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Universität Trier Sommersemester 2004 Fachbereich IV: Volkswirtschaftslehre Oberseminar: Räumliche Auswirkungen des demographischen Wandels Leitung: Prof. Dr. Harald Spehl; Dipl. Geogr. Michaela Gensheimer Thema: Auswirkungen des demographischen Wandels auf Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland Julia Freunscht Wilmowskystr.1, 54295 Trier Tel.: 0651/9947777 e-mail: [email protected] Studiengang: Fremdenverkehrsgeographie 9.Fachsemester Matr.Nr.: 627987 Hausarbeit vorgelegt am 30.07.04

Thema: Auswirkungen des demographischen Wandels … · Suburbanisierungsprozesse, d.h. Umlandwanderungen, beschleunigt durch vielfältige ... Schrumpfungsprozess, welcher vorwiegend

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Universität Trier Sommersemester 2004 Fachbereich IV: Volkswirtschaftslehre Oberseminar: Räumliche Auswirkungen des demographischen Wandels Leitung: Prof. Dr. Harald Spehl; Dipl. Geogr. Michaela Gensheimer

Thema: Auswirkungen des demographischen Wandels auf

Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland Julia Freunscht Wilmowskystr.1, 54295 Trier Tel.: 0651/9947777 e-mail: [email protected]: Fremdenverkehrsgeographie 9.Fachsemester Matr.Nr.: 627987 Hausarbeit vorgelegt am 30.07.04

0 Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung S. 1

2 Hauptteil S. 2

2.1 Entstehung und Entwicklung der Großwohnsiedlungen in Ostdeutschland

bis zur Wende S. 2

2.2 Entwicklung der ostdeutschen Städte nach der Wende –

(demographischer) Schrumpfungsprozess S. 3

2.3 Folgen des Schrumpfungsprozesses für die Großwohnsiedlungen S. 5

2.4 Ansatzsuche zur Eindämmung des Leerstandproblems S. 7

2.5 Konkrete Lösungsansätze zur Eindämmung des Leerstandes in

Großwohnsiedlungen – „Stadtumbau Ost“ S. 9

2.6 Entwicklungsstrategien am Beispiel zweier Großwohnsiedlungen S.12

2.6.1 Großwohnsiedlung „Grünau“ S.13

2.6.2 Großwohnsiedlung „Am Waldrand“ S.14

3 Fazit S.16

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Leerstandsentwicklung von 1995 bis 2001 S. 6

Abbildung 2: Spirale des Niedergangs S. 8

Abbildung 3: Rückbaumaßnahmen in einer Großwohnsiedlung S.10

Abbildung 4: Die Spirale umkehren S.12

Abbildung 5: Großwohnsiedlung Grünau vor dem Umbau S.13

Abbildung 6: Großwohnsiedlung Grünau nach dem Umbau S.14

Abbildung 7: Abriss eines Plattenbaus in Schwedt S.15

Abbildung 8: Großwohnsiedlung „Am Waldrand“ nach dem Umbau S.15

1 Einleitung Deutschlands Städte verändern ständig ihre Strukturen auf zweierlei Art und Weise: zum

einen durch räumliche Ausweitung ins Umland, verbunden mit der Umwandlung von

weiteren Freiflächen in Siedlungsflächen und zum anderen durch Erneuerung und Umbau.

Stadtentwicklung kann dem zu folge als ein kontinuierlicher, zyklischer Prozess angesehen

werden. Insbesondere die ostdeutschen Städte waren im letzten Jahrhundert von einem

ständigen Wandel geprägt, welcher die Stadtstrukturen im Laufe von Jahrzehnten veränderte

und gegen Ende des 20.Jahrhunderts gravierende Folgen für die ostdeutsche Wirtschaft und

Wohnungsgesellschaft hervorrief. Von diesem Umschichtungsprozess sind vor allem die zu

DDR-Zeiten entstandenen Großwohnsiedlungen betroffen. Im Laufe der vorliegenden Arbeit

wird diese Entwicklung deutlich, welche von vielen Einzelschritten geprägt ist und zu dem

heutigen Bild ostdeutscher Städte beitrug

(vgl. Gatzweiler Hans-Peter, Meyer Karin, Milbert Antonia 2003, S.557).

Im ersten Schritt der Hausarbeit wird auf die Entwicklung der Großwohnsiedungen bis zur

Wiedervereinigung eingegangen, welche von Wachstum geprägt war als Folge der

Herausbildung der modernen (Industrie-)Stadt. Aufgrund der massenhaften Zuwanderung von

neuen Einwohnern und Industrien dehnten sich die Städte sehr schnell weit über ihre

ursprünglichen Stadtgrenzen aus, um dem wachsenden Flächenbedarf gerecht zu werden.

