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45 O r c h e s t e r k o n z e r t Samstag, 12. März 2016, 18 Uhr, Fiskina Fischen Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim Leitung: Timo Handschuh Solistin: Rie Koyama Fagott Programm: Georg Friedrich Händel Concerto grosso D-Dur, op. 6, Nr. 5 Antonio Vivaldi Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo d-Moll RV 481 Giovanni Battista Sammartini Sinfonia C-Dur, J-C 7 Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Fagott und Orchester, B-Dur, KV 191 Antonio Salieri Sinfonia veneziana D-Dur Rie Koyama Timo Handschuh

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O r c h e s t e r k o n z e r t

Samstag, 12. März 2016, 18 Uhr, Fiskina Fischen

Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim

Leitung: Timo HandschuhSolistin: Rie Koyama Fagott

Programm:Georg Friedrich Händel Concerto grosso D-Dur, op. 6, Nr. 5Antonio Vivaldi Konzert für Fagott, Streicher und Basso continuo d-Moll RV 481Giovanni Battista Sammartini Sinfonia C-Dur, J-C 7Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Fagott und Orchester, B-Dur, KV 191Antonio Salieri Sinfonia veneziana D-Dur

Rie Koyama

Timo Handschuh

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Ich freue mich sehr, Ihnen die Fagottistin Rie Koyama in die-sem Konzert als Solistin vorstellen zu können. Als ich 2013mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester das Siegfried-Idyll von R.Wagner sowie das c-Moll-Klavierkonzert vonW.A.Mozart und die Prager Sinfonie aufführte, spielten FrauKoyama und ihr Vater, Prof. Akio Koyama, die Fagotte im Or-chester. Kurz zuvor hatte Frau Koyama beim ARD-Wettbewerbin München den zweiten Preis und den Sonderpreis für diebeste Interpretation der Auftragskomposition gewonnen. Einerster Preis war damals nicht vergeben worden.

Rie Koyama wurde 1991 in Stuttgart in eine japanischen Mu-sikerfamilie geboren und erhielt mit neun Jahren den erstenFagottunterricht von ihrem Vater. 2004, also fünfzehnjährig,kam sie als Jungstudentin in seine Fagottklasse an der Staat-lichen Hochschule für Musik Trossingen. In den folgenden fünfJahren gewann Rie Koyama zwölf erste Preise und Auszeich-nungen bei Jugend musiziert, u.a. den 1. Preis mit Höchst-punktzahl beim Bundeswettbewerb 2006. Sie brachte die erstenPreise vom Internationalen Kanda Gakki Jugendmusikwettbe-werb für Fagott in Tokio in den Jahren 2002, 2005, 2008 nachHause und außerdem den Preis des Internationalen Jugend-musikwettbewerbs für Blasinstrumente in Kobe/Japan 2005.Weitere wichtige Auszeichnungen folgten: Im Jahr 2007 derPreis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes(DAAD), der 1. Preis beim Iris Marquardt-Wettbewerb, der 1.Preis sowie Sonder- und Förderpreis beim 3. International Aca-demic Oboe and Bassoon Competition in Lódz/Polen und der1. Preis mit Höchstpunktzahl beim 57. Hochschulwettbewerbder deutschen Musikhochschulen in Detmold. Sie erhielt einBachelor-Stipendium in Trossingen bei Vater Akio Koyama,den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs in Bonn in der Ka-tegorie Fagott solo und die Aufnahme in die 58. Bundesaus-wahl Konzerte Junger Künstler sowie in die KünstlerlisteSolisten des Deutschen Musikwettbewerbs. Es folgten ein Jah-resstipendium der Deutschen Stiftung Musikleben sowie der 1.Preis des 1. Internationalen Oboen- und FagottwettbewerbsThe Muri Competition 2013 in der Schweiz und, wie bereitserwähnt, im gleichen Jahr der 2. Preis (bei Nichtvergabe des1. Preises) und der Sonderpreis für die beste Interpretation derAuftragskomposition beim 62. Internationalen Musikwettbe-werb der ARD.

