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Thieme: Multimodale Schmerztherapie bei chronischen …€¦ · Lindena, Gabriele, Dr. med. CLARA Clinical Analysis, Research and Application Klinische Analyse, Forschung und Anwendung

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Multimodale Schmerztherapie bei chronischenKopfschmerzen

Interdisziplinäre Behandlungskonzepte

Herausgegeben von

Günther FritscheCharly Gaul

Mit Beiträgen von

J. Altenscheidt U. Kraus A. PielstickerC. Berwanger B. Kröner-Herwig U. ReuterA. Diezemann P. Kropp D. SandigD. Ettlin A.K. Liedtke W. SenfJ. Frettlöh G. Lindena B. SteigerG. Fritsche V. Lindner A. StraubeC. Gaul M. Lüking H.C. TraueG. Haag A. Martin C. VauthM. Hüppe A. Nicpon S. WalterH. Kessler Y. Paelecke-Habermann

32 Abbildungen

Georg Thieme VerlagStuttgart · New York

ImpressumBibliografische Informationder Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2013 Georg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 1470469 StuttgartDeutschlandTelefon: +49/(0)711/8931-0Unsere Homepage: www.thieme.de

Printed in Germany

Zeichnungen: Gay & Sender, BremenUmschlaggestaltung: Thieme VerlagsgruppeUmschlagfotos: Hauptmotiv von Prof. Dr. Christoph Maier,Bochum; Bild links oben: Dr. Günther Fritsche, Essen;Bild links Mitte: Dr. Jörn Altenscheidt, Bochum;Bild links unten: Dr. Charly Gaul, KönigsteinRedaktion: Susanne Meinrenken, BremenSatz: SOMMER media GmbH & Co. KG, Feuchtwangengesetzt aus Arbortext APP-Desktop 9.1 Unicode M180Druck: Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG, Calbe

ISBN 978-3-13-171021-5 1 2 3 4 5 6

Auch erhältlich als E-Book:eISBN (PDF) 978-3-13-171031-4eISBN (ePub) 978-3-13-175751-7

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizinständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klini-sche Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesonderewas Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt.Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applika-tion erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen,dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt daraufverwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand beiFertigstellung des Werkes entspricht.Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikations-formen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommenwerden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältigePrüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate undgegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzu-stellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungenoder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber derAngabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist be-sonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder sol-chen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Do-sierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr desBenutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benut-zer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mit-zuteilen.

Geschützte Warennamen (Marken®) werden nicht beson-ders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hin-weises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich umeinen freien Warennamen handelt.Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrecht-lich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Gren-zen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung desVerlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fürVervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen unddie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Sys-temen.

AbkürzungenACTAffective Communication Test

AEQ-G18 Ambivalence over Emotions Question-naire

BEQ Berkley Expressivity QuestionnaireBSI Brief Symptom InventoryCAM Complementary and alternative MedicineCDH Chronic Daily Headache (chronische täg-

liche Kopfschmerzen)CGRP Calcitonin Gene related PeptideCNV kontingente negative VariationCPAQ Chronic Pain Acceptance QuestionnaireCRF Corticotropin Releasing FactorcTTH Chronic Tension Type Headache (chro-

nischer Kopfschmerz vom Spannungstyp)DASS Depression, Anxiety and Stress ScalesDBT dialektisch-behaviorale TherapieDSF Deutscher SchmerzfragebogenDSM Diagnostic and Statistical Manual of Mental

DisordersEFNS European Federation of Neurological So-

cietiesERQ Emotion Regulation QuestionnaireeTTH Episodic Tension Type Headache (episo-

discher Kopfschmerz vom Spannungstyp)FEEL-Test Facially Expressed Emotion LabellingFESV Fragebogen zur Erfassung der Schmerzver-

arbeitungGKV Gesetzliche KrankenversicherungGSI Global Severity Index

HADS-D Hospital Anxiety and Depression Scale(Deutsche Version2)

ICF International Classification of Functioning,Disability and Health

IBK Inventar zur Beeinträchtigung durch Kopf-schmerzen

IMMPACT Initiative on Methods, Measurement,and Pain Assessment in Clinical Trials

