12
Erscheint quartalsweise 04 2017 Ausgabe PFERD ISSN 1867-3988 Bezahlt von Ihrer Tierarztpraxis Gelenke beim Pferd: Verfahren der selektiven Entwurmung Automaten verein- fachen eine pferde- gerechte Fütterung Neuer Röntgenleitfaden: Wie sinnvoll ist Nahrungsergänzung? Resistenzsituation der Endoparasiten bei Pferden in Sachsen: Pferde automatisch füttern: Mehr Sicherheit beim Pferdekauf Tipps für einen guten Winter Kurz notiert Wir wünschen allen Lesern ein gesundes Jahr 2018 Wir wünschen allen Lesern ein gesundes Jahr 2018

TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Erscheint quartalsweise04 2017

Ausgabe PFERDISSN 1867-3988

Bezahlt von Ihrer Tierarztpraxis

Gelenke beim Pferd:

Verfahren derselektiven Entwurmung

Automaten verein-fachen eine pferde-gerechte Fütterung

Neuer Röntgenleitfaden:

Wie sinnvoll istNahrungsergänzung?

Resistenzsituation derEndoparasiten bei Pferdenin Sachsen:

Pferde automatisch füttern:

Mehr Sicherheitbeim Pferdekauf

Tipps für einen guten Winter

Kurz notiert

Wir wünschen allen Lesern

ein gesundes Jahr 2018Wir wünschen allen Lesern

ein gesundes Jahr 2018

Page 2: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Gelenke sind definiert als beweglicheVerbindung zweier Knochen, deren Endenmit Knorpelgewebe überzogen sind.Sie beste-hen immer aus einem Gelenkspalt, einerGelenkkapsel, die das Gelenk straff um-schließt und die Synovia (Gelenkschmiere)beinhaltet, sowie aus Bändern, die das Gelenkstabilisieren und stärken.

Da das Knorpelgewebe nicht mitBlutgefäßen und Nervenzellen ausgestattetist, übernimmt die Synovia die Versorgungdes Gelenkknorpels mit Nährstoffen. Dabeiwird diese lediglich durch Druck und Zug aufdie Gelenke bewegt und ausgetauscht. Ausdiesem Grund ist eine völlige Stallruhe beiErkrankungen von Gelenken in den meistenFällen nicht angebracht, vielmehr hilft einekontrollierte Bewegung bei der Therapie undRekonvaleszenz der Gelenke ungemein.

Gelenkerkrankungen entstehen oft akutaus einer Verletzung heraus, z.B. durchstumpfe, quetschende oder spitze Gewalt-einwirkung wie bei einem Stich durch einenWeidezaun (spitz) oder durch Tritt von einemanderen Pferd (stumpf). Eine offene (perfo-rierte) Gelenkverletzung mit eröffneterGelenkkapsel und Austritt von Synovia isteine sehr ernste Situation, die sofort tierärzt-lich versorgt werden muss.

Bei eröffnetem Gelenk können Bakterienund Fremdkörper in das Gelenk eindringenund schwerwiegende Infektionen nach sichziehen.Zerrungen,Verstauchungen und Über-belastungen sind ebenfalls typische, gedeckte(Gelenk nicht eröffnet) Gelenkerkrankungenbeim Pferd, bei denen sich die SymptomeSchwellung, vermehrte Wärme, Schmerzenund Lahmheiten in unterschiedlich starkerAusprägung zeigen.

Arthritis

Gelenke beim Pferd:Wie sinnvoll ist Nahrungsergänzung?

Die Therapie von akuten und chronischen Gelenkerkrankungen beim Pferd wird in Kliniken und Praxenneben der klassischen, schulmedizinischen Behandlung oft zusätzlich mit Ergänzungsfuttermittelnunterstützt und zuhause vom Tierbesitzer weitergeführt. Teilweise werden die Nahrungsergänzungenjedoch auch von Pferdebesitzern eigenständig gekauft und ohne fachmännische Beratung eingesetzt. Istderen Einsatz wirklich sinnvoll?

TIERGESUNDHEIT2 | 3aktuell PFERD

Gelenkverletzungen treten oft spontan auf durch z.B. einen Tritt von einem anderen Pferd.

Page 3: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis)kann bei einer nicht optimalen oder mangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischenGelenkerkrankung (Arthrose) führen.

Eine chronische Gelenkentzündung (Ar-throse) entsteht – neben den bereits aufge-führten Traumata – häufig auch durch eineÜberbelastung bzw. eine Fehlbelastung derGelenke, z.B. durch eine angeborene oderauch erworbene Fehlstellung. Eine Überbela-stung und Überbeanspruchung entsteht häu-fig auch durch (zu) intensive Bewegung imsportlichen Bereich bzw. einer nicht derLeistung angepasste Belastung des Pferdes.

Mangelnde Hufpflege oder nicht bedarfs-gerechte Haltung können ebenfalls zu einerArthrose führen. Auffällig bei einer Arthroseist, dass die typische Umfangsvermehrung,Wärme der Haut und eine direkte Schmerz-

Arthrose

reaktion ausbleiben. Auch ist eine deutlicheLahmheit nicht immer zu sehen,es zeigen sichhier eher wechselnde und immer wiederkeh-rende Lahmheiten.

