15
12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik Rafael Beck*, Martin Sorge*, Antonius Schneider, Andreas Dietz Zusammenfassung Hintergrund: Die Lebenszeitprävalenz der Epistaxis beträgt schätzungsweise 60 %. Etwa 6–10 % der Betroffenen benötigen medizinische Hilfe. In Einzelfällen treten schwere Blutungen auf, die eine schnelle Therapieeinleitung erfordern. Methode: Selektive Literaturrecherche in PubMed mit Einbeziehung eigener klinischer Erfahrungen. Ergebnisse: In Deutschland existieren keine Leitlinien zum Management der Epistaxis. Die Evidenzlage basiert überwiegend auf retrospektiven Analysen und Expertenmeinungen. Etwa 65–75 % der behandlungsbedürftigen Patienten können mit Basismaß- nahmen durch Haus- oder Notarzt versorgt werden. Im Falle persistierender anteriorer Epistaxis kann der HNO-Facharzt mit chemischer oder elektrischer Kauterisation in 78–88 % der Fälle eine Blutungskontrolle erzielen. Bei Therapieversagen oder posteriorer Epistaxis werden Tamponaden verwendet. Eine operative Therapie erwies sich bei posteriorer Epistaxis im Vergleich zur Tamponade in einer retrospektiven Studie als effektiver (97 % versus 62 % Therapieerfolg). Bei hohem Narkoserisiko ist die perkutane Embolisation eine Alternative. Schlussfolgerung: Die Behandlung schwerer/rezidivierender Epistaxis erfordert ein interdisziplinäres Vorgehen zwischen Haus- arzt/Notarzt, HNO-Facharzt und HNO-Fachklinik. Wünschenswert ist die Erstellung einheitlicher Leitlinien und die Durchführung epidemiologischer Studien. Zitierweise Beck R, Sorge M, Schneider A, Dietz A: Current approaches to epistaxis treatment in primary and secondary care. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 12–22. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0012 L eichtere Episoden von Epistaxis sistieren spon- tan oder werden vom Hausarzt oder Notarzt häufig erfolgreich behandelt. Nur bei rezidi- vierendem oder schwerem Nasenbluten wird der Patient zu einem HNO-Facharzt oder einer Notfall- ambulanz zur weiterführenden Diagnostik und The- rapie weitergeleitet. In Deutschland gibt es aktuell keine Leitlinie zur Behandlung von Epistaxis. Diese Arbeit hat das Ziel, einen Überblick über den aktu- ellen Stand von Epidemiologie, Anatomie und Risi- kofaktoren zu geben. Des Weiteren werden konkrete Empfehlungen zur Behandlung der Epistaxis für die Erst- und Sekundärversorgung dargestellt. Lernziele Der Leser soll: Einen Überblick über Epidemiologie, anatomi- sche Zusammenhänge und Ursachen der Epista- xis erhalten. Die wichtigsten Basismaßnahmen im Rahmen der Behandlung einer Epistaxis verinnerlichen. Die jeweiligen diagnostischen und therapeuti- schen Vorgehensweisen durch den Hausarzt und/oder Notarzt, den HNO-Facharzt und die HNO-Fachklinik kennenlernen. * Die beiden Autoren teilen sich die Erstautorenschaft. HNO-Universitäts- klinik, Leipzig: R. Beck, Dr. med. Sorge, Prof. Dr. med. Dietz Institut für Allgemeinmedizin, TU München: Prof. Dr. med. Schneider Epidemiologie Die Lebenszeitprävalenz der Epistaxis beträgt 60 %. Nur etwa 6–10 % der Betroffenen suchen medizinische Hilfe auf. Methodik Die Arbeit basiert auf einer selektiven Literaturrecherche in der Datenbank PubMed mit den Suchbegriffen „epistaxis“, „epistaxis anticoagulation“, „epistaxis thera- py“, „epistaxis packing“ und „epistaxis embolization“ im Titel im Zeitraum vom 1. 1. 2000 bis 1. 2. 2017. Darüber hinaus wurden einzelne ältere Grundlagenveröffentli- chungen, Lehrbücher und die klinische Erfahrung der Autoren einbezogen. Epidemiologie Ungefähr 60 % der Bevölkerung haben mindestens ein Mal in ihrem Leben Epistaxis (1). Exakte epidemiolo- gische Daten zur Inzidenz sind nicht bekannt, da keine epidemiologischen Studien vorliegen und nur etwa 6–10 % der Betroffenen medizinische Hilfe aufsuchen 3 Punkte cme

Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

  • Upload
    others

  • View
    7

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018

M E D I Z I N

Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und KlinikRafael Beck*, Martin Sorge*, Antonius Schneider, Andreas Dietz

ZusammenfassungHintergrund: Die Lebenszeitprävalenz der Epistaxis beträgt schätzungsweise 60 %. Etwa 6–10 % der Betroffenen benötigen medizinische Hilfe. In Einzelfällen treten schwere Blutungen auf, die eine schnelle Therapieeinleitung erfordern.

Methode: Selektive Literaturrecherche in PubMed mit Einbeziehung eigener klinischer Erfahrungen.

Ergebnisse: In Deutschland existieren keine Leitlinien zum Management der Epistaxis. Die Evidenzlage basiert überwiegend auf retrospektiven Analysen und Expertenmeinungen. Etwa 65–75 % der behandlungsbedürftigen Patienten können mit Basismaß-nahmen durch Haus- oder Notarzt versorgt werden. Im Falle persistierender anteriorer Epistaxis kann der HNO-Facharzt mit chemischer oder elektrischer Kauterisation in 78–88 % der Fälle eine Blutungskontrolle erzielen. Bei Therapieversagen oder posteriorer Epistaxis werden Tamponaden verwendet. Eine operative Therapie erwies sich bei posteriorer Epistaxis im Vergleich zur Tamponade in einer retrospektiven Studie als effektiver (97 % versus 62 % Therapieerfolg). Bei hohem Narkoserisiko ist die perkutane Embolisation eine Alternative.

Schlussfolgerung: Die Behandlung schwerer/rezidivierender Epistaxis erfordert ein interdisziplinäres Vorgehen zwischen Haus-arzt/Notarzt, HNO-Facharzt und HNO-Fachklinik. Wünschenswert ist die Erstellung einheitlicher Leitlinien und die Durchführung epidemiologischer Studien.

Zitierweise Beck R, Sorge M, Schneider A, Dietz A: Current approaches to epistaxis treatment in primary and secondary care. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 12–22. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0012

L eichtere Episoden von Epistaxis sistieren spon-tan oder werden vom Hausarzt oder Notarzt häufig erfolgreich behandelt. Nur bei rezidi -

vierendem oder schwerem Nasenbluten wird der Patient zu einem HNO-Facharzt oder einer Notfall -ambulanz zur weiterführenden Diagnostik und The-rapie weitergeleitet. In Deutschland gibt es aktuell keine Leitlinie zur Behandlung von Epistaxis. Diese Arbeit hat das Ziel, einen Überblick über den aktu-ellen Stand von Epidemiologie, Anatomie und Risi-kofaktoren zu geben. Des Weiteren werden konkrete Empfehlungen zur Behandlung der Epistaxis für die Erst- und Sekundärversorgung dargestellt.

LernzieleDer Leser soll: ● Einen Überblick über Epidemiologie, anatomi-

sche Zusammenhänge und Ursachen der Epista-xis erhalten.

● Die wichtigsten Basismaßnahmen im Rahmen der Behandlung einer Epistaxis verinnerlichen.

● Die jeweiligen diagnostischen und therapeuti-schen Vorgehensweisen durch den Hausarzt und/oder Notarzt, den HNO-Facharzt und die HNO-Fachklinik kennenlernen.

* Die beiden Autoren teilen sich die Erstautorenschaft.

HNO-Universitäts -klinik, Leipzig: R. Beck, Dr. med. Sorge, Prof. Dr. med. Dietz

Institut für Allgemeinmedizin, TU München: Prof. Dr. med. Schneider

Epidemiologie Die Lebenszeitprävalenz der Epistaxis beträgt 60 %. Nur etwa 6–10 % der Betroffenen suchen medizinische Hilfe auf.

MethodikDie Arbeit basiert auf einer selektiven Literaturrecherche in der Datenbank PubMed mit den Suchbegriffen „epistax is“, „epistaxis anticoagulation“, „epistaxis thera-py“, „epistaxis packing“ und „epistaxis embolization“ im Titel im Zeitraum vom 1. 1. 2000 bis 1. 2. 2017. Darüber hinaus wurden einzelne ältere Grundlagenveröffentli-chungen, Lehrbücher und die klinische Erfahrung der Autoren einbezogen.

EpidemiologieUngefähr 60 % der Bevölkerung haben mindestens ein Mal in ihrem Leben Epistaxis (1). Exakte epidemiolo-gische Daten zur Inzidenz sind nicht bekannt, da keine epidemiologischen Studien vorliegen und nur etwa 6–10 % der Betroffenen medizinische Hilfe aufsuchen

3Punkte

cme

Page 2: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 13

M E D I Z I N

(1, 2). In Deutschland liegen genauere Daten lediglich von den Notfallambulanzen vor. In einer retrospektiven Studie wurde eine Inzidenz von 121/100 000 Einwoh-ner für die Behandlung von Epistaxis in einer Notfal-lambulanz in Ost thüringen beschrieben (3).

