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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 221, S. 123--134 (1954). Aus der Medizinisehen Klinik der Freien Universit~t Berlin (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. H. Frhr. v. KR~SS). Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. I. Mitteilung. t~ber das Verhalten der SerumeiweiBkSrper beim Kaninchen unter experimenteller ehronischer Allylformiatvergiftung. Von M. KESSEL, P. KORTGE und F. A. PEZOLD. Mit 2 Textabbildungen. (Eiugegaugen am 11. August 1953.) Zahlreiche Autoren haben sich mit den Auswirkungen der Allyl- formiat(AF)-Vergiftung auf die Leber besch~ftigt. Obwohl sich diese am gesamten Capillarsystem nachweisen lassen, ist die Leber immer bevor- zugtes Studienobjekt gewesen. Ihre typische Blutversorgung gew~hr- leistet eine besondere Konzentrierung des AF in den Lebersinusoiden. EPPINGERh~t als unmittelbare Folge der akuten AF-Intoxikation eine capill~re Durehl~ssigkeitssteigerung fiir PlasmaeiweiB beschrieben. Er verwies auf die an- f~ngliehe Abnahme des Albumin/Globulin-Quotienten im Blutserum bei gleieh- zeitigem Ansteigen dieses Quotienten in der Leber. Unter der Annahme einer physiologisehen Undurchlassigkeit der Capfllaren fiir BluteiweiBkSrper sehloB er aus seinen Feststellungen auf einen initialen Austritt der kleineren Albumin- molekiile aus der Blutbahn ins Interstitium und in die Gewebe. Diesen Vorgang nannte er ,,Albuminurie ins Gewebe". Bei tiefergreifender Sch~digung sah er in dem Wiederansteigen des Serumalbumin/Globulin-Quotienteneinen indirekten Beweis dafiir, da~ nun aueh die grSber dispersen Globuline ins Gewebe iibertraten. Durch die Untersuchungen mit radioaktiv markierten Proteinen ist die prin- zipielle physiologisehe Capillardurehl~ssigkeit fiir alle SerumeiweiBkSrper erwiesen. Die Durehtrittsrate ist yon der PorengrSi3e der Capillarwand und yon der Gestalt bzw. dem Molekulargewieht der einzelnen Fraktionen abh~ngig. Bei experimentell oder pathologisch gesteigerter Permeabilitat kommt es zu einer mehr oder minder gleiehm~Bigen Durehl~ssigkeit fiir s~mtliche EiweiBmolekfile, so dab man nach Wum~MA~ und WU~D~RLY besser yon einer ,,Proteinurie ins Gewebe" sprieht, wenn iiberhaupt dieser, der Nierennomenklatur entnommene Ausdruek fiir den hier statthabenden Vorgang Verwendet werden soll. Vergleiehende elektrophore- tische Untersuchungen verschiedener KSrperfliissigkeiten mit dem jeweils zuge- hSrigen Blutserum haben eine weitgehende LTbereinstimmung in qualitativer Hin- sieht erbraeht. Solehe Befunde wurden erstmalig yon WALLENIUS am Liquor eerebrospinalis, yon PERLI~IA~, GLEI~, und KAUF~A~ an der Lymphe, yon WUN- ])ERLY und CAalANUTam Kammerwasser, yon P~RLMANund KAUFMA~N an der Synovialfliissigkeit, yon KUTZI~ am Cantharidenblaseninhalt und yon PEZOLD und ttINZ am Gewebssaft festgestellt. Die in neuerer Zeit h~ufiger auftauehenden Literaturangaben fiber prinzipiell gleiche Untersuehungsergebnisse mit ~)dem- fliissigkeiten, Transsudaten, Exsudaten und Aseites haben wir an eigenen Fallen

Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien

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Page 1: Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 221, S. 123--134 (1954).

Aus der Medizinisehen Klinik der Freien Universit~t Berlin (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. H. Frhr. v. KR~SS).

Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. I. Mitteilung.

t~ber das Verhalten der SerumeiweiBkSrper beim Kaninchen unter experimenteller ehronischer Allylformiatvergiftung.

Von M. KESSEL, P. KORTGE und F. A. PEZOLD.

Mit 2 Textabbildungen.

(Eiugegaugen am 11. August 1953.)

Zahlreiche Auto ren haben sich mi t den Auswirkungen der Allyl- formiat (AF)-Vergif tung au f die Leber besch~ftigt. Obwohl sich diese am gesamten Capil larsystem nachweisen lassen, ist die Leber immer bevor- zugtes S tud ienobjek t gewesen. Ihre typische Blu tversorgung gew~hr- leistet eine besondere Konzen t r i e rung des AF in den Lebersinusoiden.

EPPINGER h~t als unmittelbare Folge der akuten AF-Intoxikation eine capill~re Durehl~ssigkeitssteigerung fiir PlasmaeiweiB beschrieben. Er verwies auf die an- f~ngliehe Abnahme des Albumin/Globulin-Quotienten im Blutserum bei gleieh- zeitigem Ansteigen dieses Quotienten in der Leber. Unter der Annahme einer physiologisehen Undurchlassigkeit der Capfllaren fiir BluteiweiBkSrper sehloB er aus seinen Feststellungen auf einen initialen Austritt der kleineren Albumin- molekiile aus der Blutbahn ins Interstitium und in die Gewebe. Diesen Vorgang nannte er ,,Albuminurie ins Gewebe". Bei tiefergreifender Sch~digung sah er in dem Wiederansteigen des Serumalbumin/Globulin-Quotienten einen indirekten Beweis dafiir, da~ nun aueh die grSber dispersen Globuline ins Gewebe iibertraten.

