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B. Reichert: Tipps und Tricks bei Verbrennungen 2. Adventssymposium Notfall- und Intensivmedizin. Nürnberg, 9. und 10. Dezember 2011 Tipps und Tricks bei Verbrennungen Klinik für Plastische, Wiederherstellende und Handchirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte Klinikum Nürnberg Bert Reichert

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B. Reichert: Tipps und Tricks bei Verbrennungen 2. Adventssymposium Notfall- und Intensivmedizin. Nürnberg, 9. und 10. Dezember 2011

Tipps und Tricks bei Verbrennungen

Klinik für Plastische, Wiederherstellende und Handchirurgie,

Zentrum für Schwerbrandverletzte

Klinikum Nürnberg

Bert Reichert

B. Reichert: Tipps und Tricks bei Verbrennungen 2. Adventssymposium Notfall- und Intensivmedizin. Nürnberg, 9. und 10. Dezember 2011

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• 1612 Fälle intensivpflichtig

• ca. 600 von 100.000: leichte Brandverletzung

Deutschland 2010

48%

27%

5%

8%

8% 4%Feuer

Verbrühung

Elektrotrauma

Explosion

Kontaktverbrennung

Chemikalienkontakt

• ca. 5 von 100.000: schwere Brandverletzung

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• bis zum 5. Lebensjahr: 80% sind häusliche Unfälle

• Brandverletzungen sind die häufigste Unfallursache

heiße Gegenstände

Kinder

heiße Flüssigkeiten

• Ca. 3000 stationäre Behandlungen

Flamme, elektrischer Strom, Säuren/Laugen

• ältere Kinder:

Universitätsspital Zürich:

• 120 Kinder stationär, 350 ambulant

• Nachbetreuung in Spezialsprechstunde für 300 Kinder oft über Jahre

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Grad

I° Epidermal

IIa° Dermal

(Oberflächlich)

IIb° Dermal (Tief)

III° Subdermal

Verbrennungstiefe G

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- Rötung ohne Blasenbildung

- Berührung schmerzhaft

- Körperhaare nicht extrahierbar

- Hautkonsistenz weich

- Spontane Rekapillarisierung

Verbrennungsgrad I

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- Berührung schmerzhaft

- Körperhaare nicht extrahierbar

- Hautkonsistenz weich

- Spontane Rekapillarisierung

- Blasengrund rötlich

- Blasenbildung

Verbrennungsgrad IIa

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- Berührung schmerzreduziert

- Körperhaare extrahierbar

- Hautkonsistenz weich / hart

- Keine spontane Rekapillarisierung

- Blasengrund weiß

- Blasenbildung

Verbrennungsgrad IIb G

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- Berührung schmerzfrei

- Körperhaare leicht extrahierbar

- Hautkonsistenz hart

- Keine spontane Rekapillarisierung

- Thrombosierte Venenzeichnung

- Wundgrund weiß

Verbrennungsgrad III G

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Flächenberechnung (vKOF[%]) G

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Flächenberechnung (vKOF[%])

9er-Regel n. Wallace

Kopf 9% x 1

Arme 9% x 2

Rumpf

Vorderseite 9% x 2

Rumpf

Rückseite 9% x 2

Beine 9% x 2 x 2

Genitale 1% x 1

TOTAL 100%

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Flächenberechnung (vKOF[%])

Beim Erwachsenen entspricht

die gesamte Handfläche,

beim Kleinkind die

Palmarfläche 1 % vKOF.

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Erste Hilfe

Wichtigste Maßnahmen:

• Verhinderung eines weiteren

thermischen Schadens

• Schutz vor Unterkühlung

• Verhinderung einer

Kontamination

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Verband

• nur steril abdecken (z.B. Metalline®)

• keine Lokaltherapeutika

Wunde

Erstmaßnahmen

Kaltwasser“therapie“

• zeitlich begrenzt (Unterkühlung)

• nicht bei vKOF > 20% (5%)

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Wunde

Erstmaßnahmen

bei Chemikalienkontakt: neutralisieren

Fach- und Gefahrstoffinformationen beachten!

aber:

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Kreislauf

– Restriktiver Einsatz

– - Mimetika

– Zugänge möglichst großlumig

– Punktion möglichst in unverbrannte Haut

– Injektionen nicht intramuskulär oder subcutan

• Volumen

– Balancierte Kristalloide Lösungen

– Kolloidale Lösungen im schweren Schock

• Katecholamine

Erstmaßnahmen N

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Kreislauf

Volumenbedarf

Erstmaßnahmen N

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Erstmaßnahmen N

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– Erwachsene: 1000 ml / h

– Kinder: 10 – 30 ml / kg KG / h

4ml x KG [kg] x vKOF2/3 [%] in 24 Stunden

Kreislauf

– 30% mehr Bedarf bei Inhalationstrauma

– Steuerung nach Urinausscheidung: min. 0,5 – 1ml /kg KG /h

Volumenbedarf

Parkland:

Faustregel:

Erstmaßnahmen N

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Beatmung

– nicht in der Frühphase

• Intubation obligat:

– vKOF > 40%

– Verbrennungen im Gesicht/Hals

– Inhalationstrauma

– Bewußtseinsstörung (GCS anhaltend < 9)

– schwere Begleitverletzungen

• Kortikoide?

