10
J. Braun E. M. Lemmel B. Manger R. Rau H. Sörensen J. Sieper Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid ( 224 Spondyl AT ¾) Z Rheumatol 60:74–83 (2001) © Steinkopff Verlag 2001 ZfRh 287 Prof. Dr. J. Braun ( ) Rheumazentrum Ruhrgebiet Landgrafenstr. 15 44625 Herne, Germany E. M. Lemmel Max-Grundig-Klinik Bühl B. Manger Universität Erlangen-Nürnberg R. Rau Rheumaklinik Ratingen H. Sörensen Immanuel-Krankenhaus Berlin J. Sieper Freie Universität Berlin ORIGINALARBEIT 1. Einschätzung der Datenlage zu Sicherheit und Wirksamkeit Einleitung Die ankylosierende Spondylitis (AS =Morbus Bechte- rew) ist eine häufige chronisch entzündlich-rheuma- tische Erkrankung, die bei etwa einem Drittel der Patienten zu erheblichen Schmerzen und Behin- derung sowie zu einer deutlichen Einbuße der Le- bensqualität führt (4, 40). Neueren holländischen Daten zufolge ist eine AS mit erheblichen medizi- nischen und volkswirtschaftlichen Kosten vergesell- schaftet (2). Zur Zeit sind die therapeutischen Mög- lichkeiten noch sehr eingeschränkt. Vor allem nicht- steroidale Antiphlogistika und Krankengymnastik werden heute eingesetzt. Ein Basistherapeutikum ist in Deutschland für die Indikation AS z.Z. nicht zu- gelassen, obwohl Sulfasalzin vor allem bei peripherer Arthritis und in eher frühen Stadien effektiv zu sein scheint. Neuere Therapieformen mit anti-TNFa-Prä- paraten sind zwar höchstwahrscheinlich wirksam (3), aber potentiell nebenwirkungsreich und teuer. Nachdem die Herstellung von [ 224 Ra]Radiumchlo- rid durch den früheren Hersteller Ende der 80er Jah- re aus wirtschaftlichen Erwägungen eingestellt wur- de, hat das Unternehmen Altmann Therapie in Salz- gitter wieder eine Produktionsanlage für dieses Arz- neimittel aufgebaut. In der neuen Produktionsstätte ist es nach Angaben der Firma möglich, unter mo- dernsten pharmazeutischen Gesichtspunkten 224 Ra in höchster Reinheit, d. h. ohne Verunreinigung durch langlebige Nuklide, herzustellen. Zulassung Die Behandlung der AS mit [ 224 Ra]Radiumchlorid der Fa. Altmann Therapie/Salzgitter war seit Anfang des Jahres 2000 zunächst aufgrund einer bestehen- den Altzulassung möglich. Aufgrund des ,Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts‘ vom 24.8. 1976 mussten sich alle ,Alt-Arzneimittel‘ einer Beur- teilung hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit nach den damals gültigen Kriterien unterziehen. Mit der Durchführung war das Arzneimittelinstitut des Bundesgesundheitsamtes (BGA) beauftragt, das dies mit Hilfe von Experten (,B‘)-Kommissionen und Spe- zialgutachtern bewerkstelligte. Für die Begutachtung von [ 224 Ra]Radiumchlorid wurde der Gutachter B. Glöbel berufen. Dessen Arbeit (10) führte zu einer Arzneimittel-rechtlichen Beurteilung durch das BGA in Form einer Positiv-Monographie (5). Dies war die Voraussetzung für den Fortbestand der Altzulassung. Im Rahmen des Neuantrags wurde darüber hi- naus ein positives Votum der Strahlenschutzkommis- sion vom 23. April 1998 (36) vorgelegt. Nach Prü- fung aller vorliegenden Daten wurde [ 224 Ra]Radium- chlorid dann am 23. Oktober 2000 durch das Bun-

Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

  • Upload
    j-braun

  • View
    216

  • Download
    3

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

J. BraunE.M. LemmelB. MangerR. RauH. SörensenJ. Sieper

Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS)mit Radiumchlorid (224Spondyl����

Z Rheumatol 60:74–83 (2001)© Steinkopff Verlag 2001

ZfR

h287

Prof. Dr. J. Braun (✉ )Rheumazentrum RuhrgebietLandgrafenstr. 1544625 Herne, Germany

E.M. LemmelMax-Grundig-KlinikBühl

B. MangerUniversität Erlangen-Nürnberg

R. RauRheumaklinik Ratingen

H. SörensenImmanuel-KrankenhausBerlin

J. SieperFreie Universität Berlin

ORIGINALARBEIT

1. Einschätzung der Datenlage zu Sicherheitund Wirksamkeit

■ Einleitung

Die ankylosierende Spondylitis (AS=Morbus Bechte-rew) ist eine häufige chronisch entzündlich-rheuma-tische Erkrankung, die bei etwa einem Drittel derPatienten zu erheblichen Schmerzen und Behin-derung sowie zu einer deutlichen Einbuße der Le-bensqualität führt (4, 40). Neueren holländischenDaten zufolge ist eine AS mit erheblichen medizi-nischen und volkswirtschaftlichen Kosten vergesell-schaftet (2). Zur Zeit sind die therapeutischen Mög-lichkeiten noch sehr eingeschränkt. Vor allem nicht-steroidale Antiphlogistika und Krankengymnastikwerden heute eingesetzt. Ein Basistherapeutikum istin Deutschland für die Indikation AS z.Z. nicht zu-gelassen, obwohl Sulfasalzin vor allem bei periphererArthritis und in eher frühen Stadien effektiv zu sein

scheint. Neuere Therapieformen mit anti-TNF�-Prä-paraten sind zwar höchstwahrscheinlich wirksam(3), aber potentiell nebenwirkungsreich und teuer.

Nachdem die Herstellung von [224Ra]Radiumchlo-rid durch den früheren Hersteller Ende der 80er Jah-re aus wirtschaftlichen Erwägungen eingestellt wur-de, hat das Unternehmen Altmann Therapie in Salz-gitter wieder eine Produktionsanlage für dieses Arz-neimittel aufgebaut. In der neuen Produktionsstätteist es nach Angaben der Firma möglich, unter mo-dernsten pharmazeutischen Gesichtspunkten 224Rain höchster Reinheit, d.h. ohne Verunreinigungdurch langlebige Nuklide, herzustellen.

■ Zulassung

Die Behandlung der AS mit [224Ra]Radiumchloridder Fa. Altmann Therapie/Salzgitter war seit Anfangdes Jahres 2000 zunächst aufgrund einer bestehen-den Altzulassung möglich. Aufgrund des ,Gesetzeszur Neuordnung des Arzneimittelrechts‘ vom 24. 8.1976 mussten sich alle ,Alt-Arzneimittel‘ einer Beur-teilung hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeitnach den damals gültigen Kriterien unterziehen. Mitder Durchführung war das Arzneimittelinstitut desBundesgesundheitsamtes (BGA) beauftragt, das diesmit Hilfe von Experten (,B‘)-Kommissionen und Spe-zialgutachtern bewerkstelligte. Für die Begutachtungvon [224Ra]Radiumchlorid wurde der Gutachter B.Glöbel berufen. Dessen Arbeit (10) führte zu einerArzneimittel-rechtlichen Beurteilung durch das BGAin Form einer Positiv-Monographie (5). Dies war dieVoraussetzung für den Fortbestand der Altzulassung.