Durch die Untersuchungen mit radioaktiv markierten Proteinen ist die prin- zipielle physiologisehe Capillardurehl~ssigkeit fiir alle SerumeiweiBkSrper erwiesen. Die Durehtrittsrate ist yon der PorengrSi3e der Capillarwand und yon der Gestalt bzw. dem Molekulargewieht der einzelnen Fraktionen abh~ngig. Bei experimentell oder pathologisch gesteigerter Permeabilitat kommt es zu einer mehr oder minder gleiehm~Bigen Durehl~ssigkeit fiir s~mtliche EiweiBmolekfile, so dab man nach Wum~MA~ und WU~D~RLY besser yon einer ,,Proteinurie ins Gewebe" sprieht, wenn iiberhaupt dieser, der Nierennomenklatur entnommene Ausdruek fiir den hier statthabenden Vorgang Verwendet werden soll. Vergleiehende elektrophore- tische Untersuchungen verschiedener KSrperfliissigkeiten mit dem jeweils zuge- hSrigen Blutserum haben eine weitgehende LTbereinstimmung in qualitativer Hin- sieht erbraeht. Solehe Befunde wurden erstmalig yon WALLENIUS am Liquor eerebrospinalis, yon PERLI~IA~, GLEI~, und KAUF~A~ an der Lymphe, yon WUN- ])ERLY und CAalANUT am Kammerwasser, yon P~RLMAN und KAUFMA~N an der Synovialfliissigkeit, yon KUTZI~ am Cantharidenblaseninhalt und yon PEZOLD und ttINZ am Gewebssaft festgestellt. Die in neuerer Zeit h~ufiger auftauehenden Literaturangaben fiber prinzipiell gleiche Untersuehungsergebnisse mit ~)dem- fliissigkeiten, Transsudaten, Exsudaten und Aseites haben wir an eigenen Fallen

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124 M. KESSEL, P. K6RTGE und F. A. PEZOLD:

bestatigen kSnnen. Fiir die Leber sehlieBen Kit~N und HILDEBRAND auf Grund des raschen t~Tbertritts intraven6s applizierter hochmolekularer Substanzen in die Leberlymplle und ihrer Verteilung in den versehiedenen Raumen (entspreehend dem Eiwei~gehalt ihrer Medien) auf eine hohe Permeabilitat der Sinusoide. Naeh ihrer Auffassung ist die freie Passage der PlasmaeiweiBk6rper dureh die intralobularen Capfllaren iiberhaupt fiir die Leber die Voraussetzung zur Aufrechterhaltung ihrer exkretorisehen und intermediaren Aufgaben.

EI'PII~GERS Vermutung erscheint dureh die erwahnten neueren Befunde wider- legt. Die Anwendung elektrophoretiseher und immunoehemiseher Untersuehungs- methoden hat inzwischen klar gemacht, dab der mit einzelnen Aussalzungsmethoden gewonnene Albumin/Globulin-Quotient nieht den tatsaehlichen Verhaltnissen ent- spricht (~JOOR, WUHRMAI~ und WUNDERLY, LANGE, BENNHOLD, OTT und KALLEE).

Es lag nahe, den EinttuB der experimentellen AF-Vergiftung auf die SerumeiweiBk6rper erneut, aber mit verfeinerter Methodik zu unter- suchen. Man kSnnte erwarten, dal~ sich der Eiwei]~austritt aus der Gef~Bbahn unter AF-Applikation und die anschliel~enden Gewebs- ver~nderungen, die unter anderem gerade die Leber in erheblichem Aus- ma ] treffen, sich im Verhalten der Blutplasmaeiwei]kSrper ~ul]ern.

Nun hat EP~ING]~R die akute yon der ehronisehen Vergiftung mit Allylformiat nach ihren Verlaufsformen klar unterschieden. W~hrend er in der akuten Form eine Art Modellversuch der ,,serSsen Hepatitis" im Sinne ROESSLES mit ihren typischen Abl~ufen sieht, demonstriert er mit der fortgesetzten Applikation kleine- rer, nicht tSdlicher Dosen yon Allylformiat die Entwicklung eines ehronisehen Leberschadens, der schon makroskopiseh an das typische Bild der mensehlichen Lebereirrhose erinnert. Fiir die Klinik interessieren in diagnostiseher und prGgno- stiseher Hinsicht besonders die chronischen Hepatitiden mit ~berg~ngen in die Lebercirrhose. Ffir diese Verlaufsformen sind typisehe Ver~nderungen im Serum- eiweil]spektrum bekannt, die sieh elektrophoretisch in erster Linie als Albumin- verminderung und ~-Globulinvermehrung ~uBern.

