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Transfer Pricing Perspective Deutschland Jahrbuch 2014 www.pwc.de/newsletter-transfer-pricing Verrechnungs- preiswissen praxisnah, aktuell und kompakt

Transfer Pricing Perspective Deutschland – Jahrbuch 2014 · Von Dr. Jutta Menninger und Daniela Stäger Bereits im Vorfeld der BEPS-Diskussion hatte die OECD mit der Veröffentlichung

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Transfer Pricing Perspective Deutschland Jahrbuch 2014

www.pwc.de/newsletter-transfer-pricing

Verrechnungs-

preiswissen

praxisnah, aktuell

und kompakt

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www.pwc.de/newsletter-transfer-pricing

Transfer Pricing Perspective Deutschland Jahrbuch 2014

Verrechnungs-

preiswissen

praxisnah, aktuell

und kompakt

Von Dr. Abraham Ackerman, Nael Amin, Dr. Ulf Andresen,

Marie-Melanie Bentzien-Wilkens, Dr. Thomas Bittner,

Dr. Claudia Dahle, Henning Damköhler, Dr. Roman Dawid,

Martin Dombrowski, Ron Dorward, Kati Ebert, Kati Fiehler,

Julian Franck, Dr. Ronald Gebhardt, Eva Greil, Gerrit Halbach,

Susann van der Ham, Jörg Hanken, Madlen Haupt, Kerstin

Holst, Dr. Jörg Hülshorst, Dr. Andreas Kammer, Daniela Kiel-

Hammer, Tanja Koch, Nadja Kopfer, Oliver Kost, Christoph

Lamm, Martin Lang, Claudia Lauten, Marion Leherpeur, Eefje

Lemmens, Holger Lorenzen, Dr. Jutta Menninger, Dorothea

Mertmann, Clarisse Müller, Mingzhe Ouyang, Arundhati

Pandeya, Dr. Benjamin Protte, Martin Renz, Ulrich Reuter,

Alexander Rösch, Dr. Isabel Ruhmer-Krell, Guido Schepers,

Anne Schneider, Ramona Siefert, Dr. Christoph Sommer, Ina

Sprenger, Daniela Stäger, Yu Tao, Stephanie Wahlig, Thomas

Weber, Dr. Sven Wehke, Florian Weidlich, Immanuel Weidlich, Dr. Ludger Wellens, Gert Wöllmann

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Transfer Pricing Perspective Deutschland

Jahrbuch 2014

Herausgegeben von PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Von Dr. Abraham Ackerman, Nael Amin, Dr. Ulf Andresen, Marie-Melanie Bentzien-

Wilkens, Dr. Thomas Bittner, Dr. Claudia Dahle, Henning Damköhler, Dr. Roman Dawid,

Martin Dombrowski, Ron Dorward, Kati Ebert, Kati Fiehler, Julian Franck, Dr. Ronald

Gebhardt, Eva Greil, Gerrit Halbach, Susann van der Ham, Jörg Hanken, Madlen Haupt,

Kerstin Holst, Dr. Jörg Hülshorst, Dr. Andreas Kammer, Daniela Kiel-Hammer, Tanja

Koch, Nadja Kopfer, Oliver Kost, Christoph Lamm, Martin Lang, Claudia Lauten, Marion

Leherpeur, Eefje Lemmens, Holger Lorenzen, Dr. Jutta Menninger, Dorothea Mertmann,

Clarisse Müller, Mingzhe Ouyang, Arundhati Pandeya, Dr. Benjamin Protte, Martin Renz,

Ulrich Reuter, Alexander Rösch, Dr. Isabel Ruhmer-Krell, Guido Schepers, Anne

Schneider, Ramona Siefert, Dr. Christoph Sommer, Ina Sprenger, Daniela Stäger, Yu

Tao, Stephanie Wahlig, Thomas Weber, Dr. Sven Wehke, Florian Weidlich, Immanuel

Weidlich, Dr. Ludger Wellens, Gert Wöllmann

April 2015, 156 Seiten, 2 Tabellen, Softcover

© PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen, Mikroverfilmung, die Einspeicherung und

Verarbeitung in elektronischen Medien sind ohne Zustimmung des Herausgebers nicht

gestattet.

Die Ergebnisse der Studie und Expertenbeiträge sind als Hinweis für unsere Mandanten

bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die angegebenen

Quellen und die Unterstützung der in dieser Publikation genannten Ansprechpartner

zurück. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der Autoren wieder.

„PwC“ bezeichnet in diesem Dokument die PricewaterhouseCoopers Aktien-

gesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der

PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitglieds-

gesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-

bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de

abrufbar.

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Vorwort

Transfer Pricing Perspective Deutschland 3

Vorwort

Seit 2009 erscheint unser Jahrbuch Transfer Pricing Perspective Deutschland.

Angesichts der wachsenden Resonanz haben wir auch in diesem Jahr wieder

zahlreiche interessante Artikel rund um das Thema Verrechnungspreise aus

unserem gleichnamigen Newsletters für Sie zusammengestellt.

Das Jahr 2014 war in der Verrechnungspreispraxis vornehmlich durch die

OECD-Initiative zu „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS) geprägt. Mit

insgesamt 15 Maßnahmen hat sich die OECD dem Ziel verschrieben, einen

fairen internationalen Steuerwettbewerb herzustellen. Bereits im Juli 2013

haben die G20-Finanzminister und -Notenbankgouverneure den Aktionsplan

mit einem umfassenden Maßnahmenkatalog gegen steuerschädlichen Wett-

bewerb verabschiedet. Im Jahr 2014 erschienen zahlreiche Diskussions-

entwürfe, verbunden mit der Aufforderung zu Kommentierungen. Mit

„Besteuerung der digitalen Wirtschaft“, „Verhinderung der doppelten Nicht-

besteuerung bei hybriden Gestaltungen“, „Abkommensmissbrauch“ und

„steuerschädlichem Wettbewerb“ seien hier nur vier Kernpunkte der Initiative

genannt, die maßgeblichen Einfluss auf grenzüberschreitend tätige Steuer-

pflichtige haben können. Dies zeugt nicht zuletzt von der wachsenden

Bedeutung von Verrechnungspreisen im internationalen Kontext.

So sind in dieser Ausgabe des Jahrbuchs zahlreiche Artikel zu BEPS in den

Kapiteln „Schwerpunktthemen“ sowie „Internationale Entwicklungen in

der OECD und EU“ zu finden. Selbstverständlich bildet das Jahrbuch auch

verrechnungspreisrelevante aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht sowie

im internationalen Kontext ab.

Branchen- und fallbezogene Artikel sind in den Kapiteln „Problemstellungen

und Lösungen in ausgewählten Branchen“ und „Aus unserer Praxis“ zu finden.

Hierbei berichten wir unter anderem zu den Themen „Implementierung von

Verrechnungspreisen“, „Zielkonflikte zwischen betriebswirtschaftlichem und

steuerlichem Berichtswesen“ sowie „Deutsche Anforderungen an Datenbank-

studien“. Thematisiert werden zudem die Branchen Energie (Veränderung

der Wertschöpfungskette), Konsumgüter (Steuerquoten) sowie Transport und

Logistik (Herausforderungen).

Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem praxisrelevanten Kompendium viele

interessante Informationen und Denkanstöße geben können, und wünschen

eine anregende Lektüre.

Ihr Redaktionsteam

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Inhalt

4 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Inhalt

Vorwort .................................................................................................................... 3

A Schwerpunktthemen 2014 ................................................................................. 7 1 Überarbeiteter Diskussionsentwurf der OECD zu

Verrechnungspreisaspekten bei immateriellen Wirtschaftsgütern ................. 7 2 Status quo der BEPS-Entwicklungen .............................................................. 11 3 Die Anhörung der OECD zu Verrechnungspreisthemen im

November 2013 ................................................................................................ 16 4 Verrechnungspreisdokumentation und Country-by-Country-

Reporting .......................................................................................................... 19 5 Update aus der Internationalen Steuerkonferenz der OECD zu BEPS ........ 20 6 Navigation durch die BEPS-Landschaft.......................................................... 21 6.1 Maßnahme 1: Aufzeigen der Herausforderungen

der digitalen Wirtschaft ............................................................................... 21 6.2 Maßnahme 2: Empfehlungen der OECD zu hybriden Gestaltungen

im Rahmen der BEPS-Initiative .................................................................. 25 6.3 Maßnahme 5: effektivere Bekämpfung von schädlichem

Steuerwettbewerb ......................................................................................... 27 6.4 Maßnahme 6: Verhinderung von Abkommensmissbrauch ....................... 29 6.5 Maßnahme 8: Richtlinien zu Verrechnungspreisaspekten

immaterieller Wirtschaftsgüter .................................................................. 30 6.6 Maßnahme 13: Die OECD veröffentlicht neue Richtlinien zur

Dokumentation von Verrechnungspreisen ................................................ 36 6.7 Maßnahme 15: Entwicklung eines multilateralen Übereinkommens

zur Anpassung bilateraler Steuerabkommen ............................................. 38 7 Die veröffentlichten BEPS-Maßnahmen der OECD aus Sicht der

deutschen Finanzverwaltung – ein Gespräch mit Ministerialrat

Manfred Naumann .......................................................................................... 40

B Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht ............................................... 60 1 Der Koalitionsvertrag – steuerliche Implikationen der Großen

Koalition ........................................................................................................... 61 2 Bericht der Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern zur

Evaluierung der strafbefreienden Selbstanzeige ........................................... 64 3 Anwendung des APA-Prozesses auf Betriebsstätten – potenzielle

Risikominimierung vor dem Hintergrund des AOA ..................................... 66 4 Grünes Licht des Bundesrats für die

Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung .............................................. 69 5 Einfluss von Handlungsalternativen auf die Aufteilung von Synergien

bei Funktionsverlagerungen ............................................................................70

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Inhalt

Transfer Pricing Perspective Deutschland 5

6 Neues zur Bewertung – Anmerkungen zum Urteil des OLG Frankfurt

am Main vom 5. Dezember 2013 ..................................................................... 73 7 Weiterbelastung von Grunderwerbsteuer bei Restrukturierungen ............... 76 8 Korrektur von Teilwertabschreibungen auf grenzüberschreitende

Darlehen durch § 1 Abs. 1 AStG rechtlich haltbar? ......................................... 78 9 Veröffentlichung des Glossars „Verrechnungspreise“ durch das BMF ........ 82 10 Schenkungsteuer bei verdeckten Gewinnausschüttungen für den BFH

kein Thema ...................................................................................................... 84 11 Verrechnungspreisrelevanter Status quo zur Problematik des

Treaty Override ............................................................................................... 85

C Internationale Entwicklungen in der OECD und EU ..................................... 87 1 OECD ............................................................................................................... 88 1.1 Vergütung von konzerninternen Einkaufsfunktionen im Lichte der

aktuellen Einschätzung der OECD ............................................................. 88 1.2 OECD-Bericht: Verrechnungspreisvergleichsdaten

und Entwicklungsländer ............................................................................. 90 2 EU .................................................................................................................... 93 2.1 Verrechnungspreisfestsetzung mit kompensierenden Anpassungen

– aktuelle Stellungnahme des EU Joint Transfer Pricing Forum ............. 93 2.2 EU-Kommission leitet mehrere Beihilfeverfahren wegen

Verrechnungspreisvereinbarungen ein ....................................................... 97

D Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014 .............................. 100 1 Europa ........................................................................................................... 100 1.1 Belgien: Verrechnungspreise weiter im Fokus ......................................... 100 1.2 Dänemark: aktuelle Verrechnungspreisentwicklungen ............................ 101 1.3 Frankreich: Gesetzentwurf zur Behandlung von Funktions-

und Risikoverlagerungen ........................................................................... 102 1.4 Frankreich: „Vereinfachte Verrechnungspreisauskunft“ – jährliche

Verrechnungspreisauskunftspflichten ...................................................... 103 1.5 Luxemburg: zunehmender Fokus auf Verrechnungspreise ..................... 104 1.6 Niederlande: neuer Erlass zum Fremdvergleichsgrundsatz ..................... 105 1.7 Niederlande: Finanzministerium veröffentlicht neue Erlasse zu

Finanzdienstleistern ................................................................................... 106 1.8 Polen: Verrechnungspreise weiterhin im Fokus

der Finanzverwaltung ................................................................................. 108 1.9 Tschechien: neue Meldepflicht für Transaktionen mit

verbundenen Unternehmen ....................................................................... 109 2 Amerika .......................................................................................................... 110 2.1 Kanada: neue Entwicklungen zu Vorabverständigungsverfahren ........... 110

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Inhalt

6 Transfer Pricing Perspective Deutschland

3 Asien ................................................................................................................ 111 3.1 Australien: Finanzverwaltung entwirft Richtlinien zu neuen

Verrechnungspreisregelungen .................................................................... 111 3.2 China: Entsendung oder Service? – neue Richtlinien bezüglich

Dienstleistungsbetriebsstätten .................................................................. 112 3.3 China: vierter APA-Jahresbericht veröffentlicht ...................................... 115 3.4 China: Ansichten der SAT zu konzerninternen Dienstleistungen

und Management Fees ................................................................................ 117 3.5 China: Verrechnungspreisimplikationen infolge der Liberalisierung

des Renminbi .............................................................................................. 119 3.6 China: transaktionsbedingte Zahlungen ins Ausland im Fokus

der Finanzverwaltung ................................................................................. 120 3.7 Indien: Bankbetriebsstätten – Kreditwürdigkeitsprüfung durch

indische Betriebsstätte erfordert Zuordnung von Einkünften ................. 121 3.8 Indien: signifikante Änderungen aktueller

Verrechnungspreisregelungen ................................................................... 123 3.9 Singapur: überarbeiteter Entwurf der Verrechnungspreisrichtlinie........ 124

E Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen .................... 126 1 Die Einkünfteabgrenzung im Einlagengeschäft deutscher

Bankbetriebsstätten im Lichte des AOA ....................................................... 127 2 Veränderung der Wertschöpfungskette im Energiesektor ........................... 130 3 PwC-Studie: Steuerquoten in der Konsumgüterindustrie ........................... 133 4 Verrechnungspreisherausforderungen in der Transport-

und Logistikbranche ...................................................................................... 135

F Aus unserer Praxis ......................................................................................... 137 1 Effektive Implementierung von Verrechnungspreisen als

Schnittstellenthema von Steuern und Controlling ....................................... 137 2 Zielkonflikte zwischen betriebswirtschaftlichem und steuerlichem

Berichtswesen: Steuern versus Steuerung .................................................... 141 3 Die Interne Revision als Instrument der Prüfung und Optimierung

der Verrechnungspreisermittlung ................................................................. 142 4 Grundsätzliche Überlegungen zur Implementierung der

Kostenaufschlagsmethode beim Cash Pooling ............................................. 146 5 Datenbankstudien in der Betriebsprüfung – Beispiele für spezielle

deutsche Anforderungen ............................................................................... 148

Das Verrechnungspreisteam von PwC Deutschland.......................................... 151 Das Verrechnungspreisteam von PwC weltweit................................................. 153 Ihre Ansprechpartner .......................................................................................... 154

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 7

A Schwerpunktthemen 2014

Die OECD hat bei der Umsetzung ihrer BEPS Initiative ein bemerkenswertes

Tempo vorgelegt. Das Jahr 2014 war so insbesondere durch die Vorlage zahl-

reicher Diskussionsentwürfe zu den verschiedenen Punkten des BEPS-Aktions-

plans geprägt, weiter fanden mehrfach Treffen und öffentliche Konsultationen

hierzu statt.

Wir haben dies zum Anlass genommen, in allen vier Ausgaben von Transfer

Pricing Perspective Deutschland des Jahres 2014 zum Fortschritt der BEPS-

Initiative Stellung zu nehmen. Besonders hinweisen möchten wir hierzu auf das

Interview mit Manfred Naumann, das neben Details zu den aktuellen OECD-

Entwicklungen auch Ausblicke darauf gewährt, was Steuerpflichtige in Deutsch-

land zu diesem Thema erwarten dürfen.

Ergänzend sei noch angemerkt, dass aufgrund der Fülle von Veröffentlichungen

unsere Artikel zwangsläufig nur einzelne Entwicklungen und Aspekte

beleuchten können.1

1 Überarbeiteter Diskussionsentwurf der OECD zu Verrechnungspreisaspekten bei immateriellen Wirtschaftsgütern

Von Dr. Jutta Menninger und Daniela Stäger

Bereits im Vorfeld der BEPS-Diskussion hatte die OECD mit der

Veröffentlichung ihres Diskussionsentwurfs im Juni 20122 betont,

welch hohe Bedeutung immateriellen Wirtschaftsgütern im

Zusammenhang mit Verrechnungspreisen bei internationalen

Konzernen und Finanzverwaltungen zukommt. Rund ein Jahr

1 Redaktioneller Hinweis: Seit dem Erscheinen der in diesem Kapitel enthaltenen Artikel

zum Thema BEPS wurden von der OECD Ende 2014 und Anfang 2015 weitere

Diskussionsentwürfe zu verschiedenen BEPS-Maßnahmen veröffentlicht. Die

Veröffentlichungen sowie weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen

zu BEPS finden Sie auf der OECD-Website unter www.oecd.org/ctp/beps.htm. 2 OECD: „Discussion Draft – Revision of the Special Considerations for Intangibles in

Chapter VI of the OECD Transfer Pricing Guidelines and Related Provisions – 6 June

to 14 September 2012“, www.oecd.org/tax/transfer-pricing/50526258.pdf; siehe dazu

auch Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 15, August 2012.

Page 9: Transfer Pricing Perspective Deutschland – Jahrbuch 2014 · Von Dr. Jutta Menninger und Daniela Stäger Bereits im Vorfeld der BEPS-Diskussion hatte die OECD mit der Veröffentlichung

Schwerpunktthemen 2014

8 Transfer Pricing Perspective Deutschland

später erschien am 30. Juli 2013 der überarbeitete Diskussions-

entwurf der OECD.3

Entwicklung und Status des OECD-Projekts zu Verrechnungspreis-

aspekten von immateriellen Wirtschaftsgütern

Der überarbeitete Diskussionsentwurf der OECD ist nach wie vor nicht

als Konsensdokument, sondern erneut als Arbeitspapier aufzufassen.

Interessierte Vertreter der Industrie und Beratung hatten, wie bereits beim

ersten Diskussionsentwurf, die Gelegenheit erhalten, ihre Kommentare zum

überarbeiteten Diskussionsentwurf schriftlich bis Oktober 2013 abzugeben

oder diese bei der vom 12. bis 13. November 2013 in Paris stattfindenden

öffentlichen Konsultation einzubringen.

Bei dem Treffen in Paris ging es insbesondere darum, einen Konsens zwischen

den unterschiedlichen Standpunkten der Vertreter der Industrie und Beratung,

der Finanzverwaltungen sowie der OECD zu erzielen. Während sich die

Finanzverwaltungen verstärkt dem Druck der Öffentlichkeit hinsichtlich der

Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen und damit einhergehender

Gewinnverlagerungen multinationaler Konzerne ausgesetzt sehen, wurde

seitens der Wirtschaftsvertreter dafür plädiert, die Dokumentations- und

Offenlegungspflichten für Steuerpflichtige nicht zu verschärfen.

Die eingegangenen Kommentare sollen nun bei der Finalisierung des über-

arbeiteten Kapitels VI der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien4 Berück-

sichtigung finden. Bis zum Abschluss des Projekts im Herbst 2014 sind keine

weiteren Konsultationen der Öffentlichkeit mehr vorgesehen.

Kernaussagen sowie wesentliche Änderungen gegenüber dem

ersten Diskussionsentwurf5

Der überarbeitete Diskussionsentwurf ist stark an den Aufbau des ersten

Diskussionsentwurfs angelehnt und ebenfalls in zwei Bereiche gegliedert: Zum

einen umfasst er einen allgemeinen Teil, der die Neugestaltung des Kapitels VI

der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zu immateriellen Wirtschaftsgütern

darstellt, zum anderen enthält er einen Anhang mit 26 Beispielen.

3 OECD: „Public Consultation – Revised Discussion Draft on Transfer Pricing Aspects

of Intangibles – 30 July 2013“, www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/revised-discussion-

draft-intangibles.pdf. 4 OECD: „Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax

Administrations“, 22.07.2010. 5 Weiter gehende, englischsprachige Informationen finden Sie in folgendem Alert

unseres Pricing Knowledge Network: www.pwc.be/en/transfer-pricing/assets/PKN-

Alert-intangibles-july2013.pdf.

Page 10: Transfer Pricing Perspective Deutschland – Jahrbuch 2014 · Von Dr. Jutta Menninger und Daniela Stäger Bereits im Vorfeld der BEPS-Diskussion hatte die OECD mit der Veröffentlichung

Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 9

Die wesentlichen Änderungen gegenüber dem ersten Diskussionsentwurf im

Überblick:

● Erläuterungen zur Behandlung von marktspezifischen Vorteilen, Stand-

ortvorteilen, Know-how der Belegschaft (assembled workforce) sowie

Konzernsynergien

● Änderungen der Definition immaterieller Wirtschaftsgüter für

Verrechnungspreiszwecke

● Überarbeitung des Abschnitts zu intangible related returns

● Aufnahme eines Abschnitts zur Nutzung von Firmennamen aus

Verrechnungspreissicht

● Umgestaltung hinsichtlich der Anwendbarkeit der Verrechnungspreis-

methoden sowie der Vergleichbarkeitsanalyse

● teilweise Überarbeitung bestehender Beispiele sowie Ergänzung neuer

Beispiele

Die Definition immaterieller Wirtschaftsgüter wurde von der OECD etwas

überarbeitet, ist jedoch auch in dem zweiten Diskussionsentwurf sehr breit

gefasst. Bezüglich intangible related returns bleibt die OECD trotz einiger –

insbesondere sprachlicher – Änderungen bei ihrer Kernaussage, dass eine

Allokation der Aufwendungen und Erträge, die aus immateriellen Wirtschafts-

gütern resultieren, anhand der ausgeübten Funktionen, Risiken sowie ein-

gesetzten Wirtschafsgüter erfolgen soll. Zivilrechtliche Eigentumsverhältnisse

sind damit für die Einkünftezuordnung6 nicht mehr allein ausschlaggebend.

Die erweiterte Stellungnahme der OECD zu marktspezifischen Vorteilen, Stand-

ortvorteilen, assembled workforce sowie Konzernsynergien wurde bereits in dem

vorherigen Diskussionsentwurf angekündigt und ist zu begrüßen. Es wird nun

klargestellt, dass diese Faktoren unter Kapitel I der OECD-Verrechnungspreis-

richtlinien bei der Vergleichbarkeitsanalyse durchaus bei der Verrechnungs-

preisbestimmung zu berücksichtigen sind, es sich dabei aber nicht um im-

materielle Wirtschaftsgüter handelt.

Hinsichtlich anwendbarer Verrechnungspreismethoden sowie alternativer

Bewertungstechniken verfolgt die OECD, wie bereits in ihrem ersten

Diskussionsentwurf, einen allgemeiner gefassten Ansatz. Dies kann als

gewollter Kompromiss der Vertreter aus Industrie und Beratung, der

Finanzverwaltungen sowie der OECD gewertet werden.

In ihrem ersten Diskussionsentwurf hatte die OECD notwendige Folge-

änderungen der Kapitel I bis III, des Kapitels VII sowie des Kapitels VIII

der bestehenden OECD-Verrechnungspreisrichtlinien angekündigt, welche

6 Dies umfasst Aufwendungen sowie Erträge.

Page 11: Transfer Pricing Perspective Deutschland – Jahrbuch 2014 · Von Dr. Jutta Menninger und Daniela Stäger Bereits im Vorfeld der BEPS-Diskussion hatte die OECD mit der Veröffentlichung

Schwerpunktthemen 2014

10 Transfer Pricing Perspective Deutschland

allerdings nicht in den überarbeiteten Diskussionsentwurf aufgenommen

wurden. Ebenfalls nicht in dem zweiten Diskussionsentwurf behandelt werden

sogenannte schwierig zu bewertende immaterielle Wirtschaftsgüter („hard to

value“ intangibles). Zu diesen sollen stattdessen spezielle Regelungen in

Zusammenhang mit dem BEPS-Projekt der OECD getrennt ausgearbeitet

werden.

Fazit und Ausblick

Wenn auch der erste Diskussionsentwurf bereits im Vorfeld der BEPS-

Diskussion veröffentlicht wurde, kann die Entwicklung im Bereich der

immateriellen Wirtschaftsgüter nicht losgelöst von dieser betrachtet werden.

Insbesondere das zeitgleich zum geänderten Diskussionsentwurf veröffentlichte

OECD White Paper7 sowie die Veröffentlichungen zum Country-by-Country-

Reporting8 werden vor dem Hintergrund erweiterter Dokumentations-

anforderungen und verschärfter Offenlegungspflichten für die Praxis zukünftig

insbesondere auch für immaterielle Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sein.

Parallel zum Diskussionsentwurf beschäftigt sich die OECD zudem in Maß-

nahme 8 des BEPS-Aktionsplans9 mit dem Thema „Immaterielle Wirtschafts-

güter“. Maßnahme 8 verfolgt dabei – ähnlich wie der Diskussionsentwurf –

den Ansatz, dass die Einkünfteallokation in Zusammenhang mit immateriellen

Wirtschaftsgütern anhand der tatsächlich geleisteten Wertschöpfung erfolgen

muss.

Die Finalisierung des überarbeiteten Kapitels VI der OECD-Verrechnungspreis-

richtlinien ist bis Herbst 2014 geplant und wird noch vor der vollständigen Um-

setzung des BEPS-Aktionsplans10 angestrebt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit

die im Rahmen der zweiten Konsultationsrunde eingegangenen Kommentare

Berücksichtigung in der finalen Version der OECD finden werden. Große Über-

raschungen werden dabei aber nicht erwartet.

7 OECD: „Public Consultation – White Paper on Transfer Pricing Documentation –

30 July 2013“, www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/white-paper-transfer-pricing-

documentation.pdf. 8 OECD: „Public Consultation – Discussion Draft on Transfer Pricing Documentation

and CbC Reporting – 30 January 2014“, www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/discussion-

draft-transfer-pricing-documentation.pdf. 9 OECD: „Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting“,

www.oecd.org/ctp/BEPSActionPlan.pdf. 10 Circa ein Drittel des Aktionsplans soll bereits bis Herbst 2014 abgeschlossen werden,

die vollständige Umsetzung ist für Dezember 2015 angestrebt.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 11

2 Status quo der BEPS-Entwicklungen

Von Kati Fiehler und Marie-Melanie Bentzien-Wilkens

Mit dem BEPS-Aktionsplan vom 19. Juli 201311 hat die OECD ihren

Willen dokumentiert, die Koordination internationaler Steuer-

politik voranzutreiben und die heute legalen Möglichkeiten der

Steuerplanung zu überprüfen. Im vergangenen Jahr wurde

intensiv an den 15 Maßnahmen der OECD zur Bekämpfung von

Steuergestaltungsmöglichkeiten und Steuerschlupflöchern

gearbeitet. Welche Maßnahmen die OECD bislang auf den Weg

bringen konnte und was die Steuerpraxis zukünftig noch zu

erwarten hat, wird im Folgenden dargestellt.12

Folgende Übersicht fasst den von der OECD vorgestellten Maßnahmenkatalog

zur Bekämpfung von BEPS zusammen.13

15 Maßnahmen zur Bekämpfung von BEPS ................................................................................................................................................................................

Allgemeine

Maßnahmen

● Anpassung der Steuergesetzgebung an die digital economy (1)

● Verhinderung internationaler Nichtbesteuerung bei hybriden

Gestaltungen (2)

● Stärkung der Bedeutung der AStG-Gesetzgebung (3)

● Begrenzung von Gewinnverkürzung und -abzug durch

Zinsabzug und andere Finanzierungsinstrumente (4)

● mehr Substanz und Transparenz (5) ................................................................................................................................................................................

Transparenz und

Offenlegung

● Methoden zur Informationsgewinnung und -auswertung (11)

● Offenlegung von Steuerplanung (12) ................................................................................................................................................................................

Auf DBAs gerichtete

Maßnahmen

● Vermeidung von Umgehungstatbeständen (6)

● effiziente Verständigung (14)

● Entwicklung multi-lateraler Instrumente (15)

11 Vgl. www.oecd.org/tax/beps.htm. 12 Der Artikel wurde letztmalig am 02.09.2014 aktualisiert. 13 Siehe Wellens/Kammer: „OECD: Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting –

Neuordnung der internationalen Unternehmensbesteuerung?“, Transfer Pricing

Perspective Deutschland, Ausgabe 20, November 2013.

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Schwerpunktthemen 2014

12 Transfer Pricing Perspective Deutschland

15 Maßnahmen zur Bekämpfung von BEPS (Fortsetzung) ................................................................................................................................................................................

Betriebsstätten und

Verrechnungspreise

● keine künstlichen Betriebsstättenstrukturen (7)

● Überarbeitung der Grundregeln für Verrechnungspreis-

dokumentation (13)

● angemessene Verrechnungspreise und Gewinnaufteilung im

Einklang mit Wertschöpfung, insbesondere:

– immaterielle Wirtschaftsgüter (iWGs) (8)

– Risiken und Kapital (9)

– risikoreiche Transaktionen (10)

Nachstehend haben wir den aktuellen Stand pro Maßnahme sowie die nächsten

Schritte zusammengefasst.

Stand und nächste Schritte der 15 Maßnahmen ................................................................................................................................................................................

OECD-Maßnahmen Aktueller Stand Ausblick ................................................................................................................................................................................

1. Anpassung der

Steuergesetz-

gebung an die

digital economy

Es wurden bereits Berichte

veröffentlicht.14 Diese befassen sich mit

den Herausforderungen der Besteuerung

grenzüberschreitend tätiger Unternehmen

der digital economy.

Die Finalisierung der

OECD-Berichte soll

im September 2014

erfolgen.15

................................................................................................................................................................................

2. Hybrid Mismatch

Arrangements

Die von der OECD veröffentlichten

Diskussionsentwürfe16 beziehen sich auf

Empfehlungen bezüglich des nationalen

Rechts und auf abkommensrechtliche

Aspekte, vor allem in Bezug auf doppelt

ansässige und auf als transparent

behandelte Rechtsträger.

Derzeit befindet sich

die OECD in einem

internen Abstimmungs-

prozess. Der über-

arbeitete Bericht

wurde am

16. September

veröffentlicht.15 ................................................................................................................................................................................

14 Vgl. www.oecd.org/ctp/tax-challenges-digital-economy-discussion-draft-march-

2014.pdf, veröffentlicht von OECD Task Force on Digital Economy, sowie

http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/gen_info/

good_governance_matters/digital/report_digital_economy.pdf der EU Expert Group

on Taxation of the Digital Economy. 15 Vgl.www.oecd.org/tax/beps-about.htm#deliverables. 16 Vgl. www.oecd.org/ctp/aggressive/hybrid-mismatch-arrangements-discussion-draft-

domestic-laws-recommendations-march-2014.pdf sowie

www.oecd.org/ctp/treaties/hybrid-mismatch-arrangements-discussion-draft-treaty-

issues-march-2014.pdf.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 13

Stand und nächste Schritte der 15 Maßnahmen (Fortsetzung) ................................................................................................................................................................................

OECD-Maßnahmen Aktueller Stand Ausblick ................................................................................................................................................................................

3. Stärkung der

Bedeutung der

AStG-Gesetz-

gebung

Das Ziel ist es, Empfehlungen bezüglich

der Stärkung und Harmonisierung von

AStG-Regelungen auszusprechen.

Momentan liegen keine Ergebnisse vor.

Endgültige

Ergebnisse werden im

September/Dezember

2015 erwartet.15 ................................................................................................................................................................................

4. Finanzinstrumente Es soll ein Rahmen für Regelungen, die

die Vermeidung von BEPS aufgrund von

Zinsabzügen oder sonstige finanzielle

Aufwendungen zum Ziel haben,

entwickelt werden.

Endgültige

Ergebnisse werden im

September/Dezember

2015 erwartet.15

Seitens Deutschlands

wird jedoch noch die

endgültige OECD-

Reaktion abgewartet. ................................................................................................................................................................................

5. Erhöhung der

Substanz und

Transparenz

Im BEPS-Bericht wird dazu aufgerufen,

Vorschläge zur Entwicklung von

Lösungen zur wirksameren Bekämpfung

schädlicher Systeme zu erarbeiten und

dabei Faktoren wie Transparenz und

Substanz zu berücksichtigen.

Der Bericht zu Steuer-

regelungen der

OECD-Mitglieds-

staaten soll im

September 2014

veröffentlicht werden.

Bis September 2015

soll ein weiterer

Bericht bezüglich der

Steuerregelungen der

Nicht-OECD-

Mitgliedsstaaten

entwickelt werden.15 ................................................................................................................................................................................

6. Verhinderung von

Abkommens-

missbrauch

Der veröffentlichte Diskussionsentwurf17

macht Vorschläge, wie gegen unter-

schiedliche Formen der (potenziell)

missbräuchlichen Nutzung von Doppel-

besteuerungsabkommen (DBAs) vor-

gegangen werden soll.

Erster OECD-Bericht

soll im September

2014 veröffentlicht

werden. Endgültige

Ergebnisse werden im

September 2015

erwartet.15 ................................................................................................................................................................................

17 Vgl.www.oecd.org/ctp/treaties/treaty-abuse-discussion-draft-march-2014.pdf, weitere

Kommentare zu dem veröffentlichten Bericht sind auch zu finden unter:

www.pwc.com/us/en/tax-services/publications/insights/oecd-releases-discussion-draft-

use-treaty-benefits.jhtml.

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Schwerpunktthemen 2014

14 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Stand und nächste Schritte der 15 Maßnahmen (Fortsetzung) ................................................................................................................................................................................

OECD-Maßnahmen Aktueller Stand Ausblick ................................................................................................................................................................................

7. Verhinderung der

künstlichen Um-

gehung des Status

als Betriebsstätte

Die geplanten Änderungen sind im

Wesentlichen die Änderung der Betriebs-

stättendefinitionen (u. a. bezüglich des

Einsatzes von Kommissionären) sowie die

Berücksichtigung von hiermit verwandten

Problemen bei der Gewinnzurechnung.

Endgültige

Ergebnisse werden

im September 2015

erwartet.15

................................................................................................................................................................................

8. Verrechnungs-

preise: iWGs

Das Ziel ist es, Maßnahmen für die

Vermeidung der Verschiebung von iWGs

innerhalb des Konzerns zu schaffen. Da-

mit zusammenhängend wird der Ansatz

verfolgt, dass die Einkünfteallokation im

Zusammenhang mit iWGs anhand der

tatsächlich geleisteten Wertschöpfung

erfolgen muss.

Der finale Bericht des

überarbeiteten

Kapitels VI der

OECD-Verrechnungs-

preisrichtlinien wurde

am 16. September

2014 veröffentlicht.15

................................................................................................................................................................................

9. Verrechnungs-

preise: Risiken

und Kapital

Ziel dieser Maßnahme ist die Vermeidung

von BEPS durch die Übertragung von

Risiken bzw. Überschusskapital an die

Gruppenmitglieder. Dazu wird auf einen

Zusammenhang zwischen Substanz und

Gewinnverteilung abgestellt.

Erster Diskussions-

entwurf wird im

November 2014

erwartet. Endgültige

Ergebnisse werden

im September 2015

erwartet.15 ................................................................................................................................................................................

10. Verrechnungs-

preise: sonstige

Risikotrans-

aktionen

Es sollen Regelungen geschaffen

werden, um BEPS aufgrund von grenz-

überschreitenden Transaktionen, die

fremde Dritte nie oder selten eingehen

würden, zu vermeiden. Außerdem stehen

als typisch klassifizierte BEPS-Maßnahmen

zentrale Managementumlagen im Fokus.

Endgültige

Ergebnisse werden

im September 2015

erwartet.15

................................................................................................................................................................................

11. Methoden zur

Informations-

gewinnung und

-auswertung in

Bezug auf BEPS

Es sollen Maßnahmen zur Verbesserung

des Informationsflusses über Steuer-

risiken an Steuerverwaltungen und

Steuergesetzgeber sowie kooperative

Compliance-Programme zwischen

Steuerpflichtigen und Steuer-

verwaltungen geschaffen werden, damit

Finanzverwaltungen über aussage-

kräftige und zeitnahe Informationen

über Steuerplanungsstrategien

verfügen und somit Risikobereiche

leichter identifizieren können.

Stellungnahmen

sind bis zum

12. September 2014

an den Bundes-

verband der

Deutschen Industrie

(BDI) und bis zum

19. September 2014

an die OECD einzu-

senden. Endgültige

Ergebnisse werden

im September 2015

erwartet.15 ................................................................................................................................................................................

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 15

Stand und nächste Schritte der 15 Maßnahmen (Fortsetzung) ................................................................................................................................................................................

OECD-Maßnahmen Aktueller Stand Ausblick ................................................................................................................................................................................

12. Offenlegung

aggressiver

Steuerplanungs-

strategien

Ziel ist es, Steuerpflichtige zu verpflichten,

aggressive Steuerplanungsstrategien

offenzulegen. Dabei wird der Schwer-

punkt auf den länderübergreifenden

Informationsaustausch zwischen den

Finanzverwaltungen und die inter-

nationalen Steuerregularien gelegt.

Endgültige

Ergebnisse werden

im September 2015

erwartet.15

................................................................................................................................................................................

13. Überprüfung der

Verrechnungspreis-

dokumentation

Ziele dieser Maßnahme sind die Über-

arbeitung der vorhandenen Verrechnungs-

preisdokumentationsvorschriften und

insbesondere die Offenlegung weiterer

Informationen durch die Steuerpflichtigen.