KVT Kognitiv-verhaltenstherapeutische Thera-pie (Kognitiv-behaviorale Therapie)

LEAS Levels of Emotional Awareness ScaleMIDAS Migraine Disability Assessment ScaleMOH Medication overuse headache (Kopf-

schmerz durch Medikamentenübergebrauch)PDI Pain Disability IndexPGI-C Patient Global Impression of ChangePGI-S Patient Global Impression of SuccessPMR Progressive MuskelrelaxationSF-36 Short Form-36 Health SurveySUNCT-Syndrom Short-lasting unilateral neural-

giform headache with conjunctival injection andtearing

TAS-20 Toronto Alexithymie SkalatBFB Temperatur-BiofeedbackTCM Traditionell chinesische MedizinTTH Tension Type headache (Kopfschmerz vom

Spannungstyp)VT Verhaltenstherapie

ACT Affective Communication TestAEQ-G18 Ambivalence over Emotions Ques-

tionnaireBEQ Berkley Expressivity QuestionnaireBSI Brief Symptom InventoryCAM Complementary and alternative

MedicineCDH Chronic Daily Headache (chronische

tägliche Kopfschmerzen)CGRP Calcitonin Gene related PeptideCNV kontingente negative VariationCPAQ Chronic Pain Acceptance Question-

naireCRF Corticotropin Releasing FactorcTTH Chronic Tension Type Headache

(chronischer Kopfschmerz vomSpannungstyp)

DASS Depression, Anxiety and Stress ScalesDBT dialektisch-behaviorale TherapieDSF Deutscher SchmerzfragebogenDSM Diagnostic and Statistical Manual of

Mental DisordersEFNS European Federation of Neurological

SocietiesERQ Emotion Regulation QuestionnaireeTTH Episodic Tension Type Headache

(episodischer Kopfschmerz vomSpannungstyp)

FEEL-Test Facially Expressed Emotion LabellingFESV Fragebogen zur Erfassung der

SchmerzverarbeitungGKV Gesetzliche Krankenversicherung

GSI Global Severity IndexHADS-D Hospital Anxiety and Depression

Scale (Deutsche Version2)ICF International Classification of Func-

tioning, Disability and HealthIBK Inventar zur Beeinträchtigung durch

KopfschmerzenIMMPACT Initiative on Methods, Measurement,

and Pain Assessment in Clinical TrialsKVT Kognitiv-verhaltenstherapeutische

Therapie (Kognitiv-behavioraleTherapie)

LEAS Levels of Emotional Awareness ScaleMIDAS Migraine Disability Assessment ScaleMOH Medication overuse headache

(Kopfschmerz durch Medikamenten-übergebrauch)

PDI Pain Disability IndexPGI-C Patient Global Impression of ChangePGI-S Patient Global Impression of SuccessPMR Progressive MuskelrelaxationSF-36 Short Form-36 Health SurveySUNCT-Syndrom

Short-lasting unilateral neuralgiformheadache with conjunctival injectionand tearing

TAS-20 Toronto Alexithymie SkalatBFB Temperatur-BiofeedbackTCM Traditionell chinesische MedizinTTH Tension Type headache (Kopfschmerz

vom Spannungstyp)VT Verhaltenstherapie

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GeleitwortChronische Kopfschmerzen betreffen 2–3% derdeutschen Bevölkerung. Die meisten Patienten mitchronischen Kopfschmerzen erhalten eine Fehl-diagnose und werden nur unzureichend behan-delt. Dies hat damit zu tun, dass in unserem Ge-sundheitssystem ganz überwiegend unimodaleTherapiekonzepte verfolgt werden, die entwederausschließlich medikamentöser oder ausschließ-lich nichtmedikamentöser Natur sind. ChronischenKrankheiten wird man nur gerecht, wenn Patien-ten mit einer langen Leidensgeschichte von eineminterdisziplinären Team multimodal behandeltwerden. Paradigmatisches Beispiel hierfür sind dieTherapieansätze, die im Westdeutschen Kopf-schmerz-Zentrum in Essen in den letzten acht Jah-ren entwickelt wurden. Das Buch von Herrn Frit-sche und Herrn Gaul stellt daher die medikamen-

tösen und nichtmedikamentösen Behandlungsver-fahren vor, die sich bei der Behandlung von Patien-ten mit chronischen Kopfschmerzen bewährt ha-ben. Besonderen Wert wird auf die praktische Um-setzung dieser Verfahren gelegt. Ich hoffe, dassdieses wichtige Buch geeignet ist, mehr Kranken-häuser und Kliniken als bisher dazu zu bewegen,integrierte Kopfschmerz-Zentren aufzubauen undzu eröffnen, um dieser leidgeprüften Patienten-population gerecht zu werden.