Im Rahmen des Neuantrags wurde darüber hi-naus ein positives Votum der Strahlenschutzkommis-sion vom 23. April 1998 (36) vorgelegt. Nach Prü-fung aller vorliegenden Daten wurde [224Ra]Radium-chlorid dann am 23. Oktober 2000 durch das Bun-

Page 2: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

desamt für Arzneimittel und Medizinprodukte(BfArM) unter dem Namen 224SpondylAT® neu zu-gelassen (6).

Mit dieser Zulassung sind gemäß Zulassungs-bescheid zwei Auflagen verbunden: 1. sollen hin-sichtlich der Sicherheit die behandelten Patientenüber mindestens 10 Jahre zur Erfassung von Spät-bzw. Langzeitschäden dokumentiert werden und 2.soll hinsichtlich der Wirksamkeit zur Überprüfungder heute üblichen Anforderungen noch nicht ent-sprechenden insgesamt aber sicher positiven Daten-lage innerhalb von 5 Jahren eine kontrollierte Studienach aktuellen Prüfkriterien mit definierten Out-come-Parametern vorgelegt werden.

■ Geschichte

Das Isotop 224Ra wurde bereits in der ersten Hälfteunseres Jahrhunderts verschiedentlich zur Behand-lung von Knochenerkrankungen genutzt. Nach demzweiten Weltkrieg wurde 224Ra, zusammen mit Platinund Eosin, im Arzneimittel „Peteosthor“ u. a. für dieTuberkulosebehandlung auch bei Kindern und Ju-gendlichen verwendet. Bei Erwachsenen wurden Ak-tivitäten um 45 MBq mit resultierenden Knochen-oberflächendosen von 30 Gy angewendet (24, 27).Da durch verschiedene Untersuchungen zu Beginnder 50er Jahre klar wurde, dass die Wirkung diesesArzneimittels ausschließlich auf der Strahlenwirkungdes Isotops 224Ra beruht, wurde seit dieser Zeit[224Ra]Radiumchlorid ohne Zusatzstoffe eingesetzt –das sogenannte Thorium X, allerdings z.T. noch indeutlich höherer Dosierung als heute üblich (s. u.).In den 50er und 60er Jahren wurden bis zu 20fachhöhere Dosierungen als heute eingesetzt. 224Spondyl-AT® enthält hochreines [224Ra]Radiumchlorid.Durch spezielle Messtechniken kann heute, andersals früher, sichergestellt werden, dass das verwendeteArzneimittel keine langlebigen Verunreinigungenenthält.

■ Dosierung, Strahlenexposition

[224Ra]Radiumchlorid ist ein Alpha-Strahler mit sehrgeringer Eindringtiefe ins Gewebe (50 �m) und kur-zer Halbwertszeit (3,6 Tage). [224Ra]Radiumchloridist ein Zerfallsprodukt von 232Thorium. Beim Zerfallwerden 220Radon, 216Polonium, 212Blei, 212Wismutund 208Thallium frei; es entsteht stabiles 208Blei.

Aufgrund der starken Nebenwirkungen des hoch-dosierten Peteosthor bei der Tuberkulosetherapievon Kindern und Jugendlichen wurde 224Ra seitdemnur noch für die Behandlung der AS bei erwachse-nen Patienten überwiegend in der heute noch ver-

wendeten deutlich niedrigeren Dosierung von10×1 MBq eingesetzt.

Herstellung von ,reinem‘ [224Ra]Radiumchloriddurch die Fa. Altmann bedeutet, dass kaum Ver-unreinigung durch [228Th] vorkommt, was wegender Langlebigkeit der Zerfallsprodukte unerwünschtist. Insgesamt entspricht es einer Strahlenexpositionvon maximal 100 Bq [228Th] bei 10 Injektionen[224Ra]Radiumchlorid, was strahlenhygienisch unbe-denklich ist (27, 28).

Dosimetrische Messungen nach i.v. Applikationvon [224Ra]Radiumchlorid wurden in den letztenJahren von Henrichs durchgeführt ((7) und Reiners,persönliche Mitteilung). Äquivalentdosen (in Sv)sind zur Risikoabschätzung besser geeignet als Or-gandosen (Gy). Mit Hilfe eines Bewertungsfaktors(=20) für Alpha-Strahlung lassen sich die Dosenum- bzw. berechnen.

Für die Aktivität 10 MBq ergibt sich für [224Ra]-Radiumchlorid an der Knochenoberfläche nach ak-tuellen Berechnungen für Erwachsene eine Äquiva-lentdosis von 96 Sv, was zu Knochenoberflächen-und Organdosen von 5 Gy führt. Das rote Knochen-mark ist mit einer Äquivalentdosis von 9 Sv das amzweithöchsten exponierte Organ (27, 28). DieseStrahlenexposition ist nuklearmedizinisch als ver-tretbar anzusehen.

Die Dosisfindung scheint weitgehend abgeschlos-sen, da eine höhere Dosis wegen der vermehrtenStrahlenexposition nicht in Frage kommt und eineStreckung der Intervalle bei höherer Einzeldosiskeine Vorteile brachte (1, 19). Fraglich ist allerdingsnoch, ob mit etwas niedrigeren Dosen ähnliche Wir-kungen bei geringerer Toxizität erzielt werden kön-nen.

■ Pharmakologie von [224Ra]Radiumchlorid

Nach Reiners gibt es kaum einen radioaktiven Stoff,dessen Biokinetik annähernd so gut untersucht wur-de wie [224Ra]Radiumchlorid (9, 10). Die Plasma-Eli-minationshalbwertszeit beträgt 1,4 Tage. Einen Tagnach Injektion finden sich etwa 20% des Radiumsim Knochen- und 10% im Weichgewebe, nach 10 Ta-gen noch 10% respektive 2% und nach 100 Tagennoch 5% bzw. 1% (8).

Vor Abschluss des Knochenwachstums laufen die-se Prozesse deutlich schneller ab. Auch die Kallusbil-dung kann durch [224Ra]Radiumchlorid behindertwerden (12), weswegen es bei frischen Frakturenkontraindiziert ist. Radium 224 passiert die Plazen-taschranke und kann sich im fetalen Knochen anrei-chern (8). Die Anreicherung im Knochen ist strengaltersabhängig: je jünger desto stärker (14) und eskann zu Störungen der Skelettentwicklung, Wachs-

75J. Braun et al.Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

Page 3: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

tumsverzögerung, Exostosen und Zahnausfall kom-men. Deshalb ist es im Kinder- und Jugendalterstreng kontraindiziert (21, 24, 27, 28).

Beim Erwachsenen werden 22% der injiziertenAktivität mit dem Stuhl und 0,6% mit dem Urinausgeschieden (8, 28). Die effektive Halbwertszeitvon [224Ra]Radiumchlorid beträgt 1,8–2,3 Tage (13).Dickdarmerkrankungen mit verlängerten Passagezei-ten können die Strahlenexposition der umliegendenOrgane vermehren. Lebererkrankungen wurden nurin der älteren Literatur unter hohen Dosen von un-reinem [224Ra]Radiumchlorid berichtet (27, 28). DieAnreicherung von [224Ra]Radiumchlorid in der Le-ber ist im Tierversuch mit ca. 5% gering (13). Ins-gesamt gibt es keinen Grund anzunehmen, dass eineBehandlung mit 224SpondylAT® zu nennenswertenhepatischen Nebenwirkungen führt.

Eine Dosisanpassung bei älteren Menschen istnicht erforderlich.

