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TeilchengraRe und Reaktionsfahigkeit der Eisen(ll1)-hydroxyde Von ALFONS KRAUSE Mit 1 Abbildung Inbaltsiihersieht Es wird gezeigt, daB die Silberferritbildung von der TeilchengroBe der Eisen(II1)- hydroxyde nicht abhiingig ist. Ferner wird in dieaem Zusammenhang deren Kaltbear- beitung, die Magnetitbildung sowie die H,S-Einwirkung auf die letzteren kun besprochen. Summary It is shown that the formation of silver ferrite(II1) from iron(II1) oxidehydrates is independent from the particle size of the iron compounds. The cold-working of iron(II1) oxidehydrates, their interaction with H,S, and the for- mation of magnetite are discussed. I n einer Reihe von Arbeiten wurde festgestellt1), daD die Fahigkeit der Eisen(II1)-hydroxyde, Silber zu binden, sowie auch ihre katalytischen Eigenschaften in Red-Ox-Systemen mit der Anwesenheit von OH-Wirk- gruppen der Eisenhydroxydmolekeln zusammenhiingen,so daB Eisen(II1) - oxydhydrate, wie der Goethit, (a-Fe,03 . H20)n, von der Silberbindung nicht betroffen werden und auch katalytisch unwirksam sind. Die TeilchengroBe hingegen beeinflufit die Geschwindigkeit der Silber- bindung, falls dafur die zuvor genannten Voraussetzungen vorhanden sind. Desgleichen ist die Siiureloslichkeit der Eisen(II1)-hydroxyde und ihre Sorptionsfahigkeit mit der TeilchengroDe in Verbindung zu bringen. Sicher findet auch bei der Silberferritsynthese je nach der TeilchengroBe zuniichst eine Adsorption von Ag,O statt, das nach- folgend entweder chemisch gebunden wird oder nicht. Peses nicht- gebundene bzw. sorbierte Ag,O wird jedoch bei der Reinigung der Silberferrite mit Ammoniak entfernt, was aber bei analoger Herstellung von Magnetiten nicht immer moglich ist, so daB hier die Sachlage eine andere ist als zuvor. I n diesem Zusammenhang wurden insbesondere die beiden isogittrigen Verbindungen, das Ix-Fe00H und ein feinteiliger Goethit (cx-Fe,03 H,O), hergestellt und mit anderen Eisen(II1)-hydroxy- den in bezug auf ihre Silberbindungsfahigkeit und ihre TeilchengroSe verglichen. Auch die Kaltbearbeitung und die Magnetitbildung sowie die Einwirkung von H,S auf Eisen(II1)-hydroxyde und -oxyde fanden bei der Gelegenheit ihre Berucksichtigung . l) A. KRAUSE u. Mitarb., Z. anorg. allg. Chem. 197, 301 (1931); 204, 20 (1932); 228, 352 (1936); 306, 223 (1960); Ber. dtsch. chem. Ges. 69, 1982, 2709 (1936). Z. anom. nlla. Chemie. Rd. 311. 23

Teilchengröße und Reaktionsfähigkeit der Eisen(III)-hydroxyde

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Page 1: Teilchengröße und Reaktionsfähigkeit der Eisen(III)-hydroxyde

TeilchengraRe und Reaktionsfahigkeit der Eisen(ll1)-hydroxyde

Von ALFONS KRAUSE Mit 1 Abbildung

Inbaltsiihersieht Es wird gezeigt, daB die Silberferritbildung von der TeilchengroBe der Eisen(II1)-

hydroxyde nicht abhiingig ist. Ferner wird in dieaem Zusammenhang deren Kaltbear- beitung, die Magnetitbildung sowie die H,S-Einwirkung auf die letzteren kun besprochen.

Summary It is shown that the formation of silver ferrite(II1) from iron(II1) oxidehydrates is

independent from the particle size of the iron compounds. The cold-working of iron(II1) oxidehydrates, their interaction with H,S, and the for-

mation of magnetite are discussed.

