Isolation

Um eine etwas ubersichtlichere Gleichung an Stelle von (5.11) zu bekom-men, teilt man Zahler und Nenner noch durch s und erhalt so eine Form, inder nur noch Frequenzverhaltnisse auftreten:

V =1 − ω2

ω20

+ jη ωω0

1 + jη ωω0

. (5.14)

Dabei ist der Reibkoeffizient r noch durch einen dimensionslosen, sogenanntenVerlustfaktor η ausgedruckt worden,

η =rω0

s. (5.15)

Wie in einem spateren Abschnitt erklart wird, kann der Verlustfaktor leichtaus einer Messung bestimmt werden. Es war sicher vernunftig, die (etwas)schwer zugangliche Große ”Reibkoeffizient r“ durch eine gut messbare Großezu ersetzen. Der Verlustfaktor η liegt (mit sehr wenigen Ausnahmen) fur han-delsubliche Federn oder elastische Schichten im Bereich von 0, 01 < η < 1.

Allgemein ist bei der Erlauterung der Aussagekraft von Gleichung (5.14)auf vier Frequenzbereiche naher einzugehen:

1. Tiefe Frequenzen ω � ω0.Hier ist die elastische Lagerung noch wirkungslos: Nach (5.14) ist V ≈ 1und damit RE ≈ 0 dB.

2. Mittlere bis hohe Frequenzen (ω ω0, aber auch ω � ω0/η).In diesem Frequenzbereich ist

V ≈ −ω2

ω20

,

und damit

RE = 10 lgω4

ω40

= 40 lgω

ω0. (5.16)

Das Schalldammmaß steigt mit der Frequenz steil mit 12 dB/Oktave anund kann dabei sehr erhebliche Werte annehmen (z.B. RE = 36 dB dreiOktaven oberhalb der Resonanzfrequenz).

3. Hochste Frequenzen ω ω0/η (und ω ω0).Bereits der Dampfungseinfluss bremst die große Steigung nach Gl.(5.16)bei den hochsten Frequenzen ab. Hier ist nur noch

V = jω

ω0

,

und daher gilt fur das Einfugungsdammmaß

Page 7: Technische Akkustik

5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament 149

RE = 20 lg(

ω

ω0

)= 20 lg

ω0

)− 20 lg η . (5.17)

RE steigt hier nur noch mit 6 dB/Oktave und hangt vom Verlustfaktorab. Je großer η, desto kleiner RE.

4. Resonanzbereich ω ∼ ω0.In der direkten Umgebung der Resonanzfrequenz wirkt die elastische La-gerung sogar verschlechternd gegenuber der starren Ankopplung ans Fun-dament. Fur ω = ω0 ist

V =jη

1 + jη,

fur kleine Verlustfaktoren η � 1 also

RE∼= 20 lg η . (5.18)

In der Resonanz ist das Einfugungsdammmaß also negativ und die damitbeschriebene Verschlechterung um so deutlicher, je kleiner der Verlustfak-tor η ist.

0.25 0.5 1 2 4 8 16 32 64−20

−10

0

10

20

30

40

50

60

70

80

f/fres

Ein

fügu

ngsd

ämm

maß

R/d

B

η

Bild 5.6. Theoretisches Einfugungsdammmaß bei starrem Fundament, gerechnetfur η = 0,01; 0,0316; 0,1 und 0,316

Eine Zusammenfassung der genannten Einzelheiten fur den Frequenzgangvon RE findet man in Bild 5.6. Hier ist RE uber dem Frequenzverhaltnis ω/ω0

fur verschiedene Verlustfaktoren η aus Gleichung (5.14) (und (5.12)) berechnetund dargestellt worden. Zu erkennen sind die schon beschriebenen Tendenzen:

Page 8: Technische Akkustik

150 5 Elastische Isolation

• keine Wirkung unterhalb der Resonanz,• Verschlechterung in der Resonanz, abgemildert mit steigendem Verlustfak-

tor,• in einem Frequenzband, das mit wachsendem η schmaler wird, steiler An-

stieg von RE mit 12 dB/Oktave, und schließlich• Abknicken auf eine Gerade mit nur noch 6 dB/Oktave, wobei ein wach-

sender Verlustfaktor η dammungsverschlechternd wirkt.

Wie man sieht, mildert ein wachsender Verlustfaktor die Nachteile in derResonanz-Umgebung ab, begrenzt dabei aber gleichzeitig die Vorteile bei denhohen Frequenzen. Die letztgenannte hochfrequente Verschlechterung durchden Feder-Verlustfaktor ist dabei allerdings praktisch kaum von Interesse:Tatsachlich werden so große Einfugungsdammmaße, wie hier theoretisch be-rechnet, in der Praxis fast nie erreicht. Der Hauptgrund dafur besteht in derTatsache, dass reale Fundamente nicht starr sind, sondern naturlich eine end-liche Nachgiebigkeit besitzen, ein Effekt, dessen Auswirkungen im nachstenAbschnitt genauer untersucht werden.

Wie gesagt ist die hier bei den hohen Frequenzen gefundene Begrenzungdurch die Dampfung selten auch praktisch relevant. Meistens wird man beiAnwendungen deshalb auch dann einen eher großeren Verlustfaktor bevorzu-gen, wenn die Betriebsfrequenzen der Maschine (des Motors, des Aggregatesetc.) weit oberhalb der Resonanzfrequenz liegen. Man muss namlich beach-ten, dass beim Hochlaufen oder Anhalten der Maschine der Resonanzbereichdurchlaufen wird. Die Auslenkungen, die sich in der Resonanz ergeben, sindnach (5.6) und mit (5.15)

x(ω = ω0) =F

jω0r=

F

jηs. (5.19)

Sie mussen naturlich begrenzt werden, denn sonst kann das Aggregat ”tanzen“und moglicherweise die Anlage beschadigen.