Das Ziel der Diagnostik bei Gelenker-krankungen ist, durch eine allgemeine kör-perliche Untersuchung und mit einer speziel-len Lahmheitsuntersuchung einen umfassen-den Überblick über den Gesundheitszustanddes Patienten zu erhalten.

Dabei ist auch eine labordiagnostischeBlutuntersuchung bei Pferden mit Gelenk-erkrankungen obligatorisch. Sinnvoll sindhier ein großes Organ-Screening und ein gro-ßes Blutbild mit Differentialblutbild. Hierbeiwerden u.a. die wichtigen Parameter der Ent-zündungszellen, Muskelenzyme, Nieren undLeberwerte, Mineralstoffe und der Häma-tologie untersucht.

Diagnostik

Foto: Christian Müller

Page 4: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Nicht selten werden im Rahmen dieserUntersuchung bisher unbemerkte, weitereErkrankungen entdeckt, denn es gilt: „JedesPferd hat das Anrecht auf zwei Krankheiten“.Zusätzlich kann noch eine spezielle Unter-suchung der Synovia wertvolle Hinweise fürden weiteren Verlauf der Gelenkerkrankungergeben. Dazu wird die Gelenkflüssigkeit(möglichst) steril gewonnen und zytologischund bakteriologisch untersucht (Gesamtei-weiß, pH, Zellzahl, spezifisches Gewicht).Eine spezielle Lahmheitsuntersuchung solldie Lage und Ursache der Funktionsstörungerkennen und die betroffenen Gelenke lokali-sieren. Zusätzlich können weitere Verfahrenz.B. Röntgen, Ultraschall oder eine Arthro-skopie zum Einsatz kommen.

Jede Klinik und Praxis hat ihre eigeneStrategie bei der Therapie der Gelenkerkran-kung des Pferdes und jeder Fall ist unter-schiedlich, muss individuell beurteilt werdenund gängige Standardtherapien müssen ange-passt werden. Die Behandlung von Gelenk-erkrankungen bei Pferden ist daher eine kom-plexe Angelegenheit, die oft erst mit derKombination von vielen Therapieansätzenzum Erfolg führt. Dabei ist der Therapieplandes behandelnden Tierarztes mit Boxenruhe,kontrollierter Bewegung und Medikamentenzwingend einzuhalten. Pferdebesitzer, derenPferd eine lange andauernde Behandlung undRekonvaleszenz vor sich hat, sind meist in derersten Woche hochmotiviert, die vorgeschla-gene Therapie einzuhalten. Das Interessedaran geht jedoch rasch zu Ende, wenn derBesitzer merkt, dass es dem Pferd oft schnellbesser geht. Dann werden aus den verordne-ten 1-2 Wochen Boxenruhe schnell nur 5 Tage.

Zur Unterstützung der Therapie beiGelenkerkrankungen können Nahrungser-gänzungen mit bestimmten Inhaltsstoffensehr wertvolle Dienste leisten. Gute Präparateenthalten Inhaltsstoffe, die nach der oralenVerabreichung im Organismus verstoffwech-selt werden, an die verletzten bzw. degenerier-ten Organteile im Gelenk gelangen und dortihre Wirkung entfalten. Die aufgeführtenWirkstoffe gleichen evtl. vorhandene bzw.durch Verletzung entstandene Defizite amGelenk aus und ergänzen fehlende Nähr-stoffe.

Oft werden auch der Bewegungsplan unddie verordneten Medikamente und Nahrungs-ergänzungen eigenständig und viel zu früheingestellt bzw. abgesetzt und das Pferd wirdzu schnell wieder in eine Belastungsphasegebracht, die für eine vollständige Genesungkontraproduktiv ist. Selbst eine kurzzeitige,unkontrollierte Bewegung, sei es im Paddock,auf der Weide, beim Longieren oder auchbeim „nur mal kurz laufen lassen“ in der Halleist unbedingt zu vermeiden.

Therapie und Beratung

Gelenkunterstützung

TIERGESUNDHEIT4 | 5aktuell PFERD

Nahrungsergänzung nur mit BeratungDie klassischen Nahrungsergänzungsmittel sind in der Regel frei verkäufliche Futtermittel,die der Pferdebesitzer in der Tierklinik und -Praxis, Apotheke, Internet oder auch teilweiseim freien Handel rezeptfrei erwerben kann. Da diese Ergänzungsfuttermittel sehrberatungsintensiv sind, ist es jedoch sinnvoll, diese bei Fachleuten in einer Pferdeklinik/-Praxis zu erwerben, denn nur mit der professionellen Beratung ist ein erfolgreichertherapiebegleitender Einsatz gegeben.

Auf einen Blick:�

Sowohl akute als auch chronische Störungen der Bewegung bedürfen vor derTherapie einer gründlichen diagnostischen und labordiagnostischen Aufarbeitung.Totale Boxenruhe ist für die meisten Gelenkerkrankungen nicht angezeigt, einprofessionell erstellter Bewegungsplan kann die Heilung wesentlich besser fördern.Zur begleitenden Behandlung und Unterstützung von Gelenken nach Verletzungenund bei erhöhter Beanspruchung können Nahrungsergänzungen mit speziellenWirkstoffen ein wertvoller Beitrag der Therapie sein.

Foto

: Geo

rgio

s

Mangelnde Hufpflege kann zu einer Arthrose führen.

