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Tokolyse: Wo stehen wir heute? - rosenfluh.ch · SCHWERPUNKT GYNÄKOLOGIE 2/2018 19 Studien noch in deren Metaanalyse konnte durch hoch dosiertes i.v. Magnesium eine Reduktion der

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Page 1: Tokolyse: Wo stehen wir heute? - rosenfluh.ch · SCHWERPUNKT GYNÄKOLOGIE 2/2018 19 Studien noch in deren Metaanalyse konnte durch hoch dosiertes i.v. Magnesium eine Reduktion der

SCHWERPUNKT

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Es ist kaum überraschend, dass extrem vorzeitig ge-borene Kinder (vor SSW 26+0), die bis zum Schulalterüberleben, deutlich niedrigere Leistungen in den Be-reichen kognitive Fähigkeiten, Lesen und Mathematikaufweisen. Aber auch Frühgeborene, die nur wenigeWochen vor dem errechneten Termin geboren wur-den, zeigen in vielen Gesundheitsbereichen im Ver-gleich zu am Termin geborenenen Kindern schlech-tere Ergebnisse. Es gibt jedes Jahr geschätzte 14,9Millionen Frühgeborene weltweit (11,1% aller Lebend-geburten), was neben der individuellen familiären Be-lastung auch eine enorme Bürde sowohl für Ländermit niedrigem und mittlerem Durchschnittseinkom-men als auch für Länder mit hohem Durchschnittsein-kommen bedeutet.Von grosser Wichtigkeit ist die Unterscheidung zwi-schen iatrogener und spontaner Frühgeburt. Iatro-gen (gr. iatros = Arzt) bedeutet durch den Arzt her-vorgerufen, in Form einer Geburtseinleitung odereines vorgezogenen Kaiserschnitts, oftmals als le-bensrettende Massnahme für Mutter und Kind in Si-tuationen einer schweren Präeklampsie, einer intra-uterinen Wachstumseinschränkung oder einer vor-zeitigen Plazentalösung. Die spontane Frühgeburt

hingegen ist die Folge einer eigenständig auftreten-den vorzeitigen Wehentätigkeit, eines vorzeitigenBlasensprungs oder einer vaginalen Blutung, die da-rauf zu einer Frühgeburt führen. In diesem Artikelgeht es ausschliesslich um die Gruppe der sponta-nen Frühgeburten und die in diesem Zusammen-hang angewendete Intervention der Tokolyse.

Grundzüge der WehenphysiologiePrinzipiell ist die Wehenentstehung noch immer Ge-genstand intensiver Forschungstätigkeit, weil die ex-akten Vorgänge und Regelmechanismen weder amTermin noch bei der Frühgeburt geklärt sind. Dasmeiste Wissen auf diesem Gebiet stammt aus Tier-studien, wobei zu beachten ist, dass die physiologi-schen Vorgänge hinsichtlich der Wehenentstehungaufgrund grosser anatomischer (und insbesondereendokriner) Unterschiede einzelner Spezies grund-sätzlich verschieden sind. Man geht davon aus, dasses im Verlauf der Schwangerschaft zu einer Zunahmeder uterinen Kontraktilität durch einen deutlichenAnstieg sogenannter durch Zug induzierter Proteinekommt (stretch induced proteins), die vorwiegend inder Zellmembran der Myozyten vorhanden sind. Eswird angenommen, dass es dann vor Wehenbeginnzu einer Abnahme der Faktoren kommt, die für denRuhezustand des Myometriums verantwortlich sind.Stattdessen strömt vermehrt Kalzium in das Zell-plasma ein, wodurch in Folge regelmässige Wehenauftreten. Die Wirkung aller Tokolytika soll diesenKalziumeinstrom negativ beeinflussen, um den Zu-stand der Uterusrelaxierung fortzusetzen.

Ziele der TokolyseErstes Symptom bei etwa der Hälfte der Frühgebur-ten ist das Auftreten einer vorzeitigen Wehentätig-keit mit einer Frequenz von – zumeist – 8 oder mehrKontraktionen pro Stunde mit Effekt auf die Zervix.Die Rationale des Einsatzes von Tokolytika besteht ineinem kurzzeitigen Verhindern oder einer Reduktionder Frequenz dieser Wehen, ohne dass man jedochdie zugrunde liegende Ursache beseitigt. Letztlich ist

Tokolyse: Wo stehen wir heute?Vor- und Nachteile verschiedener Tokolytika

Mehr als 10% aller Lebendgeburten weltweit erfolgen zu früh – mit immensen individuellen und gesell-

schaftlichen Auswirkungen. Gelingt es, die vorzeitige Wehentätigkeit bei spontanen Frühgeburten zumin-

dest kurzzeitig zu unterbinden, lassen sich sowohl das peri- als auch das neonatologische Outcome deutlich

verbessern. Dabei helfen eine adäquate Risikoeinschätzung sowie die richtige Auswahl des Tokolytikums.