■ Praktische Hinweise für die Anwendung

Das Arzneimittel darf aus Sicherheitsgründen nur 3Stunden vor und nach dem Kalibriertermin ange-wendet werden. [224Ra]Radiumchlorid muss strengintravasal appliziert werden. Nach der Injektionmuss mit isotonischer Kochsalzlösung nachgespültwerden. Jede Kontamination muss vermieden wer-den. Radioaktive Arzneimittel dürfen nur von dazuvon der örtlichen Aufsichtsbehörde berechtigten Per-sonen in speziell dafür bestimmten klinischen Berei-chen in Empfang genommen, gehandhabt und verab-reicht werden.

■ Wirkungsmechanismus

[224Ra]Radiumchlorid reichert sich in Skelettab-schnitten mit gesteigerter Knochenbildung vermehrtan (8, 16). Die Anreicherung korreliert mit der Akti-vität des Knochenstoffwechsels (30). Es wird ange-nommen, dass die beschriebene antiphlogistischeund analgetische Wirksamkeit von [224Ra]Radium-chlorid durch die Anreicherung in den entzündlichbefallenen Knochenregionen zustande kommt. Obdie beobachtete Affinität von [224Ra]Radiumchloridzu Osteoblasten eine Verlangsamung des Ossifikati-ons-/Ankylose-Prozesses bei der AS bewirken kann,ist unklar, da der Stellenwert der Osteoblasten in derPathogenese der AS bisher nicht geklärt ist.

■ Wirksamkeit

Hinsichtlich der Wirksamkeit ist festzustellen, dass inden letzten Jahrzehnten zahlreiche Studien mit ca.2700 Patienten publiziert wurden, die die Wirksamkeitder Therapie mit 224SpondylAT® bei der Mehrzahl derbehandelten Patienten nahelegen (zusammengestelltbei (9, 18)). Mit unterschiedlichen Patientenzahlen ha-ben Uibe (37) (n=240), Laschner (17) (n=81), Müller(23) (n=26), Koch (15) (n=297), Kutz (16) (n=92),Schmitt (13) (n=78), Redeker (26) (n=53), Liska (20)(n=16), Schneller (32) (n=15) zwischen 1951 und1982 über eine erfolgreiche Therapie von AS-Patientenmit Radiumchlorid in verschiedener Dosierung be-richtet. Die subjektiven Ansprechraten der Behand-lung mit [224Ra]Radiumchlorid lagen in diesen Studi-en zwischen 70–90%. Darüber hinaus berichteten an-dere Autoren über eine Verminderung des Antiphlo-gistika- bzw. Analgetikabedarfes (33, 34). In all diesenStudien wurden nur bei einem kleinen Teil relevanteKontrollgruppen verwendet. Die Studien halten mo-dernen Anforderungen für einen Wirksamkeitsnach-weis nicht stand, vor allem weil keine standardisiertenbzw. validierten Messmethoden eingesetzt wurdenund keine Verblindung stattgefunden hat. Durch dieVielzahl positiver subjektiver Berichte und Publikatio-nen besteht jedoch eine große Wahrscheinlichkeit,dass die Therapie wirksam ist (9, 18).

Auf der anderen Seite gibt es jedoch eine Reiheoffener Fragen, wie z.B. welche Patienten profitierenund in welcher Hinsicht? Werden (nach einiger Zeit)nur Schmerzen gebessert oder gibt es eine relevanteBeeinflussung der Ossifikation/Ankylosierung, d.h.eine Hemmung der Verknöcherung und Verzögerungder Behinderung?

Letzteres wird durch Daten von Rudolph (29) undMüller (22) angedeutet. Die letztliche Bewertung die-ser Studien ist durch die fehlende Standardisierungund Validierung der Auswertung und in der zweitenStudie auch durch die kleine Fallzahl belastet.

Im Jahre 1998 erfolgte aufgrund der Wiederein-führung dieser Behandlung eine Bewertung durchdie Strahlenschutzkommission (36). Bei deren Nut-zen/Risikoabschätzung wurde Radiumchlorid alswirksam und nebenwirkungsarm bewertet (10). DieEmpfehlung der Kommission, eine Therapie mit Ra-diumchlorid bei Patienten im Krankheitsstadium IIIder AS durchzuführen, ist nachvollziehbar, kannaber nicht als gesichert im Sinne von ,evidence-based medicine‘ (EBM) angesehen werden. Die Emp-fehlung, sehr früh, d.h. im Stadium II der Erkran-kung (siehe auch „Leitlinien . . .“) mit der Therapiezu beginnen, ist u.E. nicht durch die Datenlage gesi-chert. In diesem Zusammenhang ist besonders pro-blematisch, dass es weder eine nationale noch eineinternationale Konvention gibt, die eine solche Sta-

76 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 60, Heft 2 (2001)© Steinkopff Verlag 2001

Page 4: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

dieneinteilung beinhaltet. Die historischen Vorschlä-ge von Ott und Schilling haben sich letztlich interna-tional nicht durchgesetzt, da sie einige Problemeund Nachteile (s. u.) beinhalten. Für die Indikations-stellung sind andere Parameter erforderlich, die sichauch auf die Aktivität der Erkrankung beziehen.

■ Gegenanzeigen/Warnhinweise

Zusammengefasst darf [224Ra]Radiumchlorid nichtangewendet werden bei■ Schwangerschaft und Stillzeit■ Alter <20 Jahren bzw. bei nicht abgeschlossenem

Knochenwachstum■ Erkrankungen des hämatopoetischen Systems■ frischen Frakturen■ schweren Lebererkrankungen■ akuten Infekten■ anderer Knochenmarks-wirksamer Behandlung.

Nur in Ausnahmefällen darf [224Ra]Radiumchlorideingesetzt werden bei■ Frauen in gebärfähigem Alter■ Erkrankungen mit erhöhter Infektanfälligkeit

(z.B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung).

Vor Behandlungsbeginn ist eine Schwangerschaftauszuschliessen. Während und bis 6 Monate nach ei-ner Behandlung mit [224Ra]Radiumchlorid muss einesichere Kontrazeption gewährleistet sein.

Wegen der Wechselwirkung von [224Ra]Radium-chlorid mit Calcium, Phosphaten und Phosphonatenist es möglich, dass eine solche Therapie die Phar-makokinetik und -dynamik von [224Ra]Radiumchlo-rid beeinflusst. Deshalb ist es eventuell günstiger,eine Therapie mit diesen Medikamenten vor der Ver-abreichung von [224Ra]Radiumchlorid abzusetzenund erst einige Tage nach der letzten Injektion wie-der aufzunehmen. Konkrete Daten liegen dazu abernicht vor.

■ Kurzzeitverträglichkeit/Nebenwirkungen

In den ersten Tagen nach Injektion kann es zu einerVerstärkung der Schmerzsymptomatik (Flare-Syn-drom) kommen. Über das Auftreten von anteriorerUveitis wurde berichtet; dies kann allerdings auchan der Grunderkrankung liegen. Trotzdem sollte dieTherapie dann abgebrochen werden.

Überempfindlichkeitsreaktionen mit Urtikaria,Fieber und Schüttelfrost treten selten auf. In Einzel-fällen können allergische Schockzustände auftreten.

Kurzfristige Blutbildveränderungen mit Leukope-nien treten selten auf. In einer älteren Studie wurden

bei niedriger Dosierung von [224Ra]Radiumchloridkeine vermehrten Zellatypien im Knochenmark ge-funden (16).