Transparenz soll durch das Country-by-

Country-Reporting18 geschaffen werden,

in welchem weiterführende Informationen

über die gesamte Konzerngruppe dar-

gelegt werden sollen.

Endgültige

Ergebnisse werden

im September 2014

erwartet.15 Inwieweit

diese in die

deutschen Vor-

schriften

eingearbeitet

werden, bleibt offen.

................................................................................................................................................................................

14. Dispute Resolution Es sollen Maßnahmen geschaffen

werden, um Unstimmigkeiten bei Nicht-

vorhandensein der Möglichkeit von

Verständigungsverfahren zu regeln.

Endgültige

Ergebnisse werden

im September 2015

erwartet.15 ................................................................................................................................................................................

15. Schaffung eines

multilateralen

Instruments zur

Implementierung

der BEPS-Maß-

nahmen

Ziel der BEPS-Initiative ist es, die

weiteren 14 BEPS-Maßnahmen in der

lokalen Gesetzgebung umzusetzen.

Dafür soll durch Maßnahme 15 eruiert

werden, ob ein solches Instrument

geschaffen werden kann.

Endgültige

Ergebnisse werden

im September/

Dezember 2015

erwartet.15

Fazit

Die Implementierung aller BEPS-Maßnahmen wird den deutschen Steuer-

pflichtigen nicht unberührt lassen. Deshalb empfehlen wir frühzeitig die

Implementierung eines sogenannten Frühwarnsystems für BEPS-Maßnahmen.

Hiermit kann rechtzeitig identifiziert werden, inwieweit Ihr Unternehmen

auf die geplanten BEPS-Maßnahmen vorbereitet ist und welche Schritte Sie

gegebenenfalls noch unternehmen müssen. Gern unterstützt Sie PwC bei dieser

Risikoeinschätzung.

18 Siehe Kapitel A.4

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Schwerpunktthemen 2014

16 Transfer Pricing Perspective Deutschland

3 Die Anhörung der OECD zu Verrechnungspreisthemen im November 2013

Von Kati Fiehler und Dr. Thomas Bittner

Die OECD hat am 12. und 13. November 2013 eine Anhörung von

Vertretern von OECD, Unternehmen, Wissenschaft und weiteren

Nichtregierungsorganisationen zu aktuellen Verrechnungs-

preisthemen durchgeführt. Der Beitrag fasst die wesentlichen

Diskussionspunkte kurz zusammen. Ausführliche Informationen

zur OECD-Anhörung finden sich in den PwC „Tax Insights“ vom

15. November 2013.19

Teilnehmer der Anhörung waren neben nationalen Mitgliedern der

OECD Working Party 6 (Taxation of Multinational Enterprises) auch Unter-

nehmensvertreter, Wissenschaftler und Repräsentanten von Nichtregierungs-

organisationen. Ziel der Anhörung war es, einen Konsens vor allem zwischen

Steuerpflichtigen und den nationalen Finanzverwaltungen hinsichtlich der

aktuell überarbeiteten Verrechnungspreisrichtlinien zu erreichen.

Bei der Anhörung standen insbesondere die folgenden vier Themen

im Mittelpunkt:

● Implementierung des Country-by-Country-Reportings (CbCR)

● Weißbuch der OECD zur Verrechnungspreisdokumentation

● überarbeiteter Diskussionsentwurf zum Kapitel VI der OECD-

Verrechnungspreisrichtlinien

● Verrechnungspreisaspekte des BEPS-Aktionsplans

Implementierung des CbCR

Im Rahmen des CbCR sollen multinationale Konzerne eine Übersicht über ihr

Geschäft (z. B. Gewinn, Anzahl der Mitarbeiter) in den Ländern geben, in denen

sie tätig sind. Ziel des CbCR ist es, Finanzverwaltungen erste Indikatoren für

mögliche unzulässige Gewinnverlagerungen von multinationalen Konzernen an

die Hand zu geben. Die OECD hat am 13. Oktober 2013 ein erstes Memorandum

zum CbCR veröffentlicht, das sich mit der praktischen Erstellung eines CbCR

auseinandersetzt.

Im Verlauf der Anhörung wurde insbesondere thematisiert, wie der

Erstellungsaufwand für die Unternehmen minimiert werden kann. In Betracht

19 Siehe www.pwc.com/gx/en/tax/newsletters/pricing-knowledge-network/oecd-public-

consultation-transfer-pricing-matters.jhtml.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 17

gezogen wurde unter anderem, dass (1) nur bereits im Unternehmen verfügbare

Informationen dokumentiert werden müssen, (2) auf eine Überleitung der

länderspezifischen Daten im CbCR zu den nationalen Steuererklärungen

verzichtet werden kann und (3) das CbCR zentral von der Konzernmutter

für die Finanzverwaltung ihres Sitzlands erstellt und dann gegebenenfalls

den nationalen Finanzverwaltungen übermittelt wird. Keine Einigkeit konnte

darüber erzielt werden, ob das CbCR neben der Finanzverwaltung weiteren

Interessenten zugänglich gemacht werden soll und ob das CbCR parallel zur

bereits jetzt zu erstellenden Verrechnungspreisdokumentation oder erst auf

Anfrage der jeweiligen nationalen Steuerbehörde vorzulegen ist.

Weißbuch der OECD zur Verrechnungspreisdokumentation

Die OECD hat am 30. Juli 2013 ein Weißbuch zur Erstellung von Verrechnungs-

preisdokumentationen veröffentlicht. Grundsätzliches Ziel des Weißbuchs ist

die Überarbeitung des Kapitels V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zur

Dokumentation von Verrechnungspreisen, um einerseits den Dokumentations-

aufwand der Steuerpflichtigen zu vermindern und andererseits den

Informationsanforderungen der Finanzbehörden gerecht zu werden. Im Weiß-

buch wird ein auf dem Master-File-Konzept aufbauender Dokumentations-

ansatz vorgeschlagen und eine detaillierte Liste von Informationen vorgestellt,

die enthalten sein sollten. Hierzu zählt auch – in Anlehnung an den CbCR-

Ansatz – eine Übersicht über die globalen Aktivitäten des Steuerpflichtigen.

Hintergrund ist der BEPS-Aktionsplan der OECD, welcher in Maßnahme 13

das Ziel festschreibt, Vorschriften zu entwickeln, die die Verrechnungspreis-

dokumentationen hinsichtlich ihrer Transparenz und ihrer Verwertbarkeit

durch die Finanzbehörden verbessern.

In der Anhörung wurden insbesondere die umfangreichen Anforderungen des

globalen Master-File-Ansatzes aufgegriffen. Grundsätzliche Einigkeit bestand

darin, den Dokumentationsaufwand für unwesentliche Transaktionen zu

minimieren. Allerdings konnte die Frage, nach welchen Kriterien Trans-

aktionen als unwesentlich (z. B. Verrechnungspreisrisiko oder Transaktions-

volumen) klassifiziert werden sollen, nicht abschließend geklärt werden.

Kontrovers wurde auch das Thema Standardisierung diskutiert. Unter-

nehmensvertreter präferierten im Allgemeinen ein standardisiertes Master

File. Allerdings wurden auch Bedenken geäußert, dass ein standardisiertes

Master File einen Verlust an Flexibilität und hohe Informationsanforderungen

der nationalen Finanzbehörden an das Country File nach sich ziehen könnte.

Am 30. Januar 2014 hat die OECD den aktuellen Stand des Entwurfs für das

Kapitel V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien veröffentlicht.

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Schwerpunktthemen 2014

18 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Überarbeiteter Diskussionsentwurf zu Kapitel VI der OECD-

Richtlinien

Bereits 2010 hatte die OECD eine grundlegende Überarbeitung des Kapitels VI

der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zum Thema „Immaterielle Wirtschafts-

güter“ beschlossen. Im Juli 2013 hat die OECD einen zweiten Entwurf des

Kapitels VI vorgelegt, der in der Anhörung ausführlich diskutiert wurde.20

Wenngleich der zweite Entwurf gegenüber dem ersten stark überarbeitet

worden war, hat sich in der Anhörung noch Diskussionsbedarf bei einer Reihe

von zentralen Punkten gezeigt. Zu ihnen gehörte neben der grundlegenden

Definition von immateriellen Wirtschaftsgütern die höchst strittige Frage, wann

der Ertrag eines immateriellen Wirtschaftsguts nicht dem formell rechtlichen

Eigentümer zusteht, sondern der Gesellschaft, die Funktionen bei der

Schaffung des immateriellen Wirtschaftsguts ausübt. Weitgehende Einigkeit

bestand dagegen darin, dass Bewertungsverfahren grundsätzlich Anhaltspunkte

für die Bestimmung eines fremdüblichen Verrechnungspreises geben können,

aber ihre Darstellung in der überarbeiteten Fassung des Kapitels VI gekürzt

werden sollte. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit einer transparenten

Dokumentation der Bewertungsannahmen in der Praxis betont.

Verrechnungspreisaspekte des BEPS-Aktionsplans

In der OECD-Anhörung wurde die häufige Überschneidung des BEPS-Aktions-

plans mit kritischen Verrechnungspreisthemen betont. Zu ihnen zählen die

Bewertung von immateriellen Wirtschaftsgütern, die Umqualifizierung von

Transaktionen, die Überlegungen des BEPS-Aktionsplans zu Finanztrans-

aktionen und zunehmende Dokumentationsanforderungen. Vor diesem

Hintergrund wurde diskutiert, inwieweit der BEPS-Aktionsplan eine sub-

stanzielle Änderung der bestehenden Verrechnungspreisregeln nach sich zieht.

Angesichts des ambitionierten Zeitplans des BEPS-Projekts (Präsentation der

Ergebnisse bis September 2014 bzw. 2015) kann vermutet werden, dass die

Verrechnungspreisrichtlinien nicht mehr grundlegend überarbeitet, sondern

nur noch geringfügig angepasst werden.

Fazit

Die OECD-Anhörung vom 12. und 13. November hat deutliche Fortschritte bei

der aktuellen Überarbeitung der internationalen Verrechnungspreisrichtlinien

erkennen lassen. Sie hat aber auch gezeigt, dass in praktischen Details und zum

Teil auch fundamentalen Fragen (z. B. Zuordnung des Ertrags immaterieller

Wirtschaftsgüter) noch substanzielle Differenzen zwischen den Teilnehmern

der Anhörung bestehen. Insofern steht die OECD weiterhin vor der Heraus-

forderung, Verrechnungspreisrichtlinien zu entwickeln, die einen Konsens

20 Vgl. hierzu auch Artikel 1 im Kapitel A Schwerpunkte 2014.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 19

zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung (mit ihren eigenen

nationalen Interessen) darstellen. Angesichts des ambitionierten Zeitplans der

OECD auch im Rahmen ihres BEPS-Aktionsplans sind weitere Anhörungen

kurzfristig zu erwarten.

4 Verrechnungspreisdokumentation und Country-by-Country-Reporting

Von Dr. Thomas Bittner, Eva Greil und Nadja Kopfer

Die OECD hat am 30. Januar 2014 ein Diskussionspapier

(„Discussion Draft on Transfer Pricing Documentation and

CbC Reporting“) zur Erstellung von Verrechnungspreis-

dokumentationen veröffentlicht, das nach seiner Finalisierung

die aktuelle Fassung des Kapitels V der OECD-Verrechnungs-

preisrichtlinien ersetzen soll. Der Beitrag fasst die wesentlichen

Punkte des Diskussionsentwurfs zusammen.

Der Entwurf definiert vor dem Hintergrund der aktuellen BEPS-Diskussion

drei Ziele einer Verrechnungspreisdokumentation. Erstens sollen Finanz-

verwaltungen mit den Informationen versorgt werden, die für eine erste Ein-

schätzung des Verrechnungspreisrisikos bzw. Anpassungspotenzials notwendig

sind. Zweitens soll durch eine umgehende und aktuelle Verrechnungspreis-

dokumentation sichergestellt sein, dass der Steuerpflichtige sich umfassend

mit den Vorgaben bereits bei Festsetzung der Verrechnungspreise auseinander-

setzt. Drittens soll den lokalen Finanzverwaltungen ermöglicht werden, eine

detaillierte Überprüfung der Verrechnungspreise durchzuführen.

Die Ziele sollen durch den Master-File-Ansatz, das heißt ein gruppen-

einheitliches Master File, das durch ein länder- und gesellschaftsspezifisches

Country File ergänzt wird, erreicht werden. Gemäß dem aktuellen Entwurf soll

das Master File auch ein Country-by-Country-Reporting enthalten. Hier sollen

multinationale Konzerne in einer tabellarischen Übersicht pro Jahr und pro

Gesellschaft (bzw. Betriebsstätte) Informationen unter anderem über die

Anzahl der Mitarbeiter, die Gewinne, gezahlten Steuern und Lizenzen

geben. Darüber hinaus soll die Dokumentation jährlich zusammen mit der

entsprechenden Steuererklärung erstellt werden. Benchmarkingstudien sollen

nach drei Jahren vollständig erneuert werden, eine Aktualisierung der Finanz-

zahlen der Vergleichsunternehmen hat gemäß dem aktuellen Entwurf jährlich

zu erfolgen.

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Schwerpunktthemen 2014

20 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Fazit

Aus dem Entwurf geht eine klare Priorität der Informationsanforderungen der

nationalen Finanzverwaltungen hervor. Der Entwurf enthält eine Vielzahl von

Vorschriften, die für die Steuerpflichtigen einen deutlichen Mehraufwand bei

der Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation nach sich ziehen. Da

bereits für Mai 2014 die Überarbeitung des Kapitels V der OECD-Verrechnungs-

preisrichtlinien geplant und mit einer baldigen Übernahme in die nationalen

Verrechnungspreisregelungen zu rechnen ist, sind die Steuerpflichtigen

schon jetzt gut beraten, die Konsistenz ihrer Verrechnungspreissysteme bzw.

Dokumentationsansätze mit den geplanten Änderungen des Kapitels V der

OECD-Verrechnungspreisrichtlinien kritisch zu hinterfragen.

5 Update aus der Internationalen Steuerkonferenz der OECD zu BEPS

Von Kati Ebert und Ramona Siefert

Am 2. und 3. Juni 2014 fand in Washington, D.C., die diesjährige

Internationale Steuerkonferenz der OECD statt. Zu diesem

Anlass trafen sich Vertreter der OECD, der US-Steuerbehörde,

Vertreter anderer Steuerbehörden und Vertreter aus Wirtschaft

und Beratung, um unter anderem über die aktuellen BEPS-

Entwicklungen zu diskutieren. Grundsätzlich kann festgehalten

werden, dass das BEPS-Projekt planmäßig voranschreitet.

Das Committee on Fiscal Affairs der OECD wird den G20-Staaten im

September 2014 Entwürfe zu den sieben aktuell diskutierten Themen zur

Diskussion und finalen Freigabe vorlegen. Darunter befinden sich aus

Verrechnungspreissicht zwei besonders relevante Papiere: eins zur Behandlung

immaterieller Wirtschaftsgüter (Maßnahme 8) und das zweite zum Country-by-

Country-Reporting (CbCR, Maßnahme 13).

Die Inhalte des überarbeiteten OECD-Entwurfs vom 30. Juli 2013 zu im-

materiellen Wirtschaftsgütern haben sich im Vergleich zum vorangegangenen

Entwurf vom 6. Juni 2012 nicht wesentlich verändert. Weiterhin bleibt un-

geklärt, welches Gewicht dem rechtlichen Eigentümer im Vergleich zum wirt-

schaftlichen Eigentümer beigemessen werden soll (Abschnitt B der Entwürfe).

Die OECD bleibt bei der Argumentation, dass Standortvorteile sowie Vorteile

aus der bloßen Zugehörigkeit zu einem Konzern nicht zwingend in einen

Vergütungsanspruch münden.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 21

Hinsichtlich des CbCR werden zwei Alternativen diskutiert, wie das Master

File und das CbCR-Template den lokalen Finanzverwaltungen der Konzern-

gesellschaften zur Verfügung gestellt werden sollen: einerseits die Weitergabe

beider Dokumente durch das Unternehmen an die Finanzverwaltung im Land

der Muttergesellschaft sowie deren Weitergabe durch diese Finanzverwaltung

an die übrigen lokalen Finanzverwaltungen der Konzerngesellschaften und

andererseits die lokale Weitergabe beider Dokumente durch die lokalen

Konzerngesellschaften direkt an deren Finanzverwaltungen. Die

Entscheidungen in Bezug auf diese Fragestellungen wurden aufgrund ihrer

Wechselwirkungen mit anderen BEPS-Maßnahmen auf Januar 2015 vertagt.

Für Unternehmen empfiehlt es sich daher, die Entwicklungen auf Ebene

der OECD im Auge zu behalten und mögliche Auswirkungen der BEPS-Maß-

nahmen auf das eigene Unternehmen zu analysieren. Dies ist insbesondere

vor dem Hintergrund ratsam, dass es – abgesehen von der Überführung in

nationales Recht – vermutlich keine Übergangsperiode für die Anwendung der

finalen Leitlinien geben wird.

6 Navigation durch die BEPS-Landschaft

6.1 Maßnahme 1: Aufzeigen der Herausforderungen der digitalen Wirtschaft

Von Jörg Hanken, Holger Lorenzen und Nadja Kopfer

Der jetzt vorgelegte Bericht zur Maßnahme 1 des BEPS-Aktions-

plans21 befasst sich mit den Herausforderungen, die das Internet

und die dadurch möglich gewordenen neuen Geschäftsmodelle an

das Steuerrecht stellen, und stellt konkrete Maßnahmen vor.

Problemstellung

Aus historischer Sicht bleibt festzuhalten, dass die derzeitigen Regelungen

der Doppel-besteuerungsabkommen auf traditionelle Geschäftsmodelle

zugeschnitten sind und das Besteuerungsrecht in erster Linie mit einer

physischen Präsenz im jeweiligen Staat verbinden. Die neuen Geschäftsmodelle

der digital economy ermöglichen jedoch auf Basis des Internets erhebliche

wirtschaftliche Aktivitäten im jeweiligen Staat, ohne dass dort eine physische

21 OECD (2014): „Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy“,

OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,

http://dx.doi.org/10.1787/9789264218789-en. Im folgenden Artikel „Bericht“ genannt.

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Schwerpunktthemen 2014

22 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Präsenz erforderlich wird. Der Bericht spricht in diesem Zusammenhang von

fully dematerialised activities, das heißt von Aktivitäten ohne physische An-

knüpfungspunkte. Im Rahmen der BEPS-Initiative sollen daher ergänzende

Regelungen für die neue digital economy konzipiert werden, die eine

Besteuerung im jeweiligen Staat aufgrund einer significant digital presence

ermöglichen, selbst wenn kein physischer Anknüpfungspunkt besteht.

Typische Geschäftsmodelle der „digital economy“

Zur Illustration der oben beschriebenen Probleme führt der Bericht beispielhaft

vier typische Geschäftsmodelle an:22

Online Retailer

In diesem Geschäftsmodell erfolgen Bestellungen direkt auf der – aus Kunden-

sicht – im Ausland befindlichen Website. Die Lieferungen erfolgen direkt aus

dem Ausland an den Kunden. Im Kundenstaat selbst ist keine physische

Präsenz des Online Retailer erforderlich.

Internet Advertising

Hierunter fallen Suchmaschinenbetreiber, die aufgrund der Nutzerbasis und

der gesammelten Daten Werbebanner zielgenau platzieren können. Der Nutzer

greift direkt auf die im Ausland gehostete Website zu. Eine physische Präsenz

im Staat des Nutzers ist nicht erforderlich.

Cloud Computing

Hierunter fallen unter anderem die Anbieter von Onlinespielen. Auch hier

greifen die Nutzer direkt auf die – aus Nutzersicht – im Ausland belegene

Website des Anbieters zu. Aufgrund mangelnder physischer Präsenz im An-

sässigkeitsstaat des Nutzers besteht in diesem Staat kein Anknüpfungspunkt

zur Besteuerung der mit dem Nutzer erzielten Umsätze.

Internet App Stores

In App Stores kaufen Nutzer von Smartphones Apps ein. Die Käufe erfolgen

direkt über das Smartphone, eine physische Präsenz im Kundenstaat ist, wie

in den anderen oben genannten Geschäftsmodellen, nicht erforderlich.

Wird in den obigen Geschäftsmodellen der digital economy doch eine

physische Präsenz im Land des Kunden bzw. Nutzers unterhalten, so werden

die dort erbrachten Aktivitäten in der Regel nicht als Verkaufsaktivitäten,

sondern als unterstützende Dienstleistungen qualifiziert und mit einer

Routinevergütung abgegolten.

22 Vgl. Annex B des Berichts: „Typical Tax Planning Structures in Integrated Business

Models”.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 23

Ergänzend bleibt anzumerken, dass nach den im Bericht genannten

Erfahrungen der Finanzverwaltungen in diesen Modellen das wesentliche

immaterielle Wirtschaftsgut oftmals zentral in Niedrigsteuerländern gehalten

wird. Die Weiterentwicklung von Software und Geschäftsmodell ist nicht selten

als Auftragsforschung gestaltet, sodass auch hierfür das Eigentum im Niedrig-

steuerland liegt.

Gemeinsam ist allen oben genannten Modellen, dass dem Land des Verkaufs-

erfolgs, das heißt dem Land des Kunden bzw. Nutzers, nach den derzeitigen

Regelungen keine physischen Verkaufsaktivitäten zugeordnet werden können,

obwohl der Kunde bzw. Nutzer sich physisch in seinem Heimatland aufhält,

wenn er den Kauf im Internet tätigt bzw. dem Unternehmen seine Daten zur

Verfügung stellt. Damit hat das Land des Kunden bzw. Nutzers nach den der-

zeitigen steuerlichen Regelungen kein Besteuerungsrecht.

Mögliche Optionen zur Einbindung der „digital economy“ im

Rahmen der BEPS-Initiative

Der Bericht nennt folgende noch zu evaluierende Optionen:23

Änderung der Ausnahmeregelungen in der Betriebsstättendefinition

In Art. 5 Abs. 4 des OECD-Musterabkommens sind Vorbereitungs- und Hilfs-

aktivitäten angeführt, deren Ausübung nicht zur Begründung einer Betriebs-

stätte führt. Im Hinblick auf die neuen Geschäftsmodelle der digital economy

können diese Aktivitäten jedoch Kernaktivitäten mit wesentlichem Wert-

schöpfungsbeitrag darstellen. Daher könnten die genannten Ausnahme-

regelungen modifiziert oder gegebenenfalls ganz gestrichen werden.

Betriebsstättenbegründung aufgrund einer significant

digital presence

Eine significant digital presence kann in einem Land zum Beispiel durch

wesentliche Verkaufsabschlüsse oder Datensammlung begründet werden.

Eine entsprechende Erweiterung der Betriebsstättendefinition könnte diese

significant digital presence definieren und einbeziehen.

Im Diskussionsentwurf vom März 2014 wurden hier noch konkret die An-

knüpfung an eine Website auf einem Server (virtual fixed place of business

PE), an den Abschluss von Verträgen mit Kunden im jeweiligen Land durch

technische Mittel und nicht durch eine Person (virtual agency PE) sowie an die

Erbringung von On-Site-Services oder anderen Schnittstellen zu den Kunden

23 Vgl. Tz. 8.2.1, S. 143 ff. des Berichts.

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Schwerpunktthemen 2014

24 Transfer Pricing Perspective Deutschland

(on-site business presence PE) aufgeführt.24 Eine ähnliche Konkretisierung

fehlt im jetzt vorgelegten Bericht.

Einführung einer Quellensteuer für digitale Transaktionen

Eine Quellensteuer auf digitale Transaktionen würde an Zahlungen anknüpfen,

die für digitale Lieferungen und Leistungen an Kunden bzw. Nutzer im je-

weiligen Staat geleistet werden. Die Quellensteuer könnte direkt bei Zahlung

von den Banken einbehalten und abgeführt werden.25 Angedacht ist auch die

Einführung einer Bit-Steuer (bandwith oder „bit“ tax), die an das Datenüber-

tragungsvolumen anknüpft.26

Erhebung einer Verbrauchsteuer bei geringwertigen Importen

Im Bereich der Verbrauch- und Umsatzsteuern könnten die Freigrenzen für

Warenlieferungen gesenkt werden.27

Ausblick

Die BEPS-Initiative hat die Zielsetzung, nicht besteuerte weiße („staatenlose“)

Einkünfte aufzugreifen und damit zu verhindern, dass das zu versteuernde

Einkommen multinationaler Unternehmen künstlich von den wertschöpfenden

Aktivitäten separiert wird.28 In diesem Sinne wird sich die Arbeitsgruppe zur

digital economy eng mit den anderen Arbeitsgruppen abstimmen und parallel

mit diesen an Lösungen arbeiten.

Sofern die speziellen Probleme der digital economy bereits durch Ergebnisse

der anderen Arbeitsgruppen der BEPS-Initiative gelöst werden können, werden

die für die digital economy zusätzlich erforderlichen Maßnahmen begrenzt

werden können.29

Der jetzt vorgelegte Bericht stellt insofern lediglich mögliche Optionen zur

Einbindung der digital economy vor, ohne sich bereits festzulegen. Es bleibt

abzuwarten, welche Optionen im weiteren Verlauf der Initiative verwirklicht

werden.

24 Vgl. Tz. 3.3, OECD/G20: Public Discussion Draft „BEPS Action 1: Address the Tax

Challenges of the Digital Economy“, März/April 2014. 25 Vgl. Tz. 8.2.1.4, S. 146 des Berichts: „Creation of a withholding tax on digital

transactions“. 26 Vgl. Tz. 8.2.1.5, S. 146 des Berichts: „Introduction of a bandwidth or ‚Bit‘ tax“. 27 Vgl. Tz. 8.2.2, S. 147 des Berichts: „Consumption tax options“. 28 Vgl. Tz. 8.4, S. 151 des Berichts: „[...] to tackle stateless income and address

practices that artificially segregate taxable income from the activities that generate it.“ 29 Vgl. Conclusion, Next Steps, S. 159 des Berichts.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 25

6.2 Maßnahme 2: Empfehlungen der OECD zu hybriden Gestaltungen im Rahmen der BEPS-Initiative

Von Dr. Jörg Hülshorst und Tanja Koch

Hybride Gestaltungen werden bei grenzüberschreitenden

Transaktionen regelmäßig als Mittel der Konzernsteuerplanung

eingesetzt. Treiber dieser Entwicklungen sind international

nicht abgestimmte Steuersysteme. Im Bericht zur Maßnahme 230

hat die OECD im Rahmen der BEPS-Initiative eine Reihe von

Empfehlungen formuliert, die das Ziel haben, schädlichen

Gestaltungsmöglichkeiten entgegenzuwirken.

Steuerliche Problematik von hybriden Gestaltungen im Sinne

von BEPS

Hybride Gestaltungen werden definiert als solche grenzüberschreitenden

Sachverhalte, die eine unterschiedliche steuerliche Behandlung desselben

Sachverhalts in zwei oder mehr beteiligten Ländern so ausnutzen, dass die

steuerliche Bemessungsgrundlage aus Sicht der beteiligten Gesellschaften

insgesamt reduziert wird. Die steuerlichen Auswirkungen („hybride

Diskrepanzen“) sehen dabei grundsätzlich folgendermaßen aus:

● Ein bestimmter Aufwand (oft Zinsen) kann in einem Land steuerlich ab-

gezogen werden, ohne dass eine korrespondierende Versteuerung des

Ertrags im anderen Land stattfindet (deduction/no inclusion bzw. D/NI)

oder

● ein bestimmter Aufwand ist in zwei Ländern steuerlich abzugsfähig (double

deduction bzw. DD), ohne dass dem eine doppelte Besteuerung von Erträgen

gegenübersteht.

Der Anwendungsbereich des Aktionsplans ist begrenzt auf Gestaltungen inner-

halb eines Konzerns, das heißt zwischen verbundenen Unternehmen, und auf

Gestaltungen, die auf eine bestimmte Weise strukturiert und bepreist wurden,

um steuerliche Vorteile durch hybride Diskrepanzen zu erzielen. Nicht umfasst

sind dagegen steuerliche Unterschiede in den betroffenen Ländern einzig in

Bezug auf den Zeitpunkt der Besteuerung oder Unterschiede durch die

Bewertung der Transaktion (z. B. durch den Ansatz unterschiedlicher

Wechselkurse).

30 OECD (2014): „Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements“,

OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,

http://dx.doi.org/10.1787/9789264218819-en. Im folgenden Artikel „Bericht“ genannt.

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Schwerpunktthemen 2014

26 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Beispiele für hybride Gestaltungen und hybride Diskrepanzen

Im Aktionsplan werden einige Beispiele für hybride Gestaltungen genannt,

darunter:

1. hybride Finanzinstrumente: diese können D/NI-Ergebnisse zur Folge haben,

wenn das Instrument in einem Land als Eigenkapital, im anderen Land als

Fremdkapital betrachtet wird;

2. besicherte Kauf- und Rückkaufgeschäfte (collateralised loan repos), welche

ebenfalls D/NI-Ergebnisse ermöglichen;

3. (reverse) hybride Gesellschaften: dies sind Gesellschaften, welche aus Sicht

eines Landes steuerlich transparent sind (d. h., die Transaktionen sind

unbeachtlich), während sie aus Sicht eines anderen Landes steuerlich

intransparent sind, wodurch sich meist D/NI-Ergebnisse ergeben;

4. doppelte steuerliche Ansässigkeit oder Konsolidierung einer Gesellschaft

in zwei Ländern, wodurch meist DD-Ergebnisse erzielt werden.

Empfehlungen für Gesetzesvorschriften der einzelnen Länder

Grundsätzlich lautet die Empfehlung der OECD zur Vermeidung von D/NI-

Ergebnissen, den steuerlichen Abzug von Aufwand in dem Land zu versagen, in

dem die zahlende Gesellschaft ansässig ist, falls die Transaktion im Empfänger-

land nicht besteuert wird. Nur wenn – entgegen der Empfehlung der OECD –

das Land, in dem die zahlende Gesellschaft ansässig ist, den steuerlichen Abzug

doch nicht versagt, sollte als Abwehrmaßnahme das Empfängerland die Ein-

künfte besteuern dürfen, um insoweit wieder sicherzustellen, dass es zu keinem

D/NI-Ergebnis kommt.

Im Fall von DD-Ergebnissen soll bei hybriden Gesellschaften der Abzug bei der

Muttergesellschaft versagt bleiben. Bei doppelt ansässigen Gesellschaften soll

grundsätzlich jedes Land den Abzug versagen, es sei denn, dass der doppelte

Abzug von Aufwand durch die doppelte Besteuerung von Erträgen kompensiert

wird.

Sonstige Empfehlungen

Andere Empfehlungen betreffen die Aufnahme von Regelungen zu

steuerlich transparenten Gesellschaften (in Deutschland vor allem Personen-

gesellschaften) in das OECD-Musterabkommen mit dem Ziel der Vermeidung

doppelter Nichtbesteuerung.

Fazit

Hybride Gestaltungen sind oft relativ komplex und erfordern eine gezielte

Planung, Implementierung und/oder Dokumentation, um aus Konzernsicht

steuerliche Vorteile realisieren zu können. Die Empfehlungen der OECD zur

Maßnahme 2 des BEPS-Aktionsplans greifen hybride Strukturen nicht im Kern

an, etwa indem sie international einheitliche steuerliche Beurteilungen von

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 27

bestimmten Instrumenten oder Gesellschaften empfehlen. Stattdessen greifen

die Empfehlungen der OECD an der schädlichen Auswirkung der Reduzierung

der Steuerbasis an, indem sie die steuerliche Behandlung in einem Land

faktisch von der Behandlung in einem anderen Land abhängig machen. Dies

würde die ohnehin oft hohe Komplexität solcher Strukturen in Zukunft aus

steuerlicher Sicht weiter erhöhen, aber auch – eine konsistente Umsetzung

der Länder vorausgesetzt – die steuerlichen Vorteile, wie von der OECD

beabsichtigt, neutralisieren.

Auch wenn der Zeitrahmen, in dem die Empfehlungen der OECD von den

Ländern praktisch umgesetzt werden könnten, nur schwer abzuschätzen ist,

wäre es nicht überraschend, wenn solche Strukturen bereits in naher Zukunft

an steuerlicher Attraktivität einbüßen würden. Dies liegt zum einen am zu

erwartenden zusätzlichen Planungs-, Dokumentations- und Verwaltungs-

aufwand, zum anderen an der Stigmatisierung dieser Strukturen durch die

OECD. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Deutschland bereits

unilateral gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen hat. Hervorzuheben ist hier-

bei das auf Hybridfinanzierungen abzielende Korrespondenzprinzip im Sinne

des § 8b Abs. 1 Satz 2 ff. KStG. Danach werden Gewinnausschüttungen grund-

sätzlich nur dann zu effektiv 95 Prozent freigestellt, wenn es nicht zu einer

Einkommensminderung auf Ebene der leistenden Gesellschaft gekommen ist.

6.3 Maßnahme 5: effektivere Bekämpfung von schädlichem Steuerwettbewerb

Von Martin Renz und Daniela Kiel-Hammer

Während sich der Großteil der anderen Maßnahmen des BEPS-

Aktionsplans mit dem Verhalten des Steuerpflichtigen beschäftigt,

widmet sich die Maßnahme 5 denjenigen Staaten, die Steueranreize

setzen, um als Standort für Unternehmen attraktiv zu sein.

In dem am 16. September 2014 veröffentlichten Zwischenbericht legt die OECD

die ersten Ergebnisse ihrer fortdauernden Prüfung steuerlicher Anreizsysteme

von OECD-Mitgliedsstaaten dar.31 Für die aus Verrechnungspreissicht

interessanteren Regime steht die abschließende Beurteilung noch aus.

31 Vgl. OECD (2014): „Countering Harmful Tax Practices More Effectively, Taking into

Account Transparency and Substance“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting

Project, OECD Publishing, http://dx.doi.org/10.1787/9789264218970-en. Im folgenden

Artikel „Zwischenbericht“ genannt.

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Schwerpunktthemen 2014

28 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Dazu zählen neben steuerlichen Sonderregelungen für die Verwertung von

immateriellen Rechten (IP-Regimen)32 wie zum Beispiel in den Niederlanden

und im Vereinigten Königreich33 auch die kantonale Besteuerung von Holding-,

Verwaltungs- und gemischten Gesellschaften in der Schweiz oder die

schweizerische Kommissionärsstruktur.

Der Zwischenbericht hebt die aus Sicht der OECD wichtigsten Elemente

zur Eindämmung des schädlichen Steuerwettbewerbs hervor. Dazu gehören

einerseits eine Zunahme an Transparenz durch einen schnelleren und

verpflichtenden (und damit auch stärker automatisierten) Informationsaus-

tausch zwischen den Staaten und andererseits die Prüfung, ob Steueranreiz-

systeme aus Sicht der OECD als schädlich zu qualifizieren sind. Letzteres soll

daran gemessen werden, ob im jeweiligen Staat eine ausreichend substanzielle

Aktivität (substantial activity) vorliegt. Im Fall der IP-Regime ist der so-

genannte nexus approach im Gespräch. Danach würde der Nachweis der wirt-

schaftlichen Aktivität auf mathematischem Wege anhand der Betriebsausgaben

für tatsächliche Forschungs- und Entwicklungstätigkeit geführt werden.

Im weiteren Verlauf der BEPS-Initiative sollen ferner Steuerpraktiken von

Nicht-OECD-Mitgliedsstaaten überprüft, die Kriterien für schädlichen

Steuerwettbewerb gemeinsam fortentwickelt und der Rahmen für einen

verpflichtenden spontanen Informationsaustausch34 zu verbindlichen Aus-

künften (rulings) geschaffen werden.

Fazit

Die Bemühungen, den Ursachen des schädlichen Steuerwettbewerbs auf den

Grund zu gehen und Gegenmaßnahmen herauszuarbeiten, sind nicht neu.

Neu ist jedoch das international koordinierte Vorgehen unter Einbeziehung

der G20-Staaten.

Mit dem veröffentlichten Zwischenbericht liefert die OECD grundsätzlich noch

keine konkreten Ergebnisse, welche steuerlichen Anreizsysteme als schädlich

32 IP-Regime sind Vorzugsbesteuerungsregelungen von Lizenzeinkünften. Die Aus-

gestaltung ist je nach Land unterschiedlich. Unterschiede bestehen insbesondere hin-

sichtlich des Umfangs der qualifizierten Lizenzeinkünfte sowie der Einbeziehung von

Betriebsausgaben und von historischen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen. 33 Hinsichtlich der in Prüfung befindlichen IP-Regime ist anzumerken, dass bei diesen

noch die Frage zu klären ist, inwieweit die zu gewährenden Vorteile an eine wirt-

schaftliche Tätigkeit geknüpft sein müssen. Vgl. hierzu Tabelle 5.2 „Intangibles

regimes“ des Zwischenberichts. 34 Im Annex A zum Zwischenbericht befindet sich ein Ablaufdiagramm zum spontanen

Informationsaustausch.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 29

angesehen werden. Daher sollten Unternehmen die weitere Diskussion genau

verfolgen, um sich möglichst zeitnah mit den Konsequenzen auseinandersetzen

zu können, sofern eine der betreffenden Strukturen als schädliches Steuer-

anreizsystem erachtet wird.

Die Weiterentwicklung des Informationsaustauschs zwischen den Finanz-

verwaltungen dürfte aus Sicht der OECD-Mitgliedsstaaten zwar zu einem

höheren bürokratischen Aufwand führen, aber die Möglichkeiten, als miss-

bräuchlich zu qualifizierende Steuerstrukturen zu bekämpfen, entsprechend

erhöhen. Aus Sicht der Unternehmen ist vor diesem Hintergrund mit zu-

nehmenden Diskussionen mit der Finanzverwaltung zu rechnen.