Laut einer US-amerikanischen retrospektiven Studie erfolgten 1–2 von 200 Vorstellungen in der Notaufnah-me aufgrund von Epistaxis, etwa 5 % der Patienten mussten stationär aufgenommen werden (4, 5). In Deutschland wurden im Jahr 2015 insgesamt 19 841 Pa-tienten (11 733 männlich und 8 108 weiblich) aufgrund von Epistaxis stationär behandelt. Die durchschnittliche Verweildauer betrug 3,6 Tage (6). Von den stationär auf-genommenen Patienten waren 71 % 65 Jahre und älter, 18 % zwischen 45 und 65 Jahren, 5 % zwischen 15 und 45 Jahren und 6 % unter 15 Jahren (6). Zahlen zur haus-ärztlichen Epistaxisversorgung sind nicht veröffentlicht.

AnatomieDie arterielle Versorgung der Nasenhöhle ist in Grafik 1 dargestellt. In 90–95 % der Fälle tritt Epistaxis ante-rior im Bereich des vorderen Nasenseptums, dem Lo-cus Kiesselbachi (7–10) und in 5–10 % posterior im hinteren Bereich der Nasenhöhle auf (7, 10, 11).

Ursachen/ÄtiologieDie häufigste Ursache von Epistaxis ist ein Trauma durch digitale Manipulation („In-der-Nase-Bohren“) (12). Weitere Ursachen sind in Kasten 1 dargestellt. In ei-nem systematischen Review aus dem Jahr 2014 wurde berichtet, dass die Mehrheit der Studien einen erhöhten Blutdruck zum Zeitpunkt der Epistaxis beschreiben. Die-se konnten jedoch nicht belegen, dass die Hypertonie ei-ne unmittelbare Ursache der Epistaxis ist. Begleitstress und ein möglicher „Weißkittel-Effekt“ trugen möglicher-weise zu einem erhöhten arteriellen Blutdruck im Rah-men einer Epistaxis bei (13). Mehrere Studien zeigten ei-ne relative Zunahme von Epistaxisepisoden in der tro-ckenen und kalten Jahreszeit oder in Perioden mit deutli-chen Temperatur- und Luftdruckschwankungen (14–18).

Die Einnahme von gerinnungshemmenden Medika-menten führt zur Erhöhung des Epistaxisrisikos (19). Etwa 24–33 % aller hospitalisierten Epistaxispatienten nehmen Antikoagulanzien und/oder Thrombozytenaggregations-hemmer ein (20, 21). Die Einnahme von Acetylsalicyl-säure erhöht den Schweregrad, die Anzahl der Rezidive der Epistaxis und die Notwendigkeit einer operativen Blutstillung (22, 23). In einer retrospektiven Kohorten -studie aus Zürich konnte die Einnahme von Vitamin-

AnatomieIn 90–95 % der Fälle von Epistaxis findet sich die Blutungsquelle im Bereich des vorderen Nasenseptums, dem Locus Kiesselbachi.

UrsachenDie häufigste Ursache von Epistaxis ist ein Trauma durch digitale Manipulation.

GRAFIK 1

a)

A. meningea anterior

A. ethmoidalis anterior

A. ethmoidalis pos-terior

Locus Kiessel-

bachi

A. opthalmica

A. spheno-palatina

A. maxillaris

A. carotis internaA. carotis externa b)

A. ethmoidalis

anterior

A. palatina major

A. ethmoidalis posterior A. opthalmica

A. spheno-palatina

A. palatina descendens

A. maxilarisA. carotis interna

A. carotis externaAa. nasales

posteriores laterales

Arterielle Versorgung der Nasenhöhle (e34) Die unterschiedliche Herkunft aus dem Stromgebiet der A. carotis interna (grün) und A. carotis externa (gelb) ist in a) angedeutet. Der Locus Kiesselbachi wird aus Ästen beider Hauptarterien gespeist (rot).a) Arterien zur Versorgung der Nasenscheidewand und b) der lateralen Wand der Nasenhöhle.

(aus

: Pro

methe

us Le

rnAtla

s, 3.

Aufl.,

mit f

reun

dlich

er G

eneh

migu

ng de

s Thie

me V

erlag

es)

Page 3: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

14 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018

M E D I Z I N

GRAFIK 2 Behandlungs -algorithmus

Ebene 1: durch den Hausarzt/Notarzt

Ebene 2: durch den HNO-Facharzt

Ebene 3: durch die HNO-Fachklinik

Ebene 1: Behandlung der Epistaxis durch Hausarzt/Notarzt

Entlassung in die Häuslichkeit Rezidivprophylaxe durch

Nasenschleimhautpflege und Schnäuzverbot 7–10 Tage

Basismaßnahmen für alle Behandlungsebenen: Kontaminationsprophylaxe Evaluation von Atmung und Kreislauf Anamnese Labor und Bildgebung nur bei bestimmten Indikationen

Patient kreislaufstabil, Sistieren der Blutung

Patient kreislaufstabil, Persistieren der Blutung

Patient kreislaufinstabil

keine erneute Blutung

notfallmäßige Konsultation eines HNO-Facharztes

Ebene 2: Behandlung der Epistaxis durch den HNO-Facharzt

Epistaxis

Nasenflügelkompression Eiskrawatte

Aufrechtes Sitzen Ausspucken des Blutes

Blutdruck messen und ggf. senken

erneute Blutung

30 Minuten Überwachung antiseptische Nasensalbe

anteriore Rhinoskopie ggf. Endoskopie

Blutungsquelle sichtbar, an-terior

persistierende Blutung

Blutungsquelle nicht sicht-bar u./o. posterior

Notfalltransport in eine HNO-Fachklinik Volumensubstitution

TamponadeElektrokoagulation,

alternativ Silbernitrat ggf. hämostatische

Wundgaze

Sistieren der Blutung

Entlassung in die Häuslichkeit Rezidivprophylaxe durch

Nasenschleimhautpflege und Schnäuzverbot 7–10 Tage

persistierende Blutung Patient narkosefähig

persistierende Blutung Patient nicht narkosefähig

Embolisation

Ebene 3: Behandlung der Epistaxis durch die HNO-Fachklinik

Sistieren der Blutung

Blutung Patient

narkose-fähig

Blutung Patient nicht narkosefähig

Detamponade nach 48 Stunden

ggf. Antibiose

keine Blutung innerhalb von 24 Stunden

persistierende Blutung

operative Therapie, i. d. R. endoskopische Sphenopalatina-Ligatur

Page 4: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 15

M E D I Z I N

werden im Folgenden die Behandlungsempfehlungen für die Ebenen Hausarzt/Notarzt, HNO-Facharzt und HNO-Fachklinik separat aufgeführt. In Grafik 2 ist ein durch uns erstellter Behandlungsalgorithmus dar-gestellt, der sowohl Behandlungsempfehlungen der internationalen Literatur als auch hausinterne Stan-dard Operating Procedures berücksichtigt. Bestimmte Maßnahmen sind für jede der genannten Behand-lungsfelder relevant.

KontaminationsprophylaxeGrundsätzlich ist auf eine Kontaminationsprophylaxe zu achten. Bei näherem Patientenkontakt, beispielswei-se im Rahmen einer Rhinoskopie oder Endoskopie, ist das Tragen einer Schutzbrille, eines Kittels, von Hand-schuhen und einer Gesichtsmaske zu empfehlen (12).

Initiale Evaluation von Atmung und KreislaufInsbesondere bei schweren Blutungen sollte initial ge-mäß des ABC-Schemas eine Evaluation der Sicherheit des Atemwegs, der Atmung und der kardiovaskulären Stabilität erfolgen (29–31). Bei Symptomen eines Volu-menmangels sollte ein peripher-venöser Zugang gelegt und Volumen substituiert werden. Eine frühzeitige Blutdruckmessung ist essenzieller Bestandteil der Dia -gnostik.

AnamneseAnamnestisch von Bedeutung sind zunächst die Inten-sität und der zeitliche Verlauf der Blutung, um die Dringlichkeit der Versorgung einschätzen zu können (29). Weiterhin sind für eine Epistaxis prädisponieren-de Faktoren zu erfragen (Kasten 1, 2) (12, 29). Ein wichtiger Bestandteile der Anamnese ist die Eruierung der Medikation des Patienten, insbesondere hinsicht-lich einer Antikoagulation oder Thrombozytenaggrega-tionshemmung (Kasten 2) (29).

LaborIn vielen Fällen der unkomplizierten Epistaxis ist eine Labordiagnostik nicht erforderlich. Im Falle einer Anti-koagulation des Patienten sollte jedoch eine Gerin-nungsdiagnostik mit Bestimmung der International Normalized Ratio (INR) erfolgen.

BildgebungEine Bildgebung ist in der Regel nicht notwendig, soll-te jedoch bei rezidivierender Epistaxis unklarer Ursa-che zur Abklärung einer neoplastischen Erkrankung, wie beispielsweise eines juvenilen Nasenrachenfi-broms, durchgeführt werden (32).

BehandlungDie Therapie der Epistaxis erfordert ein strukturiertes interdisziplinäres Vorgehen durch Hausarzt, Notarzt, HNO-Facharzt und HNO-Fachklinik.

KontaminationsprophylaxeBei näherem Patientenkontakt, beispielsweise im Rahmen einer Rhinoskopie oder Endoskopie, ist das Tragen einer Schutzbrille, eines Kittels, von Handschuhen und einer Gesichtsmaske zu empfehlen.

K-Antagonisten als unabhängiger und signifikanter Risi-kofaktor für wiederkehrende Epistaxis mit einem Odds Ra-tio (OR) von 11,6 belegt werden (23). Immer häufiger wer-den Patienten direkte orale Antikoagulanzien verschrieben (24). Die Datenlage für diese Medikamentengruppe im Zu-sammenhang mit Epistaxis ist aktuell spärlich.