Nichtsdestoweniger sollte vor einer Radiumchlo-rid-Injektion grundsätzlich das Differentialblutbildkontrolliert werden. Bei Leukozytenzahlen <4000/�l,Lymphozyten <500/�l, Granulozyten <1000/�l,Thrombozyten <50000/�l und Hb-Werten <9 g/dlsollte die Behandlung unterbrochen bzw. abgebro-chen werden.

Wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeiteiner späteren Knochenmarksschädigung sind wei-tere regelmäßige Blutbildkontrollen nach 3 und 6Monaten und danach einmal/Jahr durchzuführen.

■ Langzeitverträglichkeit

Tierexperimentell ist eindeutig belegt, dass [224Ra-]Radiumchlorid dosisabhängig zu einer erhöhten In-zidenz von Osteosarkomen führt. Unterhalb einerKnochenoberflächendosis von 9 Gy fand sich dieseransonsten besorgniserregende Befund aber nicht.

Die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF, Neu-herberg bei München) hat in den letzten Jahren eineintensive Analyse der Nebenwirkungen von 224Ravorgenommen. Dabei werden seit >20 Jahren zweiPatientengruppen verfolgt und nachuntersucht. Er-gebnisse aktueller Nachuntersuchungen wurden1999/2000 von dieser Arbeitsgruppe veröffentlicht(s. u.).

In der 1. GSF-Studie (35) wurde über 899 Patien-ten berichtet, die zum Zeitpunkt der Behandlungüberwiegend jünger als 21 Jahre waren und die von1945 bis 1964 überhöhte Dosen dieses Isotops erhal-ten hatten. Bei 56 Patienten traten unter der Behand-lung mit dem unreinen Peteosthor im Verlauf bösar-tige Knochentumoren (6,2%) auf. Die geringste Do-sis, nach der ein maligner Knochentumor beobachtetwurde, betrug in dieser Studie 408 �Ci. Gegenüberdem jetzt zugelassenen 224SpondylAT® entsprichtdies einer um 46% höheren Dosis. Es ist hervor-zuheben, dass weder Dosierung, noch Indikation,noch Beachtung der Gegenanzeigen dieser histori-schen Therapie mit der heutigen Radiumchlorid-Be-handlung übereinstimmen.

Zur Ermittlung der Nebenwirkungen des heutezugelassenen 224SpondylAT® nach dem Niedrigdosis-schema mit 10×1 MBq 224Ra wurden in der 2. Stu-die (25, 38, 39) aus den Jahren von 1948 bis 1975insgesamt 1577 Patienten erfasst, die eine solche Be-handlung vorwiegend unter Bedingungen, die denheutigen entsprechen, erhalten hatten. Neben der Be-handlungsgruppe erfasste diese Studie auch eineKontrollgruppe von AS-Patienten, die keine Therapiemit [224Ra]Radiumchlorid erhalten hatten. Leider ist

77J. Braun et al.Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

Page 5: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

bei dieser Studie nicht völlig klar, ob diese beidenGruppen letztlich vergleichbar sind, da die Alters-mittelwerte nicht angegeben sind. Die Autoren spre-chen lediglich von annähernd gleicher Altersvertei-lung. In diesem Zusammenhang erscheint die nichterklärte erhöhte Mortalität der Kontrollgruppe auf-fällig: bis Ende 1998 waren weniger AS-Patienten inder 224Ra-Behandlungsgruppe als in der Kontroll-gruppe verstorben (44,1% vs. 57,1%). Ansonstensind die in dieser Veröffentlichung aus dem Jahr1999 (8) ermittelten Ergebnisse für die Beurteilungder Behandlung mit 224SpondylAT® relevant, da hierDosierung, Indikation und Kontraindikationen mitder heute üblichen Vorgehensweise weitgehend über-einstimmen.

Die Anzahl der Gesamttumorerkrankungen warunter [224Ra]Radiumchlorid nicht erhöht. In der224Ra-Gruppe waren mit 149 (9,4%) Patienten sogarweniger an Tumoren erkrankt als bei den Kontrollenmit 161 Fällen (11%).

Die Ergebnisse dieser retrospektiven Studie zei-gen zudem, dass bei 1577 Patienten nach Behand-lung mit 224Ra in mehr als 25 Jahren keine Osteosar-kome, aber zwei Weichteilsarkome, die wahrschein-lich aus dem Skelettsystem entstanden sind, auf-getreten sind (0,1%). Im Vergleich zu einer Normal-population ist das Risiko für die Entstehung vonKnochentumoren damit eventuell leicht erhöht.

In der 224Ra-Gruppe wurden darüber hinaus ins-gesamt 16 maligne Tumoren des hämatopoetischenSystems (1,0%) vs. 7 in der Kontrollgruppe (0,5%)beobachtet. Die berichteten Häufigkeiten sind in Ta-belle 1 zusammengestellt. Die Unterschiede erreichennach Berechnungen von Dr. J. Listing/DRFZ, Berlinstatistisch nicht das Signifikanzniveau. Darüber-hinaus könnte die erhöhte Prävalenz von malignenTumoren des hämatopoetischen Systems in dieserretrospektiven Studie darauf zurückzuführen sein,dass über 20% der Patienten in der 224Ra-Gruppemit höheren Dosen behandelt wurden. Im Vergleichzu erwarteten Werten einer Normalpopulation ist dieHäufigkeit myeloischer Leukämien erhöht. Insgesamtscheint damit das relative Risiko für maligne Tumo-ren des hämatopoetischen Systems möglicherweisegering erhöht.

In einer im Auftrag des BGA durchgeführten Lite-ratur-Recherche zur Nebenwirkungshäufigkeit nachBehandlung mit 224Ra (1969–1983/n=7064) fandsich eine mit 0,1% insgesamt nicht erhöhte Mortali-tätsrate (5, 11).

Insgesamt ist das Langzeitrisiko für die Behand-lung mit 224SpondylAT®aufgrund dieser Studiennicht als völlig unbedenklich einzuschätzen, aberinsgesamt als eher gering zu bewerten.

Die Datenlage veranlasst uns angesichts bis heutefehlender eindeutiger Risikofaktoren für die Ent-

wicklung einer schweren Ankylosierung restriktiveEinschlusskriterien für die für die Strahlentherapiein Frage kommenden Patienten zu fordern.

Hierbei sollten folgende Prinzipien zur Anwen-dung kommen:1. Grundsätzlich sollten nur Patienten mit nach-

gewiesener AS und von diesen nur solche mitschweren Verlaufsformen mit [224Ra]Radiumchlo-rid behandelt werden.

2. Schwere Verlaufsformen sind grundsätzlich solchemit radiologisch gesicherter Wirbelsäulenbetei-ligung.

3. Ausnahmen hiervon sind therapierefraktäre Zu-stände von AS-bedingter Sakroiliitis mit anhalten-den starken Schmerzen.

4. Für alle mit [224Ra]Radiumchlorid zu behandeln-den Patienten sollte darüberhinaus gelten, dasseine Krankheitsaktivität (BASDAI) einer Stärkevon mindestens 4 und eine Schmerzintensität vonmindestens 4 auf einer VAS-Skala für mindestensdrei Monate vorgelegen hat.