Page 5: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Bei Verletzungen der Gelenke sindWirkstoffe nötig, die hauptsächlich amKnorpel, in der Synovia, an Sehnen undBändern und allgemein am Bindegewebe wir-ken.

Bei der Rekonvaleszenz nach verletzungs-bedingten Bewegungspausen sind zusätzlicheInhaltsstoffe für den Aufbau der Muskulatursinnvoll. Für die Behandlung bzw. Unter-stützung der Gelenkgesundheit sind vor-nehmlich Stoffe geeignet, die natürlicherwei-se in den bindegewebigen Bestandteilen desGelenks vorkommen, eine hohe Wasserbin-dungsfähigkeit haben und entzündungshem-mend wirken.

Diese Eigenschaften erfüllen insbesonde-re folgende Glukosaminoglukane (GAGs,auch Mucopolysaccharide genannt), die z.B.in Präparaten mit neuseeländischen Grün-lippenmuscheln enthalten sind und chemischaus aneinandergereihten Zuckermolekülenmit hoher Elastizität und Wasserbindungs-fähigkeit bestehen und im Körper mit Ei-weißen verbunden sind:

Glukosamin ist eines der wichtigstenMoleküle für die Gelenkknorpelbildung unddessen Elastizität. Glukosamin stimuliert dieNeubildung und Zellregeneration vonGelenkknorpel und hat leicht entzündungs-hemmende Eigenschaften,die es nach der ora-len Aufnahme im Körper am Gelenk entfaltet.

Chondroitinsulfat ist ein ebenfalls einPolysaccharid (Mehrfachzucker), das haupt-sächlich im Bindegewebe (Knorpel, Synovia,Huf) vorkommt und dort für die Elastizitätdes Knorpels verantwortlich ist. Zusätzlichbremst Chondroitinsulfat bestimmte knor-pelabbauende Enzyme. Hyaluronsäure zeich-net sich als Bestandteil vieler Körpergewebe(z.B. Glaskörper im Auge) besonders durchseine hervorragende Wasserspeicherfähigkeitaus (bis zu 6 Liter Wasser pro Gramm).

Zudem ist Hyaluronsäure der Haupt-bestandteil der Synovia und kann die imGelenk auftretenden Kräfte durch veränder-bare Viskosität (Fließeigenschaft) regulierenund so das Gelenk schützen: je mehr Druck,wie z.B. beim Sprung, auf ein Gelenk wirkt,desto „zäher“ und somit haltgebender wirddie Synovia. Wenn jedoch kontinuierlicheund gleichmäßige Kräfte auftreten, wie z.B.beim Laufen, dann wird die Synovia flüssigerund„schmiert“ den Knorpel.

Keratansulfat ist ein Disaccharid,das eben-falls ein wichtiger Bestandteil von Knorpel-gewebe ist und daher in allen Gelenken undim Pferdehuf vorkommt.

Die genannten Substanzen sind im gesun-den Gelenk wichtig für Aufbau, Stabilität undFunktion. Bei geschädigten Gelenken helfensie durch ihre natürlichen Inhaltsstoffe,indem sie die Reparatur geschädigter Struk-turen (v.a. Knorpel und Synovia) ankurbelnund unterstützen.

Glykosaminglykane

Fettsäure

Muskelunterstützung

Weitere wichtige Inhaltstoffe von Gelenk-präparaten sind Omega 3- und Omega 6-Fettsäuren. Omega 6-Fettsäuren sind wichti-ge Bestanteile aller Zellmembranen, Omega3-Fettsäuren (Eicosapentaensäure, EPA undDoshexaensäure, DHA) sind durch ihreschmerz- und entzündungshemmende Wir-kung sehr wertvoll bei der Behandlung vonGelenkerkrankungen.

Für die Rekonvaleszenz nach (Sport-)Verletzungen und für die Boxenruhe mitwenig Bewegung, sind zusätzlich zu denPräparaten für die Gelenkgesundheit weitere,spezielle Stoffe zur Muskelregeneration undzum Muskelaufbau sinnvoll:

Hoch verdauliche kurzkettige Peptide (Ei-weiße) und Aminosäuren, die für dieZusammensetzung der Muskulatur spezi-fisch sind, wie z.B. die Aminosäuren L-Leucin und L-Lysin;

Glukose für den Energiestoffwechsel derMuskeln;

Selen als Spurenelement und Radikal-fänger.Es wirkt als„Bremse“ auf oxidative,d.h. zerstörerische Prozesse an Zell-wänden;

Fazit

Vitamine und Provitamine unterstützendie Regeneration von geschädigtem Ge-webe und unterstützen das Immun-system, das bei allen Heilungsprozessenbelastet wird.

Gelenke als bewegliche „Baueinheiten“im Körper sind bereits im Alltag starkenBelastungen ausgesetzt. Kommen nochzusätzliche Beanspruchungen und Ver-letzungen hinzu, dann können akute undchronische Schäden entstehen. Diese Schädenzu heilen bzw. zu minimieren ist Ziel der tier-ärztlichen Therapie und Beratung. In vielenFällen können Ergänzungsfuttermittel ganzentscheidend zur Gelenkgesundheit beitra-gen, indem sie wichtige Wirkstoffe zurGelenkregeneration liefern und so dieHeilung und die Funktion geschädigterStrukturen fördern.