Diese Ausdehnung erfolgte vor allem in Ostdeutschland durch den Bau von gewaltigen

Großwohnsiedlungen am Rande der Städte. Mittlerweile hat sich jedoch ein fundamentaler

Wechsel in der Stadtentwicklung vollzogen: nach der Wende entstand das neue Phänomen der

Stadtschrumpfung und entwickelte sich zu einer fast unüberwindbar scheinenden

Herausforderung für die ostdeutschen Städte. Das Ursachenbündel für diese neue Form der

Stadtentwicklung wird auch in der Hausarbeit wiedergegeben. Die Folgen, welche sich aus

der Schrumpfung ergeben, sind gerade in den ostdeutschen Problemgebieten, den

Großwohnsiedlungen gravierend. Das Schlagwort in diesem Zusammenhang lautet:

„Leerstand“ und wird im weiteren Verlauf der Hausarbeit am Beispiel der

Großwohnsiedlungen näher beleuchtet. Bis heute fehlen passende Instrumente und

Problemlösungsmuster, um erfolgreich mit diesem dramatischen Problem umzugehen. Jedoch

gibt es seit einigen Jahren Lösungsansätze in Form von Stadtentwicklungskonzepten, die zum

Teil Licht ins Dunkel bringen. Allerdings wird sich heute noch nicht herausstellen, in

welchem Umfang man hier von erfolgsversprechenden Strategien sprechen kann. Diese

Strategien werden am Ende der Hausarbeit an zwei Beispiel-Großwohnsiedlungen angewandt.

1

2 Hauptteil

2.1 Entstehung und Entwicklung der Großwohnsiedlungen in

Ostdeutschland bis zur Wende

Seit Beginn des 19.Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung war die Entwicklung der

Städte durch stetiges Wachstum gekennzeichnet, welches sich bis Mitte der sechziger Jahre

des letzten Jahrhunderts fortsetzte. Deutschland verkörperte das Bild einer wirtschaftlich

prosperierenden und sozial ausgeglichenen Gesellschaft

(vgl. Gatzweiler Hans-Peter, Meyer Katrin, Milbert Antonia 2003, S.557).

In Ostdeutschland zeichnete sich vor allem ab Mitte der fünfziger Jahre eine neue Phase des

Städtebaus ab. Man strebte eine Ökonomisierung des Bauens durch Industrialisierung an.

Dieses Phänomen machte sich in der Entstehung von weiträumig gruppierten, zeilenförmig

angeordneten Wohnkomplexen bemerkbar, welche sich zumeist am Rande der Städte

befanden. Fortan galt der industriell vorgefertigte Plattenbau, welcher von der Planwirtschaft

der DDR in hohem Ausmaß vorangetrieben wurde als räumliches Kennzeichen des

sozialistischen Lebensstils. Insbesondere in den fünfziger Jahren, als viele Wohnungen noch

vom Krieg zerstört waren, war diese Strategie sehr erfolgreich, um der steigenden

Wohnraumknappheit, welche sich bis Ende der sechziger Jahre vollzog durch rasche

Kapazitätenerweiterung entgegenzuwirken.

Außerdem bestand damals bei der kommunistischen Parteiführung noch kein Interesse zur

Erhaltung und Sanierung der vielfach noch in Privatbesitz befindlichen Gründerzeitbauten in

den Innenstädten, welche größtenteils durch Verfall und schlechte Ausstattung

gekennzeichnet waren.

Erst in den achtziger Jahren, als der Neubau kaum noch in der Lage war, die durch

Unbewohnbarkeit entstandenen Abgänge zu ersetzen, wurden schließlich auch für die

Bestandspflege Mittel zur Verfügung gestellt

(vgl. Reichert Thomas 2001, S.44-45).

In den Jahren davor allerdings galt die Neubauwohnung als zwangsläufig

sozialschichtenübergreifendes Ziel, welches man sich nur durch den Einzug in eine der

Großsiedlungen erfüllen konnte. Zu DDR-Zeiten bestand eine starke Nachfrage nach dieser

Wohnungsform, da in der Regel eine Verbesserung der Wohnbedingungen garantiert war.

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Im Jahre 1973 wurde ein Wohnungsbauprogramm ins Leben gerufen. In vielen ostdeutschen

Städten entstanden Großwohnsiedlungen beeindruckenden Ausmaßes in Form von

konsequenter Vereinfachung der industriellen Baureihen und hoher Verdichtung. Das neue

Leitbild „Kompakte Stadt“ wurde von nun an verfolgt. Bis 1990 wurden nach dieser Strategie

70 Großsiedlungen mit mehr als 5000 Einwohnern errichtet

(vgl. http://geogate.geographie.uni-marburg.de, 24.07.04).

Die Großwohnsiedlungen, welche vor allem in den siebziger und achtziger Jahren erbaut

wurden, zeichnen sich insbesondere durch eine außerordentliche Größe, einen sehr hohen

Verdichtungsgrad, bauliche Monotonie und eine periphere Lage aus. Sie wurden in einem

relativ kurzen Zeitraum errichtet und der Wohnungsneubau wurde auf Kosten der

Gemeinschafts- und Versorgungseinrichtungen vorangetrieben

(vgl. Harth Annette, Herlyn Ulfert, Scheller Gitta 1998, S.214).