5. Die Patienten müssen über das geringe möglicher-weise vorhandene Restrisiko aufgeklärt werden.

■ Kosten-/Nutzenrelation

Die Behandlung mit 224SpondylAT® mit 10 Anwen-dungen (Injektionen) wird nach heutigem Kenntnis-stand aus Strahlenschutzgründen grundsätzlich nureinmalig durchgeführt. Die Wirkung kann mögli-cherweise 10 Jahre und länger anhalten. Bedenkt

78 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 60, Heft 2 (2001)© Steinkopff Verlag 2001

Tab. 1 Kumulative Anzahl von Malignomen unter Radiumchlorid über >20Jahre (verschiedene Dosen, absolute Zahlen)

ExponierteGruppe(n=1577)

Kontroll-gruppe(n=1462)

������� ����� �������� ������������

Malignome des lymphatischen Systems 6 4Lymphatische Leukämie(nicht näher bez.)

4 3

Malignes Non-Hodgkin-Lymphom(nicht näher bez.)

1 0

Multiples Myelom 1 1

Myeloproliferative Syndrome 5 1Chronisch myeloische Leukämie 4 1Osteomyelosklerose 1 0

Akute myeloische Leukämie 4 2Leukämie (nicht näher bez.) 1 0

Gesamt (maligne hämatopoetische Erkr.) 16 7

������Weichteilsarkome 2 0

Page 6: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

man, dass eine durchschnittliche konservativ behan-delte AS pro Jahr Kosten von mindestens 3000 DMfür Medikamente, Kuren und physikalische Behand-lung verursacht, könnte sich eine Behandlung mit224SpondylAT®, die zur Schmerzlinderung oder gar-befreiung führt, bereits nach wenigen Jahren finan-ziell auszahlen. In dieser Rechnung sind die sekun-dären Kosten einer medikamentösen Therapie, dieetwa durch Krankschreibung oder Nebenwirkungenentstehen, noch nicht berücksichtigt. Dies gilt auchfür die zum Teil nicht unerheblichen Folgekostenvon gastrointestinalen Nebenwirkungen einer Thera-pie mit nicht-steroidalen Antiphlogistika (11). Einefundierte Kosten-/Nutzenanalyse ist allerdings aufder Grundlage der bisher vorliegenden Daten nochnicht möglich.

■ Zusammenfassende Beurteilung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für [224Ra]-Radiumchlorid zwar umfangreiche Langzeitunter-suchungen vorliegen, die für eine Wirksamkeit desArzneimittels sprechen und eine annähernde Ab-schätzung des geringen Nebenwirkungspotentialsermöglichen, aber dass insgesamt die Datenlagenicht modernen Ansprüchen an einen Wirksamkeits-nachweis genügt, der, getrennt für die beiden unter-schiedlichen Fragestellungen (Analgesie, Ossifikati-onsstopp), kurzfristig (6-Monatsstudie) und mittel-fristig (weitere Beobachtung in den nächsten 10 Jah-ren) für die klinische Wirksamkeit und für die Fragedes Aufhaltens der Röntgenprogression (d.h. Anky-losierung, 2-Jahresstudie) zu erbringen ist.

Die Situation ist insofern besonders, als es gilt,ein Medikament systematisch weiterzuuntersuchen,das bereits zugelassen ist. Wenn man aber nicht Ge-fahr laufen will, Radiumchlorid dauerhaft unkritischeinzusetzen, ist es unumgänglich, sich an beidenProjekten zu beteiligen. Die Motivation ist eindeutig:wirksame Medikamente für die AS sind rar. DerNachweis einer Wirksamkeit von Radiumchlorid wä-re ein erheblicher Fortschritt in der Behandlung die-ser zum Teil sehr schwer verlaufenden rheumati-schen Erkrankung.

■ Konsequenzen

Für Rheumatologen und Nuklearmediziner, die sichfür AS-Patienten und die Behandlung mit Radium-chlorid engagieren wollen, gibt es ab Januar 2001eine wichtige Herausforderungen: an der Beobach-tungsstudie aktiv und verantwortungsbewußt teil-zunehmen.

Interessierte Kollegen können sich darüberhinausbewerben, an der kontrollierten Studie, die an meh-reren Zentren durchgeführt und im Jahr 2002 begin-nen soll, zu beteiligen.

Die Fragebögen für die Beobachtungsstudie wur-den unter Mitwirkung der Professoren Braun, Lem-mel und Spesshardt erstellt. Diese Bögen werden aufAnforderung, spätestens aber bei Bestellung des Me-dikaments unmittelbar von der Fa. Altmann zurVerfügung gestellt.

Die Verantwortung für die vom BfArM während derTherapie wöchentlich, dann nach 6 und 12 Monatensowie danach jährlich geforderten Blutbilder trägt for-mal zunächst der die Therapie durchführende Nukle-armediziner. Dieser kann und wird sich aber mit demkooperierenden Rheumatologen absprechen. Ent-scheidend ist, dass die Befunde dokumentiert werden,damit dem Amt entsprechende Befunde zur Verfügunggestellt werden können. Das Ausfüllen der Bögen fürdie Beobachtungsstudie sollte in der Behandlungspha-se der Nuklearmediziner und initial und im weiterenVerlauf der Rheumatologe übernehmen.

Zusammengefasst ist es erfreulich, dass es nachJahren der Lethargie und des therapeutischen Nihi-lismus jetzt wieder mehr Behandlungsoptionen fürdie AS gibt. Wie ausführlich dargestellt, muss mitden neuen Möglichkeiten erantwortungsbewusst um-gegangen werden. Hierzu ist die Mitarbeit jedes ein-zelnen erforderlich.

Darüberhinaus ist ebenso zu begrüssen, dass ne-ben den anti-TNF�-Hemmern jetzt auch vermehrtandere Substanzen wie Sulfasalazin, Thalidomid, Le-flunomid und die Bisphosphonate neu für die Thera-pie der AS untersucht werden.

79J. Braun et al.Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

Page 7: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

80 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 60, Heft 2 (2001)© Steinkopff Verlag 2001

■ Literatur

1.Bertrand A, Legras B, Martin J (1978)Use of radium-224 in the treatment ofankylosing spondylitis and rheumatoidsynovitis. Health Phys 35:57–60

2.Boonen A, Grimbergen C, van derHeijde D, Spoorenberg A, DougadosM, Mielants H, de Vlam K, van derTempel H, de Klerck E, van der LindenSF (2000) Consumption and costs ofprescription drugs for ankylosingspondylitis. A comparison among threecountries. J Rheumatol 27:S59–S139

3.Brandt J, Haibel H, Cornely D, GolderW, Gonzalez J, Reddig J, Thriene W,Sieper J, Braun J (2000) Successfultreatment of active ankylosing spondy-litis with the anti-tumor necrosis fac-tor alpha monoclonal antibody inflixi-mab. Arthritis Rheum 43(6): 1346–1352

4.Braun J, Bollow M, Remlinger G, Eg-gens U, Rudwaleit M, Distler A, SieperJ (1998) Prevalence of spondylarthro-pathies in HLA B27-positive and -ne-gative blood donors. Arthritis Rheum41:58–67

5.Bundesgesundheitsamt (BGA) (1992)Monographie: Ra-224 Radiumchlorid.BuAnz Nr. 219 vom 21. 11. 1992. Jg44:8827

6.Bundesinstitut für Arzneimittel undMedizinprodukte (BfArM) (2000) Zu-lassungsbescheid für 224SpondylAT vom23. 10. 2000, Bonn (Zulassungsnum-mer: 46630.00.00; persönliche Mittei-lung)

