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24 TOPIC 2 · knochenmetastasen best practice onkologie | 1 · 2007 1:24–35 | DOI 10.1007/s11654-007-0012-9 | © Springer Medizin Verlag 2007 Seite 28 Aktuelle Informationen zum Einsatz von Bisphosphonaten Seite 31 Nachweismöglichkeiten von Knochenmetastasen in Blut und Urin Seite 34 Buchtipps zum Thema Osteologie, Knochenmetastasen, Knocheninfektionen

TOPIC 2 · knochenmetastasen - ukm.de · Therapiemöglichkeiten die Hormon- und Chemotherapie sowie die Gabe von Bis-phosphonaten und Analgetika. Strahlentherapie Die Strahlentherapie

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24 TO P I C 2 · k n o c h e n m e t a s t a s e n

best practice onkologie | 1 · 2007 1:24–35 | DOI 10.1007/s11654-007-0012-9 | © Springer Medizin Verlag 2007

Seite 28

Aktuelle Informationen zum Einsatz

von Bisphosphonaten

Seite 31

Nachweismöglichkeiten von

Knochenmetastasen in Blut und Urin

Seite 34

Buchtipps zum Thema Osteologie,

Knochenmetastasen, Knocheninfektionen

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TO P I C 2 · k n o c h e n m e t a s t a s e n 25

G. Gosheger, H. Ahrens, A. Streitbürger, C. Gebert, W. Winkelmann, J. Hardes, Klinik und Poliklinik für Allgemeine Orthopädie, Universität Münster

Palliation und Frakturprävention Tumororthopädische Therapiestrategien bei Knochenmetastasen

Sind Skelettmetastasen nachweisbar, so ist dies ein untrügliches Zeichen

dafür, dass sich die Tumorerkrankung im gesamten Organismus aus-

gebreitet hat. Eine Heilung ist nur in seltenen Fällen zu erwarten. Die

Therapie ist in diesem Stadium eher palliativ. Bei konservativer Thera-

piestrategie sollte wegen des Risikos von pathologischen Frakturen eine

Abstimmung mit dem Chirurgen und Orthopäden erfolgen, um ggf.

rechtzeitig operativ zu intervenieren. Während eine präventive opera-

tive Stabilisierung im Bereich der langen Röhrenknochen relativ unprob-

lematisch ist, kann sie im Becken- und Wirbelsäulenbereich Komplikati-

onen mit sich bringen.

Sobald Skelettmetastasen nachweisbar

sind, beträgt die durchschnittliche Über-

lebenszeit von Tumorpatienten nach un-

seren Erfahrungen noch etwa ein Jahr. In

Abhängigkeit davon, ob es sich um osteo-

blastische (z. B. häufig bei Prostatakarzi-

nomen) oder osteolytische (z. B. häufig

bei Hypernephromen) Metastasen han-

delt, sind aber deutliche Abweichungen

in der Überlebenszeit zu beobachten. Nur

bei Metastasen eines Seminoms, Schild-

drüsenkarzinoms oder einer Spätmetas-

tase eines Hypernephroms ist ein kura-

tiver Therapieversuch mit Chemo- oder

Radiotherapie realistisch. Die Entschei-

dung über das therapeutische Vorgehen

sollte durch ein interdisziplinäres Team

aus Onkologen, Strahlentherapeuten, Or-

thopäden, Chirurgen und Schmerzthera-

peuten erfolgen (7Abb. 1). Als klinischer

Score zum Einfluss der Knochenmetasta-

sen auf die Alltagsfunktionen hat sich der

Karnofsky-Index bewährt (7Tab. 1).

Symptome bei osteolytischen

Metastasen

Das Hauptsymptom von Tumorpatienten

mit ossären Metastasen ist der Skelett-

schmerz. Dieser kann insbesondere bei

drohendem Stabilitätsverlust zunächst

nur belastungsabhängig auftreten, später

auch in Ruhe. Er beruht auf der Osteolyse

bzw. Destruktion des Knochens (7Abb. 2).

Aber nicht alle Patienten sind betroffen.

Ca. 30-59% der Patienten haben keiner-

lei oder nur an manchen Lokalisationen

Schmerzen. Bei Metastasen im Bereich

der Wirbelsäule können radikuläre Affek-

tionen auftreten. Schreitet die Metastasie-

rung fort, kann es zu einer akuten Quer-

schnittssymptomatik kommen.

Die Schmerzen sind unserer Erfah-

rung nach zudem ein Indikator für eine

Instabilität und damit für die Gefahr einer

Fraktur. Am meisten werden die patholo-

gischen Frakturen im Bereich der Extre-

mitäten gefürchtet, da sie einen Funkti-

onsverlust bedeuten.

Bildgebende Diagnostik

Grundsätzlich eignen sich verschiedene

bildgebende Verfahren zum Nachweis

von ossären Metastasen und sollten mit-

einander kombiniert werden.