6.4 Maßnahme 6: Verhinderung von Abkommensmissbrauch

Von Kerstin Holst

Der Bericht35 enthält einzelne Elemente, mit denen der miss-

bräuchlichen Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungs-

abkommen (DBAs), vornehmlich durch „treaty shopping“,

entgegengewirkt werden soll: die Erweiterung des Titels und

der Präambel von DBAs dahin gehend, dass durch die DBAs nicht

die Möglichkeit doppelter Nichtbesteuerung von Einkünften

geschaffen werden soll, Empfehlungen für bestimmte Regelungen

im OECD-Musterabkommen (OECD-MA) sowie steuerpolitische

Überlegungen vor Aufnahme von DBA-Verhandlungen.

Grundzüge zur Vermeidung von Abkommensmissbrauch

Als Kernelemente empfiehlt der Bericht die Aufnahme einer Limitation-on-

Benefits-Klausel (LoB-Klausel; Gewährung von Abkommensvergünstigungen

nur beim Vorliegen weiterer Voraussetzungen) und die Aufnahme einer all-

gemeinen Antimissbrauchsklausel (principle purpose test – PPT; Versagung

von Abkommensvergünstigungen, wenn vornehmlicher Zweck einer Gestaltung

das Erlangen dieser Vergünstigungen ist). Die Kombination von LoB-Klausel

und PPT wird nicht in allen Ländern umsetzbar sein, weshalb den Ländern eine

gewisse Flexibilität bei der Ausgestaltung der Regelungen ermöglicht werden

soll. Als Mindeststandard soll neben der Ergänzung in der Präambel wahlweise

35 OECD (2014): „Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate

Circumstances“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD

Publishing, http://dx.doi.org/10.1787/9789264219120-en.

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Schwerpunktthemen 2014

30 Transfer Pricing Perspective Deutschland

eine Kombination aus LoB-Klausel und PPT oder nur die (für bestimmte

Gestaltungen ergänzte) LoB-Klausel oder nur der PPT umgesetzt werden.

Andere Empfehlungen, wie zum Beispiel Modifikationen an den einzelnen

Verteilungsnormen des OECD-MA (Quellensteuerreduktion bei Schachtel-

dividenden, tiebreaker rule), wirken ergänzend zur Vermeidung von Ab-

kommensmissbrauch.

Weitere Arbeiten sind notwendig

Die vorgeschlagenen Formulierungen sind derzeit nur als Entwurf zu verstehen.

Anpassungsbedarf wird sowohl bezüglich der LoB-Klausel als auch bezüglich

der Abkommensberechtigung von bestimmten Investmentvehikeln (collective

investment vehicles – CIVs – und non-CIV funds) gesehen. Weitere An-

passungen werden aufgrund der Arbeiten zu anderen Maßnahmen des Aktions-

plans notwendig sein. Bis September 2015 sollen endgültige Ergebnisse

vorliegen.

6.5 Maßnahme 8: Richtlinien zu Verrechnungspreis-aspekten immaterieller Wirtschaftsgüter

Von Dr. Roman Dawid, Madlen Haupt und Dr. Isabel Ruhmer-Krell

Mit dem am 16. September 2014 veröffentlichten Papier zu

Verrechnungspreisaspekten immaterieller Wirtschaftsgüter36

hat die OECD das Arbeitsergebnis für die Maßnahme 8 des BEPS-

Aktionsplans vorgelegt. Gegenüber dem vorherigen Entwurf37

gibt es einige Änderungen. Das Papier bestätigt, dass für die

Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern

nicht das rechtliche Eigentum allein, sondern vor allem die Wert-

schöpfungsbeiträge der relevanten Funktionen entscheidend sind.

Aufgrund von Wechselwirkungen mit einigen erst im Jahr 2015

erwarteten BEPS-Arbeitsergebnissen sind Teile des überarbeiteten

Kapitels VI der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien ebenso wie

einzelne Ergänzungen in Kapitel II als vorläufig zu betrachten.

36 OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,

OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,

http://dx.doi.org/10.1787/9789264219212-en. Das Papier sieht Anpassungen zu

den Kapiteln I, II und VI der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale

Unternehmen und Steuerverwaltungen vom 22.07.2010 (OECD-Richtlinien) vor. 37 OECD (30 July 2013): „Public Consultation“, Revised Discussion Draft on Transfer

Pricing Aspects of Intangibles, www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/revised-discussion-

draft-intangibles.pdf.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 31

Überarbeitete Richtlinien bestätigen Definition und Abgrenzung

des Begriffs „immaterielles Wirtschaftsgut“

Definition von immateriellen Wirtschaftsgütern

Bezüglich des Begriffs „immaterielles Wirtschaftsgut“ hält die OECD an dem

bereits im Jahr 2013 vorgeschlagenen Ansatz fest. So sind formalrechtliche

oder buchhalterische Definitionen aus Verrechnungspreissicht nicht von

entscheidender Bedeutung. Ein immaterielles Wirtschaftsgut liegt vor, wenn

etwas Werthaltiges existiert, das kein materielles oder rein finanzielles Wirt-

schaftsgut ist und für kommerzielle Zwecke als Eigentum betrachtet und

„kontrolliert“ werden kann. Darüber hinaus sollten fremde Dritte unter

vergleichbaren Umständen bereit sein, für die Übertragung oder Nutzung eines

solchen Gegenstands eine Vergütung zu zahlen.

Standortvorteile, Synergien oder Mitarbeiter fallen nicht unter

diese Definition, sind aber bei der Verrechnungspreisanalyse zu

berücksichtigen

Die OECD stellt klar, dass Faktoren wie Standortvorteile (z. B. aufgrund

geringerer Lohnfertigungskosten), qualifizierte Mitarbeiter oder Synergie-

effekte keine eigenständigen immateriellen Wirtschaftsgüter darstellen, da

diese regelmäßig nicht der Kontrolle des Steuerpflichtigen unterliegen. Statt-

dessen sind diese als Vergleichsfaktoren zu betrachten und die entstehenden

Vorteile wie zwischen fremden Dritten bei der Verrechnungspreisgestaltung zu

berücksichtigen.

Bei Standortvorteilen sollte eine fremdübliche Zuordnung möglichst durch die

Verwendung lokaler Vergleichsdaten sichergestellt werden.

Beim Übergang einer Gruppe von qualifizierten Mitarbeitern wird beispiels-

weise lediglich anerkannt, dass diese bei der Vergleichbarkeitsanalyse

möglicherweise zu berücksichtigen sind. So kann bei der Ermittlung des Kauf-

preises für ein immaterielles Wirtschaftsgut unter Umständen der Übergang

von Mitarbeitern zu berücksichtigen sein (z. B. um Kostenersparnisse bei der

Personalbeschaffung zu reflektieren).

Bei Vorteilen aus Synergieeffekten wie beispielsweise einem verbesserten

Kreditrating oder integrierten Computer- oder Kommunikationssystemen ist

eine Vergütung an andere Konzerngesellschaften lediglich dann anzunehmen,

wenn diese Vorteile nicht nur Ergebnis der Konzernzugehörigkeit sind, sondern

aufgrund einer zielgerichteten abgestimmten Aktion (deliberate concerted

action) entstehen. Ein Beispiel für eine solche bewusste konzertierte Aktion

ist die Zentralisierung des Rohstoffeinkaufs in einer Konzerngesellschaft, wo-

durch Mengen- und Preiseinsparungen realisiert werden. Die OECD hat auch

exemplarisch dargestellt, wie die Leistungen einer solchen zentralen Einkaufs-

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Schwerpunktthemen 2014

32 Transfer Pricing Perspective Deutschland

abteilung und die Aufteilung der erzielten Vorteile zu beurteilen sind. Weiterhin

stellt die OECD klar, dass im Zusammenhang mit Finanzierungsgeschäften

mit fremden Dritten gezahlte Avalprovisionen im Konzern nur bei Vorlage

expliziter Garantien durch andere Konzerngesellschaften als fremdüblich zu

bewerten sind. Demnach rechtfertigt eine rein beiläufige Begünstigung durch

verbesserte Kreditkonditionen beispielsweise aufgrund der besseren Kredit-

würdigkeit der Konzernmutter nicht die Zahlung einer Vergütung, da eben

keine zielgerichtete abgestimmte Aktion vorliegt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die überarbeiteten Richtlinien eine

Definition immaterieller Wirtschaftsgüter enthalten, deren Anwendung in

der Praxis nicht immer eindeutig sein wird. Des Weiteren wird die Prüfung

der Verrechnungspreisimplikationen eines identifizierten immateriellen

Wirtschaftsguts in der Praxis schwierig und von subjektiven Einschätzungen

geprägt sein.

Überarbeitete Richtlinien zur Anwendung abweichender

Verrechnungspreismethoden38 noch ausstehend, Anwendung

von Daumenregeln weitestgehend abgelehnt

Das überarbeitete Papier weist darauf hin, dass die in Kapitel II enthaltenen

Richtlinien zur Anwendung alternativer Ansätze zur Bestimmung an-

gemessener Verrechnungspreise in Abweichung von den fünf von der OECD

anerkannten Methoden (Preisvergleichsmethode, Wiederverkaufspreis-

methode, Kostenaufschlagsmethode, transaktionsbezogene Nettomargen-

methode und transaktionsbezogene Gewinnaufteilungsmethode) erst im Laufe

des Jahres 2015 aktualisiert werden. Die Neufassung wird voraussichtlich

notwendige Anmerkungen zu den Ergebnissen aufnehmen, die aus den

weiteren Arbeiten zur BEPS-Initiative hinsichtlich der Entwicklung von

besonderen Verrechnungspreismethoden, der Verwendung von Bewertungs-

techniken sowie der Entwicklung „spezieller Maßnahmen“ für schwer

bewertbare immaterielle Wirtschaftsgüter resultieren.

Schon jetzt zeigt sich die OECD skeptisch hinsichtlich der Anwendung

sogenannter Daumenregeln, da diese keinen adäquaten Ersatz für eine voll-

ständige Funktions- und Vergleichbarkeitsanalyse darstellen. Entsprechend ist

davon auszugehen, dass zumindest unter Beachtung der OECD-Richtlinien bei

Transaktionen mit immateriellen Wirtschaftsgütern zukünftig ein alleiniger

38 In § 2.9 der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien werden Methoden zur Bestimmung

angemessener Verrechnungspreise, die nicht im Rahmen der fünf Standardmethoden

in den Richtlinien beschrieben werden, als other methods bezeichnet.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 33

Verweis auf die sogenannte Knoppe-Formel39 nicht als Angemessenheits-

nachweis genügen wird.

Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern

künftig vorrangig aufgrund der für die Wertschöpfung relevanten

Funktionen

Rechtliches Eigentum allein begründet nicht die Zuordnung

von Erträgen

Bezüglich der steuerlichen Zuordnung von Erträgen immaterieller Wirtschafts-

güter stellt die OECD fest, dass für die praktischen Anwender einige besondere

Herausforderungen bestehen. Diese umfassen unter anderem die Ermittlung

von Vergleichswerten, die Identifizierung von damit zusammenhängenden

Erträgen sowie die zeitliche Differenz zwischen der Schaffung eines im-

materiellen Wirtschaftsguts und der Realisation damit zusammenhängender

Erträge. Die überarbeiteten Richtlinien heben in diesem Zusammenhang

Strukturen hervor, bei denen das rechtliche Eigentum, die Übernahme von

Risiken und Investitionen sowie die Ausübung wichtiger werttreibender

Funktionen auf verschiedene Gesellschaften verteilt sind und die reine

Orientierung am rechtlichen Eigentum zur unsachgemäßen Verlagerung

von Steuersubstrat führen kann.

Obwohl das rechtliche Eigentum und die vertraglichen Vereinbarungen weiter-

hin als Ausgangspunkt für die Verrechnungspreisanalyse betrachtet werden, ist

die Ausübung der relevanten Funktionen im Zusammenhang mit immateriellen

Wirtschaftsgütern für die Allokation von Erträgen maßgeblich. Die OECD

macht deutlich, dass rechtliches Eigentum allein nicht notwendigerweise einen

Anspruch auf die Zuordnung von Erträgen aus der Nutzung von Markenrechten

oder Patenten rechtfertigt. Stattdessen können die dem rechtlichen Eigentümer

zuzuordnenden Erträge nach der angemessenen Vergütung anderer Konzern-

gesellschaften für deren funktionalen Beitrag zur Entwicklung bzw. Nutzung

eines immateriellen Wirtschaftsguts positiv, null oder sogar negativ sein.

Darüber hinaus ist der Residualgewinn nicht notwendigerweise ausschließlich

dem rechtlichen Eigentümer zuzuordnen. Auch die reine Finanzierung der

Entwicklung und Nutzung immaterieller Wirtschaftsgüter ohne aktive

funktionale Beteiligung wird zukünftig nicht hinreichend für die Zuordnung des

39 Die sog. Knoppe-Formel besagt, dass ein Lizenzgeber für sämtliche zur Herstellung

eines Produkts überlassenen immateriellen Wirtschaftsgüter einen Anteil von maximal

25 bis 33,3 Prozent des kalkulierten Gewinns aus diesem Produkt erhalten soll.

Folglich verbleiben dem Lizenznehmer rund 66,7 bis 75 Prozent der Gewinne aus

den Produkten, die er auf Basis der überlassenen immateriellen Wirtschaftsgüter

herstellt und/oder vertreibt. Vgl. Engler in Vögele: „Verrechnungspreise“, Kapitel N:

Immaterielle Wirtschaftsgüter, Rn. 526, 3. Auflage 2011.

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Schwerpunktthemen 2014

34 Transfer Pricing Perspective Deutschland

aus dem betreffenden immateriellen Wirtschaftsgut resultierenden Residual-

gewinns sein. Stattdessen rechtfertigt die reine Finanzierungsfunktion in der

Regel lediglich eine fremdübliche risikoadäquate Verzinsung des eingesetzten

Kapitals.

Die Definition der potenziell relevanten Funktionen für die Wertschöpfung

immaterieller Wirtschaftsgüter ist im Vergleich zum Entwurf der OECD aus

dem Jahr 2013 leicht erweitert worden. Nunmehr sind auch Funktionen, die

im Zusammenhang mit der kommerziellen Nutzung (exploitation) eines im-

materiellen Wirtschaftsguts stehen, als wesentlich für die Verrechnungspreis-

analyse anzusehen. Besonders wichtige Funktionen mit wesentlicher Bedeutung

für die Verrechnungspreisanalyse sind zum Beispiel das Design von

Forschungs- und Marketingprogrammen, die Kontrolle von Budgets sowie

strategische Entscheidungen im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem

Schutz eines immateriellen Wirtschaftsguts. Sofern Funktionen an andere

Konzerngesellschaften ausgelagert werden (z. B. im Rahmen eines Dienst-

leistungsvertrags), ist aus Verrechnungspreissicht zu prüfen, inwieweit

Kontrollfunktionen und -kapazitäten bei der auslagernden Gesellschaft

verbleiben und vergütet werden müssen.

Bestimmte IP-Strukturen/-Situationen werden im neuen Kapitel VI

direkt angesprochen

Die OECD hat die bereits im vorherigen Entwurf diskutierten Beispieltrans-

aktionen nochmals erweitert. Die überarbeitete Sammlung umfasst nun unter

anderem:

● Patentverwaltungsdienstleistungen (patent administration service

contracts)

● Finanzierung von Forschung und Entwicklung und Übernahme des

damit verbundenen Finanzierungsrisikos ohne aktive Beteiligung an

der Forschungstätigkeit

● Vertriebsgesellschaften mit wesentlichen Beiträgen zum Aufbau von

marketingbezogenen immateriellen Wirtschaftsgütern (marketing

intangibles)

● Allokation der Erträge aus immateriellen Wirtschaftsgütern, die im

Rahmen von Auftragsforschungsverhältnissen entwickelt wurden

● Übertragung von immateriellen Wirtschaftsgütern im Zuge von

konzerninternen Umstrukturierungen

Für die vorgenannten Beispiele empfiehlt sich eine proaktive Prüfung durch

den Steuerpflichtigen, inwieweit bestehende Verrechnungspreisansätze den

neuen OECD-Verrechnungspreisrichtlinien Rechnung tragen.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 35

Neuerungen zur Behandlung von in der Zukunft

abweichenden Erträgen

Eine wesentliche Neuerung deutet sich durch die Aufnahme eines separaten

Kapitels zur Behandlung von Erträgen an, die wesentlich von Plandaten ab-

weichen. Obwohl die OECD einräumt, dass eine Abweichung zwischen

budgetierten (Ex-ante-) und tatsächlichen (Ex-post-)Erträgen aufgrund des

Auftretens unerwarteter Entwicklungen nicht ungewöhnlich ist, stellt sie die

Frage, wie Gewinne oder Verluste aufgrund derartiger Entwicklungen zwischen

den beteiligten Parteien, beispielsweise im Rahmen von Preisanpassungen, zu

verteilen sind. Die OECD verweist dabei unter anderem auf eine Analyse der

vertraglich allozierten Risiken und der Funktionen im Zusammenhang mit

Strategien zur Risikominderung. Die diesbezüglich enthaltenen Formulierungen

sind jedoch vorläufig und können durch die 2015 erwarteten Ergebnisse der

BEPS-Initiative noch wesentlichen Änderungen unterworfen sein.

Fazit und Ausblick

Mit dem am 16. September 2014 veröffentlichten Papier hat die OECD ihren

Ansatz einer Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern

entsprechend der Wertschöpfung der relevanten Funktionen grundsätzlich

bestätigt. Auch wenn einige Kernelemente der neuen Richtlinien noch vorläufig

sind bzw. die Arbeiten zu den schwer bewertbaren immateriellen Wirtschafts-

gütern noch andauern, ist davon auszugehen, dass die Notwendigkeit einer

vollständigen Wertschöpfungsbeitragsanalyse zur Bestimmung und Zuordnung

von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern zukünftig weiter zunimmt.

Diesbezüglich ist zu erwarten, dass die Gewinnaufteilungsmethode an Gewicht

gewinnen wird, wenngleich die Anwendung der Preisvergleichsmethode

weiterhin möglich sein sollte, allerdings unter verschärften Anforderungen an

die Vergleichbarkeit der Transaktionen.

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Schwerpunktthemen 2014

36 Transfer Pricing Perspective Deutschland

6.6 Maßnahme 13: Die OECD veröffentlicht neue Richt-linien zur Dokumentation von Verrechnungspreisen

Von Kati Fiehler und Dr. Thomas Bittner

Die OECD hat am 16. September 2014 eine Konsensversion des

neuen Kapitels V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien zur

Dokumentation von Verrechnungspreisen veröffentlicht.40

Gegenüber den bisherigen Entwürfen sind die Dokumentations-

anforderungen zwar geringfügig entschärft worden. Verglichen

mit dem aktuell gültigen Kapitel V sieht die Konsensversion jedoch

eine deutliche Ausweitung der Dokumentationsanforderungen vor.

Steuerpflichtige sollten sich bereits jetzt für die erwartete zeitnahe

Umsetzung in nationales Recht wappnen.

Die OECD hat am 16. September 2014 im Rahmen ihres BEPS-Aktionsplans

unter dem Titel Guidance on Transfer Price Documentation and Country-by-

Country Reporting eine neue Fassung des Kapitels V der OECD-Verrechnungs-

preisrichtlinien veröffentlicht. Die aktuelle Fassung stellt den jetzigen Konsens

der OECD-Mitgliedsstaaten dar. Sie ist aber nicht formell finalisiert, weil

gegebenenfalls die Ergebnisse noch laufender Diskussionen zu BEPS-Maß-

nahmen zu einem späteren Zeitpunkt in ihr berücksichtigt werden sollen.

Insgesamt dürfte die aktuelle Fassung des Kapitels V jedoch eine sehr gute

Vorstellung von den Dokumentationsanforderungen der zukünftigen OECD-

Verrechnungspreisrichtlinien geben.

Gegenüber dem Entwurf vom 30. Januar 2014 weist die aktuelle Fassung des

Kapitels V keine substanziellen Änderungen auf. Konzeptionell soll eine

Dokumentation weiterhin aus den drei Säulen Master File, Local File und CbCR

bestehen. Allerdings wurden die Dokumentationsanforderungen hinsichtlich

der drei Elemente tendenziell gekürzt. Dies gilt insbesondere für das CbCR, in

dem jetzt nicht mehr für jede Konzerngesellschaft detailliert der Zinsaufwand,

Lizenzzahlungen oder Dienstleistungsentgelte zu dokumentieren sind. Weiter-

hin sollen jedoch Umsätze (getrennt in Umsatz mit verbundenen und Umsatz

mit unverbundenen Transaktionspartnern), Gewinne, Steuern, gezeichnetes

Kapital, kumulierter Gewinn, Anzahl der Mitarbeiter und materielle

Vermögenswerte im CbCR dokumentiert werden.

40 Vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Documentation and Country-by-

Country Reporting“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD

Publishing; http://dx.doi.org/10.1787/9789264219236-en.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 37

Im Master File und Local File finden sich die üblicherweise zu erwartenden

grundsätzlichen Informationsanforderungen wieder. Darüber hinaus wird

zum einen zum Ausdruck gebracht, dass die Qualität der Informationen von

wesentlich höherer Bedeutung ist als in der Vergangenheit. Zum anderen

werden konkret Elemente abgefragt, die bislang nicht automatische Bestand-

teile einer Verrechnungspreisdokumentation waren (z. B. eine Liste und

Beschreibung aller im Konzern vorhandenen Advance Pricing Agreements

und sonstiger Übereinkünfte mit Finanzverwaltungen).

In Bezug auf weitere wichtige Einzelfragen lassen sich zwar kaum wesentliche

Änderungen gegenüber dem Entwurf vom 30. Januar 2014 feststellen.

Allerdings sind vor allem die folgenden Aspekte im Vergleich zum bisherigen

Kapitel V der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien und der internationalen

Verrechnungspreispraxis bemerkenswert:

● Benchmarkingstudien sollen im Dreijahresturnus vollständig neu erstellt

und Finanzdaten der Vergleichsunternehmen jährlich aktualisiert werden.

● Der Fremdvergleichsgrundsatz soll bereits im Zeitpunkt der Verrechnungs-

preisbildung anhand der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Informationen

berücksichtigt und die Fremdüblichkeit mit Abgabe der Steuererklärung

bestätigt werden.

Bislang wird von internationalen Konzernen häufig der Ansatz gewählt, die

Angemessenheit der Verrechnungspreisbildung mittels Benchmarkingstudien

im Rahmen einer Verprobung frühestens zum Jahresende nachzuweisen. Diese

Vorgehensweise wird durch das Vorstehende von der OECD nicht propagiert.

Stattdessen legt die OECD großen Wert auf eine Ex-ante-Betrachtung.

Die Konsensversion des Kapitels V unterstreicht weiterhin die klare Präferenz

der OECD für eine zeitnahe Dokumentation, das heißt spätestens bis zur Ab-

gabe der Steuererklärung. Für das CbCR soll jedoch eine Abgabefrist von einem

Jahr nach Ende des zu dokumentierenden Geschäftsjahres gewährt werden.

Darüber hinaus finden sich in der aktuellen Fassung weiterhin keine konkreten

Aussagen zu Materialitätsgrenzen für zu dokumentierende Transaktionen.

So wird lediglich ausgeführt, dass sich Materialitätsgrenzen sowohl an dem

Verhältnis zum Umsatz oder zu den Kosten als auch an absoluten Größen

orientieren können. Eine quantitative Aussage zu Materialitätsgrenzen fehlt

vollständig.

Erfreulich ist, dass der Konsensentwurf relativ klar Stellung dazu nimmt, in

welcher Sprache eine Dokumentation von den nationalen Finanzverwaltungen

akzeptiert werden soll: Grundsätzlich sollte eine Dokumentation in einer

üblicherweise verwendeten Sprache akzeptiert werden, was im Fall der meisten

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Schwerpunktthemen 2014

38 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Konzerne Englisch sein dürfte. Darüber hinaus soll dem Steuerpflichtigen

bei spezifischen Übersetzungsanfragen genügend Zeit gelassen und dem Über-

setzungsaufwand Rechnung getragen werden. Eine solche klare Aussage hat

im bisherigen Entwurf gefehlt.

Fazit und Handlungsempfehlung

Wenngleich die jetzige Konsensfassung des Kapitels V der OECD-

Verrechnungspreisrichtlinien einige Erleichterungen gegenüber den bisher

vorliegenden Entwürfen enthält, erhöht sie deutlich die Dokumentations-

anforderungen gegenüber dem aktuell gültigen Kapitel V. Dies gilt vor allem für

das verpflichtende CbCR. Insofern müssen sich Steuerpflichtige in Zukunft auf

einen erhöhten Dokumentationsaufwand einstellen. Insgesamt sind mehr

Informationen schneller bereitzustellen. Aufgrund des zunehmenden

Informationsaustauschs zwischen den Ländern ist auch auf eine erhöhte

Konsistenz der Dokumentation in den jeweils betroffenen Ländern zu achten.

Die wesentliche Herausforderung für den Steuerpflichtigen besteht daher darin,

interne Prozesse zu implementieren, dieeine zeit- und kosteneffiziente sowie

konsistente Sammlung der Daten gewährleisten. Diese Notwendigkeit gilt auch

deshalb, weil weitere Maßnahmen im Rahmen des BEPS-Aktionsplans – wie

zum Beispiel der ebenfalls am 16. September 2014 veröffentlichte Entwurf zur

fremdüblichen Verrechnung von immateriellen Wirtschaftsgütern – erwarten

lassen, dass der Nachweis der Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisen

erheblich komplexer wird. Auch diese Entwicklung dürfte die begrenzten

Kapazitäten von Verrechnungspreisverantwortlichen in erheblichem Maße in

Anspruch nehmen und sie zu einem optimalen Ressourceneinsatz zwingen.

6.7 Maßnahme 15: Entwicklung eines multilateralen Übereinkommens zur Anpassung bilateraler Steuerabkommen

Von Kerstin Holst

Derzeit bestehen weltweit mehr als 3.000 bilaterale Doppel-

besteuerungsabkommen (DBAs). In dem Bericht wird untersucht,

ob ein multilaterales Übereinkommen zur synchronisierten Um-

setzung der auf Steuerabkommen gerichteten BEPS-Maßnahmen

in die bilateralen DBAs wünschenswert und umsetzbar ist. Der

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 39

Bericht41 steht im Zusammenhang mit allen anderen Punkten des

BEPS-Aktionsplans. Er enthält keine konkreten Formulierungs-

vorschläge, sondern eine Analyse von technischen und politischen

Aspekten; im Anhang des Berichts ist eine Toolbox zu finden.

Ziele und Herausforderungen

Die aus den endgültigen Berichten zu den anderen Punkten des Aktionsplans

resultierenden Änderungen des OECD-Musterabkommens sollen schnell,

effizient und als einheitliche Regelungen in die bestehenden bilateralen DBAs

Eingang finden. Letztere bleiben neben einem solchen multilateralen Überein-

kommen anwendbar. Der Bericht verkennt nicht, dass die DBAs im Detail

stark differieren, die Steuersouveränität der Länder respektiert werden muss

und dieser im Steuerrecht innovative Weg noch mit vielen Unwägbarkeiten

verbunden ist. Länder sollen flexibel in der Zustimmung zu einzelnen

Regelungen (core set, Opt-in-/Opt-out-Regelungen, Auswahl an Alternativen)

oder gegenüber verschiedenen Vertragspartnern agieren können. In Deutsch-

land wird das Übereinkommen vom Bundesministerium der Finanzen grund-

sätzlich unterstützt und soll trotz komplexer Rechtsfragen weiterverfolgt

werden. Es wird aber abzuwarten sein, in welchem Umfang Deutschland dem

Übereinkommen zustimmen wird und wie das Übereinkommen in nationales

Recht transformiert werden kann.

Internationale Konferenz

Fazit des Berichts ist, dass ein multilaterales Übereinkommen grundsätzlich

wünschenswert und umsetzbar ist. Dieses Übereinkommen soll auf einer inter-

nationalen Konferenz verhandelt und entwickelt werden, die für alle OECD-

Mitgliedsstaaten, G20-Staaten und andere interessierte Länder offen ist. Das

Mandat für diese Konferenz soll Anfang 2015 erteilt werden.

41 OECD (2014): „Developing a Multilateral Instrument to Modify Bilateral Tax

Treaties“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,

http://dx.doi.org/10.1787/9789264219250-en.

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Schwerpunktthemen 2014

40 Transfer Pricing Perspective Deutschland

7 Die veröffentlichten BEPS-Maßnahmen der OECD aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung – ein Gespräch mit Ministerialrat Manfred Naumann

Das Gespräch mit Herrn Naumann führte Martin Renz am 10. November 2014.

Die OECD hat mit der Veröffentlichung der Berichte zu sieben der

insgesamt 15 Maßnahmen ihrer Initiative zu „Base Erosion and

Profit Shifting“ (BEPS-Initiative) am 16. September 2014 eine

bedeutende Zwischenetappe erreicht. Anlass genug, um die Ein-

schätzung der deutschen Finanzverwaltung zu den bis dato

veröffentlichten Zwischenergebnissen einzuholen. Hierzu haben

wir ein Interview mit Ministerialrat Manfred Naumann42 geführt.

Nachfolgend finden Sie das ausführliche Interview.

Herr Naumann, wie zufrieden sind Sie insgesamt mit den bisher

veröffentlichten Ergebnissen der OECD?

Ziel der BEPS-Initiative der OECD ist es bekanntlich, durch die Erarbeitung

einheitlicher internationaler Steuerstandards die Rahmenbedingungen für

einen fairen internationalen Steuerwettbewerb zu schaffen. Wir wollen die

Steuervermeidungsstrategien international agierender Konzerne einschränken,

damit wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen gelten,

auch für diejenigen, die nicht die Möglichkeit der internationalen Gewinn-

verlagerung haben. Für die ersten sieben der 15 Maßnahmen liegen nun erste

Ergebnisse vor. Sie sind aus unserer Sicht ein Erfolg. Lassen Sie mich ein Bei-

spiel nennen: Die veröffentlichten Papiere zu immateriellen Vermögenswerten

beinhalten einen wichtigen Fortschritt, insbesondere bei deren Definition und

bei der Frage, wie diese zu bewerten sind. Man muss dabei natürlich sehen,

dass viele Ergebnisse vorläufig sind und im Lichte von weiteren Diskussionen

abgeändert werden können. Zu nennen sind hier insbesondere die noch offenen

Maßnahmen zu Recharakterisierung oder Risikoübertragung. Hinsichtlich der

Dokumentationspflichten finde ich es sehr positiv, dass der Ausgangspunkt

die Ergebnisse des EU Joint Transfer Pricing Forum waren. Gleichwohl gibt

es auch noch Sachverhalte, die verbesserungswürdig sind. Die Ergänzung

um das Country-by-Country-Reporting (CbCR) halte ich zum Beispiel für

42 Herr Naumann ist Referatsleiter in der Steuerabteilung des Bundesministeriums für

Finanzen (BMF) und dort zuständig für Themen des internationalen Steuerrechts,

insbesondere der internationalen Verrechnungspreise, internationale Gewinn-

aufteilung bei Betriebsstätten, Hinzurechnungsbesteuerung und einige wichtige

Doppelbesteuerungsabkommen. Darüber hinaus ist er Mitglied des EU Joint Transfer

Pricing Forums der Europäischen Kommission.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 41

problematisch. Voraussetzung dafür, dass es akzeptabel wäre, ist aus meiner

Sicht, dass man zwingende Streitbeilegungs-mechanismen, also am besten

Schiedsverfahren, einführt. Es gibt Fortschritte, auch sehr schnelle, aber es gibt

eben auch noch Bedenken, die zunächst bestehen.

Das Besondere an der BEPS-Initiative ist, dass es ausdrücklich nicht

nur ein Projekt der OECD, sondern auch der G20-Staaten ist. Gibt es

aus Ihrer Sicht vor diesem Hintergrund die Erwartungshaltung,

dass bestimmte Dinge besser oder schneller umgesetzt werden?

Es gibt die Hoffnung, dass die G20-Staaten, die nicht OECD-Staaten sind,

sich eben zumindest an die UN-Standards halten, das heißt an das UN-Muster-

abkommen, in welchem ja auch Verrechnungspreisgrundsätze festgelegt sind,

und dass generelle Streitbeilegungsmechanismen geschaffen werden, was aber

vermutlich einige Zeit brauchen wird.

Kommen wir zur Umsetzung der BEPS-Maßnahmen in Deutschland.

Welche Planungen gibt es seitens des Bundesfinanzministeriums

bzw. vonseiten des Gesetzgebers?

Zu den Maßnahmen, die in den Bereich der Verrechnungspreise fallen, ist

zu sagen, dass wir Dokumentationspflichten schon haben und dass wir uns

sicherlich, wenn die Ergebnisse zur Implementierung vorliegen, Gedanken

darüber machen werden, wie wir entsprechende Anpassungen des deutschen

Rechts, also des § 90 Abs. 3 AO, durchführen. Sofern eine Dokumentation zur

Risikoabwägung erforderlich ist, muss die im Land der Muttergesellschaft

frühzeitig vorliegen, damit man diese Informationen per Informationsaus-

tausch nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) weitergeben kann. Hierbei

sollte das Interesse der Unternehmen, durch Dokumentationserfordernisse

nicht überbelastet zu werden, berücksichtigt werden.

Sie sprechen hier auch den Zeitaspekt an. Das eine oder das andere

Unternehmen könnte dabei überfordert sein, wenn quasi mit der

Abgabe der Steuererklärung bereits eine Verrechnungspreis-

dokumentation vorliegen muss. Wie sehen Sie das?

Hierfür werden eventuell Übergangszeiten benötigt, weil ich mir nicht vor-

stellen kann, dass die notwendigen Angaben von den Unternehmen sofort ohne

Weiteres per Knopfdruck gegeben werden können.

Maßnahme 1: „digital economy“

Die Digitalisierung der Welt ist mittlerweile auch im Steuerrecht

angekommen. Onlinehandel, Internetwerbung, Cloud Computing

oder Internet App Stores sind hier die Schlagwörter, die nach

Ansicht der OECD zu steuermissbräuchlichen Geschäftsmodellen

einladen. Die OECD nennt in ihrem Papier zur digital economy

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Schwerpunktthemen 2014

42 Transfer Pricing Perspective Deutschland

einige Optionen wie zum Beispiel die Änderung der Ausnahme-

regelungen in der Betriebsstättendefinition oder die Betriebs-

stättenbegründung aufgrund einer significant digital presence.

Was halten Sie grundsätzlich davon, wenn das Vorhandensein einer

Betriebsstätte lediglich an einer digitalen Präsenz festgemacht wird?

Was bedeutet dies für die Ergebnisallokation anhand der Personal-

funktion?

Die Anknüpfung an der digitalen Präsenz hilft nicht, solange an dem von der

OECD entworfenen Ertragsallokationsmechanismus anhand der Personal-

funktionen festgehalten wird. Bei der Betriebsstättendiskussion wird meines

Erachtens häufig die Frage vernachlässigt, was der einzelnen Betriebsstätte

zugerechnet werden kann. Selbst wenn es aufgrund der digitalen Präsenz eine

Betriebsstätte gibt, aber die Ertragsfunktion bzw. Personalfunktion gar nicht

oder nur schwer feststellbar ist und somit der Betriebsstätte keine Ergebnisse

zugeordnet werden können, ist zweifelhaft, ob hierdurch etwas gewonnen

wird. Es verkompliziert das Thema Betriebsstätten und bringt vielleicht ertrag-

steuerlich keinen Mehrgewinn. Und eine Alternative, also einen anderen

Allokationsmechanismus als die Personalfunktion, kann ich mir im Moment

nicht vorstellen.

Würden Sie es befürworten, wenn das EU-Verrechnungspreisforum

in solche Fragestellungen stärker eingebunden wird?

Das muss nicht unbedingt das EU-Verrechnungspreisforum sein, sondern

vor allem die Working Party 6 der OECD, die den Betriebsstätten-Bericht

entwickelt hat, wonach die Personalfunktionen der Ausgangspunkt für die

Gewinnzuordnung sind.

Maßnahme 5: effektivere Bekämpfung von schädlichem

Steuerwettbewerb

Während sich der Großteil der anderen Maßnahmen der BEPS-

Initiative mit dem Verhalten des Steuerpflichtigen beschäftigen,

widmet sich die Maßnahme 5 dem Verhalten der Staaten, die

Steueranreize setzen, um als Standort für Unternehmen attraktiv zu

bleiben. Die OECD setzt hier unter anderem auf einen zunehmenden

und stärker automatisierten Informationsaustausch zwischen den

Staaten. Welche Erwartungen haben Sie in Bezug auf potenziell

schädlichen Steuerwettbewerb im Speziellen? Was sind hierbei die

aus Ihrer Sicht wichtigsten Themen?

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 43

Das betrifft insbesondere Fragen von IP-Regimen43, also zum Beispiel einer

Innovation oder Patentbox. Es ist schon ziemlich problematisch, dass auf der

einen Seite große Anstrengungen bei der OECD unternommen werden, um die

Gewinnzuordnung im Bereich immaterielle Wirtschaftsgüter transparent und

vernünftig durchzuführen, und dann auf der anderen Seite insbesondere zehn

europäische Staaten mit Steueranreizsystemen wie Patentboxen mit geringer

Besteuerung aktiv sind.

Erwarten Sie, dass die OECD mehr Druck gegen solche Steuer-

anreizsysteme in Zusammenhang mit immateriellen Wirtschafts-

gütern ausüben wird?

Es gibt heute schon Druck, dass man IP-Regime, Patent- und Innovationsboxen

stärker an eine konkrete Aktivität bindet, um zu verhindern, dass solche

Besteuerungsregime auch mittels funktionsarmer Vehikel genutzt werden

können. Das ist schon mal ein Fortschritt.