7.Henrichs K, Bogner L, Nekolla E,Noßke D, Roedler-Vogelsang T (1995)Extended dosimetry for studies withRa-224 patients. In: van Kaick G, Kar-aoglu A, Kellerer AM (eds) Health ef-fects of internally deposited radionu-clides: emphasis on radium and thor-ium. Proceedings of an InternationalSeminar held in Heidelberg, Germany18–21 April 1994. World Scientific, Sin-gapore, pp 33–38

8. International Commission on Radiolo-gical Protection (ICRP) (1993) Publika-tion Nr. 67

9. Janssen D (2000) Klinisches Gutachtenzu [224Ra]Radiumchlorid 224SpondylATvom 27. 2. 2000, Weisendorf (persön-liche Mitteilung)

10.Glöbel B (1985) Ra-224 zur internenStrahlentherapie der Spondylitis anky-losans (Morbus Bechterew) – eine Al-ternative zur Chemotherapie? NUCCompact 16:272–277

11.Glöbel B (1987) Nutzen/Risikobetrach-tung verschiedener Therapieformender Spondylitis ankylosans. Akt Rheu-matol 12S:38–41

12.Günzel I, Müller WA (1973) Bonemineral metabolism in mice after frac-ture of tibiac, double laballing with47Ca and 224Ra, Biophysik 10: 267–272

13.Klemm C, Michel K, Rose E, MeringdalJ (1970) Speicherung und Aus-scheidung von Radium-224 (Thorium-X) während der Behandlung der anky-losierenden Spondylitis. Z Rheuma-forschung 29:234–240

14.Koch W(1951) Die Verteilung von Pe-teosthor und seiner HauptbestandteileThorium X und Platin im heranwach-senden Organismus und der Einflussvon Thorium X auf das Fugenwach-stum beim jugendlichen Kaninchen.Strahlentherapie 85:253–289

15.Koch W (1978) Indikationsstellung undErgebnisse einer Radium-224- (Thor-ium-X)-Therapie der Spondylitis anky-lopoetica (Sp. a.). Z Orthop 116:608–616

16.Kutz G (1963) Zur Frage von Spätschä-den nach der Behandlung mit Th-X. ZOrthop 97:474

17. Laschner W (1973) Ergebnisse undKomplikationen der Thorium-X-Behan-dlung bei Morbus Bechterew. ZOrthop 111:743–748

18. Lemmel E (2000) Medizinisches Sach-verständigen-Gutachten zum Zulas-sungsantrag [224Ra]Radiumchlorid zurBehandlung der ankylosierenden Spon-dylitis vom 28. 2. 2000. Max GrundigKlinik, Bühl (persönliche Mitteilung)

19. Liprandi D (1976) Le traitement de laSpondylarthrite Ankylosante par leThorium X (Ra-224). Dissertation,Medizinische Fakultät der UniversitätMarseille

20. Liska G (1980) Die Spondylarthritis an-kylopoetica und ihre Behandlung mitThorium X, Nachuntersuchungen an Pa-tienten der Orthopädischen Universi-tätsklinik Würzburg. Doktorarbeit,Medizinische Fakultät der Julius-Maxi-milians-Universität Würzburg

21. Lloyd RD, Mays CW, Taylor GN, Ather-ton DR, Bruenger FW, Jones CW(1982) Radium-224 Retention, Distri-bution, and Dosimetry in Beagles. RadRes 92:280–295

22.Müller D (1993) Die 5jährige Verlaufs-kontrolle der Radium-Behandlung(224Ra) bei Patienten mit Spondylar-thritis ankylopoetika unter besondererBerücksichtigung der Szintigrafie. Dis-sertation, Medizinische Fakultät derUniversität Leipzig

23.Müller WA, Gössner W, Hug O, Luz A(1978) Late effects after incorporationof the short-lived alpha-emitters 224Raand 227Th. Z Orthop 116:619–621

24.Nekolla EA, Kellerer AM, Kuse-Isingschulte M, Eder E, Spiess H(1999) Malignancies in patients treatedwith high doses of Radium-224. Radia-tion Research 152:S3–S7

25.Nekolla EA, Kreisheimer M, KellererAM, Kuse-Isingschulte M, Gössner W,Spiess H (2000) Late effects in ankylos-ing spondylitis patients treated with224Ra. Radiation Research 153: 93–103

26.Redeker S, Crone-Münzebrock W, WehL, Montz R (1982) Szintigraphische,radiologische und klinische Ergebnissenach erfolgter Radium 224-Therapiebei 53 Patienten mit Spondylitis anky-losans. Beitr Orthop U Traumatol29:218–223

27.Reiners C (2000) Gutachterliche Stel-lungnahme zu [224Ra]Radiumchlorid:Pharmakokinetik/Strahlenexpositionvom 14. 2. 2000. Klinik und Poliklinikfür Nuklearmedizin, Universität Würz-burg (persönliche Mitteilung)

28.Reiners C (2000) Gutachterliche Stel-lungnahme zu [224Ra]Radiumchlorid:Wirksamkeit/Nebenwirkungen vom14. 2. 2000, Klinik und Poliklinik fürNuklearmedizin. Universität Würzburg(persönliche Mitteilung)

29.Rudolph F, Salewski H, Franke J (1980)Spätergebnisse nach Thorium X-Be-handlung (Radium-224) des MorbusBechterew (eine 15-Jahre-Studie). BeitrOrthop u Traumatol 27: 29–37

30. Salmon PL, Onischuk YN, BondarenkoOA, Lanyon LE (1999) Alpha-particledoses to cells of the bone remodelingcycle from alpha-particle-emittingbone-seekers: indications of an antire-sorptive effect of actinides. Rad Res152:S43–S47

31. Schmitt E (1978) Eine Langzeitstudiezum therapeutischen Effekt des Ra-dium-224 beim Morbus Bechterew. ZOrthop 116:621–624

32. Schneller H (1951) Erfahrungen mitPeteosthor-Behandlung bei MorbusBechterew. Medizinische Klinik 5: 142–144

33. Schmidt E, Rückbeil C, Wick RR(1983) Long-term clinical investigationof patients with ankylosing spondylitistreated with 224Ra. Health Phys 44(Suppl 1):197–202

34. Seyfarth H (1987) Erfahrungen mit derTherapie der Spondylitis ankylosans inder DDR unter Berücksichtigung derRadium-224-Therapie. Akt Rheumatol12:26–29

Page 8: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

81J. Braun et al.Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

35. Spiess H (1995) The Ra-224 study: past,presence and future. In: van Kaick G,Karaoglu A, Kellerer AM: Health effectsof internally deposited radionuclides:emphasis on radium and thorium. Pro-ceedings of an International Seminarheld in Heidelberg, Germany 18–21April 1994. World Scientific, Singapore,pp 157–159

36. Strahlenschutzkommission (1998)Therapie mit Ra-224-Radiumchlorid.Stellungnahme der Strahlenschutzkom-mission, verabschiedet in der 152. Sit-zung am 23. 4. 1998 (persönliche Mit-teilung)

37.Uibe (1958) Die Behandlung des Bech-terew mit Thorium X. Z Orthop uTraumatol 5:272–275

38.Wick RR, Chmelevsky D, Gössner W(1995) Current status of the follow upof Radium-224 treated ankylosingspondylitis patients. In: van Kaick G,Karaoglu A, Kellerer AM(eds) Healtheffects of internally deposited radionu-clides: emphasis on radium and thor-ium. Proceedings of an InternationalSeminar held in Heidelberg, Germany18–21 April 1994. World Scientific, Sin-gapore, pp 165–169