Insgesamt wurde Rie Koyama bereits bei 24 nationalen undinternationalen Wettbewerben hintereinander mit dem höchs-ten Preis ausgezeichnet. Sie war Stipendiatin der JürgenPonto-Stiftung und seit 2010 der Rohm Music Foundation inJapan.Als Solistin konzertierte sie unter anderem mit dem Beetho-ven-Orchester Bonn, dem Brandenburgischen StaatsorchesterFrankfurt/Oder, den Heidelberger Philharmonikern, dem Stutt-garter Kammerorchester, dem Südwestdeutschen Kammeror-chester Pforzheim, dem Münchner Rundfunkorchester, demAargauer Sinfonieorchester, dem Osaka Symphony Orchestra,dem Korean Chamber Orchestra, mit der Polnischen Kammer-philharmonie, der Stettiner Philharmonie sowie mit dem IzmirState Symphony Orchestra in der Türkei. Seit 2004 ist sie Fagottistin im Stuttgarter Kammerorchesterunter der Leitung von Dennis Russell Davies und MichaelHofstetter, seit 2008 auch im Südwestdeutschen Kammeror-chester Pforzheim unter der Leitung von Sebastian Tewinkelund dessen Nachfolger Timo Handschuh sowie seit 2010 beimBach-Collegium Stuttgart unter der Leitung von Helmuth Ril-ling. Orchestertourneen und Konzertreisen führten sie bereitsin viele Länder Europas, nach Ägypten, Vietnam, Japan, Tai-wan, Venezuela, Chile, Peru, Argentinien, Brasilien, Kolumbienund in die Türkei. Darüber hinaus war sie bereits bei zahlrei-chen Festivals im In- und Ausland zu Gast. Zu nennen sinddie Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, die Weingartner Mu-siktage, die Hitzacker Musikwochen, das Schwetzinger Mozart-fest, das Musikfest Stuttgart, der Musikalische SommerOstfriesland, das Festival International de Colmar und die Ren-centres Musicales de Haute-Provence in Frankreich, der PragerFrühling, das Carl Orff Festival Bari und das Ascoli Piceno Fes-tival in Italien sowie Festivals in Peru, Chile, Taiwan undJapan. Im November 2013 erschien die Preisträger-CD der Fa-gottistin in der Edition Primavera des Deutschen Musikratsbeim Label Genuin. Rie Koyama spielte hierfür mit dem Süd-westdeutschen Kammerorchester Pforzheim Fagottkonzertevon Vivaldi, Mozart, Jolivet und Génin ein.

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Timo Handschuh wurde 2011 als Generalmusikdirektor an dasTheater Ulm berufen, und als Künstlerischer Leiter und Chef-dirigent des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheimtrat er zusätzlich zu Beginn der Konzertsaison 2013/14 dieNachfolge von Sebastian Tewinkel an. Timo Handschuh wurde 1975 in Lahr im Schwarzwald geborenund gründete bereits als Siebzehnjähriger in seiner Heimatstadtein eigenes Orchester. Von 1996 bis 2001 absolvierte er zu-nächst ein Kirchenmusikstudium mit A-Examen an derMusikhochschule Stuttgart, anschließend ein Kapellmeister-studium, das er 2004 an der Musikhochschule Freiburg mitAuszeichnung beendete. Seine prägenden Lehrer waren Prof.Ludger Lohmann an der Orgel und Prof. Scott Sandmeier imFach Dirigieren.Noch während des Studiums wurde Timo Handschuh 2002 alsAssistent des Chordirektors und als Solorepetitor an die Staats-oper Stuttgart engagiert. Ab 2007 war er musikalischer Assis-tent von Generalmusikdirektor Manfred Honeck und leitete inden darauffolgenden Jahren als Kapellmeister und Gastdirigentmehr als hundert Vorstellungen an der Staatsoper, u.a. Ma-dame Butterfly, Idomeneo, Così fan tutte, Il Trovatore, LeNozze di Figaro, Die Fledermaus, Der Freischütz und Il trova-tore.Neben der Opernarbeit hat Timo Handschuh nie seine Konzert-aktivitäten vernachlässigt, sondern sich parallel dazu ein weitgespanntes Repertoire in den Bereichen Sinfonik und Kam-merorchester erarbeitet, das von der Barockmusik in histori-scher Aufführungspraxis über die Meisterwerke der Klassikund Romantik bis zur klassischen Moderne reicht. So dirigierteer das Staatsorchester Stuttgart und das Philharmonische Or-chester Ulm in Abonnement-, Kinder-, Jugend- und Sonder-konzerten. Darüber hinaus stand er am Pult desSüdwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim, des Würt-tembergischen Kammerorchesters Heilbronn, des StuttgarterKammerorchesters und renommierter Sinfonieorchester. Erselbst sagt dazu: „Die Arbeit in beiden Bereichen erweitert denHorizont ungemein: Oper und Konzert, Sänger und Instrumen-talsolisten – beides gibt immer wieder neue Impulse und be-fruchtet sich gegenseitig.“ Daneben leitete Timo Handschuh zahlreiche geistliche Kon-zertprogramme, die er auch mit eigenen Werken bereicherte(Orgel- und Trompetenkonzerte, Kammer- und Chormusik, Re-

quiem, Psalmen, Lieder u.a.) Seine Vielseitigkeit stellte er auchals Konzertorganist in Deutschland, Frankreich und in derSchweiz unter Beweis. Ein besonderes Anliegen ist ihm desweiteren der direkte Kontakt zum Konzertpublikum: Werkein-führungen, Konzertgespräche und Moderationen begleitetenvon Anfang an seine künstlerischen Aktivitäten.Als künstlerischer Leiter des Südwestdeutschen Kammeror-chesters sieht er seine besondere Aufgabe darin, den Klang,den Stil und die Programmatik dieses ebenso traditionsreichenwie innovativen Ensembles zu prägen und weiterzuentwickeln.