Ist aus Ihrer Sicht die Knüpfung der Gewährung von Vorteilen aus

Steueranreizsystemen an wirtschaftliche Aktivitäten bzw. Substanz-

erfordernisse grundsätzlich der richtige Weg?

Wir haben darüber im Bundesfinanzministerium diskutiert und die Auf-

fassung war, dass der richtige Weg eigentlich der wäre, die Forschungs- und

Entwicklungsaufwendungen zu subventionieren und nicht die Erträge, die

aus der Nutzung von immateriellen Vermögenswerten stammen. Das ist aber

bedauerlicherweise international wohl nicht durchsetzbar. Es wäre aber meiner

Meinung nach sachgerechter. Schließlich sind nicht erfolgreiche Forschungs-

und Entwicklungsprojekte in gleicher Weise förderungswürdig wie erfolgreiche.

Als eine mögliche Sanktionsmaßnahme wurde in Deutschland

diskutiert, dass Lizenzaufwendungen, die beispielsweise im

Zusammenhang mit Patentboxen stehen, die steuerliche An-

erkennung versagt wird. Ist dies momentan noch in der Diskussion?

Hierzu sind mir keine konkreten Planungen bekannt. Ich glaube nicht, dass

solche Sanktionsmaßnahmen aktuell auf der Tagesordnung stehen.

43 IP-Regime sind Vorzugsbesteuerungsregelungen von Lizenzeinkünften. Die Aus-

gestaltung ist je nach Land unterschiedlich. Unterschiede bestehen insbesondere

hinsichtlich des Umfangs der qualifizierten Lizenzeinkünfte sowie der Einbeziehung

von Betriebsausgaben und von historischen Forschungs- und Entwicklungs-

aufwendungen.

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Schwerpunktthemen 2014

44 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Maßnahme 8: „intangibles report“

Eine aus Verrechnungspreissicht am stärksten im Fokus stehende

Maßnahme beschäftigt sich mit Verrechnungspreisaspekten im-

materieller Wirtschaftsgüter (iWG). Der Bericht beschäftigt sich

mit der Definition von iWG und stellt klar, dass Standortvorteile,

Synergien oder Mitarbeiter keine iWG darstellen, aber als

Vergleichbarkeitsfaktor in die Verrechnungspreisanalyse ein-

zubeziehen sind. Wie sehen Sie grundsätzlich die von der OECD

formulierte Definition von iWG und besteht aus Ihrer Sicht

Handlungsbedarf aufseiten der deutschen Finanzverwaltung?

Die OECD hat die Definition von Intangibles weiterentwickelt und liefert vor

allen Dingen Negativbeispiele, was nicht als Intangibles anzusehen ist. Dies

ist so weit auch aus deutscher Sicht akzeptabel. Wir halten keine konkreten

Umsetzungsmaßnahmen für erforderlich. Wir würden das, was die OECD

geschrieben hat, sozusagen informell implementieren, was letztlich auch dem

deutschen Abkommensverständnis entspricht.

Sie haben eben die Negativbeispiele erwähnt. In der jetzt verab-

schiedeten Definition von Intangibles werden zum Beispiel Stand-

ortvorteile und Synergieeffekte nicht als ein eigenständiges iWG

erwähnt, sondern sollen lediglich einen Vergleichbarkeitsfaktor

darstellen. Man könnte aus der Diskussion das Verständnis

gewinnen, dass manche Staaten, die in den Diskussionen zu BEPS

beteiligt waren, die Definition von Intangibles etwas anders sehen,

insbesondere BRIC-Staaten44 wie China oder Indien. Erwarten Sie

insbesondere mit diesen Staaten hieraus ein zunehmendes Konflikt-

potenzial?

Wenn die G20-Staaten dieses gesamte Paket der OECD zu BEPS akzeptieren,

werden letztlich auch solche Dinge mit akzeptiert, die von manchen Staaten

anders gesehen werden. Wie zum Beispiel Standortvorteile Gegenstand einer

Geschäftsbeziehung sein können, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Dies

gilt auch für die anderen Negativbeispiele, die die OECD aufführt. Das sind

zwar sicherlich Vergleichbarkeitsfaktoren, wenn ich entsprechende selbst-

ständige Unternehmen am gleichen Markt vorfinde, aber dass so etwas Gegen-

stand einer Geschäftsbeziehung sein könnte, ist nur schwer vorstellbar.

44 Der Begriff BRIC-Staaten ist eine Bezeichnung von vier Schwellenländern. BRIC steht

für die Anfangsbuchstaben von Brasilien, Russland, Indien und China.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 45

Sie würden zumindest die Hoffnung hegen, dass in Ländern wie

China keine lokalen Gesetze implementiert werden, in denen

explizit zum Beispiel Standortvorteile als iWG definiert werden?

Das wird sich Ende 2015 zeigen, ob die G20-Staaten das Gesamtpaket mit-

unterzeichnen und mittragen. Dann wären tatsächlich Regelungen, die zum

Beispiel Standortvorteile zu einem iWG erheben würden, als eine Art un-

freundlicher Akt zu sehen. Man kann als Staat eigentlich nicht im Rahmen

der G20 den BEPS-Berichten zustimmen, aber dann im innerstaatlichen

Recht etwas ganz anderes machen.

Der Bericht zu Intangibles enthält bereits jetzt eine explizite Aus-

sage dahin gehend, dass Daumenregeln nicht als Nachweis einer

bestimmten Preisfindung oder für Zwecke der Gewinnaufteilung

genutzt werden können. Welche Auswirkungen wird diese

Änderung Ihrer Meinung nach in der Praxis auf die Anwendung der

Knoppe-Formel haben, die nach unseren Erfahrungen in der Praxis

immer wieder für Verprobungszwecke angewendet wird?

Für Verprobungszwecke kann die Knoppe-Formel sicherlich angewendet

werden, was auch seitens der OECD nicht ausgeschlossen wird. Aber generell

haben wir inzwischen in § 1 Abs. 3 AStG gesetzlich geregelt, wie der hypo-

thetische Fremdvergleich durchzuführen ist. Ich glaube, dass diese im Gesetz

enthaltene Systematik dem heutigen Stand der Betriebswirtschaft deutlich

mehr entspricht als die Knoppe-Formel oder ähnliche Daumenregeln. Dem-

entsprechend hoffe ich, dass mit der Zeit diese Daumenregeln als konkrete

Änderungsparameter verloren gehen und die im Gesetz vorgeschriebenen

Mechanismen und Vorgehensweisen angewendet werden.

Ist vor dem Hintergrund der geplanten Anpassung zur Anwendung

sogenannter other methods, insbesondere im Hinblick auf

Bewertungsverfahren für iWG davon auszugehen, dass eine An-

passung der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren erfolgen wird? Die

Finanzverwaltung verweist gegenwärtig bei Bewertungsverfahren

für iWG auf IDW S 1 oder IDW S 5. Ist damit zu rechnen, dass von

der deutschen Finanzverwaltung konkrete Anwendungsgrundsätze

für Bewertungsverfahren, die über solche Verweise hinausgehen,

vorgegeben werden?

Grundsätzlich sind der IDW S 1 und der IDW S 5 keine international

akzeptierten Standards, sondern „nur“ deutsche Standards, weshalb der

Verweis seitens der Finanzverwaltung als Angebot zur Nutzung dieser

Standards zu sehen ist. Welche Bewertungsverfahren im Bereich der

Verrechnungspreise verwendet werden können, da besteht im Moment

sicherlich eine große Flexibilität, da kann man auch mit anderen Methoden

arbeiten. Aber bezogen auf die Bundesrepublik Deutschland würde sich

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Schwerpunktthemen 2014

46 Transfer Pricing Perspective Deutschland

natürlich die Methode des IDW S 1 für Betriebe und Teilbetriebe, also größere

Unternehmenseinheiten, und S 5 für iWG anbieten. Ich glaube aber nicht, dass

sich hieraus eine neue Verrechnungspreismethodik entwickelt.

Unsere nächste Frage behandelt die Zuordnung von Erträgen aus

iWG, die in erster Linie auf Basis der für die Wertschöpfung

relevanten Funktionen erfolgen soll. Danach erscheint eine

detaillierte Auswertung einer funktionalen Wertschöpfungs-

beitragsanalyse zwingend notwendig. Teilen Sie unsere Ein-

schätzung, dass Wertschöpfungsbeitragsanalysen zukünftig eine

noch viel stärkere Rolle spielen werden?

Ja, das sehe ich auch so. An der Stelle sehe ich natürlich auch den einen

oder anderen Konflikt, der sich aus der Wertschöpfungsbeitragsanalyse

einerseits und dem Bild der tatsächlich geschlossenen Verträge andererseits

ergeben kann. Es kommt immer wieder vor, dass die Wertschöpfung und der

geschlossene zivilrechtliche Vertrag nicht übereinstimmen.

Hierzu dürften die BEPS-Papiere zu den Themengebieten „Risiko

und Kapital“ bzw. zu „Recharakterisierung von Verträgen“,

welche sich unter anderem mit der Frage beschäftigen, ob Risiken

vertraglich der einen oder der anderen Partei zugewiesen werden

können, noch näher darauf eingehen. Insbesondere die Frage, ob

eine vertraglich gewählte Risikoaufteilung auch unter fremden

Dritten vorgenommen worden wäre, ist an dieser Stelle die

spannende Frage. Sehen Sie das genauso?

Ja, das ist sicherlich eine schwierige Fragestellung, da man natürlich bei der

Wert-schöpfungsbeitragsanalyse und den Funktionen, damit sind vermutlich

die people’s functions gemeint, in die Nähe der Grundsätze kommt, die für die

Betriebsstätten gelten sollen. Die Frage ist, inwiefern man diese Grundsätze

einfach auf selbstständige Unternehmen anwenden können sollte. Das sehe ich

nicht ganz unproblematisch, da man sehr schnell in eine Diskussion über die

Nichtanerkennung oder Recharakterisierung von Verträgen kommt. Und dafür

sind die Rechtsgrundlagen im Moment aus meiner Sicht noch einigermaßen

dünn.

Die Zuordnung von Risiken auf Basis von Personalfunktionen

ist auch vor dem Hintergrund schwierig, dass es zum einen

Versicherungsunternehmen gibt, die Risiken gegen entsprechende

Prämien übernehmen, ohne diese im Unternehmen zu managen.

Darüber hinaus gibt es Risiken, die keine der beiden Parteien

wirklich managen kann und bei denen die Auffassung vertreten

werden kann, diese noch relativ unabhängig von der Personal-

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 47

funktion zu verteilen. Allerdings wird es hierbei schwierig sein,

eine Grenze zu ziehen.

Das ist keine einfache Diskussion, vor allen Dingen auch deswegen, weil Risiken

im Konzern relativ frei rechtlich strukturiert werden können. Die Tatbestands-

merkmale exakt herauszuarbeiten und auch Grenzen auszutesten bzw. zu

entscheiden, wann zum Beispiel der Tatbestand für eine Recharakterisierung

eines Vertrags gegeben ist, stelle ich mir schwierig vor. Die Tatbestands-

merkmale hier exakt herauszuarbeiten, dürfte keine ganz banale Aufgabe

darstellen. Ich sehe in diesem Zusammenhang daher noch viel Arbeit vor der

OECD und ich bin gespannt, wie das nach dem derzeit vorliegenden Zeitplan

bis September 2015 bereits gelöst sein soll.

Aus der Praxis kennen wir, dass die deutsche Finanzverwaltung

die Durchführung von Wertschöpfungsbeitragsanalysen explizit

wünscht. Im Ausland wird damit nach unserer Einschätzung bisher

noch relativ wenig gearbeitet. Erwarten Sie vor diesem Hintergrund

ein verstärktes Konfliktpotenzial mit anderen Steuerverwaltungen,

wenn die Wertschöpfungsbeitragsanalyse vermehrt als Basis für

eine Gewinnaufteilung verwendet wird?

Nach meinen Erfahrungen werden Wertschöpfungsbeitragsanalysen von

ausländischen Finanzverwaltungen zumindest nicht von vornherein abgelehnt.

Jedoch muss tatsächlich einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden. Es

sollte klar sein, dass eine solche Analyse keine exakte Wissenschaft ist. Grund-

sätzlich halte ich Wertschöpfungsbeitragsanalysen für sinnvoll und habe den

Eindruck, dass auch gerade nach den Diskussionen zum Kapitel 9 zu business

restructuring der OECD-Richtlinien andere Finanzverwaltungen durchaus

dazu bereit sind, sich zumindest auf dieses Thema einzulassen.

Glauben Sie, dass es noch mehr Leitlinien geben wird, wie eine

solche Analyse konkret durchzuführen ist?

Das stelle ich mir ziemlich schwer vor, soweit es in den unterschiedlichen

Staaten überhaupt jeweils eigene Standards gibt, wie zum Beispiel in Deutsch-

land für die Bewertung den IDW Standard oder die entsprechenden Standards

in den USA. Es gibt unterschiedliche Sichtweisen auf die gleichen Probleme.

Dass die OECD sich für die konkrete Konstruktion eines Staats entscheidet,

ist aus meiner Sicht nicht zu erwarten. Es ist allenfalls vorstellbar, dass vor-

handene Standards als Beispiele genannt werden.

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Schwerpunktthemen 2014

48 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Wir stoßen in der Praxis bei Wertschöpfungsbeitragsanalysen

immer wieder auf Bereiche, die nicht durch harte Fakten unter-

legbar und im Wesentlichen durch subjektive Einschätzungen der

Unternehmen geprägt sind. Erwarten Sie hier ein erhöhtes Konflikt-

potenzial?

Das glaube ich gar nicht unbedingt. Soweit das Unternehmen gewisse

Entscheidungen trifft, die in sich konsistent sind und die in Übereinstimmung

mit dem stehen, was tatsächlich ökonomisch passiert, glaube ich, dass

jede vernünftige Finanzverwaltung sieht, dass in manchen Bereichen bei

Verrechnungspreisen einfach nichts Besseres zu haben ist. Und spätestens im

Verständigungsverfahren macht sich die Erfahrung breit, dass ein Kompromiss

gefunden werden muss, dass man sich im mittleren Bereich bewegen sollte und

dass man keine extremen Positionen beziehen darf. Im Zeitablauf wird es so

sein, dass die Unternehmen lernen, wie sie das zu tun haben, und ebenso

werden dies auch die Finanzverwaltungen lernen. Schon deshalb, weil diese

zunehmende Zahl von Verständigungsverfahren für alle Finanzverwaltungen

eine ganz erhebliche Belastung darstellt.

Ihre Einschätzung ist also, dass eine plausible, betriebswirt-

schaftlich nachvollziehbare Wertschöpfungsbeitragsanalyse die

Ausgangssituation für die steuerliche Anerkennung einer darauf

basierenden Gewinnverteilung deutlich erhöht?

Ja, umso stabiler ist auch die Ausgangssituation, um von vornherein zu

vermeiden, dass es überhaupt zu einer Doppelbesteuerung kommt.

Wird eine Zuordnung von Erträgen basierend auf Wertschöpfungs-

beitragsanalysen die vermehrte Anwendung der Gewinnaufteilungs-

methode nach sich ziehen, für welche regelmäßig keine Vergleichs-

werte bestimmt werden können?

Ich bin nicht der Meinung, dass eine solche Analyse regelmäßig oder auch nur

häufig die Anwendung einer Gewinnaufteilungsmethode nach sich zieht. Diese

kommt meist nur dann zur Anwendung, wenn entsprechende iWG auf beiden

Seiten der Geschäftstransaktion vorhanden sind. Ansonsten bleibt es bei der

Vorgehensweise, dass eine tested party ermittelt wird und versucht wird, aus

Sicht dieser tested party einen Fremdvergleichspreis zu ermitteln und damit

zu einer Preisfestsetzung zu kommen. Und ich wehre mich dagegen, dass so-

zusagen der Profit Split generell die Methode der Zukunft sein soll. Wenn man

sich die praktischen Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, ansieht, dann

würde ich davon ganz dringend abraten, sowohl für die Steuerpflichtigen als

auch für die Finanzverwaltungen.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 49

Mit anderen Worten, bei einer typischen Auftragsfertigungsfunktion

oder typischen reinen Vertriebsfunktion sind nach wie vor die

Standardmethoden die vorrangig zu wählenden Methoden und

lediglich in Situationen, in denen beide Transaktionspartner über

iWG verfügen, wäre ein Profit Split vorzuziehen?

Ja, soweit beide Transaktionspartner über iWG mit entsprechender Wertigkeit

verfügen, kann ich mir den Profit Split vorstellen. Hinsichtlich der iWG bei-

spielsweise, wenn gleichwertiges Markenrecht und Produktions-Know-how im

Konzern auseinanderfallen oder wenn verschiedene iWG von verschiedenen

Seiten beigetragen werden. Aber ansonsten, für Routineunternehmen, aber

auch Mittelunternehmen nach deutscher Lesart, halte ich einen Profit Split für

nicht richtig. Dieser sollte sich auf Ausnahmefälle beschränken, in denen

wesentliche iWG auf beide Vertragsparteien verteilt sind.

Gilt dies auch für eine Vertriebseinheit, die für ihren lokalen Markt

verantwortlich ist und hierfür über einen eigenen Kundenstamm

oder Ähnliches verfügt?

Ein solcher Fall kann gut durch die Resale-minus-Methode abgebildet werden,

die meinetwegen auch die TNMM-Systematik mitverwendet. Darüber hinaus

bin ich sowieso der Meinung, dass generell ein Price Setting durchgeführt

werden sollte. Damit wären aus meiner Sicht die Probleme mit den Daten-

banken und mit der Vergleichbarkeit deutlich reduziert. Beim Price Setting

verfügen Sie zum Zeitpunkt der Preisfestsetzung nur über die Daten von

vergangenen Jahren, müssen berücksichtigen, was bis zum Zeitpunkt der

Preisfestsetzung noch geschehen ist, und müssen dann noch Ihre Zukunfts-

erwartungen einfließen lassen. Dieser Mechanismus würde dazu führen, dass

die Bedeutung von Datenbanken sich deutlich reduziert.

Aber auch beim Price Setting müssen Sie zunächst einen gewissen

Rahmen setzen.

Dieser Rahmen wäre im Regelfall bereits durch die Vergangenheit gesetzt

worden, da es ja nicht um neue Gesellschaften geht. Die Gesellschaft wird in der

Regel schon seit Längerem existieren. Das heißt, es gibt abgelaufene Betriebs-

prüfungen mit Erfahrungswerten, die für die Argumentation genutzt werden

können. Und damit kommen wir auch wieder zu dem Punkt, dass man die

Kirche im Dorf lassen muss, das heißt, es sollte mit mittleren Werten, wahr-

scheinlicheren Werten gearbeitet und im Eigeninteresse der Unternehmen

nicht versucht werden, Grenzwerte zu verwenden. Der mittlere Bereich ist der

Bereich, der auch von den Finanzverwaltungen der meisten anderen Staaten

akzeptiert wird.

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Schwerpunktthemen 2014

50 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Wenn wir von Werten im mittleren Bereich sprechen, sind wir

wieder bei Benchmarkstudien, durch die der Rahmen gesetzt

werden muss.

Daran glaube ich für die Zukunft nicht mehr. Ich sehe viele kleinere Unter-

nehmen, die sich Benchmarkstudien gar nicht so ohne Weiteres leisten können,

und ebenso kleine Steuerberaterbüros, die den Zugang zu solchen Datenbanken

nicht ohne Weiteres stemmen können. Daher fände ich es sehr positiv, wenn

man ein Verfahren finden würde, das weitgehend ohne Benchmarkstudien

auskommt. Man wird Benchmarkstudien wahrscheinlich auch in Zukunft noch

brauchen, um überhaupt gewisse Anhaltspunkte für das Verhalten voneinander

unabhängiger Dritter zu bekommen. Aber anschließend, mit ökonomischem

Sachverstand, unter Berücksichtigung der Entwicklung auf dem Markt, bezogen

auf die konkreten Produkte, bezogen auch auf die Zukunftsaussichten und mit

entsprechenden Anpassungsmechanismen, meine ich, müsste man relativ gut

auch weitgehend ohne Datenbanken auskommen.

Die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren enthalten derzeit nur

sehr allgemeine Ausführungen, wie eine Wertschöpfungsbeitrags-

analyse durchzuführen ist. Gibt es Überlegungen vonseiten des

BMF, Vorschläge zu erarbeiten, welche Voraussetzungen eine Wert-

schöpfungsbeitragsanalyse erfüllen muss, um von der Finanz-

verwaltung akzeptiert zu werden?

Bislang habe ich hierzu noch von keinem Bedarf gehört, aber im Prinzip wäre

es natürlich denkbar, sich darüber mit der Betriebswirtschaft und mit betriebs-

wirtschaftlich interessierten Fachleuten auseinanderzusetzen, um zu sehen,

was an weiteren Handreichungen gegeben werden könnte. Aber wie gesagt, es

geht im Grunde genommen darum, mit der Wertschöpfungsanalyse die Preis-

bestimmung aus Sicht der tested party in den Griff zu bekommen, nicht darum,

mit der Zielsetzung in die Analyse hineinzugehen, am Ende beim Profit Split zu

landen.

Also die Durchführung einer Wertschöpfungsanalyse eher im Sinne

einer Verprobung als im Sinne einer Preisfestsetzung?

Ich sehe durchaus eine Wertschöpfungsanalyse auch als Mittel einer nachvoll-

ziehbaren Preisfestsetzung. Eine solche Analyse muss gar nicht unbedingt zwei-

seitig sein, sondern kann einfach nur die Wertschöpfung in dem einen Unter-

nehmen beschreiben und vielleicht noch aussagen, was das andere Unter-

nehmen im selben Bereich macht.

Unsere Erfahrungen sind, dass bei der Durchführung von Wert-

schöpfungs-beitragsanalysen die Sichtweise der Unternehmen

relativ stark von der Sichtweise der Finanzverwaltung abweicht, wie

eine solche durchzuführen ist. Dies kann schon bei der Definition

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 51

des Wertschöpfungsbeitrags beginnen. Wie können Steuerpflichtige

mit dieser Unsicherheit umgehen?

Ich rate dringend dazu, Wertschöpfungsbeitragsanalysen zum einen nicht erst

in der Betriebsprüfung zu machen, sondern wenn möglich vorher. Darüber

hinaus kann im Vorfeld mit der Betriebsprüfung eine informelle Abstimmung

dahin gehend erfolgen, zu welchem Zweck die Wertschöpfungsbeitragsanalyse

gemacht wird und nach welchen Kriterien sie aufgestellt und dokumentiert

werden soll. Damit wäre schon mal eine ganze Menge von dem möglichen

Streitpotential abgedeckt. Und selbstverständlich müssen Sie in der Betriebs-

prüfung etwas vorlegen, das aus Sicht der Betriebsprüfung insgesamt betriebs-

wirtschaftlich zu vertretbaren Ergebnissen führt. Andernfalls kommen Sie

natürlich in kontroverse Diskussionen.

Die Mutmaßung der Finanzverwaltung ist oftmals, dass solche Wert-

schöpfungsbeitragsanalysen hingerechnet worden sind, wenn das

Ergebnis der Analyse sich nicht mit der Erwartung der Betriebs-

prüfung deckt.

Darum sage ich ja, man sollte das im Rahmen des Price Setting machen.

Unter Berücksichtigung der Werte, die man zu diesem Zeitpunkt aus der

Vergangenheit kennt, sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen

Entwicklung, bezogen auf die konkrete Geschäftstätigkeit der tested party

und mit einer realistischen Zukunftsprognose. Zudem können vertraglich An-

passungsmechanismen vereinbart werden. Ich meine, dass ein solches flexibles

System der Weg ist, eine Vielzahl von ansonsten schwierigen Betriebsprüfungs-

problemen zu vermeiden.

Sozusagen ein einfacher einseitiger Informationsaustausch mit den

zuständigen Prüfern, ohne in ein Vorabverständigungsverfahren

einzutreten?

In den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren haben wir eine entsprechende

Regelung zu der Frage, was ist in Zukunft wie zu dokumentieren, das heißt

bei der Frage, was überhaupt zu dokumentieren ist und was Grundlage der

Dokumentation ist. Wir haben eine Formulierung in den Verwaltungsgrund-

sätzen-Verfahren, dass sich die Betriebsprüfung einer Diskussion darüber nicht

verweigern soll. Das gilt auch dann, wenn sich die Diskussion nicht auf den

Prüfungszeitraum, sondern auf die Zukunft bezieht. Auf dieser Grundlage kann

versucht werden, ein in sich schlüssiges und vernünftiges Verrechnungspreis-

system mit der Betriebsprüfung für die Zukunft abzusprechen, auf dem die

Dokumentation dann beruht, sicherlich nicht bis in das kleinste Detail, aber

doch in Grundsätzen. Wobei dies hat nun nichts mehr mit dem Thema BEPS

zu tun.

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Schwerpunktthemen 2014

52 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Nicht unmittelbar, aber es kann natürlich sein, dass bestimmte aus

BEPS resultierende Themen die Steuerpflichtigen vermehrt in die

Richtung treiben, Probleme proaktiv anzugehen.

Ich persönlich denke, es ist für die Steuerpflichtigen hilfreich, wenn sie sich

im Vorfeld mit der Finanzverwaltung abstimmen, um zumindest die „Heimat-

finanzverwaltung“ auf der eigenen Seite zu haben. Das wird jedoch nur in Form

einer informellen Absprache möglich sein, mittels der gewisse „Leitplanken“

eingezogen werden, sodass man im Ansässigkeitsstaat keine Probleme

bekommt. Allerdings bedeutet dies nicht, dass wir dazu eine Art unilaterales

APA abschließen werden.

Maßnahme 13: Dokumentation/Country-by-Country-Reporting

Das jüngst veröffentlichte Papier zur Dokumentation von

Verrechnungspreisen sieht eine deutliche Ausweitung der

Dokumentationserfordernisse von Steuerpflichtigen vor. So wird

die Notwendigkeit der Qualität der Informationen in Masterfile

und Local File deutlich stärker betont. Darüber hinaus soll die

Dokumentation um eine dritte Säule, dem sog. Country-by-Country-

Reporting (CbCR), erweitert werden. Inwieweit beabsichtigt die

deutsche Finanzverwaltung, die Anforderungen eines CbCR in

Deutschland umzusetzen? Haben die Ankündigungen von Ländern

wie zum Beispiel UK, dass sie das CbCR zeitnah einführen wollen,

Einfluss auf die Umsetzung in Deutschland?

Wenn Anfang nächsten Jahres der Implementierungsteil zu CbCR vorliegt,

werden wir uns diesen genauer ansehen. Da es dabei um die Dokumentation

von Verrechnungspreisen geht, habe ich auch die Absicht, in einen Meinungs-

austausch mit den deutschen Unternehmen einzutreten, bis wann aus ihrer

Sicht das CbCR realistisch umgesetzt werden kann. Zudem bin ich der

Meinung, dass in diesem Zusammenhang eine ganze Menge rechtlicher

Fragestellungen zu klären sind. Zum Beispiel, wem muss das gesamte

Dokumentationspaket übergeben werden und welcher Mechanismus kommt

bei dessen Austausch konkret zur Anwendung. Hierbei gibt es eine Vielzahl von

offenen Fragen, da beispielsweise in den DBA gewisse normative Grenzen für

die Weitergabe von Informationen enthalten sind. Des Weiteren haben wir das

Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten, das heißt, wir haben

verfassungsrechtliche Probleme, wenn wir ungefiltert Daten von Unternehmen

an andere Finanzverwaltungen weitergeben. Dazu müssen bestimmte

Voraussetzungen erfüllt sein, derzeit stellt sich dies für mich einigermaßen

schwierig dar.

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 53

Sofern die Finanzverwaltung eines anderen Staats die Daten in

Deutschland anfordert, gibt es eine Anhörungspflicht für den

Steuerpflichtigen. Wie sehen Sie diesen Aspekt in dem Zusammen-

hang?

Ja, im Zweifel, wenn der Steuerpflichtige nicht damit einverstanden ist, geht

das dann im vorbeugenden Rechtsschutz auch vor Gericht. Und das Gericht

wird sich nicht dafür interessieren, was die OECD bei BEPS vorgegeben hat,

sondern es wird anhand von innerstaatlichen Rechtsgrundlagen entscheiden.

Und da wird zum Beispiel auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf-

kommen.

Die Datenübermittlung könnte beispielsweise in einem DBA geregelt

und über ein Auskunftsersuchen angefordert werden.

Richtig. Hierbei wäre nach derzeitigem Stand zu prüfen, ob der andere Staat die

Informationen überhaupt benötigt bzw. aus welchem Grund er sie anfordert,

zum Beispiel ob sie für seine Verrechnungspreise tatsächlich von Bedeutung

sind. Diese Fragen sind aus deutscher Sicht nicht so einfach zu klären, auch

wenn die OECD relativ einfach darüber hinwegzugehen scheint.

Bedeutet dies, dass es in Deutschland zu keiner faktischen Pflicht

zur Umsetzung des CbCR kommt, nur weil dieses in einigen Ländern

tatsächlich umgesetzt wird und Deutschland damit in Zugzwang

kommt, ebenfalls bestimmte Umsetzungen vorantreiben zu müssen?

Wir können über unsere rechtlichen Grenzen nicht deswegen hinweg, weil

andere Staaten das wollen oder vormachen. Des Weiteren können die

staatlichen Vorstellungen von Vorschriften, Regelungen usw. in den einzelnen

Ländern sehr unterschiedlich sein. Ich denke, man tut sich keinen Gefallen,

wenn man Regelungen schafft, die sich dann am Ende nicht tragen. Wenn

Länder, wie Brasilien, Indien, China, Italien, UK oder Frankreich CbCR-

Regelungen einführen, bedeutet dies als solches noch nicht, dass dies auch in

Deutschland rechtmäßig ist.

Die Frage wäre aber, wenn andere Länder anfangen, diese

Informationen einzuholen, ob sich die deutsche Finanzverwaltung

nicht schlechter stellen möchte und daher ebenfalls die rechtlichen

Rahmenbedingungen schafft, um an diese Informationen zu

kommen.

Zunächst ist das noch kein rechtlich haltbares Argument. Und Sie bemerken

meine Skepsis, inwiefern das auch rechtlich so einfach durchsetzbar ist. Ich

kann das noch nicht abschließend beurteilen, aber wir werden sicherlich

auch noch intensiv mit dem Verfassungsreferat und mit den DBA-Referaten

sprechen, inwiefern Rechtsgrundlagen für so etwas vorhanden sind oder

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Schwerpunktthemen 2014

54 Transfer Pricing Perspective Deutschland

geschaffen werden müssen. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit ein

Verfassungsprinzip, über das man nicht einfach hinweggehen kann.

Die hohe Transparenz eines CbCR birgt aus unserer Sicht die

Gefahr, dass manche Länder die Informationen, die Kenntnis

über die Aufteilung von Gewinnen und Steuern einseitig zu ihren

Gunsten ausnutzen. Sehen Sie diese Gefahr ebenfalls und falls ja,

kann vor diesem Hintergrund den Steuerpflichtigen ein CbCR

zugemutet werden, ohne dass alle Länder, denen ein derartiger

Informationszugriff gewährt wird, einer binding arbitration, also

einem Verständigungsverfahren mit Einigungszwang, zustimmen?

Eine relativ schwierige Frage deswegen, weil ich keinen anderen Staat daran

hindern kann, innerstaatlich entsprechende Verpflichtungen einzuführen. Auf

der anderen Seite ist es sicherlich so, dass wir Verständigungsverfahren mit

Staaten haben, mit denen wir ein DBA abgeschlossen haben und mit denen

Verständigungsverfahren auch funktionieren. Wenn aber Staaten Konsequenzen

ziehen, mit denen wir ein DBA haben, aber kein Verständigungsverfahren

durchführen können, oder wenn wir Staaten haben, mit denen gar kein DBA

besteht, dann ist natürlich das Risiko einer dauerhaften Doppelbesteuerung

relativ groß. Und wenn keine Instrumente vorhanden sind, um diese zu lösen,

dann halte ich das schon für ein ernstes Problem.

Aber zumindest ist es überlegenswert, ob man bei den Ländern, mit

denen es ein DBA gibt, proaktiv Verhandlungen aufnimmt, um die

DBA-Regelungen zum CbCR aufzunehmen und den Informations-

austausch zu regeln.

Aus meiner Sicht ist unklar, ob spezielle Regelungen zu CbCR erforderlich

oder machbar sind. Denn soweit Informationen betroffen sind, die für die

Besteuerung notwendig sind, gibt es bereits heute den Auskunftshilfeartikel.

Für Informationsanforderungen, die darüber hinausgehen, ist unklar, ob ein

DBA tatsächlich eine ausreichende Grundlage dafür sein oder auch werden

kann, Informationen weiterzugeben, von denen ich selber überzeugt bin, dass

der andere Staat diese für seine Verrechnungspreisbestimmungen gar nicht

benötigt. Die deutsche Position ist auf jeden Fall, dass ein Streitbeilegungs-

mechanismus benötig wird, um die mit dem CbCR verbundene Transparenz

auszubalancieren. Darüber hinaus kann man noch anfügen, dass ich glaube,

dass zahlreiche Staaten derzeit von ihrem (Verrechnungspreis-)Know-how und

ihren Ressourcen gar nicht in der Lage sind, ohne Weiteres Verständigungs-

verfahren oder auch Schiedsverfahren in dem Umfang zu führen, wie das

vielleicht notwendig werden würde. Insbesondere die Ressourcen wären in

diesem Zusammenhang auch ein Thema für Deutschland, weil zusätzliche

Kapazitäten beim Bundeszentralamt für Steuern sowie bei den Bundesländern

(wo auch die Daten liegen) erst geschaffen werden müssten. Ich möchte nicht

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Transfer Pricing Perspective Deutschland 55

verheimlichen, dass ich bei den Dokumentationspflichten, insbesondere

beim CbCR, große Probleme sehe. Beim bisherigen Ansatz auf Ebene der

Europäischen Union, mit Masterfile und Local File, hatten wir die arbitration

im Hintergrund. Das war die Klammer, die die ganze Diskussion eigentlich

erst ermöglicht hat. Aber weltweit haben wir das nicht. Vielleicht gibt es eine

Möglichkeit, so etwas über das multilaterale Instrument zu schaffen, aber das

wäre zunächst auch nur für das Papier, da die Kapazitäten und das Know-how

in den beteiligten Ländern nicht automatisch mit dem Abschluss eines Vertrags

hergestellt werden. Ich bin durchaus für Dokumentation und für Transparenz,

aber das ist kein Selbstzweck.

Wir stellen fest, dass in der Praxis teilweise die Gefahr gesehen

wird, dass die umfangreichen Daten eines CbCR dazu genutzt

werden könnten, eine Besteuerungsbasis mehr oder weniger stark

an bestimmten Verteilungsschlüsseln festzumachen (Kosten, Anzahl

Mitarbeiter, etc.) Ist das CbCR aus Ihrer Sicht ein erster Schritt zum

global formulary apportionment?

Das habe ich zunächst auch so gesehen. Inzwischen hat aber die OECD in

das Papier hineingeschrieben, dass diese Informationen nur für das Risiko-

management verwendet werden dürfen, also nicht für eine eigentliche

Korrektur im Rahmen von Betriebsprüfungen. Das ist eben auch so ein Punkt,

wo sich die Staaten, die G20, die das verabschieden wollen, verpflichten

müssten, die Daten des CbCR nicht für Korrekturen zu nutzen. Inwiefern das

dann auch praktisch überprüfbar ist und praktisch nicht so verwendet wird, ist

dann nochmal eine ganz andere Frage.

In der Praxis wird natürlich die Gefahr gesehen, dass die Staaten es

dann doch tun, wenn die Informationen einmal vorliegen. Sehen Sie

diese Gefahr ebenso?

Ja, diese Gefahr sehe ich auch. Je weniger es gelingt, verbindliche Streitbei-

legungsmechanismen auf der Grundlage des Fremdvergleichsgrundsatzes zu

installieren, wie gesagt, am besten wäre arbitration, umso schwieriger wird

es. Und umso mehr sind die Unternehmen der Gefahr ausgesetzt, mit einer

dauerhaften Doppelbesteuerung leben zu müssen. Das ist auch nicht im

Interesse der Staaten, die Sitzstaaten für multinationale Unternehmen sind.

Hierzu gehört auch die Bundesrepublik Deutschland. Dabei ist auch zu

bedenken, dass die Doppelbesteuerung die Konkurrenzfähigkeit eines Unter-

nehmens beeinträchtigen kann, an der auch der Sitzstaat ein massives Interesse

hat.

Gibt es außenpolitische Bedenken, dass durch das CbCR Deutsch-

lands Steueraufkommen zu transparent wird und ärmere Staaten

hierdurch ihre politische/wirtschaftliche Einstellung zu hoch

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Schwerpunktthemen 2014

56 Transfer Pricing Perspective Deutschland

entwickelten Industriestaaten wie Deutschland möglicherweise

überdenken?

Das ist eigentlich keine Frage der Außenpolitik, vielmehr geht es genau um die

Frage, wie Transparenz auf eine faire Art und Weise ausbalanciert werden

kann. Dies wird ein Thema im Rahmen der Implementierung sein. Aber ich

befürchte, dass die deutschen Bedenken, die durchaus existieren, international

von den anderen Staaten, auch von Industriestaaten, nicht in dem Umfang oder

in der Deutlichkeit geteilt werden. Es könnte daher schwierig für die Bundes-

republik werden, da etwas zu erreichen.

