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Therapie to go! Kann eHealth die Medikamentenadhärenz von Menschen, die an einer Psychose erkrankt sind, verbessern? © 2020, M. Falbrede, D. Freude, V. Lefler Hintergrund Die Erfolgsraten der medikamentösen Therapie bei psychose erkrankten Menschen ist hoch. Für manche der Erkrankten ist diese unabdingbar. Die Rückfallprophylaxe hingegen gestaltet sich schwierig. Etwa 10 Tage nach der Entlassung brechen 25% der Erkrankten die medikamentöse Therapie ab. Die häufigste Ursache hierfür ist die fehlende Adhärenz. Ein neuer Ansatz, um die Adhärenz bei der Medikamenteneinnahme der Erkrankten zu fördern, stellt die Digitalisierung dar. Diese Anwendungen werden als eHealth bezeichnet. Das Interesse sowie das Angebot in diesem Segment wächst stetig. Was ist eHealth? EHealth stellt die Verwendung von digitalen Informations- und Kommunikationstechniken in der medizinischen und therapeutischen Versorgung dar. Möglich sind eine begleitete oder unbegleitete Verwendung von Apps, Internetseiten sowie Videotelefonie. Tragbare Geräte ermöglichen zudem die Erfassung von Gesundheitsdaten, der Stressbelastung oder der Aktivität. Adhärenz bei Psychose-Patienten Die medikamentöse Behandlung stellt einen wichtigen Baustein in der Behandlung dar. Die Abbruchrate ist jedoch sehr hoch und verschlechtert den Verlauf wie auch die Prognose der Erkrankung. Etwa 25% der Erkrankten setzen nach 10 Tagen ihre Medikamente ab. Innerhalb eines Jahres sind es 50% und innerhalb von zwei Jahren ganze 75%. Synchrone Kommunikation, auch „Skype“-Therapie genannt Zeitgleich, z.B. Therapie über audiovisuelle Medien (Videokonferenz) Vorteil ist, es kann unmittelbar auf nonverbale Aspekte reagiert werden Asynchrone Kommunikation Zeitversetze Therapie, z.B. via E-Mail oder Chats Der Therapeut und der Nutzer müssen keinen gemeinsamen Termin finden Angeleitete Selbstmanagementinterventionen Der Nutzer bekommt regelmäßig Rückmeldungen zu seinem Nutzungsverhalten Dadurch soll er zur weiteren Nutzung der Intervention motiviert werden Es besteht die Möglichkeit für die Nutzer Kontakt aufzunehmen und Fragen zu stellen Ziel ist es die Häufigkeit und Intensität der Nutzung der Intervention zu erhöhen Es führt zu geringeren Drop-Out Raten und einer höheren Wirksamkeit Einige Interventionen geben dem Nutzer Feedback zu den Inhalten (z.B. den Symptomprotokollen, den Tagebucheinträgen oder zu Expositionsübungen) Nichtangeleitete Selbstmanagementinterventionen Der Nutzer arbeitet sich eigenständig durch das Programm und erhält keine Anleitung Diese Interventionen werden zu Beginn mit hohem Aufwand entwickelt und wissenschaftlich evaluiert Danach können sie mit geringem Aufwand der breiten Masse angeboten werden Kombinationsbehandlung auch „blended interventions“ genannt Selbstmanagementintervention in Kombination mit einer direkten Behandlung Kann psychiatrisch, psychotherapeutisch oder allgemeinmedizinisch ausgerichtet sein Anwendung im ambulanten, teil- sowie vollstationären Setting möglich Diskussion EHealth verbessert die Therapietreue, spart auf lange Sicht Kosten und kann durch seine Anwendungsmöglichkeiten die Betroffenen an die Medikamenteneinnahme erinnern. Die Akzeptanz dieser Interventionen steigt zunehmend, da sie einfach anzuwenden sind. Die effektiven und positiven Ergebnisse bringen auch viele Bedenken bzgl. der Speicherung und Verwendung von Daten der Betroffenen mit sich. Zudem sind die smarten Geräte in der Anschaffung teuer und bleiben für Menschen mit niedrigem Einkommen schwer zugänglich. Bezogen auf die Evidenz der Studienlage zum Einsatz von eHealth weisen viele dieser Studien Einschränkungen auf. Schlussfolgernd kann dennoch festgestellt werden, dass eHealth die Adhärenz bei der Therapietreue, inklusive der Medikamenteneinnahme, fördert. Arten der internetbasierten Interventionen Ergebnisse Stimmung Quellennachweise Bonet, L., Izquierdo, C., Escartí, M. J., Sancho, J. V., Arce, D., Blanquer, I. & et al. (2017). Use of mobile technologies in patients with psychosis: A systematic review. Revista de Psiquiatría y Salud Men-tal (English Edition), 10, S. 168–178. Lauer, W., Sudhop, T. & Broich, K. (2018). E-Health und Medizinprodukte: Bundesgesundheitsblatt Schwerpunktheft. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 6, S. 249–251. Stentzel, U., Berg, N., Schulze, L., Schwaneberg, T., Radicke, F., Langosch, J. & et al. (2018). Pre-dictors of medication adherence among patients with severe psychiatric disorders: findings from the base-line assessment of a randomized controlled trial (Tecla). BMC Psychiatry, 18, S. 1–8. Treisman, G., Jayaram, G., Margolis, R., Pearl-son, G., Schmidt, Ch., Mihelish, G. & et al. (2016). Perspectives on the Use of eHealth in the Management of Patients With Schizophrenia. The Journal of Nervous and Mental Disease, 204, S. 620–629. Vauth, R. & Stieglitz, R.-D. (2017). Behandlungsbereitschaft bei Menschen mit schizophrenen Störun-gen nachhaltig aufbauen. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 65, S. 73–82. Was ist eine Psychose? Während einer Psychose verkennen Betroffene die Realität. Mögliche Symptome sind Veränderungen in der Wahrnehmung, z.B. Wahrnehmungsstörungen, oder des Gefühlslebens. Psychosen kommen häufig bei schweren psychischen Erkrankungen, wie z.B. der Schizophrenie oder bipolaren Störung, vor. Förderung des Krankheitsmanagements Evaluation der Symptome Verbesserung der Therapietreue Förderung des Selbstmanagements Verbesserung der Gesundheitsversorgung Implementierung Kosten Datenschutz Mangelnde Akzeptanz Bedenken Nutzung von… Apps Digitalen Tagebüchern SMS Telefonaten Maßnahmen Mobile Geräte Akzeptanz der Technologie Erreichen von Risikogruppen Voraussetzungen Methodik Anhand einer systematischen Literaturrecherche wurde betrachtet, ob eHealth die Adhärenz bei der Medikamenteneinnahme von Personen, die an einer Psychose erkrankt sind, fördern kann. Die Suche ergab 42 Treffer. Nach Sichtung der Titel, der Abstracts und nach Prüfung weiterer Ausschlusskriterien ergaben sich 4 relevante Publikationen.