2.2 Entwicklung der ostdeutschen Städte nach der Wende –

(demographischer) Schrumpfungsprozess

Bereits in den siebziger Jahren kam es drastische strukturelle Veränderungen in

Ostdeutschland. Die Rahmenbedingungen für die Stadtentwicklung änderten sich wesentlich,

bedingt durch den einsetzenden wirtschaftsstrukturellen und demographischen Wandel, der zu

anhaltenden Arbeitsplatz- und Bevölkerungsverlusten führte. Ab diesem Zeitpunkt galt es,

sich von der Wachstumseuphorie vergangener Jahrzehnte zu verabschieden.

Nach der Wende hat sich das Bild komplett verschoben. Es kristallisierte sich ein

tiefgreifender Strukturwandel heraus, welcher sich vor allem in den ostdeutschen Städten

vollzogen hat. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig.

Nach der Wiedervereinigung wurde die ostdeutsche Planwirtschaft in die Marktwirtschaft

transformiert und dies führte Ende der neunziger Jahre zu einem massiven wirtschaftlichen

Abbau, hoher Arbeitslosigkeit und infolgedessen zu anhaltender Abwanderung.

Einhergehend mit der Privatisierung der staatseigenen Betriebe und der Liberalisierung der

Märkte brach die industrielle Basis in Ostdeutschland innerhalb weniger Jahre völlig

zusammen. Der verstärkte Arbeitsplatzabbau im verarbeitenden Gewerbe wurde durch einen

parallel verlaufenden umfassenden Stellenabbau in der Land- und Forstwirtschaft,

Verwaltung und im Militär noch angetrieben.

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Des weiteren führte der demographische Wandel zu einem gravierenden Geburtenrückgang in

Verbindung mit Überalterung

(vgl. Glock Birgit 2002, S.4-5).

Der Sterbeüberschuss in Ostdeutschland beträgt seit 1990 bereits mehr als 700.000 Menschen.

Darüber hinaus spielen anhaltende Binnenwanderungs- und Suburbanisierungsprozesse eine

entscheidende Rolle, welche auch zum Strukturwandel in Ostdeutschland beitrugen. Es kam

zu verstärkten überregionalen Abwanderungen von vor allem jungen, dynamischen

Arbeitnehmerhaushalten beziehungsweise Einzelpersonen in wirtschaftlich stabile Regionen

Westdeutschlands. Im Zeitraum zwischen 1991 und 1997 hatten die neuen Länder einen

Verlust von rund 462.000 Menschen durch Abwanderung in den Westen zu beklagen.

Erschwert wird die Situation in zahlreichen ostdeutschen Städten durch erhebliche

Suburbanisierungsprozesse, d.h. Umlandwanderungen, beschleunigt durch vielfältige

Fördermaßnahmen und Steuervergünstigungen. Das Umland war schneller in der Lage als die

Städte, auf die große bzw. im neuen gesellschaftlichen Kontext aufkommende Nachfrage nach

günstigem Bauland im eigentumsorientierten Wohnungsmarktbereich (vor allem Ein- und

Zweifamilienhäuser) zu reagieren.

All diese genannten Faktoren gelten als Voraussetzungen für den gefürchteten massiven

Schrumpfungsprozess, welcher vorwiegend in Großstädten der neuen Länder (z.B. Leipzig,

Halle, Magdeburg) in Erscheinung trat, der sich aber auch in besonderer Schärfe in den

industriell geprägten Siedlungsschwerpunkten der DDR wie Hoyerswerda, Schwedt oder

Eisenhüttenstadt vollzog. Es sind aber auch die Klein- und Mittelstädte, welche stark unter der

Schrumpfung leiden.

Schrumpfung kann demnach als Ergebnis einer Kombination aus natürlicher

Bevölkerungsabnahme und großräumigen Wanderungsverlusten gesehen werden und stellt in

erster Linie ein ostdeutsches Problem dar, welches kaum aufzuhalten ist und gravierende

Konsequenzen vor allem für die Entwicklung der Großwohnsiedlungen mit sich bringt

(vgl. Haller Christoph, Liebmann Heike 2002, S.35-37).

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2.3 Folgen des Schrumpfungsprozesses für die Großwohnsiedlungen

Durch den Schrumpfungsprozess war das dramatische Leerstandsproblem, welches vor allem

in Groß- und Mittelstädten (z.B. Leipzig, Magdeburg, Chemnitz, Gera, Zwickau,

Brandenburg) vorprogrammiert. Neben den oben genannten Ursachen für den Leerstand in

den neuen Bundesländern (wirtschaftliche Strukturschwäche, Abwanderung,

Geburtenrückgang) gilt die gewaltige Ausdehnung des Wohnungsangebotes als wesentliche

Ursache des zunehmenden Wohnungsleerstandes. Sie ist die Folge der auf Mengenexpansion

ausgerichteten Politik der alten Bundesregierung, welche es Mitte der neunziger Jahre trotz

der sich entwickelnden Leerstände versäumt hat, die Förderung neuer Mietwohnungen

rechtzeitig zurückzuschrauben.