HANNS HELMER

Hanns Helmer

Merkpunkte� Nur wenige symptomatische Patientinnen werden tatsächlich eine Frühgeburt haben,

eine Verbesserung der Prädiktion erfolgt neben der sonografischen Ermittlung derZervixlänge durch Anwendung von Biomarkern wie Messung des quantitativen Fibro -nectins oder Anwendung des Partosure®Tests.

� Die Tokolyse mit Betamimetika kann heute aufgrund des Nebenwirkungsprofils undder Entwicklung neuerer Tokolytika als obsolet bezeichnet werden, besonders vor einerAnwendung über 48 Stunden hinaus wird gewarnt.

� Ziele der Anwendung einer primären Tokolyse bestehen in der Durchführung einer fetalen Lungenreifung durch Kortikosteroide, dem antenatalen Transport der Schwange-ren in ein Perinatalzentrum und in der Anwendung der fetalen Neuroprotektion durchhoch dosiertes Magnesiumsulfat.

� Bisher konnte eine Reduktion der peri- oder neonatalen Mortalität oder von einzelnenMorbiditäten wie dem respiratorischen Distresssyndrom durch die Anwendung von Toko -lytika nicht nachgewiesen werden. Aus diesem Grund sollen insbesondere Tokolytikamit geringem Nebenwirkungsprofil wie Atosiban oder Nifedipin zum Einsatz kommen.

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das Ziel der Tokolyse eine Verzögerung der Frühge-burt, um folgende drei Massnahmen zu ermöglichen:� vollständiger Zyklus einer Lungenreifung durchKortikosteroide;

� intravenöse Gabe von hoch dosiertem Magne-sium zur Neuroprotektion des Feten;

� antenataler Transport der Schwangeren in ein pe-rinatologisches Zentrum.

Die beste Datenlage zur Verbesserung des peri- undneonatologischen Ergebnisses besteht im Erreichender sogenannten Lungenreife durch die Wirkung pla-zentagängiger Kortikosteroide auf die fetalen Alveo-larzellen über zumindest 24 Stunden zur Stimulationder Surfactantproduktion. Prinzipiell besteht das erste Ziel darin, die Frühge-burt über einen Zeitraum von 48 Stunden zu verhin-dern. Dieser Applikationszeitraum wurde von den ers-ten Autoren von Studien zur Lungenreifung (Sir Gra-ham Liggins für tierexperimentelle Daten am Schafsowie Ross Howie beim Menschen) verwendet undseither nicht verändert. Die Gabe von Tokolytikaüber 48 Stunden wird daher auch als primäre Toko-lyse bezeichnet. In logischer Folge wurde dann ver-sucht, die Wehentätigkeit auch über einen längerenZeitraum zu unterdrücken und möglicherweise dieFrühgeburt überhaupt zu vermeiden, was als Erhal-tungstokolyse definiert werden kann. Inwieweit dasmit den einzelnen Substanzen gelingt, wird in der je-weiligen Beschreibung deutlich. Prinzipiell muss festgestellt werden, dass ein klarerNachweis einer Verbesserung der kindlichen Morbi-dität durch Verwendung der Tokolyse nicht gegebenist. So wurde im grössten systematischen Review zurTokolyse, in den 95 Publikationen eingeschlossenwurden, keine Reduktion des respiratorischen Dis-tresssyndroms, einem der wichtigsten Parameter,nachgewiesen. Daher wird es in manchen Leitlinienzur Tokolyse (wie der britischen Royal College Gui-deline) freigestellt, ob man überhaupt eine Tokolysebei drohender Frühgeburt anwenden will.

Einsatz von Tokolytikaseit mehr als 60 JahrenMedikamente zur Wehenhemmung werden in derGeburtshilfe seit mehr als 60 Jahren verwendet. Mankann die einzelnen Substanzen nach dem Beginn ih-res klinischen Einsatzes in klassische Tokolytika (wieÄthanol, Betamimetika, Zyklooxygenase-Inhibitorenund Magnesiumsulfat) sowie moderne Tokolytika(wie Kalziumkanalblocker und Atosiban) einteilen.