Schließlich muss noch erwahnt werden, dass der Einfluss der Dampfung aufdas Einfugungsdammmaß naturlich vom angenommenen Effekt der viskosenReibung und damit von Gleichung (5.3) bestimmt wird. Andere Annahmenuber die Dampfungsart (z.B. sogenannte Relaxationsdampfung) sind denkbar.Oft wird auch versucht, die Reibung ohne genauere Kenntnis der Reibungs-ursache einfach durch eine komplexe Federsteife zu berucksichtigen. An Stellevon Gleichung (5.5) tritt dann einfach

− mω2x + s(1 + jη)x = F . (5.20)

Wie man sieht, geht dabei die Frequenzabhangigkeit der Reibungskraft ver-loren. Das fuhrt insbesondere bei den hochsten Frequenzen zu einem ande-ren Einfugungsdammmaß als in Bild 5.6 angegeben. Es durfte klar sein, dasstheoretische Ergebnisse von den gemachten Voraussetzungen abhangen. Wennman an anderer Stelle (z.B. in Firmenprospekten) eine andere, vielleicht so-gar noch optimistischere Einschatzung des Einfugungsdammmaßes elastischer

Page 9: Technische Akkustik

5.2 Dimensionierung elastischer Lagerung 151

Lagerungen findet, dann ist diese moglicherweise auf andere Annahmen, abergewiss nicht auf physikalische Wunder gegrundet.

5.2 Dimensionierung elastischer Lagerung

Aus der Sicht der Akustiker ist die praktische Auslegung von Federelementeneine hochst einfache Sache: Je großer das Verhaltnis aus Betriebsfrequenz(-en)ω und Resonanzfrequenz ω0 ist, desto großer ist auch der Erfolg der Maß-nahme. Man muss also versuchen, die Resonanz so tief wie moglich abzustim-men, am liebsten auf 0 Hz.

Dass dies nicht moglich ist, ist offensichtlich: Die Maschine (oder um welcheSchwingungsquelle es sich eben handelt) musste wegen s = 0 schon schweben,um das zu erreichen. Es sind offenbar ”nicht-akustische“ Bedingungen, diedie praktische Dimensionierung der Federn oder Federschichten bestimmen.Solche Bedingungen konnen sein:

a) Feder-Nennlasten

Naturlich mussen die Federn so ausgelegt sein, dass sie das auf ihnen gela-gerte Gewicht auch statisch auffangen konnen. Fur hochwertige Federn oderelastische Schichten gibt der Hersteller meist die Belastungsbereiche der Pro-duktpalette an. Einige Beispiele dafur sind in Tabelle 5.1 gezeigt.

Produktbezeichnung G L P

Dichte (kg/m3) 150 300 510Lastbereich bis (N/mm2) 0,01 0,05 0,2Verlustfaktor 0,23 0,2 0,16E-Modul (N/mm2) 0,18 0,35 2,2

bis 0,36 bis 1,1 bis 3,6

Tabelle 5.1. Produktbeschreibung der Produktpalette SYLOMER, Dicken jeweils12 mm oder 25 mm, jeweils Brandschutzklasse B2 (Herstellerangaben)

Das beschriebene Material ist zur flachigen Lagerung (ahnlich wie in Bild5.7) gedacht. Die Flachenpressung pstat in dieser Anordnung ergibt sich be-kanntlich aus

pstat =Mg

S(5.21)

(M = Gesamtmasse, S = Lagerflache, g = Erdbeschleunigung ≈ 10 m/s2).Fur das Beispiel M = 1000 kg und S = 1 m2 ist also pstat = 10.000 kg m/(sm)2

= 104 N/m2 = 10−2 N/mm2.Aus der Produktpalette in Tabelle 5.1 ware also der Produkttyp G zu

wahlen. Ob die so definierte Lagerung nun auch akustisch noch Sinn macht,

Page 10: Technische Akkustik

152 5 Elastische Isolation

Masse M

starres Fundament

elast ische Schicht, Meßobjekt

Schwingerreger

Kraf taufnehmer

Beschleunigungs-aufnehmer

elektr.Signale

Bild 5.7. Messaufbau zur Bestimmung von Elastizitatsmodul E und Verlustfaktorη der elastischen Schicht mit der Oberflache S

ergibt sich aus der Resonanzfrequenz. Dazu berechnet man aus dem Elasti-zitatsmodul E der elastischen Schicht mit der Dicke d zunachst die Federsteifezu

s =ES

d, (5.22)

und daraus die Resonanzfrequenz

f0 =12π

√s

M=

12π

√ES

Md. (5.23)

Im genannten Beispiel (M = 1000 kg, S = 1 m2, Produkttyp G nach Tabelle5.1 mit d = 25mm und E = 0, 2 N/mm2) ware also etwa f0 = 14 Hz.

Sinnvoll ist die so bestimmte Isolierung, wenn die Betriebsfrequenzen f we-nigstens eine Oktave uber der Resonanzfrequenz liegen. Die tiefste Betriebs-frequenz lasst sich oft z.B. aus der Drehzahl der Maschine bestimmen, oderdie Frequenzbestandteile mussen gemessen werden.

Erforderlichenfalls lasst sich die Resonanzfrequenz noch durch mehrlagigeweiche Schichten, also durch Dickenvergroßerung, nach unten verschieben. Da-bei setzt die Stabilitat des Gesamtaufbaus naturlich Grenzen: Die Schichtdickekann hochstens einen kleinen Prozentsatz der kleinsten Kantenlange betragen.

b) Betriebsbedingungen

Manche Gerate erfordern, dass sie selbst nur sehr kleine Bewegungen ausfuhrendurfen. Das gilt z.B. fur den Laser des Mediziners oder fur Kernspin-Tomo-graphen, aber auch fur bestimmte Druckmaschinen und fur die Halbleiterfer-tigung. Hier muss naturlich auf die noch erlaubten Auslenkungen Rucksicht

Page 11: Technische Akkustik

5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit 153

genommen werden. Das Problem ist meistens nur zu losen, wenn das Geratauf einer recht schweren Zusatzmasse montiert wird und mit ihr zusammenweich gelagert wird.

