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E. Genth The Bone and Joint Decade 2000–2010 – zur Verhu ¨tung und Behandlung muskuloskelettaler Krankheiten Z Rheumatol 58:331–332 (1999) © Steinkopff Verlag 1999 EDITORIAL ZfRh 194 Prof. Dr. E. Genth ( ) Rheumaklinik und Rheumaforschungsinstitut Burtscheider Markt 24 52066 Aachen Die wachsende Bedeutung von Ge- lenk- und Knochenkrankheiten fu ¨r die immer a ¨lter werdenden Betroffe- nen und fu ¨r die Gesellschaft sowie das Bewußtsein, daß die vorhande- nen Ressourcen besser genutzt wer- den mu ¨ssen, fu ¨hrte zur Organisation eines internationalen Konsensustref- fens, das im April 1998 in Lund (Schweden) stattfand (1). Die Teil- nehmer kamen u ¨berein, eine Kam- pagne nach dem Vorbild der „Brain Decade“ zu starten, um die musku- loskelettalen Erkrankungen sta ¨rker in das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu bringen. Die in diesem Jahr auslau- fende „Brain Decade“ hat zahlreiche internationale Initiativen wie zum Beispiel die Einrichtung von Stroke Units auf den Weg gebracht zur Verbesserungder Versorgung ver- schiedenartiger zerebraler Erkran- kungen. Die Bone and Joint Decade 2000 bis 2010 ist eine weltweite Öffent- lichkeitskampagne fu ¨r muskuloske- lettale Erkrankungen wie Gelenk- krankheiten, Wirbelsa ¨ulenkrankhei- ten, Osteoporose, schwere Verlet- zungen der Extremita ¨ten und rheu- matische Erkrankungen bei Kindern. Gelenkkrankheiten betreffen mehr als die Ha ¨lfte aller chronischen Leiden bei Personen u ¨ber 65 Jahre. Ru ¨cken- und Kreuzschmerzen sind die zweitha ¨ufigste Ursache fu ¨r Arbeitsunfa ¨higkeit. In den letzten 10 Jahren hat sich die Rate von Frakturen durch Osteoporose verdoppelt. Es wird gescha ¨tzt, daß 40% aller Frauen u ¨ber 50 Jahre eine osteoporoti- sche Fraktur erleiden werden. Schwere Verletzungen durch Ver- kehrsunfa ¨lle und Kriege verursa- chen eine große Nachfrage nach therapeutischen und rehabilitati- ven Maßnahmen. Es wird erwar- tet, daß in den Entwicklungsla ¨n- dern im Jahre 2010 25% der Ge- sundheitsausgaben fu ¨r posttrau- matische Behandlungen aufge- wendet werden mu ¨ssen. Krankheiten mit erheblichen funktionellen Behinderungen und Deformita ¨ten werden auch weiter- hin die normale Entwicklung vie- ler Kinder beeintra ¨chtigen. Die Zielsetzungen der Bone and Joint Decade 2000–2010 wurden in einem Konsensusdokument vero ¨ f- fentlicht (2): Die Bone and Joint Decade will das Bewußtsein fu ¨r die wachsende Krankheitslast von mus- kuloskelettalen Erkrankungen in der Gesellschaft sta ¨rken, Patienten un- terstu ¨tzen, an ihrer eigenen Versor- gung teilzunehmen, kosten- und nut- zeneffektive Pra ¨vention und Be- handlung fo ¨rdern und das Versta ¨nd- nis muskuloskelettaler Erkrankungen durch Forschung zur Verbesserung von Pra ¨vention und Behandlung fo ¨r- dern. Hierzu sind in dem Konsen- susdokument zu den einzelnen Schwerpunkten die zuku ¨nftigen Per- spektiven, konkrete Empfehlungen und spezifische Ziele aufgefu ¨hrt. Im besonderen wird auf die Bedeutung der Aus-, Fort- und Weiterbildung hingewiesen (4). Die Ausbildung fu ¨r Ärzte und Assistenzberufe ist im Bereich der muskuloskelettalen Krankheiten oft unzureichend. Die Internationale League against Rheu- matism (ILAR) will mit ihrem Un- dergraduate Medical Education Pro- gramm (ILAR-UMER-2000; (3)) die diesbezu ¨glichen Aktivita ¨ten der Bone and Joint Decade unterstu ¨tzen. Die Aktivita ¨ten der Bone and Joint Decade 2000–2010 werden auf internationaler und nationaler Ebene koordiniert. Eine Deutsche Liga wurde am 19. Mai 1999 gegru ¨ndet. Die Koordination der Aktivita ¨ten in Deutschland wird von Prof. Wolf- hart Puhl und Herrn Dr. med. Drein- ho ¨fer, Ulm, durchgefu ¨hrt. Die Deut- sche Gesellschaft fu ¨r Rheumatologie ist der Liga beigetreten und will mit eigenen Aktivita ¨ten zum Gelingen der Bone and Joint Decade beitra- gen. Zur Deutschen Liga geho ¨ren auch die Deutsche Gesellschaft fu ¨r Orthopa ¨die und Traumatologie, die Deutsche Gesellschaft fu ¨r Sozialme- dizin und Pra ¨vention, die Deutsche

