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Editorial 151 Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2012/1003 JDDG | 3 ˙ 2012 (Band 10) Therapie der Atopischen Dermatitis – wo wir stehen und wohin wir gehen Matthias Schmuth Die Behandlung der atopischen Dermatitis bei Patienten jeden Alters gehört zu den zentralen Kompetenzfeldern der Dermatologen; die erfolgreiche Betreuung von Menschen, die an dieser häufigen und oft quälenden Erkrankung leiden, ist gewisser- maßen eines unserer „Aushängeschilder”. Im Gegensatz zur Psoriasis hat die Thera- pieforschung in den letzten Jahren allerdings nur wenige neue, molekular definierte Ansätze gegen die atopische Dermatitis hervorgebracht. Dazu gehören die topischen Calcineurininhibitoren (CI), bei denen schon bald nach Markteinführung eine „Blackbox“-Warnung der amerikanischen Arzneimittelbehörde wegen eines fraglich erhöhten Risikos, an Lymphomen oder Hautkrebs zu erkranken, für Unsicherheit bei Ärzten und Patienten sorgte. Der Beitrag von Magdalena Czarnecka-Operacz in die- sem Heft [1] fasst die gegenwärtige Datenlage zusammen und diskutiert fundiert, dass sich entsprechende Bedenken weitgehend relativiert haben. Dennoch, angesichts der erhöhten Malignom-Inzidenz unter systemischen CI bei organtransplantierten Patienten sowie der bekannten CI-Wirkung auf zytotoxische T-Lymphozyten bleibt der Auftrag an die Dermatologie bestehen, durch entsprechende Pharmakovigilanz die Unbedenklichkeit der topischen Applikation zu bestätigen. Mit der rasanten Zunahme unseres Wissens über Genetik und Funktion der Horn- schicht ist die gestörte Hautbarriere in den Fokus der Pathogeneseforschung ge- langt. Jedoch zeichnet sich ab, dass unsere derzeitigen Möglichkeiten, die Hautbar- riere therapeutisch zu restaurieren, nicht ausreichen und dass auch bei Neurodermitis-Patienten mit primären genetischen Barrieredefekten eine Ver- selbstständigung der Entzündungsvorgänge stattfindet. Dies fordert verbesserte im- muntherapeutische Maßnahmen. Erste Versuche mit bereits verfügbaren Biologika haben nur mäßige Erfolge gebracht. Wir benötigen also weitere Therapiestudien mit neuen, gezielten Ansätzen. In diesem Heft beschreibt Alain Taïeb, der wie Peter Elias bereits Jahre vor den jüngsten genetischen Befunden die Rolle der Hautbarriere in der Pathogenese der atopischen Dermatitis artikuliert hat [2, 3], die derzeit besten Kandidaten für derartige Therapiestudien. Lassen Sie sich von seiner ordnenden Übersichtsarbeit aufklären, die Ihnen die Vielfalt der Möglich- keiten anschaulich darlegt [4]. Diese Ausgabe des JDDG bringt Ihnen komplementäre Beiträge zur Therapie der atopischen Dermatitis, die auf balancierten Einschätzungen internationaler Experten beruhen. Um auch künftig unsere eigenständige Kompetenz im Fächerkanon der Medizin zu demonstrieren, benötigen wir als Dermatologen letztlich zwei Dinge: den

Therapie der Atopischen Dermatitis – wo wir stehen und wohin wir gehen

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Page 1: Therapie der Atopischen Dermatitis – wo wir stehen und wohin wir gehen

Editorial 151

Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2012/1003 JDDG | 3˙2012 (Band 10)

Therapie der AtopischenDermatitis – wo wir stehen undwohin wir gehenMatthias Schmuth