– endotracheal unwirksam

– keine systemische Applikation

• Antibiotika?

Erstmaßnahmen N

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Inhalationstrauma

– Beatmung mit 100% Sauerstoff

– Theophyllinderivate, Mukosekretolytika

• Diagnose:

– Anamnese

– Klinik:

• verbrannte Nasenhaare

• dunkel verfärbtes Sputum

• Hustenreiz

• Stridor

• Tachypnoe

– COHb

– (Bronchoskopie)

• bei Verdacht:

Erstmaßnahmen N

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• Bagatellverletzung

• Qualifizierte Primärbehandlung

• Angemessene Lokaltherapie

• Engmaschige Kontrollen

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Feuchte Wundbehandlung!

„Vorrangiges Prinzip der Wundversorgung

bei sekundärer Wundheilung ist es, für die

Wunde ein feuchtes, physiologisches Milieu

zu gewährleisten. Luft und insbesondere

Sauerstoff sind zytotoxisch und führen bei

Austrocknung unweigerlich zu flächigen

Gewebenekrosen, die besonders bei

kapillarfreiem (bradytrophem) Gewebe zu

irreparablen Schäden führen.“

2008

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Was ist hiervon für die praktische

Medizin wichtig?

Keine Antibiotikaprophylaxe

2008

Antiseptika: Negativliste

beachten

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Was ist hiervon für die praktische

Medizin wichtig?

Anforderungen an

Wundauflagen: • Erhaltung des feuchten Milieus

einschließlich eines pH-Wertes von 5,5

• Absorption toxischer Komponenten

von Zerfallsprodukten der Bakterien

• Schutz vor Sekundärinfektion

• schonender, schmerzfreier

Verbandswechsel

• Praktikabilität

2008

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Misstraut gelegentlich Euren Schulbüchern! E. Kästner

7.6 Ambulante Behandlung der Verbrennungen bei nicht

schockgefährdeten Patienten

Wichtigster Faktor bei der Lokalbehandlung von Verbrennungen

ist die Verhütung von Infektionen.

Daher immer Mundschutz und OP-Handschuhe anlegen.

Die Freiluftbehandlung (open-air) ist im Allgemeinen der

Verbandbehandlung vorzuziehen. Bei der ambulanten

Behandlung ist ein derartiges Vorgehen technisch oft nicht

möglich. Aus diesem Grund kann eine Verbandbehandlung

durchgeführt werden.

2006

Feuchte Wundbehandlung!

Klinik: Tiefenbestimmung

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Nicht mehr ambulant:

• Blasenbildende Verletzung über

5 % KOF

• 1 – 2 % bei kleinen Kindern

• Schmerzen

• Sonderfälle / Lokalisation

• ausbleibende Heilung

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Nicht mehr ambulant:

• Verletzung durch Stromschlag

• Inhalationstrauma

• geschlossener Raum

• Husten, Stridor, Dyspnoe

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Lokalisation

Tiefe Fläche

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• Kriterien (DGV, AWMF)

Verlegung in ein BV-Zentrum

– > 15% KOF 2° bis 3° verbrannt

– > 10% KOF 3° verbrannt

– Sonderfall: tiefe Verbrennungen:

Gesicht, Hals,

Hände, Füße,

Perineum,

Nähe großer Gelenke

– auch: mechanische Verletzungen!

wenn Verbrennung das größere Trauma

darstellt

– Relevante Vorerkrankungen

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• Direkter Transport ist die Ausnahme

• Erstversorgung im Akutkrankenhaus

• Angepasster Transport

• Bettenvergabe:

„Zentrale Anlaufstelle für die Vermittlung von

Betten für Schwerbrandverletzte”

(Feuerwehr Hamburg)

Verlegung in ein BV-Zentrum

0 40 / 4 28 51 39 98

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www.verbrennungsmedizin.de Z

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www.nfpc.de/flyer Z

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Frage 1:

Tief zweitgradige Verbrennungen…

a. sind bei Berührung schmerzhaft

b. heilen narbenfrei ab

c. werden bis 10% KOF ambulant

behandelt

d. führen zu einer Blasenbildung

e. sind einfach zu erkennen

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Frage 2:

Am Unfallort…

a. soll möglichst konsequent gekühlt werden

b. ist eine Intubation praktisch immer obligat

c. sollten Verbrennungswunden antimikrobiell

verbunden werden

d. sind Steroide als Aerosol zu applizieren

e. dürfen Punktionen notfalls auch durch

verbrannte Haut erfolgen

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Vielen Dank für

Ihre

Aufmerksamkeit!