Das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim ist uns in-zwischen bestens bekannt. Ich freue mich, Ihnen das Orchesternun mit seinem neuen Künstlerischen Leiter und DirigentenTimo Handschuh vorstellen zu können. Das Ensemble zeichnetsich durch eine frische, zupackende Musizierweise und einestilistische Vielfalt von der Alten bis zur Neuen Musik aus.Das mit vierzehn Musikern aus sieben Nationen besetzte En-semble ist eines der ganz wenigen Fulltime-Kammerorchester.So wird eine außergewöhnliche Homogenität und Flexibilitätdes Klangbildes möglich, die auch in größerer Besetzung mitBläsern und weiteren Streichern aus einem festen Musiker-stamm erhalten bleibt.Gegründet wurde das Südwestdeutsche Kammerorchester imJahr 1950 von dem Hindemith-Schüler Friedrich Tilegant.Rasch fand das Ensemble internationale Anerkennung. Mansprach vom „Tilegant-Sound“, der nicht nur bei den Festspie-len in Salzburg, Luzern und Leipzig und auf weltweiten Kon-zertreisen zu hören war, sondern auch auf zahlreichenSchallplattenaufnahmen bei Deutsche Grammophon, VOX,Erato, Telefunken, Intercord dokumentiert wurde. MauriceAndré, Dietrich Fischer-Dieskau, Frans Brüggen und YehudiMenuhin waren nur einige der musikalischen Größen, mitdenen das „Südwestdeutsche“ zusammenarbeitete.Nach der Tilegant-Ära, die 1968 mit dem viel zu frühen Toddes Gründers zu Ende ging, wurde das Orchester vor allemdurch den Wiener Paul Angerer (1971-1981) und den aus dergroßen tschechischen Musiktradition stammenden VladislavCzarnecki (1986-2002) geprägt. In der Spielzeit 2002/03 über-nahm der junge deutsche Dirigent Sebastian Tewinkel, 1. Preis-träger mehrerer Dirigierwettbewerbe, die Position des

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Künstlerischen Leiters.Mit Beginn der Konzertsaison 2013/14 hat Timo Handschuhdie Position des Künstlerischen Leiters übernommen, um zu-künftig Klang, Stilistik und Programmatik des Ensembles zuprägen und weiterzuentwickeln.Auf seinem Erfolgsweg hat das Südwestdeutsche Kammeror-chester neben etlichen Rundfunkaufnahmen für fast alle eu-ropäischen Sender an die 250 Schallplatten und CDseingespielt, von denen eine ganze Reihe mit internationalenPreisen, wie dem Grand Prix du Disque, dem Monteverdi-Preisoder dem Artur-Honegger-Preis, ausgezeichnet wurden. Zahl-reiche Uraufführungen mit Werken von Jean Françaix, HaraldGenzmer, Enjott Schneider, Mike Svoboda belegen seine Kom-petenz auch für die zeitgenössische Musik.

Bis heute musiziert das Kammerorchester mit Solisten vonWeltruf, wie Cyprien Katsaris, Gidon Kremer, Mischa Maisky,Sabine Meyer oder Frank Peter Zimmermann. Mit ihnen – aberauch mit vielversprechenden Nachwuchskünstlern – war es inden letzten Jahren in ganz Europa zu Gast. Zu nennen sindPrager Frühling und Prager Herbst, das Schleswig-Holstein-Musikfestival, die Schwetzinger Festspiele, das Flandern-Fes-tival, das Festival Euro Mediterraneo Rom, der OsterKlangWien, die Sala Verdi Mailand, das Auditorio Nacional Madrid,die Berliner Philharmonie, aber auch zahlreiche Konzerte inden USA und in Japan.Mit neuen Programmideen erweitert das Ensemble seine mu-sikalische Bandbreite. So spielte es mit Giora Feidman und Fa-cundo Ramirez in den großen Konzertsälen EuropasKlezmermusik und argentinische Folklore (Misa Criolla), ent-wickelte Schulprojekte und Kinderkonzerte sowie Produktio-nen in den Bereichen Musik und Literatur mit Iris Berben undSenta Berger, Figurentheater, Kammeroper ( Cosi fan tutteunter Manfred Honeck), Tanz (Nina Corti), Crossover (FoolsGarden) und Kabarett (Lars Reichow).