Auch bei Schienenfahrzeugen stellt naturlich die Fahrsicherheit das obersteGebot dar. Fahrwege auf Unterschottermatten z.B. durfen sich beim Befahrennicht beliebig ”statisch“ einsenken.

Gar nicht so selten steht man vor der Aufgabe, ein Material mit unbe-kannten Daten oder zur uberschlagigen Absicherung auf Eignung zu prufen.Der Elastizitatsmodul E lasst sich aus einem statischen Versuch bestimmen,bei dem eine Probenflache S (der Dicke d) mit einer Masse M gleichmaßigbelastet und die dabei bewirkte statische Einsenkung xstat gemessen wird.Bekanntlich gibt die Kraftegleichung

sxstat = Mg , (5.24)

oder mit (5.22)

E =Mgd

xstatS= pstat

d

xstat, (5.25)

worin wieder pstat die statische Pressung (hier im Versuchsaufbau) bedeutet.Wenn keine Nennlast bekannt ist oder wenn man eine uberschlagige Kon-

trolle von Herstellerangaben vornehmen will, dann kann man wie folgt ver-fahren. Die meisten Materialien erlauben eine Dickenanderung von hochstens5% bis 10% durch Belastung, aus Sicherheitsgrunden geht man von hochstens5% aus. Um diese Bedingung einzuhalten, ist der erforderliche E-Modul nach(5.25)

Eerf = 20pstat (5.26)

(wobei pstat diesmal naturlich auf den ANWENDUNGSFALL, nicht auf einenVersuchsaufbau bezogen ist). Das Material muss mindestens diesen E-ModulEerf besitzen, damit es auch auf Dauer haltbar bleibt. Wie die Beispiele inTabelle 5.1 zeigen, gibt (5.26) einen recht realistischen Zusammenhang zwi-schen Nennlast pstat und dem Material E-Modul. Der Elastizitatsmodul derMaterialien ist etwa 10 bis 20 mal so groß wie die Nennlast.

Schließlich sei noch erwahnt, dass der Elastizitatsmodul einer Probe auchdurch Messung der Resonanzfrequenz in einem Aufbau wie in Bild 5.7 be-stimmt werden kann: Nach (5.13) ist

s =ES

d= Mω2

0 . (5.27)

5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit

Bevor der Einfluss der endlichen Fundament-Nachgiebigkeit auf das Ein-fugungsdammmaß der elastischen Lagerung geschildert werden kann, mussdiese Nachgiebigkeit selbst durch ein technisches Maß beschrieben werden.Ublicherweise wird dafur die Fundament-Impedanz benutzt, die hier zunachsterlautert werden soll.

Page 12: Technische Akkustik

154 5 Elastische Isolation

5.3.1 Fundament-Impedanz

Die Fundament-Impedanz zF ist definiert als das Verhaltnis aus einer dasFundament an einer festen Stelle anregenden Kraft FF und der sich daraufhinan dieser Stelle ergebenden Fundamentschnelle vF

zF =FF

vF. (5.28)

Die Impedanz zF ist umgekehrt proportional zur ”Beweglichkeit“ des Funda-mentes, wie man leicht sieht, wenn man (5.28) nach vF auflost:

vF =FF

zF.

Fur ein und dieselbe Kraftanregung FF erhalt man ”wenig Bewegung“ furbetragsmaßig große zF, kleine Impedanzen dagegen fuhren zu großen Funda-mentschnellen. Da in diesem Kapitel vorwiegend mit Auslenkungen statt mitSchnellen gerechnet wird, sei noch auf den Zusammenhang von Fundament-schnelle vF und Fundamentauslenkung (fur reine Tone) hingewiesen:

vF = jωxF , (5.29)

woraus der spater benotigte Zusammenhang

FF = jωzFxF (5.30)

folgt.Allgemein kann die komplexe Impedanz einen komplizierten, gegebenen-

falls durch Messung zu bestimmenden Frequenzgang haben. Ware z.B. dasFundament selbst ein einfacher Resonator (was ja z.B. fur Gebaudedeckendurchaus der Fall sein kann), dann ergabe sich aus der Bewegungsgleichung(ahnlich zu (5.5)) [

jmFω +sF

jω+ rF

]vF = FF (5.31)

die Fundamentimpedanz

zF = jmFω +sF

jω+ rF . (5.32)

Solche (oder noch kompliziertere) Frequenzgange der Fundament-Impedanzim Hinblick auf darauf aufgebaute elastische Lagerungen zu diskutieren, magfur manche praktische Situationen eine lohnenswerte Aufgabe sein. Um dasWesentliche herauszuarbeiten, wird es jedoch vernunftiger sein, sich auf ”Im-pedanztypen“ zu beschranken. Es sollen deshalb im Folgenden nur Impe-danzen mit Massecharakter zF = jωmF und solche mit FederungscharakterzF = sF/jω betrachtet werden.

Page 13: Technische Akkustik

5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit 155

5.3.2 Die Wirkung der Fundament-Impedanz

Zur Beschreibung der Auswirkung der endlichen Fundament-Impedanz istzunachst wieder - wie in Abschnitt 5.1 - das Aufstellen der Bewegungsglei-chung erforderlich, wobei diesmal eine Modellannahme mit beweglichem Fun-dament getroffen wird (Bild 5.8).

