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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 223, S. 127--139 (1954). Aus der Medizinischen Klinik der Freien Universit~t Berlin (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. e. H. Frhr. v. K~Ess). Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. II. Mitteilung. Yerhalten der Bromsulphaleinausscheidung beim Kaninchen unter chroniseher AllylformiatvergiRung. Von M. KESSEL, P. KORTGEund F. A. PEZOLD. Mit 1 Textabbildung. (Ein~lee.]angen am 24. M~rz 1954.) Allyfformiat (AF) ist nicht nur ein Capillar-, sondern auch ein Zell- gift. Der unmittelbare Eingriff in das Fermentsystem der ZeUe steht nach ~LECKENSTEI~ sowie ]~ENDA, LOCKER O. RISSEL hn Vordergrund der At~-Intoxikation. ]~PPINGER konnte tierexperimentell mittels fort- gesetzter Applikation k]einerer, nicht t6dlicher I)osen yon AF die Ent- wicklung yon Leberver~nderungen demonstrieren, die histologisch als Umbauvorg~nge im Sinne einer atrophischen Cirrhose gedeutet wurden. Da die chronische AF-Vergfftung in dieser Dosierung vorwiegend und in erster Linie zu einer Sch~digung der Leberparenchymzelle fiihren soll, erschien es uns angebracht, zur ~unktionspriifung der Leber einen Test heranzuziehen, der empfindlich und in seinem Ablauf gut zu ver- folgen ist. Zur Priifung der exkretorischen Leberfunktiou sehen wir auf Grund eigener klinischer Erprobung (BI~AVN, MEx u. PEZOLD) den Bromsulphalein-(BSP)-Test als besonders geeignet an. Von Ros~N~rm~ u. WHIT~ 1925 in die klinische Funktionsdiagnostik eingefiihrt, wird er heute als einer der empfindlichsten chromodiagnostischen Teste ange- sehen. Bromsulphalein ist das Natriumsalz der Phenoltetrabromphthaleinsulfos~ure, das yon WHITEnach der Priifung zahlreicher Phthaleinfarbstoffe als besonders ge- eignet bezeichnet wird. Gemeinsam mit ROS~Cl~rT]tAL hat er diesen Farbstoff auf seine diagnostische Yerwendbarkeit im Tierexperiment untersucht. RosE--At. u. LILLIEhaben nachgewiesen, dab es sich im Wassor molekulardispers 16st und zum gr6Bten Teil durch die Leber ausgesehieden wird. Beim Kaninchen erscheint der Farbstoff bereits 4 rain nach i.v. Injektion in der Galle (BULKIER), beim Menschen normalerweise innerhalb 5--15 rain (LoRBV.~u. SHAY, WIRTS, CXROLI U. TAI~A- SOOLU).Nach 1 Std befinden sich 72% (BULMER)bis 85% (ROSENTttAL U. WHITE, WIRTS) in tier Galle. Aus der Diskrepanz zwischen dem BSP-Gehalt in der Galle und im Stuhl hat man auf eine extrahepatische Farbstoffelimination sehlieBen woUen. Wfillrendsich in der Gallenfliissigkeit nach GIoEs, MORSe,S ~ o N u. W x ~ immerhin 80--100% des i.v. injizierten l~arbstoffes wieder finden lassen, betrug

Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien

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Page 1: Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 223, S. 127--139 (1954).

Aus der Medizinischen Klinik der Freien Universit~t Berlin (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. e. H. Frhr. v. K~Ess).

Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. II. Mitteilung.

Yerhalten der Bromsulphaleinausscheidung beim Kaninchen unter chroniseher AllylformiatvergiRung.

Von M. KESSEL, P. KORTGE und F. A. PEZOLD.

Mit 1 Textabbildung.

(Ein~lee.]angen am 24. M~rz 1954.)

Allyfformiat (AF) ist nicht nur ein Capillar-, sondern auch ein Zell- gift. Der unmittelbare Eingriff in das Fermentsystem der ZeUe steht nach ~LECKENSTEI~ sowie ]~ENDA, LOCKER O. RISSEL hn Vordergrund der At~-Intoxikation. ]~PPINGER konnte tierexperimentell mittels fort- gesetzter Applikation k]einerer, nicht t6dlicher I)osen yon AF die Ent- wicklung yon Leberver~nderungen demonstrieren, die histologisch als Umbauvorg~nge im Sinne einer atrophischen Cirrhose gedeutet wurden.

Da die chronische AF-Vergfftung in dieser Dosierung vorwiegend und in erster Linie zu einer Sch~digung der Leberparenchymzelle fiihren soll, erschien es uns angebracht, zur ~unktionspriifung der Leber einen Test heranzuziehen, der empfindlich und in seinem Ablauf gut zu ver- folgen ist. Zur Priifung der exkretorischen Leberfunktiou sehen wir auf Grund eigener klinischer Erprobung (BI~AVN, MEx u. PEZOLD) den Bromsulphalein-(BSP)-Test als besonders geeignet an. Von Ros~N~rm~ u. WHIT~ 1925 in die klinische Funktionsdiagnostik eingefiihrt, wird er heute als einer der empfindlichsten chromodiagnostischen Teste ange- sehen.