In einer beobachtenden prospektiven Studie wurde für Dabigatran im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonis-ten eine Reduktion von Fällen schwerer Epistaxis be-richtet. Der Krankenhausaufenthalt verlängerte sich für Dabigatran-Patienten jedoch aufgrund des Fehlens ei-nes leicht verfügbaren Gerinnungstests und persistie-render Schmierblutungen nach Tamponadenentfernung, die eine weitere Überwachung notwendig machten (25). Eine retrospektive Studie zu Epistaxis unter Riva-roxaban-Einnahme zeigte einen niedrigeren Anteil von stationären Aufnahmen (10,4 % versus 18,0 %, p = 0,033) und einen kürzeren stationären Aufenthalt (0,7 ± 2,2 versus 1,5 ± 3,7 Tage, p = 0,011) im Vergleich zur Vitamin-K-Antagonisten-Einnahme (26). Als wei-terer Risikofaktor wird Alkohol genannt (14–16). In ei-ner randomisierten, kontrollierten und doppelblinden Studie konnte gezeigt werden, dass steroidale Nasen-sprays das Risiko einer Epistaxis innerhalb von 12 Mo-naten im Vergleich zur Placebogruppe von 8 % auf 20 % erhöhen. Die aufgetretenen Episoden von Epista-xis waren leicht bis mittelgradig; nur 1 von 605 Patien-ten erlitt eine schwere Epistaxis innerhalb von 12 Mo-naten (27). Epistaxis wurde in einer Metaanalyse von randomisiert kontrollierten Studien als häufigste Ne-benwirkung von PDE-5-Inhibitoren mit einem relativen Risiko von 4,701 (95-%-Konfidenzintervall [95-%-KI]: [1,314; 16,812], p = 0,017) beschrieben (28).

Behandlung der EpistaxisEs existieren keine einheitlichen Leitlinien zum dia -gnostischen und therapeutischen Vorgehen bei Epistax -is. Dennoch kristallisieren sich in den Praxen und Krankenhäusern klinisch erprobte Behandlungspfade heraus, die überwiegend auf retrospektiven Analysen, Fallserien und Expertenmeinung basieren. Prospektive beziehungsweise randomisierte, kontrollierte Studien liegen nur vereinzelt zu Teilbereichen der Behandlung der Epistaxis vor.

Das Spektrum der Epistaxis reicht von leichten Formen, die mittels einfacher Maßnahmen gestillt werden können, bis hin zu lebensbedrohlichen Blu-tungen, die eine stationäre und gegebenenfalls opera-tive Therapie erforderlich machen.

Um einen strukturierten Überblick über die inter-disziplinäre Behandlung der Epistaxis darzustellen,

Page 5: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

16 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018

M E D I Z I N

Umgang mit AntikoagulationZum Umgang mit einer Antikoagulation existieren in Frankreich seit 2016 Leitlinien (33). Diese empfehlen im Akutfall eine Diagnostik bezüglich einer Überdosie-rung und eine Evaluation des Thromboserisikos. Grundsätzlich ist die Antikoagulation fortzuführen, so-fern die Blutung gestoppt oder kontrolliert werden kann. Nur bei massiver und nicht stillbarer Epistaxis beziehungsweise bei Überdosierung ist nach Rückspra-che mit einem Hämatologen und Kardiologen eine An-passung der Antikoagulation zu erwägen.

PlättchenaggregationshemmungEin Absetzen von Plättchenaggregationshemmern im Akutfall ist aufgrund der bis zu 10 Tage dauernden

Erholung der Hämostase nicht sinnvoll. Bei unstillba-rer Epistaxis ist das Absetzen und die gleichzeitige Gabe von Thrombozyten-Transfusionen eine Mög-lichkeit (33).

Vitamin-K-AntagonistenBei einer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten soll ein Absetzen des Medikaments mit Antidotgabe nur einer unkontrollierten Blutung vorbehalten sein. Liegt eine Überdosierung bei kontrollierbarer Epistaxis vor, sollte die Dosierung geändert werden (33).

Direkte orale AntikoagulanzienDie Pausierung der Medikation ist nur nach kardiolo-gischer Rücksprache empfohlen. Bei einer unkontrol-lierten Blutung ist aktuell nur für Dabigatran ein ef-fektives Antidot (Idarucizumab 5 mg in 2 konsekuti-ven intravenösen Infusionen von 5–10 Minuten) vor-handen (33).

Im Falle einer endovaskulären Embolisation sollte die Antikoagulation nicht verändert werden (Exper-tenmeinung) (33).

RezidivprophylaxeZur Rezidivprophylaxe wird eine intensive Nasen-schleimhautpflege mit antiseptischer Nasensalbe empfohlen. Eine prospektive, randomisierte, kontrol-lierte Studie aus dem United Kingdom verglich bei Kindern mit rezidivierender Epistaxis die Therapie mit antiseptischer Salbe für 4 Wochen mit einem ab-wartenden Vorgehen. Hierbei wurde für die Gruppe der Salbenbehandlung eine signifikant niedrigere Re-zidivblutungsrate beobachtet (45 % versus 71 % Rezi-divblutungsrate, relative Risikoreduktion 47 % mit

Umgang mit AntikoagulationBei kontrollierbarer Blutung ist eine Antikoa gulation fortzufüh-ren. Nur bei massiver und nicht stillbarer Epistaxis bezie-hungsweise bei Über dosierung ist eine Anpassung der Antiko-agulation zu erwägen.

Direkte orale AntikoagulanzienDie Pausierung der Medikation ist nur nach kardiologischer Rücksprache empfohlen. Bei einer unkontrollierten Blutung ist aktuell nur für Dabigatran ein effektives Antidot vorhanden.

KASTEN 1

Ursachen der Epistaxis* ● traumatisch

– digitale Manipulation– Nasenbeinfraktur/Nasenbeinprellung– endonasaler Fremdkörper– iatrogen (wie nasogastrale Sonde, chirurgische In-

terventionen)● neoplastisch

– juveniles Nasenrachenfibrom– Malignome der Nasenhaupt- und Nebenhöhlen

● hämatologisch– Thrombozytopenie– Hämophilie A und B– Willebrand-Jürgens-Syndrom– hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie– Leberversagen

● strukturell– Schleimhauttrockenheit– Septumperforation– Morbus-Rendu-Osler

● medikamentös– Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregations-

hemmer– Glukokortikoid-Nasensprays– nasaler Drogenkonsum

● entzündlich– allergische Rhinitis– akute Infektionskrankheiten

*modifiziert nach (29)

KASTEN 2

Medikamente assoziiert mit Epistaxis*● Phenprocoumon ● Dabigatran ● Rivaroxiban ● Fondaparinux ● Clopidogrel ● Acetylsalicylsäure ● Glucocorticoid-Nasensprays ● Phospodiesterase-5-Inhibitoren (Relatives Risiko: 4,701)

*modifziert nach (22, 25, 26, 28, e26, e35, e36)

Page 6: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 17

M E D I Z I N

95-%-KI [9 %; 69 %]) (34). Zudem sollte für 7–10 Ta-ge die Nase nicht heftig geschnäuzt werden (29). Die Einhaltung von Bettruhe ist nicht erforderlich. Laut einer dänischen prospektiven, randomisierten Studie geht eine Mobilisierung des Patienten im Vergleich zur Bettruhe nicht mit einer erhöhten Rezidivquote einher (35).

Behandlung durch Hausarzt und/oder NotarztInitial sollte eine Nasenflügelkompression, bidigital oder mit Nasenklammer, kontinuierlich für 15–20 Mi-nuten erfolgen (29, 36, 37). Der Patient sollte eine sit-zende, leicht vorgebeugte Position einnehmen, um ei-nen Blutabfluss entlang des Pharynx zu verhindern (12). Eine lokale Eisanwendung, zum Beispiel im Na-cken, hat das Ziel einer Vasokonstriktion der nasalen Blutgefäße. Der therapeutische Nutzen ist in der Lite-ratur kontrovers diskutiert und wird in Frage gestellt (19, 38). Er kann anhand der derzeitigen Studienlage nicht abschließend beurteilt werden. Bei nach mehr-maligen Messen symptomloser Blutdruckerhöhung über 180/120 mm Hg empfehlen die europäische Hy-pertonie-Gesellschaft und die europäische Gesell-schaft für Kardiologie eine orale medikamentöse Blutdrucksenkung. Das Ziel ist eine langsame Blut-drucksenkung über einen Zeitraum von 24–48 Stun-den (39, 40). In etwa 65–75 % der Fälle führen diese Maßnahmen in Kombination mit der Applikation ei-nes abschwellenden, Oxymetazolin-haltigen Nasen-sprays zum Stillstand der Blutung (e1, e2).Wenn nach 30-minütiger Überwachung keine erneute Blutung auftritt und der Patient kreislaufstabil ist, ist eine not-fallmäßige HNO-fachärztliche Therapie nicht erfor-derlich.