Zum Programm:

Zu Beginn hören wir von Georg Friedrich Händel ( 1685 –1759 ) aus der Reihe der zwölf Concerti grossi op. 6 das fünfte

in D-Dur. 2010 berichtete ich anläßlich der Aufführung seinessechsten Concerto grosso von dem Siegeszug der Musik desitalienischen Komponisten, Geigers und Orchesterleiters Ar-cangelo Corelli (1653 – 1713) in ganz Europa. Die Musik desItalieners begeisterte auch in England und auf dem Höhepunktdes Corellian cult`s auf der Insel schrieb Händel zwölf, meistvier- bis sechssätzige Werke im unvorstellbar kurzen Zeitraumvon knapp vier Wochen, vom 29. September bis 30. Oktober1739. Es ist nicht bekannt, welche Motive ihn dazu bewegten.Fühlte er sich herausgefordert oder reizte ihn die Aufgabe, sich

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noch einmal in diesem neuen Genre des Concerto grosso mitder Gegenüberstellung des Concertino (zwei Violinen undCello) und des Ripieno ( Tuttiorchester) zu bewähren? Dennbereits 1734 hatte Händel sechs Concerti grossi als Opus 3 ver-öffentlicht, die auch als Oboenkonzerte bekannt wurden. 1736folgte das Concerto grosso HWV 318, Das Alexanderfest, daser zum gleichnamigen Oratorium geschrieben hatte. Schon 1715 hatte Händels Verleger John Walsh die zwölf Con-certi grossi op. 6 von Arcangelo Corelli mit großem Gewinnverkauft. Es ist anzunehmen, daß Walsh Händel drängte, andiesen Erfolg anzuknüpfen und noch einmal Concerti zuschreiben. Auch wollte Walsh erneut auf den Instrumental-komponisten Händel aufmerksam machen und bot die neuenConcerti grossi in einer Subskription an. Noch vor der Druck-legung verkaufte Walsh bereits 122 Exemplare an einhundertSubskribenten. Unter ihnen waren Händels königliche Schü-lerinnen, die Prinzessinnen Anne, Amelia, Caroline, Mary undLouisa sowie deren Bruder, Herzog von Cumberland. Im April1740 erschienen diese neuen zwölf mehrsätzigen Werke unterdem Titel Twelve Grand Concertos als Stimmendruck bei JohnWalsh (HWV 319-330). In der zweiten Auflage von 1741 er-hielt die Sammlung, `publish’d by the Author´, in Anlehnungan Corellis Concerti die Opuszahl 6. Aber „kompositionstech-nisch geht Händel über den Concerto-grosso-Stil Corellis weit

hinaus, indem er auf die Ausgewogenheit, Klarheit und Hei-terkeit ausgerichtete Tonsprache des Italieners mit neuen, derOper entnommenen affekthaften Ausdruckselementen berei-chert. Zu den Neuerungen gehört nicht nur die Einführungeines zweiten Motives als Affektkontrast zum ersten und einehöchst subtile, über den Wechsel von Soli und Tutti weit hi-nausgehende Differenzierung der Klangstärken, sondern aucheine zuweilen äußerst kühne Harmonik, die an das imprévu(Anm.: das Unvorhergesehene) der Generation C.Ch.E. Bachserinnert.“ (*1) Im Gegensatz zu anderen Concerti grossi wandte Händel imfünften das sogenannte Parodieprinzip an, d.h. er verwendetezum Teil eigene oder fremde Musikstücke. Dies war ein damalsübliches Verfahren. Im Englischen wurde hierfür der Begriffdes borrowing gewählt. „Nicht was ein Künstler übernimmtund bearbeitet ist von Bedeutung, sondern wie er es bearbeitet,entscheidet über den Wert seiner eigenen Komposition. Erst inder Nachahmung von Exempla kann er sein Ingenium, seineschöpferische Gestaltungskraft entfalten. Je kunstvoller einesolche Nachahmung ist, um so mehr nähert sie sich der ge-wünschten imitatio perfecta. Dieser humanistisch geprägteGrundsatz wurde erst in der Aufklärung in Frage gestellt.“ (*2)Im fünften Concerto grosso, D-Dur, HWV 323, das wir hörenwerden, griff Händel im ersten, zweiten und sechsten Satz aufein eigenes Werk zurück, auf die Ode for St. Caecila`s Day, dieer im September 1739 niedergeschrieben hatte und die am 22.November uraufgeführt wurde. Außerdem verwendete er imersten Satz Motive aus den Componimenti musicali für Cem-balo von Gottlieb Muffat aus dem gleichen Jahr, und für denfünften Satz zog er schließlich noch die dreiundzwanzigste So-nate der Essercizi Gravicembalo von Domenico Scarlatti heran. Bereits in der Saison 1739/40 wurden die Concerti grossi op.6 am Lincoln’ s Inn Fields Theatre in den Pausen von Masken-bällen und der Oratorien aufgeführt. Seither gehören sie zumfesten Repertoire unseres Konzertbetriebs.

