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Theoretische Untersuchungen an Wasserstoff-Polymeren; Aktivierungsmechanismus einiger einfacher bimolekularer Austauschreaktionen

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Page 1: Theoretische Untersuchungen an Wasserstoff-Polymeren; Aktivierungsmechanismus einiger einfacher bimolekularer Austauschreaktionen

Theoretische Untersuehungen an Wasserstoff-Po1ymeren;l) Aktivierungsmechanismus einiger einfacher bimole- kularer Austauschreaktionen Es gibt eine ganze Reihe von Grunden, weswegen Wasser- stoff-Polymere Hk (k = 1,2,3,. . .) so haufig theoretisch un- tersucht werden. I n der vorangegangenen Mitteilung (Be - rechnung von Protonenaffinititen) wurden einige dieser Griinde diskutiert. Das H3-System z.B. ist deswegen von be- sonderem Interesse, weil seine Energieflache die gesamte Reaktionscharaktersitik der einfachsten bimolekularen Aus- tauschreaktion

H + H , + H, + H (1)

bestimmt; eine genaue Kenntnis eines solchen Systems ist wesentlich fur alle quantitativen Untersuchungen iiber die Grundannahmen der kinetischen Theorie. Hier sol1 an Hand von GI. ( 1 ) nnd iihnlicher Reaktionen

(Rl = Reaktanten)

gezeigt werden, inwieweit das FE-Modell (FEM) einen Ein- blick in die Natur des Aktivierungsmechanismus und in die GroBe der Aktivierungsenergie einfacher chemischer Reak- tionen gestattet, nachdem die Elektronengasmethode seit Jahren mit Erfolg zur Untersuchung der Grundzusthnde sta- biler Molekule und deren Elektronenstruktur eingesetzt wer- den konnte 121, [3].

Qnantenehomlsoho RotLktionsmodellierung

Die gestellte Aufgabe erfordert eine quantenchemische Be- handlung des aktivierten Komplexes (AK), d. h. desjenigen Reaktionsknauels, aus dern sowohl die rechte als auch die linke Seite von (2) entstehen kann. Wir beschranken uns in GI. (2) bei Molekulen auf geslttigte Reaktanten mit abge- schlossenen Schalen und beschreiben formal den AK genauso wie jeden anderen Reaktionsteilnehmer R1. Da (R, + R,), AK und (R, + R4) lediglich verschiedene Konfigurationen desselben Systems sind, ist die Darstellung der energetischen Verhaltnisse in einem Korrelationsschema gegeben. Man wird also fur den AK - in voller Analogie zur Molekiilbildung ans zwei Atomen - bindende und lockernde Zustande er- warten. Das Auftreten einer Aktivierungsenergie ( A E ) er- kennt man an dem positiven Energieumsatz

( 3 ) A E = E A K - (PI + P a ) = A E > 0,

der der AE entspricht. Als Beispiele betrachten wir die Reaktionen

H, + H, @K)+ H, + H, (4)

Verantwortlich fur die Berechnung und Besetzung der Korre- lationsschemata (vgl. Bilder 1 und 2) sind in (4) die vorhan- denen 4 bzw. in (5) die vorhandenen 3 Elektronen. Man er- reirht hierbei eine adaquate Beschreibung der Verhaltnisse durch die Mehrzentrenbindung [4], und zwar im Falle der GI. (4) durch die 4c-4e-, im Fall der Reaktion ( 5 ) durch die 3r-3e-Bindung. Damit entspricht der Modellierung des AK im FEM die Vorstellung eines kraftefreien, im gesamten AK delokalisierten Elektronengases. 1965 haben Grijfiing und Mitarb. [5] in einer ausfuhrlichen Diskussion die Brauchbarkeit der SCF-MO-LCAO-Methode zur Untersuchung der chemischen Kinetik erfolgreich be- griindet ; wir werden die Ergebnisse dieser interessanten Un- tersuchnngen verschiedentlich zum Vergleich heranziehen.

l ) 2. Mittciliiiig; 1. Mittriliiiig vgl. 111

Dlo Roaktlon 11, + 11, + H, + H,

Diese Austauschreaktion wird zunachst mit einem quadra- tisch-planaren AK diskutiert