Da Nahrungsergänzungsmittel auch häu-fig prophylaktisch eingesetzt werden, ist eineständige Kontrolle der eingesetzten Zutatenim Rahmen des Dopings im Pferdesport sinn-voll. Die FN (Deutsche Reiterliche Ver-einigung) hält die dopingrelevanten Zutatenin ihrer ADMR (Anti-Doping und Medi-kamentenkontroll-Regel) Liste ständig aktu-ell.�

Foto: martincp

Zur Gelenkunterstützung können bestimmte Nahrungsergänzungsmittel gute Dienste leisten.

Dirk Hüfler, Tierarzt

Page 6: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Resistenzsituation der Endoparasitenbei Pferden in Sachsen:

Verfahren der selektiven Entwurmung

In Veröffentlichungen wird weltweit über eine abnehmende Wirksamkeit von Medikamenten gegenüberEndoparasiten (Resistenzen) bei Pferden berichtet. Resistenzen von kleinen Strongyliden gegenüberBenzimidazol- und Pyrantelpräparaten sowie von Spulwürmern gegenüber Ivermectin und Moxidectinsind bereits nachgewiesen. Auch in Sachsen wurde von Pferdepraktikern schon mehrmals der Verdachtauf derartige Resistenzen geäußert. Die selektive Entwurmung soll Abhilfe schaffen.

Foto

: Ber

ty

TIERGESUNDHEIT6 | 7aktuell PFERD

Aufgrund von Resistenzen mancher Wurmarten gegen einige Wirkstoffe zur Entwurmung wird immer mehr zur selektiven Entwurmunggeraten, also einer Entwurmung bei tatsächlich erheblichem Befall, nachgewiesen durch eine Kotprobe.

Page 7: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Das Parasitenvorkommen ist in jedemBetrieb unterschiedlich, denn es ist abhängigvon u.a. Bestandsdichte, Weidefläche, Weide-management. Kleine Strongyliden stellenheutzutage die Wurmart mit der höchstenVerbreitung bei Pferden dar, wobei die In-fektion häufig symptomlos verläuft. Beob-achtet werden jedoch auch Todesfälle bei jün-geren Pferden infolge der larvalen Form derParasitose. Dabei überwintern die Larven derkleinen Strongyliden in einer Ruhephase (Hy-pobiose) in der Dickdarmwand, um danndurch einen noch unbekannten Reiz zu tau-senden aus der Darmwand ins Darminnereauszuwandern. Bei dieser Aktivierung hinter-lassen sie massive Entzündungsreaktionen;die betroffenen Pferde bekommen einen uns-tillbaren Durchfall und sterben an Austrock-nung und -zehrung.

Für das Pferd gibt es derzeit vier zugelas-sene Wirkstoffe in Deutschland gegen

Nur noch gezielt Entwurmen

Rundwürmer: Pyrantel, Benzimidazol, Iver-mectin und Moxidectin. In absehbarer Zeit istkein neuer Wirkstoff zugelassen für Pferde zuerwarten. Um der Resistenzentwicklung ent-gegenzuwirken, wird in den letzten Jahren dieso genannte von er-wachsenen Pferden postuliert. Bei dieserBekämpfungsform werden nicht mehr allePferde des Bestandes behandelt, sondern nurnoch die Tiere, die zu einem Zeitpunkt mehrals eine bestimmte Anzahl an Wurmeiern mitdem Kot ausscheiden.

Da die Menge der ausgeschiedenenStrongylideneier beim einzelnen Pferd ohneBehandlung relativ stabil bleibt, soll sich einGleichgewicht zwischen Wirt (Pferd) undParasit einstellen. Diese Würmer sollen alssogenannte Refugien dienen, d.h. sie sollenkeinen Kontakt mit einem Wurmmedi-kament bekommen und somit auch keineResistenzen ausbilden. Dadurch wird dieResistenzentwicklung verlangsamt.

Die selektive Entwurmung setzt voraus,dass neben einer gezielten parasitologischenKotprobendiagnostik ein bestandsspezifi-

selektive Entwurmung

scher Entwurmungsplan erarbeitet und ein-gehalten wird. Durch die Anwendung derselektiven Entwurmung und dem damit ver-bundenen reduzierten Einsatz von Anti-parasitika können neben der Verlangsamungder Resistenzentwicklung auch die Um-weltbelastung durch die Ausscheidung vonArzneimittelrückständen vermindert undgleichzeitig Medikamentenkosten eingespartwerden. Zudem wird durch die häufigerenKotuntersuchungen ein relevanter Band-wurmbefall im Bestand ebenfalls sicherererfasst.

Mittels Anwendung dessollen die Wirksamkeit der

Behandlung überprüft und Resistenzen auf-gedeckt werden. Die Wirksamkeit wird ausder Menge der ausgeschiedenen Eier vor und2-3 Wochen nach der Entwurmung für dasangewendete Medikament berechnet. DerEizahlreduktionstest kann jedoch nur beiPferden angewendet werden, die mehr als 150Strongylideneier pro Gramm Kot ausschei-den. In vielen Beständen mit adulten Pferdenstehen bei entsprechender Weidehygieneallerdings nur einige Pferde, die dafür in Fragekommen.

Eine uneingeschränkte Wirksamkeit derMedikamente ist dann gegeben, wenn beiIvermectin und Moxidectin 2-3 Wochen nachder Behandlung keine Eier und bei Ben-zimidazol und Pyrantel höchstens noch 10 %der Eianzahl vom Zeitpunkt vor der Behand-lung nachweisbar sind.