Bei folgenden Kriterien empfehlen wir eine HNO-Konsultation:

● mit oben genannten Maßnahmen nicht stillbare Epistaxis

● rezidiverende Epistaxis● Verdacht auf Neubildung als Blutungsquelle

Behandlung durch HNO-FacharztAnteriore RhinoskopieZur Lokalisation der Blutungsquelle eignet sich zu-nächst die anteriore Rhinoskopie mit Nasenspeku-lum und Stirnlampe oder Lupenmikroskop (29). Nach der Entfernung eventuell vorliegender Blut-koagel mit Sauger und Pinzette ist eine Inspektion der Nasenhaupthöhle, inklusive des häufig bluten-den Locus Kiesselbachii vorzunehmen. Die Applika-tion eines Vasokonstriktors und Lokalanästheti-

kums, beispielsweise in Form eines mit dem ent-sprechenden Medikament getränkten Wattebau-sches, ermöglicht eine bessere Übersicht. Aufgrund des zusätzlichen lokal-analgetischen Effekts hat die-se Maßnahme neben diagnostischem auch therapeu-tischen Wert (12, 30, 36).

EndoskopieInsbesondere bei Blutungen der hinteren Nasenhaupt-höhle ist die Lokalisation der Blutungsquelle mittels anteriorer Rhinoskopie erschwert. Hier wird unter an-derem in den französischen Leitlinien zur Behand-lung der Epistaxis ergänzend die starre Endoskopie der Nasenhaupthöhle durch einen in der Endoskopie erfahrenen Arzt empfohlen (30, 36). In zwei prospek-tiven Studien wurde gezeigt, dass durch die Endosko-pie 80–94 % der Blutungsquellen identifiziert werden konnten (11, e3).

KauterisationDie meisten Fälle von Epistaxis mit gut sichtbarer, anteriorer Blutungsquelle können mittels Kauteri -sation mit Silbernitrat oder Elektrokoagulation ef-fektiv behandelt werden. Vorher sollte die lokale Applikation eines Vasokonstriktors und Lokalanäs-thetikums erfolgen (30). Die Abbildung zeigt eine Blutung des Locus Kiesselbachii vor und nach bipo-larer Koagulation. Eine retrospektive Studie aus der Schweiz stellte bezüglich des Therapieerfolgs eine Überlegenheit der Elektrokoagulation gegenüber der chemischen Koagulation heraus (88 % versus 78 %) (Therapieversagen von 12 % mit 95-%-KI [0,09; 0,16] versus 22 % mit 95-%-KI [0,14; 0,33]) (Evi-zenzgrad 2b) (e4). Auch eine US-amerikanische Studie beobachtete im 2-Jahresintervall nach intra-operativer Anwendung der genannten Methoden bei rezidivierender anteriorer Epistaxis im Kindesalter für die Elektrokoagulation eine niedrigere Rezidiv-blutungsrate als für die chemische Kauterisation (Rezidivblutungsereignisse 2 % versus 18 %) (e5). Die chemische Kauterisation wird als einfacher an-zuwenden, günstiger und leichter verfügbarer be-schrieben (e6). Komplikationen der Kauterisation sind die Septumperforation, die Infektion, Rhinor-rhö sowie eine Zunahme der Blutung (12). Eine beidseitige Kauterisation im Bereich des Nasensep-tums sollte, falls möglich, vermieden werden, da hierdurch die Gefahr einer Septumperforation be-steht (e7). In der Literatur finden sich keine Studien zur Häufigkeit einer Septumperforation nach Kaute-risation (e8, e9).

Behandlung durch den Hausarzt und/oder NotarztWichtige Basismaßnahmen sind die Nasenflügelkompression, gegebenenfalls die orale medikamentöse Blutdrucksenkung und die Applikation eines Oxymetazolinhaltigen Nasensprays.

Behandlung durch HNO-FacharztTherapie der Wahl bei anteriorer Epistaxis ist die bipolare Koagulation. Bei persistierender Blutung oder posteriorer Blutungsquelle sollte zunächst eine Tamponade erfolgen.

Page 7: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

18 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018

M E D I Z I N

Hämostatische WundgazeErgänzend zur Kauterisation kann die lokale Anwen-dung von Wundgaze aus oxidierter regenerierter Zel-lulose zum Einsatz kommen. Als resorbierbares Hämo styptikum unterstützt sie die physiologische Hämostase. Insbesondere diffuse Schleimhautblutun-gen können durch die Applikation einer dünnen Schicht dieser Wundgaze häufig suffizient versorgt werden (e10).

TamponadeBleibt die Kauterisation erfolglos, ist der nächste Schritt in der Versorgung einer Epistaxis die Tampo-nade. Es ist zwischen einer vorderen und einer hin-teren Tamponade zu unterscheiden. Mittels einer Tamponade beider Nasenhaupthöhlen wird, vergli-chen mit der unilateralen Tamponade, ein höherer Okklusionsdruck erzeugt. Die Evidenz für dieses daher weit verbreitete Vorgehen ist jedoch gering (e11).

Eine ausführliche Übersicht über Art und Wir-kung der gebräuchlichsten Tamponaden stellen Beu-le et al. in ihrer Veröffentlichung von 2004 (e12) und Weber in seiner Übersichtsarbeit von 2009 dar (e10). Die eAbbildung 1 zeigt eine Auswahl häufig einge-setzter Tamponaden. Die wichtigsten Tamponade-materialien in Deutschland sind Gummifingerlings-tamponaden, aufquellende Schaumstofftamponaden und Salbenstreifen (e12) (genaue Ausführung im eKasten 1).

Komplikationen der Nasentamponade – Die schwerwiegendste Komplikation der Tamponade ist die posteriore Dislokation. In der Literatur sind leta-le Aspirationen von Nasentamponaden beschrieben worden (e13). Insbesondere Gummifingerlinge und Baumwollgazestreifen sind anfällig für eine Dislo-kation (e10). Zur Prävention ist die sichere Befesti-gung der jeweiligen Tamponade im Gesicht, bei-spielsweise mittels Pflaster auf dem Nasenrücken oder der Wange, unbedingt erforderlich (e7, e12). Die Fadenarmierung entsprechender Tamponaden sollte zudem vor dem Nasensteg verknotet werden. Als weitere Komplikationen werden allergische Re-aktionen, Schleimhautnekrosen, Fremdkörperreak-tionen, Tubendysfunktionen, Paraffingranulome so-wie die Dekompensation eines vorbestehenden Schlaf-Apnoe-Syndroms beschrieben (e7, e10, e12). Zudem bereitet die Tamponade dem Patienten Unan-nehmlichkeiten wie Schmerz, Nasen -atmungsbehinderung und Riechminderung (e10). Weiterhin kann eine beidseitige Tamponade zu ei-nem gestörten Druckausgleich über die Tuba auditi-va führen, was mit einem für den Patienten unange-nehmen Unterdruck im Bereich des Mittelohrs ein-hergehen kann (e10). In Einzelfallberichten ist das „staphylococcal toxic shock syndrome“ als schwer-wiegende Komplikation beschrieben (e14–e16). Die Freisetzung des „toxic shock syn drome toxin 1“ (TSST 1) führt zu Symptomen wie Erbrechen, Diar-rhö, Fieber, Muskelschmerz, diffusen Erythemen bis

TamponadeDie wichtigsten Tamponadematerialien in Deutschland sind Gummifingerlingstamponaden, aufquellende Schaumstofftam-ponaden und Salbenstreifen.

Komplikation bei Verwendung von Tamponade: posteriore Dislokation, allergische Reaktionen, Schleimhaut -nekrosen, Fremdkörperreaktionen, Tubendysfunktionen, Paraffingranulome, Dekompensation eines Schlaf-Apnoe- Syndroms sowie das Staphylococcal-Toxic-Shock-Syndrom.

Abbildung: Blutung am Locus Kiesselbachi rechts vor und nach bipola-rer Kauterisation

Page 8: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 19

M E D I Z I N

hin zum septischen Schock. Therapeutisch sind eine sofortige Detamponade, eine i. v.-Antibiose und die Verlegung auf eine Intensivstation erforderlich (e10).

Prophylaktische Antibiose – Die Rolle einer prophylaktischen Antibiose bei Tamponade ist unzu-reichend untersucht. In England wird diesbezüglich eine große Variation beschrieben (e17), wie bei-spielsweise eine prophylaktische Antibiose im Falle von kardialen Anomalien, insbesondere Herzklap-pen-Prothesen (30). Wie einige Autoren empfehlen auch wir eine antibiotische Abschirmung bei vorde-ren Tamponaden erst ab einer Liegedauer von 48 Stunden sowie bei jeder hinteren Tamponade, mit dem Ziel der Vorbeugung aufsteigender Infektionen in die Nebenhöhlen und das Mittelohr sowie des „toxic shock syndromes“ (e18). Bevorzugte Antibio-tika sind Amoxicillin-Clavulansäure, Amoxicillin allein und Cephalosporine (e17).

Entfernung der Tamponade – Der Zeitpunkt der Detamponade ist in der Literatur nicht einheitlich definiert und variiert zwischen 12 und 24 Stunden und 3–5 Tagen (12, 29, 30). Wir empfehlen bei allei-niger vorderer Tamponade eine Detamponade nach 48 Stunden. Bei zusätzlich appliziertem Nasenra-chenballon sollte dieser bereits spätestens nach 24 Stunden, zumindest teilweise, entblockt werden. Sollte nach Detamponade erneut eine relevante Blu-tung auftreten, raten wir falls möglich, zu einer ope-rativen Versorgung.

Behandlung in der HNO-FachklinikAus Sicht einer HNO-Fachklinik wird sowohl bei ein-seitiger als auch bei beidseitiger Tamponade aufgrund der Gefahr der posterioren Dislokation eine stationäre Überwachung und Detamponade empfohlen.

Weitere Indikationen für eine stationäre Aufnahme sind in der Grafik 2 dargestellt.