Der veröffentlichte OECD-Bericht unterstreicht die klare Präferenz

der OECD für eine zeitnahe Dokumentation und einer Abgabe mit

Einreichung der Steuererklärung. Welche Überlegungen gibt es

diesbezüglich vonseiten des BMF?

Wir haben bei den Dokumentationspflichten ausdrücklich von einer generellen

zeitnahen Dokumentation Abstand genommen. Ich sehe auch noch nicht die

wirkliche Notwendigkeit, das zu ändern, zumindest aus fachlicher Sicht. Aber

wenn die Unterlagen künftig für Zwecke des Risikomanagements genutzt

werden sollen und wir auch die Informationen von anderen Staaten bekommen,

zum Beispiel bezogen auf deutsche Tochtergesellschaften ausländischer

Konzerne, dann wird es notwendig, dass jede Muttergesellschaft in ihrem

Sitzstaat die entsprechenden Unterlagen frühzeitig abgibt, um den Auskunfts-

austausch zu ermöglichen.

Manche Länder machen die Befreiung von Sanktionen auch davon

abhängig, dass zeitnah zum Beispiel in der Steuererklärung bestätigt

werden muss, dass eine Verrechnungspreisdokumentation vor-

handen ist. Gibt es dahin gehend beim BMF Überlegungen?

Über Sanktionen denken wir derzeit nicht nach, da uns das Ganze doch einiger-

maßen heikel erscheint. Wir warten ab, was bei der Implementierung heraus-

kommt.

Thema Materialitätsgrenzen: Die OECD erwähnt in ihrem Bericht

auch, dass die Einführung von Materialitätsgrenzen grundsätzlich

in Erwägung gezogen werden sollten. Gibt es Überlegungen, zu-

sätzlich zu den Erleichterungen des § 6 GAufzV (Kleinunternehmer-

regelung) Materialitätsgrenzen einzuführen?

Bei der OECD gibt es dazu Diskussionen. Nach meiner Meinung könnten beim

CbCR und bei der kurzfristigen Abgabe Größengrenzen eingeführt werden. Die

Dokumentationspflichten könnten ansonsten unberührt belassen werden.

Grundsätzlich sind das aus meiner Sicht zwei verschiedene Dinge, da das eine

dafür benötigt wird, um eine Risikoeinschätzung durchzuführen, während das

andere benötigt wird, um eine Betriebsprüfung durchzuführen. In diesem

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Schwerpunktthemen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 57

Kontext wird sicherlich noch mal darüber nachgedacht, ob die Grenzen unter-

schiedlich gesetzt werden sollten bzw. ob die Grenzen der Gewinnabgrenzungs-

aufzeichnungsverordnung (GAufzV) angepasst werden sollten. Dazu gibt es

noch keine feste Position.

Maßnahme 15: Entwicklung eines multilateralen Übereinkommens

zur Anpassung bilateraler Steuerabkommen

In diesem Bericht wird untersucht, ob ein multilaterales Überein-

kommen zur synchronisierten Umsetzung der auf Steuerabkommen

gerichteten BEPS-Maßnahmen in die bilateralen DBAs wünschens-

wert und umsetzbar ist. Für wie realistisch halten Sie es, dass ein

derartiges multilaterales Übereinkommen verabschiedet wird?

Das wäre eventuell eine Möglichkeit, um eben einen internationalen Streit-

schlichtungs-mechanismus zu implementieren. Darüber hinaus könnte

eventuell auch die Legitimation, die Dokumentation bzw. das CbCR zu

verlangen, davon abhängig gemacht werden, dass der betreffende Staat bei

diesem multilateralen Übereinkommen mitwirkt. Es ist aber unklar, ob dies ein

realistisches Szenario ist. Bislang gibt es nur die Überlegung, dass man die DBA

mit Hilfe des multilateralen Instruments schneller anpassen möchte. Ein Streit-

schlichtungsmechanismus würde in dem Fall auch Staaten betreffen, mit denen

gar kein DBA besteht. Da müsste man dann – ähnlich wie für Exchange of

Information – Abkommen speziell zu Verrechnungspreisen abschließen, in

Hinblick auf die DBA Artikel 7 und Artikel 9 und auf den Artikel zu Schieds-

und Verständigungs-verfahren. Denkbar wäre das, aber es erscheint fraglich,

ob es dazu kommt. Wir fänden das sicherlich gut.

Wir glauben, die deutschen Konzerne auch. Weil gerade mit

Staaten wie Brasilien, doch große Unsicherheit herrscht und es

entsprechende Probleme gibt, wenn keine entsprechenden DBAs

vorliegen.

Genau das kann große Probleme verursachen. Wie gesagt, die ganze Sache

muss man insgesamt in der Entwicklung auf der Zeitschiene sehen. Das heißt,

wir werden sicher etwas bekommen, aber es wird dauern, und es wird weitere

Adjustierungen erfordern, bis eine in sich stimmige Lösung gefunden ist, die

sowohl das Informationsbedürfnis der Finanzverwaltung erfüllt als auch über-

bordend hohe Bürokratiekosten vermeidet. Ganz einfach stelle ich mir das nicht

vor. Aus rechtlicher Sicht gibt es den Experten zufolge keine Bedenken, dass

dazu so etwas wie ein multilaterales Instrument theoretisch zumindest möglich

ist. Inwiefern das aber tatsächlich von der OECD betrieben wird, kann ich nicht

sagen.

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Schwerpunktthemen 2014

58 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Maßnahme 14 (noch ausstehend): Verbesserung der Verwaltungs-

arbeit in Verständigungs- und Schiedsverfahren

Aufgrund dessen, dass Sie Mitglied im EU-Verrechnungspreisforum

sind: Was wäre Ihr Vorschlag, wie die arbitration procedures (EU

Arbitration Convention) bzw. Verständigungsverfahren nach Art. 25

OECD-Musterabkommen schneller bzw. effizienter gemacht werden

können?

Mein Vorschlag, der allerdings kaum kurzfristig realisierbar sein dürfte, wäre,

dass nach Möglichkeit dafür gesorgt wird, dass die sogenannten kleineren

bzw. Routine- und risikoarmen Fälle auf andere Art und Weise als über

Verständigungs- und Schiedsverfahren gelöst werden. Hierzu hat das EU Joint

Transfer Pricing Forum schon gewisse Vorarbeiten geleistet und vielleicht

könnte auf diesem Weg noch weitergegangen werden. Zu Nichtbeanstandungs-

grenzen, also sogenannten Safe Harbours, hat die OECD ebenfalls bereits Über-

legungen angestellt. Möglicherweise kann an dieser Stelle mit widerlegbaren

Vermutungen gearbeitet werden, sodass die Staaten, wenn sie etwas aufgreifen,

was innerhalb der Nichtbeanstandungsgrenzen liegt, eine erhöhte Nachweislast

für das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Fremdvergleichsgrundsatz haben.

Jedenfalls besteht das Bedürfnis, jene Stellen, die sich mit den Fällen in

den Verständigungs- und Schiedsverfahren auseinandersetzen, dadurch zu

entlasten, dass es relativ überschaubare Fälle einfach gar nicht bis in die

Verfahren schaffen. In der Folge würden sich die Verständigungs- und Schieds-

verfahren auf die wirklich schwierigen Fälle, mit Intangibles und dergleichen,

beschränken.

Wenn Sie sagen, dass kleinere Themen mittels Safe-Harbour-

Regelungen gar nicht erst bis in die großen Verfahren hochkommen

sollen, dann weil es in dem jeweiligen Land schon gar nicht zu einer

entsprechenden Anpassung kommen darf?

Beispielsweise könnte eine Festlegung bedeuten, dass eine Marge von 5 bis

10 Prozent (Bandbreite) für eine Vertriebsgesellschaft angemessen ist und im

Regelfall 7,5 Prozent verwendet werden sollten. Der Steuerpflichtige könnte

argumentieren, warum er zum Beispiel bei 5 Prozent oder bei 10 Prozent oder

dazwischen landet bzw. er müsste darlegen, dass er die Höhe der Marge nicht

einfach anhand des jeweiligen Steuergefälles festlegt, sondern dass es dafür

funktionale Gründe gibt. Dies könnte akzeptiert werden, es sei denn, der

betreffende Staat hat wirklich gewichtige Indizien dafür, dass das Ergebnis

dem Fremdvergleichsgrundsatz widerspricht. Ein solches Vorgehen würde eine

Menge Fälle abräumen, entsprechendes Personal könnte für die schwierigeren

Fälle eingesetzt werden.

Eine weitere Entlastungsmöglichkeit wären nach meiner Meinung joint audits.

Das gilt natürlich nicht für alle Fälle, sondern nur für Fälle, die von den

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Schwerpunktthemen 2014

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beteiligten Staaten für attraktiv und angemessen gehalten werden. Aber es wäre

sicher eine Möglichkeit, in einer laufenden Betriebsprüfung in einem Staat, in

dem eine Änderung vorgesehen ist, den anderen Staat einfach hinzuzuziehen

und so zu vermeiden, dass ein formelles Verständigungsverfahren durchgeführt

werden muss. Voraussetzung hierfür ist, dass die beiden Betriebsprüfer sich

über den Sachverhalt und die Rechtsfolgen einigen. Die competent authorities

hätten das Ergebnis nur im Hinblick auf Plausibilität und politischer Pass-

fähigkeit zu überprüfen. Das könnte die Verfahren deutlich vereinfachen und

verbessern.

Herr Naumann, vielen Dank für das Interview.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

60 Transfer Pricing Perspective Deutschland

B Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition vom 16. Dezember 2013 hat sich die

Bekämpfung von Steuerhinterziehung und die Eindämmung von Steuer-

vermeidung zum Ziel gesetzt und die deutsche Unterstützung der BEPS-

Initiative bekräftigt. Die Durchführung von zahlreichen nationalen Maßnahmen

zur Bekämpfung grenzüberschreitender Gewinnverlagerungen international

agierender Unternehmen ist beabsichtigt. Das hat verrechnungspreisrelevante

Themen zu einem Schwerpunkt der politischen Agenda des Jahres 2014

gemacht. Die am 1. Januar 2015 in Kraft getretene Gesetzesänderung zur

Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige hat im Zuge der aktuellen

prominenten Selbstanzeigen großes öffentliches Interesse erregt und ein

gesetztes Ziel des Koalitionsvertrags erfüllt.

Außerdem wurde die viel diskutierte Betriebsstättengewinnaufteilungs-

verordnung am 10. Oktober 2014 verabschiedet. Diese behandelt die nationale

Umsetzung des Authorised OECD Approach in § 1 AStG, beinhaltet jedoch

zahlreiche Unsicherheiten, die teilweise inkonsistent zu den Vorgaben der

OECD sind und das Risiko der Doppelbesteuerung mit sich führen, wie in

zwei Beiträgen kritisch reflektiert wird.

In weiteren Beiträgen werden die Urteile (1) des Oberlandesgerichts Frankfurt

am Main vom 5. Dezember 2013 zur Bewertung von Unternehmensteilen im

Rahmen von steuerlichen Funktionsverlagerungen, (2) des Finanzgerichts

Brandenburg vom 30. Januar 2013 zur Korrektur von Teilwertabschreibungen

auf grenzüberscheitende Darlehen aufgrund von fehlenden Sicherheiten sowie

(3) des Bundesfinanzhofs vom 31. Januar 2013 zur doppelten Besteuerung von

verdeckten Gewinnausschüttungen mit Ertragsteuern und Schenkungsteuer

behandelt.

Darüber hinaus beschäftigen sich Beiträge mit den Fragen, wann eine Weiter-

belastung der Grunderwerbsteuer bei Restrukturierungen im Konzern zulässig

ist, wie Synergien im Rahmen von Funktionsverlagerungen aufgeteilt werden

können sowie mit dem aktuellen Stand zur Problematik des Treaty Override in

der Verrechnungspreispraxis.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 61

1 Der Koalitionsvertrag – steuerliche Implikationen der Großen Koalition

Von Dr. Claudia Dahle, Dr. Christoph Sommer und Kati Fiehler

Durch Unterschrift haben sich CDU, CSU und SPD am

16. Dezember 2013 auf einen Koalitionsvertrag mit dem Titel

„Deutschlands Zukunft gestalten“ geeinigt. Einige der an-

gekündigten Strategien der neuen Bundesregierung sind die

Bekämpfung von Steuerhinterziehung sowie die Eindämmung

von Steuervermeidung. Als zentrale steuerpolitische Aufgabe

wird hierbei der Kampf gegen grenzüberschreitende Gewinn-

verlagerungen international agierender Unternehmen, im

Speziellen die Unterstützung der OECD-Initiative zu BEPS

durch Implementierung von legislativen Steuermaßnahmen,

genannt. Während der Koalitionsvertrag lediglich potenzielle

Veränderungen und Maßnahmen im Bereich Steuern aufzeigt, ist

die grundsätzliche Ausrichtung der zukünftigen Steuerpolitik

deutlich erkennbar. Der folgende Artikel gibt einen groben Über-

blick über die steuerrelevanten Inhalte des Koalitionsvertrags.

Gegenstand des Koalitionsvertrags

„Steuerhinterziehung bekämpfen – Steuervermeidung eindämmen“

Im dritten Abschnitt des Koalitionsvertrags zum Thema „Solide Finanzen“

widmet sich die Große Koalition explizit der Bekämpfung von Steuerhinter-

ziehung und der Eindämmung von Steuervermeidung. Der Fokus der neuen

Bundesregierung liegt hierbei zum einen auf der Vermeidung doppelter Nicht-

besteuerung von Einkünften und zum anderen auf der Vermeidung eines

doppelten Betriebsausgabenabzugs. Integraler Eckpfeiler der Steuerpolitik ist

neben dem Kampf gegen grenzüberschreitende Gewinnverlagerungen von

multinationalen Unternehmen die Vermeidung von schädlichem Steuer-

wettbewerb zwischen den Ländern.

Darüber hinaus bekräftigt die Große Koalition die Unterstützung der BEPS-

Initiative der OECD, deren Abschluss derzeit für 2015 vorgesehen ist. Sollte

eine fristgerechte Umsetzung der Ziele der Initiative nicht realisierbar sein,

sollen rein nationale Maßnahmen zur Zielerreichung implementiert werden.

Sofern notwendig, wird die Große Koalition dementsprechend gesetzgeberisch

den Initiativen auf OECD-Ebene vorangehen.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

62 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Angeführte Beispiele für nationale Maßnahmen der deutschen Bundesregierung

beinhalten:

● Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zahlungen an Briefkasten-

firmen, die keine hinreichende aktive Geschäftstätigkeit nachweisen können

● Ausweitung des Anwendungsbereichs der EU-Zinsrichtlinie auf alle Kapital-

einkünfte und alle natürlichen und juristischen Personen45

● Einführung eines öffentlichen Registers für alle wirtschaftlich Beteiligten an

Trust-Konstruktionen nach dem Vorbild des Geldwäschegesetzes

● Sicherstellung einer korrespondierenden steuerlichen Abziehbarkeit von

Lizenzaufwendungen mit einer angemessenen Besteuerung der Lizenz-

erträge im Empfängerland

● gezieltes Einsetzen eines Schnellreaktionsmechanismus46 sowie Ernennung

des Bundeszentralamts für Steuern zum zentralen Ansprechpartner der

Steuerfahndungsstellen und Finanzverwaltungen der Bundesländer zur

Erkennung und Unterbindung von Umsatzsteuerbetrug

● konsequenter Kampf gegen die Steuervermeidung durch die Nutzung von

Offshorefinanzplätzen

● Weiterentwicklung der Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige, zum

Beispiel das Wirksamwerden der Selbstanzeigen von vollständigen Angaben

zu steuerrechtlich unverjährten Zeiträumen (zehn Jahre) abhängig machen47

● aufsichtsrechtliche Sanktionen bis hin zum Lizenzentzug bei systematischen

Verstößen von Banken gegen das Steuerrecht

Zusätzlich zu den vorgenannten Maßnahmen soll die neue deutsche

Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) dazu

verwendet werden, die Steuerhinterziehung und Steuervermeidung einzu-

dämmen. Neben den nationalen Regelungen strebt die Große Koalition daher

45 Redaktioneller Hinweis: Am 24.03.2014 hat der Rat der Europäischen Union eine

Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie beschlossen. Außerdem hat die EU am 14.10.2014

eine Erweiterung der EU-Amtshilferichtlinie beschlossen. Beides muss bis 2017 in

nationales Recht umgesetzt werden. 46 Redaktioneller Hinweis: Mit der Richtlinie 2013/42/EU wurde ein sog. Schnell-

reaktionsmechanismus in Art. 199b MwStSystRL geschaffen, um den Umsatz-

steuerbetrug zu bekämpfen. 47 Redaktioneller Hinweis: Die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige wurden

durch das „Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes

zur Abgabenordnung“ vom 22.12.2014 verschärft (siehe Kapitel B 1.2 „Bericht der

Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern zur Evaluierung der strafbefreienden

Selbstanzeige“).

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 63

an, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung durch Abschluss neuer

bilateraler DBAs zu vermeiden.48

Transparenz und Informationsaustausch mit

ausländischen Steuerbehörden

Zur Herstellung einer größeren Transparenz in internationalen Steuersachen

gegenüber Finanzverwaltungen wird die Große Koalition entsprechend den

europäischen Regelungen (Country-by-Country-Reporting) länderspezifische

Berichterstattungen zwischen den Steuerverwaltungen der Länder einführen.

Diese sollen insbesondere Daten über Gewinne/Verluste sowie gezahlte Steuern

im Bankensektor sowie den Rohstoffhandel erfassen.

Ebenfalls wird eine Revision des OECD-Musterabkommens zum Informations-

austausch mit dem Ziel eines automatischen steuerlichen Informationsaus-

tauschs als Standard angestrebt.49 In der Zwischenzeit sollen in Anlehnung

an die bereits kontrahierten Vereinbarungen mit sechs EU-Staaten weitere bi-

und multilaterale Vereinbarungen über einen automatischen Informations-

austausch abgeschlossen werden.

Darüber hinaus haben sich die Parteien für eine Unterstützung der

Harmonisierung der Besteuerung von Körperschaften in der EU ausgesprochen.

Eines der Hauptziele der Harmonisierungsbestrebungen ist die Einführung

einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage.

Fazit

Obwohl der Koalitionsvertrag lediglich Indizien für potenzielle Änderungen

der deutschen Steuerpolitik liefert, wird die Richtung der neuen Regierung in

Bezug auf die Steuerpolitik deutlich: der Kampf gegen Steuerhinterziehung und

Steuervermeidung mit einem besonderen Fokus auf Gewinnverlagerungen von

international agierenden Unternehmen. Steuerpflichtige sollten demzufolge die

Auswirkungen der deutschen Steuernovellierungen auf ihre unternehmerischen

Strukturen und Entscheidungen berücksichtigen.

48 Redaktioneller Hinweis: Am 28.03.2014 wurde ein neues DBA zwischen Deutschland

und China unterzeichnet, welches voraussichtlich 2016 in Kraft tritt. 49 Redaktioneller Hinweis: Am 15.07.2014 wurde das OECD-Musterabkommen

hinsichtlich des Standards zum automatischen Informationsaustausch (Art. 26)

aktualisiert. Am 29.10.2014 haben 51 Staaten die Änderungen in Form einer

multilateralen Übereinkunft in Berlin unterzeichnet.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

64 Transfer Pricing Perspective Deutschland

2 Bericht der Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern zur Evaluierung der strafbefreienden Selbstanzeige

Von Dr. Claudia Dahle und Dr. Christoph Sommer

Die von den Staatssekretären mit der Evaluierung der straf-

befreienden Selbstanzeige im Sinne der §§ 371 und 398a AO

beauftragte Arbeitsgruppe hat am 18. Februar 2014 ihren ersten

Bericht50, vorgelegt.51 In diesem hat sich die Arbeitsgruppe für die

Beibehaltung der strafbefreienden Selbstanzeige ausgesprochen,

zugleich aber mögliche Modifikationen zur Verschärfung des

Rechtsinstituts ausgearbeitet. Damit wird auch einer Maßgabe des

zwischen CDU, CSU und SPD am 16. Dezember 2013 geschlossenen

Koalitionsvertrags entsprochen, da dieser unter anderem die

Prüfung der Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige vor-

sieht.52 Den Ergebnissen der Arbeitsgruppe sind die Finanzminister

von Bund und Ländern auf der Finanzministerkonferenz im

Wesentlichen gefolgt.53

Bericht der Facharbeitsgruppe

Auftrag der Arbeitsgruppe war es, möglichst sämtliche Optionen für eine

Weiterentwicklung der Vorschriften zur strafbefreienden Selbstanzeige und

das Absehen von einer Strafverfolgung ergebnisoffen zu untersuchen. Nach

Evaluation der Voraussetzungen für eine wirksame Abgabe der Selbstanzeige

aus verfassungsrechtlicher, fiskalischer und verwaltungsökonomischer Sicht

hat sich die Facharbeitsgruppe für die grundsätzliche Beibehaltung des Rechts-

instituts ausgesprochen. In der Zusammenfassung des Berichts heißt es, dass

punktuelle Modifikationen einschließlich Verschärfungen aus fachlichen

Gründen für möglich gehalten werden. Inhaltlich nennt der Bericht folgende

50 Vgl. Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern: „Evaluierung der §§ 371, 398a

Abgabenordung – Wesentliche Ergebnisse und Bericht der Facharbeitsgruppe“,

18.02.2014. 51 Redaktioneller Hinweis: Das „Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des

Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom 22.12.2014 ist am 01.01.2015

in Kraft getreten. Es beinhaltet eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn

Jahre sowie einen gestaffelten Zuschlag von 10 Prozent bei mehr als 25.000 Euro,

15 Prozent bei mehr als 100.000 Euro und 20 Prozent bei mehr als einer Million Euro.

Die Beschränkung des Hinterziehungsvolumens wurde somit von 50.0000 Euro auf

25.000 Euro gesenkt. 52 Vgl. Artikel 1 im Kapitel B Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht. 53 Vgl. BMF: „Strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung verschärft“,

27.03.2014.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 65

mögliche Ansatzpunkte für eine Verschärfung des Rechtsinstituts der

Selbstanzeige:

● Anpassung der Bedingung für eine Straffreiheit an strafrechtliche

Verjährungsregeln (zehn Jahre) anstatt wie bisher an steuerrechtliche

Verjährungsregeln (fünf Jahre)

● Ausschluss der Wirksamkeit der Selbstanzeige bei schwerer Steuerhinter-

ziehung (neben der derzeitigen Beschränkung auf das Hinterziehungs-

volumen von 50.000 Euro) sowie Absehen von Strafe auch in Fällen der

Steuerhinterziehung mit einem Hinterziehungsvolumen von weniger als

50.000 Euro nur bei gleichzeitiger Zahlung des Zuschlags von 5 Prozent

im Sinne des § 398a AO

● Einbeziehung von Hinterziehungszinsen von 6 Prozent in die sofortige

Nachzahlung

● Anhebung des Zuschlags nach § 398a AO auf 7,5 Prozent oder als Staffelung

von 2 bis 10 Prozent ausgestaltet

Ansätzen wie der Abschaffung der Zuschlagszahlung nach § 398a AO zur

Erlangung der Straffreiheit, der Modifizierung der steuerrechtlichen

Verjährungsregeln durch Implementierung einer Anlaufhemmung bei

Steuerhinterziehung, dem steuerartenübergreifenden Berichtigungserfordernis,

der einmaligen Möglichkeit der Selbstanzeige im „Steuerleben“ (sog. Lebens-

beichte), der Verschärfung der Regelungen bei Auslandssachverhalten sowie

der Umwandlung des § 398a AO in eine Ermessensvorschrift für die Finanz-

verwaltung hat die Arbeitsgruppe aus rechtlichen Gründen eine Absage erteilt.

Abschließend weist die Facharbeitsgruppe auf die Schwierigkeiten und weiteren

Klärungsbedarf hinsichtlich des Anwendungsbereichs der strafbefreienden

Selbstanzeige bei Anmeldesteuern hin.

Finanzministerkonferenz am 27. März 2014

Den Ergebnissen und Empfehlungen der Arbeitsgruppe wurde von den

Finanzministern von Bund und Ländern auf der Finanzministerkonferenz

im Wesentlichen gefolgt.54 So sprachen sie sich für eine grundsätzliche Bei-

behaltung der strafbefreienden Selbstanzeige aus; allerdings sollen die Voraus-

setzungen verschärft werden. Unter anderem soll die Straffreiheit an die straf-

rechtlichen Verjährungsregeln von zehn Jahren angepasst, der Zuschlag nach

§ 398a AO auf 10 Prozent angehoben und die sofortige Bezahlung der Hinter-

ziehungszinsen von 6 Prozent als Bedingung für die Straffreiheit aufgenommen

werden. Ferner haben die Finanzminister beschlossen zu prüfen, ob das Ab-

sehen von Strafe auch in Fällen der Steuerhinterziehung mit einem Hinter-

54 Vgl. Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg: „Finanzminister

einigen sich auf erste Eckpunkte zur Verschärfung der Selbstanzeige“, 27.03.2014.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

66 Transfer Pricing Perspective Deutschland

ziehungsvolumen von weniger als 50.000 Euro nur bei gleichzeitiger Zahlung

des Zuschlags von 5 Prozent im Sinne des § 398a AO erfolgen soll sowie ob die

Einführung einer Obergrenze des Hinterziehungsvolumens für eine wirksame

Selbstanzeige in Betracht kommt.

Fazit und Ausblick

Aufgrund der Ergebnisse der Finanzministerkonferenz am 27. März 2014 sowie

des im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD klar formulierten Ziels

„Steuerhinterziehung bekämpfen – Steuervermeidung eindämmen“ kann mit

einer grundsätzlichen Beibehaltung, aber gesetzgeberischen Verschärfung der

strafbefreienden Selbstanzeige gerechnet werden. Die Koalitionsfraktionen von

CDU, CSU und SPD haben sich in der Bundestagssitzung am 2. April 2014 den

Ergebnissen der Finanzministerkonferenz angeschlossen. Weitere Arbeitsauf-

träge an die Facharbeitsgruppe im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens – ins-

besondere im Bereich der Anmeldesteuern sowie hinsichtlich der Abgrenzung

der Einordnung einer Korrektur der Steuererklärung in den Anwendungs-

bereich des § 153 AO oder in den Anwendungsbereich des § 371 AO – sind aber

nicht ausgeschlossen.

3 Anwendung des APA-Prozesses auf Betriebsstätten – potenzielle Risikominimierung vor dem Hintergrund des AOA

Von Kati Fiehler und Martin Dombrowski

Bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist es aus

Sicht der Steuerpflichtigen stets erstrebenswert, Unsicherheiten

und nicht absehbare Besteuerungskonflikte zu vermeiden. Den Weg

des APA-Prozesses zu beschreiten ist daher vielen Unternehmen

nicht fremd. Die Möglichkeit, bilateral gültige Verrechnungspreise

und Methoden für bis zu fünf Jahre mit den Finanzverwaltungen zu

vereinbaren, ist ein Instrument, um entsprechende Unsicherheiten

zu minimieren. Mit der Umsetzung des Authorised OECD Approach

(AOA) in nationales Recht könnten Advance Pricing Agreements

(APAs) nun auch für internationale Betriebsstätten an Bedeutung

gewinnen.

Grundlagen

Unter der Berücksichtigung bestimmter Voraussetzungen können zwischen

Steuerpflichtigem und Finanzverwaltungen bereits vor Realisierung eines

Sachverhalts Einigungen über Verrechnungspreismethoden dem Grunde und

der Höhe nach erzielt werden. Dieses für einen bestimmten Zeitraum und einen

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 67

konkreten Sachverhalt getroffene Arrangement ist verbindlicher Natur und

schafft Rechtssicherheit für den Steuerpflichtigen.

Ein solches APA kann sowohl unilateral, bilateral als auch multilateral aus-

gehandelt werden. Unilaterale APAs, die zwischen Unternehmen und Finanz-

behörde vereinbart werden, sind nur für seltene Ausnahmefälle vorgesehen

(z. B. wenn das Land des Transaktionspartners über kein APA-Programm

verfügt). Üblich sind bilaterale APAs zwischen zwei Staaten oder multilaterale

APAs, bei denen die Behörden mehrerer Staaten involviert sind.

APAs für Betriebsstätten

Da die Gewinnaufteilung für inländische Betriebsstätten ausländischer Unter-

nehmen bzw. für ausländische Betriebsstätten inländischer Unternehmen

mit Einführung des AOA aus deutscher Sicht uneingeschränkt dem Fremd-

vergleichsgrundsatz unterworfen wird, stellt sich die Frage, ob ein APA auch in

dieser Hinsicht eine valide Option für Steuerpflichtige darstellt, um Planungs-

und Rechtssicherheit zu erlangen.

Die neue gesetzliche Regelung in § 1 Abs. 5 AStG sowie der Entwurf55 der

Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV-E) vom 5. August 201356

enthalten zahlreiche Unsicherheiten im Hinblick auf Zuordnungs- und Ab-

grenzungsfragen. Wenngleich der BsGaV-E bereits viele Details hinsichtlich

der Umsetzung dieser Maßgaben nennt, bleiben insbesondere Zweifel, ob die

Finanzverwaltung die von den Unternehmen durchgeführten Zuordnungen und

Fiktionen identisch beurteilt. Sollte dem nicht so sein, drohen aufgrund der

nachgelagerten und oftmals langwierigen Prüfung neben den nachzuzahlenden

Steuern hohe zusätzliche Zinsen.

Entscheidend ist zunächst, ob APAs die in § 1 Abs. 5 AStG festgeschriebenen

Selbstständigkeitsfiktionen von Betriebsstätten umfassen oder ob lediglich

die darauf anzuwendenden Verrechnungspreise Gegenstand des Vorab-

verständigungsverfahrens und der Vorabzusage sein können. Zwar spricht

die Finanzverwaltung bezüglich des Zwecks der APAs lediglich von zu

harmonisierenden Verrechnungspreismethoden,57 im Weiteren wird aller-

dings bezüglich des Inhalts und des Umfangs des APA-Antrags von einer

55 Redaktioneller Hinweis: Am 18.10.2014 erfolgte die Zustimmung des Bundesrats

(siehe Kapitel B.4 „Grünes Licht des Bundesrats für die Betriebsstättengewinn-

aufteilungsverordnung“). 56 Vgl. Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten

nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungs-

verordnung – BsGaV), Entwurf vom 05.08.2013. 57 Vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2006, IV B 4-S 1341-38/06, Tz. 1.1.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

68 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Konkretisierung der Rahmenbedingungen durch den Steuerpflichtigen

gesprochen.58

Die von dem Steuerpflichtigen vorzulegenden Unterlagen und Aufzeichnungen

umfassen beispielsweise die „Darstellung der organisatorischen und operativen

Konzernstruktur“, die „Erläuterung der Funktionen und Risiken“, die

„wesentlichen Wirtschaftsgüter“, die „Darstellung der Beteiligungsverhältnisse“

sowie die „Beschreibung der Tätigkeitsbereiche“.59

Aus dieser Auflistung ist durchaus der Eindruck zu gewinnen, dass ein APA

auch die Ebene der Fiktion der Betriebsstätte und des Dotationskapitals sowie

die Zuordnung von Wirtschaftsgütern, Personenfunktionen und Risiken um-

fassen könnte. Zumindest die für eine Verständigung auf einen bi- oder multi-

lateral konsistenten Ansatz hinsichtlich der Fiktion einer Betriebsstätte nötigen

Unterlagen sind bereits Teil des deutschen APA-Prozesses.

In der Folge ist zu klären, wie die Gültigkeitsbedingungen bezüglich eines

solchen betriebsstättenbezogenen APA zu handhaben sind. Um die Wirkung

eines APA aufrechtzuerhalten, müssen Gültigkeitsbedingungen erfüllt bleiben,

die beispielsweise „gleichbleibende Beteiligungsverhältnisse“, eine „gleich-

bleibende Funktions-, Risiko- und Kapitalstruktur“ sowie ein „gleichbleibendes

Geschäftsmodell“ umfassen.60 Während die diesen Kriterien zugrunde

liegenden Sachverhalte bei verbundenen Unternehmen eher gesellschafts- und

schuldrechtlich fixiert sind und somit nicht kurzfristig und gegebenenfalls

ungewollt abgeändert werden können, unterfallen sie bei der Anwendung auf

Betriebsstätten einer konstanten Fiktion. Eine Fiktion ist im Hinblick auf

Belastbarkeit und Konstanz jedoch nicht mit vertraglichen Regelungen zu

vergleichen. Während beispielsweise eine Reorganisation oder Neuausrichtung

eines Mutterunternehmens im Hinblick auf die Gültigkeitskriterien eines APA

mit seinem Tochterunternehmen nicht grundsätzlich schädlich ist, wäre im Fall

einer Betriebsstätte die gesamte bisherige Fiktion anzupassen. Diese Anpassung

könnte gegen die Gültigkeitsbedingungen verstoßen und die Schutzwirkung des

APA gefährden oder erlöschen lassen.

Erhöhte Sensibilität und das Wissen um die potenzielle Gefährdung der

Gültigkeit von APAs seitens des Steuerpflichtigen sind daher dringend

angebracht.

58 Vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2006, IV B 4-S 1341-38/06, Tz. 3.1, dies wiederum

teilweise einschränkend Tz. 3.3. 59 Vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2006, IV B 4-S 1341-38/06, Tz. 3.5. 60 Vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2006, IV B 4-S 1341-38/06, Tz. 3.7.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 69

Fazit

Es wäre im Sinne des Steuerpflichtigen wünschenswert, dass per Anpassung

des nationalen APA-Antragsprozesses die Betriebsstättenbesonderheiten aus-

drücklich inkludiert werden. So könnte nicht nur Gewissheit hinsichtlich der

Verrechnungspreise erzielt werden, sondern auch bezüglich der zugrunde

liegenden Selbstständigkeitsfiktion.

Im Zuge einer solchen Anpassung würde es sich ebenfalls anbieten, die

Gültigkeitsbedingungen im Hinblick auf Betriebsstätten anzupassen oder

gesondert zu regeln. Je aggressiver der AOA zukünftig seitens der Finanz-

verwaltung in Betriebsprüfungen umgesetzt wird, desto größerer Beliebtheit

dürften sich betriebsstättenbezogene APAs in Zukunft erfreuen.

4 Grünes Licht des Bundesrats für die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung

Von Martin Dombrowski und Stephanie Wahlig

Am 10. Oktober 2014 stimmte der Bundesrat dem aktuellsten

Entwurf der „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichs-

grundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außen-

steuergesetzes“ zu. Die bereits im Entwurfsstadium viel diskutierte

Konkretisierung der Umsetzung des Authorised OECD Approach

(AOA) in § 1 AStG ist nun für Wirtschaftsjahre, die nach dem

31. Dezember 2014 beginnen, anzuwenden.

Gewinnabgrenzung bei internationalen

Betriebsstättensachverhalten

Die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) ist in sieben Ab-

schnitte gegliedert. Der zentrale, erste Abschnitt befasst sich zunächst mit

allgemeinen Vorschriften, Begriffsbestimmungen und der im Rahmen der

Gewinnermittlung einer Betriebsstätte zu erstellenden Hilfs- und Neben-

rechnung. Anschließend wird die Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte

anhand von Zuordnungsregelungen für Funktionen, Wirtschaftsgüter sowie

Chancen und Risiken erläutert. Ebenfalls werden die Zuordnung von Dotations-

kapital sowie die sogenannten anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen

behandelt.

Die Abschnitte 2 bis 6 befassen sich mit den folgenden Sonderformen von

Betriebsstätten: Bank-, Versicherungs-, Bau- und Montage-, Förder- sowie

Vertreterbetriebsstätte. In Abschnitt 7 finden sich lediglich die obligatorischen

Schlussvorschriften.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

70 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Keine Anpassung der kritisierten Passagen

Leider fanden einige Aspekte, die seit der Veröffentlichung des ersten Entwurfs

am 5. August 2013 kritisiert wurden, dennoch Eingang in die finale Version der

BsGaV. Schwerwiegendste Punkte diesbezüglich sind die unterschiedliche

Behandlung von in- und ausländischen Betriebsstätten hinsichtlich des ihnen

zuzuweisenden Dotationskapitals (§§ 12, 13 BsGaV) sowie die unterschiedlichen

Zuordnungsmethoden für immaterielle Wirtschaftsgüter (§ 6 BsGaV) und

Beteiligungen, Finanzanlagen und ähnliche Vermögenswerte (§ 7 BsGaV).

Beispielsweise sieht die BsGaV bei der Bestimmung des Dotationskapitals von

ausländischen Betriebsstätten standardmäßig die Mindestkapitalausstattungs-

methode vor – diese wird von der OECD jedoch nur in Ausnahmefällen

toleriert. Durch diese methodischen Friktionen, welche auch inkonsistent

zu den Vorgaben der OECD hinsichtlich des AOA sind, entsteht für Steuer-

pflichtige das Risiko der Doppelbesteuerung. Ob der sich in Entwicklung

befindliche Betriebsstättenerlass des Bundesministeriums der Finanzen, der

im Laufe des nächsten Jahres veröffentlicht werden soll, es vermag, diese

Risiken zu senken, ist noch nicht abzusehen.