Bromsulphalein ist das Natriumsalz der Phenoltetrabromphthaleinsulfos~ure, das yon WHITE nach der Priifung zahlreicher Phthaleinfarbstoffe als besonders ge- eignet bezeichnet wird. Gemeinsam mit ROS~Cl~rT]tAL hat er diesen Farbstoff auf seine diagnostische Yerwendbarkeit im Tierexperiment untersucht. RosE--At. u. LILLIE haben nachgewiesen, dab es sich im Wassor molekulardispers 16st und zum gr6Bten Teil durch die Leber ausgesehieden wird. Beim Kaninchen erscheint der Farbstoff bereits 4 rain nach i.v. Injektion in der Galle (BULKIER), beim Menschen normalerweise innerhalb 5--15 rain (LoRBV.~ u. SHAY, WIRTS, CXROLI U. TAI~A- SOOLU). Nach 1 Std befinden sich 72% (BULMER) bis 85% (ROSENTttAL U. WHITE, WIRTS) in tier Galle. Aus der Diskrepanz zwischen dem BSP-Gehalt in der Galle und im Stuhl hat man auf eine extrahepatische Farbstoffelimination sehlieBen woUen. Wfillrend sich in der Gallenfliissigkeit nach GIoEs, MORSe, S ~ o N u. W x ~ immerhin 80--100% des i.v. injizierten l~arbstoffes wieder finden lassen, betrug

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diese Quote in den Faeces nur 40--60%. Aber die gleichen Autoren konnten mittels bakterienhaltiger Stuhlsuspensionen zeigen, dal3 diese im Gegensatz zu bakterien- freien Stuhlfiltraten den Farbstoff bis zu einem gewissen Grad zerstLren kLnnen.

BSP wird bei intakter Leber rasch eliminiert. Nach Leberexstirpation bleibt der Blutspiegel 15 und 30 min nach der Injektion gegeniiber dem intakten Tier stark erhLht. Nach 80~oiger Unterbindung der Leberdurchblutung - - entsprechend dem Hauptlappen der Leber beim Kaninchen - - wird nach 60 min noch etwa 65% des injizierten BSP im Blut retiniert (BuLMER).

GOODMAN U. KINGSLEY habon die BSP-Clearance berechnet. Sie betriigt, in Kubikzentimeter Plasma/rain ausgedriickt, normalerweise 5,33 i 0,75 cm3/min/kg. Kein Wert lag unter 4,0 cma/min/kg. Bei Kranken mit Lebersch~den, aber ffei yon Ikterus und Fieber, betrugen die Werte durehsehnittlich 2,06 ± 0,30 ema/min/kg. Kein Wert lag iib~r 3,0 emS/min/kg. Schon 1947 hatte MYERS gezeigt, dal] die Er- gebnisse der yon BRADLEY aufgestellten BSP-Clearance-Methode weitgehend mit einer Schatzungsmethode aus der Harnstoffproduktion fibereinstimmten. Die Differenz ist signifikant. Analog konnten BEAVER, PESOTTI U. NICOSIA nachweisen, dab bei CC14-vergifteten Tieren die BSP-Konzentration der Gallenfliissigkeit in der Zeiteinheit nur ein Drittel der H6he bei normalen Tieren erreichte.

Es ist erwiesen, dab BSP eine leberpflichtige Substanz ist. Schon v. MbLLEN- I)ORFF hatte mittels der Methode der LeberdurehstrLmung festgestellt, dab die Leber einen Farbstoff, den die Niere noch zu eliminieren vermag, nieht in die Galle ausseheidct. Ob aueh i.v. zugeffihrtes BSP, wie viele andere Farbstoffe, obligato- riseh zuni~chst yon den KUPFFERschen Sternzellen aufgenommen (ScHELLONG, I~ERLITZ, KLEIN U. LEWINSON, MILLS U. DRAGSTEDT, CANTAROW U. WIRTS), Yon da in die Leberparenchymzelle gelangt und erst durch sie in die Galle ausgeschieden wird, ist noch nicht restlos geklart. Bei der bekannten Affinit~t yon F~rbstoffen zum I~ES (V. M()LLENDORFF, JAN~S6, SCHULEMAI~N) w~ire ein solcher Ausschei- dungs,nodus durchaus denkbar. Die Sternzellen wurden daher auch lange Zeit als die Zutragerzellen fiir die Leberzellen angesehen. Heute neigt man eher dazu, beiden Zellarten weitgehende Setbstandigkeit zuzuerkennen. Im Gegensatz zu den ge- wLhnlichen Capillaren fehlt den L~ppehensinusoiden ein geschlossenes Endothel- rohr. Daffir liegen der Wand innen die KUPFFERschen Sternzellen (,,Uferzellen") an. Durch zahlreiche Liieken stehen die Leberzellen in unmittelbarer Berfihrung mit dem Blutserum. Bei Speieherungsversuchen mit Vitalfarbstoffen lieB sich zeigen, dab die direkt mit der Blutstrombahn in Kontakt befindlichen Leberzellen wesentlieh mehr Einlagerungen aufwiesen als solche, die stark beladenen Sternzellen benachbart sind. Ftir diese Substanzen ist also die Zutriigerrolle der KUPFFER- Zellen abzulehnen (PFUttL). MENDELOFF geht auf Grund der Beobachtung, dab Tetrajodtetrachlorfluorescin (Bengalrot) naeh i.v. Injektion nur in den polygonalen Leberzellen aufgenommen wird, sogar so weit, aus Analogiegrfinden den gleichen Aufnahmemeehanismus ffir Bromsulphalein zu postulieren. KREBS U. BRAVER end- lich gelang as, mittels radioaktiven Bromsulphaleins (markiert mit S 3a) nachzu- weisen, da{3 BSP nut in den Leberparenchymzellen lokalisiert ist. Dieser Befund steht in guter ~'bereinstimmung mit den Versuchsergebnissen ROSENT~LS u. LIL~ZES, nach denen die Blockade des RES mittels kolloidalen Quarzes ohne Ein- flu~ auf die BSP-Elimination aus dem Blur ist. Aueh MENDELOFF, KRAMER, INGEL~GER U. BRADLEY sehen die BSP-Ausscheidung als eine aktive Leistung der ,,polygonalen Zellen" der Leber an. Als dieser Auffassung entgegenstehend werdeu die Blockadeversuche mittels Tusche angefiihrt, in deren Auswirkung auf das RES der inhibitorische Effekt auf die BSP-Elimination gesehen wird. Nach den Befunden yon VICTOR, VAlV BUREN U. SM1TH, dab die Tusche hepatotoxiseh ist, und der Meinung yon MENDELOFF, ~RAMER, ~[I~GELFINGER U. BRADLEY, die die Hemm-