Operative TherapieBei Versagen der konservativen Therapie ist in der Regel eine operative Blutstillung erforderlich. Eine retrospektive Kohortenstudie aus der Schweiz stellte bezüglich der Kontrolle einer posterioren Epistaxis die chirurgische Intervention gegenüber der Tampo-nade als deutlich effektiver heraus (Therapieversa-gen 3 % mit [0,00; 0,14] versus 38 % mit [0,30; 0,67]) (e4).

Die Methode der Wahl ist das endoskopische „clipping“ oder Koagulieren der Arteria sphenopa-latina (e19). Eine britische Studie untersuchte im

Rahmen einer Übersichtsarbeit die Evidenz der en-doskopischen Arteria-sphenopalatina-Ligatur und verglich diese mit alternativen Methoden. Hier zeigte sich die genannte Methode mit einer Blu-tungskontrolle von 98 % gegenüber alternativen Therapieverfahren (monopolare Kauterisation, Em-bolisation etc.) als überlegen (e20). In retrospekti-ven Kohortenstudien werden eine erneute Blutung, endonasale Trockenheit mit Krustenbildung, Sinusi-tis, eine nasale und palatinale Sensibilitätsstörung, intranasale Synechiebildung, einseitige chronische Epiphora und eine Septumperforation als Kompli-kationen genannt. In einer brasilianischen retro-spektiven Longitudinalstudie wurde ein Fall von Amaurosis nach dem Eingriff berichtet (e21). Ins-gesamt wird die endo skopische Arteria-sphenopala-tina-Ligatur in diesen Studien als komplikationsarm herausgestellt (e21–e25). Eine relevante Hypoxie des versorgten Areals ist nicht beschrieben und auf-grund multipler Anastomosen zwischen der A. sphenopalatina und der A. ethmoidalis anterior nicht zu erwarten (9). Die Indikation zur operativen Therapie kann daher bei erneuter Blutung nach ei-nem singulären Tamponadeversuch und nicht ein-deutiger Blutungsquelle großzügig gestellt werden (e19). Auch bei persistierender Blutung unter lie-gender Tamponade sollte eine chirurgische Blutstil-lung frühzeitig in Betracht gezogen werden (eKas-ten 2). Die endoskopische Ligatur der Arteria eth-moidalis anterior ist hauptsächlich im Rahmen einer Revisionsoperation indiziert. In vier retrospektiven Studien erhielten etwa 2,9–8,6 % aller aufgrund schwerer Epistaxis operierten Patienten eine Liga-tur der Arteria ethmoidalis anterior (e21–e23, e26).

EmbolisationEine alternative Methode in Fällen schwer be-herrschbarer Epistaxis ist die perkutane Embolisati-on. Die Erfolgsrate wird mit 87–93 % angegeben (e27–e29). Hierbei wird mittels Angiographie das Zielgefäß dargestellt und anschließend über einen perkutanen transarteriellen Katheter ein okkludie-rendes Agens injiziert (e30). Die Embolisation sollte durch einen erfahrenen interventionellen Neurora-diologen durchgeführt werden (e31). Aufgrund po-tenzieller Komplikationen wie zerebrovaskulären Ischämien, Fazialisparesen und Weichgewebsnekro-sen wird diese Methode von einigen Autoren nur für diejenigen Patienten empfohlen, die aufgrund von Komorbiditäten ein erhöhtes Narkoserisiko aufwei-sen oder bei denen ein operativer Therapieversuch

Behandlung HNO-FachklinikBei hinterer Epistaxis ist die chirurgische Intervention der Tamponade überlegen. Methode der Wahl ist das endoskopi-sche „clipping“ oder Koagulieren der Arteria sphenopalatina mit einer Blutungskontrolle in 98 % der Fälle.

EmbolisationBei Versagen der operativen Therapie und bei hohem Narkoserisiko stellt die perkutane Embolisation eine sinnvolle Alternative dar.

Page 9: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

20 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018

M E D I Z I N

nicht erfolgreich war (30). Eine US-amerikanische re-trospektive Querschnittstudie verglich die Methode der Embolisation mit dem chirurgisch-operativen Gefäßverschluss bezüglich Morbidität, Kranken -hausmortalität und Krankenhausverweildauer. Bezüg-lich der Raten für Bluttransfusionen (22,8 % versus 24,3 %), Schlaganfälle (0,5 % versus 0,3 %) und Amaurosis (0,4 % versus 0,5 %) sowie der Kranken-hausmortalität konnten hier keine signifikanten Unter-schiede gezeigt werden. Die chirurgischen Maßnah-men sind jedoch mit geringeren Krankenhauskosten und einer geringeren Krankenhausverweildauer asso-ziiert (e32).

Behandung bei KindernEine Übersicht über empfohlene Behandlungsstrate-gien der kindlichen Epistaxis wird in einem franzö-sischen systematischen Review von Béquignon et al. dargestellt (e33). Neben der Entfernung von Koa-geln, der bidigitalen Kompression und der ab dem 6. Lebensjahr möglichen Applikation eines Lokalanäs-thetikums und Vasokonstringens wird die Anwen-dung einer antiseptischen Salbe empfohlen (e33). Im Falle einer persistierenden Blutung sollte die chemi-sche Kauterisation (Silbernitrat-Ätzstift) einer elek-trischen Kauterisation vorgezogen werden, da eine elektrische Kauterisation schmerzhafter ist und da-durch eine Vollnarkose zur Durchführung notwendig würde (e33).

Fazit für die PraxisIn 65–75 % der Fälle von Epistaxis kann eine Erst-versorgung durch den Haus- oder Notarzt mit einfa-chen Maßnahmen die Blutung zum Stillstand bringen. Bei persistierenden Blutungen sollte eine notfallmäßige HNO-fachärztliche Konsultation erfol-gen. Hier können, bei sichtbarer Blutungsquelle, die meisten Fälle von Epistaxis mittels elektrischer oder alternativ chemischer Kauterisation erfolgreich the-rapiert werden. Vor allem bei hinterer und gegenüber einer Tamponade refraktärer Epistaxis sollte eine frühzeitige und großzügige Indikationsstellung zur operativen Therapie erfolgen. Aufgrund der sehr ho-hen Erfolgsrate und der vergleichsweise niedrigen Komplikationsrate ist die endoskopische Ligatur oder Koagulation der Arteria sphenopalatina die Methode der Wahl. In Fällen schwerer Epistaxis, bei denen eine operative Therapie erfolglos bleibt oder aufgrund eines hohen Narkoserisikos nicht möglich ist, stellt die perkutane Embolisation eine sinnvolle Alternative dar.

Interessenkonflikt Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Manuskriptdaten eingereicht: 15. 5. 2017, revidierte Fassung angenommen: 17. 10. 2017

Literatur1. Petruson B, Rudin R: The frequency of epistaxis in a male popula -

tion sample. Rhinology 1975; 13: 129–33.2. Small M, Murray JA, Maran AG: A study of patients with epistaxis

requiring admission to hospital. Health Bull 1982; 40: 20–9.3. Weigel K, Volk GF, Müller A, Guntinas-Lichius O: Ein Jahr Epista-

xisbehandlung in den Notfallambulanzen der Ostthüringer HNO- Kliniken. Laryngorhinootologie 2016; 95: 837–42.

4. Smith J, Siddiq S, Dyer C, Rainsbury J, Kim D: Epistaxis in patients taking oral anticoagulant and antiplatelet medication: prospective cohort study. J Laryngol Otol 2011; 125: 38–42.

5. Pallin DJ, Chng YM, McKay MP, Emond JA, Pelletier AJ, Camargo CA Jr: Epidemiology of epistaxis in US emergency departments, 1992 to 2001. Ann Emerg Med 2005; 46: 77–81.

6. Statistisches Bundesamt, Krankenhausstatistik: Diagnosedaten der Krankenhäuser ab 2000. In: www.gbe-bund.de (Krankheiten/ Gesundheitsprobleme > Krankheiten allgemein > Tabelle (gestalt-bar): Diagnosedaten der Krankenhäuser [Eckdaten der vollstatio-nären Patienten und Patientinnen]) (last accessed on 6 February 2017).

7. Viehweg TL, Roberson JB, Hudson JW: Epistaxis: diagnosis and treatment. J Oral Maxillofac Surg 2006; 64: 511–8.

8. Douglas R, Wormald PJ: Update on epistaxis. Curr Opin Otolaryn-gol Head Neck Surg 2007; 15: 180–3.

9. Chiu T, Dunn JS: An anatomical study of the arteries of the anterior nasal septum. Otolaryngol Head Neck Surg 2006; 134: 33–6.

10. Viducich RA, Blanda MP, Gerson LW: Posterior epistaxis: clinical features and acute complications. Ann Emerg Med 1995; 25: 592–6.

11. Thornton MA, Mahesh BN, Lang J: Posterior epistaxis: identificati-on of common bleeding sites. Laryngoscope 2005; 115: 588–90.

12. Morgan DJ, Kellerman R: Epistaxis: evaluation and treatment. Primary Care 2014; 41: 63–73.

13. Kikidis D, Tsioufis K, Papanikolaou V, Zerva K, Hantzakos A: Is epi staxis associated with arterial hypertension? A systematic review of the literature. Eur Arch Otorhinolaryngol 2014; 271: 237–43.

14. Walker TWM, Macfarlane TV, McGarry GW: The epidemiology and chronobiology of epistaxis: an investigation of Scottish hospital admissions 1995–2004. Clin Otolaryngol 2007; 32: 361–5.