ÄthanolEs war auf einer Schiffsreise von Dänemark nach NewYork im Jahr 1960, als die damals schwangere Anna-Riitta Fuchs, als Biologin vor allem bekannt durch ihreForschungen zu Prostaglandinen und Oxytocin,plötzlich vorzeitige Wehen entwickelte. Sowohl ihr

als auch ihrem Mann Fritz Fuchs, dem späteren Vor-stand der Gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilungdes New York Hospital/Cornell University, war vonTierxperimenten bekannt, dass Äthanol eine wehen-hemmende Wirkung besitzt. So kam es zur ersten er-folgreichen Anwendung von Äthylalkohol in Formhochprozentiger Getränke, und Anna-Riitta Fuchskonnte ihre Schwangerschaft in New York erfolgreichfortsetzen. Fritz Fuchs beschloss daraufhin, eine Stu-die zum Nachweis der tokolytischen Wirkung vonÄthanol an Schwangeren durchzuführen, und das er-folgreiche Ergebnis wurde 1967 publiziert (1). Aller-dings gab es auch – sowohl unkontrollierte als auchkontrollierte – Studien, die keine tokolytische Wir-kung belegen konnten. Alle Studien dazu hatten einegeringe Fallzahl sowie unterschiedliche Inklusionskri-terien. Schwierig ist es vor allem, eine «echte» We-hentätigkeit (true labor), die zumeist zur Frühgeburtführt, von der «falschen» Wehentätigkeit (false labor)zu unterscheiden. Letztere sistiert meistens auchohne den Einsatz von Tokolytika. Das Problem derAuswahl von Patientinnen zur Beurteilung der Früh-geburtsgefährdung besteht bei so gut wie allen To-kolyse-bezogenen Studien. Das zeigt auch die zu-meist sehr niedrige Rate tatsächlicher Frühgeburtenunter den einbezogenen symptomatischen Patien-tinnen. Hervorzuheben sind die signifikanten Neben-wirkungen von Äthanol bei Mutter (Koma) und Kind(häufigeres Auftreten von Atemproblemen).

BetamimetikaIm deutschsprachigen Raum sind in dieser Indikationvor allem Fenoterol und Hexoprenalin im klinischenEinsatz, in englischsprachigen Ländern kommenvorwiegend Ritodrin und Terbutalin zum Einsatz. DieWirkung auf den β-2-Rezeptor an der Zellmembran re-duziert in Folge die Kalziumkonzentration im Zyto-plasma. In einer Metaanalyse von 20 klinischen Stu-dien der Cochrane-Gruppe konnte gezeigt werden,dass der Einsatz von Betamimetika im Vergleich zu Pla-zebo zu einer signifikanten Reduktion der Frühge-burtsrate sowohl innerhalb des Zeitraums von 48 Stun-den als auch innerhalb von 7 Tagen führte (2). Es kamjedoch zu einem deutlichen Anstieg maternaler Ne-benwirkungen, wie Brustschmerzen, Dyspnoe, Tachy-kardie, Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen. Zu erwäh-nen ist, dass als Folge von Berichten über gravierendematernale Herzprobleme, auch mit Todesfolge, ver-schiedene europäische Gesundheitsbehörden sowiedie amerikanische FDA eine Warnung vor dem Einsatzvon Betamimetika über einen Zeitraum von 48 bis 72Stunden hinaus herausgegeben haben.

MagnesiumsulfatSeine Wirkung besteht in einer kalziumantagonisie-renden Wirkung, der genaue Mechanismus ist je-doch unbekannt. Weder in plazebokontrollierten

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Studien noch in deren Metaanalyse konnte durchhoch dosiertes i.v. Magnesium eine Reduktion derFrühgeburtsrate nachgewiesen werden (3). Es wur-den jedoch schwere mütterliche Komplikationen wieLungenödem und Herzstillstand verzeichnet sowieneonatal eine Zunahme von Atempathologien. Be-deutung hat die hoch dosierte intravenöse Magnesi-umapplikation heute wegen ihrer neuroprotektivenWirkung, nicht mehr aufgrund der Intention einerVerlängerung der Schwangerschaft.