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Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. II . 129

wirkung der Tusehe darin sehen, dull die gesehwollenen pigmentbeladenen KUPF- FERsehen Stemzellen die Lebersinusoide versehliellen, miissen die Sehluflfolgerun- gen aus den Blockierungsversuehen mit Tusehe mit grSl3ter Zurfickhaltung gezogen werden. SchlieBlich hat sehon v. K v r r F ~ selbst betont, dab fiir den Stoffaustausch der Sternzellen mit der Galle der Umweg fiber die Leberzelle gar nieht nStig sei, da die Sternzellen mit ihren Auslaufern zwisehen die Leberzellen bis an die Gallen- eapillaren heranreiehten. Die KcrrrERschen Sternzellen vermSgen im Rahmen ihrer Aufgaben innerhalb des ganzen histioeytaren Systems vor allem die Stoffe zu speichern, die nur sehr langsam ausgesehieden werden kSnnen. In dieser Eigen- schaft erfiillen sie eine Sehutzfunktion ffir das Leberparenehym gegenfiber zu starker Belastung mit Fremdstoffen. Ffir den Eliminationsmechanismus ist neben der Gr6fle des Angebots der Zubringerweg, die Str6mungsrichtun9 (SIEGMUND) sowie die Str6mungsgeschwindigkeit (Durchblutung) yon Bedeutung (BRADLEY; CAI~TA- ROW, WmTS, SNAP~ U. MILLER). Die Resorptionsleistung des RESis t variabel. Sie kann bekanntlich aktiviert und bis zu einem gewissen Grad such ,,blockiert" wer- den. Bei einem LTberangebot yon Fremdstoffen werden noch andere, night dem RES angeh5rige Zellsysteme zur Elimination herangezogen.

Die von uns angewende ten Al ly l fo rmia tdosen wi rken sich, wie in einer sp~teren Mi t te i lung zu zeigen sein wird, in ers ter Linie als Zellgif t aus. Es fanden sich K o a g u l a t i o n des Pro top lasmas , Zers tSrung der I n t e r s t i t i en und Dissozia t ion der Leberep i the lba lken . Die Capi l laren- do the l ien s ind durchweg widers tandsf~higer s is die Leberepi thel ien . Nach Auf r~umung der nekro t i schen Gewebsante i le dnrch s t a rke rundzel l ige In f i l t r a t i on fand sich Wiederhe r s t e l lung des Leberep i the l s aus den e rha l t en g e b l i e b e n e n Pa renchymres t en . Gleichzei t ig erfolgen repara - tor ische Vorg/£nge im I n t e r s t i t i u m t ro tz wei te rgehender Gif twirkung. D a also eine erhebl iche Gewebssch~digung erfolgt , wenn such mi t gu te r r egene ra t ive r Tendenz, erschien uns die F rage yon n icht uuerhebl icher Bedeutung , wie sich der in der K l in ik als r e l a t iv empfind]ich angeseheue BSP-Tes t be im K a n i u c h e n un te r exper imente l le r AUyl formia tverg i f tung verh~l t .

Eigene Untersuehungen 1. I. Material und Technik.

Als Versuchstiere haben wir Kaninchen verwendet. Sie haben sich, wie bereits Mitteflung I ~ erw/ihnt, ffir unsere Zwecke als durchaus geeignet erwiesen. Die Er- scheinungen der AF-Vergiftung lassen sieh gut verfolgen. Kaninehenserum l~13t sich papierelektrophoretiseh einwandfrei auftrennen. Sehon ROSE~T~AL n. WHITE haben zur Durehffihrung ihrer BSP-Versuehe Kaninchen bevorzugt, weil die Aus- scheidung des Farbstoffes in die Galle bei ihnen rascher und kontinuierlicher als beim Hund erfolgt. SchlieBlich kam uns bei der Prfifung der BSP-Ausscheidung der Umstand zustatten, dab aus den Ohrvenen des Kaninchens mehrfaeh Blut- entnahmen in kurzen Zeitabst/~nden mSglich sind.

Es wurden 18 gesunde Kaninchen im Gewicht yon 2,5--5,0 kg, in 3 Gruppen zu je 6 Tieren eingeteflt, in den Versueh genommen und unter gleichen ~uBeren und di~tetischen Bedingungen wahrend der Versuehsdauer beobaehtet. Art und Dosis der AF-Applikation werden in den einzelnen Versuchsreihen beschrieben.

Unter experimenteller Mitarbeit yon cand. med. F. Dm~ssLrR. 2 Arch. exper. Path. u. Pharmakol. $~.1, 123 (1954).