Therapie to go!€¦ · mobile technologies in patients with psychosis: A systematic review. Revista de Psiquiatría y Revista de Psiquiatría y Salud Men-tal (English Edition), 10,

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Therapie to go!Kann eHealth die Medikamentenadhärenz von Menschen,

die an einer Psychose erkrankt sind, verbessern?

© 2020, M. Falbrede, D. Freude, V. Lefler

HintergrundDie Erfolgsraten der medikamentösen Therapie bei psychose erkranktenMenschen ist hoch. Für manche der Erkrankten ist diese unabdingbar. DieRückfallprophylaxe hingegen gestaltet sich schwierig. Etwa 10 Tage nach derEntlassung brechen 25% der Erkrankten die medikamentöse Therapie ab. Diehäufigste Ursache hierfür ist die fehlende Adhärenz. Ein neuer Ansatz, um dieAdhärenz bei der Medikamenteneinnahme der Erkrankten zu fördern, stellt dieDigitalisierung dar. Diese Anwendungen werden als eHealth bezeichnet. DasInteresse sowie das Angebot in diesem Segment wächst stetig.

Was ist eHealth?EHealth stellt die Verwendung von digitalen Informations- undKommunikationstechniken in der medizinischen und therapeutischenVersorgung dar. Möglich sind eine begleitete oder unbegleiteteVerwendung von Apps, Internetseiten sowie Videotelefonie. TragbareGeräte ermöglichen zudem die Erfassung von Gesundheitsdaten, derStressbelastung oder der Aktivität.

Adhärenz bei Psychose-PatientenDie medikamentöse Behandlung stellt einen wichtigen Baustein in derBehandlung dar. Die Abbruchrate ist jedoch sehr hoch und verschlechtertden Verlauf wie auch die Prognose der Erkrankung.Etwa 25% der Erkrankten setzen nach 10 Tagen ihre Medikamente ab.Innerhalb eines Jahres sind es 50% und innerhalb von zwei Jahren ganze75%.