Ein weiterer Indikator für die Resis-tenzentwicklung ist die Zeitspanne zwischenBehandlung und dem ersten Wiederauftre-ten der Wurmeier im Kot. Sie sollte fürBenzimidazol 4-6, Pyrantel 5-7, Ivermectin 8-13 und Moxidectin 14-24 Wochen betragen.In Bezug auf die kleinen Strongyliden ist die-ses Intervall bei einigen Populationen inDeutschland nach Behandlung mit Iver-mectin bereits auf 5 anstatt 8-13 Wochen ver-kürzt.

Im Rahmen eines „Projektes des Pferde-gesundheitsdienstes (PGD) der SächsischenTierseuchenkasse in Zusammenarbeit mitdem Hoftierarzt zur Einschätzung der Resis-tenzlage von Endoparasiten in sächsischenPferdebeständen“ wurden 2011 die Kotpro-ben von Pferden aus 12 ausgewählten Be-trieben (gesamt 344 Tiere) viermal im Ab-stand von ca. 2 Monaten auf Endoparasitenuntersucht.

Pferde mit mehr als 250 Eiern pro GrammKot wurden in Gruppen eingeteilt und mit 3unterschiedlichen Wirkstoffen gegen Endo-parasiten behandelt.

Eizahlreduk-

tionstestes

Wirksamkeit überprüfen

Projekt in Sachsen prüfteWirkstoffe

Page 8: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Das Moxidectin wurde dabei nicht be-rücksichtigt, da es wegen seines hohen Preiseswenig angewendet wird und deshalb keineResistenzen zu erwarten sind. Zwei bis dreiWochen nach der Entwurmung wurden diePferde erneut beprobt und die Eizahlreduk-tion durch die Behandlung ausgewertet.

Im Ergebnis schied ein hoher Anteil anPferden (38 – 100 %) im gesamten Unter-suchungszeitraum nicht mehr als 250 Eier proGramm Kot aus und bei einem Teil der Pferde(19 – 72%) waren gar keine Eier im Verlaufedes Jahres im Kot zu finden. Das sind diePferde, die bei einer routinemäßigen Be-standsentwurmung unnötig behandelt wor-den wären. Die Wirksamkeit von Benzimi-dazol war in fast allen Betrieben stark einge-schränkt. Diese Präparate sollten demnachmöglichst nicht mehr genutzt werden. Da-gegen waren Pyrantel und Ivermectin in allenBeständen noch gut bis sehr gut wirksam.Allerdings waren in 2 Betrieben bei den mitIvermectin entwurmten Pferden schon nach 5Wochen wieder Wurmeier im Kot nachweis-bar, was als erstes Anzeichen für eine Resis-tenzentwicklung zu werten ist.

Es bleibt festzuhalten, dass die selektiveEntwurmung bei ausgewachsenen Pferdenmachbar und sinnvoll ist.Mittels Eizahlreduk-tionstest sollte die Resistenzsituation in jedemeinzelnen Pferdebetrieb überprüft und einentsprechender Entwurmungsplan aufgestelltwerden.Den Basismaßnahmen der Parasiten-bekämpfung wie Kot von der Koppel ablesen,nicht überweiden, Düngung mit Kalkstick-stoff usw. fällt eine immer bedeutendere Rollezu. Diese sollten neben dem Einsatz von Me-dikamenten Standard in jedem Betrieb sein.

Dr. Uwe Hörügel,Pferdegesundheitsdienst Sächsische

Tierseuchenkasse

Fazit

Auf einen Blick:

Benzimidazol-Präparate nicht mehr anwenden!gegenüber Pyrantel und Ivermectin noch gute ResistenzsituationParasitenvorkommen in jedem Betrieb unterschiedlich (abhängig vonBestandsdichte, Weidefläche, Weidemanagement usw.)Kotprobenuntersuchungen aller Pferde in zweimonatigem Abstand ausreichendReduktion des Medikamenteneinsatzes durch selektive Entwurmung möglich undsinnvollVerringerung der Umweltbelastunggute Diagnostik von BandwurmbefallBehandlung gegen Dassellarven im Herbst unabdinglichKostenersparnis (Kosten diagnostischer Untersuchungen geringer als Kosten dergesparten Wurmmittel) ab einem Anteil unbehandelter Pferde > 50 % zu erwarten

www.Tiergesundheit-aktuell.deDAS Tierhalterportal im Internet!

In über 400 Videos gebenTierärzte Auskunft

Die Larven der kleinen Strongyliden überwintern in einer Ruhephase (Hypobiose) in derDickdarmwand, um dann durch einen noch unbekannten Reiz zu tausenden aus derDarmwand ins Darminnere auszuwandern.

TIERGESUNDHEIT8 | 9aktuell PFERD

Foto: Patho LUA

Dreseden

Page 9: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Die Bundestierärztekammer informiertüber den Röntgenleitfaden 2018, der von derGesellschaft für Pferdemedizin e.V. (GPM)herausgegeben wurde und einige Neuerun-gen für Pferdebesitzer und Tierärzte beinhal-tet.