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130 M. KESSEL, P, KORTGE u n d F..&. PEZOLD:

Beziiglich der Einzelhei~en verweisen wir auf unsere Mitteflung I. Die Untersuchung der normalen BSP-Elimination effolgte an 44 gesunden, unbehandelten Kaninchen. Unter diesen befanden sich die oben erw&hnten, sp~ter in den AF-Versuch genom- menen Tiere. Der Beobachtungszeitrsum 'betrug 6 Monate.

Zur Priifung der BSP-Ausscheidung wurde den Tieren n~ch vorheriger Ab- nahme eines Blutniichternwertes 10 mg Brom~halein 1 pro Kilogramm K6rper- gewicht rasch innerhalb 10 sec i.v. injiziert. Diese Dosis wurde vOllig reiz- und reaktionslos vertragen. AnschlieBend erfolgten die Blutentnahmen aus einer anderen Ohrvene, um eine Beeinflussung des Farbstoffindexes durch lokal absorbiertes BSP zu vermeiden. In der Regel wurden innerhalb der ersten 10 rain 3, im Zeitraum bis insgesamt 30 rain post injektionem weitere 3--4 Blutproben yon je 2 cm 3 durch Aspiration mit trockener Spritze entnommen. Die jeweilige Entnahmezeit wurde mit der Stoppuhr gcmessen. Nach sofortiger Zentrifugierung wurden die Seren ent- sprechend den Angaben yon :BRAUN, MEX u. PEZOLD im Photozellencolorimeter nach H A v ~ A ~ gemessen. Zum Unterschied gegeniiber der Aufarbeitung yon Humanserum wurden wegen der geringen Serummenge die gleichen Seren einmal ohne und anschliel}end mit NaOH-Zusatz gemessen. Die gefundenen Farbstoff- werte wurden in rag% angegeben. H~molytische Sera mul~ten verworfen werden, da die H~molyse einen erheblichen StSrfaktor fiir die Co]orimetrie des BSP-haltigen Blutes darstellt.

I I . A usgangswerte.

Die Normalwerte 4er BSP-Eliminierung wurden an 44 gesunden (19 miinnliehen und 25 weiblichen) unbehandelten Kaninehen ermittelt.

.~. 11

~0 Fs 7 6

0

Abb. 1.

Siguifikante Geschlechtsunterschiede be- standen nich$. Die hSchste BSP-Konzen- tration im Blur land sich naturgem~B kurz

I nach der intraven6sen Injektion des Farb- ~ ] \ stoffs. 20 sec p. inj. betrug sie bis zu

15,2 rag%. Innerhalb der ersten 6 rain - - \ zeigte sieh ein sehr schneller Abfall bis zu

,~r~ cm Gm ~?ra tO m 12Tn llgm 18ra 18m 20m 22m 2gin 28ra 2#n

Streuungsbreite des BSP-Konzentratlonsabfalles ira Blur bei normalen unbehandeRen Kaninchen.

Werten yon etwa 1,5 rag%, Der weRere Konzentrationsabfall verlief lang- samer. Naeh 30 rain wurden im allgemeinen kein BSP oder nur quantitativ nioh~ mehr exakt bestimmbare Spuren im Serum gefunden. Tr~gt man die gefundenen BSP-Werte der gesunden unbehandelten Kaninchen in einem Koordinatennetz gegen die Entnahmezeiten auf, so ergibt sich der in Abb. 1 dargestellte Streubereich. Er lieg~ im Bereich der biologisehen Fehler, so dab eine daraus errechnete Mittelwertskurve als normale BSP- Eliminierung bei gesunden Kaninchen nach der yon uns gewfihlten

15%ig0 w/~13rigo L6sung yon Phenoltotrabromphthaleindinatriumsulfonat (Mol. Gew. 838,0, p~-Bereich der LSsung 4,5--5,5) der Firma Merck (Darmstadt).

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Tierexperimentelle I~berfunktionsstudien. II. 131

Dosierung yon 10 mg/kg BSP angesehen werden kann. Unter Zugrunde- legung einer BSP-Dosis yon 10 mg/kg KSrpergewicht und eines mittleren Plasmavolumens beim Kaninchen yon 38,3 em3/kg K5rpergowieht (A~MI~, GRANT, PELS u. R]~v, VE) wiirde die maximal erreichbare Plasma- konzentration des Farbstoffs theoretisch 25,8 rag% betragen. Bei unseren Untersuchungen veurde etwa 1/, rain nach der intraven5sen Iujektion eine maximale Konzentrat ion yon 15 rag% gefunden.

Die Entnahmezeiten sind auf Minuten abgerundet. Aufgetragen sind die Maximal- bzw. Minimalkonzentrationen fiir den gleichen Zeitpunkt. Die beiden Kurven sind durch je 11 Megpunkte gesiehert. Bei jedem Tier erfolgten durchschnittlich 6 Blutentnahmen innerhalb yon 30 min nach der BSP-Zufuhr. Die gefundenen Werte liegen mit vereinzelten Ausnahmen durchweg innerhalb des Streubereichs.