Hans-Christoph DienerDirektor der Klinik für NeurologieUniversitätsklinikum Essen

Im Februar 2013

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VorwortDie multimodale Therapie ist der Goldstandardin der Behandlung von chronischen Schmerzen.Kopfschmerzpatienten unterscheiden sich jedochin vielerlei Hinsicht von anderen Kranken mitchronischen Schmerzen. Sie erleben aufgrund desattacken- bzw. episodenartigen Charakters ihreKopfschmerzen im Alltag eher als Ausnahmeereig-nis im Unterschied zur dauerhaften Symptom-wahrnehmung bei vielen anderen Schmerzsyndro-men. Auch zwischen den einzelnen Kopfschmerz-entitäten gibt es im klinischen Bild erheblicheUnterschiede. So weisen Patienten mit Migräne inder Regel ein niedrigeres Chronifizierungsstadiumund ein hohes Beeinträchtigungsniveau auf, Pa-tienten mit Kopfschmerzen vom Spannungstyp(Tension Type Headache, TTH) dagegen ein hohesChronifizierungsstadium mit niedriger Beeinträch-tigung. Ein Behandlungskonzept, das allen Beson-derheiten von idiopathischen KopfschmerzenRechnung trägt, gibt es nicht. Aufgrund langjähri-ger Erfahrung mit der ambulanten, tagesklinischenund stationären Behandlung von Kopfschmerzpa-tienten haben wir uns entschlossen, gemeinsammit Autoren, die seit vielen Jahren auf dem Gebietder Kopfschmerzbehandlung als ausgewiesene Spe-zialisten gelten dürfen, ein Buch zur multimodalenSchmerztherapie mit spezifischem Zuschnitt aufdie Kopfschmerzbehandlung herauszugeben. DieKernidee der multimodalen Schmerztherapie unddamit dieses Buchs ist der interdisziplinäre Ansatz:Nur wenn alle Behandler über eine gemeinsameBasis an Wissen verfügen und dieses Wissen sy-nergistisch in der Therapie umsetzen, ist eine er-folgreiche Behandlung möglich.

Dieses Buch folgt dem Motto: „Aus der Praxisfür die Praxis“; die Kompetenz der Autoren unddie Praktikabilität der Inhalte sind seine Stärken.Das Buch wendet sich an alle beruflichen Diszi-plinen – Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten,Sporttherapeuten, Pflegepersonal, etc. – die im Be-reich der (Kopf-)Schmerzmedizin tätig sind. Es istin allen Settings (ambulant, stationär, teilstationär)anwendbar. Die Leser sollen sich rasch bezüglichder therapeutischen Erfordernisse und der unter-schiedlichen Syndrome orientieren können. Zu-dem werden als Unterstützung der täglichen Ar-beit in höchst praktischer Form konkrete Behand-lungsmodule angeboten. Therapiebausteine wie in

einem Kochbuch lassen sich so entdecken, einset-zen und mit ihnen spezifische Erfahrungen sam-meln.