F sF r Masse m

Dämpfer rFeder s

Kraft F

F s F r

Fundament mi t Impedanz z

Bild 5.8. Modellanordnung zur Berechnung des Einfugungsdammmaßes von elasti-schen Lagerungen mit nachgiebigem Fundament

Nach wie vor muss die Tragheitskraft durch die Summe aus anregenderKraft und der ruckstellenden Feder- und Reibungskraft aufgewogen werden.Gleichung (5.1) lautet also fur die Massenauslenkung x unverandert

mx = F − Fs − Fr . (5.33)

Diesmal jedoch ist Federkraft zur DIFFERENZ aus Massenauslenkung x undFundament-Auslenkung xF proportional:

Fs = s(x − xF) , (5.34)

und ebenso gilt fur die Reibungskraft

Fr = r(x − xF) . (5.35)

Die Bewegungsgleichung (5.1) lautet also

mx + r(x − xF) + s(x − xF) = F . (5.36)

Hauptsachlich interessiert wieder die in das Fundament eingeleitete Kraft FF

FF = Fs + Fr = s(x − xF) + r(x − xF ) . (5.37)

Page 14: Technische Akkustik

156 5 Elastische Isolation

Fur komplexe Amplituden ergeben (5.36) und (5.37)

− mω2x + (s + jωr)(x − xF) = F (5.38)

undFF = (s + jωr)(x − xF) , (5.39)

wobei noch zusatzlich die Fundament-Nachgiebigkeit nach (5.30) durch

FF = jωzFxF (5.40)

beschrieben wird.Mathematisch gesehen bilden (5.38) bis (5.40) ein Gleichungssystem in

den drei Unbekannten x, xF und FF, das nach den ublichen Verfahren gelostwerden muss, wobei vor allem das Resultat fur FF interessiert. Ohne andereLosungswege verhindern zu wollen, halt der Verfasser folgendes Vorgehen fureinfach und deshalb fur sinnvoll:

1. Addiere mω2xF zu beiden Seiten von (5.38), mit dem Resultat[−mω2 + s + jωr](x − xF) = F + mω2xF ,

und drucke darin2. xF mit (5.40) durch FF aus:

[−mω2 + s + jωr](x − xF) = F +

mω2

jωzFFF = F − jmω

zFFF .

3. Daraus folgt nach (5.39)

FF =s + jωr

s − mω2 + jωr

[F − jmω

zFFF

].

Die Auflosung nach FF bringt schließlich

FF =s + jωr

(s + jωr)(1 + jmω

zF

)− mω2

F . (5.41)

Auch hier interessiert der durch die elastische Lagerung gewonnene Vorteilund deswegen die Vergroßerung V mit

V =FF(s → ∞)

FF(s)

und das Einfugungsdammmaß

RE = 10 lg |V |2 .

Aus (5.41) folgt

Page 15: Technische Akkustik

5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit 157

FF(s → ∞) =F

1 + jωmzF

,

die Vergroßerung wird damit zu

V = 1 −mω2

s+jωr

1 + jωmzF

, (5.42)

oder, wenn man zur besseren Ubersicht wieder die Resonanzfrequenz (bei star-rem Fundament) ω0 und den Verlustfaktor η nach (5.13) und (5.15) benutzt

ω20 = s/m und η =

rω0

s,

so erhalt man

V = 1 − ω2

ω20

1(1 + j ωm

zF

) 1(1 + jη ω

ω0

) . (5.43)

Diese etwas langatmige Rechnerei (die ubrigens mit zF → ∞ wieder erfreu-licherweise Gleichung (5.14) zur Kontrolle liefert) zeigt immerhin einige be-merkenswerte Ergebnisse:

a) Fundamentimpedanz mit Massecharakter, zF = jωmF

Hierfur ist

V = 1 − ω2

ω20

(1 + m

mF

) 11 + jη ω

ω0

. (5.44)

Die endliche Fundamentimpedanz wirkt wie eine Verstimmung der Resonanz-frequenz nach oben, d.h., es ist wie beim starren Fundament

V = 1 − ω2

ω2res

11 + jη ω

ω0

, (5.45)

wobei jedoch die Resonanzfrequenz von Masse (= Gerat) und Fundamentabhangt:

ω2res = s

(1m

+1

mF

). (5.46)

Die in Abschnitt 5.1 gegebenen Interpretationen innerhalb der verschiedenenFrequenzbereiche bleiben dabei erhalten.

b) Fundamentimpedanz mit Federungscharakter, zF = sF/jω

Hierfur ist

V = 1 − ω2

ω20

(1 − ω2m

sF

) 11 + jη ω

ω0

. (5.47)

Page 16: Technische Akkustik

158 5 Elastische Isolation

Naturgemaß tritt hier ein zweiter Resonanz-Effekt auf, denn Masse (= Gerat)und Fundament bilden selbst schon einen Resonator mit der Masse-Fundament-Resonanzfrequenz

ω2mF =

sF

m. (5.48)

Es ist damit

V = 1 − ω2

ω20

(1 − ω2

ω2mF

) 11 + jη ω

ω0

. (5.49)

Fur praktische Anwendungen darf man wohl annehmen, dass die elastischeLagerung sehr viel weicher ist als das Fundament, es ist also

s � sF,

und deshalb giltωmF ω0 .

Die interessanteste Schlussfolgerung aus (5.49) ist, dass die Vergroßerung Vfur hohe Frequenzen ω ωmF (und kleine Federdampfung η ≈ 0) frequenz-unabhangig wird:

V ∼= 1 +ω2

mF

ω20

= 1 +sF

s≈ sF

s. (5.50)

Das Einfugungsdammmaß ist lediglich durch das Verhaltnis der FedersteifensF und s gegeben:

RE ≈ 20 lgsF

s. (5.51)

Eine elastische Lagerung mit einer Feder(-schicht) der Steife, die 10% derFundamentsteife betragt, hat also ein Einfugungsdammmaß von 20 dB. Theo-retisch konnte das Dammmaß nach (5.49) bei hinreichend großen η sogar nochmit der Frequenz abnehmen.

Der tiefe Frequenzbereich ist leicht diskutiert. Bei den tiefsten Frequenzenist wieder

RE ≈ 0 dB , (5.52)

gefolgt vom Resonanzeinbruch mit negativem RE.Streng genommen ist die Resonanzfrequenz nun durch

ω2A = ω2

0

(1 − ω2

A

ω2mF

)(5.53)

gegeben, fur sie gilt also1

ω2A

=1ω2

0

+1

ω2mF

. (5.54)

Meist ist ω2mF ω2

0 , so dass mit ωA ≈ ω0 die Verstimmung keine Rolle spielt.In der ”Masse-Fundament-Resonanz“ ω ≈ ωmF hingegen nimmt RE dann

unendlich große Werte an. Der Grund dafur ist einfach: Ohne elastische La-gerung sind Masse und Fundament in Resonanz; da keine Dampfung in der

Page 17: Technische Akkustik

5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit 159

Fundamentfeder berucksichtigt worden ist, wird die ins Fundament eingelei-tete Kraft F (s → ∞) unendlich groß. Die durch die elastische Lagerung nunendlich große Fundamentkraft FF(s) bewirkt dann scheinbar eine ”beliebiggroße Verbesserung“.