Um solche klinischen Stadien gegebenenfalls in Parallele zum Tier- versuch stellen zu kSnnen, haben wir uns zur Durchffihrung fortgesetzter AF-Applikation mit kleinen, nicht tSdlichen Einzeldosen entschlossen. Fortlaufende Serumeiwei]untersuchungen solcher Versuchsreihen fehlen bisher. Als weiteres Ziel dieser Arbeit sehen wir die systematisch wieder- holte Kontrolle einiger bekannter, auch in der Klinik durchfiihrbarer Leberfunktionsproben an. Es wurden Serumlabilit~tsproben (Cadmium- sulfatreaktion, W~LTMA~sches Koagulationsband, l~ephelogramm nach WUNDV.RLY-Wu~P~AN~), elektrophoretische Serumuntersuchungen und der Bromsulphaleintest durchgefiihrt. Dieser zur Priifung der exkretori- schen Funktion der Leber besonders geeignete Test ist allgemein an- erkannt. Seine besondere Empfindlichkeit haben wir an bioptisch und durch Leberpunktion gesicherten F~llen yon Leberkranken iiberpriift (BRAun, MEX und PEZOLD). Im Rahmen der ,,Reaktionskonstellationen" yon W U H R ~ N gestatten die ausgefiihrten Untersuchungen der Serum- eiweiBkSrper eine recht brauchbare Aussage. Ihre Unspezifit~t braucht

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Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. 125

hier n icht e rneut be ton t zu werden. Zuletzt soll ten histologische Unte r - suchungen uns eine Aussage fiber das dem jeweiligen F u n k t i o n s v e r h a l t e n entsprechende pathologisch-anatomische Subs t ra t ermSglichen. Darfiber wird in einer sp~teren Mit te i lung berichtet .

Ffir die Ausffihrung der Serumelektrophorese genfigen seit der Entwicklung brauchbarer Papierelektrophoresemethoden zu einer einmaligen Analyse 0,01 bis 0,02 em 3 Serum. Uber die Zuverl~ssigkeit der Methode muff auf die umfangreiche diesbezfigliehe Literatur verwiesen werden.

Eigene Untersuchungen. I . Material und Technik,.

Wir haben trotz einiger, in der Literatur (EPPI~OER, POPPER) ge~uBerter Be- denken Kaninchen benutzt, da sie sich sowohl zur experimentellen AF-Vergiftung (HEINEMANN), als auch zur elektrophoretischen Untersuchung der Serumproteine sehr wohl eignen. Neben vereinzelten Untersuchungen mit der Txs]~LI~s-Apparatur sind bisher Mikrobestimmungen mit dem ANTWEILER-Ger~t yon STiiR~ER und papierelektrophoretisehe Untersuchungen yon SC~EIFFARTH und BERG an normalen Kaninehen durehgeffihrt worden. Das Kaninehen hat zwar ein individuelles EiweiB- bild. Aber es bleibt unter normalen Bedingungen fiber l~ngere Zeit konstant. Unter diesen Umst~nden sind fortlaufende Kontrolluntersuchungen am gleichen Tier berechtigt.

Wir haben insgesamt 4 m~nnliche und 14 weibliehe gesunde Kaninchen im Gewieht yon 2,8--4,5 kg in den Versuch genommen. Die Tiere, in Gruppen yon je 6 Tieren eingeteilt und unter gleichen ~ufleren und di~tetischen Bedingungen ge- halten, sind t~glich mit 20, 30 und 40 mg Allylformiat (Dichte 0,948 bei 18 ° C, Siedepunkt 83,6 ° bei 768 mm Hg) 1 pro Kilogramm K5rpergewicht durch subcutane Applikation unter die Rfickenhaut fiber li~ngere Zeitr~ume behandelt worden. Zur Untersuchung der I~ormalwerte wurden 32 gesunde, unbehandelte Kaninchen herangezogen. Unter ihnen waren die oben erw~hnten 18 sp~ter in den Allylformiat- versuch genommenen Tiere. Die Tiere sind wahrend der Versuchsdauer hinsichtlieh ihres Verhaltens (Gewicht, Frel31ust, Haarausfal], intercurrente Erkrankungen usw.) laufend beobachtet worden. Die erforderliehen kleinen Blutmengen lassen sich ]eieht aus den Ohrvenen der Kaninehen entnehmen. Wir haben jewefls Doppel- bestimmungen durchgeffihrt. Die Beobachtungen haben sich fiber 6 Monate er- streckt.

Zur Durehffihrung der elektrophoretischen Auftrennung der Serumeiweil~- fraktionen bedienen wir uns der Filterpapiermethode am h~ngenden Streifen nach WUNDERLY (Puffer pH 8,8, 6,5 mA 110 V). Um vergleiehbare Werte zu erhatten, tragen wir stets konstante Eiwei~mengen auf, die sich entsprechend dem ver- schiedenen Gesamtproteingehalt der jeweiligen Seren in weehseinden Vohmina finden. In der vorliegenden Versuchsreihe sind stets 2 mg Protein auf MUNKTELL- Papier (GRYCKSBO, Sehweden) aufgetragen worden. Die fertig aufgetrennten Streifen werden mit Bromphenolblau naeh DURRUM gef~rbt. Diese Methode hat sich uns besonders wegen der guten Entf~trbbarkeit der eiweiBfreien Papierabschnitte be- w~hrt. AuBerdem ist dieser Farbstoff nach eigenen Untersuchungen (PEZOLD und PEISER) in eiweiBhaltiger LSsung mindestens ffir die zur Durchfiihrung der Eluat- photometrie efforderliche Zeit konstant, im Gegensatz zu Amidoschwarz 10 B, das

1 Wir danken Herrn Prof. JUNXMANN (Leiter des Chem. Zentrallaboratoriums der Firma Schering, Berlin-West) ffir die ~berlassung des AUylformiats.