Röntgenbildgebung

Für die Beurteilung der lokalen Ausdeh-

nung und der Stabilitätsminderung des

Knochens durch osteodestruktive An-

teile der Metastasen eignet sich primär das

Röntgen in zwei Ebenen. Es ist günstig,

überall verfügbar, und die Strahlenbelas-

tung ist geringer geworden. Die Struktu-

ren von Knochen, Corticalis und Spongio-

sa lassen sich gut darstellen, im Falle einer

digitalen Aufnahme lassen sich Kontrast

und Helligkeit im Nachhinein bearbeiten.

Für die Beurteilung der durch die Kno-

chenmetastasen verursachten Knochen-

zerstörung wird die Lodwick-Klassifika-

tion herangezogen. Je nach dem, ob Ab-

oder Anbauvorgänge überwiegen, ent-

steht eine lokale Osteopenie oder Osteo-

sklerose. Dabei lassen sich drei Grund-

muster der Knochenzerstörung unter-

scheiden [10].

7 geographische Destruktion: langsam

fortschreitende Destruktion, überwie-

gend ist der spongiöse Knochen be-

troffen

7 mottenfraßartige Destruktion: ra-

schere Destruktion als bei der geogra-

phischen, spongiöser und kortikaler

Knochen können betroffen sein

7 permeative Destruktion: schnelle Des-

truktion, tritt ausschließlich in der

Kompakta auf

Skelettszintigraphie

Ein erhöhter Knochenumsatz lässt sich

dagegen mit der Skelettszintigraphie frü-

her als im Röntgenbild darstellen. Ein wei-

terer Vorteil liegt darin, dass sie die Mög-

lichkeit bietet, das gesamte Skelettsystem

zu erfassen. Somit eignet sie sich hervor-

ragend zur Metastasensuche. Die Sensiti-

vität im Screening liegt bei über 90%, bei

allerdings schlechter Spezifität. Aber nicht

alle Absiedelungen gehen mit einer ver-

mehrten Speicherung des radioaktiven

Tracers einher. Insbesondere Plasmo-

zytomabsiedlungen zeigen häufig keine

Aktivität im Szintigramm. Vor allem als

Staginguntersuchung, im Rahmen von

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Kontrolluntersuchungen und in der Tu-

mornachsorge kommt der Skelettszin-

tigraphie große Bedeutung zu. Eine be-

sondere Möglichkeit der Schnittbildge-

bung (SPECT = Single Photon Emissi-

on Computed Tomography) ermöglicht

auch bei schwierigen Lokalisationen oder

bei Summationsphänomenen die Metas-

tase genauer zu lokalisieren.

Kernspintomographie

Für die bestmögliche Beurteilung der Für

Für die bestmögliche Beurteilung der

Ausdehnung Ausdehnung im und außer-

halb des Knochens zur späteren Operati-

onsplanung ist schließlich die Kernspin-

tomographie (am Besten mit Kontrast-

mittel) unabdingbar. Sie erlaubt die ex-

akte Beurteilung der Lage der Metasta-

sen im Bereich der Extremitäten bzw. der

Wirbelsäule zu wichtigen Strukturen wie

Abb. 1 Vorgehen bei Verdacht auf Knochenmetastasen (gemäß AWMF-Leitlinien)

Verdacht auf Knochenmetastasen

nur bildgebend(=asymptomatisch)

nur klinisch(=symptomatisch)

Röntgen in 2 Ebenen

Ganzkörpersklett-Szintigraphie

pathologischja nein

pathologischja nein

pathologischja nein

bei klinischerBefund-

konstanz: MRT

Röntgen: alle LokalisationenMRT: Wirbelsäule + Becken

Primärtumor bekannt Primärtumor unbekannt

Primärtumor bekannt Primärtumor unbekannt

multiple Herde Solitärherd

manifesteFraktur

drohendeFraktur

keineFrakturgefahr

Szintigraphie Szintigraphie + Röntgen

(alle Herde)möglichst

MRT

MetastaseWirbelsäule

MetastaseRöhrenknochen

• Therapieresistenter Schmerz• progredierende neurolo- gische Symptome• Instabilität Myelokom-

pression

präop. Embolisation

Operation

Biopsieggf. Schnellschnittggf. def. Operation in gleicher Sitzung

konservativeTherapie

z. B. Radiatio,Chemotherapie

BiopsieklinischeKontrolle

nach 3 Monaten

Röntgenkontrolle3 Monate

definitive Therapie

ja nein

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Gefäßen und Nerven. Die Weichteilin-

filtration und Abgrenzbarkeit innerhalb

der Kompartimente kann exakt bestimmt

werden.

Computertomographie (CT)

Für die Suche nach Metastasen in den

Weichteilen ist die Computertomogra-

phie (CT), zum Goldstandard avanciert,

weil sich mittels Spiral-CT und einer Bo-

lusgabe eines Kontrastmittels der gesamte

Thorax während einer Atempause erfas-

sen lässt. Die teilweise in den Medien pro-

pagierte Tomographie des gesamten Kör-

pers ist aufgrund der hohen Strahlenbe-

lastung derzeit nicht sinnvoll. Allerdings

ist die CT bei der Abklärung der Stabili-

tät von Wirbelsäulenmetastasen oder bei

Röhrenknochen außerordentlich hilf-

reich, da nur hier der für die Statik wich-

tige komplette Umfang abgebildet werden

kann. Mit der Möglichkeit hochaufgelöst

dreidimensionale Strukturen abzubilden,

ist sie bei der Beurteilung von Osteoly-

sen der konventionellen Röntgenbildge-

bung überlegen. Die CT erlaubt eine suf-

fiziente Beurteilung hinsichtlich Ausdeh-

nung, Lage und Bezug der Osteolysen zur

Körperachse sowie der Tragfähigkeit der

Knochen während bestimmter Körper-

haltungen und Tätigkeiten.

