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Theorie der Pflegeversicherung. Wirtschaftswissenschaftliche Beiträge, Bd. 155 by Volker Meier Review by: Roland Eisen FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 55, H. 2 (1998), pp. 268-270 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40912831 . Accessed: 14/06/2014 20:52 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.73.250 on Sat, 14 Jun 2014 20:52:39 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Theorie der Pflegeversicherung. Wirtschaftswissenschaftliche Beiträge, Bd. 155by Volker Meier

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Theorie der Pflegeversicherung. Wirtschaftswissenschaftliche Beiträge, Bd. 155 by VolkerMeierReview by: Roland EisenFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 55, H. 2 (1998), pp. 268-270Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40912831 .

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268 Besprechungen

bewirken. Der Verfasser geht offensichtlich von der Vorstellung aus, daB ,,Aquivalenz" ein Wert an sich ist. Die starke Bereitschaft zum AbschluB von Versicherungen zeigt jedoch, daB fur die meisten Menschen der erwahnte Risikoausgleich wichtiger als eine bessere Aquivalenz ist. Insofern kommt den Uberlegungen des Verfassers - auch im Rahmen seines Mischvorschlags bestehend aus Grundrente und Einmalzahlung - hochstens als Erganzung zur heutigen Alterssicherung, bei der die Einmalzahlung eine Reserve fiir einmalige altersbedingte Zusatzbelastungen ist, eine Bedeutung zu. Das aber haben wir heute schon in der privaten auf eine Kapitalsumme lautenden Lebensver- sicherung.

Christoph Badelt versucht aus osterreichischer Sicht eine Systematik fiir die sozialen Dienste im Hinblick auf Ziele und Aufgaben sowie die zweckma'Bigen Formen ihrer Er- fiillung zu entwickeln. Ausgehend von der Definition, daB es sich um personenbezogene Dienstleistungen im Bereich der Beratung, der Behandlung, der Betreuung und der Pfle- ge handelt, versucht er, Zielvorstellungen zu operationalisieren. Dabei steht er vor der Schwierigkeit, daB es wenig Wirkungsanalysen fiir soziale Dienstleistungen gibt. An wel- chen Kriterien soil sich auch eine Messung des Outputs orientieren? Das schlieBt aller- dings nicht aus, daB ,,soziale Dienstleistungen eine der groBten Herausforderungen fiir den Wohlfahrtsstaat sein werden" (S. 186); denn von der allgemeinen Ausdehnung des Dienstleistungssektors werden auch die sozialen Dienste betroffen werden. Er versucht, eine Aufgabenverteilung auf professionelle und ehrenamtliche (informelle) sowie auf ei- ne stationare und ambulante Betreuung zu entwickeln und betont die Notwendigkeit ei- ner Integration von sozialen und okonomischen Denk- und Handlungskonzepten. DaB er dabei nur teilweise zu konkreten Verbesserungsvorschlagen kommt, ist weniger ihm als der unbefriedigenden Datenlage anzulasten.

Insgesamt enthalt der Sammelband wichtige Hinweise und gibt Aufschliisse fiir die ak- tuelle, aber auch langfristige Reform des sozialen Sicherungssystems.

Willi Albers

Volker Meier: Theorie der Pflegeversicherung. Wirtschaftswissenschaftliche Beitrage, Bd. 155. Heidelberg 1998. Physica. XII, 170 Seiten. DM 75,-.

I.

Pflegeversicherung ist ,,in"; nicht nur auf der politischen, sondern auch auf der theo- retischen Ebene. Insofern ist dieses Buch sehr zu begriiBen, auch wenn hier Theorie recht eng, namlich im Sinne einer ,,Nachfragetheorie" verstanden wird. Nur wenige Bemer- kungen zielen auf den Versicherungsmarkt und beriicksichtigen die Leistungsseite.

Im ersten Teil der als Habilitationsschrift in Halle angenommenen Arbeit ,,braust" Meier durch eine Fiille von Fragen und Problemen, so daB man leicht den Eindruck einer nur fliichtigen Analyse gewinnt. Uber den Inhalt dieses zweiten Kapitels kann man ganze Biicher fiillen. Doch wird dieser Eindruck schnell korrigiert, wenn Meier im dritten Ka- pitel in die Theorie einsteigt. Hier ist seine Analyse klar und sehr konsequent: Zuerst wird ein egoistisches Individuum betrachtet, das eine Pflegeversicherung nachfragt; im vier- ten Kapitel werden altruistische Individuen herangezogen; im fiinften Kapitel wird die Nachfrage nach Pflegeversicherung in der Familie betrachtet, wobei im Zentrum der In- teressenkonflikt zwischen (eventuell pflegebediirftig werdenden) Eltern und (erbberech- tigten) Kinder steht. Im sechsten Kapitel dehnt Meier die Fragestellung auf die Ersparnis als Substitut der Pflegesicherung aus. Moralisches Risiko - vor allem in der Form der uberhohten Inanspruchnahme - bildet das Problem im siebten Kapitel.