Zyklooxygenase-InhibitorenDas Enzym Zyklooxygenase (COX) ist verantwortlichfür die Umwandlung von Arachidonsäure zu Prosta-glandinen, die für den Geburtsvorgang essenziellsind. Durch Blockierung dieser Enzymwirkung wer-den Kontraktionen des Myometriums unterbunden.Vor allem Indometacin als COX-1- und COX-2-Inhibi-tor wurde klinisch hinsichtlich Tokolyse getestet. Ineiner Metaanalyse von 2015 wurden 20 Studien zurVerwendung von COX-Inhibitoren zusammengefasst.Im Vergleich zu Betamimetika wurden weniger Früh-geburten innerhalb von 48 Stunden gefunden, undeine plazebokontrollierte Studie wies eine Reduktionvon Frühgeburten < 37 Wochen nach (4). COX-Inhi-bitoren zeigten im Vergleich zu Betamimetika weni-ger maternale Nebenwirkungen. Als wichtige fetaleNebenwirkungen bei Anwendung von COX-Inhibito-ren (besonders bei einer Anwendungsdauer > 48Stunden nach SSW 32) sind der vorzeitige Verschlussdes Ductus arteriosus und die Niereninsuffizienz her-vorzuheben.

KalziumkanalblockerDiese Substanzgruppe blockiert sowohl den Kalzium-einstrom an der Zellmembran als auch die Freiset-zung von Kalziumionen aus dem sarkoplasmatischenRetikulum. Auch hier wurden zahlreiche Studien in ei-nem Cochrane-Review zusammengefasst; vor allemNifedipin wurde in seiner Wirkung untersucht. ImVergleich mit anderen Tokolytika gab es keinenNachweis einer Reduktion der Frühgeburten < 48Stunden, die Wirkung über einen 7-Tage-Zeitraumhinweg konnte wegen der Unterschiede der einzel-nen Studien nicht beurteilt werden. Im Vergleich zuBetamimetika waren die maternalen Nebenwirkun-gen geringer.

Oxytocin-Rezeptor-AntagonistenDer wichtigste und am besten untersuchte Wirkstoffdieser Gruppe ist Atosiban. Es wirkt sowohl selektivauf den Oxytocinrezeptor als auch auf Vasopressin-1a-Rezeptoren des Myometriums, die auch eine nichtzu unterschätzende Wirkung auf die Kontraktilitätdes Myometriums besitzen. Wegen der vorwiegendin uterinem Gewebe und den Milchgängen in nen-nenswerten Konzentrationen vorkommenden Oxyto-

cinrezeptoren gibt es nur geringe kardiovaskuläreNebenwirkungen bei der Anwendung. In einerCochrane-Analyse von 14 Studien mit Atosibankonnte kein Unterschied in der Reduktion der Früh-geburtenrate < 48 Stunden oder 7 Tage im Vergleichzu anderen Tokolytika gefunden werden (5). Aller-dings ist das Nebenwirkungsprofil im Vergleich zuBetamimetika und Kalziumkanalblockern deutlichbesser. Besonders bei mütterlichen kardialen Erkran-kungen, Gestationsdiabetes oder Mehrlingsschwan-gerschaft sollte man an die Anwendung von Atosi-ban denken.

NO-DonatorenTrotz Reduktion der Frühgeburten < SSW 34 und< SSW 37 durch NO-Donatoren im Vergleich zu Be-tamimetika (6) wird zurzeit die klinische Verwendungzur Tokolyse nicht unterstützt.

Kombinierte Anwendungvon TokolytikaIm Streben nach einer besseren Wirksamkeit der to-kolytischen Therapie wurden auch verschiedeneSubstanzgruppen in Kombination eingesetzt. Eineklare Aussage über eine eventuell bessere Wirkunglässt sich gemäss einer Metaanalyse nicht machen (7).In einer prospektiven Kohortenstudie wurde jedochfestgestellt, dass der kombinierte Einsatz von Tokoly-tika vermehrt zu schweren Nebenwirkungen führte,vom klinischen Einsatz wurde daher abgeraten (8).

Verbesserung der Diagnoseeiner drohenden FrühgeburtWie bereits beschrieben, kommt es nur bei einemkleinen Teil von Patientinnen mit vorzeitiger Wehen-tätigkeit auch zu einer Frühgeburt. Eine Verbesse-rung der Risikoevaluierung im Vergleich zur digitalenTastuntersuchung zur Beurteilung der Zervix brachtedie Einführung der vaginalsonografischen Beurtei-lung der funktionellen Zervixlänge. Eine weitere Ver-besserung wurde durch die Einführung der Verwen-dung von Biomarkern wie dem fetalen Fibronectinerreicht, der negative Voraussagewert steht im Vor-dergrund. Eine weitere Innovation brachte die Bestim-