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126 M. KESSEL, P. K6RTGE und F. A. PEZOLD:

nach Elution aus dem Papier mit n/20 NaOH schon nach 40 min erhebliche Ab. nahmen der Extinktionswerte zeigt. (Fiir die Direktcolorimetrie des transparent gemachten, amidoschwarzgef~rbten Papiers gilt diese Einschr~nkung allerdings nicht.) Auf Grund teilweise sehleehter Erfahrungen mit different anzeigenden Photo- elementen der k~ufliehen Auswertger~te fiir das Transparenzveffahren haben wir die vorliegenden Messungen nach vollst~ndiger Elution des in kleine Streifenabsehnitte zerschnittenen Filterpapiers im Elektrophotometer ,,Elko I I" yon ZeiB-0pton mit Filter S 57 durchgeffihrt. Zur Erreehnung der relativen Prozentwerte aus den Extinktionswerten muB bei der Bromphenolblauf~rbung ein Korrekturfaktor an- gewendet werden. Fiir die ~-Globuline verwenden wir auf Grund eigener Unter- suehungen (PEzoLD und PEISER) zur Umreehnung den Faktor 1,1, w~hrend wit fiir die iibrigen Globulinfraktionen den yon ~REMER und TISELIUS, sowie SCHNEIDER vorgesehlagenen Korrektionsfaktor yon 1,6 gew~hlt haben. Der relativen Fehler- breite, besonders im Hinbliek auf die lipoidtragenden Fraktionen, sind wir uns be- wuBt. Da jedoeh die Abweichungen bei allen Kontrolluntersuchungen die gleiehen sind, sind signifikante Ver~nderungen der einzelnen Werte auf quantitative Ver- ~nderungen der Serumfraktionen zu beziehen.

Als orientierende Vorversuche zur Priifung der Serumlabilit~t haben wir bei allen Tieren das WELTMA~sche Koagulationsband und die Cadmiumsulfatprobe nach WUNDERLY und WUHR~ANN, sowie beim ,,versehleierten" WKB auch noch das Nephelogramm nach WUNDERLY und WUHRMA~ ausgefiihrt.

II . A usgangswerte.

Eine ~bers icht fiber die papierelektrophoretisch gewonnenen Serum- eiweil3werte 1, sowie einiger Serumlabil i t~tsproben gesunder unbehandelter Kaninchen gibt die Tabelle 1.

Demnach finden sich folgende Schwankungsbrei ten:

Ffir Albumin yon 5 8 - - 7 4 % ; ffir ~-Globulin (Gesamtfrakt ion) yon 5 - - 1 7 % ; ffir fl-Globulin yon 4 - - 1 7 % ; ffir y-Globul in yon 6 - -22%.

Bei Vernachl~ssigung der Ext remwer te ergeben sich folgende Mittel- werte:

Ffir Albumin 67% ( i 5%); ffir ~-Globulin 11% ( i 2%) ; ffir ~- Globulin 8% ( ~ 3%) ; ffir y-Globulin 14% (~- 4%).

Diese tabellarische ~bers ich t zeigt, dab unsere Wer te mi t den in der Li tera tur angegebenen im ganzen gut i ibereinstimmen. Eine Trennung der ~-Globuline yon den Albuminen ist uns stets gut mSglieh gewesen. Dagegen li~Bt sich bei Kaninehen eine Trennung von ~1- nnd ~2-Globulin nicht in allen F~llen mi t hinreichender Genauigkeit durchfiihren. Wir haben deshalb in den F~llen, we dies nicht mSglich war, die ~-Globulin- f rakt ion als Ganzes erfaBt.

Es scheint uns jedoch angebraeht, darauf hinzuweisen dal3 die yon una er- m i t t e l t e n ~-Globulinwerte der Normaltiere nicht so niedrig liegen, wie die kiirzlich yon SCHEIFF~mT~ und BERO mitgeteflten. Miiglicherweise liegt dies in der Aus- wertungsmethodik beim Transparenzverfahren begriindet. Dieser Untersehied ist

1 Untersucht yon eand. reed. G. GRttN~RT.

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Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. 127

natiirlich fiir die Bewertung unserer experimentellen Ergebnisse yon Wichtigkeit. In guter Ubereins t immung befinden wir uns dagegen mi t STiYRMER, der etwa die gleichen Werte, allerdings mit dem ANTWEILER-Ger~t, an normalen Kaninchen fest- gestellt hat .

Tabelle 1. Serumeiweiflwerte unbehandelter Kaninchen.