The Bone and Joint Decade 2000–2010 – zur Verhütung und Behandlung muskuloskelettaler Krankheiten

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Page 1: The Bone and Joint Decade 2000–2010 – zur Verhütung und Behandlung muskuloskelettaler Krankheiten

E. Genth The Bone and Joint Decade 2000±2010 ±zur VerhuÈtung und Behandlung muskuloskelettalerKrankheiten

Z Rheumatol 58:331–332 (1999)© Steinkopff Verlag 1999 EDITORIAL

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h194

Prof. Dr. E. Genth (✉)Rheumaklinik und RheumaforschungsinstitutBurtscheider Markt 2452066 Aachen

Die wachsende Bedeutung von Ge-lenk- und Knochenkrankheiten fu¨rdie immer alter werdenden Betroffe-nen und fu¨r die Gesellschaft sowiedas Bewußtsein, daß die vorhande-nen Ressourcen besser genutzt wer-den mussen, fu¨hrte zur Organisationeines internationalen Konsensustref-fens, das im April 1998 in Lund(Schweden) stattfand (1). Die Teil-nehmer kamen u¨berein, eine Kam-pagne nach dem Vorbild der „BrainDecade“ zu starten, um die musku-loskelettalen Erkrankungen sta¨rker indas Bewußtsein der Öffentlichkeit zubringen. Die in diesem Jahr auslau-fende „Brain Decade“ hat zahlreicheinternationale Initiativen wie zumBeispiel die Einrichtung von StrokeUnits auf den Weg gebracht zurVerbesserung der Versorgung ver-schiedenartiger zerebraler Erkran-kungen.

Die Bone and Joint Decade 2000bis 2010 ist eine weltweite Öffent-lichkeitskampagne fu¨r muskuloske-lettale Erkrankungen wie Gelenk-krankheiten, Wirbelsa¨ulenkrankhei-ten, Osteoporose, schwere Verlet-zungen der Extremita¨ten und rheu-matische Erkrankungen bei Kindern.

• Gelenkkrankheiten betreffen mehrals die Halfte aller chronischenLeiden bei Personen u¨ber 65 Jahre.

• Rucken- und Kreuzschmerzensind die zweitha¨ufigste Ursachefur Arbeitsunfahigkeit.

• In den letzten 10 Jahren hat sichdie Rate von Frakturen durchOsteoporose verdoppelt. Es wirdgescha¨tzt, daß 40% aller Frauenuber 50 Jahre eine osteoporoti-sche Fraktur erleiden werden.

• Schwere Verletzungen durch Ver-kehrsunfa¨lle und Kriege verursa-chen eine große Nachfrage nachtherapeutischen und rehabilitati-ven Maßnahmen. Es wird erwar-tet, daß in den Entwicklungsla¨n-dern im Jahre 2010 25% der Ge-sundheitsausgaben fu¨r posttrau-matische Behandlungen aufge-wendet werden mu¨ssen.

• Krankheiten mit erheblichenfunktionellen Behinderungen undDeformitaten werden auch weiter-hin die normale Entwicklung vie-ler Kinder beeintra¨chtigen.