Eine weitere Indikation ergibt sich bei

Abklärung szintigraphisch auffälliger Be-

funde in anatomisch schwer zu differen-

zierenden Regionen, wie beispielsweise

im Becken und Schultergürtel.

Weiterhin bietet die CT die Möglich-

keit, bei unklaren Befunden eine CT-ge-

steuerte Biopsie durchzuführen. Diese

sollte allerdings erst erfolgen, wenn die

bildgebende Diagnostik komplett abge-

schlossen ist, da durch die Biopsie Arte-

fakte verursacht werden können, die im

weiteren Verlauf missinterpretiert wer-

den könnten.

PET/PET-CT

Diese sehr aufwendige und kostenintensi-

ve Untersuchung dient in erster Linie der

Aufdeckung von Metastasen im Weichteil-

bereich, insbesondere der Lymphknoten

und des Gehirnes. Sie kann zudem, ähn-

lich der Szintigraphie, alle stoffwechsel-

aktiven Absiedelungen im Knochen auf-

decken. Neuerdings wird der zu Beginn

eher experimentelle Einsatz der Fusion

von PET (Positronen-Emissions-Tomo-

graphie) und CT-Daten in einer Unter-

suchung für das Screening des gesamten

Körpers zunehmend eingesetzt.

Eine abschließende Bewertung, bei

welcher Indikation der höhere zeitliche

und finanzielle Aufwand mit tendenzi-

ell höherer Strahlenbelastung gerechtfer-

tigt und für den Patient von Nutzen ist, ist

derzeit noch nicht möglich. Die PET kann

daher bisher nicht als klinisches Routine-

verfahren empfohlen werden. In naher

Zukunft wird die Datenlage aber besser

werden, da die PET/PET-CT derzeit im

Fokus intensiver wissenschaftlicher For-

schung steht [5].

Eine klare Indikation stellt auch heute

schon die Follow-up-Untersuchung nach

abgeschlossener Therapie dar, da sie hoch

sensitiv und spezifisch die Unterscheidung

benigner posttherapeutischer Verände-

rungen von einem Rezidiv erlaubt. Gerade

Tab. 1 Karnofsky-Index

normale Aktivität möglich,

keine spezielle Pflege not-

wendig

1. Normalzustand, keine Krankheitszeichen 100%

2. Normale Aktivität möglich, geringere Krankheits-

symptome vorhanden

90%

3. Normale Aktivität mit etwas Anstrengung mög-

lich, Krankheitszeichen vorhanden

80%

Arbeitsunfähigkeit besteht,

überwiegend selbständige

Versorgung zu Hause mög-

lich, unterschiedliches Maß

von Hilfsbedürftigkeit

4. Selbstversorger, Normalaktivität oder Arbeitsfä-

higkeit jedoch nicht gegeben

70%

5. Gelegentliche Hilfe notwendig, jedoch fast selb-

ständig

60%

6. Hilfsbedürftigkeit in größerem Umfang gegeben,

medizinische Hilfe oft notwendig

50%

Selbstversorgung unmög-

lich, professionelle Hilfe

oder Krankenhauspflege

notwendig, möglicherweise

rascher Krankheitsprogress

7. Erhebliche Beeinträchtigung durch Krankheits-

verlauf, spezielle medizinische und soziale Hilfe

notwendig

40%

8. Schwere Beeinträchtigung, Krankenhauspflege

indiziert, keine unmittelbare vitale Bedrohung

30%

9. Schwerstkrank, Krankenhauspflege notwendig,

aktiv unterstützende Therapie notwendig

20%

10. Moribund, rascher Krankheitsprogress 10%

11. Tod 0%

Tab. 2 Klassifikation des Fraktur-

risikos bei Röhrenknochen mit

Metastasen (nach Mirels)

Risikofaktoren Punkte

Lokalisa-

tion

obere Extremität 1

untere Extremität 2

peritrochanter 3

Läsion osteoblastisch 1

gemischt 2

osteolytisch 3

Schmerz gering 1

mäßig 2

schwer 3

Größe <1/3 der kortikalen

Zircumferenz

1

1/3 - 2/3 der korti-

kalen Zircumferenz

2

> 2/3 der kortika-

len Zircumferenz

3

8 - 9 Punkte: hohes Frakturrisiko, OP-Indikation

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dann wenn CT- und MRT-Aufnahmen –

aufgrund von Artefakten durch Metal–

limplantate – nur eingeschränkt beurteil-

bar sind, bieten die PET- und PET-CT-

Aufnahmen eine zuverlässige Aussage im

Rahmen der Kontrolluntersuchungen [5].