5 Einfluss von Handlungsalternativen auf die Aufteilung von Synergien bei Funktionsverlagerungen

Von Dr. Abraham Ackerman und Gerrit Halbach

Handlungsalternativen spielen bei der Aufteilung von Synergien

in der Verrechnungspreispraxis insbesondere bei der Bewertung

von Funktionsverlagerungen eine wichtige Rolle. Die Rechtsgrund-

lagenanalyse macht deutlich, dass Hinweise zu der Frage, wie

Handlungsalternativen zu berücksichtigen sind, fehlen. Daher

werden in diesem Beitrag mögliche methodische Ansätze vor-

gestellt, die im Einklang mit gesetzlichen Vorgaben und öko-

nomischer Theorie stehen.61

Rechtsgrundlagenanalyse

Inländische Rechtsgrundlagen

Die durch Synergieeffekte generierten positiven Barwerterwartungen sind

bei den jeweiligen Ertragswerten im Rahmen der Bewertung von Funktions-

61 Der Artikel ist eine Kurzfassung des umfassenden Artikels „Einfluss von Handlungs-

alternativen auf die Aufteilung von Synergien bei Funktionsverlagerungen“,

veröffentlicht in: Der Betrieb, Nr. 46, 15.11.2013, S. 2582.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 71

verlagerungen zu berücksichtigen.62 Die dadurch entstehenden Überrenditen

führen zur Entstehung eines Einigungsbereichs zwischen dem Verkäufer-

Mindestpreis des abgebenden Unternehmens und dem Käufer-Höchstpreis

des übernehmenden Unternehmens. Auf Ebene des ermittelten Einigungs-

bereichs stellt sich die Frage der Aufteilung von Synergien unter Berück-

sichtigung von Handlungsalternativen.63 Die Aufteilung der Synergieeffekte

hängt entscheidend von den konkreten Handlungsalternativen und der

Verhandlungsstärke der Unternehmen ab.64

Die Analyse der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) vom

12. August 2008 und der Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung

vom 13. Oktober 2010 zeigt hinsichtlich der Behandlung von tatsächlich

bestehenden Handlungsalternativen bei der Bewertung von Funktions-

verlagerungen, dass Handlungsalternativen unstrittig die Gewinnerwartung

und damit auch die Preisbestimmung beeinflussen,65 allerdings fehlen

Hinweise zu der Frage, wie diese zu berücksichtigen sind. Auch aus den

Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren 2005 lassen sich hierzu keine

Erkenntnisse gewinnen.

Sichtweise der OECD

Die problematisierte Aufteilung von Synergien hängt laut OECD neben dem

jeweiligen Funktions- und Risikoprofil und der Verhandlungsmacht der

beteiligten Unternehmen auch von den realistischerweise zur Verfügung

stehenden Alternativen ab.66 Leider bleibt laut den OECD-Ausführungen –

analog zu den inländischen Rechtsgrundlagen – ebenfalls die Frage unklar,

wie bestehende Handlungsalternativen zu berücksichtigen sind.

Unterschiedliche Herangehensweisen zur Berücksichtigung

von Handlungsalternativen für die Aufteilung von Synergien

am Beispiel der Funktionsverlagerung

Aufgrund der unklaren gesetzlichen Vorgaben zur Berücksichtigung von

Handlungsalternativen für die Aufteilung von Synergien finden Handlungs-

alternativen oftmals keinen Eingang in die Bewertung.

62 Vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 FVerlV vom 12.08.2008 sowie BMF-Schreiben vom 13.10.2010

(Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung), Rn. 93. 63 Vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 FVerlV vom 12.08.2008. 64 Vgl. BMF-Schreiben vom 13.10.2010, Rn. 93. 65 Vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 FVerlV vom 12.08.2008 sowie BMF-Schreiben vom 13.10.2010,

Rn. 85, 93. 66 OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2010, Rn. 9.149.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

72 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Bewertungsmethode auf Basis des § 1 Abs. 3 AStG

Für die Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs bei der Bewertung

von Funktionsverlagerungen kann auf die direkte oder die indirekte

Bewertungsmethode zurückgegriffen werden. Im Folgenden wird ein möglicher

Ansatz anhand der indirekten Methode diskutiert. Die indirekte Bewertung

resultiert in einem Einigungsbereich durch die Ermittlung des Mindestpreises

des verlagernden und des Höchstpreises des übernehmenden Unternehmens

jeweils aus einer Vorher-nachher-Betrachtung. Die implizierte Berück-

sichtigung von Handlungsalternativen auf Ebene des ermittelten Einigungs-

bereichs kann den auf Basis des Vorher-nachher-Vergleichs ermittelten

Mindest- bzw. Höchstpreis jedoch verändern.67 Beim abgebenden Unter-

nehmen wird zunächst von der Fortführung des Geschäftsbetriebs ohne

Änderungen ausgegangen. Jedoch stehen dem Unternehmen auch andere

Handlungsalternativen wie die Veräußerung, die Umstrukturierung oder

andere Optionen zur Verfügung. In analoger Weise ist auf Ebene des über-

nehmenden Unternehmens der Höchstpreis um den Wert der bestehenden

Handlungsalternative zu mindern.

Verhandlungstheorie

Beispielhaft für die ökonomischen Modelle im Bereich der Verhandlungstheorie

soll hier das sogenannte Nash-Verhandlungsmodell betrachtet werden. Dieses

ermittelt das Verhandlungsergebnis zwischen fremden Dritten, ohne den dabei

kompliziert zu modellierenden Verhandlungsprozess simulieren zu müssen.

Die Verhandlungslösung besteht darin, dass jeder „Spieler“ seine Handlungs-

alternativen (disagreement pay-offs) erhält sowie zusätzlich die Hälfte des

verbleibenden Mehrertrags (surplus) nach Abzug der Summe der beiden

disagreement pay-offs.

Fazit

Ausgehend von den inländischen Rechtsgrundlagen sowie den internationalen

OECD-Ausführungen ist keine spezielle Methode zur Berücksichtigung von

Handlungsalternativen für die Aufteilung von Synergien vorgeschrieben. Der

durch den Einfluss von Handlungsalternativen modifizierte Einigungsbereich

führt mathematisch zu dem identischen Ergebnis wie die Anwendung der Nash-

Verhandlungstheorie. Diese Erkenntnis zeigt, dass die Nash-Verhandlungs-

theorie in Bezug auf die Bewertung von Funktionsverlagerungen unseres

Erachtens rechtskonform ist.

67 Aufgrund der Berücksichtigung der Handlungsalternativen entsteht ein modifizierter

Einigungsbereich. Alternativ können die Handlungsalternativen die Festlegung des

Verrechnungspreises innerhalb des Einigungsbereichs beeinflussen.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 73

Abschließend lässt sich festhalten, dass der Einsatz von ökonomischen

Theorien als Hilfe zur Plausibilisierung von Verrechnungspreisen durchaus

sinnvoll ist. Innerhalb des – zwischen dem theoretischen Umfeld des Fremd-

vergleichs und dessen praktischer Anwendung bestehenden – Spannungsfelds

können ökonomische Theorien von hoher Praxisrelevanz sein.

6 Neues zur Bewertung – Anmerkungen zum Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2013

Von Holger Lorenzen und Nael Amin

Im Rahmen von steuerlichen Funktionsverlagerungen gemäß § 1

Abs. 3 Satz 9 AStG erfordert die Bestimmung des Transferpakets

oftmals die Bewertung von Unternehmen bzw. Unternehmens-

teilen. Die deutsche Finanzverwaltung ermittelt dabei die

Gewinnpotenziale als Barwerte der aus der Funktion jeweils zu

erwartenden Reingewinne nach Steuern (Zukunftserfolgswert,

Tz. 5 IDW S 1),68 soweit ein Fremdvergleichspreis nicht verfügbar

ist.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in seiner Entscheidung

vom 5. Dezember 2013 zu einem Squeeze-out-Verfahren69 zur Anwendung

von Bewertungsverfahren Stellung genommen. Auch wenn dieses Urteil nicht

zu steuerlichen Verrechnungspreisen gefällt wurde, können hieraus doch

interessante Schlussfolgerungen für die steuerliche Bewertungspraxis gezogen

werden.

Eindeutiger Unternehmenswert oder Bewertungsbandbreite?

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main als Vorinstanz70 hatte die Squeeze-

out-Abfindung von 63,80 Euro je Stückaktie als angemessen beurteilt. Dabei

waren seitens der Parteien diverse Bewertungsgutachten auf Basis der Ertrags-

wertmethode vorgelegt worden. Das LG Frankfurt am Main hatte bei seiner

Prüfung allerdings nicht nur auf diese Gutachten, sondern in erster Linie auf

eine marktorientierte Methode auf Basis des Börsenkurses abgestellt und dies

wie folgt begründet.

68 Vgl. BMF-Schreiben vom 13.10.2010 (Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung),

Tz. 2.1.4. 69 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.12.2013, 21. Zivilsenat, Az. 21 W 36/12. 70 LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.01.2012, Az. 3-5 O 102/05.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

74 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Die Bewertung auf Basis des Börsenkurses „sei dem Gericht auch dann eröffnet,

wenn – wie vorliegend – im Übertragungsgutachten die allgemein anerkannte

Ertragswertmethode zugrunde gelegt worden sei. Unter Berücksichtigung des

Umstandes, dass die diversen im Verfahren vorgelegten Ertragswertgutachten

betreffend den Wert der A AG zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen in einer

Größenordnung zwischen 51,80 Euro und 96,10 Euro gelangt seien, könne

diesem Wertermittlungsverfahren keine hohe Überzeugungskraft beigemessen

werden. Denn die Ergebnisse resultierten jeweils auf ihrerseits jedenfalls

nachvollziehbaren, unterschiedlichen Annahmen zu Einzelwerten der zu

erwartenden Erträge und des anzuwendenden Kapitalisierungszinses.“71

Auch die deutsche Verrechnungspreisgesetzgebung stellt in erster Linie auf den

Fremdvergleichspreis bzw. Marktpreis ab,72 der sich aus einem internen oder

externen Fremdvergleich ergibt.73 Ein solcher Fremdvergleichspreis kann etwa

vorliegen, wenn im Vorfeld der Funktionsverlagerung eine vorhergehende

Unternehmensakquisition desselben Bereichs von einem fremden Dritten

erfolgte.

Ist ein Fremdvergleichspreis jedoch nicht vorhanden und wird deshalb auf das

Ertragswertverfahren zurückgegriffen, so sind die oben genannten Bandbreiten

einer solchen Bewertung zu beachten. Oftmals können beim Ertragswert-

verfahren bereits kleinere Änderungen in den Bewertungsparametern zu

größeren Ergebnisänderungen führen.74

Insofern ist insbesondere in Betriebsprüfungen zu berücksichtigen, dass es

keinen eindeutigen Wert auf Basis der Ertragswertmethode gibt, sondern dass

es darauf ankommt zu bestimmen, ob der vom Steuerpflichtigen ermittelte

Wert in einer Bandbreite von Bewertungen liegt, die jeweils auf durchaus

realistischen Parameterbündeln beruhen.

71 OLG Frankfurt am Main, a. a. O., Tz. 8. 72 § 1 Abs. 3 Satz 1 AStG. 73 Vgl. BMF-Schreiben vom 12.04.2005 (Verwaltungsgrundsätze-Verfahren), Tz.

3.4.12.2. 74 Vgl. hierzu auch OECD: „Revised Discussion Draft on Transfer Pricing Aspects of

Intangibles – 30 July 2013“, Tz. 176. Redaktioneller Hinweis: Vgl. hierzu auch OECD:

„Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“, 16.09.2014, Tz. 6.155. Am

16.09.2014 hat die OECD ihren vorerst finalen Bericht zu Verrechnungspreisaspekten

immaterieller Wirtschaftsgüter veröffentlicht, vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer

Pricing Aspects of Intangibles“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project,

OECD Publishing, http://dx.doi.org/10.1787/9789264219212-en). Dieser Bericht stellt

eine Überarbeitung des im vorliegenden Beitrag zitierten Diskussionspapiers vom

30.07.2013 dar. Gleichzeitig ist der Bericht vom 16.09.2014 als Arbeitsergebnis zu

Maßnahme 8 des BEPS-Aktionsplans zu verstehen.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 75

Bewertung aus Käufersicht

Das OLG Frankfurt am Main hat grundsätzlich die Auffassung der Vorinstanz

LG Frankfurt am Main bestätigt, dass der Börsenpreis als Bewertungsmaßstab

angesetzt werden kann. Allerdings war dieser Börsenpreis im vorliegenden Fall

aufgrund von öffentlichen Angeboten verzerrt. Daher hat sich das OLG Frank-

furt am Main detailliert und lehrreich mit den vorgelegten Bewertungsgut-

achten und den darin angesetzten Bewertungsparametern auseinandergesetzt.

Interessant ist, dass das OLG bei der Bewertung von den Ertragsaussichten auf

Basis der bestehenden Unternehmenspolitik der Gesellschaft ausgeht. Davon zu

trennen sei eine Bewertung anhand eines Zahlungsstroms, den ein potenzieller

Käufer der Gesellschaft erwartet. Das OLG führt zur Bewertung aus Käufersicht

aus: „Diese Bewertung spielt regelmäßig für das verobjektivierte Ertragswert-

verfahren und seine Anwendung im gerichtlichen Spruchverfahren keine Rolle.

Es ist nicht Aufgabe des Spruchverfahrens, alternative unternehmerische

Konzepte zu entwerfen und jeweils hieraus gesonderte Unternehmenswerte

zu berechnen, wobei der angemessenen Abfindung der höchste Wert zugrunde

zu legen sei. Richtig ist vielmehr allein, dass die angemessene Abfindung des

Minderheitsaktionärs – von extremen Ausnahmen abgesehen – von der

bestehenden Unternehmenspolitik auszugehen hat.“75

Die Finanzverwaltung vertritt dagegen bei Bewertungen grundsätzlich die Auf-

fassung, dass aus Verrechnungspreissicht eine höhere Gewinnerwartung des

Käufers einzubeziehen sei.76 Allerdings ist zu beachten, dass Gewinnpotenziale

allein dem Erwerber zuzurechnen sind, soweit diese auf immateriellen Wirt-

schaftsgütern des Erwerbers beruhen und auch anderweitig zu realisieren

wären, zum Beispiel durch Kauf einer anderen Gesellschaft oder Neugründung.

Fazit

Es lässt sich festhalten, dass Bewertungen auf Basis der Ertragswertmethode

sehr unterschiedlich ausfallen können. Sowohl für Unternehmen als auch

Unternehmensbereiche ist ein eindeutiger Wert kaum zu bestimmen. Insofern

geht es darum, dass der Steuerpflichtige sich mit seiner Bewertung in einer

realistischen Bandbreite von Parameterbündeln bewegt. Oftmals empfiehlt

sich eine Verplausibilisierung oder Absicherung mit anderen Methoden. Die

Variabilität von Parametern kann bei der Ertragswertmethode durch Szenario-

analysen mit Best-Case- und Worst-Case-Szenarien Berücksichtigung finden.

75 OLG Frankfurt am Main, a. a. O., Tz. 35. 76 § 1 Abs. 3 Satz 6 AStG, vgl. hierzu auch OECD: „Revised Discussion Draft on

Transfer Pricing Aspects of Intangibles – 30 July 2013“, Tz. 175. Redaktioneller

Hinweis: Vgl. hierzu auch OECD: „Guidance on Transfer Pricing Aspects of

Intangibles“, 16.09.2014, Tz. 6.154.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

76 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Auch bei der von der Verrechnungspreisgesetzgebung vorgesehenen Bewertung

aus Käufersicht ist zu berücksichtigen, dass es keine schematische Lösung gibt.

Sind Marktpreise vorhanden, etwa unbeeinflusste Börsenkurse oder Kaufwerte

aus vorhergehenden Transaktionen mit fremden Dritten, sind diese bevorzugt

zu berücksichtigen.

7 Weiterbelastung von Grunderwerbsteuer bei Restrukturierungen

Von Oliver Kost und Martin Lang

Restrukturierungen im Konzern können auch nach Einführung des

§ 6a GrEStG der deutschen Grunderwerbsteuer unterliegen. Dieser

Artikel beschäftigt sich mit der Frage, wann eine eventuelle Weiter-

belastung der Grunderwerbsteuer aus Fremdvergleichsgesichts-

punkten zulässig ist und wann diese steuerliche Einkommens-

korrekturen auslöst.

Ausgangslage

Internationale Konzerne sind aufgrund von Markterfordernissen angehalten,

ihr Geschäftsmodell wie auch ihre Gesellschafterstrukturen den jeweiligen

Bedürfnissen anzupassen. Insoweit stehen Restrukturierungsmaßnahmen oft

auf der Agenda der Konzernzentralen. Auch nach Einführung des § 6a GrEStG,

der die Besteuerung bei Restrukturierungen im Konzern verhindern soll, gibt es

weiterhin Fälle, in denen aufgrund einer zentral koordinierten Restrukturierung

Grunderwerbsteuer in Deutschland ausgelöst und von einer deutschen

operativen Gesellschaft geschuldet wird (z. B. bei der sog. Anteilsvereinigung

von Personengesellschaften). Der Steuerbetrag kann, je nach Höhe des Grund-

bestands und der Häufigkeit von schädlichen Restrukturierungen, beträchtlich

sein.

Möglichkeit der Verrechnung

Bei Restrukturierungen kann deutsche Grunderwerbsteuer regelmäßig dann

ausgelöst werden, wenn Beteiligungsketten mit Gesellschaften „umgehängt“

werden, die Eigentümer eines inländischen Grundstücks sind. Auch bei Um-

wandlungsvorgängen und sonstigen operativen Restrukturierungen kann ein

grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang vorliegen. Allgemeine Voraussetzung für

die Verrechnung von Steuern und Abgaben ist, dass diese nicht aufgrund des

originären Betriebs des Verrechnenden, sondern aufgrund des betrieblichen

Interesses des Verrechnungsempfängers verursacht werden. Weiterhin wird

regelmäßig vorausgesetzt, dass auch fremde Dritte eine Verrechnung verein-

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 77

bart hätten und dass diese Verrechnung ihren Rechtsgrund nicht in der

gesellschaftsrechtlichen Beziehung hat, sondern schuldrechtlich begründet ist.

Aus steuerlicher Sicht ist eine Verrechnung daher nur dann denkbar, wenn

zwar eine Gesellschaft durch ihre Handlungen die Steuer auslöst, jedoch eine

andere Gesellschaft diese zu tragen hat. In den meisten Fällen hat das Finanz-

amt jedoch den Steuerbescheid an jene (in- bzw. ausländische) Gesellschaft

zu richten, die die Übertragung der Anteile oder des Grundstücks (und damit

die Entstehung der Grunderwerbsteuer) verursacht hat. Eine für die Praxis

relevante Ausnahme gilt jedoch in Besteuerungsfällen des Übergangs von

mindestens 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer Personen-

gesellschaft mit inländischem Grundstück (§ 1 Abs. 2a GrEStG). In diesen

Fällen hat die betroffene Personengesellschaft die Grunderwerbsteuer zu

entrichten, obwohl diese durch den Wechsel der Gesellschafter ausgelöst wird.

Nach Ansicht der Autoren dürfte jedoch auch in den meisten dieser Fälle eine

Verrechnung von Grunderwerbsteuer ausscheiden.

Als Zwischenfazit kann daher festgestellt werden, dass Grunderwerbsteuern im

Zusammenhang mit Restrukturierungen im Konzern oftmals nicht verrechen-

bar sein sollten.

Steuerliche Folgen einer unzulässig vorgenommenen Verrechnung

Ungeachtet der aus steuerlicher Sicht grundsätzlich nicht gegebenen

Verrechnungsmöglichkeiten ist es denkbar, dass in der Konzerngruppe im

Rahmen von Restrukturierungen aus strategischen oder operativen Über-

legungen dennoch eine Verrechnung von deutscher Grunderwerbsteuer vor-

genommen wird. Ein Beispiel hierfür wäre, dass eine ausländische Holding-

gesellschaft, die den Beteiligungsstrang inklusive der deutschen Grundstücks-

gesellschaft verkauft oder erworben hat, Grunderwerbsteuer an den deutschen

Fiskus zu entrichten hat. Trotz der Unzulässigkeit der Verrechnung aus

deutscher steuerlicher Sicht würde die Holdinggesellschaft dennoch die vom

deutschen Fiskus festgesetzte Grunderwerbsteuer an die deutsche Grundstücks-

gesellschaft belasten. Wie bereits oben dargestellt, würde diese Vorgehensweise

nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Daher löst die Verrechnung

nach Ansicht der Autoren entsprechende ertragsteuerliche Folgen in Deutsch-

land aus. Die beispielhaft dargestellte Verrechnung von Grunderwerbsteuer

der ausländischen Holding an eine deutsche Gesellschaft würde dann die

Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung zur Folge haben. Je nach der

Beteiligungsstruktur des Konzerns kann dies neben der zusätzlichen Belastung

der deutschen Gesellschaft mit deutscher Körperschaft- und Gewerbesteuer

eine zusätzliche Kapitalertragsteuerbelastung der verdeckten Gewinnaus-

schüttung zur Folge haben. Angesichts der dargestellten steuerlichen Folgen

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

78 Transfer Pricing Perspective Deutschland

sollte daher genau abgewogen werden, ob eine Weiterbelastung aus anderen,

zum Beispiel strategischen Gründen aus Konzernsicht dennoch sinnvoll ist.

Fazit

Restrukturierungen im Konzern können vielfältige steuerliche Auswirkungen

haben und können nach geltender Rechtslage auch weiterhin eine Grund-

erwerbsteuerbelastung herbeiführen. Soweit die anfallende Grunderwerbsteuer

weiterbelastet wird, besteht nach Ansicht der Autoren ein latentes Risiko von

Einkommenskorrekturen der deutschen Gesellschaft im Wege der verdeckten

Gewinnausschüttung. Diese Faktoren sollten idealerweise bereits vor der

Restrukturierung, jedoch spätestens bei deren Durchführung bedacht werden.

8 Korrektur von Teilwertabschreibungen auf grenzüberschreitende Darlehen durch § 1 Abs. 1 AStG rechtlich haltbar?

Von Dr. Ulf Andresen und Anne Schneider

Laut BMF-Schreiben vom 29. März 201177 kann der Konzernrück-

halt bei einer konzerninternen Darlehensvergabe die Bereitstellung

einer Sicherheit durch die Darlehensnehmerin ersetzen. Ist es vor

diesem Hintergrund rechtlich haltbar, wenn die deutsche Finanz-

verwaltung in einer Betriebsprüfung die von der deutschen Dar-

lehensgeberin vorgenommene Teilwertabschreibung auf das

grenzüberschreitende Darlehen nach § 1 Abs. 1 AStG mit der

Begründung korrigiert, dass fremde Dritte für ein vergleichbares

Darlehen eine Sicherheit vereinbart hätten? Das Finanzgericht

(FG) Brandenburg hat dazu jüngst ein fragwürdiges Urteil78

gefällt, das hier kritisch untersucht wird.79

In dem zu untersuchenden Sachverhalt hatte eine inländische GmbH einer

US-amerikanischen Tochterkapitalgesellschaft mehrere unbesicherte Darlehen

gewährt, die mit 5 Prozent zu verzinsen gewesen sind. Die GmbH hat diese

77 Vgl. BMF-Schreiben vom 29.03.2011, IV B 5 – S 1341/09/10004, in: BStBl. I 2011,

277. 78 Vgl. FG Brandenburg vom 30.01.2013, 12 K 12056/12 (Rev. BFH I R 23/13), in:

DStRE 2013, 1494. 79 Redaktioneller Hinweis: Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 hat der BFH (I R 23/13) die

Entscheidung des FG reviediert und die Schrankenwirkung des Art. 9 DBA-Muster-

abkommen bestätigt.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 79

Darlehen jeweils im Jahr der Hingabe vollständig abgeschrieben. In einer

späteren Betriebsprüfung sind die Einkünfte der GmbH unter Anwendung des

§ 1 Abs. 1 AStG um den Betrag dieser Teilwertabschreibungen erhöht worden,

wogegen Einspruch eingelegt und schließlich Klage erhoben worden ist.

Eine Beurteilung dieser Fragestellung erfordert insbesondere einen Blick auf

Tatbestandsvoraussetzungen, Rechtsfolgen und insbesondere den Zweck des § 1

Abs. 1 AStG im Kontext von Finanzierungsleistungen inländischer Konzerne

gegenüber ausländischen Tochtergesellschaften. Darüber hinaus gibt eine

zusätzliche Analyse des OECD-Musterabkommens (OECD-MA) und der OECD-

Verrechnungspreisrichtlinien Aufschluss, welche Lösung der Fragestellung

durch ein internationales Verständigungsverfahren im Fall entstandener

Doppelbesteuerung zu erwarten wäre.

Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 AStG

§ 1 Abs. 1 AStG ist einschlägig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

Die Einkünfte des inländischen Steuerpflichtigen aus einer (a) grenzüber-

schreitenden (b) Geschäftsbeziehung mit einer (c) ihm nahestehenden Person

sind dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung Bedingungen zu-

grunde legt, die (d) von Bedingungen abweichen, wie sie fremde Dritte unter

gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten. Sofern das

konzerninterne Darlehen nicht im Gesellschaftsvertrag der Darlehensnehmerin

geregelt wurde und somit von einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Dar-

lehensgeberin und Darlehensnehmerin auszugehen ist, sind die Tatbestands-

voraussetzungen (a) bis (c) im zu beurteilenden Sachverhalt erfüllt. Unter-

schiedliche Auffassungen können sich somit nur aus einer abweichenden

Beurteilung bezüglich (d) ergeben.

Das FG Brandenburg hat in seinem Urteil vom 30. Januar 201380 die Auf-

fassung der Finanzverwaltung bestätigt, dass die Minderung der Einkünfte der

inländischen Darlehensgeberin in der fremdunüblichen Ausgestaltung der

konzerninternen Transaktion begründet ist, da fremde Dritte das Darlehen

nicht ohne Sicherheiten gewährt hätten. Aus diesem Umstand ergab sich für

die Finanzverwaltung die Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung als

Korrektur. Dieser Sichtweise steht die ständige Rechtsprechung des Bundes-

finanzhofs (BFH) entgegen, die dem Fehlen einer Sicherheit keine für den

Fremdvergleich erhebliche Bedeutung beigemessen hat und in den zu

entscheidenden Fällen wiederholt die Festsetzung einer verdeckten Gewinn-

80 Vgl. FG Brandenburg vom 30.01.2013, 12 K 12056/12 (Rev. BFH I R 23/13), in:

DStRE 2013, 1494.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

80 Transfer Pricing Perspective Deutschland

ausschüttung abgelehnt hat.81 Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich,

weshalb bezüglich der vorliegenden Fragestellung etwas anderes gelten sollte.

Darüber hinaus hätte im Ergebnis auch ein fremder dritter Darlehensgeber auf

das gleiche Darlehen eine Teilwertabschreibung vornehmen müssen, unab-

hängig davon, ob das Darlehen mit oder ohne Sicherheiten vergeben wurde.

Somit können die konzernintern vereinbarten Bedingungen nicht ursächlich für

die Minderung der Einkünfte der Darlehensgeberin sein. Und selbst wenn man

der Auffassung wäre, dass der Konzernrückhalt keine dem Fremdvergleichs-

maßstab genügende Sicherheit darstellen kann und fremde Dritte aber eine

Sicherheit für das Darlehen vereinbart hätten, wäre vielmehr der vereinbarte

Zinssatz zu überprüfen, da bei fehlender Besicherung des Darlehens anzu-

nehmen wäre, dass das daraus entstehende höhere Risiko sich allenfalls in

einem höheren Zinssatz hätte niederschlagen dürfen, wie dies auch als

Möglichkeit im BMF-Schreiben vom 29. März 2011 dargestellt wird. Dem-

entsprechend wäre nach § 1 Abs. 1 AStG gegebenenfalls der Zinssatz, nicht

jedoch die Teilwertabschreibung zu korrigieren. Folglich fehlt beim vor-

liegenden Sachverhalt der notwendige kausale Zusammenhang zwischen der

Einkünfteminderung und den vereinbarten Bedingungen, die Einkünfte-

korrektur durch Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung ist somit ohne

Rechtsgrundlage.

Rechtsfolgen des § 1 Abs. 1 AStG

Wie bereits ausgeführt wurde, verlangt die Rechtsfolge des § 1 Abs. 1 AStG

einen Ansatz der Einkünfte des Steuerpflichtigen so, wie diese zwischen

unabhängigen Dritten und unter vergleichbaren Umständen vereinbarten

Bedingungen angefallen wären. Da auch ein fremder Dritter unabhängig von

dem Aspekt der Besicherung des Darlehens eine Teilwertabschreibung hätte

vornehmen müssen, kann die Rechtsfolge des § 1 Abs. 1 AStG – vorausgesetzt,

dessen Tatbestandsvoraussetzungen würden als vollständig erfüllt angesehen

werden – nicht die Nichtanerkennung einer rechtmäßig vorgenommenen

Teilwertabschreibung sein. Auch als Rechtsfolge käme allenfalls eine Korrektur

des vereinbarten Zinssatzes infrage, sodass dieser in seiner Höhe sämtliche

relevanten Bedingungen der Darlehensgewährung reflektiert. Es bleibt somit

festzuhalten, dass die Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung durch die

Finanzverwaltung auch nicht die Rechtsfolge ist, die § 1 Abs. 1 AStG vorsieht.

Zweck des § 1 Abs. 1 AStG

Zweck des § 1 AStG ist es, Gewinnverlagerungen ins Ausland zu verhindern. Der

Abschluss einer Darlehensvereinbarung mit einer nahestehenden Person im

81 Vgl. BFH vom 21.12.1994, I R 65/94, in: IStR 1995, 330 m. Anm. Wassermeyer; BFH

vom 29.10.1997, I R 24/97, in: BStBl. II 1998, 573.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 81

Ausland führt jedoch nicht zu einer Gewinnverlagerung ins Ausland, es sei

denn, ein unangemessen niedriger Zinssatz ist zwischen den Beteiligten

vereinbart worden. Die Teilwertabschreibung im Inland selbst führt nicht

unmittelbar zu einer Verlagerung von Gewinnen ins Ausland, weil der Ab-

schreibung im Inland keine korrespondierende Einkommenserhöhung im

Ausland gegenübersteht. Entsprechend widerspricht die Nichtanerkennung der

Teilwertabschreibung unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 AStG dessen Zweck und

ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt abzulehnen. Im Gegensatz dazu löst

die Einkünftekorrektur im Inland eine Doppelbesteuerung aus, die beispiels-

weise in einem internationalen Verständigungsverfahren unter Anwendung des

Art. 9 OECD-MA zu lösen wäre.

Begrenzung des innerstaatlichen Besteuerungsanspruchs

durch Art. 9 OECD-MA

Innerstaatliche Korrekturvorschriften können in ihrer Wirkung durch ein-

schlägige Normen aus Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) eingeschränkt

sein, beim vorliegenden Sachverhalt ist eine solche Einschränkung jedoch nicht

erkennbar: Zu dem im Wortlaut vergleichbaren Art. 6 DBA Niederlande hat

der BFH in seinem Urteil vom 11. Oktober 201282 festgestellt, dass die Vor-

schrift eine Einkünftekorrektur nur dann erlaubt, wenn und soweit die

„wirtschaftlichen und finanziellen“ Bedingungen abweichen, die unabhängige

Unternehmen vereinbaren würden. Das führt wieder zu der Frage, ob unab-

hängige Dritte eine Sicherheit für ein vergleichbares Darlehen vereinbart hätten

und ob eine fehlende Sicherheit somit eine Einkünftekorrektur erlaubt.

Die OECD äußert zu dieser Frage in ihrem Revised Draft on Transfer Pricing

Aspects of Intangibles vom 30. Juli 2013 in den Absätzen Nr. 26 und 27,83 dass

eine Erhöhung der Kreditwürdigkeit einer Konzerngesellschaft, die sich rein

aus dem Synergieeffekt der Zugehörigkeit zu einem Konzern ergibt, aus ihrer

Sicht keinen zu vergütenden Vorteil darstellt. Dies legt nahe, dass eine fehlende

Sicherheit nach Meinung der OECD keine Einkünftekorrektur erlaubt. Eine

Einkommenskorrektur durch Art. 9 OECD-MA wegen einer fehlenden Dar-

lehenssicherheit wäre somit ebenfalls ohne Rechtsgrundlage. Aber auch hier

gilt wie zuvor: Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Korrektur nach Art. 9

OECD-MA zulässig wäre, sind als Rechtsfolge grundsätzlich wieder die

Gewinne der zu beurteilenden Transaktion zu korrigieren.

82 Vgl. BFH vom 11.10.2012, I R 75/11. 83 Redaktioneller Hinweis: Nun Tz. 1.107 und Tz. 1.108 der „Guidance on Transfer

Pricing Aspects of Intangibles“ vom 16.09.2014.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

82 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Fazit

Die vorangegangenen Überlegungen haben gezeigt, dass die in dem BMF-

Schreiben vom 29. März 2011 beabsichtigte Verquickung von § 1 Abs. 1 AStG

mit Teilwertabschreibungen auf Darlehensforderungen gegenüber nahe-

stehenden Personen im Ausland in vielerlei Hinsicht problematisch ist: Die

Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des § 1 Abs. 1

AStG ist genauso infrage zu stellen wie die Rückgängigmachung der Teil-

wertabschreibung als Rechtsfolge. Darüber hinaus steht die Vorgehensweise

dem Zweck des § 1 Abs. 1 AStG entgegen und es ist auch nicht erkennbar,

dass die Vorgehensweise der Finanzverwaltung in einem internationalen

Verständigungsverfahren haltbar wäre. Neben den formalen Aspekten ist

zu kritisieren, dass die wirtschaftlich belastete Darlehensgeberin dies nicht

geltend machen soll, obwohl ihr Zinseinkommen bei positiver Entwicklung

der Geschäftstätigkeit der Darlehensnehmerin im Inland uneingeschränkt

besteuert worden wäre. Es ist daher zu wünschen, dass der BFH die anhängige

Revision zum Urteil des FG Brandenburg als begründet ansieht und die

beabsichtigte Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 1 AStG auf die

Rückgängigmachung einer Teilwertabschreibung nicht zulässt.

9 Veröffentlichung des Glossars „Verrechnungspreise“ durch das BMF

Von Jörg Hanken und Clarisse Müller

Am 19. Mai 2014 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF)

das Glossar „Verrechnungspreise“, eine verwaltungsinterne

Arbeitshilfe ohne Rechtsbindung, im Bundessteuerblatt (BStBl.)

Teil I veröffentlicht.84 Das Glossar beinhaltet neben Erläuterungen

zu Begriffen aus dem Bereich Verrechnungspreise und

Dokumentation, soweit vorhanden, ebenfalls deren Fundstellen

in Gesetzen, Erlassen, Verordnungen und OECD-Verrechnungs-

preisrichtlinien und soll nach Bedarf aktualisiert werden. Ziel

des BMF ist es, mit dem Glossar zu einer Vereinheitlichung

verrechnungspreisrelevanter Terminologien beizutragen.

Angesichts der mittlerweile über zahlreiche Erlasse und Verordnungen

verstreuten einschlägigen Regelungen zu Verrechnungspreisen und

84 Vgl. www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/

Internationales_Steuerrecht/Allgemeine_Informationen/2014-05-19-Glossar-

Verrechnungspreise.html.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 83

Dokumentation ist die Veröffentlichung dieses Glossars grundsätzlich zu

begrüßen. Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei dem 22-seitigen Glossar

um keine eigenständige Regelungsquelle handelt. So wird im Glossar aus-

drücklich darauf hingewiesen, dass zur Auslegung der darin ausgewiesenen

Begriffe letztlich allein der objektivierte Wille von Gesetz- bzw. Verordnungs-

geber maßgebend ist, so wie er in der jeweiligen Rechtsquelle zum Ausdruck

kommt und sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt.85 Es

ist davon auszugehen, dass diese Auslegungsstandards in gleicher Weise auch

auf andere Quellen als deutsche Gesetze und Verordnungen wie zum Beispiel

Erlasse oder OECD-Verrechnungspreisrichtlinien angewandt werden sollen.

Bei den im Glossar enthaltenen Begriffen handelt es sich zum einen um

rechtliche Begrifflichkeiten wie beispielsweise die Funktion oder Funktions-

verlagerung, zum anderen um Termini, die lediglich in Erlassen genannt

werden. So beinhaltet das Glossar beispielsweise unter Verweis auf die

Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung die Erläuterung des Begriffs

des Lohn- bzw. des Auftragsfertigers. Schließlich werden ebenfalls betriebs-

wirtschaftliche Begriffe wie Capital Asset Pricing Model, Cashflow oder

Portfolioansatz aufgeführt. Da das BMF für die Erläuterung der Begriffe im

Grunde Zitate der entsprechenden Quellen verwendet, sollte es hierdurch zu

keiner neuen Auslegung oder Interpretation der Begrifflichkeiten kommen.

Zu begrüßen ist die Klarstellung im Glossar, dass eine unverwertbare

Dokumentation vorliegt, „wenn die Qualität der vorgelegten Aufzeichnungen –

unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – so schlecht ist, dass

dies der Nichtvorlage von Unterlagen gleichkommt“.86 Und die Frage der

Verwertbarkeit ist je Geschäftsvorfall zu prüfen. Das heißt, die Nichtvorlage

von Unterlagen für einen einzelnen Geschäftsvorfall bedeutet nicht die

Unverwertbarkeit der gesamten Dokumentation.

Fazit

Insgesamt kann das Glossar als eine umfassende Zusammenstellung

wesentlicher verrechnungspreisrelevanter Begriffe eine sinnvolle Arbeits-

hilfe darstellen. Grundsätzlich sollten Anwender allerdings die angebotenen

Definitionen in kritischen Fällen anhand des Wortlauts der Rechtsgrundlagen

überprüfen.

85 Vgl. auch BFH-Urteil vom 18.04.2012, X R 57/09, in: BStBl. 2012 II, S. 770 m. w. N. 86 Vgl. Glossar „Verrechnungspreise“ zum Begriff „Unverwertbarkeit von Unterlagen“.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

84 Transfer Pricing Perspective Deutschland

10 Schenkungsteuer bei verdeckten Gewinn-ausschüttungen für den BFH kein Thema

Von Martin Renz und Martin Lang

Mit dem viel beachteten Urteil vom 31. Januar 2013 hat der

Bundesfinanzhof (BFH) der doppelten Besteuerung von verdeckten

Gewinnausschüttungen (vGAs) mit Ertragsteuern und Schenkung-

steuer eine klare Absage erteilt. Auch weiterhin wird eine vGA

ausschließlich der Ertragsbesteuerung unterworfen. Nicht nur

aufgrund des hierzu ergangenen Nichtanwendungserlasses der

Finanzverwaltung bleibt das Problem aktuell.