Der schnell abfallende erste und der langsam abfallende zweite Teil der Kurve dentet auf einen zweiphasisehen Verlauf des BSP-Konzen- trationsabfalles im Blur hin. Schon ROSE~THAL butte das ani'~nglich rasche Absinken des Blutspiegels nach der Farbstoffinjektion auf Diffusionsvorg~nge in die K6rpergewebe zuriickgefiihrt. Der erste Ab- schnitt entspricht also der Verteilung der Substanz im strSmenden Blut (~ischungszeit) und welter der Diffusion in Gef~l~bezirke geringerer StrSmungsgeschwindigkeit (Blutspeicher, Ruhecapfllaren). Nach Errei- chung des Verteihmgsgleichgewiehtes kommt als Ausdruck der jetzt allein wirksamen Eliminationsvorg~nge die langsam abfaUende zweite Phase des Kurvenverlaufs zustande. Die Tiefe des initialen Kurven- sturzes wird als Mug fiir die Ausgiebigkeit der Gewebsdiffusion ge- wetter (DosT). In unseren Un~ersuchungen begiImt der zweite Kurven- absehnitt etwa bei dem 5--6 l~Iinutenwert. In Wirkliehkeit iiberschneiden sieh beide Phasen, indem die alsbald nach der intravenSsen BSP-Zufuhr stattfindende Elimination die Verteflungsvorg~nge iiberdeckt.

Die yon uns verwendete Farbstoffdosis yon 10 mg/kg K6rpergewicht war doppelt so hoeh wie die in der Klinik iibliehe (BRAu~, MEX u. PEZOLD). Wit gingen dabei yon der Vorstellung aus, dab ein Teil der zugefiihrten BSP-Menge auf seiner Passage durch den K5rperkreislauf veto extrahepatisehen RES aufgenommen und somit wenigstens zun~ehst dem Eliminationsorgan ferngehalten wird. Es sollte abet der Leber eine geniigend grebe Farbstoffmenge angeboten werden. Diese Dosis- erhShung ersehien uns um so eher erlaubt, als so erfahrene Experimentatoren wie MosEs, CRITOH~ELD U. T~OMAS nachgewiesen batten, dab fiir den Dosisbereieh yon 5---20 mg/kg praktisch die gleichen quantitativen Verhiiltnisse bei der BSP- Elimination vorliegen.

Die Bewertung eines BSP-Testes als pathologisch ist unter Zugrunde- legung des gefundenen 30 Minutengrenzwertes erfolgt. Er bfldet die Basis fiir die Beurteilung der nnter AF-Einwirkung verzSgerten BSP- Elimination. Es erscheint uns wiehtig, auf diese besonderen Verh~ltnisse beim Kaninchen schou hier ausdriicklich hinzuweisen. ~be r die yon uns aufgestellte Versuehsanordnung und die dabei angewendete Methodik haben wir in der Literatur keine vergleichbaren Angaben findea kSnnen.

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132 M. KEssE~, P. KSRTGE und F. A. PEZOLD:

I I I . Untersuchungen unter AF-Zu/uhr. Versuthsreihe I (20 mg AF pro kg et die). Bei dieser Versuchsreihe

yon 6 Tieren wurden 20 mg AF pro kg t~glich subcutan unter die Rficken- hau~ appliziert. Kein Tier zeigte auf die t~glichen AF-Gaben auffiillige Reaktionen, das Allgemeinbefinden ver~nderte sich auch im Initial- stadium nicht wesentlich. Die Gewichte verhielten sich bis auf einen anf~nglichen Verlus¢, der nachher ausgeglichen wurde, unauffallig. Lediglich gegen Ende der Versuehsperiode kam es zu Sehwankungen in der Gewichtskurve. Der unter AF-Applikation bekarmte Haarausfall wurde ebenfaHs beobachtet. Bei einigen Tieren traten zeitweise Nekrosen an den Injektionsstellen auf, die jedoch hie die GrSBe eines 10 Pfennig- stfickes fiberschritten und naeh kurzem Bestehen trotz Weiterffihrung der Vergiftung abheilten. Dutch diese Nekrosen wurden weder Allge- meinbefinden, Gewicht, noch die BSP-Elimination beeintr~chtigt. Die Versuchsperiode erstreckte sich maximal bis zu 106 Tagen nach Beginn der AF-Zufuhr. Die Tiere wurden durch Nackenschlag und ErSffnung der Carotiden getStet. Einen ~berblick fiber diese Versuchsreihe gibt die Tab. 1.

Die Eliminierungskurven sgmtlicher Tiere (mit einer Ausnahme) in der Tab. 1 zeigen einen normaIen Verlauf. Das heiBt, die langdauernd durchgeffihrte AF-Applikation yon 20 nag blieb ohne Eintlul~ auf die BSP-Eliminierung. Lediglich ein Tier (Nr. 18) wies am 19. Tag der AF- Zufuhr nach 55 rain noch 0,15 mg% BSP im Serum auf. Bei erneuter Prfifung der BSP-Elimination am 40. und 83. Tag kormte nach 30 rain kein Farbstoff mehr im Serum nachgewiesen werden.

Versuchsreihe I I (30 nag AF pro kg et die). Es wurden 6 Tiere mit t~glichen subcutanen Injektionen yon 30 mg AF pro kg vergiftet. Sie zeigten wesentlich schwerere Allgemeiuerscheinungen, besonders im Anfangsstadium der AF-Zufuhr. Sie machten einen deu~lich kranken Eindruek, reagierten relativ schwaeh auf ~uBere l%eize und die FreBlust lieB nach. Dementsprechend zeigten die Gewichtskurven einen nahezu kontinuierlichen AbfaI1. Nach Absetzen des AF kam es bei den 3 fiber- lebenden Tieren zu einem Wiederanstieg. Die Tiere zeigten wiederum anfgnglich HaarausfaI1 nnd teilweise Hautnekrosenbildung an den Injek- tionsstellen, die jedoch trotz weitergefiihrter AF-Zufuhr zur Abheflung kamen. Die berei~s frfih einsetzende Bluteindickung ffihrte zu aul~er- ordentlicher Erschwerung der Blutentnahmen. Diese war teilweise erst 30 rain nach intravenSser BSP-Zufuhr wieder mSglich. ~¢[an kann abet den 30 Minutengrenzwert nach unseren oben dargelegten Untersuchungen ffir die Beurteilung der BSP-Ausscheidung aus dem strSmendem Blur nnter pathologischen Bedingungen als ausreichend ansehen. Je ein Tier verstarb spontan am 17., 37. und 65. Tag. Bei den 3 fiberlebenden wurde die AF-Zufiahr so lange fortgesetzt, bis die BSP-Elimination deutlieh yon

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Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. II . 133

Tabelle 1. Verhalten des Serum-BSP-Gehaltes bei langdauernder Zu/uhr yon 20 mg AF pro kg et die.