Konservative Therapieoptionen

Die Eckpfeiler der konservativen Therapie

von Knochenmetastasen bilden als lokale

Anwendungen die Bestrahlung/Radiojod-

therapie/Samarium und als systemische

Therapiemöglichkeiten die Hormon- und

Chemotherapie sowie die Gabe von Bis-

phosphonaten und Analgetika.

Strahlentherapie

Die Strahlentherapie von Skelettmetasta-

sen dient in erster Linie der Schmerzlin-

derung sowie der Inhibition der lokalen

Metastasenprogression und der Rekalzifi-

zierung. Diese Indikation ist jedoch durch

die Einführung wirksamer antiosteoklas-

tischer Therapien wie der Bisphosphonate

rückläufig [1].

» Eine Schmerzreduzierung

durch Bestrahlung von Skelett-

metastasen ist belegt «

Der Schmerz reduzierende Effekt der Be-

strahlung ist durch Studien seit vielen Jah-

ren belegt [2]. Mit einer Gesamtdosis von

8-40 Gy konnte je nach Bestrahlungskon-

zept eine subjektive Schmerzreduktion

um 35-100% erzielt werden.

Die schmerzmindernde Wirkung der Be-

strahlung variiert in Abhängigkeit von

der Tumorentität. Während Mamma-

und Prostatakarzinome gut ansprechen,

kann bei Bronchial- und Nierenzellkar-

zinomen nur eine weniger ausgeprägte

Analgesie erreicht werden. Der schmerz-

lindernde Effekt hält nach unserer Erfah-

rung circa ein Jahr an. Auch die Rekal-

zifizierung unter einer Strahlentherapie

ist gut belegt. In verschiedenen Studien

betrug sie zwischen 33 und 62% [7]. Wie

stark sie ist, hängt primär von der Loka-

lisation der Metastasen ab. Sie ist an der

Wirbelsäule und am Becken stärker aus-

geprägt. Daher sollte die Strahlentherapie

p h a r m a a k t u e l l

Bisphosphonate differenziert einsetzen – Nebenwirkungen im Blick

Bisphosphonate sind inzwischen unverzichtbar bei der Be-

handlung von Knochenmetastasen und der Therapie des

multiplen Myeloms. Da es sich meist um eine Langzeit therapie

handelt, sind die Verträglichkeitsunterschiede der in der

Onkologie genutzten Substanzen bedeutsam.

Die Unterschiede in der Verträglichkeit der Bisphosphonate beruhen auf ihrer „Po-

tenz“, der Applikationsweise und ihrem Wirkmechanismus, wie Ingo J. Diel, Mann-

heim, ausführte. Die vier häufigsten unerwünschten Wirkungen sind: Akute-Phase-

Reaktionen, gastrointestinale Störungen, nephrotoxische Komplikationen und die

seit kurzem beschriebene Osteonekrose der Kieferknochen.

Akute-Phase-Reaktion

Akute-Phase-Reaktionen mit grippeähnlichen Symptomen sind nur für intravenös ap-

plizierte Aminobisphosphonate (Zoledronat, Ibandronat, Pamidronat) beschrieben

und treten typischerweise nur nach der ersten Infusion bei ca. 30% der Patienten auf.

Die Symptome bilden sich spätestens nach 48 Stunden zurück und sprechen gut auf

NSAR und fiebersenkende Maßnahmen an.

Gastrointestinale Nebenwirkungen

Bisphosphonat-induzierte Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt sieht man nur bei

der oralen Therapie. In der Onkologie sind zwei orale Bisphosphonate zur Behandlung

von Metastasen zugelassen: Clodronat, ein Nicht-Aminobisphosphonat und Iban-

dronat (Bondronat®) ein Aminobisphosphonat. Ibandronat ist seit April 2004 für

Patien tin nen mit Knochenmetastasen bei Mammakarzinom erhältlich. Es zeigte in

Zulassungs studien ein niedriges gastrointestinales Nebenwirkungsprofil. Der Vorteil

der oralen Bisphosphonate besteht darin, dass sie nicht nierentoxisch wirken.

Renale Toxizität

Ob intravenös applizierte Bisphosphonate die Niere schädigen, hängt von ihrer Akku-

mulation im Parenchym ab. Hier gibt es große Unterschiede. So kann Zoledronat zu

akuten Tubulusnekrosen führen.

Ibandronat in parenteraler Form zeigt bei Patientinnen mit Mammakarzinom und

Knochenmetastasen eine renale Toxizität von 4%, die mit der Plazebogruppe ver-

gleich bar ist (4,5%).

Kieferosteonekrosen

Kieferosteonekrosen wurden im Jahr 2003 erstmals im Zusammenhang mit einer Bis-

phosphonattherapie beschrieben, erläuterte Diel. Sie sind bei oralen Bisphos pho-

naten sehr selten und spielen bei Nicht-Aminobisphosphonaten bisher keine Rolle.