In einer Reihe von Arbeiten wurde festgestellt1), daD die Fahigkeit der Eisen(II1)-hydroxyde, Silber zu binden, sowie auch ihre katalytischen Eigenschaften in Red-Ox-Systemen mit der Anwesenheit von OH-Wirk- gruppen der Eisenhydroxydmolekeln zusammenhiingen, so daB Eisen(II1) - oxydhydrate, wie der Goethit, (a-Fe,03 . H20)n, von der Silberbindung nicht betroffen werden und auch katalytisch unwirksam sind. Die TeilchengroBe hingegen beeinflufit d ie Geschwindigkeit der Silber- bindung, falls dafur die zuvor genannten Voraussetzungen vorhanden sind. Desgleichen ist die Siiureloslichkeit der Eisen(II1)-hydroxyde und ihre Sorptionsfahigkeit mit der TeilchengroDe in Verbindung zu bringen. Sicher findet auch bei der Silberferritsynthese je nach der TeilchengroBe zuniichst eine Adsorption von Ag,O statt, das nach- folgend entweder chemisch gebunden wird oder nicht. Peses nicht- gebundene bzw. sorbierte Ag,O wird jedoch bei der Reinigung der Silberferrite mit Ammoniak entfernt, was aber bei analoger Herstellung von Magnetiten nicht immer moglich ist, so daB hier die Sachlage eine andere ist als zuvor. In diesem Zusammenhang wurden insbesondere die beiden isogittrigen Verbindungen, das Ix-Fe00H und ein feinteiliger Goethit (cx-Fe,03 H,O), hergestellt und mit anderen Eisen(II1)-hydroxy- den in bezug auf ihre Silberbindungsfahigkeit und ihre TeilchengroSe verglichen. Auch die Kaltbearbeitung und die Magnetitbildung sowie die Einwirkung von H,S auf Eisen(II1)-hydroxyde und -oxyde fanden bei der Gelegenheit ihre Berucksichtigung .

l) A. KRAUSE u. Mitarb., Z. anorg. allg. Chem. 197, 301 (1931); 204, 20 (1932); 228, 352 (1936); 306, 223 (1960); Ber. dtsch. chem. Ges. 69, 1982, 2709 (1936).

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Eisen(II1)- hydroxyd

rontgenamor- phesHydroxyd

a-FeOOH kiinstlich

Ergebnisse Es konnten die friiheren Ergebnisse bestatigt werden, wonach selbst

ein feinteiliger Goethit kein Silber bindet, wahrend or-FeOOH ein Silber- ferrit AgFeO, liefert,). Dabei kann man auf sichere und eindeutige Resultate rechnen, wenn man f euch t e Gele (nicht abgelagerte oder ange- trocknete) fur die Ag-ferritsynthese verwendet, wobei auch die Ein- stellung des Gleichgewichtes (halbstundige Kochdauer in 1 n-NaOH) abgewartet werden mu& Da nun das relativ feinteiligste amorphe Eisen(II1)-hydroxyd (Orthohydroxyd) weniger gut Silber bindet als a-FeOOH und wiederum der relativ grobteiligste Rubinglimmer oder Lepidokrokit Ag-bindungsfahig im Gegensatz zum feinteiligen kiinst- lichen Goethit ist, so ergibt sich daraus die Beziehungslosigkeit der TeilchengroBe und der Ag-ferritbildung. Man vergleiche hierzu Tab. 1.

Tabelle 1. Eisen(lI1)-hydroxyde und Silberferri te

loslich in koch.