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Lincoln’s Inn Fields Theatre

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Beim nächsten Werk hören Sie zum ersten Mal die Solistin desAbends. Rie Koyama spielt zunächst das Fagottkonzert in d-Moll von Antonio Vivaldi (1678 – 1741). Da ich in den ver-gangenen Jahren immer wieder über Vivaldi und sein Schaffenberichtet habe, möchte ich mich hier kurz fassen. Das breitge-fächerte, immense kompositorische Lebenswerk Vivaldis um-

faßt, mit Ausnahme der solistischen Tastenmusik, zunächst dieTrio- und die Solosonate mit Generalbaß, circa vierzig Opern,Kirchenmusik und fast dreihundertundfünfzig Werke für ein-und mehrere Soloinstrumente. Darunter sind mehr als einhun-dert Konzerte für sein Instrument, die Geige. Wir kennen überzweiundzwanzig Flöten- und neunzehn Oboenkonzerte. Aberfür das Fagott registriert das Ryom-Verzeichnis die meistenSolokonzerte, nämlich neununddreißig. Bis heute ist nicht be-kannt, warum er für dieses Instrument so viele Konzerte ge-

schrieben hat. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß seininstrumentales Schaffen primär für das Repertoire der damalsausschließlich weiblichen Musikerinnen des Ospedale dellaPietà di Venezia bestimmt war. Das Ospedale della Pietà zähltedamals zu den vier führenden Musikausbildungsstätten Vene-digs. Seit 1703 war Vivaldi als Maestro di Violino an diesemInstitut angestellt, seit 1709 trug er den Titel eines Maestro de`Concerti. Trotz zahlreicher auswärtiger Verpflichtungen, dieihn in viele Städte Italiens, aber auch nach Wien, Prag undsogar bis Amsterdam führten, blieb er dem Ospidale della Pietà

bis zu seinem Lebensende verbunden. Michael Talbot schrieb:„Selbst wenn Fagottkonzerte etwas Alltägliches wären, müßteman auch aus heutiger Sicht diese Werke zum Höchsten rech-nen, was Vivaldi auf diesem Gebiet geschaffen hat. In stilisti-scher Hinsicht lehnen sie sich dichter an die Oboenkonzertean, als die Cellokonzerte an die Violinkonzerte. Häufig läßt Vi-valdi das Fagott wie das Violoncello zwischen Baß- und Te-norlage hin- und herspringen und schafft so einen Duett- oderDialogeffekt, für ein Blasinstrument ist das ungewöhnlich...Ananderen Stellen läßt Vivaldi das Fagott träumerisch-lyrischePassagen spielen, die jeden humorigen Beigeschmack, wie erdiesem Instrument gerne zugemessen wird, Lügen strafen.“ (*3)

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Ospedale della Pietà de Venezia

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Als nächstes hören Sie von Giovanni Battista Sammartini(1700/01 – 1775) eine Sinfonie in C-Dur für Streicher undbasso continuo. Auch sein älterer Bruder Giuseppe (1695 -1750) ging als Komponist und ausgezeichneter Oboist in die

Musikgeschichte ein. Dieser wanderte 1728 über Brüssel nachLondon aus, wo er als Oboist höchstes Ansehen genoß undHändel die Oboenpartien in seinen Opernarien auf ihn zu-schnitt. Der erste Hinweis auf den Musiker Giovanni Battista Sammar-tini stammt aus dem Jahre 1717, wo er zusammen mit seinemälteren Bruder ebenfalls als Oboist in einem Mailänder Orches-ter erwähnt wird. 1724 schloß er seine musikalische Ausbil-dung als maestro di capella ab. Im Gegensatz zu seinem Bruder Giuseppe blieb Giovanni B.Sammartini seiner Heimatstadt Mailand zeitlebens treu. Erwirkte als Kirchenmusiker an verschiedenen Kirchen und nahm1730 zusätzlich eine Unterrichtstätigkeit auf. Es wird von einerscuola sinfonica milanese gesprochen und Sammartini nahmunter den Mailänder Kirchenmusikern eine herausragendeStellung ein. Seine erste Oper wurde in Lodi, Wien und Paviagegeben. Christoph Willibald Gluck soll mehrere Jahre Sam-martinis Schüler gewesen sein. Giovanni Sammartini arbeitetemit Niccolò Jommelli und Luigi Boccherini zusammen, hörte1770 den 14jährigen Wolfgang Amadeus Mozart in Mailandim Melzi-Palast Klavier spielen und unterstützte ihn bei derUraufführung seiner Oper Mitridate, Re di Ponto. In seinenletzten Lebensjahren machte er noch einmal auf sich aufmerk-sam: Er komponierte sechs Streichquintette mit einer unge-wöhnlichen Besetzung, bestehend aus drei Violinen, Viola undVioloncello. Von seinen acht Sinfonien wurden vier Streicher-sinfonien in London unter dem Namen seines Bruders imDruck veröffentlicht, weil Giovanni nur als Komponist vonvon Kammer- und Kirchenmusik bekannt war.Wir hören die Sinfonie in C-Dur J-C 7. Die Werke Sammartiniswerden nach den Katalogen eingeteilt, die verschiedene Mu-sikwissenschaftler erstellt haben. J-C steht für N. Jenkins undB. Churgin. Ihr Thematic Catalogue of the Works of G.B. Sam-martini. Orchestral and Vocal Music erschien 1976.