Ein Überblick über die Rechtslage

Sowohl offene wie auch verdeckte Gewinnausschüttungen stellen bereits tat-

bestandlich keine freigiebigen Zuwendungen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1

ErbStG dar, sie sind lediglich für Zwecke der Einkommen-, Körperschaft-

bzw. Gewerbesteuer zu berücksichtigen. So urteilte der BFH mit Urteil vom

31. Januar 2013 zu der Frage, ob der Verkauf einer wertverminderten

Forderung mit Besserungsabrede von einer Kapitalgesellschaft an deren

Gesellschafter der Schenkungsteuer unterliegt.

Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass eine vGA steuerlich wie

eine offene Gewinnausschüttung behandelt wird. Dies bedeutet, dass der

Empfänger sie als Betriebs- oder Dividendeneinnahme zu besteuern hat und

gleichzeitig der für offene Gewinnausschüttungen zur Verfügung stehende

Gewinn der vorteilsgewährenden Gesellschaft gemindert wird. Nach Ansicht

der Richter des BFH beruhen diese Ausschüttungen, wie auch andere Kapital-

rückzahlungen, auf dem Gesellschaftsverhältnis und werden daher konkret

aufgrund des Beteiligungsverhältnisses des Empfängers an der Gesellschaft

geleistet. Hingegen setzt eine schenkungsteuerpflichtige freigiebige Zuwendung

den Willen zur unentgeltlichen Zuwendung einer Leistung voraus. Dieser soll

jedoch gerade im Hinblick auf die Gesellschaftereigenschaft des Empfängers

einer vGA nicht anzunehmen sein. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu

beachten, dass die Finanzverwaltung das Urteil aufgrund eines inzwischen

ergangenen Nichtanwendungserlasses über den entschiedenen Einzelfall

hinaus nicht anwenden wird.

Fazit und Ausblick

Der BFH hat mit seinem Urteil die Schenkungsteuerpflicht von vGAs klar ab-

gelehnt. Auch wenn die Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass

reagiert hat, sollte das Urteil bei möglichen Rechtsstreitigkeiten mit dem Fiskus

in vergleichbaren Fällen als Argumentationsgrundlage angeführt werden.

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

Transfer Pricing Perspective Deutschland 85

Allerdings deckt das Urteil des BFH nicht alle denkbaren Sachverhaltsvarianten

ab, in welchen eine doppelte Erfassung eines Sachverhalts mit Ertrag- und

Schenkungsteuern denkbar wäre (z. B. unentgeltliche zeitweilige Überlassung

einer Kapitalsumme zwischen natürlichen Personen). Insbesondere vor

dem Hintergrund der noch relativ neuen Regelungen zu Leistungen in das

Vermögen von Kapitalgesellschaften (§ 7 Abs. 8 ErbStG) sollte das Thema

weiterhin nicht aus den Augen verloren werden.

11 Verrechnungspreisrelevanter Status quo zur Problematik des Treaty Override

Von Dr. Ronald Gebhardt

Das Phänomen „Treaty Override“ (Besteuerung entgegen den

Doppelbesteuerungsabkommen – DBAs) ist in Deutschland

verstärkt in der Diskussion. Die Beratungs- und Unternehmens-

praxis wartet gespannt auf den Ausgang der beim Bundes-

verfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahren zur

verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Treaty Overriding.

Nachfolgend wird ein Kurzüberblick über die Auswirkungen

der Problematik auf die Verrechnungspreispraxis gegeben.

Problemlage

In der Literatur wird zwischen Treaty Overrides „im engeren Sinne“ und

„im weiteren Sinne“ unterschieden. Treaty Overrides „im engeren Sinne“

umfassen solche Vorschriften, die in ihrem Wortlaut explizit die partielle

Unanwendbarkeit von DBAs anordnen (oft verwendet wird die Formulierung

„ungeachtet des Abkommens“). Treaty Overrides „im weiteren Sinne“ umfassen

solche Vorschriften, die zwar nicht explizit eine Abweichung von einem DBA

anordnen, aber materiell im Verdacht stehen, gegen die Vorgaben des

betreffenden DBA zu verstoßen.

Verrechnungspreispraxis und Treaty Override

Für die Verrechnungspreispraxis relevant ist insbesondere die Diskussion über

das Verhältnis von § 1 AStG zu Art. 7 und 9 des OECD-Musterabkommens

(OECD-MA). Auch die Frage, inwieweit überschießende Dokumentations-

anforderungen einen DBA-Verstoß nach sich ziehen können, ist für die

Verrechnungspreispraxis interessant.

Der Kernbereich des § 1 AStG, der Grundsatz des dealing at arm’s length,

ist zwar auch den DBAs immanent, einzelne Bestandteile des § 1 AStG –

namentlich die Fiktion der umfassenden Kenntnis aller entscheidungs-

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Aktuelle Entwicklungen im nationalen Recht

86 Transfer Pricing Perspective Deutschland

erheblichen Kriterien (§ 1 Abs. 1 Satz 3 AStG), die Korrektur auf den Median

(§ 1 Abs. 3 Satz 4 AStG), die Transferpaketbewertung (§ 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG)

und die Preisanpassungsklausel (§ 1 Abs. 3 Satz 10 f. AStG) – stehen aber im

Verdacht, unvereinbar mit den Vorgaben des Art. 9 OECD-MA zu sein und

damit DBA-Recht zu verletzen.

Zudem findet sich der in § 1 Abs. 5 AStG umgesetzte Authorised OECD Approach

(AOA) bisher nur in wenigen deutschen DBAs wieder. Um einen Widerspruch

zwischen § 1 Abs. 5 AStG und den deutschen DBAs ohne AOA zu vermeiden,

wurde in § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG eine „Kollisionsklausel“ gesetzlich verankert.

Diese normiert, dass das DBA Vorrang vor § 1 Abs. 5 AStG erhalten soll, „so-

weit“ der Steuerpflichtige den Nachweis führt, dass § 1 Abs. 5 AStG dem DBA

widerspricht, der andere Staat sein Besteuerungsrecht entsprechend dem DBA

ausübt und eine Anwendung des AOA zu einer Doppelbesteuerung führen würde.

Ob es sich bei dieser Regelung um einen Treaty Override handelt, ist im Schrift-

tum umstritten. Auch die Reichweite der Vorschrift ist noch nicht abschließend

geklärt.

Im Kontext der Frage, inwieweit Dokumentationsanforderungen einen DBA-

Verstoß begründen können, bleibt festzuhalten, dass diese dem Grunde nach

Sache des innerstaatlichen Rechts sind. Allerdings ist nach Auffassung des

Bundesfinanzhofs (BFH) aus Art. 9 OECD-MA abzulesen, dass nur eine fremd-

vergleichskonforme Korrektur „der Höhe nach“ abkommenskonform ist. Eine

Korrektur nur aufgrund von Formalkriterien sollte daher nicht von Art. 9

OECD-MA gedeckt sein. Überschießende Formalkriterien können damit keine

Verletzung des DBA bewirken.

Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die ausstehenden Entscheidungen

des BVerfG (zu § 50d Abs. 8 EStG: Az. beim BVerfG: 2 BvL 1/12; zu § 50d

Abs. 10 EStG: Az. beim BVerfG: 2 BvL 15/14; die jüngste Vorlage des BFH

zu § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG: Az. beim BVerfG: 2 BvL 21/14) auf die an-

gesprochenen Problemkreise haben werden, da beim BVerfG Treaty Overrides

„im engeren Sinne“ im Fokus stehen und die verrechnungspreisrelevanten

Vorschriften eher dem Bereich der Treaty Overrides „im weiteren Sinne“

zuzuordnen sind.

Fazit und Ausblick

Der Verrechnungspreispraxis bleibt zu empfehlen, beim Thema 㤠1

AStG versus Art. 7 und 9 OECD-MA“ mit der herrschenden Meinung zu

argumentieren, der zufolge mangels der expliziten Anordnung, DBAs sollen

mittels § 1 AStG überschrieben werden, den DBAs der Vorrang zu gewähren

ist (Grundsatz: „im Zweifel zugunsten des DBA“).

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

Transfer Pricing Perspective Deutschland 87

C Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

Das Jahr 2014 war auf OECD-Ebene vor allem durch die Veröffentlichung

verschiedener Berichte und Diskussionspapiere zum Thema „Gewinn-

verkürzung und Gewinnverlagerung“ („Base Erosion and Profit Shifting“, kurz

BEPS) geprägt. Unsere Beiträge zu diesem Themenkomplex finden sich deshalb

gebündelt in den Schwerpunktthemen (Kapitel A) unseres Jahrbuchs.

Bereits ein Jahr vor Veröffentlichung des BEPS-Aktionsplans im Juli 2013

hatte die OECD ein Diskussionspapier zu Verrechnungspreisaspekten bei im-

materiellen Wirtschaftsgütern veröffentlicht und parallel zum BEPS-Aktions-

plan am 30. Juli 2013 eine überarbeitete Fassung dieses Diskussionspapiers

veröffentlicht. Die in dieser Fassung genannten Beispiele zur Vergütung

konzerninterner Einkaufsfunktionen könnten für die bisherige Verrechnungs-

preispraxis richtungsweisend sein. Einer der folgenden Beiträge diskutiert

deshalb die bekannten Vergütungsformen für konzerninterne Einkaufs-

funktionen vor dem Hintergrund der neueren OECD-Kommentierungen.

Am 11. März 2014 hat die OECD Vorschläge für die Bestimmung von Vergleichs-

daten zur Überprüfung der Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisen in

Entwicklungsländern zur Kommentierung veröffentlicht. Ziel des Berichts ist

es, Lösungsansätze für bekannte Probleme wie zum Beispiel intransparente

Transaktionsdaten, die eingeschränkte Datenbasis von Datenbanken oder die

eingeschränkte Vergleichbarkeit von Unternehmen zu präsentieren. Der zweite

Beitrag in diesem Kapitel gibt einen Überblick über die Hintergründe zu dieser

Veröffentlichung und fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.

Auf EU-Ebene lag der Fokus des EU Joint Transfer Pricing Forum im

vergangenen Jahr auf der Verabschiedung eines Berichts zur nachträglichen

Korrektur der Einkünfte von verbundenen Unternehmen (true up). Vor dem

Hintergrund, dass die Finanzverwaltungen der EU-Mitgliedsstaaten zu nach-

träglichen Korrekturen von Einkünften unterschiedliche Sichtweisen vertreten,

enthält der in einem der folgenden Artikel thematisierte Bericht des EU Joint

Transfer Pricing Forum Richtlinien zum grundsätzlichen Umgang mit nach-

träglichen Anpassungen.

Darüber hinaus beschäftigt sich ein weiterer Artikel mit den von der

EU-Kommission eingeleiteten Prüfverfahren zu staatlichen Beihilfen im

Zusammenhang mit tatsächlichen Verständigungen (Ruling) mit den Finanz-

verwaltungen in Irland (Apple), den Niederlanden (Starbucks) sowie Luxem-

burg (Fiat Finance and Trade und Amazon).

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

88 Transfer Pricing Perspective Deutschland

1 OECD

1.1 Vergütung von konzerninternen Einkaufsfunktionen im Lichte der aktuellen Einschätzung der OECD

Von Ron Dorward, Martin Renz und Dr. Isabel Ruhmer-Krell

In der Praxis hat sich eine Vielzahl von Vergütungsformen für Ein-

kaufsfunktionen etabliert. Vor dem Hintergrund eines aktuellen

OECD-Diskussionspapiers87 erscheint zukünftig jedoch vorrangig

die Verrechnung von Einkaufsdienstleistungen auf Basis der

Kostenaufschlagsmethode angemessen.88

Vergütungsstrukturen für konzerninterne

Einkaufsdienstleistungen

Die Identifikation und konkrete Ausgestaltung einer sowohl dem Grunde

als auch der Höhe nach fremdüblichen Vergütung für konzerninterne Ein-

kaufsfunktionen sollte individuell auf Basis einer detaillierten Analyse der

Tätigkeiten und Funktionen sowie der getragenen Risiken der Einkaufs-

organisation erfolgen. Insbesondere die Frage, wem die durch die

Zentralisierung der Einkaufsfunktion entstandenen Vorteile in Form von

volumenbedingten Preisvorteilen, administrativen Kosteneinsparungen,

Erhöhung der Einkaufsqualität durch Spezialisierung (sog. lead buying) etc.

zuzuordnen sind, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden.89

In der Praxis haben sich in der Vergangenheit verschiedenste Vergütungs-

formen für konzerninterne Einkaufsfunktionen etabliert. Während in der

Konsumgüterindustrie vor allem Provisions- bzw. Einkaufskommissions-

modelle zu finden sind, beobachtet man in anderen Branchen häufig Dienst-

leistungsverrechnungen, Durchleitungsmodelle oder die unentgeltliche Bereit-

stellung zentraler Einkaufsleistungen innerhalb von Prinzipalmodellen. Bei

87 Vgl. OECD: „Revised Discussion Draft on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,

30.07.2013. 88 Redaktioneller Hinweis: Am 16.09.2014 hat die OECD ihren vorerst finalen

Bericht zu Verrechnungspreisaspekten immaterieller Wirtschaftsgüter veröffentlicht,

vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,

OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,

http://dx.doi.org/10.1787/9789264219212-en. Dieser Bericht stellt eine Überarbeitung

des im vorliegenden Beitrag zitierten Diskussionspapiers vom 30.07.2013 dar. Gleich-

zeitig ist der Bericht vom 16.09.2014 als Arbeitsergebnis zu Maßnahme 8 des BEPS-

Aktionsplans zu verstehen. 89 Vgl. OECD-Verrechnungspreisrichtlinien vom 22.07.2010, Tz. 9.154.

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

Transfer Pricing Perspective Deutschland 89

einer Dienstleistungsverrechnung werden die Kosten der Einkaufsabteilung zu-

züglich eines angemessenen Gewinnaufschlags an die von der Einkaufsfunktion

profitierenden Konzerngesellschaften weiterbelastet. Im Fall eines Durchleitungs-

modells stellt der Lieferant seine Lieferung zunächst der zentralen Einkaufs-

abteilung in Rechnung, welche anschließend die jeweiligen Mengen an die

belieferten Werke weiterverrechnet und dabei ihre Zentraleinkaufsfunktion

über eine angemessene „Handelsspanne“ auf den Lieferantenpreis finanziert.

Im Gegensatz dazu erfolgt bei einem Provisionsmodell die Vergütung des

zentralen Einkaufsdienstleisters seitens der operativen Konzerngesellschaften

auf Basis einer Provisionsgebühr, die als Prozentsatz der jeweiligen Einkaufs-

volumina kalkuliert wird. Die Höhe des angemessenen Provisionssatzes kann

dabei sowohl mittels der transaktionsbezogenen Gewinnaufteilungsmethode

(auf Basis einer Wertschöpfungsbeitragsanalyse) als auch unter Anwendung

der Kostenaufschlagsmethode festgelegt werden. Werden zentrale Einkaufs-

dienstleistungen im Rahmen eines Prinzipalmodells vom konzerninternen

Entrepreneur (der Prinzipalgesellschaft) erbracht, werden diese (ebenso wie

weitere konzerninterne Dienstleistungen) nicht separat vergütet, sondern die

entstandenen Kosten durch den Residualgewinn des Entrepreneurs gedeckt. Im

Gegenzug erhalten die übrigen Konzerngesellschaften, vorwiegend Routine-

unternehmen mit Fertigungs- oder Vertriebsfunktionen, lediglich einen an-

gemessenen Routinegewinn.

Aktuelle Einschätzung der OECD zur Vergütung

von Einkaufsfunktionen

In den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien werden grundsätzlich die Preis-

vergleichs-, die Kostenaufschlags- und die transaktionsbezogene Gewinnauf-

teilungsmethode als mögliche Verrechnungspreismethoden genannt.90 In einem

aktuellen Diskussionspapier wird jedoch die Meinung vertreten, dass konzern-

interne Einkaufsfunktionen grundsätzlich als Dienstleistungen zu qualifizieren

sind, die auf Basis der Kostenaufschlagsmethode vergütet werden sollten.91 Die

Höhe der kostenaufschlagsbasierten Vergütung sollte sich dabei – sofern

möglich – an der Vergütung eines fremden dritten Einkaufsdienstleisters

90 Vgl. OECD-Verrechnungspreisrichtlinien vom 22.07.2010, Tz. 9.154–9.160. 91 Vgl. OECD: „Revised Discussion Draft on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,

30.07.2013, Tz. 23. Redaktioneller Hinweis: Die am 16.09.2014 veröffentlichte

überarbeitete Fassung des Diskussionspapiers vom 30.07.2013 enthält in Tz. 1.109

eine leicht abgewandelte Fassung des Beispiels zur Einkaufsgesellschaft. In der

überarbeiteten Fassung wird ergänzt, dass eine Vergütung der konzerninternen

Einkaufsfunktion auf Basis der Kostenaufschlagsmethode dann zu einem

fremdüblichen Preis führt, wenn die Funktions- und Vergleichbarkeitsanalyse darauf

hinweist, dass bei vergleichbaren Einkaufskoordinationsdienstleistungen zwischen

fremden Dritten ebenfalls eine kostenbasierte Servicegebühr angewendet wird.

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

90 Transfer Pricing Perspective Deutschland

orientieren, der die Einkaufsaktivitäten (z. B. Verhandlung mit Lieferanten,

Einholung von Angeboten, Koordination der Bestellungen und Lieferungen,

Zahlungsabwicklung) für vergleichbare Einkaufsvolumina koordiniert hat.

Demgegenüber scheinen insbesondere Vergütungen auf Basis einer durch einen

Profit Split ermittelten Handelsmarge oder einer Einkaufskommission in

den Hintergrund zu treten. In Fällen, in denen der Einkaufsbereich branchen-

bedingt oder aufgrund eines hohen Spezialisierungsgrads einen erheblichen

Werttreiber innerhalb des Konzerns darstellt, dürfte allerdings eine über eine

reine Routinevergütung hinausgehende Entschädigung zentraler Einkaufs-

funktionen sachgerechter sein.

Fazit

In der Praxis finden sich vielfältige Vergütungsformen für konzerninterne

Einkaufsfunktionen. Auf Basis eines aktuellen OECD-Diskussionspapiers

scheint der Verrechnung von Einkaufsdienstleistungen mittels Anwendung der

Kostenaufschlagsmethode eine gewisse Präferenz eingeräumt zu werden.

Allerdings enthält die überarbeitete Fassung größere Einschränkungen dahin

gehend, dass die Bestimmung der besten Verrechnungspreismethode nach wie

vor die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls berücksichtigen sollte und

somit andere Methoden nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind.

1.2 OECD-Bericht: Verrechnungspreisvergleichsdaten und Entwicklungsländer

Von Marie-Melanie Bentzien

Am 11. März 2014 hat die OECD Vorschläge für die Bestimmung

von Vergleichsdaten in Entwicklungsländern zur Kommentierung

veröffentlicht („Transfer Pricing Comparability Data and

Developing Countries“92). Anlass war die mangelnde Vergleich-

barkeit von in Entwicklungsländern vorhandenen Finanzdaten

und somit die schwierige Feststellung der Fremdüblichkeit von

Verrechnungspreisen. Beim G8-Treffen wurde die OECD um Hilfe

gebeten, um die Qualität und die Verfügbarkeit der Vergleichs-

daten in Entwicklungsländern zu verbessern.

92 Vgl. www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/transfer-pricing-comparability-data-developing-

countries.pdf.

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

Transfer Pricing Perspective Deutschland 91

Hintergrund

Die von der OECD entwickelten Vorschläge sollen zu einer Verbesserung

der Bestimmung der Verrechnungspreise vor dem Hintergrund folgender

Problemstellungen führen:

● Intransparente Transaktionsdaten: OECD und Nicht-OECD-Länder

(Entwicklungsländer) stehen vor der Herausforderung, vergleichbare

Daten auf Transaktionsbasis zu finden.

● Eingeschränkte Datenbasis von Datenbanken: Betriebsprüfer nutzen Daten-

banken, um die Finanzdaten von Vergleichsunternehmen zu identifizieren.

Jedoch bieten solche Datenbanken häufig nur eingeschränkte oder gar keine

Informationen über Unternehmen, die in Entwicklungsländern tätig sind, da

solche Finanzdaten nicht veröffentlicht werden.

● Eingeschränkte Vergleichbarkeit von Unternehmen: Die Wirtschaft

in Entwicklungsländern wird durch eine vergleichsweise hohe Anzahl

von sogenannten first movers, das heißt neuen Marktteilnehmern,

charakterisiert. Solche Unternehmen sind jedoch aufgrund ihrer Struktur

nur in einem eingeschränkten Maße mit anderen Unternehmen ihrer

Branche vergleichbar.

Inhalt des Berichts

Das von der OECD vorgeschlagene Papier stellt vier Hauptmethoden inklusive

möglicher Ergebnisse und Zuständigkeiten zur Diskussion, um die Fremd-

üblichkeit der Verrechnungspreise in den Entwicklungsländern zu bestimmen.

Diese werden im Folgenden näher erörtert.

1. Erweiterung des Zugriffs auf Datenquellen für Vergleichsunternehmen:

– Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen OECD und Datenbank-

anbietern mit dem Ziel, weitere unabhängige Unternehmen (insbesondere

aus Entwicklungsländern) samt ihren wichtigsten Finanzkennzahlen in

die Datenbanken aufzunehmen; außerdem soll die Anzahl der erfassten

Länder vergrößert und Entwicklungsländern ein kostengünstigerer

Datenbankzugriff ermöglicht werden;

– verstärkte Zusammenarbeit der OECD mit lokalen und internationalen

Organisationen wie beispielsweise dem African Tax Administration

Forum (ATAF) oder der Weltbank, um die Verfügbarkeit und den Zugriff

auf lokale oder regionale Finanzdaten für Verrechnungspreiszwecke zu

vereinfachen. Die Finanzverwaltungen in den Entwicklungsländern

nutzen verstärkt Finanzdaten vergleichbarer Transaktionen von anderen

Unternehmen, die sie im Rahmen früherer Betriebsprüfungen gesammelt

haben. Es handelt sich hierbei jedoch um interne Daten, die nicht

veröffentlicht sind und somit den Steuerpflichtigen bei der Bestimmung

von Verrechnungspreisen nicht vorliegen. Entweder soll der Zugriff auf

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

92 Transfer Pricing Perspective Deutschland

solche internen Finanzdaten künftig auch den Steuerpflichtigen gewährt

werden oder diese dürfen nicht herangezogen werden.

2. Effiziente Verwendung von Daten für Vergleichsunternehmen:

– Erstellung von Richtlinien bzw. direkte Unterstützung durch die OECD

in Bezug auf die optimale Nutzung von Informationen aus den Daten-

banken; es sollen Richtlinien erstellt werden, die beispielhafte Vorgehens-

weisen darüber beinhalten, welche Anpassungen der Finanzdaten bei

welcher Art von Vergleichsanalysen vorzunehmen sind;

– Erfahrungsaustausch zwischen den Entwicklungsländern und der OECD

insbesondere bei der Auswahl von Vergleichsunternehmen, Darstellung

der Transaktionen aus der Perspektive des ausländischen Transaktions-

partners sowie Durchführung von Benchmarkingstudien.

3. Entwicklung von Alternativen, um Vergleichspreise zu identifizieren, ohne

sich dabei auf direkte Vergleichsdaten zu berufen:

– Erstellung von Richtlinien und Tools als unterstützende Maßnahmen,

damit die Analysen wie die Wertschöpfungskettenanalyse oder andere

ökonomische Analysen und die Anwendung von Methoden wie der low-

value adding intra-group services method (sog. sixth method93)

vereinheitlicht und dokumentierbar werden;

– die OECD verweist auch auf die veröffentlichte Neufassung des Abschnitts

E zu den Safe-Harbour-Regelungen.94 Die zwischenstaatlich vereinbarten

Safe-Harbour-Regelungen können dazu führen, dass vielfach gar keine

Vergleichsdaten bei bestimmten Transaktionen mehr gesucht werden

müssen, da die Finanzverwaltung Industriedurchschnitte und Praxis-

erfahrungswerte bei der Bestimmung der Safe-Harbour-Regelungen

berücksichtigt.

93 Diese Methode verpflichtet zur Anwendung von öffentlich verfügbaren Daten für

bestimme Massenwaren in einigen Ländern in Lateinamerika sowie Afrika. Für weitere

Informationen zur sog. sechsten Methode vgl. PwC PKN Alert vom 29.01.2013

zu „Sixth method raises transfer pricing concerns in developing countries“,

abzurufen unter www.pwc.com/en_GX/gx/tax/newsletters/pricing-knowledge-

network/assets/pwc-global-sixth-method-developing-countries.pdf. 94 Siehe hierzu Renz/Ruhmer: „OECD verabschiedet Neufassung der Safe-Harbour-

Regelungen“, Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 19, August 2013.

Die Neufassung des Abschnitts E kann auf der Webseite der OECD unter folgendem

Link abgerufen werden: www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/Revised-Section-E-Safe-

Harbours-TP-Guidelines.pdf.

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

Transfer Pricing Perspective Deutschland 93

4. Verwendung von Advance Pricing Agreements (APAs) und

Verständigungsverfahren:

– Durchsicht der in den Entwicklungsländern herrschenden Regularien

bezüglich der Anwendung von APAs und deren Vor- und Nachteile;

– Unterstützung bei der Vereinbarung von Verständigungsverfahren.

Fazit und Ausblick

Mit dem veröffentlichten Papier Transfer Pricing Comparability Data and

Developing Countries hat die OECD der Bitte der G8-Staaten entsprochen

und Vorschläge für die Bestimmung von fremdüblichen Verrechnungspreisen

in Entwicklungsländern gemacht. Diese Richtlinie gibt Hinweise, welche

Maßnahmen ergriffen werden sollen, um eine verbesserte Erhebung und Dar-

stellung von Daten in Entwicklungsländern zu erreichen. Wie dies umzusetzen

und zu priorisieren ist, bleibt jedoch dem jeweiligen Land überlassen.

Kommentare zum Bericht waren bis zum 11. April 2014 einzureichen.95

2 EU

2.1 Verrechnungspreisfestsetzung mit kompensierenden Anpassungen – aktuelle Stellungnahme des EU Joint Transfer Pricing Forum

Von Holger Lorenzen und Dr. Thomas Bittner

Verrechnungspreissysteme auf der Basis von nachträglichen

Jahresendanpassungen („true up“) erfreuen sich in der Praxis

großer Beliebtheit. Allerdings werden diese Systeme von einzelnen

nationalen Finanzverwaltungen noch nicht in gleichem Maße

akzeptiert. Das EU Joint Transfer Pricing Forum (EU JTPF) hat im

Januar 2014 hierzu einen Bericht veröffentlicht, welcher einen

Minimalkonsens der Mitgliedsstaaten darstellt. Der folgende

Beitrag gibt eine kurze Einführung in die Thematik und fasst

95 Redaktioneller Hinweis: Nachdem der Bericht im Rahmen des „Global Forum on

Transfer Pricing“ vom 26. bis 28.03.2014 vorgestellt und diskutiert worden war,

gingen bis zum 11.04.2014 Kommentare und Stellungnahmen von 23 internationalen

Organisationen, Beratungsgesellschaften und Unternehmen ein. Die eingegangenen

Beiträge wurden am 28.10.2014 auf der Homepage der OECD veröffentlicht und

können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.oecd.org/ctp/transfer-

pricing/public-comments-received-tp-comparability-data-and-developing-

countries.htm.

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

94 Transfer Pricing Perspective Deutschland

praxisrelevante Ergebnisse des Arbeitspapiers des EU JTPF

zusammen.

Einführung

Unter einer kompensierenden Anpassung (compensating adjustment)

verstehen OECD und EU JTPF eine Anpassung des vom Steuerpflichtigen

zunächst tatsächlich berechneten Verrechnungspreises an einen vom Steuer-

pflichtigen später als fremdüblich angesehenen Verrechnungspreis, wobei

diese Anpassung vor Abgabe der Steuererklärung erfolgt. Berichtigungen,

die nach Abgabe der Steuererklärung erfolgen, sind nicht Gegenstand des

EU JTPF-Berichts.

In der Praxis erfolgen nachträgliche Preisanpassungen häufig im Rahmen von

Verrechnungspreissystemen, die die Gewinnmargen von Routineunternehmen

auf Basis einer fremdüblichen Bandbreite steuern. Insofern dient allein das

Ergebnis einer Transaktion als Maßstab für die Fremdüblichkeit. Die Preis-

setzung zum Transaktionszeitpunkt ist in diesem sogenannten Outcome Testing

Approach bzw. Ex-post-Ansatz von eher untergeordneter Bedeutung.96

Dieser Ansatz stößt auf Widerstand insbesondere bei der deutschen Finanz-

verwaltung,97 welche eine Verrechnungspreisermittlung anhand von Plandaten

präferiert und insofern dem Price Setting Approach bzw. Ex-ante-Ansatz folgt.

Bei diesem Ansatz wird der Verrechnungspreis allein anhand der Daten

bestimmt, die zum Transaktionszeitpunkt zur Verfügung stehen.

Obwohl nach den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien generell sowohl der

Ex-post- als auch der Ex-ante-Ansatz zulässig sind,98 besteht ein Doppel-

besteuerungsrisiko, wenn nationale Finanzverwaltungen unterschiedliche

Ansätze anwenden. Dabei gibt es nach Auffassung der deutschen Finanz-

verwaltung die wenigsten Probleme, wenn beide betroffenen Staaten der

Ex-ante-Methode folgen.

96 Vgl. Lorenzen: „Verrechnungspreisbestimmung ,ex-ante‘ und ,ex-post‘ – Aktuelle

Stellungnahme der OECD“, Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 16,

November 2012. 97 Vgl. Rasch: „Möglichkeiten und Grenzen für ,year end adjustments‘ in Verrechnungs-

preissystemen“, in: ISR 12/2013, S. 431–439. 98 Vgl. OECD-Verrechnungspreisrichtlinien 2010, Tz. 3.69 ff.

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

Transfer Pricing Perspective Deutschland 95

Sind die beiden Staaten dagegen Anhänger der Ex-post-Methode, kann es

trotz dieser Deckungsgleichheit im methodischen Ansatz durchaus zu Doppel-

besteuerungen kommen, da zwischen den Staaten unterschiedliche Ansichten

bestehen können hinsichtlich

● des Zeitpunkts, zu dem die Anpassung vorgenommen werden soll

(Jahresende, Schließen der Bücher, Abgabe der Steuererklärung),

● der Daten, die für die Berechnung der Anpassung zugrunde zu legen sind,

● der Frage, ob eine Anpassung nur zulasten oder auch zugunsten des

Steuerpflichtigen erfolgen kann,

● der Frage, auf welchen Preispunkt die Anpassung zu beziehen ist (z. B.

Median, nächstes Quartil etc.).

Zur praktischen Lösung der unterschiedlichen Ansätze hatte die OECD einen

Entwurf zur Überarbeitung der Tz. 3.69 ff. der OECD-Verrechnungspreisricht-

linien veröffentlicht und um Kommentare gebeten.99 In der anschließenden

Diskussion ließen sich jedoch die fundamentalen Meinungsverschiedenheiten

der nationalen Finanzverwaltungen nicht überbrücken, sodass dem Vernehmen

nach die diesbezüglichen Bemühungen der OECD inzwischen eingestellt

wurden.

Dem EU JTPF ist es jetzt gelungen, eine gemeinsame Stellungnahme und

damit einen Minimalkonsens der EU-Mitgliedsstaaten zu erarbeiten.100

Praxisrelevante Ergebnisse des Arbeitspapiers

Der EU JTPF-Bericht formuliert die folgenden fünf kumulativen Bedingungen,

unter denen kompensierende Anpassungen grundsätzlich von den Mitglieds-

staaten zu akzeptieren sind:

1. Der zunächst tatsächlich berechnete Preis darf nicht nur eine allgemeine

Vorauszahlung sein. Das ernsthafte Bemühen des Steuerpflichtigen, zum

Transaktionszeitpunkt dem Fremdvergleichsprinzip zu entsprechen, ist

grundsätzlich zu dokumentieren. Die ursprüngliche Preisfestsetzung

entspricht somit weitgehend dem Ex-post-Prinzip, auch wenn spätere

Anpassungen möglich sind.

2. Die Anpassungen müssen deckungsgleich in beiden Mitgliedsstaaten

erfolgen.

99 Vgl. Wilmanns/Lorenzen/Heravi: „Follow-up: Verrechnungspreisbestimmung an-

hand von ,ex ante approach‘ und ,ex post approach‘ – Kommentare zum aktuellen

,OECD Draft on Timing Issues‘“, Transfer Pricing Perspective Deutschland, Aus-

gabe 18, Mai 2013. 100 Das Arbeitspapier ist auf der Homepage des EU JTPF abrufbar unter

http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/company_tax/transfer_pricing/forum/

index_en.htm.

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

96 Transfer Pricing Perspective Deutschland

3. Der gewählte Ansatz ist konsistent im Zeitablauf beizubehalten, das heißt,

ein beliebiger Wechsel zwischen Ex-ante- und Ex-post-Ansatz ist nicht

statthaft.

4. Die Anpassungen müssen vor Abgabe der Steuererklärung erfolgen.

5. Im Fall einer Anpassung muss der Steuerpflichtige die Gründe darlegen

können, warum seine ursprünglichen Budgets bzw. Planrechnungen nicht

den tatsächlich erreichten Ergebnissen entsprechen. Diese Begründung ist

allerdings nur erforderlich, sofern die Gesetze eines der beteiligten Mit-

gliedsstaaten dies verlangen. Hier ist davon auszugehen, dass deutsche

Steuerpflichtige diesen Nachweis grundsätzlich zu erbringen haben.

Sofern der ursprüngliche Preis außerhalb der fremdüblichen Bandbreite liegt,

sollte laut EU JTPF-Bericht die kompensierende Anpassung auf den am besten

geeigneten Punkt innerhalb der Bandbreite erfolgen. Dabei sollen Anpassungen

in beide Richtungen akzeptiert werden.

Fazit

Die EU JTPF-Stellungnahme stellt eine Vereinbarung zwischen den EU-Mit-

gliedsstaaten dar, auf die sich der Steuerpflichtige bei der Planung seines

Verrechnungspreissystems berufen kann, auch wenn keine Rechtssicherheit

gegeben ist.

Angesichts der Beendigung der entsprechenden OECD-Bemühungen ist der

EU JTPF-Bericht grundsätzlich zu begrüßen und bedeutet tendenziell eine

Verbesserung im praktischen Dialog mit der deutschen Betriebsprüfung bei

der Implementierung von entsprechenden Verrechnungspreissystemen. Die

positive Nachricht ist, dass Jahresendanpassungen – unter bestimmten

Voraussetzungen – grundsätzlich anerkannt werden.

Es empfiehlt sich, bestehende Verrechnungspreissysteme mit Jahresend-

anpassungen kritisch im Hinblick auf die EU JTPF-Stellungnahme zu

überprüfen. Wichtige Punkte sind insbesondere:

● Die unterjährigen Zahlungen müssen eine solide Grundlage auf Basis des

Fremdvergleichs haben, und dies ist entsprechend zu dokumentieren.

● Jahresendanpassungen sind im Einzelfall zu begründen. Als praktischer

Ratschlag bleibt festzuhalten, dass eine Jahresendanpassung möglichst

niedrig ausfallen sollte. Hierzu bietet sich oftmals an, das Ergebnis mit

unterjährigen zukunftsbezogenen Anpassungen zu steuern.

● Einige Verrechnungspreissysteme sehen vor, dass eine Jahresendanpassung

nur erfolgt, wenn eine bestimmte fremdvergleichsübliche – oftmals mit

Benchmarks unterlegte – Bandbreite über- bzw. unterschritten wird. Die

Jahresendanpassung bringt das Ergebnis dann an den Rand oder an einen

Punkt innerhalb der Bandbreite (z. B. Median). Hier ist vom Steuer-

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

Transfer Pricing Perspective Deutschland 97

pflichtigen zu überprüfen und zu begründen, dass die Anpassung dann auf

den tatsächlich „am besten geeigneten Punkt“ erfolgt. Die deutsche Finanz-

verwaltung bevorzugt in diesen Fällen oftmals den Median.101

2.2 EU-Kommission leitet mehrere Beihilfeverfahren wegen Verrechnungspreisvereinbarungen ein

Von Daniela Kiel-Hammer und Florian Weidlich

In der jüngeren Vergangenheit hat die EU-Kommission mehr-

fach Prüfverfahren aufgrund des Verdachts ungerechtfertigter

staatlicher Beihilfen im Zusammenhang mit Verrechnungspreis-

vereinbarungen eingeleitet. Bereits im Juni 2014 gab die EU-

Kommission bekannt, dass sie in drei Fällen die Steuervor-

entscheidungspraxis der Finanzverwaltungen in Irland (Apple),

den Niederlanden (Starbucks) und in Luxemburg (Fiat Finance and

Trade) prüft.102 Am 7. Oktober 2014 informierte die Kommission

über eine weitere Untersuchung hinsichtlich einer im Jahr 2003

von Luxemburg erlassenen Verrechnungspreisvereinbarung für

das Unternehmen Amazon.103

Hintergrund der EU-Beihilfeverfahren

Zu den Aufgaben der EU-Kommission gehört die Gewährleistung gleicher

Wettbewerbsbedingungen in allen EU-Mitgliedsstaaten, auch in Bezug auf

Steuerpraktiken und die Akzeptanz fremdvergleichskonformer Verrechnungs-

preise. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, prüft die

Kommission, ob bestimmte Steuerpraktiken der Mitgliedsstaaten eine

aggressive Steuerplanung von internationalen Unternehmen unterstützen und

diese mit den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen vereinbar sind. Unter

„aggressiver Steuerplanung“ versteht die EU-Kommission das gezielte Aus-

nutzen von Besonderheiten in den Steuersystemen einzelner Länder durch

internationale Konzerne zur Verminderung der Steuerlast bzw. eine Vorzugs-

behandlung von Gesellschaften internationaler Konzerne durch lokale Finanz-

verwaltungen. Konkret liegt eine verbotene Beihilfe vor, wenn seitens der

Finanzverwaltung eines EU-Mitgliedsstaats Steuervorentscheide erlassen

101 Vgl. § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG. 102 Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 11.06.2014,

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-663_de.htm. 103 Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 07.10.2014,

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-1105_de.htm.