Die Nekrosen der Kieferknochen eventuell mit eitriger Sekretion und Freilegung der

Knochen sind sehr schwerwiegend und kaum behandelbar. Der Wirkmechanismus ist

derzeit noch ungeklärt, ebenso die Frage, warum nur die Kieferknochen betroffen

sind. Vermutlich spielen auch die Zahngesundheit und Zahnbehandlung eine ent-

scheidende Rolle.

Fazit

Auch die häufigsten Nebenwirkungen treten insgesamt vermutlich nur bei 2–3% der

Patienten auf, meinte Diel. Damit ist eine Bisphosphonat-Therapie weitaus sicherer

und nebenwirkungsärmer als die meisten anderen onkologischen Behandlungen. CG

Quelle: Veranstaltung der Roche Pharma AG (u.a.)

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bei Patienten mit Metastasen in der Wir-

belsäule aber ohne neurologische Ausfälle

und bei jenen mit Metastasen im Becken

an erster Stelle stehen. Die Remineralisati-

on ist innerhalb von drei bis sechs Mona-

ten darstellbar. Es kommen singuläre bis

multifraktionelle Protokolle [4] zum Ein-

satz, die auch nach Applikation der ma-

ximalen Strahlendosis bei erneutem Pro-

gress gegebenenfalls eine erneute Bestrah-

lung zulassen. Allerdings besteht bei emp-

findlichen Geweben ein erhöhtes Risiko

von zum Beispiel Neuropathien, Darm-

und Blasenschädigungen, wenn diese im

Bestrahlungsfeld liegen. Dies kann bei-

spielsweise bei Becken- und Wirbelsäulen-

metastasen der Fall sein.

Neben der klassischen Bestrahlung

kann als letzte therapeutische Option,

aber noch experimentell und nur in kli-

nischen Studien, inzwischen auch die Teil-

chenbestrahlung mittels Protonen oder

Schwerionen durchgeführt werden. Die

im Strahlengang liegenden gesunden Be-

reiche werden so weniger geschädigt, und

die Energie wird in erster Linie im Tumor-

gewebe abgegeben.

Systemische Therapie mit

Bisphosphonaten

Bisphosphonate stellen eine wichtige

Therapieoption insbesondere bei osteoly-

tischen Knochenmetastasen dar. Gemäß

dem 1999 beim International Congress

of Bone Metastasis in Paris erarbeiteten

Konsensus sollten nicht nur Knochenme-

tastasen eines Mammakarzinoms, son-

dern auch anderer Tumorentitäten mit

Bisphosphonaten behandelt werden. Ziele

sind die Schmerzreduktion und ggf. die

Metastasenprophylaxe. Angriffspunkt der

Bisphosphonate sind weniger der Tumor

und seine Metastasen als vielmehr die Os-

teoklasten-vermittelte Osteolyse. Die Os-

teoklasten werden durch Einlagerung der

Bisphosphonate in die Knochenoberflä-

che an der Resorption des Knochens ge-

hindert und ihre Apoptose induziert.

Nicht nur die osteolytische Aktivität, son-

dern auch die tumorinduzierte Hyperkal-

zämie geht zurück.

Bisher ist die Gabe von Bisphosphona-

ten bei einem Mammakarzinom vor dem

Auftreten von Knochenmetastasen nicht

zugelassen.

Abb. 2 Osteolytische Metastase

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Weitere systemische Therapien in

Abhängigkeit vom Primärtumor

Welches systemische Regime neben den

Bisphosphonaten zur Therapie von Kno-

chenmetastasen angewendet wird, hängt

in erster Linie von der Entität des Primär-

tumors ab. Die Evaluation des Therapieef-

fektes ist problematisch [5].

Kriterien für eine Operation

Ziel der operativen Versorgung von Kno-

chenmetastasen sind in der Regel die

Verbesserung der Lebensqualität durch

Schmerzlinderung, die Prävention der In-

stabilität von betroffenen Skelettabschnit-

ten und die Vermeidung bzw. Rückbil-

dung von neurologischen Ausfallerschei-

nungen. Vor Stellung der Operationsindi-

kation sollten im Rahmen eines interdis-

ziplinären Konsils die folgenden Aspekte

abgeklärt und gewichtet werden:

7 Prognose

7 Allgemeinzustand

7 OP-Komplikationen

7 Lokalisation

7 Resektionsgrenzen

Allgemeinzustand

Der Allgemeinzustand sowie bestehende

Komorbiditäten wie ein Diabetes mellitus

oder eine Herzinsuffizienz können limi-

tierend für die operative Versorgung von

Knochenmetastasen sein.

OP-Komplikationen

Die allgemein bekannten Operationsri-

siken treten bei Patienten mit metasta-

sierten Tumoren signifikant häufiger auf.

Bei großen Eingriffen im Bereich des Be-

ckens und der Wirbelsäule ist bei Beste-

hen einer Tumoranämie mit einer erhöh-

ten Todesrate zu rechnen.

Aufgrund der meist verminderten

Thrombozytenzahl, der durch infiltra-

tives Wachstum arrodierten Gefäße und

der durch Angiogenesefaktoren neu ge-

bildeten Gefäße ist bei jedem Eingriff mit

z. T. erheblichen Blutungen zu rechnen.