Globulin % WKB Tier Nr. Albumin % R6hrchen Nr. a~ a~ ~ 7

12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

64 61 59 72 69 69 66 63 72 60 58 59 71 67 65 73 74 70 62 69 66 67 66 62 64 61 68 65 59 60 65 66

9 17 3 6 8 8 5 9 6 4 7 2 3 10

7 5 3 5 7

l l l0 3 4 6

13 l0 8 5 14

15 9 12 8 6 5

l0 l l 11 l0 10 6

9 4 11 l l 10 10 l l l0 10 12 11 9 17 7

8 5 11 9 5 7

9 10 l l 9 12 13 12 17

7 13 12 l l

10 1--6 22 1 - -6 19 1 6 11 1--6 16 1 6 19 19 1--5 16 1 7 15 1 --7 17 ! 6 15 1--5 17 l 6 9 1--6

22 1 7 14 1--6 6 1 7

10 1--6 17 16 1 4 l l 1--5 13 1--5 11 1 - - 5 14 1--6 14 1--6 12 1--6 18 1--8 13 1 6 15 1--6 16 1--6 11 1--6 15 1--7 I 1 1--6

D ie C a d m i u m s u l f a t r e a k t i o n h a t be i a l l e n N o r m a l t i e r e n e in n e g a t i v e s

E r g e b n i s e r b r a c h t . D a s W K B r e i c h t g e w 5 h n l i c h y o n R S h r c h e n I - - V ,

g e l e g e n t l i c h b i s V I I a l s n o r m a l e r S c h w a n k u n g s b r e i t e . D a s N e p h e l o -

g r a m m h a t se in T r f i b u n g s m a x i m u m b e i m N o r m a l t i e r z w i s c h e n 600 b i s

800 rel . T r f i b u n g s e i n h e i t e n . E s i s t w e d e r n a c h r e c h t s n o c h n a c h l i n k s

v e r s c h o b e n .

Versuchsreihe I (20 m g A F p r o k g e t die) .

D ie T i e r e e r h i e l t e n u n t e r d e n o b e n g e n a n n t e n V e r s u c h s b e d i n g u n g e n

t ~ g l i c h 20 m g A:F s u b c u t a n . S ~ m t l i c h e 6 T i e r e z e i g t e n k e i n e w e s e n t l i c h e n

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 221. ,q

Page 6: Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien

128 M . K E S S E L , P . K S R T G E u n d F . A . P E Z O L D :

R e a k t i o n e n a u f die t ~ g l i c h e n I n j e k t i o n e n . D ie G e w i c h t s k u r v e n w a r e n

unauf f~ l l i g . L e d i g l i c h g e g e n E n d e d e r e r s t e n W o c h e k a m es zu geringen Gewichtsabnahmen u n d z u m Haaraus/aU a n d e n F l a n k e n . G e g e n E n d e d e r

V e r s u c h s p e r i o d e , d. h . z w i s c h e n d e m 80. u n d 90. T a g n a c h B e g i n n d e r

~i igl ichen A F - I n j e k t i o n e n k a m es z u grSl3eren S c h w a n k u n g e n i m G e w i c h t .

E s i i b e r l e b t e n 5 T ie re .

Tabelle 2. Verhalten der Serumeiweiflwerte bei langdauernder Zu/uhr von 20 mg AF pro leg pro die.

Tier Nr .

12

13

14

15

16

18

A F - D o s i s (pro kg l KSrpe r - i Vcrsuchs-

t a g gewich t /d ie ) I

m g I

20

2[)

20

20

20

20

0 13 37 49 90

0 13 37 49 90

0 20 38 47 88

0 20 38 47 88

0 19

0 19 33 40 83

A l b u m i n %

64 56 75 74 67

61 57 72 67 48

59 69 56 63 59

72 67 52 60 67

69 6O

66 49 49 56 52

Globul in %

I

W K B PJ ih rchen

~Nr.

9 17 4 4 18

8 4 8 7

13 9

3 6 8 13 13 l0 5 10 8 15 l0

8 5 9 19 9 6 16 i

14 8 22 11 i 8 18

7 5 i l3 16

6 4 7 11 7 6 i 9 11

15 !13 20 12 1 3 16 12 i 6 15

t

2 3 i l0 16 I 9 19 12 I

11 10 30 9 4 38: 8 1 7 2 9 7 I 5

10 1--6 18 1--7 13 1 8 11 1--8 l l 1 6

i

22 1--6 17 1--5 13 1--5 15 1--6 27 1--6

1--6 1--6 1 5 1--8 1--5

1--6 1--5 1--4 1--6 1--4

1--6 1--7

1--5 1--7

1--6 1--8

B e m e r k u n g e n

spontan nach

98 Tagen gestorben

i Weitere Ab- nahme tech-

nisch unm6g- lich

W i e ob ige T a b e l l e d a r s t e l l t , f i n d e t s ich bei allen Tieren e lne teilweise, a l l e r d i n g s n u r v o r f i b e r g e h e n d e r e l a t i v e Albuminverminderung. D e r

n i e d r i g s t e W e r t l i eg t t e i l s in d e r Mi t r e , t e i l s a m E n d e d e r V e r s u c h s p e r i o d e .

D i e A l b u m i n e w a r e n m a x i m a l u m 28~o, m i n i m a l u m 6O/o v e r m i n d e r t .