39.Wick RR, Nekolla EA, Gössner W, Kel-lerer AM (1999) Late effects in anky-losing spondylitis patients treated with224Ra. Radiation Research 152:S8–S11

40.Zink A, Braun J, Listing A, Wollen-haupt J, the German Collaborative Re-search Centers (2000) Disability andhandicap in rheumatoid arthritis andankylosing spondylitis – results of theGerman rheumatological database. JRheumatol 27:613–622

2. Leitlinien zum Einsatz von Radiumchlorid beiPatienten mit ankylosierender Spondylitis (AS)

Radiumchlorid ist seit Oktober 2000 für die Behand-lung der AS unter dem Namen 224SpondylAT® neu zu-gelassen. Das bedeutet de facto, dass [224Ra]Radium-chlorid damit im Moment das einzige zugelassene Ba-sistherapeutikum für die AS ist. Als Indikation ist vomBfArM hierbei Stadium 2 und 3 angegeben. Die Sta-dien sind, wie unten ausgeführt, schlecht definiert.Ansonsten ist es für den Rheumatologen eine zu-nächst richtungsweisende Orientierung, die aber ins-gesamt unvollständig ist, da hierbei die Krankheits-und Entzündungsaktivität nicht berücksichtigt ist.

Für [224Ra]Radium wird 1. eine Entzündungs-und Schmerz-hemmende Wirkung und 2. eine Wir-kung auf das überschiessende Knochenwachstum imSinne der Ankylosierung angenommen. Das bedeu-tet, dass von einer Indikation für die AS grundsätz-lich zwei Dinge zu fordern sind: 1. die Krankheitmuss deutlich entzündungs- bzw. schmerzaktiv seinund 2. die Wirbelsäule sollte nicht bereits weitge-hend ankylosiert sein. Hierbei ist dem 1. Kriteriumdie höhere Priorität zuzuschreiben, da auch Patien-ten mit fortgeschrittener Ankylosierung noch aktivsein können.

Kriterien für einen Einsatz von [224Ra]Radium-chlorid sind also neben 1. der richtigen Diagnose,2. die Aktivität, 3. das Stadium der Erkrankung und4. die unzureichende Behandlung mit der bisherigenTherapie.

■ Diagnose

Für die Diagnosestellung einer AS wird verlangt,dass die New York-Kriterien von 1984 (7) vorliegen.Hierbei wird nur eine sichere Diagnose akzeptiert,

d.h. dass das radiologische Kriterium vorliegenmuss. Das bedeutet, dass neben der Anamnese vonentzündlichem Rückenschmerz oder verminderterLumbarflexion (Schober ≤3 cm) bzw. verminderterThoraxexkursion (≤3 cm) eine radiologische Sakroi-liitis≥Grad 2 beidseits bzw. >Grad 2 einseitig vorlie-gen muss.

Es ist dabei nach jetzigem Kenntnisstand uner-heblich, ob der Entwicklung der AS eine reaktive Ar-thritis, eine Psoriasis oder ein M. Crohn vorausgingbzw. noch damit einhergeht.

■ Aktivität

Die Krankheit sollte in den letzten drei Monaten fastständig aktiv gewesen sein.

Bath ankylosing spondylitis disease activity index(BASDAI)

Für die Ermittlung der aktuellen Krankheitsaktivitätwurde in zuletzt durchgeführten Studien zur AS zu-meist ein zusammengesetzter subjektiver Aktivitäts-index verwendet. Am gebräuchlichsten ist der aussechs Fragen bestehende BASDAI (2), der die Aktivitätder Erkrankung auf einer 0–10-Skala angibt (0=keine,10=maximale Aktivität). Patienten, die einen Wert >4aufweisen, haben eine klinisch nachvollziehbare er-hebliche Krankheitsaktivität. Dieser Cut-off für eineBehandlungsindikation für DMARDS (disease modi-fying anti-rheumatic drugs=Basistherapeutika) kannheute als international akzeptiert gelten.

Visuelle Analogskala (VAS)Wirbelsäulen (WS)-Schmerz

Um, wie oben diskutiert, einen deutlichen Akzentauf die Patienten mit Wirbelsäulenbeteiligung zu set-

Page 9: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

zen, ist es vernünftig, zusätzlich WS-Schmerzen >4auf einer visuellen Analogskala (VAS) in den letztendrei Monaten zu fordern.

CRP

Obwohl es bei der AS keine strenge Korrelation vonAktivität und Progression mit Laborparametern gibt(6), ist davon auszugehen, dass Patienten mit CRP-Werten >10 mg/dl entzündlich aktiv sind, wenn kei-ne offensichtlichen anderen Gründe für die CRP-Erhöhung vorliegen.

Bildgebung – Entzündung

Die Messung der entzündlichen Aktivität mit einembildgebenden Verfahren ist mittels Magnetresonanz-tomographie (MRT) und zum Teil möglicherweiseauch mittels Szintigraphie möglich. Beide Verfahrensind allerdings zu wenig standardisiert und evalu-iert, um ihnen einen sicheren Platz in der Indikati-onsstellung zuzuweisen. Bei der Beurteilung der WS-Szintigraphie ist eine geringe auf beide Sakroiliakal-gelenke beschränkte Anreicherung nicht verwertbar.Liegt ein eindeutiger Befund vor, kann die Bild-gebung die CRP-Erhöhung in der Indikationsstellungersetzen.

■ Stadieneinteilung

Nach Ott werden die Stadien der AS vereinfacht wiefolgt eingeteilt, wobei jeweils der klinische und derradiologisch nachgewiesene Befall der Sakroiliakal-gelenke (SIG) und der Wirbelsäule (WS) gemeint ist.Es ist unklar, an welcher Stadieneinteilung sich dieStrahlenschutzkommission orientiert hat. Hier, kurzskizziert, die wesentlichen Unterschiede ohne An-spruch auf Vollständigkeit.

Nach Ott (4)Stadium I SIG-BefallStadium II früher WS-Befall (ein Segment)Stadium III WS-Befall (zwei Segmente)Stadium IV Endstadium des WS-Befalls

(vollständige Versteifung)

Nach Schilling (5)Stadium I VerdachtsstadiumStadium II SIG-BefallStadium III WS-BefallStadium IV Endstadium, Fusion der WS

Der Gegensatz dazu besteht im Stadium I und II,das bei Schilling Verdachtsstadium bzw. Stadium derSakroiliitis ist. Schilling hat also die sehr frühen Fäl-le ohne radiologischen Nachweis einer SIG-Beteili-

gung, die klinisch verdächtig waren, mit in die Ein-teilung einbezogen. Eine neue international akzep-tierte Stadieneinteilung erscheint sinnvoll.

Auf der Grundlage welcher Stadieneinteilung auchimmer, soll zum jetzigen Zeitpunkt festgelegt wer-den, dass nur AS-Patienten mit Wirbelsäulenbefall(und das sind mehr als die Hälfte aller Patienten)mit [224Ra]Radiumchlorid behandelt werden können(s.u.). Das erscheint zum jetzigen Zeitpunkt wegender noch nicht ganz geklärten Wirksamkeit grund-sätzlich vernünftig, muss aber nicht die letzte Wahr-heit darstellen, denn, wenn eine progressionshem-mende Wirkung von Radiumchlorid vorliegen sollte,wäre ja unter Umständen eine möglichst frühzeitigeBehandlung sinnvoll.