AC + BD (4') AB + CD (AK)+

A W C i i Ks 6-D 6 D

Fur das Korrelationsdiagramm interessieren nur die energe- tischen Verhaltnisse von Ausgangsreaktanten, AK und Reaktionsprodukten, die man in Bild 1 findet; auffallend ist ein relativ hochliegender doppelt entarteter Zustand im AK (wobei die Entartung an dessen quadratische Konfiguration gebunden ist), der dafiir verantworlich ist, daB der Reaktions- weg iiber diesen AK - dessen Energie um A = 1 , l eV ober- halb derjenigen von 4 getrennten H-Atomen liegt - die hohe Aktivierungsenergie von 226 kcal/Mol (& 9,8 eV) er- fordert, da der in Rede stehende lockernde 4c-Zustand dop- pelt besetzt werden muB. I m Vergleich dazu findet Griffing [5] AE = 9 eV und A = 3 eV; eine dort [6] angeschlossene CI-Rechnung erniedrigt AE um 1,6 eV. Fur den AK konnte auch eine tetraedrische Konfiguration in Betracht gezogen werden, die jedoch aus Stabilitiitsgrunden ausgeschlossen werden kann [C]. Ware andererseits eine rhom- bische Form des AK stabiler als die quadratische (die euf Grund einer Deformation durch Schwingungsenergie entste- hen konnte), so wiirden s ta t t des Zerfalls in H, + H, sicher die Produkte H, + 2H auftreten, die aber mit einer sehr niedri- gen AE uber einen linearen AK H, (lin.) erhaltlich sind, denn eine analoge Rechnung fur H, (lin.) liefert AE = 38 kcal/MoI (4 1,7 eV) im Vergleich zum entsprechenden Wert Grif- fings [ 5 ] von 3,87 eV. Der Grund fur diese wesentlich kleinere AE liegt darin, daB die angeregten 4c-Zustande nicht ent- artet sind und der 1. angeregte Zustand als zu besetzender lockernder Zustand wesentlich tiefer liegt. (Man vergleiche die analogen Verhaltnisse im System H,, Bild 2.)

Die Roaktion H + Ha -+ Ha + H

Bei dieser Austauschreaktion ist die Frage nach den mogli- chen Kernkonfigurationen des AK einfacher zu entacheiden. da nur ein dreieckiger oder ein IinearerAK denkbar sind:

AR -+- C (5') A + BC (E)+

Nach Ausweis der Korrelationsschemata (Bild 2) fiihrt der Weg a wieder iiber einen energetisch ungiinstigen entarte- ten AK, der eine AE von 102 kcal/Mol ( A 4,4 eV) erfordert, so daB dieser Weg zugunsten des linearen AK ausgeschlossen werden kann, da sich der Weg b nur unter Aufwendung der geringen AE von 8,7 kcal/Mol realisieren 1Lf3t. Tab.1 ent- halt die Gesamt(Etot.)- bzw. die Atomisierungsenergien (-A,E) einer Reihe neuerer Berechnungen des H, (1in.)-Systems im Vergleich zu der nach dem FEM bestimmten Atomisierungs- energie (letzte Zeile); dabei ist zu bemerken, daB die letzten drei Zahlenwerte (97, 102, 107) vermutlich etwas zu hoch liegen, da namlich auf Grund der benutzten Verfahren (DIM- Modell bzw. Conroy-Methode) nicht mehr gewahrleistet ist, daB die berechnete Gesamtenergie oberhalb der wahren Energie liegt (vgl. [l]). Das SCF-Verfahren von Grijjiing [5] liefert fur die in Rede stehende Aktivierungsenergie AE = 41 kcal/Mol im Vergleich zu 22 kcaltl/Mol als besten Wert nach der einfachen MO-Methode ; erst eine CI-Rechnung liefert schlielllich 8,76 kcal/Mol und erreicht - wie das FEM - den experimentell bestimmten Wert dieser Aktivierungsenergie AE (exp.) = 8,5 f 1 [7] bzw. 7,61 f 0,46 [8] kcal/Mol. Den Grund fur diese auffallend kleine AF, findet man darin, daB

'2. Chem., 11. Jg. (1.971) Heft 1 37

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Reukfonten Produkte I '

1

10121 HZ

4e-Reokfion

Korrrlntlnnsschcmn drr Anstuinrhrcnktinn

H, I- Ha jAK)-+ H, -1- 15, fiir cincn qi~ndr:itiscIt-~~l:~nnrrii Aktivirrnng+ kninplrs .4K