1,h-H2S0, _ _

100

99,o

Nr.

natiirl. Rubin- glimmer (EISIRFELD) 3,

1

2

3 4

5

6

__ 49,O

__ I Eigenschaften der

Eisen(II1)-hydroxyde Untersuchtes I

30,5

15,5 14,5

17,O

10,9

10,l

Rontgen- struktur

amorph

Goethit- gitter

y -FeOOH- Git,ter

Die Silberferrite

Mol.Verh. Ag,O : Fe,O,

1:1,28

1 : 1,03 iindet keinAg

1:1,05

1.: 3,5

1:4J

Die Losungsgeschwindigkeit der Eisen(II1)-hydroxyde (0,2 g lufttrocken) wurde in 100 cm3 1,4 n-H,SO, bei 20 Minuten Kochdauer ermittelt. Sie ist urn so groBer, je fein- teiliger die betr. Substanz ist. In 32,5proz. HNO, bei 20" (20 om8 und 0,2 g Substanz) ist nur das feinteiligste rontgenamorphe Eisen(II1)hydroxyd glatt loslichz), wahrend a-FeOOH und der kunstliche Goethit nur wenig von der HNO, angegriffen werden. Das in Tab. 1 genannte a-FeOOH wurde durch 10tiigige Alterung des rantgenamorphen Eisen(II1)- hydroxydgels in In-NaOH bei 20" gewonnen, wahrend der Goethit eine 12Otilgige und

*) A. &USE u. Mitarb., Z. anorg. allg. Chem. 211, 98 (1933); 2a9, 305 (1938); 306, 216 (1960).

Vgl. A. LEWANDOWSKI, Dissertation Universitat Poznari 1937.

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A. KRAUSE, TeilchengriiBe und Reaktionsfiihigkeit der Eisen(lI1)-hydroxyde 347

noch liingere Alterung unter analogen Versuchsbedingungen erfordert. Das y-FeOOH wurde nach einem poln. Patent hergestellt4).

Die Kaltbearbeitung von Eisen(II1)-hydroxyden kann unter Um- standen zu einer Destruktion ihrer Gitter fuhrens). Auch in der Kugel- muhle vermag ein selbst geringfugiger Angriff der Primarteilchen (der Makromolekeln) eines goethithaltigen or-FeOOH 6, dieselben der Hy- drolyse (Hydroxydbildung) insofern zuganglicher zu machen, als diese anschlieBend in der kochenden NaOH wahrend der Ag-ferritsynthese ein betrachtliches AusmaB gewinnen kann, so daB daraufhin die Fahigkeit bzw. die Geschwindigkeit der Ag-Bindung zunimmt 6). Wenn trotzdem die Ultrarotspektren des gemahlenen und ungemahlenen Hydroxyds nur geTinge Unterschiede zeigen6), so beruht das darauf, dalj nach diesen Messungen verolte OH-Gruppen kaum von def ormierten H,O-Molekeln zu unterscheiden sind, die in stark komplexer Bindung im Goethitgitter vorliegen2). Die ultraroten Strahlen konnen aber auch aktivieren und eine Entolung der OH-Gruppen hervorrufen ’). Es ware von Interesse, die Spektren von BOHM’S Goethit und der natiirlichen Goethite zusatz- lich zu priifen.

Die Magnetitbildung laDt sich mit der Silberlerritbildung nicht ohne weiteres ver- gleichen, obschon gewisse Ubereinstimmungen auch hier vorhanden sind. So bindet z.B. y-FeOOH mehr Fe(I1) (aus Fe(OH), im ammoniakalischen Medium) als das feintdigere rontgenamorphe Eisen(III)-hydroxyd7) 8). Der Mangnetit des letzteren (lufktrocken) ist auch wasserreicher (-8-10%) als der aus y- oder a-FeOOH erhaltene (--“u%)7)8). Die Magnetitbildung liiBt sich in diesem Fall durch die Gleichung: Fe(OH), + 2 y- (resp. a-) FeOOH -+ Fe(FeO,), + 2 H,O veranschaulichens), wobei allerdings noch die Induk- tionswirkung des Fe(OH), zu beachten istlo). Aber auch der Goethit und sogar Eisen(II1)- oxyde konnen mit Fe(OH), unter Magnetitbildung reagieren 7), wobei es sich oft um Sorp- tions- oder Anlagerungsverbindungen handeln diirfte, deren Mischstruktur rontgeno- graphisch jedoch kaum ermittelt werden kann, da schon ein -5prOZ. Magnetitgehalt wegen des hohen Symmetriegrades aeines Gitters die Anwesenheit selbst rontgenkristalliner Beimengungen verdecken kannu). Betr. weiterer EinzeIheiten der Bildung von Magnetit und anderer ferromagnetischer Eisenverbindungen vergleiche man die &b. 1 sowie die FuBnoten 7 ) 9 l2)15)14).