Im ersten Teil werden syndromübergreifendBesonderheiten der Epidemiologie, Klassifikatio-nen und Diagnostik dargestellt, die therapeutischeEvidenz einzelner Verfahren angeführt und dasihnen zugrunde liegende Störungsmodell kritischbeleuchtet. Im zweiten Teil werden die Patho-mechanismen der bedeutendsten primären Kopf-schmerzsyndrome medizinisch und psychologischzusammengefasst und die daraus resultierendentherapeutischen Implikationen abgeleitet. Im drit-ten Teil werden häufig angewendete mono- undmultimodalen Therapieverfahren beschrieben. Imvierten Teil werden sieben syndromübergreifendeBasismodule der Kopfschmerztherapie ausführlichbeschrieben, da sie das Gerüst für eine multimo-dale Behandlung von chronischen Kopfschmerzendarstellen. Im fünften Teil werden syndromspezi-fische Behandlungsmodule beschrieben, die in kei-nem Behandlungsprogramm fehlen dürfen und diedurch ihre praktische Ausarbeitung direkt in denBehandlungsalltag übernommen werden können.Die hier beschriebenen Module sind jahrelang er-probt. Im abschließenden sechsten Teil wird dieVersorgungssituation, wie sie sich für Kopfschmerz-patienten in Deutschland derzeit darstellt, heraus-gearbeitet und aus gesundheitsökonomischer undsozialmedizinischer Perspektive kritisch gewür-digt.

Wir danken allen Autoren, die trotz ihrer alltäg-lichen Belastungen in Therapie und Forschung die-sem Buch ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Ver-fügung gestellt haben. Die große Bandbreite derunterschiedlichen Verfahren konnte nur durch dieMitarbeit vieler Einzelautoren erreicht werden,der Textduktus spiegelt dabei auch den Stil der je-weiligen Autoren wider. Wir danken dem GeorgThieme Verlag, insbesondere Frau Esmarch undFrau Engeli, für das unermüdliche Engagementund die geduldige Mitarbeit.

Essen und Königstein, im Frühjahr 2013

Günther Fritsche und Charly Gaul

7

AnschriftenHerausgeber

Fritsche, Günther, Dr. rer. medic. Dipl.-Psych.Universitätsklinikum EssenNeurologische KlinikHufelandstr. 5545147 Essen

Gaul, Charly, Priv.-Doz. Dr. med.Migräne- und Kopfschmerzklinik KönigsteinÖlmühlweg 3161462 Königstein

Mitarbeiter

Altenscheidt, JörnUniversitätsklinikum BergmannsheilAbteilung für SchmerzmedizinBürkle de la Camp-Platz 144789 Bochum

Berwanger, Christoph, Dr. med.Hardtwaldklinik I und Neurologische AkutklinikHardtstr. 3134596 Bad Zwesten

Diezemann, Anke, Dr. rer. nat. Dipl.-Psych.DRK Schmerz-Zentrum MainzTagesklinik für interdisziplinäre SchmerztherapieVerhaltenstherapie, Schmerzpsychotherapie,Klinische HypnoseAuf der Steig 1655131 Mainz

Ettlin, Dominik, Priv.-Doz. Dr. Dr.Zentrum für ZahnmedizinUniversität ZürichPlattenstrasse 118032 ZürichSchweiz

Frettlöh, Jule, Dr. rer. nat. Dipl.-Psych.Berufsgenossenschaftliches UniversitätsklinikumBergmannsheil GmbHNeurologische Klinik und PoliklinikBürkle de la Camp-Platz 144789 Bochum

Haag, Gunther, Prof. Dr. med. Dipl.-Psych.Michael-Balint-KlinikFachklinik für Psychosomatikund GanzheitsmedizinHermann-Voland-Str. 1078126 Königsfeld

Hüppe, Michael, Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych.Universitätsklinikum Schleswig-HolsteinKlinik für Anästhesiologie und IntensivmedizinRatzeburger Allee 16023562 Lübeck

Kessler, Henrik, Priv.-Doz. Dr. med.LWL Universitätsklinikum BochumKlinik für Psychosomatische Medizinund PsychotherapieAlexandrinenstr. 1–344791 Bochum

Kraus, Uta, Dr. phil. Dipl.-Psych.Julius-Maximilians-Universität WürzburgInstitut für PsychologieMarcusstr. 9–1197070 Würzburg

Kröner-Herwig, Birgit, Prof. Dr. phil.Georg-Elias-Müller Institut für PsychologieAbteilung für Klinische Psychologieund PsychotherapieGeorg-August-Universität GöttingenGoßlerstr. 1437073 Göttingen

Kropp, Peter, Prof. Dr. rer. soc. Dipl.-Psych.Medizinische Fakultät der Universität RostockInstitut für Medizinische Psychologieund Medizinische Soziologie im Zentrumfür NervenheilkundeGehlsheimer Str. 2018147 Rostock