0.5 1 2 4 8 16 32 64 128−10

−5

0

5

10

15

20

25

30

35

40

f/f0

Ein

fügu

ngsd

ämm

maß

R/d

B

sF/s = 4

8

16

32

Bild 5.9. Einfugungsdammmaß bei Fundament mit Federungscharakter, gerechnetfur η = 0, 01 und η(Fundament) = 0, 5

Die Kurven in Bild 5.9 berucksichtigen eine Fundament-Dampfung durchnachtragliche Annahme einer komplexen Federsteife sF

sF → sF(1 + jηF) (5.55)

und damit einer komplexen Resonanzfrequenz

ω2mF → ω2

mF(1 + jηF) (5.56)

in Gleichung (5.49) fur V , aus der dann RE = 10 lg |V |2 gerechnet worden ist.Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Fundament-Impedanz

einen ganz erheblichen Einfluss auf das Einfugungsdammmaß besitzt. Ge-naue Aussagen uber die Wirkung einer elastischen Lagerung setzen deshalbdie Kenntnis von zF voraus. Allgemein lasst sich nur feststellen, dass dertatsachliche Verlauf bei hoheren Frequenzen etwa zwischen einer frequenzu-nabhangigen Geraden und einer Geraden mit der Steigung von 12 dB/Oktaveliegt.

Praktisch gemessene Werte - siehe Bilder 5.10 und 5.11 - verhalten sichentsprechend. Niemals wird der nur fur starre Fundamente geltende Anstiegmit 12 dB/Oktave wirklich erreicht.

Page 18: Technische Akkustik

160 5 Elastische Isolation

-20

-10

0

10

20

30

40

4 8 16 31,5 63 125 250 500Frequenz [Hz]

Ein

fügu

ngsd

ämm

aß [

dB]

Bild 5.10. Einfugungsdammmaß der Unterschottermatte Sylodyn CN235. (aus :R.G. Wettschurek, W. Daiminger:

”Nachrustung von Unterschottermatten in einem

S-Bahn-Tunnel im Zentrum von Berlin“ Proc. D-A-CH Tagung 2001, Innsbruck2001) Messung: arithmetischer Mittelwert uber verschiedene Messpunkte und Zug-typen, Dreiecke: Fahrtrichtung Sud; Kreise: Fahrtrichtung Nord. Rechnung: (Kurveohne Symbole) gerechnet mit dynamischer Steifigkeit von s′′ = 0, 022 N/mm3

Das Beispiel in Bild 5.10 weist darauf hin, dass es sich um ein Funda-ment mit Federungscharakter gehandelt hat. Der Frequenzgang in Bild 5.11 istschwer in den Einzelheiten auf einen entsprechenden Impedanz-Frequenzgangzuruckzufuhren; er zeigt aber immerhin, dass mit einem ”schwimmenden“Estrich (eine Zementschicht, die auf einer elastischen Dammschicht zwischenihr und der Rohdecke ruht, siehe Bild 5.3) recht große Einfugungsdammungenerreicht werden konnen.

Als praktischer Rat bleibt vor allem, dass man entweder die Einzelhei-ten des speziellen Problemfalles genau studieren muss - oder dass man sichzumindest vor allzu optimistischen Erwartungen an die Wirkung sehr hutensollte.

5.4 Ermittlung des Ubertragungspfades

Selbst bei hinreichend schweren oder steifen Fundamenten ist die praktischeAnwendung von elastischen Lagerungen nicht in jedem Fall sinnvoll. Das istz.B. dann der Fall, wenn das Schallfeld an einem interessierenden Ort nichtdurch die Krafteinleitung in das Maschinen-Fundament erzeugt wird.

Bild 5.12 skizziert eine typische Situation, die in Gebauden oft vorkommt.In einem Stockwerk ist ein Gerat montiert, das in einem anderen Raum einen

Page 19: Technische Akkustik

5.4 Ermittlung des Ubertragungspfades 161

125 250 500 1000 2000 40000

10

20

30

40

50

f/Hz

Trit

tsch

allp

egel

−M

inde

rung

∆L/

dB

Bild 5.11. Gemessene Trittschallpegel-Minderung (=Einfugungsdammmaß) durcheinen schwimmenden Estrich. Deckenaufbau : Rohdecke aus 120 mm Stahlbeton,darauf 35 mm Hartschaum-Dammplatte, darauf 0, 2 mm PE Folie, darauf 50 mmZementestrich.

unerwunscht hohen Schallpegel erzeugt. Kann sich hier eine nachtragliche ela-stische Entkoppelung des Gerates von der tragenden Decke lohnen?

Um das zu beantworten, muss man bedenken, dass die Schallubertragung(wie auch in Bild 5.12 skizziert) auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen kann:

1. Durch Krafteinleitung in die Decke wird diese zu Schwingungen ange-regt, die sich naturlich in angrenzende Bauteile – Wande und Decken –

Page 20: Technische Akkustik

162 5 Elastische Isolation

Bild 5.12. Die beiden, prinzipiell in Betracht kommenden Ubertragungswege

ausbreiten konnen. An den ”Empfangsraum-Wanden“ strahlen die Wand-bewegungen dann wieder Luftschall ab. Der Einfachheit halber soll dieserUbertragungsweg kurz als ”Korperschallpfad“ bezeichnet werden.