Der Röntgenleitfaden ist ein wichtigesInstrument im Rahmen der Kaufuntersu-chung eines Pferdes. Er dient Tierärzten alsInterpretationshilfe für die röntgenologischeBeurteilung der Gesundheit eines Pferdes.Denn bevor ein – oftmals hochpreisiges –Pferd den Eigentümer wechselt, wird es einemgründlichen „Gesundheitscheck“ durch denTierarzt unterzogen: Dazu gehört neben derklinischen Untersuchung auch das Röntgen.Doch ist es durch die Einteilung in sogenann-te schulnotenähnliche Röntgenklassen oft zueiner Überbewertung des Röntgenbefundesgegenüber der klinischen Untersuchung desPferdes gekommen. „Diese Röntgenklassenwurden abgeschafft, abweichende Befundesollen nun vom Tierarzt beschrieben werden.

Wir unterscheiden dabei genau zwischenBefunden, bei denen beispielsweise das Risikoeiner späteren Lahmheit nicht zuverlässig ein-geschätzt werden kann und solchen, die tat-sächlich mit einem Lahmheitsrisiko behaftetsind“, erklärt Prof. Dr. Karsten Feige, Vor-sitzender des Ausschusses für Pferde der Bun-destierärztekammer (BTK) und Präsident derGPM. Risikobehaftete Röntgenbefunde sol-len künftig mit dem Stichwort „Risiko“,Aufnahmen, die keine Abweichungen aufwei-sen, mit „o. b. B.“ (ohne besonderen Befund)gekennzeichnet werden.

Als Beurteilungsgrundlage liegen demneuen Röntgenleitfaden künftig 18 Standard-Aufnahmen zugrunde, also vier mehr als bis-her. Dies ist auch im Sinne des Verkäufers: dermuss nämlich im Streitfall beweisen, dass einbestimmter Mangel beim Verkauf nicht vor-handen war. So wird in Zukunft zum Beispieldie Aufnahme„vordere Zehe seitlich“ auf zweiBilder aufgeteilt, was eine bessere Beurteil-barkeit der drei relevanten Gelenke zulässt.

Abweichend von der im neuen Rönt-genleitfaden empfohlenen Zahl an Standard-aufnahmen können sich Käufer und Ver-käufer natürlich auch darauf verständigen,mehr oder weniger Röntgenbilder anfertigenzu lassen. Die bislang auf CD erhältlicheBildersammlung soll darüber hinaus in einmodernes App-Format überführt werden.

Für den BTK-Ausschuss für Pferde stelltdie Abschaffung der Röntgenklassen einenabsoluten Gewinn dar. „Besonders begrü-ßenswert ist die damit einhergehende höhereBewertung der klinischen Untersuchung. Diegängige Praxis, Pferde mit einer Rönt-genklasse über II abzuqualifizieren, obwohlnach tierärztlicher Gesamtbeurteilung dafürkein Grund besteht, wird damit beendet“, lobtder Ausschussvorsitzende Feige.

Quelle: BTK

Neuer Röntgenleitfaden:

Mehr Sicherheit beim Pferdekauf

Pferde brauchen keine Winterpause, siehaben den gleichen Bewegungs- undBeschäftigungsdrang wie sonst im Jahr. Fürdie meisten ist jedoch der tägliche Weide-auslauf zu Ende oder zumindest stark einge-schränkt – Erkrankungen aufgrund vonBewegungsmangel sowie Futterumstellungdrohen. Diese Tipps helfen, Pferde gesunddurch den Winter zu bringen:

Auch bei schlechtem Wetter ausreichendeBewegung und Beschäftigung für dasPferd sicherstellen (Auslauf auf der Weide,Reiten,Spazierengehen,Longieren,Kunst-stücke einüben etc.).

Vor dem Einstallen Box und Stall auf mög-liche Unfallgefahren überprüfen (spitzeNägel, scharfe Kanten) und diese beseiti-gen.

Kurz nach dem Einstallen eine Entwur-mung durchführen.

Auf eine der verminderten Bewegung desPferdes angepasste Fütterung und auf aus-reichende Vitaminversorgung achten, spe-ziell während der Haarwechselzeit.

Starkes Schwitzen des Pferdes vermeiden,da dass Winterfell nur schwer abtrocknet,oder Pferd unter der Decke abschwitzenlassen.

Geschorene Pferde nur eingedeckt auf dieWeide stellen, ansonsten besteht dieGefahr der Auskühlung.

Im Stall für ausreichende Belüftung sor-gen,dabei Zugluft unbedingt vermeiden!

Staubarme Einstreu und staubarmesRaufutter verwenden, um die Stallluftnicht zusätzlich zu belasten.

Tipps für einen guten Winter

Quelle: Dr. Heike Engels

Kurz notiertFoto: M

arlinda vd Spek – fotolia.de

Page 10: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Pferde automatisch füttern:Automaten vereinfachen einepferdegerechte Fütterung

Fur eine reibungslose Funktion ihres Verdauungssystems benotigen Pferde mehrere Futterrationen überden Tag verteilt. Das ist sehr arbeits- und zeitaufwendig. Computergesteuerte Fütterungssysteme konnenzu einer pferdegerechten Futterung bei gleichzeitiger Arbeitsentlastung beitragen.

TIERGESUNDHEIT10 | 11aktuell PFERD

Foto

: Mor

ell

Computergestützte Fütterungssysteme können den Arbeitsalltag erleichtern.