Liedtke, Anne K., Dr. rer. medic. Dipl.-Psych.Institut für Rechtspsychologie undForensische Psychiatrie Halle (Saale)Große Steinstr. 6906108 Halle

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Lindena, Gabriele, Dr. med.CLARA Clinical Analysis, Research and ApplicationKlinische Analyse, Forschung und AnwendungClara-Zetkin-Str. 3414532 Kleinmachnow

Lindner, Volker, Dr. med.Klinik für NeurologieUniversitätsklinikum Schleswig-HolsteinCampus KielArnold-Heller-Str. 324105 Kiel

Lüking, Marianne, Dipl.-Psych.Universitätsklinikum FreiburgInterdisziplinäres SchmerzzentrumBreisacher Str. 6479106 Freiburg

Martin, Alexandra, Prof. Dr.Bergische Universität WuppertalKlinische Psychologie und PsychotherapieMax-Horkheimer-Str. 2042097 Wuppertal

Nicpon, Anja, Dipl-Psych.Westdeutsches Kopfschmerzentrum EssenHufelandstr. 2645147 Essen

Paelecke-Habermann, Yvonne, Dr. phil. Dipl.-Psych.Julius-Maximilians-Universität WürzburgAbteilung für Interventionspsychologie,Verhaltensanalyse und VerhaltensregulationMarcusstr. 9–1197070 Würzburg

Pielsticker, Anke, Dr. phil. Dipl.-Psych.Institut für Schmerztherapie MünchenTal 1580331 München

Reuter, Uwe, Priv.-Doz. Dr. med.Neurologische Klinik und HochschulambulanzAmbulanz für Kopf- und GesichtsschmerzCharité Universitätsmedizin BerlinChariteplatz 110117 Berlin

Sandig, Dennis, M.A. (Sportwiss.)iQ athleitik GmbHInstitut für Trainingsoptimierung für Sportund GesundheitSteinrutsch 365931 Frankfurt

Senf, Wolfgang, Prof. Dr. med.Pelmanstr. 2645131 Essen

Steiger, Beat, lic. phil.Zentrum für ZahnmedizinUniversität ZürichPlattenstrasse 118032 ZürichSchweiz

Straube, Andreas, Prof. Dr. med.Universitätsklinikum GroßhadernLudwig-Maximilians-Universität MünchenNeurologische Klinik und PoliklinikMarchioninistr. 1581377 München

Traue, Harald C., Prof. Dr.Universität UlmSektion Medizinische PsychologieFrauensteige 689075 Ulm

Vauth, Christoph, Dr. Dipl. Ök.hkk – Erste GesundheitMartinistr. 2628195 Bremen

Walter, Steffen, Dr. Dipl.-Psych.Universität UlmSektion Medizinische PsychologieFrauensteige 689075 Ulm

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Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeine Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.1 Interdisziplinarität in derKopfschmerztherapie . . . . . . . . . . 14G. Fritsche

1.2 Klassifikation und Epidemiologiechronischer Kopfschmerzen . . . . 19G. Haag, C. Gaul

1.3 Evidenz psychologischerTherapieverfahren . . . . . . . . . . . . . 22G. Fritsche

1.4 Evidenz von komplementären,alternativmedizinischen undAußenseiterverfahren . . . . . . . . . . 25C. Gaul

1.5 Psychometrische Diagnostik . . . . 29M. Hüppe

1.6 Spezielle Aspekte derpsychologischen Exploration. . . . 31G. Fritsche

1.7 Behandlungserfolg . . . . . . . . . . . . . 33M. Hüppe

1.8 Kopfschmerzen undKomorbidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35V. Lindner

2 Klinik und Störungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

2.1 Klinik und Pathogenese derMigräne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42P. Kropp und U. Reuter

2.2 Pathogenese des TTH . . . . . . . . . . 44A. Straube und H.C. Traue

2.3 Klinik und Pathogenese desKopfschmerzes bei Medikamen-tenübergebrauch . . . . . . . . . . . . . . 50G. Haag, G. Fritsche, C. Gaul