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Besprechungen 269

Im folgenden sollen zweierlei kritische Argumentationsketten entwickelt werden: Zum einen eine Kritik der vorgestellten Methode, zum anderen die kritische Frage, ob es an- dere, eventuell interessantere Probleme im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung gegeben hatte. Selbstverstandlich lassen sich diese beiden Argumentationen nicht sauber trennen.

II.

Pflegeversicherung hat es - wie die Krankenversicherung - mit einem an sich uner- wiinschten Zustand zu tun, folglich werden die (Konsum-)Guter unterschiedlich bewer- tet, ob man nun gesund ist oder pflegebediirftig. Meier erfaBt diese ,,Zustandsabhangig- keit" durch einen ,,Pflegeschock-Parameter" ye (0, 1). Dies erlaubt ihm, sowohl die beiden Extreme (a) y= 1: der Unterschied zwischen den Zustanden ist unerheblich, (b) /= 0: der Zustand der Pflegebediirftigkeit wird als so schlecht angesehen, daB Konsum- giiter gar keinen Nutzen mehr stiften, als auch die Situationen dazwischen abzubilden. DaB dies auf die Nachfrage nach Pflegeversicherung Auswirkungen haben muB, ist of- fensichtlich. Insofern unterscheiden sich seine Ergebnisse nicht unwesentlich von denen seiner Vorganger. So etwa auch Satz 3.3, in dem er zeigen kann, daB eine Teilversiche- rung optimal ist (ohne auf Moral hazard oder Adverse selection zuriickgreifen zu miis- sen). Schade ist nur, daB Meier nicht gesehen hat, daB die Beantwortung der Frage, wie der optimale Deckungsgrad auf das Einkommen reagiert (vgl. S. 51), iiber die Definition der ,,Prudence" (bzw. der ,,standard risk aversion") vom Vorzeichen der dritten oder gar vierten Ableitung der Nutzenfunktion abhangt. Dies gilt auch - um hier vorzugreifen - ftir die Frage, inwiefern Versicherung und Sparen substitutiv sind (vgl. hierzu schon Kim- ball, 1990, S. 53-73). Problematisch ist auch, daB Pflegeleistungen selbst nicht in der Nutzenfunktion auftauchen, sondern als bloBe ,,Reparaturleistungen" betrachtet werden. Bei altruistischen Individuen oder im Familienzusammenhang kbnnte dies aber durchaus eine Rolle spielen, also immer dann, wenn es um die Fragen geht, wer erbringt die Lei- stungen, und - vor allem - wo werden sie erbracht?

Wahrend im vierten Kapitel die interessanten Entscheidungen von altruistischen Indi- viduen betrachtet werden, die zusatzlich iiberein ,,Vermachtnis" entscheiden (wobei wich- tig ist, ob die Sozialhilfe RegreB bei nachsten Verwandten nimmt oder nicht), erweitert Meier im fiinften Kapitel das Problem auf den Familienzusammenhang. Schon vom Um- fang her ist dies das grb'Bte Kapitel; deshalb kann vermutet werden, daB diese Fragen dem Autor besonders am Herzen liegen.

Ausgangspunkt ist ein Konflikt zwischen Eltern und Kindern: Wahrend die Eltern eine hohe Pflegeleistung der Kinder und nur eine bescheidene Versicherung vorziehen, praferieren die Kinder eine geringe Eigenleistung und eine umfangreiche Versicherung (S. 80). M. E. ist es aber zu eng, Familienmitglieder als reine ,,Gegenspieler" zu betrachten. Interessanter waren hier Modellierungen von kooperativen Spielen. Das Problem scheint auf, wenn Meier auf S. 91 auf eine Familie mit mindestens zwei Kindern hinweist, die eventuell nicht kooperieren und folglich ,,die Eltern mittels Enterbungsdrohung mut- maBlich eine hohere Pflegeleistung der Kinder erreichen" konnen. Deutlich wird dies dar- an, wenn in die Nutzenfunktion der Kinder nur das eigene Einkommen und die eigene Pflegeleistung - und das noch, wie S. 104 zeigt, negativ - eingeht. Sind die Kinder nicht am Wohlergehen ihrer Eltern interessiert? Etwa in dem Sinne, daB die gesamten Pflege- leistungen, die die Eltern erhalten, positiv in der Nutzenfunktion der Kinder aufscheinen? Die Enge seines Ansatzes sieht Meier selbst, wenn er auf S. 109 fragt, ,,ob uberhaupt ei- ne der vorgestellten Spielstrukturen ... die Realitat . . . abbildet". Denn: Was bedeutet in der Familie ,,Stackelberg-Fuhrer" ? Ist das nicht ein anderer Ausdruck ftir die Machtfra- ge? Was ergibt sich aber, wenn man die zeitliche Struktur des Spiels verdeutlicht und die Eltern tatsachlich pflegebediirftig werden? Konnen die Kinder dann nicht den Vertrag auf- ktindigen?