Page 11: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Pferde sind Dauerfresser, ihr Verdauungs-system ist auf viele kleine Mahlzeiten über denTag verteilt eingestellt. Für viele Pferdebe-triebe ist es aber aus organisatorischen Grün-den kaum möglich, häufiger als zwei- bis drei-mal täglich Heu und Kraftfutter zu füttern.Lange Fresspausen sind jedoch problematischund stehen im Verdacht, die Entstehung vonMagengeschwüren zu begünstigen. Zudemwird - insbesondere in Gruppenhaltungen -bei der manuellen Fütterung der individuelleFutterbedarf oft nicht ausreichend berück-sichtigt.

Gruppenhaltung ist für Pferde zweifelsfreidie artgerechteste Haltungsform. Schwierig-keiten können jedoch bei der individuellenFütterung der einzelnen Herdenmitgliederentstehen.Steht Heu rund um die Uhr zur frei-en Verfügung, werden leichtfuttrige Pferdeschnell zu dick. Erhalten die Pferde hingegenzwei- oder dreimal täglich gemeinsam Heu,sind rangniedrige und schwerfuttrige Pferdeoft benachteiligt. Fällt das Reittraining in dieFütterungszeit, kann es zudem sein, dass dasHeu bis zur Rückkehr bereits von den anderenPferden gefressen wurde.

Fressstände können diese Probleme etwasabmildern. Damit die Pferde „ihren“ Fress-stand nicht vorzeitig verlassen, sollten dieFressstände während der Fütterungszeit ver-schlossen sein. Das Öffnen nach einer gewis-sen Zeitdauert erfordert jedoch einen organi-satorischen Mehraufwand. Zudem müsstendie Pferde mehrere Stunden täglich in denFressständern eingesperrt werden, schließlichkauen die Vierbeiner an einem KilogrammHeu etwa 45 bis 60 Minuten. Den Pferdenwird dadurch auch die Möglichkeit genom-men, sich während der Futteraufnahme zubewegen, wie es bei einer naturnahen Fütte-rung der Fall wäre.

Bei computergestützten Fütterungs-systemen können die Fütterungsintervalle soeingestellt werden, dass keine zu langenFresspausen entstehen (ideal sind maximalvier Stunden). Entweder erfolgt die Zuteilungvon Heu zeitgesteuert, das heißt die Heuraufewird nur während gewisser Zeitfenster„geöff-net“. Der wesentliche Vorteil dieses Systemsist, dass die Pferde gemeinsam fressen kön-nen. Sind sie aber in der Fütterungszeit nichtda, entgeht ihnen diese Portion. Zudem istkeine individuelle Zuteilung gewährleistet.Diese Nachteile können durch einen soge-nannten Heuraum abgemildert werden. Zudiesem haben nur die Pferde eine Zutrittsbe-rechtigung, die Heu ad libitum fressen dürfen.Solche Selektionsstationen lassen sich auchfür die Zugangsberechtigung für Silage oderfür die Weide einsetzen.

Gruppenhaltung erschwertbedarfsgerechte Fütterung

Individuelle Heuzuteilung

Transponder nicht immer unproblematischKennzeichnungschips können leider nicht für die Identifizierung an Futterautomatengenutzt werden. Mark Lemm von der Firma Hinrichs Innovation & Technik GmbH erklärt:„Generell wäre es möglich, einen zweiten Chip für die Fütterung zu injizieren, wir ratenjedoch davon ab.“ Zumal ein derartiges „Doppelchippen“ laut Lemm sich in einerrechtlichen Grauzone befinde. Da ein Fütterungschip „recht groß ist“ rät derstellvertretende Geschäftsführer dazu, den „Transponder am Halsband zu tragen“.Bedenken, dass die Kennzeichnungschips die Futteranlage stören könnten sind aberunbegründet:„Die Chips, die für die Kennzeichnung der Pferde genutzt werden, haben einesehr kleine Reichweite und sind recht schwach“ so Lemm.

Auf einen Blick:Das muss bei Abrufstationen beachtet werden

Platzierung an einem geeigneten Ort, bei Gruppenhaltung muss ein störungsfreiesFressen gewährleistet seinRau- und Kraftfutterstationen sollten räumlich getrennt liegenbei Raufutterabrufstationen sind zusätzliche, frei zugängliche Raufen notwendigDer Futterstand muss so konzipiert sein, dass Verletzungen der Pferde vermiedenwerden (keine scharfen Kanten, Schutz vor den Bissen anderer Pferde,Eingangsperren, einseitig zu öffnende Ausgangstore, Ausweichmöglichkeiten, usw.)rechtzeitiges Auffüllen der Vorratsbehältertägliche Kontrolle, ob jedes Pferd seine zugeteilte Ration auch abgerufen hattäglich mindestens einmal Sichtkontrolle der Pferde durch eine fachkundige Person

Foto: Morell

Vorsicht: Für manche Pferde ist Stroh ad libitum nicht geeignet, Verstopfungskoliken drohen!