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Nach der Pause erklingt das Fagottkonzert von WolfgangAmadeus Mozart ( 1756 – 1791), ich vermute, es wird der Hö-hepunkt des Abends sein.

Mozart schloß die Arbeit am Fagottkonzert B-Dur, KV 191(186e) am 4. Juni 1774 in Salzburg ab. Es ist das einzige Kon-zert für Fagott, das wir von ihm besitzen. Mozart soll nochdrei weitere Fagottkonzerte für den Münchner LogenbruderThaddäus Freiherr von Dürnitz geschrieben haben und auchdie uns erhaltene Sonate für Fagott und Violoncello, KV 192,

Der großen Mozart-Biographie von Jahn-Abert zufolge warDürnitz „ein vornehmer Dilettant, dessen Hauptinstrumentneben dem Klavier das Fagott war.“ (*1) Er bestellte bei Mozarteine Reihe von sechs Klaviersonaten (KV 279-284), für die erallerdings das Honorar schuldig blieb. Neuere Studien redu-zieren den Kompositionsauftrag aber auf die Klaviersonate inD-Dur, KV 284 (205b). Für die angeblich in seinem Auftragkomponierten drei Fagottkonzerte fehlt weiterhin jeder Beleg,und man geht davon aus, daß das B-Dur-Konzert KV 191 nichtder Reihe der drei verschollenen `Dürnitz-Konzerte` zuzuord-nen ist. Seit 6. Dezember 1774 hielt sich Mozart mit seinem Vater inMünchen auf, um die dann sehr erfolgreiche Uraufführung sei-ner Oper La finta giardiniera (Die verstellte Gärtnerin) am 13.Januar 1775 vorzubereiten. Den vornehmen Münchnern wares eine Ehre, den jungen Mozart einzuladen. So lud auch derBesitzer der Nobelhotels Schwarzer Adler, der FreimaurerFranz Joseph Albert, Mozart zu einem Klavierwettspiel mitdem damals führenden Pianisten Ignaz von Beecke ein. Nachdem Bericht von Schubart in der Teutschen Chronik von 1776soll das Wettspiel allerdings zu Gunsten von Beecke ausgegan-gen sein. Nichtsdestotrotz bestellte Dürnitz, der ebenfalls zu-gegen war, zumindest die oben erwähnte Klaviersonate. Wir dürfen uns jedenfalls auf das wunderschöne FagottkonzertKV 191 freuen, dessen strahlendes B-Dur-Eröffnungstutti ichimmer als Jubel eines neunzehnjährigen Genies empfand, demdie Welt zu Füßen liegt. Das Fagott wurde damals bei uns alsSoloinstrument entdeckt, und Mozart schrieb „knappe undübersichtliche Ecksätze und liefert dem Solisten ebenso vielevirtuos verspielte wie melodische Vorlagen. Dies gilt zumal fürdas von Normalerwartungen eher entfernte, in Satzweise undmit sordinierten Streichern empfindsam intonierte Andante maadagio, in dessen Thema die Cavatina vom Beginn des zweitenFigaro-Aktes antizipiert scheint.“ (*2)

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Zum Abschluß des Programms erklingt die Sinfonia Venezianain D-Dur von Antonio Salieri (1750 – 1825).

Obwohl Salieri zu seiner Zeit einer der einflußreichsten underfolgreichsten Komponisten war, ist er heute vielen als solchervöllig unbekannt. Vielmehr verbinden nicht wenige seinenNamen immer noch mit dem angeblichen Giftmord an Mozart.Neu entfacht wurden derartige Verdächtigungen auch injüngster Zeit zum Beispiel durch das historisch unseriöseSchauspiel von Peter Shaffer und den darauf basierenden FilmAmadeus. Bereits zu seinen Lebzeiten wurde Salieri beschul-digt, Mozart vergiftet zu haben. Kurz vor seinem Tod hat ergegenüber dem Pianisten Ignaz Moscheles diese Anschuldi-gung glaubhaft von sich gewiesen. Schon lange hat sich die