2. Gleichzeitig strahlen die meisten Gerate auch direkt Luftschall in den

”Senderaum“, in dem sie stehen. Auch dieser Luftschall wirkt auf die an-grenzenden Wande als anregende Kraft (naturlich eigentlich ein ortlichverteilter Druck). Dadurch werden ebenfalls Wand- und Deckenschwin-gungen erzeugt, die sich im Gebaude ausbreiten und in den Empfangs-raum hineinstrahlen. Dieser Ubertragungsweg soll kurz ”Luftschallpfad“genannt werde.

Es ist klar, dass eine elastische Lagerung nur dann eine Gerauschminderungim Empfangsraum herstellen kann, wenn das uber den Korperschallpfad uber-tragene Schallfeld deutlich großer ist als das, welches uber den Luftschallpfadzustande kommt. Man muss daher gegebenenfalls durch Messungen prufen,welcher der Anteile in der konkreten Situation uberwiegt.

Am einfachsten ist es, wenn dazu im Senderaum bei abgeschalteter Ma-schine durch Lautsprecher ein kunstliches Schallfeld hergestellt wird. Aus Mes-sungen der Pegeldifferenzen ∆LM = Empfangsraumpegel – Senderaumpegelbei Maschinenbetrieb und ∆LL = Empfangsraumpegel – Senderaumpegel beiLautsprecherbetrieb lasst sich auf den Ubertragungsweg schließen. Ist ∆LM

deutlich großer als ∆LL, dann muss die Korperschallubertragung wichtigersein als die Luftschallubertragung. In diesem Fall ist eine elastische Entkop-pelung der Maschine vom Fundament sinnvoll. Die Pegelminderung, die etwavon dieser Maßnahme erwartet werden kann, betragt hochstens ∆LM −∆LL,weil danach der Luftschallubertragungsweg dominant zu werden beginnt.

Ist dagegen ∆LM etwa gleich ∆LL, dann konnen entweder beide Ubertra-gungswege etwa gleiche Bedeutung besitzen, oder aber die Luftschallubertra-gung ist wichtiger. Um zwischen diesen beiden Moglichkeiten zu entscheiden,

Page 21: Technische Akkustik

5.5 Messung des Verlustfaktors 163

ist eine Zusatzmessung erforderlich. Bei ihr werden kunstliche Krafte durchelektrische Schwingerreger oder durch geeignete Hammer in das Maschinen-fundament eingeleitet, als Quellcharakteristikum dient der Schnellepegel aufdem Fundament. Es werden die Pegeldifferenzen ∆LM = Empfangsraumpe-gel – Senderaumschnellepegel bei Maschinenbetrieb und ∆LS = Empfangs-raumpegel – Senderaumschnellepegel bei Schwingerregerbetrieb gemessen. Ist∆LM deutlich großer als ∆LS, dann muss diesmal die Luftschallubertragungwichtiger sein als die Korperschallubertragung. Eine elastische Isolation ist indiesem Fall schlechterdings nutzlos: Es ist die Luftschalldammung zwischenden beiden Raumen, die nachgebessert werden muss (z.B. durch biegeweicheVorsatzschalen, siehe Kapitel 8).

5.5 Messung des Verlustfaktors

Zur Bestimmung des Verlustfaktors misst man bei einem Messaufbau wie inBild 5.7 mit einem entsprechenden Aufnehmer den Frequenzgang des Verhalt-nisses aus Auslenkung x und eingeleiteter Kraft F , fur das nach Gleichung(5.6)

x

F=

1s

1 − ω2

ω20

+ jη ωω0

(5.57)

(mit ω0 nach 5.13 und η nach 5.15) erwartet wird. Bei der Messung nutzt manaus, dass bei hohen Verlustfaktoren auch große Breiten des Resonanzgipfelsvorhanden sind.

Als Maß fur die Gipfelbreite wird die sogenannte Halbwertsbreite ∆ω be-nutzt (siehe auch Bild 5.13): Links und rechts vom eigentlichen Betragsmaxi-mum in ω = ω0 gibt es Frequenzstellen ω = ω0 + ∆ω/2 und ω = ω0 − ∆ω/2,bei denen das Betragsquadrat |x/F |2 gerade halb so groß ist wie im Maxi-mum selbst (die Halbierung des Betragsquadrats entspricht bekanntlich einerPegeldifferenz von 3 dB zum Maximum). Den Frequenzabstand zwischen denbeiden Punkten nennt man Halbwertsbreite.

Den Zusammenhang zwischen Halbwertsbreite und Verlustfaktor erhaltman der genannten Definition nach also aus

1[(1 −

(ω0±∆ω/2

ω0

)2)]2

+[η ω0±∆ω/2

ω0

]2=

12

1η2

. (5.58)

Naherungsweise darf man fur ∆ω � ω0

ηω0 ± ∆ω/2

ω0≈ η

setzen, denn dann macht man nur einen kleinen prozentualen Fehler in η.Damit erhalt man

Page 22: Technische Akkustik

164 5 Elastische Isolation

20 lg

x/F

∆f

f0−∆f/2 f

0+∆f/2f

0

3 dB

Bild 5.13. Definition der Halbwertsbreite ∆f

[1 −

(ω0 ± ∆ω/2

ω0

)2]2

+ η2 ≈ 2η2 ,

oder

1 −(

ω0 ± ∆ω/2ω0

)2

= ±η .

Mit (ω0 ± ∆ω/2

ω0

)2

= 1 ± ∆ω

ω0

14

(∆ω

ω0

)2

≈ 1 +∆ω

ω0

(wieder ist ∆ω/ω0 � 1 angenommen worden) folgt

η =∆ω

ω0=

∆f

f0, (5.59)

wobei noch das Vorzeichen physikalisch sinnvoll (η > 0) gewahlt worden ist.Gleichung (5.59) gibt an, wie man den Verlustfaktor aus der gemessenen Halb-wertsbreite ∆f berechnet.