Page 12: TGA Pferd 4-2017 A4 - tierarzt-nebe.de 4-2017.pdf · Die akute Gelenkerkrankung (Arthritis) kannbeieinernichtoptimalenodermangeln-den Behandlung schnell zu einer chronischen Gelenkerkrankung(Arthrose)führen

Eine weitere Möglichkeit sind Abruf-stationen: Die Intervalle der Futter-uteilungsowie die Menge werden individuell festgelegt.Abrufstationen können so in Offenstall-anlagen integriert werden, dass die Pferdejedes Mal in einer „Einbahnstraße“ zurücklaufen müssen und so ein zusätzlicher Bewe-gungsanreiz geschaffen wird. Der Betriebs-leiter kann die abgerufenen Fütterungsmen-gen genau überwachen und somit eventuelleGesundheitsprobleme erkennen.

Für die Haltung in Einzelboxen kommenin der Regel zeitgesteuerte Computer-Fütte-rungssysteme für Heu und Kraftfutter zumEinsatz. Die automatische Fütterung vonKraft- und Mineralfutter in Offenstallanlagenerfolgt über Abrufstationen. Da Kraftfuttergrundsätzlich nur in kleinen Mengen undmöglichst über den Tag verteilt gefüttert wer-den sollte, ist die computergestützte Fütterunghier klar imVorteil.

Ein weiteres Plus für den Pferdebesitzer:Das Pferd ist jederzeit für das Training verfüg-bar, da es immer nur kleine Mengen gefressenhat. Allerdings kommt es in der Praxis auchimmer wieder zu Schwierigkeiten. So gibt esPferde, die gerne in den Abrufstationen „par-ken“ und diese so für andere Pferde versper-ren. Technische Verbesserungen wie zumBeispiel eine Austreibhilfe können dieses

Kraftfutter in vielen kleinenRationen

Problem abmildern. Für die Identifizierungder einzelnen Pferde kommen spezielleTransponder zum Einsatz. Diese werden ent-weder vom Tierarzt in den Halsmuskel inji-ziert, in die Mähne eingeflochten oder amHalfter beziehungsweise Halsring befestigt.Für Letzteres sollten nur spezielle Sicherheits-Halfter oder Sicherheits-Halsringe verwendetwerden, um Unfälle zu vermeiden. Auch dasEinflechten in die Mähne ist nicht ungefähr-lich, beim Festhängen können große Haar-büschel ausgerissen werden.

Die Gewöhnung der Pferde an ein com-putergestütztes Fütterungssystem erfordertetwas Geduld und Fingerspitzengefühl.Vereinzelt lassen sich Pferde von den Auto-maten gar nicht überzeugen, für diese kommtdann nur die individuelle Fütterung „vonHand“ in Betracht. Bei Offenstallanlagenbedeutet das allerdings einen erhöhten Zeit-aufwand. Experten wie Margit Zeitler-Feicht,Verhaltensforscherin am WissenszentrumWeihenstephan für Ernährung, Landnutzungund Umwelt der Technischen UniversitätMünchen, fordern bei ausschließlicherFütterung durch Abrufstationen zusätzliche,von jedem Pferd frei zugängliche Heu- oderStrohraufen. Allerdings muss bei Strohfütte-rung auf das Risiko von Verstopfungskolikengeachtet werden – mehr als 0,5 KilogrammStroh pro Kilogramm Körpergewicht täglichsollten es nicht sein.

Gewohnheitssache

Doch gerade Pferde, die sehr gierig fressenoder „auf Diät“ sind, verschlingen zurVerfügung stehendes Stroh regelrecht. Wieviel Stroh oder Heu das einzelne Pferd bei freizugänglichen Raufen frisst, kann jedoch nichtkontrolliert werden.

Computergesteuerte Fütterungssystemekönnen den Arbeitsalltag und zugleich einepferdegerechte Fütterung erleichtern. Ob einsolches System – und wenn ja welches – zumBetrieb passt, ist individuell verschieden undsollte sorgfältig abgewogen werden.

Für Pensionsbetriebe wichtig bei derEntscheidungsfindung: Die Überprüfung derAkzeptanz unter den Einstellern. Auch einBlick auf die Kosten lohnt sich: LautLandwirtschaftskammer Nordrhein-West-falen muss für eine Abrufstation für 30 Pferdemit etwa 13.300 €, für einen Heudosierer mitetwa 12.200 € gerechnet werden. Es empfiehltsich in jedem Fall, mehrere Angebote von ver-schiedenen Herstellern zu vergleichen.Wichtig: Die Computerfütterung ersetzt nie-mals die tägliche Sichtkontrolle des Gesund-heitszustandes aller Pferde.

Sven und Peggy Morell, Pferde-Fachjournalisten

Kosten und Nutzen indivi-duell abwägen

ImpressumHerausgeberVetM GmbH & Co. KG

26871 PapenburgTel: 0 49 61 - 9 82 88 - 17Fax: 0 49 61 - 9 82 88 - 26E-Mail : [email protected]

Friederikenstraße 11

RedaktionVetM GmbH & Co. KGDr. Heike EngelsLangenkamp 228857 SykeTel.: +49 [email protected]

RealisationVetM GmbH & Co. KGFriederikenstraße 1126871 PapenburgTel: 0 49 61 - 9 82 88 - 17Fax: 0 49 61 - 9 82 88 - 26E-Mail : [email protected]

ISSN 1867-3988

Impressum

TIERGESUNDHEIT12aktuell PFERD

Die Pferdeerkennung erfolgt mittels Transponder, der zum Beispiel an einem Halsring befestigtwerden kann.

Foto

: Mor

ell

Titelfoto: Kseniya A

bramova – fotolia.de