B SP-Index nach Tier Nr. VersuchStag Gewicht in g 30 m in r a g % Bemerkungen

12

?

13

?

14

?

15

16 9

18

0 13 37 49 90 98

0 13 37 49 9O

106

0 2O 38 47 88

103

0 2O 38 47 88

103

0 19 35

0 19

40 83 96

2950 2990 3260 3550 3650 2960

3050 3090 3200 3410 2830 3030

2850 3O20 3060 3280 3200 3410

3110 3O80 2770 3280 3180 2980

25OO 2570 2650

3760 3820

3940 4310 4220

0 0 0 0 0 ./.

0 0 0 0 0

./.

0 0 0 0

undurchf. ./.

0 0 0 0 0

./,

0 undurchf.

0

0 0,24

(35 ra) 0 0

./.

Spontan verstorben nach 98 Tagen

get6tet

getStet

getStet

weitere Abnahmen tech- nisch unmSglich

0,15 0,15 (44m) (55 m)

get6tet .

der N o r m abwich (die Tiere h a t t e n sich zu diesem Ze i tpunk t von dem in i t ia len Schock erhol t u n d zeigten keine Auffa l l igkei ten mehr) . D a r a u f wurde das A F abgese tz t und wahrend einer , ,Repa ra t ionsphase" von 3 Mona ten die exkre tor i sehe F u n k t i o n der Leber ffir B S P wei ter ge- prfift . Anschl ieBend wurden die Tiere durch Nackenseh lag u n d Carot iden- er6ffnung ge tS te t und die Organe der his tologisehen Unte r suchung zuge- ffihrt. E i n e n (}berbl ick fiber die A F - A p p l i k a t i o n , die Versuchstage und die Gewiehtsverhi~ltnisse sowie die B S P - E l i m i n a t i o n g ib t die Tab. 2.

Page 8: Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien

134 M. KESSEL, P. KORTOE und F. A. PEZOLD :

Tabelle 2. Verhalten des Serum-BSP-Oehaltes bel und nach langdauernder Zu/ukr yon 30 mg AF Tro kg et die.

Tier AF-Dosis Gewicht BSP-Gehalt in mg% Bemerkungen Nr. (pro kg Versuchstag in g 80 m sparer

et die) mg

3O 2O

23

?

gesetzt

30

0 7

24 66

102

109

135 (27)

196 (89)

3140 2715 2880 2860 2760

2750

2900

3380

0 undurchfiihrbar 0 0 0,1 0,1 0,05 0,0

(30 m) (41 m) (50 m) (62 m) 0

0,25 0,1 0 (31 m) (41 m) (50 m)

0

0 7

24 37

2780 2450 2440 1810

0 undurchftihrbar undurchffihrbar

getStet

spontanam 37.Tagver- storben

27 30 0 3380 0 spontanam 17 3000 17.Tag ver-

storben

3O 0 36 63

79 108

168

(30)

(90)

4660 4330 3820

3730 3300

3800

0 undurchfiihrbar 1,95' 0,35 0,20

(32 m) (50 m) (71 m)

0,35 0,25 0 (31 m) (4O m) (60 m)

0,1 0,05 (30 TM) (45 m)

gesetzt

28

getStet

3O 30 0 36

63

65

5090 4300

3470

3360

0 0,17

(34 m) 0,75 0,08

(37 m) (59 m)

spontan am 65.Tagver- storben

31 30

AF ab ~ - - / gesetzt

0 31

58

73 102 (30)

163 (91)

4150 3780

3360

3250 3160

3350

0 0,17 0,05

(34 m) (54 m) 0,35 0,25 0,20 0,05

(30 m) (39 m) (52 m) (fil m)

0,12 0 (31TM) (41TM)

0 getStet

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Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. II. 135

Es zeigt sich, dab bei laufender subcutaner Zufuhr yon 30 mg AF pro kg et die eine VerzSgerung des Eliminiernngsvorganges eintrit¢. Es fanden sich naeh 30 rain und sp~,ter im Serum noch mel~bare Farbstoff- mengen. Auch nach Absetzen des AF blieb die El iminierungsf~igkei t gestSrt.

E twa 3 Monate nach Absetzen der AF-Zufuhr hat ten sich jedoch die BSP-Kurven wieder normalisiert. Die Eliminationsverh~l~nisse im ein- zelnen gibt die Tab. 3 wieder. Lediglich ein Tier (Nr. 28) zeigte 3 Monate nach Abbruch der AF-Zufuhr noch leieht erhShte Farbstoffwerte im Serum, die jedoch im Vergleich zu den vorangegangenen Untersuehungen wesentlich niedriger lagen. Auch die Bluteindickung hat te sich im allge- meinen zurfickgebildet.