Myometriumzelle

Oxytocin-Rezeptor-Antagonisten

Prostaglandin-Rezeptor

Arachidonsäure

stimulierendes G-Protein

Myosin-leichte-Ketten-Kinase

Ca2+/Calmodulin-Komplex

IP3 undDiacylglycerol

Oxytocin

Sarko-plasmatisches

Retikulum

Phosphat

Myosinphosphat

Beta-Adrenozeptor

ATP

cAMP

cGMP

Ca2+

PIP3

Ca2+

Prostaglandin

Betamimetika

NO-Donatoren

Kalziumkanalblocker;Magnesiumsulfat

Oxytocin-Rezeptor

Adenylatzyklase

Spannungs-regulierterCa2+-Kanal

Ligand-regulierterCa2+ Kanal

COX-Inhibitoren

+

Abbildung: Verschiedene Tokolytika und ihre unterschiedlichen Ansatz-punkte (modifiziert nach [10])

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mung des quantitativen Fibronectinwertes mit sich.Kürzliche Untersuchungen zur Bestimmung einesneuen Biomarkers, des plazentaren Alpha-Mikroglo-bulin-1 (PAMG-1) im Vaginalsekret, zeigen auch präzi-sere Aussagen zum positiven Voraussagewert (9).

ZusammenfassungEine Tokolyse verlängert bei vorzeitiger Wehentätig-keit kurzzeitig die Zeit bis zur Frühgeburt. Die da-durch ermöglichte vollständige Lungenreifung, aberauch die Anwendung von hoch dosiertem i.v.-Ma-gnesium zur Neuroprotektion sowie der antenataleTransport der Schwangeren in ein perinatologischesZentrum verbessern signifikant das peri- und neona-tologische Outcome. Bei gleicher tokolytischer Wirk-samkeit sollte eine Substanzgruppe mit geringerenNebenwirkungen verwendet werden. Unter diesemAspekt ist die Verwendung von Betamimetika heuteals obsolet anzusehen, insbesondere vor der Ver-wendung von Betamimetika zur Langzeittokolysewird durch mehrere Gesundheitsbehörden gewarnt.Für die Akuttokolyse stehen bessere Substanzgrup-pen mit Wirkstoffen wie Atosiban oder Nifedipin zurVerfügung. Im Vergleich aller Tokolytika zeigt dieGruppe der Zyklooxygenase-Inhibitoren die besteWirksamkeit für eine Akuttokolyse, allerdings solltedie Anwendung nicht nach SSW 32 erfolgen. Beimütterlichen kardialen Erkrankungen sollte eine

Tokolyse mit Atosiban wegen der geringen kardio-vaskulären Nebenwirkungen durchgeführt werden.Neue diagnostische Möglichkeiten, wie die Verwen-dung von Biomarkern auch in Kombination mit va-ginalsonografisch ermittelter Zervixlänge, solltenvermehrt zur Anwendung kommen. �

Univ. Prof. Dr. Hanns HelmerAbteilung für Geburtshilfe und feto-maternale MedizinUniv. Klinik für FrauenheilkundeMedizinische Universität WienE-Mail: [email protected]

Quellen:1. Fuchs F, Fuchs AR, Poblete VF Jr, Risk A: Effect of alcohol on threatened pre-mature labor. Am J Obstet Gynecol 1967; 99(5): 627–637.2. Neilson JP, West HM, Dowswell T: Betamimetics for inhibiting preterm labour.Cochrane Database Syst Rev 2014; (2): CD004352.3. Crowther CA et al.: Magnesium sulphate for preventing preterm birth in threa-tened preterm labour. Cochrane Database Syst Rev 2014; 8: CD001060.4. Reinebrant HE et al.: Cyclo-oxygenase (COX) inhibitors for treating preterm la-bour. Cochrane Database Syst Rev 2015; 6: CD001992.5. Flenady V et al.: Oxytocin receptor antagonists for inhibiting preterm labour.Cochrane Database Syst Rev 2014; 6: CD004452.6. Conde-Agudelo A, Romero R: Transdermal nitroglycerin for the treatment ofpretermlabor: a systematic reviewand metaanalysis. Am J Obstet Gynecol 2013;209(6): 551.e1–551.e187. Vogel JP et al.: Combination of tocolytic agents for inhibiting preterm labour.Cochrane Database Syst Rev 2014; 7: CD006169.8. de Heus R, Mol BW, Erwich JJ et al.: Adverse drug reactions to tocolytic treat-ment for preterm labour: prospective cohort study. BMJ 2009; 338: b744.9. Wing DA, Haeri S, Silber AC et al.: Placental alpha microglobulin-1 comparedwith fetal fibronectin to predict preterm delivery in symptomatic women. ObstetGynecol 2017; 130(6): 1183–1191.10. Simhan HN, Caritis SN: Prevention of preterm delivery. N Engl J Med 2007;357(5): 477–487.