15. McGarry GW, Gatehouse S, Hinnie J: Relation between alcohol and nose bleeds. BMJ 1994; 309: 640.

16. McGarry GW, Gatehouse S, Vernham G: Idiopathic epistaxis, haemostasis and alcohol. Clin Otolaryngol 1995; 20: 174–7.

17. Danielides V, Kontogiannis N, Bartzokas A, Lolis CJ, Skevas A: The influence of meteorological factors on the frequency of epista-xis. Clin Otolaryngol Allied Sci 2002; 27: 84–8.

18. Stopa R, Schonweiler R: Ursachen von Nasenbluten in Abhängig-keit von Jahreszeit und Wetterlage. HNO 1989; 37: 198–202.

19. Folz BJ, Kanne M, Werner JA: Aktuelle Aspekte zur Epistaxis. HNO 2008; 56: 1157.

20. Pollice PA, Yoder MG: Epistaxis: a retrospective review of hospita -lized patients. Otolaryngol Head Neck Surg 1997; 117: 49–53.

21. Simmen D, Heinz B: Epistaxis-Strategie – Erfahrungen der letzten 360 Hospitalisationen. Laryngo-Rhino-Otologie 1998; 77: 100–6.

22. Soyka MB, Rufibach K, Huber A, Holzmann D: Is severe epistaxis associated with acetylsalicylic acid intake? Laryngoscope 2010; 120: 200–7.

23. Stadler RR, Kindler R, Holzmann D, Soyka MB: The long-term fate of epistaxis patients with exposure to antithrombotic medication. Eur Arch Otorhinolaryngol; 273: 2561–7.

24. Desai NR, Krumme AA, Schneeweiss S, et al.: Patterns of initiation of oral anticoagulants in patients with atrial fibrillation—quality and cost implications. JAMA 2014; 127: 1075–82.e1.

25. Garcia CFJ, Becares MC, Calvo GJ, Martinez BP, Marco SM, Marco AJ: Epistaxis and dabigatran, a new non-vitamin K antagonist oral anticoagulant. Acta Otorrinolaringol Esp 2014; 65: 346–54.

Behandlung bei KindernBei einer persistierenden Blutung sollte die chemische Kauterisation einer elektrischen Kauterisation vorgezogen werden, da eine elektrische Kauterisation schmerzhafter ist und dadurch eine Vollnarkose zur Durchführung notwendig würde.

Page 10: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 21

M E D I Z I N

26. Sauter TC, Hegazy K, Hautz WE, et al.: Epistaxis in anticoagulated patients: Fewer hospital admissions and shorter hospital stays on rivaroxaban compared to phenprocoumon. Clin Otolaryngol 2017 [Epub ahead of print].

27. Rosenblut A, Bardin PG, Muller B, et al.: Long-term safety of fluticasone furoate nasal spray in adults and adolescents with perennial allergic rhinitis. Allergy 2007; 62: 1071–7.

28. Giannetta E, Feola T, Gianfrilli D, et al.: Is chronic inhibition of phosphodiesterase type 5 cardioprotective and safe? A meta-ana-lysis of randomized controlled trials. BMC Med 2014; 12: 185.

29. Diamond L: Managing epistaxis. JAAPA 2014; 27: 35–9. 30. Daudia A, Jaiswal V, Jones NS: Guidelines for the management of

idiopathic epistaxis in adults: how we do it. Clin Otolaryngo 2008; 33: 618–20.

31. Nikoyan L, Matthews S: Epistaxis and hemostatic devices. Oral Maxillofac Surg Clin North Am 2012; 24: 219–28.

32. Szymańska A, Gołabek W, Siwiec H, Pietura R, Szczerbo-Troja-nowska M: Juvenile angiofibroma: the value of CT and MRI for treatment planning and follow-up. Otolaryngol Pol 2005; 59: 85–90.

33. Escabasse V, Bequignon E, Verillaud B, et al.: Guidelines of the French Society of Otorhinolaryngology (SFORL). Managing epista-xis under coagulation disorder due to antithrombotic therapy. Eur Ann Otorhinolaryngol Head Neck Dis 2016; 134: 195–9.

34. Kubba H, MacAndie C, Botma M, et al.: A prospective, single-blind, randomized controlled trial of antiseptic cream for recurrent epis -taxis in childhood. Clin Otolaryngol Allied Sci 2001; 26: 465–8.

35. Kristensen VG, Nielsen AL, Gaihede M, Boll B, Delmar C: Mobilisa -tion of epistaxis patients—a prospective, randomised study docu-menting a safe patient care regime. J Clin Nurs 2011; 20: 1598–605.

36. Bequignon E, Vérillaud B, Robard L, et al.: Guidelines of the French Society of Otorhinolaryngology (SFORL). First-line treat-ment of epistaxis in adults. Eur Ann Otorhinolaryngol Head Neck Dis 2017; 134: 185–9.

37. Kucik CJ, Clenney T: Management of epistaxis. Am Fam Physician 2005; 71: 305–11.

38. Teymoortash A, Sesterhenn A, Kress R, Sapundzhiev N, Werner JA: Efficacy of ice packs in the management of epistaxis. Clin Oto-laryngol 2003; 28: 545–7.

39. Henny-Fullin K, Buess D, Handschin A, Leuppi J, Dieterle T: Hyper-tensive Krise. Ther Umsch 2015; 72: 405–11.

40. Muiesan ML, Salvetti M, Amadoro V, et al.: An update on hyperten -sive emergencies and urgencies. J Cardiovasc Med 2015; 16: 372–82.

Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Andreas Dietz Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde Liebigstraße 10–14, 04103 Leipzig [email protected]

Zitierweise Beck R, Sorge M, Schneider A, Dietz A: Current approaches to epistaxis treatment in primary and secondary care. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 12–22. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0012

►The English version of this article is available online: www.aerzteblatt-international.deZusatzmaterial Mit „e“ gekennzeichnete Literatur: www.aerzteblatt.de/lit0118 oder über QR-CodeeKästen, eAbbildung: www.aerzteblatt.de/18m0012 oder über QR-Code

Weitere Informationen zu cme● Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließ-

lich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.de. Einsende-schluss ist der 2. April 2018. Einsendungen, die per Brief, E-Mail oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

● Folgende cme-Einheiten können noch bearbeitet werden: – „Impingementsyndrom der Schulter“

(Heft 45/2017) bis zum 4. 2. 2018– „Ambulant erworbene Pneumonie bei Erwachsenen“

(Heft 49/2017) bis zum 4. 3. 2018● Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für

ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mithilfe der Einheitlichen Fortbil-dungsnummer (EFN) verwaltet werden. Auf www.aerzteblatt.de („Mein DÄ“) muss hierfür bei der Registrierung die EFN hinterlegt oder unter „Meine Daten“ die EFN eingetragen und der Ergebnismeldung zugestimmt werden. Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsaus-weis (8027XXXXXXXXXXX).

Hinweise für Autoren von Diskussionsbeiträgen im Deutschen Ärzteblatt● Reichen Sie uns bitte Ihren Diskussionsbeitrag bis spätestens vier Wochen nach Erscheinen des Primärartikels ein. ● Argumentieren Sie wissenschaftlich, sachlich und konstruktiv. Briefe mit persönlichen Angriffen können wir nicht abdrucken.● Schreiben Sie klar und deutlich, fokussieren Sie sich inhaltlich. Vermeiden Sie es, Nebenaspekte zu berühren. ● Sichern Sie die wichtigsten Behauptungen durch Referenzen ab. Bitte geben Sie aber – abgesehen von dem Artikel, auf

den Sie sich beziehen – insgesamt nicht mehr als drei Referenzen an. ● Beschränken Sie Ihren Diskussionsbeitrag auf eine Textlänge von 250 Wörtern (ohne Referenzen und Autorenadresse). ● Verzichten Sie auf Tabellen, Grafiken und Abbildungen. Aus Platzgründen können wir solche grafischen Elemente in

Diskussionsbeiträgen nicht abdrucken. ● Füllen Sie eine Erklärung zu einem möglichen Interessenkonflikt aus. ● Bearbeiten Sie die deutschen und englischen Satzfahnen nach Erhalt ohne Verzögerung. ● Geben Sie eine Adresse an. Anonyme Diskussionsbeiträge können wir nicht publizieren.● Senden Sie Ihren Diskussionsbeitrag zu Artikeln der Medizinisch-Wissenschaftlichen Redaktion an:

[email protected] oder Deutsches Ärzteblatt, Dieselstraße 2, 50859 Köln.