Die Zielsetzungen der Bone andJoint Decade 2000–2010 wurden ineinem Konsensusdokument vero¨f-fentlicht (2): Die Bone and JointDecade will das Bewußtsein fu¨r diewachsende Krankheitslast von mus-kuloskelettalen Erkrankungen in derGesellschaft sta¨rken, Patienten un-terstutzen, an ihrer eigenen Versor-gung teilzunehmen, kosten- und nut-zeneffektive Pra¨vention und Be-

handlung fo¨rdern und das Versta¨nd-nis muskuloskelettaler Erkrankungendurch Forschung zur Verbesserungvon Pravention und Behandlung fo¨r-dern. Hierzu sind in dem Konsen-susdokument zu den einzelnenSchwerpunkten die zuku¨nftigen Per-spektiven, konkrete Empfehlungenund spezifische Ziele aufgefu¨hrt. Imbesonderen wird auf die Bedeutungder Aus-, Fort- und Weiterbildunghingewiesen (4). Die Ausbildung fu¨rÄrzte und Assistenzberufe ist imBereich der muskuloskelettalenKrankheiten oft unzureichend. DieInternationale League against Rheu-matism (ILAR) will mit ihrem Un-dergraduate Medical Education Pro-gramm (ILAR-UMER-2000; (3)) diediesbezu¨glichen Aktivitaten derBone and Joint Decade unterstu¨tzen.

Die Aktivitaten der Bone andJoint Decade 2000–2010 werden aufinternationaler und nationaler Ebenekoordiniert. Eine Deutsche Ligawurde am 19. Mai 1999 gegru¨ndet.Die Koordination der Aktivita¨ten inDeutschland wird von Prof. Wolf-hart Puhl und Herrn Dr. med. Drein-hofer, Ulm, durchgefu¨hrt. Die Deut-sche Gesellschaft fu¨r Rheumatologieist der Liga beigetreten und will miteigenen Aktivita¨ten zum Gelingender Bone and Joint Decade beitra-gen. Zur Deutschen Liga geho¨renauch die Deutsche Gesellschaft fu¨rOrthopadie und Traumatologie, dieDeutsche Gesellschaft fu¨r Sozialme-dizin und Pra¨vention, die Deutsche

Page 2: The Bone and Joint Decade 2000–2010 – zur Verhütung und Behandlung muskuloskelettaler Krankheiten

332 Zeitschrift fur Rheumatologie,Band58, Heft 6 (1999)© Steinkopff Verlag1999

Gesellschaftfur Unfallchirurgie, dieDeutscheGesellschaftfur Osteolo-gie, die DeutscheArbeitsgemein-schaftOsteoporose(DAGO), dieDeutscheRheuma-Liga(Bundes-verband)und andere.

In einerPraambelsollendie Auf-gabenund Ziele der DeutschenLigafestgelegtwerden.Es wird ange-strebt,daßdie jeweiligenRegierun-

genund Ministerien der Aktion bei-tretenund daßdie WHO dasPatro-nat ubernimmt.Im Januar2000istin Genfein WHO-WorkshopzumThema„The burdenof musculosce-letal disorders“geplant,der einenÜberblick uber die Epidemiologieder wichtigstenmuskuloskelettalenErkrankungenin denverschiedenenLanderngebensoll.

Die BoneandJoint Decade2000–2010ist einewichtige interna-tionaleInitiative, welchedie Chanceeroffnet, durchMobilisierungvonRessourcenfur die Patientenversor-gungund die Erforschungmuskulo-skelettalerKrankheitenzu einerVerbesserungder Situationder Be-troffenenzu fuhren.Wir solltendieChancenachKraften nutzen.

Literatur

1. The boneand joint decade2000–2010forpreventionandtreatmentof musculoscele-tal disorders.Lung, Schweden,April 17–18, 1998. Proceedings. Acta OrthopScandSuppl281:1–86

2. Bjorklund L (1998) The Bone and JointDecade2000-2010.Inauguralmeeting17and 18 April 1998, Lund, Sweden.ActaOrthopScandSuppl281:67–80

3. DequekerJ, RaskerH (1998)High preva-lenceand impactof rheumaticdiseasesisnot reflected in the medical curriculum:the ILAR UndergraduateMedical Educa-tion in Rheumatology(UMER) 2000 pro-ject. Togethereverybody achievesmore.InternationalLeague of AssociationsforRheumatology[editorial] [seecomments].J Rheumatol25:1037–1040

4. RaskerJJ, DequekerJ (1998) The ties ofILAR and WHO. Acta Orthop ScandSuppl281:63–64