Dies gilt insbesondere bei ossären Metas-

tasen von Hypernephromen. Eine präo-

perative Embolisation kann in dieser Si-

tuation die Rate der Blutungskomplika-

tionen reduzieren. Generell ist aufgrund

der häufig mangelhaften Immunkompe-

tenz von einem erhöhten Infektionsri-

siko auszugehen. Bei Bestrahlungen im

OP-Gebiet muss je nach Einzeldosis und

Lokalisation mit z. T. erheblichen Wund-

heilungsstörungen gerechnet werden. Sie

machen teilweise weitere Operationen zur

Wunddeckung (z. B. Lappenplastiken)

erforderlich. Ob und wie der operative

Eingriff durchgeführt werden kann und

welche Risiken damit einhergehen, wird

maßgeblich von der Lokalisation der Me-

tastasen und dem Lokalbefund bestimmt.

Hinsichtlich der Lokalisation werden drei

Regionen unterschieden:

7 die Wirbelsäule, differenziert in Wirbel-

körper und –bogen,

7 das Becken mit oder ohne acetabulärer

Instabilität

7 und die Röhrenknochen, differenziert

in epimetaphysär und diaphysär.

Liegt ein diffuser Befall ganzer Knochen-

oder Skelettabschnitte vor, kann nicht

mehr operiert werden. Die Implantate kön-

nen z. B. nicht mehr verankert werden.

Für die Planung der Operation soll-

ten ein Nativ-Röntgenbild des gesamten

Knochens bzw. der Wirbelsäule sowie eine

Kernspinaufnahme mit Darstellung der

Grenzbereiche vorliegen. Auf dieser Ba-

sis kann die Möglichkeit der Implantat-

verankerung eingeschätzt sowie die Rezi-

divgefahr bei Metastasen der langen Röh-

renknochen durch erweiterte Resektions-

grenzen begrenzt werden.

Resektionsgrenzen

Da die meisten Knochenmetastasen als

Ausdruck einer Fernmetastasierung, in

der Regel von soliden Tumoren, anzu-

sehen sind, hat die Resektionsgrenze bei

Metastasenresektion per se keinen Ein-

fluss auf die Prognose der Tumorerkran-

kung. Daher sollte die Resektion in der

Mehrzahl der Fälle nicht onkologisch

weit erfolgen. Denn dies kann infolge der

Durchtrennung von Muskelanteilen zu

funktionellen Defiziten führen. Für die

Schmerzreduktion ergeben sich auch kei-

ne Vorteile.

Um die Gefahr von Lokalrezidiven zu

minimieren, sollte aber eine möglichst

vollständige Reduktion der Metastasen-

masse angestrebt werden. Daher ist ei-

ne ausschließliche Marknagelung von di-

aphysären Röhrenknochen-Metastasen

nicht ausreichend; es drohen frühe Lo-

kalrezidive. Diese sind deutlich seltener,

wenn die Marknagelung mit einer Be-

strahlungstherapie kombiniert wird.

Anders bei ossären Metastasen eines

Seminoms, Schilddrüsenkarzinoms, soli-

tären Hypernephroms oder Spätmetasta-

I N F O B OX

Knochenmetastasen: Hinweise in Blut und Urin

Abbaupro-dukte im Urin können auf Knochen-metastasen hinweisen

Tumore können unabhängig von Knochen-

metastasen den Knochenabbau fördern,

indem sie lösliche Faktoren sekretieren.

Insgesamt kommt es bei 10 bis 20% aller

Krebspatienten zu einer tumorinduzierten

Hyperkalzämie, was in leichteren Fällen zu

Übelkeit, Verstopfung und Gewichtsverlust,

in schweren Fällen zu lebensbedrohlichen

Zuständen wie Koma oder Herzstillstand

führt. Erhöhte Kalziumkonzentrationen im

Urin können ein erster Hinweis auf Kno-

chenmetastasen sein. Dies gilt vor allem

für osteolytische Metastasen. Auch andere

Abbauprodukte des Knochens, wie Kollagen

Typ I lassen sich in Blut und Urin nachweisen.

Dominieren wie beim Prostatakarzinom

osteoblastische Metastasen, so geht dies mit

einer Erhöhung der alkalischen Phosphatase

(AP) und des Osteokalzins im Blut einher.

Diese Marker sind zwar nicht sehr spezifisch,

sie geben jedoch zusätzliche Hinweise auf

das Fortschreiten der Tumorerkrankung bzw.

das Anschlagen der Therapie.

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sen eines Mammakarzinoms. Da hier ein

kurativer Therapieversuch mittels Che-

mo- bzw. Radiojodtherapie unternom-

men wird, sollte in diesen Fällen die ope-

rative Tumorkontrolle im Sinne einer on-

kologisch weiten Resektion erfolgen.

Prognose

Im Wesentlichen hängt die Prognose von

den beiden Variablen primäre Tumoren-

tität und Metastasierungsgrad ab. Die

mittlere Überlebenszeit nach Auftreten

von Knochenmetastasen beträgt für das

Schilddrüsen-, Mamma- und Prostata-

karzinom ca. zwölf Monate. Bei Bronchi-

al- und Nierenzellkarzinomen ist sie deut-

lich kürzer.