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270 Besprechungen

III.

Es liegt wohl immer nahe, die Ergebnisse theoretischer Modellanalysen mit realen Vor- gangen zu vergleichen - ,,Erklaren" ist doch auch eine vornehme Aufgabe der Wissen- schaft. Aber ich habe hier meine Zweifel. Das fangt schon bei der ,,Motivation" an: Die letztlich in Deutschland gefundene Losung der sozialen Pflegesicherung (mit Versiche- rungspflicht auch fiir freiwillig Krankenversicherte!) mit Unzulanglichkeiten der ,,Theo- rie der Pflegeversicherungsnachfrage" in Zusammenhang zu bringen (so S. 3), geht mir zu weit. Denn dies steht auch in einem gewissen Widerspruch zu der Feststellung auf S. 107, daB die Elterngeneration durch die Pflichtversicherung ,,definitiv schlechterge- stellt" wird. Die Liste solcher Einwendungen lieBe sich verlangern, so hinsichtlich der Hinweise auf S. 47 oder S. 53, wo auf Selbstbehalte verwiesen wird. Betrachtet man die Pflege als eine Einheit, dann ist unverstandlich, warum gerade die ,,Heimkosten" der rich- tige Selbstbehalt sein sollen.

Doch insgesamt hat mich die vorliegende Arbeit uberzeugt. Fiir jeden, der sich mit der Theorie der Nachfrage nach Versicherung (sei es Kranken- oder Pflegeversicherung) be- faBt, wird dieses Buch zur Pflichtlektiire.

Literaturverzeichnis

Kimball, M. S., 1990, Precautionary Saving in the Small and in the Large, Econometri- ca, 58, S. 53-73.

Roland Eisen

Richard Hauser unter Mitarbeit von Irene Becker, Gabi Gutberlet und Karsten Wendorff: Ziele und Mb'glichkeiten einer Sozialen Grundsicherung. Schriftenreihe ,,Dialog Sozial", Bd. 1. Baden-Baden 1996. Nomos. 169 Seiten. DM 39,-.

1. Der von Richard Hauser betreute erste Band der Schrifenreihe ,,Dialog Sozial", die vom rheinland-pfalzischen Sozialministerium herausgegeben wird, ist einem Evergreen der sozialpolitischen Debatte gewidmet. Zugleich ist die Gestaltung einer sozialen Grund- sicherung von hoher aktueller Bedeutung: Zunachst ergeben sich daraus Konsequenzen fiir die Konstruktion des Gesamtsystems der sozialen Sicherung; durch die Definition der kollektiv gewahrten Ausfallbiirgschaft fiir den einzelnen in Zeiten ex ante nicht versicher- barer Bediirftigkeit wird auch der Spielraum fur spezielle steuerfinanzierte Soziallei- stungen, aber auch fiir zusatzliche (verpflichtende) Versicherungslbsungen bestimmt. Uberdies wirkt die soziale Mindestsicherung in besonderer Weise auf das Arbeitsange- botsverhalten, vor allem im niedrigqualifizierten Bereich, der im Zuge fortschreitender Globalisierung unter starkem Anpassungsdruck steht. Allgemein gilt: Mit der Gestaltung der Grundsicherung wird zugleich die Entscheidung fiir eine sozialpolitische Philosophic getroffen, genauer dariiber, wieviel Eigenverantwortung das Kollektiv vom einzelnen zu fordern bereit ist.

Der Band von Hauser zielt nicht auf einen systematischen Vergleich der in der wis- senschaftlichen und politischen Diskussion behandelten Modelle fiir eine Gestaltung der Grundsicherung, wie dies beispiels weise bei Kaltenborn (1995) der Fall ist, sondern ka- priziert sich auf die Vermittlung des vom Verfasser praferierten Ansatzes einer Bedarfs- orientierten Mindestsicherung. Dies wird in Abgrenzung zum Vorschlag der Negativen Einkommensteuer versucht, der zuletzt vor allem im Gewand des Biirgergeld-Modells von Mitschke (1985, 1995) offentliche Aufmerksamkeit erfahren hat. Bei den Gestal- tungsiiberlegungen bleibt Hauser sehr stark der sozialpolitischen Tradition verhaftet, in- dem die Arbeitsanreizwirkungen einer sozialen Grundsicherung lediglich unter anderem

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