Bei der Messung mit digitalen Mitteln (FFT-Analysator) muss man daraufachten, dass

• mit einem Fenster mit moglichst schmaler Hauptkeulenbreite (meist alsomit dem Rechteckfenster) gemessen wird, und dass

• mindestens 6, lieber aber mehr als 10 Spektrallinien innerhalb der Halb-wertsbreite liegen. Gegebenenfalls kann mit Hilfe eines FFT-Zooms furausreichende Auflosung gesorgt werden.

Page 23: Technische Akkustik

5.6 Die dynamische Masse 165

5.6 Die dynamische Masse

Nicht immer lassen sich Maschinen, Gerate, Drehbanke etc. wirklich wie inallen bisherigen Abschnitten als ’kompakte Masse’ auffassen. Sie konnen imGegenteil selbst elastischen Verformungen mit Resonanzerscheinungen ausge-setzt sein. Die ”bewegte“, dynamische Masse, die fur die Resonanzfrequenzder Lagerung quasi ”zahlt“, kann deshalb sehr viel kleiner als die statischeRuhemasse sein, wie das Folgende zeigt.

Masse m 2

Feder s2

Kraft F

starres Fundament

Masse m 1

Feder s1

x2

x1

Auslenkungen

Bild 5.14. Modell fur die elastische Lagerung von aus federnd verbundenen Teilenzusammengesetzte Strukturen

Als Beispiel fur eine aus federnd verbundenen Teilen zusammengesetzteStruktur sei ein Eisenbahn- oder U-Bahn-Wagen genannt. Aus Komfort-grunden fur die Fahrgaste ruht die eigentliche Fahrgastkabine federnd ent-koppelt auf den Radsatzen. Zur Verringerung des Schwingungseintrages in dasErdreich wird nun der Fahrweg nochmals zusatzlich z.B. durch eine elastischeGleislagerung oder eine elastische Unterschottermatte isoliert. Die Gesamt-anordnung besteht im Prinzip aus zwei Massen und zwei Federn, wie in Bild(5.14) skizziert. Die obere Masse m1 entsprache im Beispiel des Eisenbahn-Wagens der Fahrgastkabine, die Feder s1 wird von den Stahlfedern zwischenihr und den Radsatzen gebildet, die Masse m2 besteht aus den Radsatzen, derSchiene und dem Schotterbett, den Abschluss bildet dann die Unterschotter-matte s2, deren Untergrund hier als starr angesehen wird. Die Rollanregungfindet im Rad-Schiene-Kontakt statt, deshalb wirkt die anregende Kraft aufm2. Der Einfachheit halber sind Reibkrafte vernachlassigt worden. Schon dieBewegungsgleichung fur die Masse 1 zeigt das Wesentliche auf. Sie lautet

m1x1 = s1(x1 − x2), (5.60)

Page 24: Technische Akkustik

166 5 Elastische Isolation

oder, fur reine Tone der Frequenz ω und komplexe Amplituden

m1x1 = s1(x1 − x2), (5.61)

worausx1 =

x2

1 − ω2/ω21

(5.62)

mitω1

2 =s1

m1(5.63)

folgt. Die in Gl.(5.63) genannte Frequenz ω1 besteht in der Resonanzfrequenz,die das obere Teilsystem aus m1 und s1 auf starrem Fundament hatte. DieseResonanz ist aber in den meisten Fallen aus Komfortgrunden sehr tief ab-gestimmt, man kann daher annehmen, dass wenigstens in einem großen furdie Schwingungsubertragung im Erdreich interessierenden Frequenzbereichω >> ω1 gilt. Das bedeutet auch x1 << x2: Die Schwingamplitude deroberen Masse m1 kann immer gegen die Schwingamplitude der Masse m2

vernachlassigt werden, die obere Masse m1 steht praktisch unbeweglich still(was ja fur die Fahrgaste gerade erwunscht ist). Es ist fast uberflussig noch zuerwahnen: Naturlich ist die so abgekoppelte Masse m1 fur die akustische Wir-kung der elastischen Lagerung s2 unwirksam. Das zeigt auch die fur x1 << x2

hergeleitete Bewegungsgleichung der Masse m2:

m2x2 = x2(s1 − s2) + F, (5.64)

oder, im Frequenzbereich

x2 =F

s1 + s2 − m2ω2. (5.65)

Die in das Fundament eingeleitete Kraft betragt demnach

FF = s2x2 =F

(1 − ω2/ω212)

s2

(s1 + s2). (5.66)

mitω12 =

s1 + s2

m2. (5.67)

Also stutzt sich das Einfugungsdammmaß

R = 10lg(F/FF )2 = 10lg(1 − ω2/ω212)

2 (5.68)

nur auf die aus Masse m2 und Federsumme s1+s2 gebildete Resonanzfrequenzab: Die Masse m1 ist dynamisch gar nicht vorhanden, weil von m2 durch s1

abgekoppelt. Fur die Wirkung der elastischen Lagerung s2 ist diese Tatsacherecht bedauerlich. Die Dimensionierung der Federschicht muss ja anhand der’statischen’ Gesamtmasse m1 + m2 erfolgen, z.B. wie vorne erwahnt so, dassdas Verhaltnis aus statischer Einsenkung und Federdicke einen bestimmtenWert nicht uberschreitet. Fur die dynamische Wirkung der Isolation zahltdagegen leider nur die unter Umstanden viel kleinere ’dynamische bewegte’Masse m2.

Page 25: Technische Akkustik

5.8 Zusammenfassung 167

5.7 Ausblick

Wie so oft sind auch die vorangegangenen Bemerkungen zur elastischen Lage-rung notgedrungen unvollstandig geblieben. Einige nicht behandelte Effektesind im Folgenden genannt.

1. Starre Korper mussen keineswegs einachsige translatorische Bewegungenausfuhren, wie hier stillschweigend angenommen. Naturlich konnen Ge-genstande zu jeder der drei Raumachsen je eine translatorische und einerotatorische Schwingung ausfuhren. Zur Vermeidung von zum Fundamentparallelen Bewegungen und von ”Kippschwingungen“ sind vor allem tiefliegende Schwerpunkte gunstig, die z.B. durch Zusatzmasse (Vormontagevon Motoren auf Betonplatten) erreicht werden konnen.