Tabelle 3. Verlau/ der BSP-Elimination vor, wdhrend und nach AF-Applikation yon 30 nuj/kg et die. (Minuten abgerundet.)

T ~ r N r . Zeit rain

vor AF-Vergiftung BSP in mg%

auf der HShe der AF-Vergfftung BSP in mg%

nach Ende der .Reparationsphase"

BSP in mg%

0. Tag 102. Tag 196. Tag

20 4 5

10 15 20 28 30 40 50 60

2,95 1,35 0 0,2

0,1 0,1 0,05 0

4,85

1,4 0,15

0,05

m

3,55 0,85

0,1 0

0. Tag 63. Tag 168. Tag

28 5 12 18 30 45 50 70

3,45 0,37 0,15 0 1,95

0,35 0,2

3,55 0,7 0,25 0,1 0,05

0. Tag 58. Tag 163. Tag

31 5 10 20 30 40 50 60

2,2 0,85 0,1 0

2,45 0,5 0,35 0,25 0,2 0,05

2,8 0,55

0

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136 M. KESSEL, P. KORTGE und F. A. PEZOLD

Die gleichzeitig welter durchgefiihrten Kontrollen der SerumeiweiBwerte mit- tels Papierelektrophorese sowie die orientierenden Untersuchungen der Cadmium- sulfatreaktion und des WELTMANNschen Koagulationsbandes zeigten im Vergleich zu den Ausgangswerten eine Normalisierungdes Verhaltens.

Versuchsreihe I I I . (40 mg AI~ pro kg et die). Die 6 mit 40 mg AF vergifteten Tiere kamen s~mtlich innerhalb 8 Tagen unter schwersten Allgemein- und Krampferscheinungen ad exitum. Sie fraBen his zu ihrem Tode kaum. Infolge der hochgradigen Bluteindickung war es nicht mSglich, mehrere fortlaufende Blutentnahmen durchzuffihren. Es ge- lang daher nicht, das Verhalten der BSP-Ausscheidung bei dieser Ver- suchsreihe zu kontrollieren.

Besprechung der Ergebnisse.

Unsere Eliminierungskurven fiir intravenSs injiziertes BSP beim Kaninchen zeigen einen Verlauf, der nicht vollsb~ndig den beim Menschen gefundenen Verh~ltnissen gleicht. Wir fanden bei fast allen unbehandelten Tieren nach spi~tes~ns 30 rain kein B S P oder nur noch geringe, quanti- tat iv nicht mehr bestimmbare Spuren im Serum. Es erscheint uns daher ang~ingig, fiir das Kaninchen bei Verwendung einer Belastungdosis yon 10 mg/kg den 30 Minuten- Weft als kritischen Grenzwert der B SP-Elimina- tion aus dem strSmenden Blur zu w~hlen.

Geht man yon den Bcfunden yon M~D~LOFF U. Mitarb. an Tieren (u. a. auch Kaninchen) aus, die eine Abh~ngigkeit der BSP-Eliminierungsgeschwindigkeit yon der injizierten Dosis nachgewiesen haben, so w~re auf die yon uns vorgenommene Dosiserh6hung eine l~ngere Ausscheidungszeit zu erwarten gewesen. Die Autoren hatten Ms Grenzwert fiir die vollst~ndige Ausscheidung des BSP aus dem Blur fiir die Dosis yon 2 mg/kg KSrpergewicht eine Zeitdauer yon 20 rain, ffir die (heute in der Klinik meist iibliche) Dosis yon 5 mg/kg aber 45 rain gefunden. Demgegeniiber hatten ROSENT~.tL U. WmT]~ in experimentellen Untersuchungen mit 5 mg/kg den Nachweis yon BSP im Blut nach 30 rain als direktes Marl ]fir eine Lebersch~idigung angesehen.

Der somit im Vergleich zum Menschen sehr rasche Konzentrations- abfall des BSP im Blur des Kaninchens diirfte darauf zuriickzuftihren sein, da~ die Kreislaufzeit kiirzer und die Blutmenge geringer ist, sowie die Stoffwechselvorg~nge rascher ablaufen als beim Menschen. Aus dem allgemeinen Kurvenverlauf, insbesondere der HShe der l~riihwerte m6chten wir ffir unsere unter Al~-Einwirkung durchgefiihrten Unter- suchungen keine bindenden Schliisse ziehen, da diese Frfihwerte wahr- scheinlich yon tterz- und Kreislaufverh~ltnissen und damit der Durch- str6mungsgeschwindigkeit durch das Eliminierungsorgan abh~ngig sind, die wir nicht n~her beurteilen konn~en. Der 30 Minutengrenzwert ist dagegen exakt reproduzierbar.

Bei Verwendung einer t~glichen AF-Dosis von 20 mg pro kg et die lieB sich ~rotz langdauernd fortgesetzter Giftzufuhr (teilweise bis zu 3 ~¢[onaten) kein pathologischer Ausfall des BSP-Testes erreichen. Nach ErhShung

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Tierexperimentelle Leberfunktionsstudien. II. 137

der Tagesdosis A F au f 30 mg/kg k a m es zu einer s ignif ikanten revers ib len

VerzSgerung der B S P - E l i m i n a t i o n aus dem Blur. Eine S te igerung der

Tagesdosis auf 40 mg/kg ffihrte zu schweren a l lgemeinen StSrungen.