Auch die Zahl der Skelettmetasta-

sen sowie das gleichzeitige Vorliegen von

Organmetastasen sind prognosebestim-

mend. So ist bei Mammakarzinomen

und multiplen Knochenmetastasen oder

gleichzeitigem Befall der inneren Organe

die mittlere Lebenszeit auf etwa neun Mo-

nate reduziert.

Therapiestrategien in

Abhängigkeit von der Lokalisation

Vorgehen bei Wirbelsäulen-

metastasen

Wirbelsäulenmetastasen sind bei Tumor-

patienten ein sehr häufiges Problem. In der

Literatur wird die Inzidenz mit 30 bis 70%

angegeben. Am häufigsten sind die tho-

rakale bzw. lumbale Wirbelsäule mit 45,7

bzw. 48,6% betroffen; Halswirbelsäulen-

metastasen sind wesentlich seltener [12].

In Hinblick auf die Lokalisation und

Auswirkung auf die Stabilität des Wir-

bels werden drei Lokalisationstypen un-

terschieden [6]:

7 Lokalisations-Typ I ist mit 4,5% eher

selten. Der Fokus der Metastase befin-

det sich im Bereich des Dornfortsatzes

bzw. der Laminae. Die Wachstumsrich-

tung ist nach ventral.

7 Lokalisations-Typ II ist mit 52,3% am

häufigsten. Der Fokus der Metastase

liegt im Bereich des Wirbelkörpers. Die

Wachstumsrichtung ist nach dorsal.

7 Lokalisations-Typ III ist mit 43,25%

ebenfalls häufig. Er bezeichnet einen

generalisierten Befall des Wirbels.

Dehnt sich die Metastase innerhalb des

Wirbels aus, so ist eine Instabilität selten,

aber möglich. Wird die knöcherne Grenze

überschritten, muss dagegen mit Instabi-

lität gerechnet werden. Der generalisierte

Befall führt immer zur Instabilität.

Die Hauptindikationen für eine ope-

rative Intervention sind therapieresis-

tente Instabilitätsschmerzen sowie dro-

hende oder manifeste neurologische De-

fizite z. B. aufgrund eines strahlenresisten-

ten Tumors, d. h. wenn es trotz Bestrah-

lung ein Progress zu beobachten ist. Über

den Eingriff sollte unter Berücksichtigung

der Prognose des Patienten und der wahr-

scheinlichen Komplikationsrate entschie-

den werden. Es können isolierte dorsale

oder kombinierte ventro-dorsale Verfah-

ren angewendet werden.

Neben der operativen Therapie stellt

die Strahlentherapie eine Option dar.

Über eine Schmerzlinderung wird in der

Literatur in 44-100% der Fälle berichtet,

über eine vollständige Beschwerdefreiheit

in 28-54%[9].

Für die Wahrscheinlichkeit der Rück-

bildung motorischer Defizite ist es ent-

scheidend, wie lange die Lähmungen be-

standen haben. Die Ansprechrate ist nach

unserer Erfahrung besser, wenn sich die

Symptome schleichend entwickelt ha-

Abb. 4 Beckenmetastase eines hypernephroiden Nierenzell karzinomsAbb. 3 Tumor- und Revisionssystem MUTARS®

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ben. Bei schleichendem Beginn über 14

Tage betrug die Ansprechrate 89%. Tra-

ten die Lähmungserscheinungen dagegen

innerhalb von 48 Stunden auf, lag sie nur

bei 6%. Grund hierfür ist die bei schlei-

chendem Beginn langsam fortschreitende

Myelonkompression durch die wachsende

Weichteilkomponente der Metastase. Die-

se spricht gut auf Bestrahlung an. Anders

dagegen bei akuten neurologischen Aus-

fällen, die durch vaskuläre Komponenten

oder pathologische Frakturen mit knö-

chernen Sequestern im Spinalkanal be-

dingt sind. Diese sprechen kaum auf eine

Strahlentherapie an.

Je mehr Wirbelsäulenmetastasen vor-

liegen, desto geringer ist die durch Be-

strahlung erreichbare Rekalzifikationsra-

te. Nach vier Wochen ist sie radiologisch

nachweisbar.

Vorgehen bei Metastasen im

knöchernen Becken

Nichtoperative Behandlungsverfahren wie

Chemo- und Strahlentherapie stehen bei

Beckenmetastasen im Vordergrund, da ei-

ne Stabilitätsgefährdung seltener vorliegt.

Metastasen im Bereich des Os pubis und

solche im Ileum bedingen im Gegensatz

zu Metastasen im Acetabulum, im Bereich

des Ileosakralgelenkes und im Beckenisth-

mus keine wesentliche Instabilität.