2. Reale Federelemente bilden oft selbst Wellenleiter, auf denen (bei hoherenFrequenzen) stehende Wellen vorkommen konnen und die in ihren Eigen-resonanzen starke Einbruche in der Einfugungsdammung aufweisen.

5.8 Zusammenfassung

Das elastische Entkoppeln durch Federn oder weiche, elastische Schichten zwi-schen Korperschall-Quelle und Fundament kann die Korperschall-Einleitungin das Fundament erheblich verringern. Unter einfachsten Annahmen ergibtsich ein Einfugungsdammmaß, das unterhalb der Resonanzfrequenz des Feder-Masse-Systems etwa 0 dB betragt, hier ist die Maßnahme zwecklos. In der Re-sonanzfrequenz kann das Dammmaß - abhangig vom Verlustfaktor der Fede-rung - negative Werte annehmen. Erst oberhalb der Resonanzfrequenz entfal-tet sich die verbessernde Wirkung, das Einfugungsdammmaß wachst hier mit12 dB pro Oktave an. Aus der Sicht der Larm- und Schwingungsbekampfungbesteht das Ziel also stets in einer moglichst niedrigen Abstimmung der Reso-nanz und damit in der Verwendung moglichst weicher Federungen. Als Faust-regel fur die Auswahl von Federn oder elastischen Schichten kann man nochstatische Einsenkungen zulassen, die etwa 5 bis 10 Prozent der Federlangeoder Schichtdicke ausmachen.

Das Einfugungsdammmaß kann in nicht unerheblichem Maß durch dastragende Fundament beeinflusst werden. Besitzt letzteres Massecharakter, soverschiebt sich die Resonanzfrequenz zu hoheren Frequenzen. Bei Federungs-charakter des Fundamentes geht das Einfugungsdammmaß oberhalb der Re-sonanzfrequenz in einen frequenzunabhangig-konstanten Wert uber, der sichaus dem Verhaltnis von Fundamentsteife und Federsteife ergibt. Die Wirkungder elastischen Entkopplung kann daruber hinaus deutlich von der Tatsacheabhangen, dass die dynamisch tatsachlich schwingende Masse sehr viel kleinersein kann als die Ruhemasse der Korperschall-Quelle.

Vor Anwendung ist es in vielen Fallen ratsam zu prufen, ob die Korperschall-Einleitung in das Fundament den hauptsachlichen Ubertragungsweg in das zuschutzende Gebiet darstellt.

Page 26: Technische Akkustik

168 5 Elastische Isolation

5.9 Literaturhinweis

Das ”Handbook of Acoustical Measurements and Noise Control“ (HerausgeberC. M. Harris, Verlag der Acoustical Society of America, ASA, New York 1998)gibt in seinem Kapitel 29 weitere Informationen zum elastischen Entkoppeln.Das ”Handbook“ ist daruber hinaus ein wertvolles Nachschlagewerk fur vieleakustische Fragestellungen.

5.10 Ubungsaufgaben

Aufgabe 1

Ein Kern-Spin-Tomograph besitzt die Masse von 1000 kg. Er ruht auf vierquadratischen Fußen, jeweils mit den Abmessungen von 30 cm mal 30 cm.Eine flachige Lagerung zur elastischen Entkopplung soll so ausgelegt werden,dass die statische Einsenkung des entkoppelnden elastischen Lagers das 0,05-fache der Schichtdicke betragt. Wie groß muss der Elastizitatsmodul der La-gerung sein? Welche Schichtdicke ist erforderlich, wenn die Resonanzfrequenzauf 14Hz abgestimmt werden soll?

Aufgabe 2

Welche Federsteife muss das den Kern-Spin-Tomographen (aus Aufgabe 1)tragende Fundament besitzen, damit die Pegelminderung des Schwingeintragsins Gebaude von 6 dB (10 dB, 20 dB) erreicht wird?

Aufgabe 3

Bei Betrieb des Kern-Spin-Tomographen aus den vorigen Aufgaben werden indem Raum, in dem er aufgestellt ist (Senderaum), und in einem Wohnraum(Empfangsraum) daruber folgende Oktavpegel gemessen:

f/Hz Sendepegel/dB Empfangspegel/dB

500 65,3 32,01000 64,4 31,42000 63,5 30,4

Anschließend wird der Kern-Spin-Tomograph abgeschaltet. Bei Betriebeines Lautsprechers werden nun folgende Pegel in Sende- und Empfangsraumgemessen:

Page 27: Technische Akkustik

5.10 Ubungsaufgaben 169

f/Hz Sendepegel(L)/dB Empfangspegel(L)/dB

500 85,2 45,31000 86,4 45,22000 83,8 42,4

Lohnt sich eine elastische Entkopplung des Kern-Spin-Tomographen vomFundament? Falls ja: welche Pegelminderungen lassen sich etwa durch dieseMaßnahme erwarten? Wie groß ist der unbewertete Gesamtpegel im Emp-fangsraum nach der elastischen Entkopplung?

Aufgabe 4

Angenommen, eine Maschine der Masse M werde von einem Fundament ela-stisch entkoppelt. Wenn das Fundament ebenfalls in einer Masse besteht: wiegroß ist dann die Verstimmung der Resonanzfrequenz gegenuber dem Fallstarren Fundaments, wenn die Fundament-Masse doppelt (vierfach, achtfach)so groß ist wie die zu entkoppelnde Masse?

Aufgabe 5

Als ’Resonanzfrequenz ω0η des gedampften Schwingers’ bezeichnet man dieFrequenz, bei welcher der Frequenzgang |x/F |2 (siehe Gl.(5.6)) sein Maximumbesitzt. Wie groß ist diese Resonanz mit Dampfung, kurz auch als ’gedampfteResonanzfrequenz’ bezeichnet? Wie groß ist die kritische Dampfung, bei derdie gedampfte Resonanzfrequenz gleich Null wird? Man drucke die Reibkon-stante r durch den Verlustfaktor η aus.