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Theorie und Politik der Energiewirtschaft Wintersemester 2008/09 Ludwig von Auer

Theorie und Politik der Energiewirtschaft...Energiewirtschaft 1—9 • Die positive ökonomische Theorie leitet die einzelnen Ergebnisse her. • Die normative ökonomische Theorie

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Page 1: Theorie und Politik der Energiewirtschaft...Energiewirtschaft 1—9 • Die positive ökonomische Theorie leitet die einzelnen Ergebnisse her. • Die normative ökonomische Theorie

Theorie und Politik der EnergiewirtschaftWintersemester 2008/09

Ludwig von Auer

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Kapitel 1

Ökonomie und Ökologie

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1.1 Tragfähigkeit der Erde

• Die Energiefrage berührt den Fortbestand der Erde.• Weltuntergangsprophezeiungen wurden bereits in der Antike vonPhilosophen und religiösen Gruppen verbreitet.

• Thomas Malthus (1766-1834) argumentierte, dass die Weltbevölke-rung schneller wächst als ihre Nahrungsbasis (Essay on the Princi-ple of Population, 1798).

• Der Club of Rome veröffentlichte The Limits to Growth (1972).• Gegenwärtig dominieren Fragen des Klimawandels und der Erder-wärmung.

• Die Versorgung mit Wasser wird ein Dauerthema bleiben.

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1.2 Energieerhaltung und Entropie

• Vereinfachend ausgedrückt, ist Energie das in einem Körper oderStoff vorhandene Potenzial, physikalische Arbeit zu verrichten oderWärme zu erzeugen.

• Eine 100g-Schokoladentafel mit 2g Verpackung, die sich einen Me-ter über dem Boden von Paris befindet, besitzt 1 J („Joule“) Ener-gie, d.h. sie kann 1 J physikalische Arbeit verrichten.

• Die Physik kennt das Modell des geschlossenen Systems.• Energieerhaltungssatz: Energie kann in einem geschlossenen Sys-tem nicht verschwinden oder entstehen, sondern nur von einer Ener-gieform in eine andere umgewandelt werden.

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• Entropiegesetz: In einem geschlossenen System nimmt bei jederEnergieumwandlung der als physikalische Arbeit nutzbare Energie-anteil ab und der nicht nutzbare Wärmeenergieanteil zu.

• Die Erde ist aber ein offenes physikalisches System.• Auch die Wirtschaft kann als ein solches interpretiert werden (sieheAbbildung 1.1).

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Abbildung 1.1: Erde und Wirtschaft als offene Systeme.

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• Das Entropiegesetz bedeutet, dass die langfristige obere Grenze fürphysikalische Arbeit durch die zugeführte Sonnenenergie gegebenist.

• Der jährliche Energieverbrauch aller Menschen beträgt etwa 400EJ („Exajoule“; 1 EJ = 1018 J).

• Die jährliche Sonneneinstrahlung beträgt etwa 136.875 · 400 EJ.• Langfristig ist die Umwandlung von Sonnenenergie der Schlüsselzur Sicherung der Energieversorgung.

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weiterführende Literatur:

Tietenberg T., L. Lewis (2009), Environmental & Natural Resource Eco-nomics, 8. Auflage, Boston: Pearson; Kapitel 1 und 2 (Anfang)

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1.3 Ressourcen- und Umweltökonomik

• In früheren Zeiten ging es um die Anpassung an die Umwelt.

• Heute geht es um die nachhaltige Nutzung und Steuerung der Um-welt.

• Dies ist Gegenstand der Ressourcen- und Umweltökonomik.• Die Energiefrage berührt beide Themengebiete.• In der Vorlesung wird die Ressourcenökonomik im Vordergrund ste-hen.

• Ökonomische Analyse ist meistens modellbasiert.• Oftmals vergleicht sie die Ergebnisse von Marktkräften mit denErgebnissen direkten Eingriffs.

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• Die positive ökonomische Theorie leitet die einzelnen Ergebnisseher.

• Die normative ökonomische Theorie bewertet die Ergebnisse.• Eine Maßnahme ist aus normativer Sicht vorteilhaft, wenn der Nut-zen aus der Maßnahme die Kosten übersteigt: positiver Nettonut-zen.

• Die Berechnung eines Nettonutzens erfordert eine Messung des Nut-zens und der Kosten in gleicher Einheit.

• Viele sich gegenseitig ausschließende Maßnahmen können jeweils zueinem positiven Nettonutzen führen.

• Ein direkter Vergleich dieser Maßnahmen erfordert eine direkte Ver-gleichbarkeit der Nettonutzen.

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1.4 Kosten-Nutzen-Analyse

• Der Nettonutzen einer Maßnahme wird mit Hilfe derKosten-Nutzen-Analyse ermittelt.

• Diese stützt sich auf die Konzepte der Konsumentenrente und derProduzentenrente.

• Beide Renten werden in Geldeinheiten gemessen.• Es gilt für jeden einzelnen Markt:

Nettowohlfahrt = Konsumentenrente + Produzentenrente

• Damit werden Konsumenten- und Produzentenrente als gleichwer-tig erachtet.

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1.4.1 Produzentenrente

• Abbildung 1.2 veranschaulicht das Konzept der Produzentenrente.• Pmin ist der Preis, der gerade die durchschnittlichen variablen Pro-duktionskosten abdeckt.