Prognose und Allgemeinzustand ei-

nerseits sowie Schmerzsymptomatik und

Immobilisation andererseits sind vor dem

ausgedehnten und invasiven Eingriff ab-

zuwägen. Als Rekonstruktionstechniken

kommen entweder Palacosplomben, teil-

weise mit Augmentation durch Osteo-

synthesematerial, im Sinne einer Ver-

bundosteosynthese und Hüftgelenkspro-

these oder ein Beckenteilersatz mit Hüft-

gelenksprothese zum Einsatz. In seltenen

Fällen können auch interne partielle oder

sogar vollständige Hemipelvektomien

mit Hüftverschiebeplastiken durchge-

führt werden, in Kombination mit oben

genanntem Verfahren.

Vorgehen bei Metastasen in

Röhrenknochen

Metastasen von langen Röhrenknochen

fallen durch belastungsabhängige Schmer-

zen durch eine drohende oder bereits statt-

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34

gefundene pathologische Fraktur und im

Rahmen von Staginguntersuchungen auf.

Pathologische Frakturen sind bei ausrei-

chend gutem Allgemeinzustand eine OP-

Indikation. Für Metastasen, die im Rah-

men einer Staginguntersuchung auffallen,

hat sich die prophylaktische Operation

zur Stabilisierung frakturgefährdeter Me-

tastasen, d. h. mit einer 50%igen Destruk-

tion der Corticalis, etabliert. Aufwendige

Repositionsmanöver können so entfallen.

Das Frakturrisiko wird nach Mirels [11],

unter Berücksichtigung von Lokalisation,

Schmerzhaftigkeit sowie Art und Größe

der Metastase, eingeteilt (7Tab. 2). Wenn

möglich, sollte gelenkerhaltend operiert

werden. Ist dies nicht möglich, sollte eine

vollständige Resektion erfolgen, um Früh-

rezidiven vorzubeugen.

Als Verfahren kommen bei diaphy-

sären Metastasen die Verbundosteosyn-

these mit Verplattung oder eine Verrie-

gelungs-Marknagelung in Frage. Erstere

hat den Vorteil, dass durch direkte Dar-

stellung der Metastase diese komplett aus-

geräumt werden kann und somit Lokalre-

zidive selten sind. Letztere kann minimal-

invasiv und damit auch bei Patienten mit

schlechtem Allgemeinzustand erfolgen.

Eine Nachbestrahlung unmittelbar nach

der Operation ist zu empfehlen.

Bei epimetaphysärer Ausdehnung ist

eine Tumorprothese erforderlich. Das

Münsteraner Modulare Universelle Tu-

mor- und Revisionssystem MUTARS®

[8] (7Abb. 3) zeigt hier gute Ergebnisse.

Die sonst in der Literatur beschriebene

erhöhte Luxationsrate wird durch Ver-

wendung eines Textilschlauches aus Po-

lyethylenterephthalat (PET) und Refixie-

rung des Kapselbandapparates auf 3,7%

reduziert.

Fazit für die Praxis

Die Therapie von Knochenmetastasen bei

Tumorpatienten erfordert eine interdiszip-

linäre Zusammenarbeit unter Einbeziehung

von Onkologen, Strahlentherapeuten, Chi-

rurgen und Orthopäden. Im ersten Schritt

sollten konservative Therapieoptionen aus-

geschöpft werden. Darüber hinaus sollten

bildgebende Verfahren eingesetzt werden,

um das Risiko von pathologischen Frakturen

abzuschätzen. Bei Wirbelsäulen- und Be-

ckenmetastasen muss das Stabilitätsrisiko

gegenüber der Gefährdung durch den ope-

rativen Eingriff sorgfältig abgewogen wer-

den. Eine Indikation für die operative Stabi-

lisierung bei Beckenmetastasen (7Abb. 4)

ist eine schmerzhafte acetabuläre Instabi-

lität, im Bereich der Wirbelsäule ein begin-

nendes neurologisches Defizit.

Bei Metastasen der langen Röhrenknochen

kann dagegen aufgrund des geringeren

operativen Traumas auch eine präventive

operative Stabilisierung erwogen werden.

Bei differenziertem Einsatz dieser Optionen

kann wesentlichen Funktionsverlusten des

Bewegungsapparates vorgebeugt und da-

mit die Lebensqualität der Patienten deut-

lich verbessert werden.

Korrespondierender Autor

PD Dr. Georg Gosheger

Klinik und Poliklinik für Allgemeine Orthopädie Universitätsklinikum MünsterAlbert-Schweitzer-Straße 33 48149 Mü[email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interes-senkonflikt.

Literatur:

1. Adamietz IA (2005) Perkutane Strahlentherapie der Knochen-metastasen. Der Onkologe 11: 1221-1230

2. Blitzer PH (1985) Reanalysis of the RTOG study of the palliation of symptomatic osseous metastasis. Cancer 55: 1468-1472

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10. Lodwick GS (1980) Determing growth rates of focal lesions of bone from radiographs.Estimating rate of growth in bone lesi-ons: observer performance and error. Radiology 134:577

11. Mirels H (1989) Metastatic disease in long bones. A proposed scoring system for diagnosing impending pathologic fractures. Clin Orthop Relat Res 249: 256-64

12. Schiff D, O’Neill BP, Wang CH, Fallon JR (1998) Neuroimaging and treatment implications of patients with multiple epidural spinal metastases. Cancer 83: 1593-1601

s e r v i ce

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