Zwischen 1990 und 1999 wurden in den neuen Bundesländern rund 300.000 Ein- und

Zweifamilienhäuser, rund 350.000 neue Wohnungen im Geschosswohnungsbau und rund

80.000 neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden (z.B. Dachausbau) errichtet. Des weiteren

sind die statistisch nicht erfassten Instandsetzungen früher unbewohnbarer Altbauwohnungen

(ca. 200.000) zu erwähnen und außerdem die über 100.000 Wohnungen, welche die

abziehenden sowjetischen Streitkräfte und die Nationale Volksarmee hinterlassen haben

(vgl. Nagel Ralf, Preibisch Wolfgang 2001, S.540-541).

Durch die stetige Neubautätigkeit bis Ende der neunziger Jahre und die einsetzende Sanierung

und Aufwertung der ehemals vernachlässigten Gründerzeitviertel in der Innenstadt

entwickelte sich nun ein Gegentrend und vor allem die großen Plattenbaugebiete in den

städtischen Randbereichen hatten mit starken Einwohnerverlusten und somit drastischen

Wohnungsleerständen zu kämpfen.

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Abbildung 1: Leerstandsentwicklung von 1995 bis 2001

Quelle: Röding Anja, Veith Karin 2003, S.662

Die zunehmend gravierende Leerstandsproblematik in den Plattenbaubeständen speist sich

unter anderem aus ihren normierten Wohnungsangeboten und daher geringeren Attraktivität

für Zuziehende als bei den zunehmend sanierten Altbauquartieren.

Seit Beginn der neunziger Jahre setzten zudem selektive Mobilitätsprozesse ein. Dieser

Umschichtungsprozess führte dazu, dass überproportional viele Schichthöhere und vor allem

junge Menschen die Großwohnsiedlungen verließen aufgrund von neu entstandenen

Wohngelegenheiten, hinsichtlich Größe und Zuschnitt gewandelten Wohnansprüchen,

aufgrund eines unattraktiven Wohnumfeldes und allmählich vollziehenden soziostrukturellen

Veränderungen der Bewohnerschaft. Zurück blieben die sozial Schwachen und alte

Menschen. Diese Tatsache beeinflusst maßgeblich den städtischen Segregations- und

Destabilisierungsprozess, welcher sich so langsam in Richtung Entmischung entwickeln

könnte. Insbesondere gesellschaftliche Randgruppen, wie Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger,

Spätaussiedler und Alte konzentrieren sich verstärkt in den Plattenbaugebieten

(vgl. Harth Annette, Herlyn Ulfert, Scheller Gitta 1998, S.189-196).

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Die Niedergangsprozesse in Großwohnsiedlungen werden weiterhin durch ungünstige und

benachteiligende Faktoren verstärkt: hohe bauliche Dichte, Sanierungsdefizite, starke

Frequentierung durch Durchgangsverkehr, dadurch bedingte hohe Luft- und Lärmemission,

wenige Grünflächen, fehlende Freiraumqualitäten, verfestigtes Negativimage

(vgl. Kabisch Sigrun 2001, S.121-135).

Der wachsende Leerstand lässt außerdem bei den Bewohnern das Gefühl aufkommen, in

einem niedergehenden Gebiet zu wohnen, was viele dazu veranlasst, dieses Quartier zu

verlassen. Die Konsequenz daraus zeigt sich in der Verödung und dem Verfall von Straßen

und Häusern und. Darüber hinaus gerät die städtische Infrastruktur immer mehr aus dem

Gleichgewicht, d.h. öffentliche Einrichtungen, wie z.B. Bibliotheken, Schulen oder Kitas

werden nicht mehr genügend genutzt und der öffentliche Nahverkehr zehrt aus

(vgl. Nagel Ralf, Preibisch Wolfgang 2001, S.541).

Von 1996 bis 1999 waren z.B. in Sachsen sehr hohe Neuzugänge im Leerstand in den großen

Plattenbaugebieten mit zum Teil bis fünfzehn Prozent des Bestandes zu verzeichnen. Dieser

Trend wird sich mit zunehmender Sanierung der Altbestände weiter fortsetzen.

Ende der neunziger Jahre hat die Leerstandsentwicklung schließlich dramatische Ausmaße

angenommen: ca. eine Million von sieben Millionen Wohnungen standen leer. Hierbei gelten

die Plattenbaugebiete aus der DDR-Zeit als Konzentrationspunkte für den

Wohnungsleerstand. Im Jahr 2000 standen bei einem Bestand von 2,31 Millionen Wohnungen

375.000 leer und davon ca. 90.000 Plattenbauten.

Als gravierende Folgen daraus ergeben sich Mietausfälle und ein drastisches Absinken der

Mieten, was zu einer übermäßigen Instabilität des Wohnungsmarktes führt.

Zehn Jahre nach der Wende ist nun also aus dem durch Versorgungsengpässe

gekennzeichneten „Anbietermarkt“ ein „Mietermarkt“ mit deutlichem Überangebot

geworden, welcher aus einer Kombination von Neubautätigkeit und Bevölkerungsverlusten

herrührt

(vgl. Kabisch Sigrun 2001, S.121-135 ).