2.4 Klinik, Pathomechanismen undTherapie der Gesichtsschmerzen 54D. Ettlin und B. Steiger

2.5 Klinik und Pathomechanismendes Clusterkopfschmerzes . . . . . . 58C. Gaul, Y. Paelecke-Habermann

3 Behandlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

3.1 Pharmakologische Therapie vonKopfschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . 64C. Gaul

3.2 Kognitive Verhaltenstherapie beichronischen Kopfschmerzen . . . . 69J. Frettlöh

3.3 Psychodynamische Verfahren . . . 73W. Senf

3.4 Physiotherapeutische Verfahrenbei Kopfschmerzen. . . . . . . . . . . . . 77J. Altenscheidt

3.5 Entspannungsverfahren . . . . . . . . 82M. Lüking

3.6 Biofeedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84A. Martin

3.7 Achtsamkeitsbasierte Therapie . 88A. Diezemann

3.8 Hypnotherapie. . . . . . . . . . . . . . . . . 93A. Pielsticker

Inhaltsverzeichnis

11

3.9 Psychologische Kopfschmerz-therapie bei Kindern undJugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96B. Kröner-Herwig

3.10 Sporttherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . 99D. Sandig, U. Kraus

4 Basismodule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

4.1 Kräfteökonomie im Alltags-verhalten von Kopfschmerz-patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104G. Fritsche

4.2 Gesundheits- und Krankheits-konzepte in der Lerngeschichte . 108J. Frettlöh

4.3 Kognitive Techniken . . . . . . . . . . . 111A. Diezemann

4.4 Genusstraining und Genusslernen 119A.K. Liedke

4.5 Umgang mit Akutkopfschmerz . 123A. Nicpon

4.6 Patientenedukation zur medi-kamentösen Behandlung . . . . . . . 128C. Gaul

4.7 Therapeutischer Umgang mitZielkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . 134J. Frettlöh

5 Syndromspezifische Behandlungsmodule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

5.1 Lifestyle-Modifikation beiMigräne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144G. Fritsche

5.2 Emotionsorientierte Interventio-nen bei Tension Type Headache . 151H.C. Traue, S.Walter, H. Kessler

5.3 Krankheitsverhalten beiClusterkopfschmerz . . . . . . . . . . . 158M. Lüking

5.4 Prävention und Therapie desKopfschmerzes durch Medi-kamentenübergebrauch . . . . . . . 162G. Fritsche, G. Haag

6 Versorgungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

6.1 Ambulante und stationäreAngebote für Patienten mitKopfschmerzen in Deutschland . 168G. Lindena

6.2 Versorgungskonzepte undGesundheitsökonomie aus Sichtder Krankenkassen . . . . . . . . . . . . 173C. Vauth

6.3 Sozialmedizinische Aspekte(Rehabilitation, Rente, Schwer-behinderung) . . . . . . . . . . . . . . . . . 177C. Berwanger

7 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0

8 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0

181

196

Inhaltsverzeichnis

12

1Kapitel 1

Allgemeine Einführung

1.1 Interdisziplinarität in derKopfschmerztherapie 14

1.2 Klassifikation undEpidemiologie chronischerKopfschmerzen 19

1.3 Evidenz psychologischerTherapieverfahren 22

1.4 Evidenz von komplemen-tären, alternativmedizini-schen und Außenseiter-verfahren 25

1.5 Psychometrische Diagnostik 29

1.6 Spezielle Aspekte der psy-chologischen Exploration 31

1.7 Behandlungserfolg 33

1.8 Kopfschmerzen undKomorbidität 35

1 Allgemeine Einführung

1.1 Interdisziplinarität in derKopfschmerztherapieG. Fritsche

1.1.1 BegründungDie interdisziplinäre Diagnostik und Therapiechronischer Kopfschmerzen ist international wis-senschaftlicher und ethischer Standard. So nenntdie WHO den „burden of chronic disease“ alsGrund für die Notwendigkeit zur Etablierung in-terdisziplinärer Teams [530]. Die Notwendigkeitder Interdisziplinarität in der Behandlung chro-nischer (Kopf-)Schmerzen leitet sich aus dem tra-ditionellen Krankheitsverständnis chronischerSchmerzen ab. Diesem Verständnis liegen drei An-nahmen zugrunde:1. Chronischer Schmerz ist zu behandeln wie aku-

ter Schmerz.2. Befund und Befinden stehen in einer direkten

(linearen) Beziehung zueinander.3. Chronische Schmerzen kann man unterteilen in

„somatogenen“ und „psychogenen“ Schmerz.

