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Ton der Freiheit WILLY-BRANDT-SCHULE Sonderausgabe II: HEIMAT | 04. Juli 2017 Heimat Wie denken junge Men- schen über das Thema Heimat? Gylchin, Melat, Mehmet, Muham- med, Ali Hassan, Nizar, Kapoor, Ali, Songyong, Kauther und Silva besuchen eine Sprachlernklasse der Willy-Brandt-Schule in Berlin- Wedding. Sie wollen Deutsch lernen und hoffen sich in Deutschland schnell zu integrieren. Viele von ihnen sind junge Geflüch- tete aus Syrien und Afghanistan. Durch Krieg und Terror aus ihrer eigentlichen Heimat vertrieben, ha- ben sie sich auf den Weg begeben eine neue Heimat zu finden. Welche Gedanken und Gefühle ver- binden sie mit dem Thema Heimat? Haben sie Heimweh und wie gehen sie damit um? Wie blicken sie auf die Heimat, die sie verlassen haben? Kann Deutschland eine neue Heimat für sie werden? Hier gewähren sie uns einen Ein- blick, was Heimat für sie bedeutet. Impressum Ein Projekt von FUTURE VOICE | www.futurevoice.org in Zusammen- wirken mit der Sprachlernklasse (SLK) von Frau Jana Reulen. Durchgeführt an und mit freundli- cher Unterstützung von der Willy- Brandt-Schule, Grüntaler Strasse 5, 13357 Berlin-Wedding | www.willy- brandt-teamschule.de Kobani Ein Gedicht von Silva Einmal wird die Sonne scheinen und wir werden nicht mehr weinen. Alle Kinder werden lachen und wir werden Hoffnung geben. Einmal wird die Sonne scheinen und wir werden nicht mehr weinen. Alle Kinder werden leben und wir werden Hoffnung geben. Stadtführung Berlin | Foto © SLK Stadtführung Berlin | Foto © SLK Im Deutschunterricht | Foto © SLK Ausflug | Foto © SLK Stadtführung „Berlin mit Hut“ | Foto © SLK

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Ton der FreiheitWILLY-BRANDT-SCHULE Sonderausgabe II: HEIMAT | 04. Juli 2017

Heimat Wie denken junge Men-schen über das Thema Heimat?

Gylchin, Melat, Mehmet, Muham-med, Ali Hassan, Nizar, Kapoor, Ali, Songyong, Kauther und Silva besuchen eine Sprachlernklasse der Willy-Brandt-Schule in Berlin-Wedding. Sie wollen Deutsch lernen und hoffen sich in Deutschland schnell zu integrieren.

Viele von ihnen sind junge Geflüch-tete aus Syrien und Afghanistan. Durch Krieg und Terror aus ihrer eigentlichen Heimat vertrieben, ha-ben sie sich auf den Weg begeben eine neue Heimat zu finden.

Welche Gedanken und Gefühle ver-binden sie mit dem Thema Heimat? Haben sie Heimweh und wie gehen sie damit um? Wie blicken sie auf die Heimat, die sie verlassen haben? Kann Deutschland eine neue Heimat für sie werden?

Hier gewähren sie uns einen Ein-blick, was Heimat für sie bedeutet.

Impressum

Ein Projekt von FUTURE VOICE | www.futurevoice.org in Zusammen-wirken mit der Sprachlernklasse (SLK) von Frau Jana Reulen.

Durchgeführt an und mit freundli-cher Unterstützung von der Willy-Brandt-Schule, Grüntaler Strasse 5, 13357 Berlin-Wedding | www.willy-brandt-teamschule.de

Kobani Ein Gedicht von Silva

Einmal wird die Sonne scheinen und wir werden nicht mehr weinen. Alle Kinder werden lachen und wir werden Hoffnung geben.

Einmal wird die Sonne scheinen und wir werden nicht mehr weinen. Alle Kinder werden leben und wir werden Hoffnung geben.

Stadtführung Berlin | Foto © SLK Stadtführung Berlin | Foto © SLK Im Deutschunterricht | Foto © SLK Ausflug | Foto © SLK

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Stadtführung „Berlin mit Hut“ | Foto © SLK

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Heimat ist Leben und Freiheitvon Kauther

Mein Land Syrien war sehr schön. Dann kam der Krieg und alles ist verdorrt.

Und wir können gar nichts dagegen tun. Heimat ist für mich der Ort, an dem ich frei leben kann.

Meine Heimat ist die Familievon Mehmet

Meine Familie ist meine Heimat. In ihrer Mitte bin ich überall zu Hause.