Forschung diesem Standpunkt angeschlossen.In den letzten Jahrzehnten richtete die Musikwelt den Blickwieder mehr auf sein musikalisches Lebenswerk, das nebenzahlreichen Vokalwerken, insbesondere auch im Rahmen derKirchenmusik, vor allem dem Opernschaffen gewidmet war.Salieri wuchs zunächst im italienischen Legnago auf und er-hielt dort bereits Unterricht im Geigenspiel und an Tastenin-strumenten. Mit fünfzehn Jahren wurde er innerhalb von zweiJahren Vollwaise und kam dann in die Obhut des wohlhaben-den Venezianers Cav. Giovanni Mocenigo, der ihn weiter mu-sikalisch ausbilden ließ. Salieri lernte den Komponisten F.I.Gaßmann kennen, der sein Talent richtig erkannte und ihnnach Wien mitnahm. Dort kam er schnell in Kontakt mit Me-tastasio und Christoph Willibald Gluck. Ganz besondere Un-terstützung erhielt er zeitlebens von den Habsburgern,insbesondere durch Kaiser Joseph II.. Dieser empfahl ihn auchan die Höfe und Theater seiner Geschwister in Oberitalien.Nach dem Tode Gaßmanns ernannte ihn Joseph II. zu dessenNachfolger als Kammerkomponist und bald auch zum Musik-direktor der italienischen Oper am Hoftheater. Als der Kaiser1776 die höfischen Theater umstrukturierte und das gespro-chende Drama den Schwerpunkt bildete, hatte Salieri nurmehrwenig Gelegenheit, für Wien italienische Opern zu schreiben.In den Jahren 1778-1780 komponierte er daher fünf Opernfür die Häuser in Mailand, Venedig und Rom, bis der Kaiser1780 bei ihm ein Singspiel in Auftrag gab, das vom deutschenEnsemble des Nationaltheaters aufgeführt werden sollte. Salierischrieb insgesamt nur zwei Opern mit deutschem Libretto. Dieerste, Der Rauchfangkehrer, von 1781 war zwar erfolgreich,dann aber kam Mozarts Entführung aus dem Serail, die allesandere in den Schatten stellte. Möglicherweise begann damalsdie Rivalität zwischen Mozart und Salieri, die später zu denoben erwähnten Verleumdungen und Verdächtigungen führte.Verschärft wurde die Konkurrenz, weil der Kaiser in den Fol-gejahren auch Kompositionsaufträge an G. Paisiello, V. Martíny Soler und W.A. Mozart vergab. Als Gluck bereits zu schwachwar, um noch einmal einen Kompositionsauftrag der PariserOper zu übernehmen, reiste Salieri 1784 zum ersten Mal miteinem Empfehlungsschreiben des Kaisers nach Paris, wo er dieInszenierung seiner Oper Les Danaïdes beaufsichtigte. Bis zumAusbruch der Französischen Revolution teilte er sein Engage-ment zwischen Paris und Wien auf. Für die französische Oper

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schrieb er Tragédies lyriques, für Wien Opere buffe. Salieri ar-beitete damals auch mit dem noch jungen und unerfahrenenLorenzo da Ponte zusammen, der als Librettist des WienerHauses engagiert worden war. Durch die enge Zusammenarbeitschuf Salieri vermutlich die Basis für die überragenden Libretti,die da Ponte später für die Meisteropern Mozarts schrieb. 1788 übertrug Joseph II. das Amt des Hofkapellmeisters anAntonio Salieri. Er hatte das Amt dann länger als alle vor undnach ihm bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1824 inne. Sa-lieri widmete sich als Hofkapellmeister intensiv der Verwaltungder Hofoper und wandte sich kompositorisch zunehmend derKirchenmusik zu. Nach dem Tod seines langjährigen GönnersJoseph II., befreite ihn Kaiser Leopold von der Last der tägli-chen Proben- und Aufführungsarbeit. Im Gegenzug verpflich-tete sich Salieri, jährlich eine Oper für die verschiedenenHoftheater zu schreiben. Als Hofkapellmeister wurden ihmauch zahlreiche weitere öffentliche Aufgaben übertragen, sodirigierte er die regelmäßig stattfindenden Orchestermessen inder Hofkapelle, er leitete die Aufführungen der Tonkünstler-Sozietät, die Musikerwitwen und -kinder unterstützte, er kom-ponierte und dirigierte das Te Deum zur KaiserkrönungLeopolds 1790 in Frankfurt. Er wirkte bei der Uraufführungder Schöpfung mit und leitete die Festaufführung derselben1808 anläßlich von Haydns Geburtstag. Im Jahr 1813 dirigierteer Wellingtons Sieg von Beethoven, und 1815 zeichnete er ver-antwortlich für die Planung und musikalischen Darbietungenbeim Wiener Kongreß.

Salieri vergaß nie, daß er am Anfang seiner Karriere von Leh-rern und Gönnern entscheidende Hilfe erfahren hatte. Er en-gagierte sich bei der Förderung junger Musiker, ganzbesonders kümmerte er sich um die Ausbildung brillanter Ko-loratursoprane. Zu seinen Kompositionsschülern gehörten L.v.Beethoven, J.B. Hummel, Fr. Liszt, G. Meyerbeer, I. Moscheles,Fr. Schubert, S. Sechter und F.X. Süßmayr, um nur die bekann-testen zu nennen. Zuletzt sei noch erwähnt, daß Salieri 1813Mitglied des Gründungskomitees und seit 1817 Leiter des Kon-servatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde war.