2.4 Ansatzsuche zur Eindämmung des Leerstandproblems

Schon seit Jahren stellt sich die Frage, wie dem Leerstandsproblem insbesondere in

Großwohnsiedlungen effektiv entgegengewirkt werden kann. Die ostdeutsche Städtepolitik

sieht sich hier mit großen Herausforderungen konfrontiert. Da das Angebot an Wohnungen

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die Nachfrage zur Zeit in vielen Städten der neuen Bundesländer so deutlich übersteigt, führt

dies zu erheblichen Problemen. Diese Situation setzt sowohl die Kommunen als auch die

Wohnungseigentümer unter einen erheblichen Handlungsdruck. Die größte Gefahr für die

Stadtentwicklung aufgrund der gravierenden Wohnungsleerstände stellt die räumlich

unkontrollierte Auflösung des funktionalen städtebaulichen Gefüges der Städte dar.

In den letzten Jahren wurden schon viele zahlreiche Konzepte und Strategien entwickelt,

welche jedoch aufgrund von Finanzierungsproblemen nur schwer realisierbar sind.

In Zeiten knapper öffentlicher Mittel wird es demnach erforderlich sein, Methoden zu finden,

mit denen zielgerichtet die Aufmerksamkeit auf die konkreten Siedlungen gerichtet wird, die

es „nötig“ haben, und dass für diese Gebiete (insbesondere in Großwohnsiedlungen)

angemessene planerische Interventionen ausgewählt werden. Es besteht jedoch Unklarheit

darüber, für welche der großen Wohngebiete sich Problemlagen ergeben, die eine öffentliche

Unterstützung notwendig machen.

Abbildung 2: Spirale des Niedergangs

Quelle: Knorr-Siedow Thomas 1997, S.245

Anfang der achtziger Jahre wurde zur technischen Instandsetzung und infrastrukturellen

Aufbesserung das sogenannte „Gießkannenprinzip“ angewandt, um die Großwohnsiedlungen

wieder für eine durchmischte Bevölkerung attraktiv zu machen. Bei dieser Strategie wurden

jedoch nicht selten wichtige Komponenten zur Verbesserung des gesamten Wohnumfeldes

ignoriert. Es fehlte ein integriertes Gesamtkonzept zur Attraktivitätssteigerung der

Großwohnsiedlungen. Es ist wichtig, die einzelnen Faktoren zur Wohnumfeldverbesserung in

gleichem Maße zu fördern. Hierzu zählen die bauliche Komponente, Gewerbeansiedlung,

berufliche Integration und Ausbildung, Hilfen zur sozialen Selbstorganisation und ein

bewohnerorientiertes Management der Siedlungen.

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In diesem Zusammenhang ist unbedingt ein Erfahrungsaustausch in Form von Netzwerken

(Regierung, Land, Stadt, Gebiet) erforderlich, um eine Prognose der potentiellen Folgen für

das Problemgebiet zu ermöglichen. Diese Art der Koordination wurde vor mehreren Jahren

noch nicht ernsthaft genug verfolgt, was zur Folge hatte, dass städtebauliche Konzepte meist

nicht erfolgreich durchgesetzt werden konnten oder vollständig im Sand verliefen. Praktische

Beispiele hierfür wären Freiflächenprogramme ohne gesichert folgende Pflege,

Leerstandsbeseitigung durch den Einzug von „Problemmietern“, Wohnungssanierung ohne

Erfahrungen am Markt.

Seit einigen Jahren geht man jedoch auf die situativen Probleme der Großwohnsiedlungen ein,

was teilweise heute schon von Erfolg gekrönt ist und die Lage manch eines ehemaligen

Problemgebietes wesentlich verbessert hat. Hierfür sind „Integrierte

Stadtentwicklungskonzepte“ verantwortlich, welche in Ostdeutschland seit dem Jahr 2000 zu

Stabilisierungen einzelner Siedlungen beitragen und seit Ende 2001 wird die Erstellung

entsprechender Konzepte auch im Rahmen des Bundeswettbewerbes „Stadtumbau Ost“

gefördert. Mehr dazu im folgenden Kapitel

(vgl. Knorr-Siedow Thomas 1997, S.244-247).

2.5 Konkrete Lösungsansätze zur Eindämmung des Leerstandes in

Großwohnsiedlungen – “Stadtumbau Ost”

Vor einigen Jahren wurden in Ostdeutschland im nationalen Konsens dauerhafte lokale

Projekte für benachteiligte Städte und Stadtteile ins Leben gerufen, welche auf den örtlichen

Qualitäten und Defiziten basieren. Zu diesen Projekten zählen einerseits Versuche, die

Nutzungsqualität der Nachbarschaften zu erhöhen, bauliche Mängel insofern zu bearbeiten,

dass einkommen- und ausbildungssichernde Beschäftigung für die Anwohner dauerhaft

entsteht. Auf der anderen Seite werden Mängel der sozialen Verhältnisse aufgegriffen:

fehlende Pflege für Alte und Kranke, der Bedarf an neuen Dienstleistungen und sozial

integrative Kulturarbeit

(vgl. Knorr-Siedow 1997, S.249).