Rpokionten Akkykl ) Ak(ln) Produkie I I'

h'orrelatinnsscheinatn fiir die Rrnktion

H + He (AK)+ H, 1. H init , dt'rirckim!nt iinA linrnrrm Akt,ivirrnngs- koniples A K

bei der 3 c-3c-Rindung das loekernde Mehrzentren-Orbital nur von einem Elektron besetzt zn werden braucht. Die Verhiiltnisse iindern sich grundlegend, falls sich die Re- aktanten aus zwei Radikalen rekrutieren, so daB im AK nur zwei Elektronen zu heriicksichtigen sind. Ein solcher Fall lLge z. R. bei der Werhselwirkung eines H-At>oma mit einem H:-Molekiilion vor

H + H: --> H i (4 Jetzt spielt das 1. angeregte 3 c-Orbital keine Rolle mehr, so daB diese Reaktion mit AE = 0 ziim stabilen H: (zykl.) ah- lanft ; auberdem ist nunmehr die lineare Konfigirration H$ (lin.) weniger stabil (vgl. Rild 2 und [l]). Die nach dem FEM berechneten Atomisiernngsenergien des dreieckigen bzw. li- nearen Molekiilions hetragen 206 bzw. 133 kcal/MoI in guter Ubereinst,immung mit, anderen Berechnungen. Man kommt also zu dem Schlub, daB das FEM mittels seiner vollig delokalisierten Mehrzentren-FE-MO's qualitativ die gleichen Schliisse gestattet wie das aufnendige SCF-MO- I,CAO-Verfahren.

,,ReaktlonRelektronen-Nnh~rirng'~

Eine qualitative Verallgemeinerung der hier fur die einfachen Reaktionen (4) iind (5) vorgelegten Rechnnng an€ Reaktionen vom Typ (2) konnte darin bestehen, daB man - unter der Annahme ihrer geringen Bedeutung fiir den Reaktionsablauf - alle Elektronen der Reaktanten Ri mit Ausnahme der beiden im LuOersten Orbital befindlirhen vernachlassigt, also nur die auf diese Weise definierten ,,Reaktionselektronen" beriicksichtigt (,,Reaktionselektronen-Niiherung"). Die Verhiiltnisse im AK einer Molekiil-Molekdl-Reaktion (R,. R, - Molekiile) lassen sich dann durch die kc-4e-Bin- dung und diejenigen im AK einer Radikal-Molekiil-Reaktion (R, - Radikal, It, N Molekiil) durch die kc-3e-Bindung beschreiben; dabei bedentet k die Samme der fur die Reak- tion wesentlichen Zentren. In dieser ,,Reaktionselektronen- Niiherung" benotigt man im Korrelationsschema fiir den AK lediglich die beiden tiefsten Mehrzentrenzustande, wobei der tiefste - wegen seiner IAadungsanhaufung zwischen den Kernen - stets ein hindender, der 1. nngeregte - airf Grirnd

Tnhdlr I Jkrechnctr Grnsmt(Etot.). and I toi i i i~irruu~!~~:nrr. ic~i ( - . I&') des Ayrteins Hdlin.) nus der Literatur

-Etot. -A,E in at. E. 1 in kcd/Mnl

1,5733 1 .wnn 1,6068 1,6068 1,6084 1,6089 1,6119 1,6121 1,6154 1,6150 1,6280 1,6358 1,6493 1,0539 1,6621 1 ,flF,fi6

I 46 57 60

I 67 ox 68

70 7 2 73 SO x5 94 ' !I7

102 105

70

I 9.

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einer zentralen Knotenflache ~ stets ein lockernder Zustanrl ist. Eine unmittelbare Folge dieses Umstandes ist eine deutlichc Abstufung der AlC bei der Wechselwirkiing zweier gestittigter Molekiike M (AEMM) im Gegensatz ziir Wechselwirkung zwischen gesiittigteni Molekiil M und Radikal R (AICMR) hzw. zwischen zwei Radikalen R) (AERR)

AEMM > AEMR > AERR = 0, (7)

ds im 1. Fall der lookernde Mehrzentrenzustand doppelt, im 2. Fall niir einfach und im letzten Fall gar nicht hesetzt werden mu& Im FEM entspricht der in Redc stehenden ,,Reaktionselek- tronen-Niiherung" die Vorstellung eines kriftefreien, iiber die fur die Reaktion wesentlichen Zentren delokalisierten ,, Reaktionnelektronengases' '.

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Hann Miiller, Sektion Chemie der Friedrich-Schil Icr-Univer- sitiit Jena (Direktor: Prof. Dr. B. Pnctzold)

ringegnngpn nwt. 7 . Srpternlwr l!)iO ZCM 3".;,-1

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