Die Instrumentalmusik bildet den kleinsten Teil seines umfang-reichen Œuvres. Sie entstand vor allem in früheren Jahren undbeschränkte sich vorwiegend auf Serenaden, Suiten und Mär-

sche. Aber wir finden darunter auch Konzerte, zum Beispieleines für Flöte und Oboe, das relativ bekannt wurde. Viele sei-ner Opernouvertüren wurden als selbständige Sinfonien ver-breitet, und einige der dreisätzigen Sinfonien bestehen ausSätzen verschiedener Ouvertüren, die von fremder Hand neuzusammengestellt wurden.Ich stützte mich bei diesen biographischen Daten auf den Textzu Antonio Salieri im neuen MGG, Musik in Geschichte undGegenwart, das bei Bärenreiter/Metzler erschienen ist. (*3) In der Biographie von Volkmar Braunbehrens (*4) fand ichnoch einige aufschlußreiche Details zu den letzten Monatenim Leben von Antonio Salieri.

Bereits um 1820 nahm Mozarts Nachruhm, unabhängig vonallen musikalischen Entwicklungen, stetig zu, während SalierisWerke immer weniger gespielt wurden und zu veralten schie-nen. Wenn er zu Mozart und seinem Ende befragt wurde, soller geschwiegen haben. Seinem Schüler Hüttenbrenner gegen-über machte er einmal eine Ausnahme. In seinen Schubert-Erinnerungen berichtet dieser: „Salieri wardem Mozart, der ihn verdunkelte, eben nicht gram; aber wo ereine schwache Seite an Mozart erspähen konnte, machte erseine Schüler darauf aufmerksam...So viel ich weiß, hat Salierinur eine Aufführung des Don Juan versäumt. Dieses Werk mußihn absonderlich interessirt haben; ich wüßte aber nicht, daßer sich je darüber enthusiastisch ausgesprochen hätte...EinesTages ließ er abrupto zu mir die Worte fallen: `Er muß wach-sen, ich muß abnehmen´. Ich wagte es aus Pietät nicht, ihn zufragen, ob er damit Christum, den Herrn, oder Mozart oderBeethoven gemeint habe.“Im hohen Alter litt Salieri sehr an Gicht. 1823 stürzte er einmalschwer, zog sich erhebliche Verletzungen am Kopf zu und warvon da an oft verwirrt. Zuletzt waren seine Beine gelähmt. Alsdie Tochter ihn zu Hause nicht mehr pflegen konnte, wurde erim Oktober des gleichen Jahres gegen seinen Willen in dasWiener Allgemeine Krankenhaus eingeliefert, wo er versuchthaben soll, sich die Halsschlagader mit seinem Eßbesteck auf-zuschneiden. Als ihn Ignaz Moscheles noch im gleichen Monatbesuchen wollte, brauchte er schon eine Erlaubnis der Behör-den. Salieris Zustand war Gesprächsthema bei allen, die ihnkannten. In Beethovens Konversationsheften findet sich am25. Januar 1825 ein Eintrag von Schindlers Hand: „mit Salieri

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geht es wieder sehr schlecht/Er ist ganz zerrüttet. Er phantasirtstets, daß er an dem Tode Mozarts schuld sey, u ihm mit Giftvergeben habe. Beethoven habe dies aber nicht geglaubt.“Als Moscheles Salieri besuchen konnte, war er klar und konntesprechen. Moscheles berichtet: „Das Wiedersehen war ein trau-riges; denn sein Anblick schon entsetzte mich, und er sprachmir in abgebrochenen Sätzen von seinem nahebevorstehendenTode; zuletzt aber mit den Worten: `Obgleich dies meine letzteKrankheit ist, so kann ich doch auf Treu und Glauben versi-chern, daß nichts Wahres an dem absurden Gerücht ist; Siewissen ja, - Mozart, ich soll ihn vergiftet haben. Aber nein,Bosheit, lauter Bosheit, sagen Sie es der Welt, lieber Moscheles;der alte Salieri, der bald stirbt, hat es Ihnen gesagt.´ Ich wartief erschüttert, und als der Greis nun noch unter Thränen denDank für meinen Besuch wiederholte, mit dem er mich schonbeim Eintreten überhäuft, da war es Zeit, dass ich forteilte, ummich nicht überwältigen zu lassen. Was das Gerücht betrifft,auf das der Sterbende anspielte, so hatte es allerdings circulirt,ohne dass es mich jemals berührt hätte. Moralisch hatte [er]ihm [Mozart] freilich durch Intriguen geschadet und ihm da-durch manche Stunde vergiftet.“

Erst am 7. Mai 1825 wurde Salieri von seinen Leiden, seinenSchuldgefühlen und Schmerzen erlöst.

*1 Jahn-Abert: W.A. Mozart. Biographie in zwei Bänden.Breitkopf&Härtel. Leipzig 1919. Bd. I/S.369

*2 Silke Leopold. Mozart-Handbuch. Bärenreiter/Metzler 2005. S. 331

*3 Salieri in MGG, Personenteil Bd. 14, S.842.Bärenreiter/Metzler 2005

*4 Volkmar Braunbehrens: Salieri - Ein Musiker im Schatten Mozarts,Piper-Verlag 1989

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