Die Erarbeitung dieser Konzepte wird als Gemeinschaftsaufgabe der am

Stadtentwicklungsprozess beteiligten Akteure zusammen mit den lokalen

Wohnungseigentümern angesehen. Hierbei gelten die Großwohnsiedlungen als

Schwerpunktbereiche zahlreicher Stadtentwicklungskonzepte. Vor allem in Großstädten wie

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Leipzig, Halle, Chemnitz oder Magdeburg und in DDR-Entwicklungsstädten wie z.B.

Hoyerswerda, Schwedt oder Leinefelde sollen sich Stadtumbau- und hierbei insbesondere

Stadtrückbaumaßnahmen in den kommenden Jahren auf die Großwohnsiedlungen

konzentrieren. Zum Teil sind diese schon angelaufen und haben erste Entwicklungserfolge zu

verbuchen. Allerdings geht es in der Mehrheit der Plattenbaugebiete nicht ausschließlich um

Abbau der Überkapazitäten, sondern es sollen Strategien der Schrumpfung mit

bestandsaufwertenden Maßnahmen gekoppelt werden, um hiermit die Stabilisierung der

gesamten Siedlung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang stellt sich vor allem die

Frage, in welchem Umfang eine Bestandsreduzierung von Nöten ist. Generell bieten sich

dabei zwei unterschiedliche Herangehensweisen an:

1. Disperse Auflockerung der Bebauung (geschossweiser Teilrückbau und punktueller

Abriss/Rückbau) und

2. Flächenhafter Abriss

(vgl. Liebmann Heike, Haller Christoph 2002, S. 114-115).

Die Abrissstrategie wird häufig in Großwohnsiedlungen durchgeführt, da hier somit die

Freiflächenqualität durch die Herausnahme einzelner Gebäude verbessert werden kann.

Außerdem plant man für die Nachnutzung von Abrissgrundstücken den Neubau von

Einfamilienhäusern, Doppel- bzw. Reihenhäusern, um Alternativen zum Umland zu bieten.

Die Entwicklung des Eigenheims als Bestandteil des Plattenbaugebietes gilt hier als neue

Variante von Umbauoptionen.

Abbildung 3: Rückbaumaßnahmen in einer Großwohnsiedlung

Quelle: Hunger Bernd 2003, S.652

Die Wohnungs- und Städtepolitik der Bundesregierung hat bereits im Jahr 1999 auf die

akuten Leerstandsprobleme reagiert, indem sie drei Programme zur Attraktivitätssteigerung

der Städte innerhalb von drei Jahren entwickelt hat. Im Vordergrund bei den einzelnen

Modellprojekten stehen konkrete, an den künftigen Nutzerinteressen- und bedürfnissen sowie

finanziellen Voraussetzungen ausgerichtete bauliche Wohnungsgestaltung.

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Im Jahr 1999 rief die Bundesregierung das neue Programm „Stadtteile mit besonderem

Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt“ ins Leben, welches die Stadtteile unterstützen soll, in

denen sich die sozialen, wirtschaftlichen und städtebaulichen Probleme verschärfen.

Am 1.Januar 2002 ist das neue „Wohnraumförderungsgesetz“ in Kraft getreten. Es unterstützt

noch gezielter als bisher diejenigen, die wegen geringen Einkommens, Behinderung,

Haushaltsgröße, sozialen Problemlagen oder anderer Benachteiligungen kaum in der Lage

sind, sich aus eigener Kraft am Wohnungsmarkt in angemessener Weise zu versorgen.

Darüber hinaus ist im Jahr 2003 in den neuen Ländern vor dem Hintergrund erheblicher

Wohnungsleerstände und anhaltender Einwohnerverluste ein starker Anpassungsprozess der

Städte angelaufen, welcher von einem milliardenschweren, auf zehn Jahre ausgelegten

Programm, dem „Stadtumbau Ost“ unterstützt wird. In diesem Konzept werden städtebauliche

und wohnungswirtschaftliche Belange miteinander verknüpft. An dem Wettbewerb

„Stadtumbau Ost“ haben sich im ersten Halbjahr 2002 über 200 ostdeutsche Kommunen mit

den lokal ansässigen Wohnungsunternehmen beteiligt

(vgl. Hunger Bernd 2003, S.647).

Der „Stadtumbau Ost“ hat sich zur Aufgabe gemacht, den ostdeutschen Städten wieder zu

intakten Stadtstrukturen und zu funktionierenden Wohnungsmärkten zu verhelfen. Mit dem

Programm soll die Attraktivität der Städte als Wohn- und Wirtschaftsstandort gesichert, die

Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen unterstützt und die Identität der Städte gestärkt

werden. Die Wohnungswirtschaft soll durch Rückbaumaßnahmen wieder stabilisiert werden.

Der Plan sieht vor, in den nächsten Jahren 300.000 bis 400.000 leerstehende Wohnungen

zurückzubauen.

Im Gegensatz zu den Altbauquartieren stufen die Städte die Leerstandsproblematik in den

Großwohnsiedlungen mit ihren normierten Wohnungsangeboten und daher geringeren

Attraktivität für Zuziehende als gravierender ein. Aufgrund dessen legt der „Stadtumbau Ost“

seine Priorität auf den Umbau der Plattenbaugebiete

(vgl. Röding Anja, Veith Karin 2003, S.664-665).