• Wäre der Preis unter diesem Niveau, würden die Hersteller über-haupt nicht produzieren und ihre Verluste würden genau ihren Fix-kosten entsprechen. Die Aufnahme der Produktion würde noch hö-here Verluste bedeuten.

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Q

P S

2P

1P

1Q 2Q

d

c

ab

0

A

minP

Abbildung 1.2: Das Konzept der Produzentenrente.

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• Die Kurve S ist die Grenzkostenkurve des betrachteten Sektors.• In Abbildung 1.2 verursacht die Produktion der Einheit Q1 zusätz-liche Kosten (Grenzkosten), welche näherungsweise der Fläche aentsprechen.

• Die vorangegangene Einheit verursachte etwas geringere Kosten inHöhe der Fläche b.

• Die Fläche unter der Grenzkostenkurve bis zum ProduktionsniveauQ1 repräsentiert die gesamten variablen Kosten (GVK), die bei derHerstellung von Q1 Einheiten anfallen.

• Die Fixkosten des Sektors sind in der Abbildung nicht dargestellt.

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• Frage: Warum wird bei einem Preis von P 1 die Menge Q1 produ-ziert und bei einem Preis von P 2 die Menge Q2?

Antwort:

• Folglich ist die Kurve S nicht nur die Grenzkostenkurve des be-trachteten Sektors, sondern auch seine Angebotskurve.

• Technische Anmerkung: Die Angebotskurve S eines Sektors ent-spricht immer demjenigen Abschnitt der sektoralen Grenzkosten-kurve, welcher auf oder oberhalb von Pmin liegt.

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• Wenn Q1 Einheiten verkauft werden, betragen die Gesamterlöse(P 1 ·Q1). Dies entspricht dem Rechteck OQ1AP 1.

• AlsProduzentenrente bezeichnet man die Differenz zwischen Gesamt-erlösen und den gesamten variablen Kosten.

• Frage:Wie groß ist die Produzentenrente, wenn der Preis P 1 vor-herrscht und um welchen Betrag verändert sie sich, wenn der Preisauf P 2 ansteigt?

Antwort:

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• Frage: Welche Beziehung besteht zwischen der Produzentenrenteund den Gesamtgewinnen des Sektors?

Antwort:

• Frage:Welche Gestalt hat die Angebotskurve, wenn keine Fixkos-ten existieren und die Grenzkosten konstant sind?

Antwort:

• Frage: Wie groß ist in diesem Fall die Produzentenrente?

Antwort:

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1.4.2 Konsumentenrente

• Abbildung 1.3 veranschaulicht das Konzept der Konsumentenrente.• Die Nachfragekurve D repräsentiert die marginale Zahlungsbereit-schaft der inländischen Konsumenten.

• Beispielsweise entspricht die Zahlungsbereitschaft für den zusätz-lichen Erwerb der Einheit Q1 (marginale Zahlungsbereitschaft) nä-herungsweise der Fläche a.

• Die Zahlungsbereitschaft für die vorangegangene Einheit entsprachhingegen noch der Fläche b.

• Die Fläche unter der Nachfragekurve bis zur insgesamt nachgefrag-ten Menge Q1 repräsentiert die Gesamtzahlungsbereitschaft (GZB)für die Menge Q1.

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Q

P

2P

1P

1Q2Q

d

c

1a1bD

e A2a

2b

0

Abbildung 1.3: Das Konzept der Konsumentenrente.

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• Frage:Warum wird bei einem Preis von P 1 die Menge Q1 nachge-fragt?Antwort:

• Der beim Kauf von Q1 bezahlte Gesamtbetrag entspricht (P 1 ·Q1),also dem Rechteck 0Q1AP 1.

• Als Konsumentenrente bezeichnet man die Differenz zwischen Ge-samtzahlungsbereitschaft und bezahltem Gesamtbetrag.

• Frage: Wie groß ist die Konsumentenrente, wenn der Preis P 1

vorherrscht und um welchen Betrag verändert sie sich, wenn derPreis auf P 2 ansteigt?Antwort:

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• Ein freier Markt führt zu einem Marktgleichgewicht (Abbildung1.4).

• Die Nettowohlfahrt aus den Umsätzen an diesem Markt entsprichtder Summe der Flächen KR (Konsumentenrente) und PR (Produ-zentenrente).

• Die Nettowohlfahrt ermittelt man äquivalent auch aus

Nettowohlfahrt = GZB −GVK= (KR + PR +GVK )−GVK= KR + PR

• Eingriffe in den Markt (z.B. Preisregulierung) verändern die Net-towohlfahrt.

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Q

P

*P

*Q

KR

D

PR

0

S

GVK

Abbildung 1.4: Produzenten- und Konsumentenrente im Marktgleichge-wicht.

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weiterführende Literatur:

Tietenberg T., L. Lewis (2009), Environmental & Natural Resource Eco-nomics, 8. Auflage, Boston: Pearson; Kapitel 2

die mikroökonomischen Grundlagen werden sehr ausführlich und an-schaulich dargestellt in:

Pindyck R. S., L. D. Rubinfeld (2005), Mikroökonomie, München: Pear-son; Kapitel 3 bis 8.