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Besuch bei Ali Hassan| Foto © SLK Stadtführung Berlin | Foto © SLK Besuch Villa Global| Foto © SLK Besuch MfK Berlin Foto © SLK

Was bedeutet Heimat für Dich?In Interviews haben die SchülerInnen sich gegenseitig befragt, was Heimat für sie bedeutet | Teil I

Interviewfragen | Teil I

1. Welche Gedanken und Gefühle verbindest du mit dem Thema „Heimat“?

2. Hattest du schon einmal Heim-weh? Was hilft dir dann?

3. Was vermisst du hier von deiner Heimat?

4. Wenn du deine Heimat mit hier vergleichst, wo findest du liegen Unterschiede? Was ist anders?

5. Welchen Blick auf deine Heimat hast du hier bekommen?

6. Was fällt dir ein, wenn ich dich nach etwas „Typischem“ aus deiner Heimat fragen würde?

7. Kannst du dir vorstellen, dass Deutschland oder Berlin deine neue Heimat wird?

Ein Interview mit Ali Hassan (Af-ghanistan).

1. Ich fühle, dass meine Familie meine Heimat ist.

2. Ja, wenn ich Musik höre. Ich spreche dann laut alleine.

3. Ich vermisse das Essen, wenn ich Hunger habe.

4. Es ist hier nicht das Gleiche, weil meine Familie meine Heimat ist.

5. Den Blick meiner Freunde.

6. Keine Antwort.

7. Nein.

Das Interview führte Mehmet (Griechenland).

Ein Interview mit Silva (Syrien).

1.In meiner Stadt ist alles laut. Die Menschen kochen, heiraten, tanzen - alles ist lebendig. 2. Heimweh habe ich nicht. 3. Ich vermisse es mit meiner gan-zen Familie zusammen zu sitzen und zu essen.. 4. In Syrien ist es immer warm. Auch wenn es regnet, gehen wir raus. Die Menschen sind anders. Dort erziehen auch Freunde der Familie die Kinder. Wenn wir ko-chen, bringen wir auch immer etwas davon zu den Nachbarn. Mädchen können nicht mit Jungs alleine raus gehen. 5. Keine Antwort. 6. Sahter - es ist sehr gesund. 7. Ja. Das Interview führte FUTURE VOICE (Deutschland).

Ein Interview mit Melat (Griechen-land).

1. Gedanken an mein Land. 2. Ja, ich habe oft Heimweh. Ich spreche dann lange Griechisch, Tür-kisch oder Bulgarisch. 3. Ich vermisse mein Zuhause, das Schwarze Meer und Essen. 4. Meine Heimat ist meine Familie mit Mutter und Papa hier in Berlin. Unterschiede: Hier gibt es viel Geld und viel Arbeit, aber keine Hunde und Katzen in den Straßen. 5. Meine Familie, Freunde und Großeltern. 6. Keine Antwort. 7. Ja. Und meine Familie.

Das Interview führte Gylchin (Bul-garien).

Besuch bei Ali Hassan| Foto © SLK 3 Besuch MfK Berlin| Foto © SLK

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Heimat ist dort, wo meine Freunde sind.von Melat und Gylchin

Melat über den Dächern von Berlin| Foto © FUTURE VOICE

Gylchin über den Dächern von Ber-lin| Foto © FUTURE VOICE

von Ali Hassan und Nizar

Ali Hassan über den Dächern von Berlin| Foto © FUTURE VOICE Nizar im Museum für Kommunikation

Berlin | Foto © SLK

Heimat ist dort, wo man glücklich ist.

von Songyong von Nizar

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Hip-Hop Workshop| Foto © SLK Hip-Hop Mobil Workshop| Foto © SLK Hip-Hop Workshop| Foto © SLK

Was bedeutet Heimat für Dich?In Interviews haben die SchülerInnen sich gegenseitig befragt, was Heimat für sie bedeutet | Teil II

Interviewfragen | Teil II

1. Was heißt für dich „Heimat“? 2. Was ist das Besondere an deiner „Heimat“? 3. Vermisst du täglich etwas von deiner „Heimat“? Wenn ja: was? 4. Wo liegen die Unterschiede zwi-schen der Bedeutung von Heimat für dich und der Bedeutung für dei-ne Freunde? 5. Ist Heimat für dich etwas anderes, seit du in Deutschland bist? 6. Ist Deutschland oder Berlin für dich auch eine Art neue Heimat ge-worden? 7. Wenn ja: Wie merkst du das?

Ein Interview mit Mehmet (Grie-chenland).

1. Griechenland ist Heimat.

2. Das Schwarze Meer.

3. Ja. Ich vermisse Oma.

4. Ja, ein bisschen.

5. Heimat heißt auch Freunde: Me-lat, Gylchin, Netsmetin.

6. Keine Antwort.

7. Neues Zuhause, neue Freunde!

Das Interview führte Gylchin (Bul-garien).

Ein Interview mit Muhammad (Syri-en)

1. Meine Familie ist Heimat

2. Alle sind zusammen.

3. Ja – Ich vermisse meinen Groß-vater.

4. Es gibt keine Unterschiede. Für alle ist es Familie.

5. Meine Freunde. Und wir haben ein neues Zuhause.

6. Ja

7. Ich habe neue Freunde.

Das Interview führte Melat (Grie-chenland).

Ein Interview mit Songyong (Nord-korea).