Page 7: Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien

Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. 129

Diese Albuminverminderung erfolgt mit einem mehr oder weniger gleichm~Bigen Anstieg aller Globulinfraktionen. Eine alleinige ~-Globu-

linzunahme haben wir nur gelegentlich ge- .Fx~. sehen. Bemerkenswert ist die Unruhe der

fl-Fraktion. Die Cadmiumsulfatreaktion war f~ bei s~mtlichen Tieren in allen Kontrollen

negativ. Das WKB li~l]t sich nicht eindeutig verwerten; auch das Nephelogramm kann

~ e n_

A ~i ~z Y Y F ram

Abb. 1. Elektrophoresediagramm: Tier Nr. 14, vor Versuchsbeginn. Eiweiflwerte siehe Tab. 1,

A ~t ~2 /d ~ ram.

Abb. 2. Elektrophoresediagramm: Tier Yr. 14, naeh 88 Tagen AF-Zu/uhr (20 mg pro kg et die). EiweiBwerte siehe Tabelle 2.

9*

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130 M. KESSEL, P. K6RTGE und F. A. PEZOLD :

Versuchsreihe I I (30 mg AF pro kg et die).

Im Gegensatz zu den Tieren der Versuchsreihe I waren die Allgemein- e r s c h e i n u n g e n be i d e r 30 m g A F - V e r g i f t u n g w e s e n t l i c h s t a r k e r . E s l a n d

s ich e in e r h e b l i c h e r i n i t i a l e r G e w i c h t s v e r l u s t , d ie F r e B l u s t w a r e b e n f a l l s

Tabelle 3. Verhalten der Serumeiweiflwerte bei langdauernder Zu/uhr von 3O bzw. 4Omg AF (pro kg et die).

(Ergebnisse der Versuchsreihe I I und I I I .

s I

20

23

28

3[

31

24

25

3 o l

30

30

30

30

40

40

40

0 72 3 7 65 11

24 54 12 66 56 12

0 59 15 7 51 11

24 51 16

0 74 10 36 52 13 63 42 15

0 62 11 36 36 25 63 44 12

0 69 10 31 57 l l 58 68 6

0 71 12 2 62 8 3 62 9

0 67 6 2 59 8 3 62 8 4 64 4 5 62 8 8 59 4

0 65 l0 2 64 10 4 60 11

Globulin %

4 6 7

16 15

9

26

22 1 3

6 17 24

11 ~27 ~22 22

10 11 14 18

3 l0 13

8 9 20 10 16 13

5 122 9 2 4 7J23

3 9 120 11 ] 19

,I 11 I' 14 15111 13 ~1 16

WKB , .o gOhrchen

15 ~ 1 7 17 ( , ) 1--5 18 ;~ 1--5 17 ~ 1--5

17 ~ 1--6 16 (+) 1--5 20 ;~ - -

10 ;~ 1--6 l s l z 19 ~ ~ 1--6

16[ ~ 1--4 12 ] ~ 1--3

)

(~) 1--6

1--5 1--6

;~ 1--6

1--6

1--7

1--7 1--6 1--6 1--6

;3 1--6

1--6 ;~ 1--6

Beillerkungtql

Spontan am 37. Tag gestorben

Spontan am 65. Tag gestorben

am 3. Tag spontan

vers torben

i nach dem 8. Tag , weitere Blut- en tnahmentechnisch ! unmSglich.

Tier verstarb am 41. Tag

am 6. Tag spontan

verstorben

herabgesetzt, auch land sich Haarausfall und teilweise Hautnekrosen- b i l d u n g a n d e n I n j e k t i o n s s t e l l e n , d ie j e d o c h t r o t z w e i t e r g e f f i h r t e r Ve r -

g i f t u n g z u r A b h e i l u n g k a m e n . A u B e r d e m w u r d e e ine b e r e i t s f r f ih e in-

s e t z e n d e B l u t e i n d i c k u n g b e o b a c h t e t , d ie t e i lwe i se die B l u t e n t n a h m e n

Page 9: Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien

Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. 131

sehr ersehwerte. Ein Tier starb spontan am 18. Tag, ein weiteres am 39.Tag, so dab sie fiir die folgenden Untersuchungen ausfielen. Bei den fiber- lebenden wurde der ¥ersueh bis zu 2 Monaten durchgeffihrt, zu welchem Zeitpunkt das Allgemeinbefinden der Tiere unauff~llig war. Die AF- Zufuhr wurde jetzt abgesetzt, da der Bromsulphalein-Test inzwisehen einen pathologischen Verlauf zeigte. Daraus war analog unseren Er- fahrungen in der Klinik auf eine LeberfunktionsstSrung der Tiere zu schliel3en. Aul3erdem war zu diesem Zeitpunkt etwa die gleiche Gesamt- dosis wie in der Versuchsreihe I erreicht.

Wie aus Tab. 3 zu ersehen ist, zeigt die Papierelektrophorese der untersuchten Sera trotz hSherer Dosierung und st~rkerer Beeintr~chti- gung des Allgemeinbefindens keine wesentlich grSberen Ver~nderungen gegeniiber der Versuchsreihe I (Tab. 2). Die Cadmiumsulfatreaktion war lediglich in 3 Untersuchungen fraglich positiv, das WKB und das Nephelogramm lieBen sich wiederum nieht verwerten.