Der „Stadtumbau Ost“ wendet hierbei eine kombinierte Strategie aus Rückbau, Umbau und

Abriss an mit dem Slogan „Mehr Grün, mehr Wohnqualität, weniger Dichte“. Wichtig zu

erwähnen ist, dass durch die Erhöhung der Lebensqualität der Mietpreis dennoch nicht

angehoben werden soll.

Darüber hinaus sollte im Umgestaltungsprozess das Mitspracherecht der Bewohner eine sehr

hohe Bedeutung annehmen, um die Bindung an die zukünftige Wohnung zu stärken und

außerdem sollte eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden, um die

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Plattenbausiedlungen für die Zukunft ins rechte Licht zu rücken, d.h. um das bislang

vermittelte Bild von Monotonie und Tristesse zu korrigieren

(vgl. Kabisch Sigrun 2001, S.121-135 ).

Abbildung 4: Die Spirale umkehren

Quelle: Knorr-Siedow Thomas 1997, S.248)

2.6 Entwicklungsstrategien am Beispiel zweier Großwohnsiedlungen

In zahlreichen ostdeutschen Städten wurden mittlerweile Stadtumbaukonzepte entwickelt und

zum Teil erfolgreich umgesetzt.

Insbesondere der „Stadtumbau Ost“ spielt hierbei eine entscheidende Rolle zur

Wohnumfeldverbesserung von städtischen Problemgebieten, vor allem Großwohnsiedlungen.

Diese Tatsache ist auch aus den jeweiligen Entwicklungsstrategien für zwei ausgesuchte

Großwohnsiedlungen ersichtlich, welche durch Rückbau- Umbau- und Abrissmaßnahmen

erheblich an Dichte verloren und an Wohnqualität hinzugewonnen haben. Bei den beiden

Beispielen handelt es sich um das größte Platenbaugebiet Leipzigs, der Großsiedlung

„Grünau“ und um das Platenbaugebiet „Am Waldrand“ in der DDR-Entwicklungsstadt

Schwedt.

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2.6.1 Großwohnsiedlung „Grünau“

In der Großstadt Leipzig konzentriert sich der Wohnungsleerstand räumlich auf das

Plattenbaugebiet Grünau. Bis 1990 lebten in den in Grünau vorhandenen Wohnungen ca.

84.000 Menschen. Seitdem ist die Zahl kontinuierlich auf 66.500 im Jahr 1999 gesunken.

Die Leerstände, die daraus resultieren sind erheblich. Ein Ende dieses Einwohnerschwundes

ist derzeit nicht abzusehen. Heute herrscht in Grünau eine Leerstandsquote von 12 Prozent bis

16 Prozent. In einigen Teilbereichen mit einer Überlagerung unterschiedlicher ungünstiger

Bedingungen, wie sehr hohe bauliche Dichte und eine Überkonzentration kleiner

Wohnungsgrößen liegt sie sogar bei 35 Prozent. Auch der Arbeitslosenanteil ist in solchen

Gebieten mit bis zu 30 Prozent als sehr gravierend einzustufen

(vgl. Kabisch Sigrun 2001, S.121-135).

Abbildung 5: Großwohnsiedlung Grünau vor dem Umbau

Quelle: www.leipzig.de

Bereits Anfang 2000 wurde mit den ersten Abrissmaßnahmen in Grünau begonnen.

Im Jahr 2002wurden über 2.500 Wohnungen vor allem in Hochhäusern abgerissen, um den

Wohnungsüberschuss zu vermindern und mehr Wohnqualität durch weniger Häuser zu

schaffen, d.h. ein aufgelockertes, durchgrüntes Umfeld entstehen zu lassen.

Allerdings wird in Grünau kein flächendeckender Abriss betrieben, da hier die

Leerstandsquote den städtischen Durchschnitt noch nicht übersteigt und noch Nachfrage nach

preiswerten Wohnungen am Stadtrand besteht. Zur Beseitigung des Infrastrukturdefizits

wurden das „Allee-Center“, ein Kino und eine Schwimmhalle gebaut. Zum Abbau der

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Monostruktur wurde die Gestaltung von Innenhöfen, Spielplätzen und anderen Freiflächen

vorangetrieben

(vgl. www.leipzig.de).

Abbildung 6: Großwohnsiedlung Grünau nach dem Umbau

Quelle: www.leipzig.de

2.6.2 Großwohnsiedlung „Am Waldrand“

Schwedt gilt als typische DDR-Entwicklungsstadt, d.h. zu DDR-Zeiten fand die hiesige

Stadtentwicklung vor allem auf der Basis von Industrialisierung und Zuwanderung statt.

Schwedt entwickelte sich in den Nachkriegszeiten zu einem bedeutenden Industriestandort.