Es ist aus der experimentellen Pathologie bekannt, dab die fiblichen Leber- funktionsproben erst beim Verlust yon etwa zwei Dritteln des Leberparenchyms ver~ndert werden. Dabei muB allerdings vorausgesetzt werden, dab der Rest des Lebergewebes funktionell intakt ist. Bei der menschliehen Hepatitis und Leber- eirrhose ist der pathologische BSP-Test ein Regelbefund, wie an einem umfang- reichen klinischen Material altenthalben gezeigt worden ist. W~hrend die intakte menschliche Leber den Farbstoff rasch ausscheidet, ist bei Leberparenchymerkran- kungen eine mehr oder weniger groBe Farbstoffretention im Blut nachweisbar.

Die Vorstellung yon der Leber als alleinigem Eliminationsort fiir das BSP wird yon CoH~, LEVIN~ u. STR~IC~R bestritten. Diese Autoren stellten an 2 hepatekto- mierten und nephrektomierten Hunden lest, dab auch die ,,peripheren Gewebe" in der Lage sind, 25--30% des injizierten Farbstoffs aus dem Blur zu entfernen. Diese Elimination erfolgte ebenso rasch wie beim intakten Tier. WERNER U. HORVATH bestimmten in ~bereinstimmung mit BRAUER, PESOTTI U. NICOSIA den extrahepa- tischen BSP-Schwund mit ann~hernd 20%. Auch GIGES u. Mitarb. postulieren auf Grund yon Versuehen an Hunden und Ratten das Vorhandensein extrahepatischer Eliminationsmeehanismen fiir BSP. Sie prfiften die Versuehe yon SNELL, GR~,~,NE U. ROWNTREE sowie CANTAROW U. STEWART an Hunden und Ratten naeh und fanden, dab nach totaler Unterbindung des Ductus choledochus 30--50~/o des Farb- stoffs fiber die Nieren ausgeschieden werden. COliN, L~,VINE u. STREICHER fanden bei einer zweiten Versuchsreihe an 3 Gallenfistelhunden grSBere Differenzen yon Tier zu Tier. Sie bewegten sieh yon 23--79~o des in der Galle wiedergefundenen Farbstoffs. Die Geschwindigkeit, mit der das Bromsulphalein aus dem Serum dieser Tiere verschwindet, weist darauf hin, dab nach Unterbindung des Gallenabflusses bei den genannten Versuehstieren der Farbstoff den Weg fiber die l~ieren ein- schlagen kann. Wird aueh noeh die Niere ausgeschaltet, verl~Bt der Farbstoff den- noeh das Blur. In diesem Fall tritt wohl als letzte KompensationsmaBnahme das histiocyt~re System in Funktion. Ober den Eliminierungsort sagen diese Versuehe aber nichts aus. Offensichtlich differieren die erw~hnten tierexperimentell ge- wonnenen Ergebnisse deutlich yon den am Mensehen erhobenen Befunden und sind naeh den Autoren selbst nieht auf ihn fibertragbar. MASON, HAWLEY U. SMITH konnten bei Clearanee-Versuchen nachweisen, dab dieser Farbstoffschwund besonders schnell in der ersten Phase des Versuehes eintritt bis zur Erreiehung eines konstanten Serumspiegels. Da sie weder extracellul~r, noeh extravaseul~r BSP nachweisen konnten, auch nicht naeh intraperitonealer Injektion hyper- toniseher LSsungen, sehlieBen sie auf einen cellul~ren Absorptionsmeehanismus (vielleieht RE S-Funktion) in dieser ersten Phase. Auch der M~DELOFFsche Arbeits- kreis ist der Ansieht, beim Menschen kSnne in Anbetracht der rapiden BSP- Elimination dureh die normale Leber die extrahepatisehe Ausscheidung als viel zu langsam arbeitend praktisch vernachl~ssigt werden. Der erw~hnte ,,Sehwund" des BSP bei Bilanzversuehen kSnnte schlieBlich aueh in den Befunden yon BRAU~R, KREBS U. P~SOTTI eine Erkl~rung finden, dab BSP unter bestimmten Umst~nden in der Leber ehemiseh Yer~ndert werden kann. Es kann absehlieBend festgestellt werden, dab gewiehtige Befunde ffir das Vorliegen einer initialen extrahepatisehen Schwund- rate yon etwa 20~o einer einmalig in]izierten BSP-Dosis vorliegen. Mit unserer Dosis- erhShung yon 5 auf 10 mg/kg K5rpergewieht glauben wir, dab beim Durehgang des Farbstoffs dureh die Leber noeh eine genfigende Farbstoffkonzentration vorhanden ist, die im Sinne einer Belastung der exkretorisehen Funktion der Leber wirkt.

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138 M. KESSEL, P. K~RTGE und F. A. PEZOLD:

SchluBfolgerungen. 1. Die Kan inchen leber ist gegenfiber chronischer Al lyl formiat intoxi .

ka t ion re la t iv resistent. 2. Nur mi t hSheren, prot rahier t gegebenen AF-Dosen ist es mSglieh,

e inen pathologischen Ausfall des BSP-Testes, der in der menschl ichen Pathologie als re la t iv empfindlich gilt, hervorzurufen.

3. Die exkretorische F u n k t i o n der Leber des Kan inchens wird, wenig- stens beziiglich des BSP, mi t den yon uns verwendeten AF-Dosen n icht nennenswer t beeintr~chtigt .

4. Sie erholt sieh innerha lb einer , ,Reparat ionsphase" yon l~ngstens

3 Monaten.

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Dr. M. KESSEL, Dr. P. KORTGE U. Professor Dr. F. A. PEZOLD, Medizinisehe Klinik der Freien Univers i ta t Berlin (West).

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 223. 10