Versuchsreihe I I I (40 mg AF pro kg et die).

Von den 6 mit 40 mg AF vergifteten Tieren kamen 3 (nicht in Tab. 3 aufgeffihrt) innerhalb von 3 bzw. 5 Tagen unter Krampferscheinungen ad exitum. Bei der hochgradigen Bluteindickung war es nicht mSglich, yon diesen schwer gesch~digten Tieren Entnahmen aus der Ohrvene durch- zuffihren. Infolgedessen gelang es nur bei 3 Tieren, das Bluteiweigbild zu beobachten, und zwar bis l~ngstens 8 Tage, da ein Tier jetzt eine starke Bluteindickung zeigte und die beiden anderen verstarben.

Innerhalb des angegebenen Zeitabschnittes fand sich weder ein st~rkerer Albuminverlust noch eine wesentliche Verschiebung der ?- Globulinfraktion. Lediglich die ~-Globuline wiesen in 2 yon 3 F~llen eine Zunahme auf (siehe Tab. 3). Cadmiumsulfatreaktion, WKB und Nephelo- gramm wiesen keinerlei pathologisches Verhalten auf.

Besprechung der Ergebnisse.

Bei l~ngerdauernder Applikation verschiedener Dosen AF (20, 30 bzw. 40 mg AF/kg/die) zeigt das Bluteiweil3bild des Kaninehens bei fort- laufender Untersuehung nur eine m@ige, teilweise nur voriibergehende Albuminverminderun 9 ohne charakteristische 7-Globulinvermehrung. Auf- f~llig waren voriibergehende Anstiege der fl-Globulinfraktion. Auch im humoralen Blutbild finder sich keine typische ,,Reaktionskonstellation" gem/iB der Definition von W V H R ~ . Eine Beziehung des Eiweil3- spektrums zur Dosierung, wie auch zum Allgemeinzustand der Tiere l~13t sich nicht feststellen. Dies ist besonders bemerkenswert bei den mit 40 mg pro kg et die injizierten Tieren, die meist bereits nach kiirzerer Zeit spontan ad exitum gekommen sind.

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132 M. KESSEL, P. KSRTGE und F. A. PEZOLD:

Bei mi t t e l schweren und sehweren Ver laufs formen yon Leber- pa renchymsch~den des Menschen im Z u s a m m e n h a n g mi t Vi rushepa t i t i - den - - 63 F~l le - - h a b e n wir durch fo r t l aufende pap ie re l ek t rophore t i sche Un te r suchungen bzw. Serumlabi l i t~ t spr f i fungen (KSRT(~E) nahezu regel- m ~ i g s ignif ikante ~ -Globu l inve rmehrungen in ers ter Linie au f K o s t e n der A lbumine gefunden. Pos tu l i e r t m a n eine Lebe rpa renchymsch~d igung durch A F be im Kaninchen , so is t aus unseren Versuchen zu ersehen, dal3 sich beziiglich der Bluteiweiflbilder des Kaninchens keine Analogieschli~sse zum Leberparenchymschaden des Menschen ziehen lassen.

Aus dem neueren Schrifttum ist bekannt, dab a/cu~e experimentelle Seh~digun- gen des Leberparenchyms sieh im elektrophoretisch gewonnenen Serumeiwei~- spektrum nieht ~uBern, was erst kfirzlich Kii~N und HILDEBRAND bei der akuten Tetraehlorkohlenstoffvergiftung am Hund best~tigt haben. Ob man die akute AF- Vergiftung im Sinne EPPINGERS als prim~re capillare Durehl~ssigkeitssteigerung ffir Bluteiwei~kSrper mit ,,Albuminurie ins Gewebe", oder als ein im Gefolge der Epithell~sion auftretendes ,,toxisches 0dem" der Leber (TERBRiiGGEN und DE- ~ECKE, W. DOERR) ansieht, ist ffir unsere Frageste]lung ohne Bedeutung.

~ber die Ver~nderungen bei chroni~cher AF-Vergiftung am Kaninehen liegen nur sporadische Mitteflungen vor (HEINEMANN, GLOGGENGIESSER, TERBRi~GGEN, I)ENECKE). Mit einer grSBeren Gesamtdosis innerhalb langerer Behandlungszeit hat nur H~INE~ANN gearbeitet (1937). Es erscheint gesichert, dab AF nicht nur auf die Capillarwand, sondern gleichzeitig auf die Leberparenchymzelle toxisch wirkt. FLECKENSTEIN sieht nicht den physikalischen Vorgang der PermeabilitatsstSrung, sondern den direkten Angriff auf das Fermentsystem der Zelle im Vordergrund der AF-Intoxikation. Es effolgt gleichzeitig eine ,,Proteolyse und Nekrolyse im Leber- parenehym, die erst sparer unter dem EinfluB der in den Exsudaten vorhandenen gerinnungsf6rdernden Fermente zur Koagulationsnekrose ftihrt" (T~RBRt3GGEN). Uber LebereiweiBveranderungen haben TERBRffGGE~ und ])ENECKE und fiber funktionelle Stoffwechselveranderungen (allerdings an der Ratte) BENDA, LOCKER und RISSEL berichtet. Alle Autoren sind sich darfiber einig, dab nach chronischer AF-Applikation erhebliche morphologisch faBbare Veranderungen in der Leber auf- treten. Ober die an den Lebern unserer Versuchstiere festgestellten histologisehen Untersuchungsbefunde soll in einer spateren Mitteilung berichtet werden.