4) A. KRAUSE, poln. Patent 34471 (1951). 5) A. KFLAUSE u. E. TKNDAK, Z. anorg. allg. Chem. 236, 295 (1938). 6) A. SIMON, H. H. E~ ioss u. W. SCHNEIDER, Z. anorg. allg. Chem. (im Druck). 7) A. KEAUSE u. Mitarb., Z. anorg. allg. Chem. 196, 228 11931); 213, 292 (1933);

8) Vgl. A. BINE~WNA, Dissertation Universitftt Poznttri 1960. 9) A. KRAUSE, Z. anorg. allg. Chem. 174, 153 (1928). l o ) A. KRAUSE u. Mitarb., Ber. dtsch. chem. Ges. 70, 423, 443 (1937). 11) Vgl. A. KRAUSE, Bull. SOD. amis. Sci. lettres de Poznali B. 12, 31 (1953), B. 14,

la) A. KFAUSE, Z . Elektrochem., Ber. Bunsenges., physik. Chem. 64, 327 (1960). 13) A. SIMON n. G. ACXERNANN, Z . anorg. allg. Chem. 285, 309 (1956). 1 4 ) A.KRAUSE, Przemyst Chem. 37, 637 (1958).

238, 406 (1938) und 311, 79 (1961).

229 (1958).

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348 Zeitmhrift fur anorganische und allgemehe Chemie. Band 311. 1961

ow cmvaNslond/g~ - Abb. 1. Alterungswege und Umwandlungsmoglichkeiten der Eisen(II1)-hydroxyde und Oxyde. Alt. = Alterung; Pol. = Polymerisation; H = HeiBpolymerisation; Aklv. = Auto- klavbehandlung; G1= Gliihen; Ox = Oxydation mit Luftsauerstoff ; ra = rontgenamorph

ob es sich um Eisen(II1)-hydroxyde oder -oxyde handelt. Selbst der sehr grobteilige naturliche Hamatit (cv-Fe,O,) macht darin keine Aus- nahme, obschon er LuBerst langsam mit H,S reagiert15). Inwieweit die betr. Eisensulfide wahre chemische oder eventuell teilchengrol3enbedingte Adsorptionsverbindungen sind, 18;St sich schwer angeben, da es zur Zeit keine diesbezugliche Trennungsmethode gibt. Glucklicherweise ist eine solche, wie schon erwahnt, bei den Silberferriten vorhanden, indcm man das von der TeilchengroSe unabhangige chemisch gebundene Ag von dem infolge Adsorption festgehaltenen Ag unterscheiden und trennen kann, wobei das AusmaS der Ag-Adsorption selbstverstandlich durch die Teilchengrolje der Eisen(II1)-hydroxyde beeinflu& wird. Man ver- gleiche zu diesen Ausfuhrungen die FuSnote 6 ) .

I5) A. KRAUSE, Bull. SOC, amis Sci. lettres de Poznah B. 13, 135 (1956).

Pozna; (Polen), Institut f i r anorganische Chemie der U.rziversitat. Bei der Redaktion eingegangen a m 9. Februar 1961.

Verantwortlich fiir die Schriftleitung: Professor Dr. Gunther Rienilcker, Berlin N 4, Hesaische Str. 1-2; fkr den Anzeigenteil: DEWAG-Werbuw Leiprig, Leiprig C 1, Friedricp-Ebert-Str. 110, Ruf 7851. Z. Z. gilt he igenprei~hste 4; Verlag: Johann Ambrosius Barth, Leipug C 1, Salornonstrafie 18 B ;

Fernruf: 27681 nnd 27682. ZLN 5058 Pr.int?rl in Germany Druclr: Paul Dunnhaupt, Edthen (IV/5/1) L 173161