Die Behandlung der atopischen Dermatitis bei Patienten jeden Alters gehört zu denzentralen Kompetenzfeldern der Dermatologen; die erfolgreiche Betreuung vonMenschen, die an dieser häufigen und oft quälenden Erkrankung leiden, ist gewisser-maßen eines unserer „Aushängeschilder”. Im Gegensatz zur Psoriasis hat die Thera-pieforschung in den letzten Jahren allerdings nur wenige neue, molekular definierteAnsätze gegen die atopische Dermatitis hervorgebracht. Dazu gehören die topischenCalcineurininhibitoren (CI), bei denen schon bald nach Markteinführung eine„Blackbox“-Warnung der amerikanischen Arzneimittelbehörde wegen eines fraglicherhöhten Risikos, an Lymphomen oder Hautkrebs zu erkranken, für Unsicherheit beiÄrzten und Patienten sorgte. Der Beitrag von Magdalena Czarnecka-Operacz in die-sem Heft [1] fasst die gegenwärtige Datenlage zusammen und diskutiert fundiert,dass sich entsprechende Bedenken weitgehend relativiert haben. Dennoch, angesichtsder erhöhten Malignom-Inzidenz unter systemischen CI bei organtransplantiertenPatienten sowie der bekannten CI-Wirkung auf zytotoxische T-Lymphozyten bleibtder Auftrag an die Dermatologie bestehen, durch entsprechende Pharmakovigilanzdie Unbedenklichkeit der topischen Applikation zu bestätigen.

Mit der rasanten Zunahme unseres Wissens über Genetik und Funktion der Horn-schicht ist die gestörte Hautbarriere in den Fokus der Pathogeneseforschung ge-langt. Jedoch zeichnet sich ab, dass unsere derzeitigen Möglichkeiten, die Hautbar-riere therapeutisch zu restaurieren, nicht ausreichen und dass auch beiNeurodermitis-Patienten mit primären genetischen Barrieredefekten eine Ver-selbstständigung der Entzündungsvorgänge stattfindet. Dies fordert verbesserte im-muntherapeutische Maßnahmen. Erste Versuche mit bereits verfügbaren Biologikahaben nur mäßige Erfolge gebracht. Wir benötigen also weitere Therapiestudienmit neuen, gezielten Ansätzen. In diesem Heft beschreibt Alain Taïeb, der wie Peter Elias bereits Jahre vor den jüngsten genetischen Befunden die Rolle der Hautbarriere in der Pathogenese der atopischen Dermatitis artikuliert hat [2, 3],die derzeit besten Kandidaten für derartige Therapiestudien. Lassen Sie sich vonseiner ordnenden Übersichtsarbeit aufklären, die Ihnen die Vielfalt der Möglich-keiten anschaulich darlegt [4].

Diese Ausgabe des JDDG bringt Ihnen komplementäre Beiträge zur Therapie deratopischen Dermatitis, die auf balancierten Einschätzungen internationaler Expertenberuhen. Um auch künftig unsere eigenständige Kompetenz im Fächerkanon derMedizin zu demonstrieren, benötigen wir als Dermatologen letztlich zwei Dinge: den

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souveränen Einsatz sämtlicher derzeit verfügbarer Therapiemöglichkeiten sowie mehrsorgfältig geplante und ausreichend dimensionierte klinische Studien. Gerade beihäufigen entzündlichen Hauterkrankungen wie der atopischen Dermatitis oder derPsoriasis mit ausreichend großen Patientenzahlen kann die Dermatologie dies häufigin Form akademischer Eigenstudien leisten. Lassen Sie sich inspirieren!

Matthias Schmuth

KorrespondenzanschriftProf. Dr. Matthias SchmuthUniv. Klinik für Dermatologie und VenerologieMedizinische Universität InnsbruckAnichstr. 35A-6020 Innsbruck, AustriaTel.: +43-512-504-24801Fax: +43-512-504-23002E-Mail: [email protected]

Literatur1 Czarnecka-Operacz M, Jenerowicz D. Topical calcineurin inhibitors in the treatment

of atopic dermatitis – an update on safety issues. J Dtsch Dermatol Ges 2012; 10:167–173.

2 Taïeb A. Hypothesis: from epidermal barrier dysfunction to atopic disorders. ContactDermatitis 1999; 41: 177–180.

3 Elias PM, Feingold KR. Does the tail wag the dog? Role of the barrier in the pathoge-nesis of inflammatory dermatoses and therapeutic implications. Arch Dermatol2001; 137: 1079–1081.

4 Taïeb A, Seneschal J, Mossalayi MD. Biologics in atopic dermatitis. J Dtsch DermatolGes 2012; 10: 174–179.