Page 11: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

22 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018

M E D I Z I N

Teilnahmemöglichkeit unter cme.aerzteblatt.de. Einsendeschluss ist der 2. 4. 2018.Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1Wie hoch wird die Lebenszeitprävalenz der Epistaxis geschätzt?a) 30 %b) 40 %c) 50 %d) 60 %e) 70 %

Frage Nr. 2Wo liegt die häufigste Blutungsquelle bei Epistaxis?a) im Nasenvorhofb) im Bereich des vorderen Nasenseptumsc) im Bereich der Nasenmuschelnd) im Bereich der hinteren Nasenhaupthöhlee) im Bereich des Nasenrachens

Frage Nr. 3Was ist die häufigste Ursache der Epistaxis?a) Hypertonieb) Tumorc) iatrogene Manipulationd) digitale Manipulatione) Infektion der Nase

Frage Nr. 4Ein 37-jähriger Patient stellt sich mit rechtsseitiger Epistaxis beim Hausarzt vor. Der Blutdruck beträgt 150/85 mm Hg. Welches ist neben dem Eigenschutz die bedeutendste Erstmaßnahme?a) Eiskrawatteb) Legen eines peripher-venösen Zugangsc) Lagerung in flacher Rückenlaged) sofortige Konsultation eines HNO-Facharztese) Nasenflügelkompression

Frage Nr. 5Ein erwachsener Patient stellt sich mit linksseitiger Epistaxis beim HNO-Facharzt vor. Die Blutungsquelle wird im Bereich des Locus Kiesselbachii lokalisiert. Welches therapeutische Verfahren sollte nach Durchführung von Basismaßnahmen primär angewandt werden?a) vordere Tamponadeb) vordere und hintere Tamponadec) Gabe von Tranexamsäure i. v.d) elektrische oder chemische Kauterisatione) chirurgische Intervention

Frage Nr. 6In welchen Fällen wird bei Epistaxis eine prophylaktische antibiotische Therapie empfohlen?a) bei jeder Epistaxis, die eine Kauterisation erforderlich machtb) bei alleiniger vorderer Tamponade, unabhängig von der Liegedauerc) bei vorderer und hinterer Tamponade mit Liegedauer > 96 Stundend) bei vorderer Tamponade mit Liegedauer > 48 Stunden und jeder hinteren Tamponadee) bei einem Patientenalter < 18 Jahren

Frage Nr. 7Welche Antibiotikagruppen sollten im Rahmen der prophylaktischen antibiotischen Therapie in erster Linie eingesetzt werden?a) Amoxicillin-Clavulansäure, Amoxicillin allein und Cephalosporineb) Aminoglykoside und Lipopeptidec) Fluorchinolone und Lincosamided) Tetrazykline und Glykopeptidee) Makrolide und Sulfonamide

Frage Nr. 8Welche Methode ist die Therapie der Wahl bei refraktärer posteriorer Epistaxis gegenüber der konservativen Therapie?a) endoskopisches Clippen oder Koagulieren der A. ethmoidalis anteriorb) endoskopisches Clippen oder Koagulieren der A. ethmoidalis posteriorc) endoskopisches Clippen oder Koagulieren der A. sphenopalatinad) Ligatur der ipsilateralen A. maxillarise) Ligatur der ipsilateralen A. carotis externa

Frage Nr. 9In welchem der genannten Fälle wird trotz sistierender Blutung nach Intervention stets eine stationäre Aufnahme empfohlen?a) vordere Epistaxis, Sistieren nach Einlage von mit Oxymetazolin getränkten Einlagenb) Patient < 12 Jahre, vordere Epistaxis, Blutstillung durch bidigitale Kompression

und Salbenapplikationc) vordere Epistaxis, Blutstillung durch bipolare Koagulationd) vordere Epistaxis, Blutstillung durch chemische Kauterisation e) vordere Epistaxis, Blutstillung durch beidseitige Fingerlingstamponade

Frage Nr. 10In welchem der folgenden Fälle ist eine perkutane Embolisation indiziert?a) Patient < 18 Jahre, keine Begleiterkrankungen, posteriore Epistaxis,

persistierend unter Tamponadeb) Patient < 18 Jahre, keine Begleiterkrankungen, anteriore Epistaxis, persistierend

unter Tamponadec) Patient mit hohem Narkoserisiko, posteriore Epistaxis, persistierend unter

Tamponaded) Patient mit rezidivierender anteriorer Epistaxise) Patient mit anteriorer Epistaxis, persistierend unter vorderer Tamponade

►Die Teilnahme ist nur im Internet möglich: cme.aerzteblatt.de

Page 12: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1 | 8. Januar 2018 | Zusatzmaterial I

M E D I Z I N

Zusatzmaterial zu:

Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und KlinikRafael Beck, Martin Sorge, Antonius Schneider, Andreas Dietz Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 12–22. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0012

e23. Nouraei SAR, Maani T, Hajioff D, Saleh HA, Mackay IS: Outcome of endoscopic sphenopalatine artery occlusion for intractable epistaxis: a 10-year experience. Laryngoscope 2007; 117: 1452–6.

e24. Gede LL, Aanaes K, Collatz H, Larsen PL, von Buchwald C: Nation al long-lasting effect of endonasal endoscopic sphenopalatine artery clipping for epistaxis. Acta Otolaryngol 2013; 133: 744–8.

e25. Lin G, Bleier B: Surgical management of severe Epistaxis. Otolaryngol Clin North Am 2016; 49: 627–37.

e26. Bermüller C, Bender M, Brögger C, Petereit F, Schulz M: Epistaxis bei Antikoagulation – eine klinische und ökonomische Herausforderung? Laryngo-Rhino-Otologie 2014; 93: 249–55.

e27. Andersen PJ, Kjeldsen AD, Nepper-Rasmussen J: Selective embolization in the treatment of intractable epistaxis. Acta Otolaryngol 2005; 125: 293–7.

e28. Gurney TA, Dowd CF, Murr AH: Embolization for the treatment of idiopathic posterior epistaxis. Am J Rhinol 2004; 18: 335–9.

e29. Riemann R: Tipps & Tricks – Epistaxis Management unter Berücksichtigung der Kontamination. Laryngo-Rhino-Otologie 2016; 95: 11–4.

e30. Gary L, Ferneini AM: Interventional radiology and bleeding disorders: what the oral and maxillofacial surgeon needs to know. Oral Maxillofac Surg Clin North Am 2016; 28: 533–42.

e31. Verillaud B, Robard L, Michel J, et al.: Guidelines of the French Society of Otorhinolaryngology (SFORL). Second-line treatment of epistaxis in adults. Eur Ann Otorhinolaryngol Head Neck Dis 2017; 134: 191–3.

e32. Sylvester MJ, Chung SY, Guinand LA, Govindan A, Baredes S, Eloy JA: Arterial ligation versus embolization in epistaxis management: Counterintuitive national trends. Laryngoscope 2017; 127: 1017–20.

e33. Béquignon E, Teissier N, Gauthier A, et al.: Emergency department care of childhood epistaxis. Emerg Med J. 2017; 34: 543–8.

e34. Aumüller G (ed.): Anatomie. 3rd edition, Stuttgart: Thieme 2014.

e35. Yamazaki H, Kobayashi N, Taketsuna M, Tajima K, Murakami M: Safety and effectiveness of tadalafil in patients with pulmonary arterial hypertension: Japanese post-marketing surveillance data. Curr Med Res Opin 2017; 33: 963–71.

e36. Gokdogan O, Akyildiz I, Sayin BY, Okutucu S, Tanalp AC, Arslan N: The rate of epistaxis incidence in new-generation anticoagulants and perioperative approach in otorhinolaryngological practices. J Craniofac Surg 2017; 28: e178–82.

e37. Illum P, Grymer L, Hilberg O: Nasal packing after septoplasty. Clin Otolaryngol Allied Sci 1992; 17: 158–62.

e38. Martin F: Ballonkatheter als Alternative zur Bellocq-Tamponade (Foley catheter technique as an alternative to bellocq pack [author‘s transl]). Laryngol Rhinol Otol 1979; 58: 336–9.

e39. Gan EC, Habib ARR, Rajwani A, Javer AR: Five-degree, 10-degree, and 20-degree reverse Trendelenburg position during functional endoscopic sinus surgery: a double-blind randomized controlled trial. Int Forum Allergy Rhinol 2014; 4: 61–8.

e40. Han JK, Becker SS, Bomeli SR, Gross CW: Endoscopic localization of the anterior and posterior ethmoid arteries. Ann Otol Rhinol Laryngol 2008; 117: 931–5.

eLiterature1. Krempl GA, Noorily AD: Use of oxymetazoline in the management of epistaxis.

Ann Otol Rhinol Laryngol 1995; 104: 704–6.

e2. Doo G, Johnson DS: Oxymetazoline in the treatment of posterior epistaxis. Hawaii Med J 1999; 58: 210–2.

e3. Chiu TW, McGarry GW: Prospective clinical study of bleeding sites in idiopathic adult posterior epistaxis. Otolaryngol Head Neck Surg 2007; 137: 390–3.

e4. Soyka MB, Nikolaou G, Rufibach K, Holzmann D: On the effectiveness of treat-ment options in epistaxis: an analysis of 678 interventions. Rhinology 2011; 49: 474–8.

e5. Johnson N, Faria J, Behar P: A comparison of bipolar electrocautery and chemical cautery for control of pediatric recurrent anterior epistaxis. Otolaryngol Head Neck Surg 2015; 153: 851–6.

e6. Traboulsi H, Alam E, Hadi U: Changing trends in the management of epistaxis. Int J Otolaryngol 2015; 2015: 263987.

e7. Murer K, Soyka MB: Die Behandlung des Nasenblutens [The treatment of epistaxis]. Praxis (Bern 1994) 2015; 104: 953–8.

e8. Kridel RW: Considerations in the etiology, treatment, and repair of septal perforations. Facial Plast Surg Clin North Am 2004; 12: 435–50, vi.

e9. Lanier B, Kai G, Marple B, Wall GM: Pathophysiology and progression of nasal septal perforation. Ann Allergy Asthma Immunol 2007; 99: 473–80.

e10. Weber RK: Nasal packing and stenting. GMS Curr Top Otorhinolaryngol Head Neck Surg 2009; 8: Doc02.

e11. Hettige R, Mackeith S, Falzon A, Draper M: A study to determine the benefits of bilateral versus unilateral nasal packing with Rapid Rhino packs. Eur Arch Otorhinolaryngol 2014; 271: 519–23.

e12. Beule AG, Weber RK, Kaftan H, Hosemann W: Übersicht: Art und Wirkung geläufiger Nasentamponaden [Review: pathophysiology and methodology of nasal packing]. Laryngorhinootologie 2004; 83: 534–51; quiz 553–6.