Bis zur Wende herrschte hier ein hoher Wohnungsbedarf. Zur Deckung wurden vor allem in

den sechziger und siebziger Jahren viele Großwohnsiedlungen, auch die Siedlung „Am

Waldrand“ gebaut. Nach der Wiedervereinigung hat sich die Situation in Schwedt dramatisch

verschlechtert. Bereits seit mehreren Jahren liegt die Arbeitslosenquote bei 23-24 Prozent und

die Abwanderungen aus der Stadt liegen auch auf hohem Niveau. Sei der Wende hat Schwedt

einen Bevölkerungsrückgang von ca. 25 Prozent zu verzeichnen. Die Nachfrage nach

Wohnungen sinkt kontinuierlich, was folglich zu hohen Leerständen führt. In ganz Schwedt

herrscht heute ein Überhang von 2.300 Wohnungen. Auch das Plattenbaugebiet „Am

Waldrand“ war von dieser negativen Entwicklung betroffen. Die Abwanderungs- und

Entleerungsprozesse waren hier schon sehr früh dramatisch hoch. Seit 1993 hat die

Großwohnsiedlung ca. 8000 Einwohner verloren.

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Abbildung 7: Abriss eines Plattenbaus in Schwedt

Quelle: www.schwedt.de

Bereits im Jahr 1998 wurde von der Stadt Schwedt und den Wohnungsunternehmen der erste

Rahmenplan für den Rückbau der Großsiedlung „Am Waldrand“ von außen nach innen

vorgestellt. Der Plan sah vor bis 2010 3000 Wohnungen abzureißen. Hierbei wurde die

Doppelstrategie von Abriss und Aufwertung angewandt. Ein Teil des Gebietes soll langfristig

rückgebaut werden und der verbleibende Bereich soll aufgewertet und zu einem lebenswerten

Quartier umgestaltet werden. Im nördlichen Bereich wird der Abriss von 4.200 Wohnungen

durchgeführt und im südlichen Teil kommt es zu einer Aufwertung des Wohnungsbestandes.

Das geschieht durch die Kombination der Modernisierungsmaßnahmen mit Abriss und

geschossweisen Rückbaumaßnahmen. Ziel ist die Schrumpfung des Gebietes zu einer kleinen

Siedlung mit 1.500 Einwohnern. Darüber hinaus spielt die Anpassung der sozialen

Infrastruktur eine bedeutende Rolle bei den Umsetzungsmaßnahmen. Hier wird vor allem die

junge Bevölkerung angesprochen Es wurde bereits eine Skaterbahn gebaut und der

Jugendclub, Schulhöfe und die Sporthalle werden umgestaltet. Alles geschieht in Absprache

mit den Bewohnern. Im Umgestaltungsprozess nimmt die Bürgerbeteiligung eine

entscheidende Stellung ein

(vgl. Beer Ingeborg 2002, S. 49-52).

Abbildung 8: Großwohnsiedlung „Am Waldrand“ nach dem Umbau

Quelle: www.schwedt.de

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3 Fazit

Der Stadtumbau gilt in den neuen Bundesländern und hier insbesondere in den

Großwohnsiedlungen nicht nur als wohnungswirtschaftliche Herausforderung, sondern er ist

eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe und hat zahlreiche Probleme zu bewältigen. Der

Erfolg des Stadtumbauprozesses ist heute noch schwer zu messen, da der dramatische

Leerstand ein langwieriges Problem darstellt.

Durch den Wettbewerb „Stadtumbau Ost“ wurde in den Kommunen ein Grundstein zur

Eindämmung des Leerstandes und für die wesentliche Verbesserung der Situation einzelner

Stadtviertel gelegt. Vor allem einige Großwohnsiedlungen haben von den Umbaumaßnahem

in hohem Maße profitiert, da sie stark an Attraktivität hinzugewonnen haben und heute auch

wieder junge Menschen anlocken und einen Großteil der Bewohner an sich binden können.

Allerdings werden die Städte mit ihren teilweise sehr ehrgeizigen Stadtumbauprogrammen

insbesondere in Bezug auf die Finanzierung an ihre Grenzen stoßen. Schon heute hat sich

herausgestellt, dass der Rückbau und die Aufwertung nicht allein von den

Städtebauförderungsprogrammen getragen werden kann. Aus diesem Grund ist es in diesem

Zusammenhang wichtig, auf eine klare Prioritätensetzung zu achten, d.h. man sollte die

Förderung in die Städte und Quartiere lenken, die es „nötig“ haben.

Im Stadtumbauprozess besteht neben der ökonomischen und technischen auch die

städtebauliche Notwendigkeit, gemeinsam mit den Bewohnern zu versuchen, das Problem des

Wohnungsleerstandes so gut wie möglich in den Griff zu bekommen.

Nichts desto trotz gibt es nicht die! Strategie zur Lösung aller Leerstandsprobleme. Der

Leerstand wird in nächster Zukunft nicht zu beheben sein, da die Zukunftsprognosen nichts

gutes verheißen. Der Bevölkerungsrückgang wird weiter anhalten aufgrund von steigenden

Abwanderungen als Folge sich verschlechternder ökonomischer Perspektiven und infolge von

Sterbeüberschüssen und Geburtenrückgängen. Es wird sich wohl als sehr schwierig gestalten,

diesem Teufelskreis zu entkommen

(vgl. Röding Anja, Veith Karin 2003, S. 668).

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Literaturverzeichnis

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