Auf der anderen Seite ist auch von der Strahlen-schutzkommission angeregt worden, dass vollständigversteifte AS-Patienten nicht eingeschlossen werdensollen. Das ist insgesamt ebenfalls vernünftig, da einZustand der bereits eingetretenen Verknöcherungnicht durch Entzündungshemmung behandelbar ist.Hier ist die Grenze zwischen weitgehender und voll-ständiger Ankylosierung ein Problem, da die ,voll-kommene Verknöcherung‘ schwierig beweisbar ist.

Bildgebung – Verknöcherung

Für die Einschätzung des Ausmaßes der Wirbelsäu-lenbeteiligung im Sinne der Knochenneubildungsind konventionelle Röntgenbilder der Wirbelsäulevon HWS, BWS und LWS lateral sowie LWS/BWSauch a.p. erforderlich.

Der Einfachheit halber wird vorgeschlagen, zumjetzigen Zeitpunkt Patienten mit in jedem einzelnenWirbelsäulenabschnitt mehr als 80% fusioniertenWirbelkörpern nicht mehr mit Radiumchlorid zubehandeln. Das bedeutet für die HWS: mehr als 5WK fusioniert, für die BWS: mehr als 10 und für dieLWS: mehr als 4 fusioniert. Wenn insgesamt mehrals 20 WK in allen 3 WS-Segmenten zusammen fu-sioniert sind, erscheint eine Behandlung ebenfallswenig sinnvoll.

Die quantitative Bewertung könnte grundsätzlichauf der Grundlage von BASRI (3) bzw. SASSS (1) er-folgen. Hierbei gibt es aber keine international ak-zeptierten Cut-offs. Beim BASRI würden Werte >10und beim SASSS >60 eine erhebliche Ankylosierunganzeigen. Der BASRI ist einfacher und schneller,aber noch zu wenig verbreitet.

Hinsichtlich der Sicherung eines radiologischenWirbelsäulenbefalls wird empfohlen, in der Praxis sozu verfahren, dass radiologisch mindestens zweiSyndesmophyten oder eine eindeutige Spondylar-thritis/Spondylitis/Spondylodiscitis im Rahmen derGrunderkrankung vorliegen sollten.

82 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 60, Heft 2 (2001)© Steinkopff Verlag 2001

Page 10: Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

Zusatzklassifikation

Über diese Einteilung hinaus erscheint für AS-Pa-tienten zur Ermittlung des Krankheitsstadiums einezusätzliche Klassifikation in periphere Arthritis +/–,Enthesitis +/–, anteriore Uveitis +/–, HLA B27 +/–,CRP +/– sowie die Angabe des Steinbrocker-Funk-tionsstatus Grad 0–4 sinnvoll.

Da die Wirkung von Radiumchlorid auf periphereArthritis, Enthesitis und anteriore Uveitis nicht be-kannt ist, sollten diese Parameter unbedingt doku-mentiert werden.

■ Medikamentenanamnese

Grundsätzlich könnte man fordern, dass vor einerBehandlung von AS-Patienten mit Radiumchloridein Behandlungsversuch mit Sulfasalazin gemachtwerden sollte. Da aber Sulfasalazin für die Indikationnicht zugelassen ist, kann dies heute nicht als condi-tio sine qua non gefordert werden.

Hinsichtlich der Behandlung mit nicht-steroidalenAntiphlogistika (NSA) wird empfohlen grundsätzlichso zu verfahren, dass kein Patient mit [224Ra]Radi-umchlorid behandelt wird, der unter NSA dauerhaftvöllig beschwerdefrei ist. Zu fordern ist, dass derPatient trotz dieser Behandlung einen Leidensdruckhat, der nach Einschätzung des Patienten zusätz-lichen therapeutische Maßnahmen erforderlichmacht.

■ Zusammenfassung

Der AS-Patient sollte also folgende Voraussetzungenerfüllen, um mit [224Ra]Radiumchlorid behandelt zuwerden:1. Diagnose AS nach den New York-Kriterien 19842. keine ausreichende Wirksamkeit von NSA3. Aktivität über mindestens drei Monate4. BASDAI >4 und5. VAS WS-Schmerz >4 in den letzten drei Monaten

oderCRP >10 mg/dl oderpositives MRT/ Szintigramm (nicht nur SIG)

6. radiologisch gesicherter Wirbelsäulenbefall mitNachweis von Spondylarthritis/Spondylitis/Spon-dylodiscitis oder mindestens zwei Syndesmophy-ten

7. radiologisch weniger als 80% Wirbelkörperfusio-nen (20) in den 3 WS-Abschnitten.

Kinder und Jugendliche mit nicht abgeschlossenemKnochenwachstum, junge Frauen, Schwangere, Pa-tienten mit frischen Frakturen sowie Patienten insehr frühen Stadien mit isoliertem SIG-Befall dürfennicht behandelt werden.

Die Patienten sollten vor der Behandlung überdas möglicherweise gering erhöhte Risiko einer ma-lignen Erkrankung des hämatopoetischen Systemsaufgeklärt werden.

Der behandelnde Rheumatologe und der Nuklear-mediziner sollten sich zur Datenerhebung im Rah-men der Anwendungsbeobachtung verpflichten.

83J. Braun et al.Therapie der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (224SpondylAT®)

Literatur

1. Averns HL, Oxtoby J, Taylor HG, JonesPW, Dziedzic K, Dawes PT (1996)Radiological outcome in ankylosingspondylitis: use of the Stoke Ankylos-ing Spondylitis Spine Score (SASSS).Br J Rheumatol 35(4):373–376

2. Garrett S, Jenkinson T, Kennedy LG,Whitelock H, Gaisford P, Calin A(1994) A new approach to defining dis-ease status in ankylosing spondylitis:the Bath Ankylosing Spondylitis Dis-ease Activity Index. J Rheumatol21(12):2286–2291

3. MacKay K, Mack C, Brophy S, Calin A(1998) The Bath Ankylosing Spondyli-tis Radiology Index (BASRI): a new, va-lidated approach to disease assessment.Arthritis Rheum 41(12):2263–2270

4. Ott VR (1972) Klinik und Therapie derankylosierenden Spondylitis (MorbusStrümpell-Marie-Bechterew). In: BrügelH. Fortschritte auf dem Gebiet derrheumatischen Erkrankungen und derdegenerativen Gelenkerkrankungen.Schattauer, Stuttgart 92–104

5. Schilling F: Spondylitis ankylopoetica.Die sogenannte Bechterewsche Kran-kheit und ihre Differentialdiagnose(einschließlich Spondylitis hyperostoti-ca, Spondylitis psoriatica und chron-ischem Reitersyndrom). In: Diethelm L(ed) Handbuch der medizinischenRadiologie. Springer Berlin HeidelbergNew York. Bd.VI/2: Röntgendiagnostikder Wirbelsäule, pp 452–689

6. Spoorenberg A, van der Heijde D, deKlerk E, Dougados M, de Vlam K, Mie-lants H, van der Tempel H, van derLinden S (1999) Relative value of ery-throcyte sedimentation rate and C-re-active protein in assessment of diseaseactivity in ankylosing spondylitis. JRheumatol 26(4):980–984

7. van der Linden S, Valkenburg HA, CatsA (1984) Evaluation of diagnostic cri-teria for ankylosing spondylitis. A pro-posal for modification of the New Yorkcriteria.Arthritis Rheum 27(4):361–368