e13. Spillmann D: Aspiration von Nasentamponaden mit Todesfolge. Laryngorhino -otologie 1981; 60: 56.

e14. Hull HF, Mann JM, Sands CJ, Gregg SH, Kaufman PW: Toxic shock syndrome related to nasal packing. Arch Otolaryngol 1983; 109: 624–6.

e15. Allen ST, Liland JB, Nichols CG, Glew RH: Toxic shock syndrome associated with use of latex nasal packing. Arch Intern Med 1990; 150: 2587–8.

e16. Márquez Moyano JA, Jiménez Luque JM, Sánchez Gutiérrez R, et al.: Shock tóxico estafilocócico asociado a cirugía nasal [Toxic shock syndrome associated with nasal packing]. Acta Otorrinolaringol Esp 2005; 56: 376–8.

e17. Biswas D, Wilson H, Mal R: Use of systemic prophylactic antibiot ics with ante-rior nasal packing in England, UK. Clin Otolaryngol 2006; 31: 566–7.

e18. Lenarz T, Boenninghaus HG: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg 2012.

e19. Loughran S, Hilmi O, McGarry GW: Endoscopic sphenopalatine artery liga -tion—when, why and how to do it. An on-line video tutorial. Clin Otolaryngol 2005; 30: 539–43.

e20. Kumar S, Shetty A, Rockey J, Nilssen E: Contemporary surgical treatment of epistaxis. What is the evidence for sphenopalatine artery ligation? Clin Otola-ryngol Allied Sci 2003; 28: 360–3.

e21. Saraceni Neto P, Nunes LMA, Gregório LC, Santos RdP, Kosugi EM: Surgical treatment of severe epistaxis: an eleven-year experience. Braz J Otorhinola-ryngol 2013; 79: 59–64.

e22. Agreda B, Urpegui A, Ignacio Alfonso J, Valles H: Ligadura de la arteria esfenopalatina en la epistaxis recidivante posterior. Estudio retrospectivo de 50 pacientes [Ligation of the sphenopalatine artery in posterior epistaxis. Retro-spective study of 50 patients]. Acta Otorrinolaringol Esp 2011; 62: 194–8.

Page 13: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

II Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1 | 8. Januar 2018 | Zusatzmaterial

M E D I Z I N

eAbbildung: Auswahl gebräuchlicher Tamponadena) Bellocq-Tamponadeb) Nasenrachenballonc) Xomed-Katheterd) Gummifingerlingee) Baumwollgazestreifenf) Mullkompressensprotten für „hohe Einlagen“

Page 14: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1 | 8. Januar 2018 | Zusatzmaterial III

M E D I Z I N

eKASTEN 1

Übersicht über die gebräuchlichsten Tamponaden● GummifingerlingstamponadenGummifingerlingstamponaden sind Schwämme, die aufgrund eines Gummiüberzugs eine Besiedelung mit Bakterien oder Viren verhindern. Aufgrund ihrer Effektivität bezüglich der Blutstillung, der einfachen und verhältnismäßig wenig traumati-schen Applikation und Entfernung sowie aufgrund der geringen Unannehmlichkeit beim Patienten sind Gummifingerlinge die Standardtamponade in Deutschland. Relevante Komplikationen sind Druckschädigungen der Collumella und der Flü-gelknorpel sowie die posteriore Dislokation (e10).

● aufquellende NasentamponadenExpandierbare Nasentamponaden bestehen meist aus Polyvinylacetal und expandieren nach Kontakt mit Blut oder Was-ser. Der Vorteil dieser Form der Tamponade ist, vor allem bei kleinporigen Materialien, dass die Platzierung und Detampo-nade verhältnismäßig weniger traumatisch und unangenehm ist. Eine Sonderform stellt Rapid Rhino dar. Diese Tamponade besteht aus einem Schwamm oder einem Ballon als Kern sowie einer Ummantelung aus Carboxymethylzellulose, wodurch ein zusätzlicher thrombozytenaggregationsfördernder Effekt er-zielt wird (e10).

● BaumwollgazestreifenBaumwollgazestreifen werden, in der Regel nach Tränkung mit Vaseline oder antibiotischen Ölen, als fortlaufende Tampo-nade in die Nase eingebracht. Vorteilhaft ist die individuelle Steuerbarkeit der lokalen Druckwirkung (e12). Nachteile sind die verhältnismäßig schmerzhafte Platzierung und Entfernung, der verminderte Tragekomfort, mögliche Blutungen durch die Detamponade und die potenzielle Bildung von Paraffingranulomen (e10, e12, e37).

● BallontamponadenDie Indikation von blockbaren Ballontamponaden liegt vor allem bei der schweren posterioren Epistaxis (e10). Es ist stets eine zusätzliche vordere Tamponade erforderlich.

Der Nasenrachenballon sollte nach Applikation entlang der kaudalen Nasenhaupthöhle mit bis zu 10 mL sterilem Was-ser für Injektionszwecke geblockt werden und anschließend vorsichtig gegen die Choanen gezogen werden (29). Im Falle nicht verfügbarer Nasenrachenballons wird die Einlage eines Foley-Katheters, der im Nasenrachen geblockt wird, als alter-native Möglichkeit beschrieben (12). Zudem existieren Doppelballonkatheter, die zusätzlich zum posterioren Ballon für den Nasen rachen einen anterioren Ballon beinhalten, der in der Nasenhaupthöhle aufgeblockt wird. Aufgrund des verhältnis-mäßig hohen Risikos von Drucknekrosen sollte der Einsatz von Ballontamponaden der Nasenhaupthöhle zurückhaltend erfolgen (e10).

● Bellocq-TamponadeDas Prinzip der Bellocq-Tamponade basiert auf dem Abdichten des Nasopharynx durch einen Gaze- oder Schaumstoff-tampon, der mittels zweier transnasal eingebrachter Gummikatheter über den Mund in den Nasenrachen gezogen wird. Die Applikation ist sehr unangenehm für den Patienten und sollte daher bevorzugt unter Sedierung oder Allgemeinanästhe-sie erfolgen. Zudem weist diese Tamponade im Vergleich zu Nasenrachenballons eine deutlich höhere Rate an lokalen und generalisierten Komplikationen auf (e38). Die Indikation beschränkt sich daher auf Fälle posteriorer Epistaxis mit In-suffizienz von vorderer Tamponade und Ballonkathetern sowie auf Blutungen des Nasenrachenraumes, beispielsweise nach einer Tumoroperation (e18).

Page 15: Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik · 12 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1–2 | 8. Januar 2018 MEDIZIN Therapiekonzepte der Epistaxis in Praxis und Klinik

IV Deutsches Ärzteblatt | Jg. 115 | Heft 1 | 8. Januar 2018 | Zusatzmaterial

M E D I Z I N

eKASTEN 2

Operative VorgehensweisenUm dem Chirurgen eine bessere Übersicht im blutenden Situs zu verschaffen und um den Blutver-lust zu verringern, wird die lokale Anwendung von Vasokonstriktoren sowie eine Hochlagerung des Kopfes um 15–20 Grad empfohlen (e25, e39). Zudem sollte im Rahmen der Anästhesie auf eine hy-potensive Blutdruckeinstellung geachtet werden (e25).

● Verschluss der Arteria sphenopalatinaEine bedeutende Landmarke zum Aufsuchen der Arteria sphenopalatina ist die Crista ethmoidalis. Sie wird entweder mittels einer vertikalen Inzision vor der hinteren Anheftungsstelle der mittleren Nasen muschel oder über eine mittlere meatale Antrostomie mit Darstellen der Kieferhöhlenhinter-wand und Abschieben der Schleimhaut am maxilloethmoidalen Übergang freigelegt. Nach Entfer-nung der Crista ethmoidalis werden die dahinterliegenden arteriellen Äste der Arteria sphenopalatina identifiziert und mit Ligaclip oder Elektrokoagulation verschlossen (e25).

● Verschluss der Arteria ethmoidalis anteriorEine seltenere Ursache einer schweren Epistaxis ist eine Blutung der Arteria ethmoidalis anterior, die spontan, postoperativ nach Nasennebenhöhleneingriffen oder nach Trauma auftreten kann. In Fällen schwer beherrschbarer anteriorer Epistaxis ist ein „Clipping“ der A. ethmoidalis anterior (AEA) eine sinnvolle Therapieoption. Die Arteria kann über einen offenen Zugang im Bereich des medialen Au-genwinkels (Lynch Incision; transcaruncularer Zugang) oder endoskopisch dargestellt werden. Bei endoskopischem Vorgehen werden nach maxillärer Antrostomie die vorderen Siebbeinzellen ausge-räumt und die Lamina papyracea dargestellt. Mittels abgewinkelten Optiken wird die AEA aufge-sucht, die die Schädelbasis in anteromedialer Richtung durchquert (e25). Komplikationen sind neben erneuten Blutungen Verletzungen orbitaler Strukturen und der Schädelbasis (e25).

● Verschluss der Arteria ethmoidalis posteriorEine Ligatur der Arteria ethmoidalis posterior ist in seltenen Fällen einer schweren Epistaxis ange-zeigt. Sie ist laut einer US-amerikanischen Studie im Mittel 8,1 mm vor der Vorderwand des Sinus sphenoidalis lokalisiert (e40).In Fällen persistierender Blutungen nach den üblichen chirurgischen und neuroradiologischen Herangehensweisen, empfehlen die französischen Leitlinien die chirurgische Exploration der Nasen -nebenhöhlen mit elektiver Koagulation bei Blutungen aus Seitenästen beziehungsweise einer Eth-moidektomie bei diffusen Blutungen (e31).