1. Meine Heimat ist die Familie. 2. Die Wohnung, das Zuhause. 3. Meine Tanten und Onkel. Aber wir telefonieren und schreiben Brie-fe. 4. Es gibt keine Unterschiede. Für meine Freunde ist Heimat auch Familie. 5. Meine Familie ist hier meine richtige Heimat geworden. 6. Ja 7. Berlin gefällt mir sehr. Das Interview führte Silva (Syrien).

Die GlücksschuheEine Geschichte von Ali Hassan

Afghanistan. Mein Vater rief mich an. Er sagte: Du musst in den Iran. Du bist hier nicht mehr sicher. Ich sagte okay. Ich entschloss mich den Weg zu Fuß zu gehen. Ich ging los, um neue Schuhe zu kaufen. Kleidung brauch-te ich nicht. Und ich habe auch eine neue Tasche gekauft.

Mein Freund hat die Schuhe bezahlt. Es war ein Geschenk, um mir Glück für die Reise zu wünschen. Ich habe meine Kleidung und ein bisschen Essen zusammengepackt. Dann bin ich von Afghanistan bis in den Iran gelaufen. Ich habe die Schuhe auf dem ganzen Weg nicht einmal ausgezogen.

Im Iran habe ich eine Woche Pause gemacht und die Schuhe ausgezogen. Dann für meine Reise vom Iran nach Deutschland habe ich sie wieder angezogen. Als ich in Deutschland angekommen bin, war ich zwei Tage in einem Hotel. Dort sind die Schuhe dann weggekommen. Ich weiß nicht wohin. Es waren feste Schuhe aus schwarzem Leder.

In der Schule | Foto © SLK Kiezrallye im Regen | Foto © SLK Im Park | Foto © SLK Stadtführung Berlin | Foto © SLK

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Die Jacke Kobani IIvon Kauther von Silva

Es war ein Mädchen. Sie heißt Kauther. Sie kommt aus Syrien. Sie ist nach Jordanien gegangen. Sie hat in einer Wohnung gewohnt. Ihre Mutter hat in Jordanien eine Frau kennengelernt. Diese Frau hatte eine Tochter. Sie hieß Meis und kam aus Palästina. Kauther hat sie gesehen und mit ihr gesprochen. Sie war sehr nett und sehr schön. Sie waren immer zusammen wie Geschwister und sie haben immer Eis gegessen. Sie waren in der gleichen Schule. Sie sind einmal einkaufen gegangen.

Sie haben sich die gleiche Jacke gekauft. Dann sind sie ins Restau-rant gegangen und haben gegessen. Dann sind sie zurück nach Hause gegangen.

Und dann musste Kauther nach Deutschland gehen. Sie war so trau-rig, weil sie bei ihrer Freundin blei-ben wollte. Jetzt kann sie nicht mehr mit ihrer Freundin sprechen. Sie war ihre beste Freundin. Sie vermisst sie sehr. Wenn sie sie vermisst, dann trägt sie nun immer diese Jacke. Sie mag diese Jacke. Ende

Hallo, ich heiße Silva. Ich komme aus Syrien, aus Kobani. Unsere Frauen müssen gut sauber machen. Wenn sie nicht sauber machen, dann sagen die Menschen sie sind nicht sauber und ich glaube, das ist nicht gut. Sie müssen auch gut lernen. Schule in Syrien ist nicht gut, weil zum Beispiel: Ich habe meine Hausaufgaben zuhause vergessen und sie schlagen mich auch. Wenn Kinder die Hausaufgaben nicht machen wollen, dann müssen die Kinder die Hausaufgaben 10-mal schreiben.

Und die Lehrerinnen schreien viel. Ich glaube, sie sind nett, aber sie müssen schreien, weil, wenn sie nicht schreien, dann können die Kinder nicht lernen und zuhören.

Die Mädchen lieben nicht viel. Sie heiraten schnell und sie dürfen nicht mit Jungs laufen oder sprechen.

Und die Kinder in Kobani müssen Respekt zeigen. Zum Beispiel: Wenn ich einkaufen gehe, nenne ich den Mann Onkel. Das ist in Kobani Respekt.

© Künstler Songyong © Künstler Mehmet

Ich habe einen TraumWas wünscht du dir für die Zukunft?

Silva - Ich wünsche mir, dass es in Syrien keinen Krieg mehr gibt. Ich wünsche mir auch, dass mein Freund wieder zu mir kommt. Und das es meiner Mutter immer gut geht.

Gylchin - In zehn Jahren arbeite ich als Designerin mit Models. Ich wohne mit meiner Familie in Bulga-rien und heirate mit 25 Jahren.

Ali Hassan - Ich wünsche mir, ich werde zusammen mit meiner Fami-lie sein - in einer Wohnung. Es ist egal wo. Aber warm muss es sein.

Melat - Mein Traum ist, dass ich bei der Polizei arbeite und mit mei-ner Familie zusammen in Deutsch-land bleibe. Und bis 30 Jahre nicht heirate.

Über den Dächern von Berlin | Foto © FUTURE VOICE

Sprachlernklasse Frau Reulen, Willy-Brandt-Schule | Foto © FUTURE VOICE Über den Dächern von Berlin | Foto © FUTURE VOICE

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