Es erscheint auffallig, dal~ unsere A lbuminwer t e be i fo r t l aufender A p p l i k a t i o n der gleichen AF-Dos i s bei e twa der Ha l f t e der Tiere zunachs t abfal len, u m sieh nach einer gewissen Zei t wieder dem Ausgangswer t zu nahern . Es ware zu erwagen, ob hier im Sinne HEUBNERS eine ~ n d e r u n g im Verha l t en des Organismus auf die wiederhol te E inwi rkung derse lben Schad l ichke i t vor l iegt . Andere rse i t s ware auch denkbar , dal~ ent- sp rechend der yon manchen Au to ren bei der , , exper imente l len H e p a t i t i s " beschr iebenen gu t ausgeprag ten r e p a r a t i v e n Tendenz, die SerumeiweiB- wer te sieh wieder normal i s i e r t haben.

Die verschiedenartigen Ablaufe (Restitutio ad integrum, akute gelbe Leber- dystrophie, Lebercirrhose) sind auch in der menschliehen Pathologie bekannt. Die Serumelektrophoresebefunde der chronischen Verlaufsformen der menschlichen Hepatitis shad nach unserer Erfahrung einheitlicher: Nahezu regelmal]ig sieht man eine y-Globulinvermehrung, weniger haufig eine fl-Globulinvermehrung. Diese Ver- schiebungen werden, soweit sie zugunsten der y-Globuline erfolgen, im Verein mit

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Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. 133

der Albuminabnahme unter anderem mit dem Positivwerden der TAKATA-Reaktion, der Verl~ngerung des WELTMANNschen Koagulationsbandes und Erniedrigung bzw. Rechtsverschiebung des WV~D~RLYschen Nephelogrammes in Verbindung ge- bracht. Bei den Fallen mit zus~tzlicher fl-Globulinvermehrung finden wir gewShnlich einen stark positiven Thymoltriibungstest, der bei alleiniger 7-Globulinvermehrung schwacher positiv ausf~llt. Die Albuminverminderung erfolgt einmal im Rahmen des bekannten inversen Reaktionsmechanismus, zum anderen aber mehr oder weniger direkt proportional der Schwere des Krankheitsverlaufs. Bei starkem Albumin- ver]ust im Stadium der dekompensierten Lebercirrhose ist die Hypalbumini~mie besonders augenfallig. Dann ist sic gew6hnlich auch mit einer Hypoprotein~mie verbunden.

I n den angef i ih r ten Tie rversuchsre ihen h a b e n wir auch nach Zufuhr hoher A F - D o s e n ke ine pa tho log ischen W e r t e der Se rumlab i l i t~ t s t e s t e fes tgeste l l t , was gu t m i t den im Durchschn i t t nur le icht e rhShten 7- Globu l inwer ten i ibe re ins t immt . Unsere Untersuchungsergebnisse lassen mi t a l ler Vors icht ( re la t iv geringe Anzah l von Tieren!) den Schlul~ zu, dab beim Kaninchen bei chronischer AF-Vergi/tung trotz o//ensichtlich ein- getretener Leberschiidigung der Eiweiflsto//wechsel nicht erheblich gest6rt worden ist. Riickschli isse au f eine Sch~digung der S e r u m a l b u m i n b i l d u n g in der Leber durch chronische AF-Verg i f t ung - - wie weir eine ex t ra - hepa t i sche A lbuminsyn these mSglich ist, sei dah inges te l l t - - kSnnen aus unseren Versuchsergebnissen n ich t gezogen werden.

ZusammenIassung. Bei p ro t r ah i e r t e r A l ly l fo rmia t e inwi rkung mi t den von uns gew~hl ten

Dosen wi rd mi t t e l s pap ie re l ek t rophore t i s che r Un te r suchungen des Se rumeiwe i~spek t rums yon K a n i n c h e n nur eine miiBige, tei lweise sogar nur vor f ibergehende A l b u m i n v e r m i n d e r u n g festgestel l t . E ine e indeut ige und b le ibende 7 -Globu l inve rmehrung t r i t t n ich t ein. E ine s t a rke ,,fl- G lobu l inunruhe" is t auffi~llig. Es werden a u f Grund des SerumeiweiB- ve rha l t ens gegen die He ranz i ehung der chronischen Al ly l fo rmia tve r - g i f tung als Model lversuch der E n t w i c k l u n g eines chronischen Leber- schadens, sowie gegen die da raus gezogenen Analogieschl i isse au f die Vorg~nge in der menschl ichen Leber Bedenken ge~uflert.

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134 M. KESSEL, P. KSRTGE, F. A. PEZOL]) : Tierexperiment. Leberfunktionsstudien.

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Dr. M. KESSEL, Dr. P. K6RTOE u. Professor Dr. F. A. PEZOLD, Medizinische Klinik der Freien Universitat Berlin.