Diese Annahmen implizieren eine Gleichbehand-lung von akutem und chronischem Schmerz. Siesind mit modernen Erkenntnissen jedoch nichtmehr vereinbar.

▶ Zu 1. Akuter Schmerz hat in der Regel eine Ur-sache (z. B. Entzündung, Verletzung) und eineFunktion (z. B. Heilung einleiten). Daraus lässt sicheine Behandlungsstrategie ableiten (z. B. Anti-phlogistikum). Der chronische Schmerz ist da-gegen qualitativ völlig anders als der akute: Erist in der Regel nicht messbar, noxische Reizesind nicht ausreichend identifizierbar, er hatkeine handlungsleitende Funktion, er ist keinStimulus für Verhaltenskorrekturen, er ist nichtmehr kausal behandelbar und die Betroffenenhaben oft die Überzeugung verloren, dieseSchmerzen noch einmal kontrollieren zu können.Wo die Grenze zwischen „akut“ und „chronisch“zu sehen ist, ist nicht einheitlich definiert, derZeitverlauf stellt hierbei nur einen Aspekt dar.Wenn somatische Faktoren in den Hintergrundtreten und Begleitumstände (Beeinträchtigung,psychosoziale Auswirkungen) zunehmend an Be-

deutung gewinnen, dann setzt Schmerzchronifi-zierung ein.

▶ Zu 2. Bei akuten Schmerzen geben die Befunde(z. B. Labor, Bildgebung) die Therapierichtung vor.Bei chronischen Schmerzen muss sich jedoch derTherapeut nicht mehr hauptsächlich mit dem Kör-per des Patienten beschäftigen, sondern gleich-wertig auch mit dessen subjektiver Wirklichkeitdes Schmerzerlebens, d. h. den Wahrnehmungen,Empfindungen, Gefühlen und Gedanken. Somit be-stimmen überwiegend psychische Faktoren denKrankheitsverlauf. Diese beeinflussen z. B. die Re-aktion des Patienten auf operative Verfahren undderen Outcome, auf konservative und auch psy-chosomatische Behandlungsmaßnahmen. Alle be-teiligten Disziplinen sind angewiesen auf die akti-ve informationsgebende Mitarbeit des chronischenSchmerzpatienten.

▶ Zu 3. Die Dichotomisierung des chronischenSchmerzes in psychische und somatische Faktorenist anachronistisch. Folgerichtig werden Schmerz-syndrome im DSM-IV und im ICD-10 so klassifi-ziert, dass der biopsychosoziale Charakter chro-nischer Schmerzen betont wird (z. B. ICD-10:F45.41 Chronische Schmerzstörung mit somati-schen und psychischen Faktoren). Auch die WHOintegriert in ihrem Krankheitsmodell die biologi-sche Seite von Störungen, die Beeinträchtigungvon Aktivitäten, die soziale Partizipation sowie diebeteiligten Umweltfaktoren.

1.1.2 ModellDas klassische Krankheitsmodell in den westlichenLändern ist das biomedizinische Modell. Es gehtdavon aus, dass Krankheit dann entsteht, wenneine biologische oder biochemische Abweichungvon einem „Normalzustand“ vorliegt. Heilung wä-re dann seine Wiederherstellung. Im Störungs-modell, auf das sich die Verhaltenstherapie stützt,ist chronischer Schmerz definiert als Syndrom mitbiologischen, kognitiven, emotionalen und beha-vioralen Komponenten. Dieses Modell impliziert,dass man von einer multikausalen Ätiologie aus-gehen muss und es demzufolge mit einem Syn-drom zu tun hat, bei dem deutliche Beeinträchti-gungen auf verschiedenen Ebenen des Erlebensund Verhaltens auftreten (Versuchen Sie einmal,

Allgemeine Einführung

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