Synchrone Kommunikation, auch „Skype“-Therapie genannt

• Zeitgleich, z.B. Therapie über audiovisuelle Medien (Videokonferenz)• Vorteil ist, es kann unmittelbar auf nonverbale Aspekte reagiert werden

Asynchrone Kommunikation

• Zeitversetze Therapie, z.B. via E-Mail oder Chats• Der Therapeut und der Nutzer müssen keinen gemeinsamen Termin finden

Angeleitete Selbstmanagementinterventionen

• Der Nutzer bekommt regelmäßig Rückmeldungen zu seinem Nutzungsverhalten• Dadurch soll er zur weiteren Nutzung der Intervention motiviert werden• Es besteht die Möglichkeit für die Nutzer Kontakt aufzunehmen und Fragen zu stellen• Ziel ist es die Häufigkeit und Intensität der Nutzung der Intervention zu erhöhen• Es führt zu geringeren Drop-Out Raten und einer höheren Wirksamkeit• Einige Interventionen geben dem Nutzer Feedback zu den Inhalten (z.B. den

Symptomprotokollen, den Tagebucheinträgen oder zu Expositionsübungen)

Nichtangeleitete Selbstmanagementinterventionen

• Der Nutzer arbeitet sich eigenständig durch das Programm und erhält keine Anleitung • Diese Interventionen werden zu Beginn mit hohem Aufwand entwickelt und

wissenschaftlich evaluiert• Danach können sie mit geringem Aufwand der breiten Masse angeboten werden

Kombinationsbehandlung auch „blended interventions“ genannt

• Selbstmanagementintervention in Kombination mit einer direkten Behandlung• Kann psychiatrisch, psychotherapeutisch oder allgemeinmedizinisch ausgerichtet sein • Anwendung im ambulanten, teil- sowie vollstationären Setting möglich

DiskussionEHealth verbessert die Therapietreue, spart auf lange Sicht Kosten und kanndurch seine Anwendungsmöglichkeiten die Betroffenen an dieMedikamenteneinnahme erinnern. Die Akzeptanz dieser Interventionensteigt zunehmend, da sie einfach anzuwenden sind. Die effektiven undpositiven Ergebnisse bringen auch viele Bedenken bzgl. der Speicherung undVerwendung von Daten der Betroffenen mit sich. Zudem sind die smartenGeräte in der Anschaffung teuer und bleiben für Menschen mit niedrigemEinkommen schwer zugänglich. Bezogen auf die Evidenz der Studienlage zumEinsatz von eHealth weisen viele dieser Studien Einschränkungen auf.Schlussfolgernd kann dennoch festgestellt werden, dass eHealth dieAdhärenz bei der Therapietreue, inklusive der Medikamenteneinnahme,fördert.

Arten der internetbasierten Interventionen

Ergebnisse

StimmungQuellennachweiseBonet, L., Izquierdo, C., Escartí, M. J., Sancho, J. V., Arce, D., Blanquer, I. & et al. (2017). Use ofmobile technologies in patients with psychosis: A systematic review. Revista de Psiquiatría ySalud Men-tal (English Edition), 10, S. 168–178.

Lauer, W., Sudhop, T. & Broich, K. (2018). E-Health und Medizinprodukte:Bundesgesundheitsblatt Schwerpunktheft. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung,Gesundheitsschutz, 6, S. 249–251.

Stentzel, U., Berg, N., Schulze, L., Schwaneberg, T., Radicke, F., Langosch, J. & et al. (2018).Pre-dictors of medication adherence among patients with severe psychiatric disorders:findings from the base-line assessment of a randomized controlled trial (Tecla). BMCPsychiatry, 18, S. 1–8.

Treisman, G., Jayaram, G., Margolis, R., Pearl-son, G., Schmidt, Ch., Mihelish, G. & et al.(2016). Perspectives on the Use of eHealth in the Management of Patients WithSchizophrenia. The Journal of Nervous and Mental Disease, 204, S. 620–629.

Vauth, R. & Stieglitz, R.-D. (2017). Behandlungsbereitschaft bei Menschen mit schizophrenenStörun-gen nachhaltig aufbauen. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie,65, S. 73–82.

Was ist eine Psychose?Während einer Psychose verkennen Betroffene die Realität. MöglicheSymptome sind Veränderungen in der Wahrnehmung, z.B.Wahrnehmungsstörungen, oder des Gefühlslebens. Psychosen kommenhäufig bei schweren psychischen Erkrankungen, wie z.B. der Schizophrenieoder bipolaren Störung, vor.

Förderung des KrankheitsmanagementsEvaluation der Symptome

Verbesserung der TherapietreueFörderung des Selbstmanagements

Verbesserung der Gesundheitsversorgung

Implementierung

KostenDatenschutz

Mangelnde Akzeptanz

Bedenken

Nutzung von…Apps

Digitalen TagebüchernSMS

Telefonaten

Maßnahmen

Mobile GeräteAkzeptanz der Technologie

Erreichen von Risikogruppen

Voraussetzungen

MethodikAnhand einer systematischen Literaturrecherche wurde betrachtet, obeHealth die Adhärenz bei der Medikamenteneinnahme von Personen, die aneiner Psychose erkrankt sind, fördern kann.Die Suche ergab 42 Treffer. Nach Sichtung der Titel, der Abstracts und nachPrüfung weiterer Ausschlusskriterien ergaben sich 4 relevante Publikationen.