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

98 Transfer Pricing Perspective Deutschland

werden, die ein bestimmtes Unternehmen selektiv bevorzugen, beispielsweise

indem nicht fremdvergleichskonforme Verrechnungspreise akzeptiert werden.

Beihilfeverfahren gegen Irland, die Niederlande und Luxemburg

Bei den Prüfverfahren gegen Irland, die Niederlande und Luxemburg stehen

Auskünfte der Finanzverwaltungen (sog. Rulings; in Deutschland „verbindliche

Auskünfte“) zu Verrechnungspreisfragen im Mittelpunkt der Ermittlungen.

Es besteht der grundsätzliche Verdacht, dass bei der Ermittlung der Steuer-

bemessungsgrundlage bei den zuvor genannten Unternehmen nicht fremd-

vergleichskonforme Verrechnungspreise seitens der Finanzverwaltungen

akzeptiert wurden; infolgedessen konnten die Unternehmen ihre Steuerlast

senken. Die EU-Kommission prüft nun, ob diese selektive Bevorzugung

der genannten Unternehmen eine missbräuchliche bzw. ungerechtfertigte

staatliche Beihilfe darstellt. Die allgemeinen Steuervorschriften der involvierten

EU-Mitgliedsstaaten sind dabei nicht Gegenstand des Beihilfeverfahrens.

Erneutes Beihilfeverfahren gegen Luxemburg

Das zweite gegen Luxemburg eingeleitete Beihilfeverfahren betrifft die Amazon

EU S.a.r.l. mit ihrem Sitz in Luxemburg, die eine steuerlich absetzbare Lizenz-

abgabe an eine ebenfalls in Luxemburg ansässige geschlossene Kommandit-

gesellschaft zahlt, die allerdings nicht der lokalen Körperschaftsteuer unterliegt.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass der größte Teil der europäischen Gewinne

Amazons in Luxemburg gebucht, dort aber nicht besteuert wird. Diese Steuer-

praxis wurde im Jahr 2003 seitens der luxemburgischen Finanzverwaltung in

einer nach dem lokalen Recht möglichen „Steuervorentscheidung“ bestätigt.

Nach Ansicht der EU-Kommission scheint die Lizenzabgabe in ihrer Höhe

nicht fremdüblich zu sein und verschafft Amazon infolgedessen einen wirt-

schaftlichen Vorteil in Form einer niedrigeren Besteuerung als bei der Berück-

sichtigung marktüblicher Bedingungen. In diesem Fall wäre grundsätzlich eine

verbotene staatliche Beihilfe gegeben.

Ablauf der Beihilfeverfahren und Ausblick

Im Zuge der Beihilfeverfahren werden seitens der EU-Kommission

Informationen und Stellungnahmen von den involvierten EU-Mitglieds-

staaten angefordert; zudem wird interessierten Dritten Gelegenheit gegeben,

ebenfalls Stellung zu beziehen.

Sofern die EU-Kommission zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass in den vor-

liegenden Fällen eine ungerechtfertigte staatliche Beihilfe vorliegt, könnte diese

die drei Mitgliedsstaaten grundsätzlich dazu verpflichten, die als Beihilfe ein-

gestuften Steuervorteile zuzüglich Zinsen von den begünstigten Unternehmen

zurückzufordern. Sofern eine solche Rückforderung von den Mitgliedsstaaten

nicht umgesetzt würde, könnte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungs-

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Internationale Entwicklungen in der OECD und EU

Transfer Pricing Perspective Deutschland 99

verfahren beim Europäischen Gerichtshof einleiten und die Verhängung eines

Zwangsgelds beantragen.

In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass die Mitgliedsstaaten

mangels entsprechender Harmonisierungsmaßnahmen auch weiterhin grund-

sätzlich die Hoheit über das Recht der direkten Steuern haben. Nach Auf-

fassung der EU-Kommission dürfen sie dabei ihre allgemeinen Regeln im

Einzelfall aber nicht so auslegen, dass einzelne Unternehmen bzw. Konzerne

gegenüber anderen Steuerpflichtigen selektiv begünstigt werden. Die Frage,

wann bei steuerlichen Maßnahmen Selektivität vorliegt, erscheint komplex

und eine Abgrenzung im Einzelnen nicht unproblematisch.

Nach Klärung aller datenschutzrelevanten Fragen wurden die nicht

vertraulichen Fassungen der Beschlüsse zu den Verfahrensnummern

SA.38373104, SA.38374105 und SA.38375106 im Beihilfenregister der EU

veröffentlicht. Die Veröffentlichung der nicht vertraulichen Fassung des

Beschlusses zur Verfahrensnummer SA.38944 steht gegenwärtig noch aus.107

104 SA.38373: Text der Entscheidung im Fall Apple in Irland:

http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/253200/253200_1582634_87_2.pdf. 105 SA.38374: Text der Entscheidung im Fall Starbucks in den Niederlanden:

http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/253201/253201_1596706_60_2.pdf. 106 SA.38375: Text der Entscheidung im Fall Fiat Finance and Trade in Luxemburg:

http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/253203/253203_1590108_107_2.pdf. 107 Redaktioneller Hinweis: Am 16.01.2015 hat die EU-Kommission die nicht vertrauliche

Fassung ihrer Entscheidung vom 07.10.2014 über ein Prüfverfahren zur Besteuerung

des Internetkonzerns Amazon in Luxemburg im Beihilferegister veröffentlicht

(Verfahrensnummer SA.38944). Der nicht vertrauliche Text der Entscheidung

vom 07.10.2014 kann unter folgendem Link abgerufen werden:

http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/254685/254685_1614265_70_2.pdf.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

100 Transfer Pricing Perspective Deutschland

D Internationale Verrechnungspreis-entwicklungen 2014

Die nachfolgenden Beiträge fassen die wichtigsten internationalen

Verrechnungspreisentwicklungen zusammen, soweit sie nicht an anderer

Stelle in diesem Buch diskutiert werden. Im Fokus stehen dabei vor allem

Neuerungen bei den Dokumentationsvorschriften und APA-Regimen sowie

sonstige Entwicklungen im Bereich Verrechnungspreise diverser Länder in

Europa, Amerika und Asien. Daneben werden Betriebsprüfungserfahrungen,

veröffentlichte verrechnungspreisrelevante Schreiben lokaler Finanz-

verwaltungen sowie aktuelle Rechtsprechungen in verschiedenen Ländern

dargestellt.

1 Europa

1.1 Belgien: Verrechnungspreise weiter im Fokus

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

Seit Anfang 2013108 stehen in Belgien Verrechnungspreissach-

verhalte im Fokus von Betriebsprüfungen. Mit der Ausweitung

des Betriebsprüferteams, neuen Auswahlkriterien und einer

verstärkten Zusammenarbeit zwischen den Behörden wird auch

2014 mit einer weiteren Zunahme der Prüfungen gerechnet.

Die belgische Finanzverwaltung beabsichtigt im Lichte der zunehmenden

Globalisierung und der damit verbundenen grenzüberschreitenden Trans-

aktionen und Restrukturierungen die Anzahl und den Umfang der Prüfungen

von Verrechnungspreissachverhalten zu erhöhen. Hierzu hat die Finanz-

verwaltung die Zahl der Verrechnungspreisprüfer auf derzeit 30 erhöht. Die

Prüfer sollen zudem ihre Informationen mit denen der Spezialisten für die

Aufdeckung von Steuerhinterziehung austauschen.

Die Auswahl der intensiver zu prüfenden Unternehmen erfolgt auf Basis einer

Risikoanalyse der Finanzverwaltung, wobei nach diesen Kriterien der Schwer-

108 Vgl. hierzu auch Wöllmann/Franck: „Belgien: stärkere Fokussierung der Finanz-

verwaltung auf die Prüfung von Verrechnungspreisen“, Transfer Pricing Perspective

Deutschland, Ausgabe 18, Mai 2013.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 101

punkt auf Unternehmen mit sehr geringen Margen, stark schwankenden

Ergebnissen oder sehr hohen Verlustvorträgen liegt.

Solche Unternehmen sollten mit der eingehenden Überprüfung ihrer

Verrechnungspreismethoden rechnen. Ferner sollten sich diese frühzeitig

und proaktiv mit den eigenen angewandten Verrechnungspreismethoden

auseinandersetzen und diese auf mögliche Anfechtbarkeit, Schwachstellen

und Nachhaltigkeit überprüfen und dies entsprechend dokumentieren.

1.2 Dänemark: aktuelle Verrechnungspreisentwicklungen

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

Am 31. März 2014 hat die dänische Finanzverwaltung ihren

Verrechnungspreisreport für 2013 veröffentlicht. Dieser bietet

einen Überblick über die Prüfungsschwerpunkte der Finanz-

verwaltung des vergangenen Jahres. Grundsätzlich sind in

Dänemark die Verrechnungspreise in den letzten Jahren zu-

nehmend in den Fokus der Finanzverwaltung gerückt. Dieser

Trend dürfte anhalten.

2013 lag der Fokus der dänischen Finanzverwaltung auf Unternehmen, die

Verluste generiert haben, und solchen, die in Transaktionen mit immateriellen

Wirtschaftsgütern (auch: Intellectual Property – IP) involviert waren (z. B.

Transfer von Rechten oder Lizenzzahlungen für Marken und Patente). Ins-

gesamt führten die Prüfungen bei 77 Unternehmen zu einer Erhöhung des

steuerlichen Einkommens in Höhe von insgesamt 17,4 Milliarden dänischen

Kronen (circa 2,3 Mrd. Euro). Allerdings war 2013 auch ein signifikanter

Anstieg der Anzahl von (Vorab-)Verständigungsverfahren zu verzeichnen.

Dänische Unternehmen mit Verlusten sollten deshalb die Gründe für

die Verlustsituation sowie Maßnahmen zur Reduzierung der Verluste

dokumentieren, da die dänische Finanzverwaltung die Hintergründe von

Verlusten im Detail analysiert. Ferner sollten IP-bezogene Transaktionen

laufend auf ihre Fremdüblichkeit überprüft und ihre Angemessenheit hin-

reichend dokumentiert werden. Hierzu sollten idealerweise auch vorliegende

IP-Bewertungen einbezogen und der dänischen Finanzverwaltung zur

Verfügung gestellt werden.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

102 Transfer Pricing Perspective Deutschland

1.3 Frankreich: Gesetzentwurf zur Behandlung von Funktions- und Risikoverlagerungen

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

Im September 2013 hat die französische Regierung einen

Gesetzentwurf zu grenzüberschreitenden Umstrukturierungen

verabschiedet. Bei einer Verlagerung von Funktionen und/oder

Risiken und einer nachfolgenden Reduzierung der Ergebnisse der

französischen Gesellschaft hat diese auf Anfrage nachzuweisen,

dass sie eine angemessene Ausgleichszahlung erhalten hat.

Folglich wird das Thema Funktionsverlagerung wie bereits in

Deutschland nun auch in Frankreich gesetzlich geregelt und

zunehmend im Fokus stehen.

Französische Unternehmen fallen unter diese Regelung, soweit diese

(1) Funktionen/Risiken auf ein verbundenes Unternehmen übertragen und

(2) sich in den zwei nachfolgenden Wirtschaftsjahren das Ergebnis109 um mehr

als 20 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der letzten drei Jahre vermindert.

Hierbei wird unabhängig vom verlagernden Unternehmensbereich auf das

Gesamtergebnis der Gesellschaft abgestellt (keine Segmentierung). Sollten

diese Kriterien erfüllt sein, wäre in diesem Fall der französische Steuerpflichtige

dazu verpflichtet, nachzuweisen, für die Verlagerung von Funktionen und

Risiken eine angemessene Ausgleichszahlung erhalten zu haben. Zur Über-

prüfung der Angemessenheit der Ausgleichszahlung müssten auf Anfrage der

französischen Finanzverwaltung sämtliche notwendige Finanzdaten zur

Kalkulation der Finanzergebnisse von allen an der Transaktion beteiligten

Unternehmen vor und nach der Umstrukturierung zur Verfügung gestellt

werden, also auch von dem ausländischen übernehmenden Unternehmen.

Insbesondere beim zweiseitigen Ansatz fällt eine Ähnlichkeit zur deutschen

Regelung zur Funktionsverlagerung auf.

Zwar wurde dieser Entwurf im Rahmen der Umsetzung des französischen

Finanzgesetzes 2014 nicht übernommen, jedoch ist weiterhin mit einer

Gesetzesänderung zu rechnen.110 Steuerpflichtige sollten dennoch mit einer

stärkeren Prüfung von Umstrukturierungen rechnen. Ferner kann der Gesetz-

entwurf als eine Orientierungshilfe für Steuerpflichtige bezüglich des Umgangs

109 Gemessen am excédent brut d’exploitation (EBE), einer Kennziffer ähnlich dem

EBITDA. 110 Redaktioneller Hinweis: Die Regelungen zum Umgang mit Funktionsverlagerungen

wurden aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht umgesetzt.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 103

mit Umstrukturierungen dienen, da er die Sichtweise der Finanzverwaltung

aufzeigt.

Wir empfehlen Steuerpflichtigen, bei zukünftigen Umstrukturierungen bereits

frühzeitig mit der Erstellung einer Dokumentation zu Verteidigungszwecken

in einer späteren Betriebsprüfung zu beginnen. Diese sollte insbesondere die

Gründe für die bevorstehende Umstrukturierung, die Finanzdaten (vor und

nach der Umstrukturierung) sowie Argumente zur Notwendigkeit und An-

gemessenheit der Ausgleichszahlung enthalten.

1.4 Frankreich: „Vereinfachte Verrechnungspreisauskunft“ – jährliche Verrechnungspreisauskunftspflichten

Von Marion Leherpeur und Gerrit Halbach

Mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Steuerflucht und Finanz-

kriminalität vom 6. Dezember 2013 hat der französische

Gesetzgeber eine zusätzliche Auskunftspflicht in Form einer

„vereinfachten Verrechnungspreisauskunft“ eingeführt.

Regelung

Entsprechend der gesetzlichen Regelung sind bereits der bisherigen

Dokumentationspflicht unterliegende französische Unternehmen sowie

Betriebsstätten zusätzlich verpflichtet, innerhalb der auf die Abgabe der

Steuererklärung folgenden sechs Monate eine vereinfachte Verrechnungs-

preisauskunft jährlich abzugeben. Dies gilt für Steuerpflichtige, die ihre

Steuererklärungen nach Inkrafttreten des Gesetzes einreichen, wobei für

das erste Jahr der Anwendung (d. h. für Steuerjahre mit Abschluss bis zum

31. Dezember 2013) die Abgabe bis zum 20. November 2014 erfolgen kann.

Spezifische Sanktionen bei Nichterfüllung oder verspäteter Einreichung sieht

das Gesetz derzeit jedoch nicht vor.

Inhalt

Die französischen Steuerbehörden haben für die vereinfachte Verrechnungs-

preisauskunft ein separates Formular (N° 2257) entwickelt. Anhand dieses

Formulars sind insbesondere folgende Informationen offenzulegen:

● allgemeine Informationen über die Gruppe einschließlich (1) Beschreibung

der Geschäftstätigkeit der Gruppe, (2) Herkunft und Art der von dem

französischen Unternehmen wesentlichen eingesetzten immateriellen

Wirtschaftsgüter, (3) allgemeiner Beschreibung der angewandten

Verrechnungspreisrichtlinien

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

104 Transfer Pricing Perspective Deutschland

● spezifische Informationen über das französische Unternehmen einschließlich

(1) Beschreibung der lokalen Aktivitäten, (2) Liste der konzerninternen

Transaktionen, wenn das aggregierte Volumen pro Transaktionsgruppe

100.000 Euro überschreitet, (3) Angabe der angewandten Verrechnungs-

preismethode und (4) potenzieller Änderungen innerhalb des Geschäftsjahrs

Diese Informationen sind größtenteils aus einer bestehenden Verrechnungs-

preisdokumentation ableitbar. Jedoch ist zu beachten, dass die Vorlage einer

„vollständigen“ Verrechnungspreisdokumentation auf Anfrage am ersten Tag

einer Betriebsprüfung von der vereinfachten Verrechnungspreisauskunft un-

berührt bleibt.

Fazit

In der Praxis sollte die zusätzliche Meldepflicht für den Fall, dass es schon

eine „normale“ Verrechnungspreisdokumentation gibt, abgesehen von dem

zeitlichen Vorziehen keinen erheblichen Mehraufwand für den Steuer-

pflichtigen generieren, da die inhaltlichen Anforderungen (mit unter-

schiedlichem Detaillierungsgrad) identisch sind und das Formular

bearbeitungsfreundlich in Tabellenform strukturiert ist. Der Steuerpflichtige

hat jedoch frühzeitig eine vollständige Darstellung seiner verrechnungspreis-

relevanten Sachverhalte (einschließlich deren Änderungen) sicherzustellen. Die

Nichterfüllung dieser Pflicht könnte die Durchführung einer Betriebsprüfung

auslösen, in deren Rahmen die Vorlage einer „vollständigen“ Verrechnungs-

preisdokumentation verlangt werden könnte. Frankreich folgt damit dem

internationalen Trend, bereits mit Abgabe der Steuererklärungen Auskünfte

zu Verrechnungspreisen einzuholen, und somit auch den Empfehlungen der

OECD in ihrem jüngst veröffentlichten Papier zum Thema Dokumentation.111

1.5 Luxemburg: zunehmender Fokus auf Verrechnungspreise

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

In den letzten drei Jahren hat das Thema Verrechnungspreise an

Bedeutung gewonnen. Aufgrund des bedeutenden Finanzsektors

konzentriert sich die luxemburgische Finanzverwaltung derzeit

insbesondere auf Finanztransaktionen. Die neue Regierung

111 Vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Documentation and Country-by-

Country Reporting“, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD

Publishing; http://dx.doi.org/10.1787/9789264219236-en.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 105

beabsichtigt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit die Ein-

führung internationaler Standards zur Besteuerung und

Transparenz sowie zusätzlicher Verrechnungspreisregelungen

in den kommenden Jahren.

In Luxemburg wurden 2011 erste Verrechnungspreisregelungen eingeführt. Seit-

her steigt die Relevanz dieses Themas stetig. So verlangt die luxemburgische

Finanzverwaltung mittlerweile zunehmend die Vorlage von Verrechnungspreis-

dokumentationen und überprüft detailliert Finanztransaktionen auf die An-

gemessenheit der gezahlten/erhaltenen Zinszahlungen. Kürzlich erging auch

ein Finanzgerichtsurteil zur angezweifelten Angemessenheit von Zinszahlungen

an ein französisches verbundenes Unternehmen.

Daher sollten multinationale Konzerne insbesondere mit luxemburgischen

Finanzierungsgesellschaften sicherstellen, dass ihre Verrechnungspreise dem

Fremdvergleichsgrundsatz folgen, geeignet dokumentiert werden und die

Angemessenheit durch eine ökonomische Analyse belegt werden kann.

1.6 Niederlande: neuer Erlass zum Fremdvergleichsgrundsatz

Von Susann van der Ham, Guido Schepers und Dr. Andreas Kammer

In den Niederlanden trat am 14. November 2013 ein neuer Erlass

zum Fremdvergleichsgrundsatz in Kraft. Der Fremdvergleichs-

grundsatz ist seit 2002 in Art. 8b des niederländischen

Körperschaftsteuergesetzes verankert. Die niederländische Gesetz-

gebung orientiert sich an der Entwicklung der OECD-Praxis und

berücksichtigt Besonderheiten des niederländischen Wirtschafts-

standorts. Der gegenwärtige Erlass ersetzt die Erlasse vom

30. März 2001 (IFZ 2001/295) und 21. August 2004 (IFZ 2004/

680M) und konkretisiert die niederländische Auslegung und An-

wendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach dem OECD-Modell.

Die wichtigsten Änderungen gegenüber den ersetzten Erlassen betreffen die

folgenden Punkte:

● spezielle Regelungen für unternehmensinterne Kreditvergaben, Bürg-

schaften, konzerninterne Versicherungsleistungen und immaterielle

Wirtschaftsgüter;

● weitere Klarstellungen des Erlasses zur Behandlung von Gesellschafter-

aktivitäten und „gemischten Aktivitäten“: Kosten der Unternehmensführung

können in diesem Zusammenhang unter Umständen als „gemischte

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

106 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Aktivitäten“ behandelt werden; gemischte Aktivitäten sind Tätigkeiten einer

Abteilung oder einer anderweitigen Gruppe von Personen innerhalb des

Unternehmens, die teilweise als unternehmensinterne Dienstleistungen und

teilweise als Gesellschafteraktivitäten zu qualifizieren sind;

● eine ausführliche Beschreibung zur Anwendung des

Fremdvergleichsgrundsatzes;

● Anpassungen aufgrund von Gesetzesänderungen, relevanten Präzedenzfällen

und den jüngsten Entwicklungen auf OECD-Ebene, insbesondere der

aktualisierten Verrechnungspreisrichtlinien aus dem Jahr 2010;

● knappe Erläuterung zur Anwendung der verschiedenen Verrechnungs-

preismethoden, wie sie in den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien

dargestellt sind.

1.7 Niederlande: Finanzministerium veröffentlicht neue Erlasse zu Finanzdienstleistern

Von Eefje Lemmens

Im Dezember 2013 und Juni 2014 wurden vom niederländischen

Finanzministerium verschiedene neue Erlasse veröffentlicht,

die auf die vermeintlich unsachgemäße Verwendung der nieder-

ländischen Steuerabkommen und Steuergesetze durch Finanz-

dienstleistungsunternehmen („financial service companies“ –

FSCs) abzielen. Die niederländische Regierung versucht dadurch

zu zeigen, dass sie Maßnahmen zur Bekämpfung unerwünschter

internationaler Steuergestaltung multinationaler Unternehmen

vorantreibt. Mit der Veröffentlichung der neuen Erlasse unter-

streicht die niederländische Regierung ihre bestehende Linie

gegenüber FSCs und demonstriert zugleich ihr Bestreben, die

angemessene Anwendung der Gesetzgebung zu überwachen. Auch

wenn sich die Substanzanforderungen für FSCs nicht wesentlich

geändert haben, handelt es sich hierbei um ein klares Signal der

niederländischen Steuerbehörde, dass sie die korrekte Einhaltung

dieser Anforderungen verstärkt prüfen wird.

Die Erlasse klassifizieren ein FSC als eine in den Niederlanden ansässige

körperschaftsteuerpflichtige Gesellschaft auf Basis ihrer Geschäftstätigkeit,

ungeachtet ihrer Eigentümerstruktur oder ihrer Rechtsform. Die Geschäfts-

tätigkeit muss hauptsächlich aus dem Erhalt bzw. der Zahlung von Zinsen,

Lizenzgebühren, Pacht und/oder Leasingkosten durch bzw. an verbundene

ausländische Gesellschaften bestehen. Die in den Erlassen darüber hinaus

enthaltenen Substanzanforderungen beziehen sich auf Themen wie den nieder-

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 107

ländischen Wohnsitz von Vorstandsmitgliedern oder in den Niederlanden

stattfindende Vorstandssitzungen. Zudem ist zu prüfen, ob FSCs bezüglich

Finanzierungs-, Lizenzierungs-, Leasing- und Mietaktivitäten, die im nieder-

ländischen Steuerrecht näher bestimmt werden, substanzielle Risiken eingehen

und ob FSCs unter Berücksichtigung ihrer Funktionen und Risiken eine aus-

reichende Eigenkapitalquote aufweisen.

FSCs sind im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung dazu verpflichtet,

durch eine Bestätigung („tick the box“) kenntlich zu machen, dass sie die

Substanzanforderungen erfüllen. Erfüllt eine FSC die Anforderungen nicht

oder nicht mehr, wird sie dazu aufgefordert, zusätzliche Informationen bereit-

zustellen. Zuwiderhandlungen oder Fristverstöße bei der Informations-

bereitstellung in der Körperschaftsteuererklärung können Strafzahlungen

von bis zu 19.500 Euro nach sich ziehen.

Bei Steuererklärungen ab dem Jahr 2014 werden die Niederlande bei FSCs,

die die Substanzanforderungen nicht erfüllen und eine Befreiung von Doppel-

besteuerung im Rahmen einer Übereinkunft zur Vermeidung der Doppel-

besteuerung im Ausland beantragt haben, automatisch der betreffenden

ausländischen Steuerbehörde Informationen zur Verfügung stellen. Darüber

hinaus wird in diesem Fall kein Advance Pricing Agreement/Advance Tax

Ruling (APA/ATR) gewährt. Wurde ein APA nach dem 13. Juni 2014 erteilt,

wird die niederländische Steuerbehörde bei FSCs, die die Mindestsubstanz-

anforderungen nur geringfügig überschreiten und deren Unternehmensgruppe

nicht plant, ihre operationalen Geschäftstätigkeiten in den Niederlanden

in naher Zukunft auszubauen, Informationen mit ausländischen Staaten

automatisch austauschen.

Im Vergleich zu den bislang gültigen Erlassen aus dem Jahr 2004 wurden

durch die neuen Erlasse keine grundlegenden Änderungen der Substanz-

anforderungen für FSCs beschlossen. Daher kann man davon ausgehen, dass

es zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der Attraktivität des Standorts

Niederlande für Investoren kommen wird. Vielmehr sichern die neuen Erlasse

die bestehenden Vorzüge der Niederlande als Standort für FSCs. In Anbetracht

des erneuten Fokus der Erlasse auf Substanzanforderungen empfehlen wir

dennoch zu prüfen, ob eine FSC die Anforderungen erfüllt, und, falls not-

wendig, entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

108 Transfer Pricing Perspective Deutschland

1.8 Polen: Verrechnungspreise weiterhin im Fokus der Finanzverwaltung

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

In Polen stehen Verrechnungspreise weiterhin im Fokus der

Finanzverwaltung. Es werden zunehmend Prüfungen der

Verrechnungspreise und Gerichtsverfahren beobachtet. Zudem

wurden neue Verrechnungspreisregelungen sowohl zu laufenden

Transaktionen als auch zu konzerninternen Umstrukturierungen

eingeführt. Letztere berücksichtigen die neusten OECD-

Entwicklungen zu BEPS.

Generell sollten polnische Steuerpflichtige mit grenzüberschreitenden konzern-

internen Transaktionen damit rechnen, dass ihre Verrechnungspreise mit

großer Wahrscheinlichkeit in einer künftigen Betriebsprüfung thematisiert

und intensiv geprüft werden. Wurden in den ersten Jahren nach Einführung

der Verrechnungspreisregelungen formale Kriterien, wie zum Beispiel die

Vollständigkeit der Dokumentation, überprüft, erfolgt nunmehr zunehmend

eine qualitative und quantitative Überprüfung der Transaktionen und der

Verrechnungspreise. Die polnische Finanzverwaltung hinterfragt kritisch

Datenbankstudien und führt auch zunehmend eigene Datenbankanalysen

durch.

Aufgrund der steigenden Komplexität von Verrechnungspreissachverhalten und

der gestiegenen Anforderungen innerhalb einer Betriebsprüfung führt dies

häufig zu intensiven Verhandlungen zwischen Finanzverwaltung und Steuer-

pflichtigen. Nicht selten wird keine Einigung im Rahmen der Prüfung erzielt,

sodass die Prüfungen in ein Gerichtsverfahren münden. Häufige Themen sind

zum Beispiel die Verwertbarkeit der Dokumentation und Datenbankstudien,

die Fremdüblichkeit von Finanztransaktionen, die Überprüfung von konzern-

internen Verträgen sowie der Substanz von Transaktionspartnern.

Grundsätzlich sollten polnische Steuerpflichtige über eine plausible Strategie

zur Verteidigung ihrer Verrechnungspreise verfügen. In einem ersten Schritt

zählt hierzu, eine (geeignete) Dokumentation der Verrechnungspreise vorzu-

halten, die insbesondere die Methoden und die Angemessenheit dokumentiert.

Ferner sollte die Fremdüblichkeit auf Basis von (internen oder externen)

Vergleichsdaten (Preise mit fremden Dritten oder Datenbankstudien) belegt

werden können. Auftretende Meinungsverschiedenheiten zu den Verrechnungs-

preisen sollten idealerweise im Rahmen der Prüfung ausgeräumt werden, um

das Risiko eines langwierigen und kostenintensiven Gerichtsverfahrens zu

vermeiden. Bei Transaktionen von erheblichem Volumen bietet die Einleitung

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 109

eines Vorabverständigungsverfahrens (Advance Pricing Agreement) die

Möglichkeit, zusätzliche Sicherheit zu erzielen.

1.9 Tschechien: neue Meldepflicht für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

In Tschechien wurde von der Finanzverwaltung eine neue Melde-

pflicht für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen mit

Wirkung ab dem 1. Januar 2014 eingeführt. Mit der Steuer-

erklärung ist zukünftig ein separates Formular mit der Auf-

stellung der konzerninternen Transaktionen einzureichen. Diese

Informationen sollen der Finanzverwaltung als Grundlage für eine

risikobasierte Auswahl von zu prüfenden Unternehmen dienen.

Betroffen von der Meldepflicht sind alle tschechischen Steuerpflichtigen, die

grenzüberschreitende Transaktionen mit verbundenen Unternehmen aufweisen

(unabhängig vom Umfang der Transaktionen) und deren Wirtschaftsgüter

einen Gesamtwert von 40 Millionen tschechischen Kronen (circa 1,5 Mio. Euro)

übersteigen, deren Nettoumsatz 80 Millionen tschechische Kronen (circa

3 Mio. Euro) übersteigt und die durchschnittlich mehr als 50 Mitarbeiter

beschäftigen. Nationale Transaktionen sind hiervon ebenfalls betroffen, sofern

die tschechischen Steuerpflichtigen Verluste aufweisen oder Fördermittel

erhalten haben.

Zukünftig müssen für jeden Transaktionspartner (unabhängig vom Umfang der

Transaktionen) ein separates Meldeformular mit allgemeinen Informationen

über den Transaktionspartner sowie eine Übersicht über die Transaktions-

volumina pro Transaktion eingereicht werden. Dieses dient der tschechischen

Finanzverwaltung als erster Anhaltspunkt zur Risikoeinschätzung und an-

schließenden Auswahl der zu prüfenden Unternehmen. Allgemein liegt der

Fokus hierbei auf Unternehmen mit Umstrukturierungen und Transaktions-

partnern in Niedrigsteuerländern, Unternehmen mit Verlusten sowie

Management-, Lizenz- und Finanztransaktionen.

Durch die Einführung der Meldepflicht ist generell mit einer Zunahme von

Betriebsprüfungen, insbesondere bei Steuerpflichtigen mit vorgenannten

Transaktionen, zu rechnen. Da das einzureichende Formular mit der Trans-

aktionsübersicht keine Verrechnungspreisdokumentation ersetzt, sollte weiter-

hin eine Dokumentation vorgehalten werden. Zwar besteht keine gesetzliche

Verpflichtung zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation in

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

110 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Tschechien, aber ungeachtet dessen fordert die tschechische Finanzverwaltung

diese typischerweise im Rahmen einer Betriebsprüfung an.

2 Amerika

2.1 Kanada: neue Entwicklungen zu Vorabverständigungsverfahren

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

Die Canada Revenue Agency (CRA) hat Ende März 2014 ihren

jährlichen Report über das in Kanada eingeführte Programm zu

Vorabverständigungsverfahren (Advance Pricing Agreements –

APAs) für das Wirtschaftsjahr 2013/2014 veröffentlicht.

Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 hat sich das APA-Programm in Kanada weiter

positiv entwickelt. Zum einen hat sich die durchschnittliche Verhandlungsdauer

signifikant – um mehr als 50 Prozent – verringert, zum anderen wurden

wesentlich mehr APA-Anträge akzeptiert als in den Vorjahren. Darüber hinaus

wurden zusätzliche Länder in den Kreis der potenziellen Länder für ein APA-

Verfahren aufgenommen (z. B. China und Portugal).

Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 lagen die Schwerpunkte der APAs in den

Sektoren Automobil, Transport, Computer, Elektronik, Chemie und Nahrungs-

mittel.112 Die wesentlichen Transaktionstypen waren der Transfer von

materiellen (54 Prozent) und immateriellen Wirtschaftsgütern (23 Prozent),

gefolgt von Dienstleistungen (21 Prozent). Die am häufigsten betrachtete

Verrechnungspreismethode war die transaktionsbezogene Nettomargen-

methode (50 Prozent), gefolgt von der Profit-Split-Methode (18 Prozent).

Ferner wurden 60 Prozent der bilateralen APAs mit den USA verhandelt sowie

mit zahlreichen anderen Ländern (inklusive Deutschland). Insgesamt wurden

im Wirtschaftsjahr 2013/2014 25 APAs abgeschlossen, weitere 110 Fälle sind

offen.

Kanadische Steuerpflichtige, die für die Zukunft zusätzliche Sicherheit

bezüglich ihrer Verrechnungspreise schaffen wollen, sollten über den Weg

eines APA nachdenken. Hierbei sollten sie sich, wie in anderen Ländern,

darauf einstellen, bereits vor dem eigentlichen APA-Prozess umfangreiche

112 Redaktioneller Hinweis: Die genannten Anteile beziehen sich auf die Gesamtheit der

abgeschlossenen und offenen APAs.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 111

Informationen offenzulegen und mit den Finanzbehörden zusammen-

zuarbeiten. Hierdurch kann das APA schneller und im Sinne des Steuer-

pflichtigen abgeschlossen werden.

3 Asien

3.1 Australien: Finanzverwaltung entwirft Richtlinien zu neuen Verrechnungspreisregelungen

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

Die australische Finanzverwaltung (ATO) hat mehrere Richtlinien-

entwürfe zu den 2013 eingeführten Verrechnungspreisregelungen

veröffentlicht. Die Richtlinien befassen sich unter anderem mit der

Dokumentation von Verrechnungspreisen, Strafzuschlägen sowie

der Anerkennung von Transaktionen bzw. der Umqualifizierung

auf hypothetische fremdübliche Transaktionen. Der Erlass der

Richtlinien wird in der zweiten Jahreshälfte 2014 erwartet.113

Die neuen Verrechnungspreisregelungen unterscheiden zwischen dem

Grundfall, in dem die durchgeführte Transaktion anhand verfügbarer

Fremdvergleiche auf ihre Angemessenheit hin analysiert wird, und drei

möglichen Ausnahmefällen, in denen die Transaktion in eine fremdübliche

Transaktion umqualifiziert wird. Der zugehörige Richtlinienentwurf befasst

sich insbesondere mit Faktoren, die im Rahmen der Neuregelung für eine

Umqualifizierung relevant sind, und bietet zu Veranschaulichungszwecken

Beispielfälle.

Verrechnungspreisdokumentationen sind künftig bis zum Zeitpunkt des

Einreichens der Steuererklärung zu erstellen, um eine geeignete Basis für

die Beurteilung der eigenen Verrechnungspreise zu haben (sog. reasonably

arguable position – RAP). Hierzu enthält der Richtlinienentwurf insbesondere

Angaben zum Umfang der erforderlichen Erstellung, der Risikoeinschätzung

und der möglichen Umqualifizierungen von Transaktionen sowie zum Umfang

von Informationen zur gesamten Wertschöpfungskette des Konzerns (bigger

picture).

113 Redaktioneller Hinweis: Im Laufe des Jahres 2014 wurden von der ATO die

Richtlinien TR 2014/8, PSLA 2014/2 und PSLA 2014/3 erlassen.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

112 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Grundsätzlich beträgt der Strafzuschlag in Australien 25 Prozent der Ein-

kommensanpassung. Mit dem Vorliegen einer RAP reduziert sich dieser auf

10 Prozent. Hierzu enthält der Richtlinienentwurf Informationen und weitere

Hinweise zur RAP und deren Akzeptanz.

Folglich ist nunmehr die zeitnahe Erstellung einer Verrechnungspreis-

dokumentation entscheidend für die Verhinderung bzw. Reduzierung

etwaiger Strafzuschläge. Hierzu ist insbesondere eine frühzeitige Planung

der Dokumentation vor Einreichung der ersten Steuererklärung im Rahmen

der Einführung der Neuregelung empfehlenswert.

3.2 China: Entsendung oder Service? – neue Richtlinien bezüglich Dienstleistungsbetriebsstätten

Von Susann van der Ham und Mingzhe Ouyang

Das Betriebsprüfungsklima für ausländische Unternehmen in

China hat sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. Im Fokus

der chinesischen Finanzverwaltung (State Administration of

Taxation – SAT) stehen zum einen die Abgrenzung zwischen

Entsendungsfällen und Dienstleistungsverrechnungen und zum

anderen die Annahme von Dienstleistungsbetriebsstätten sowie

deren angemessene Vergütung. Diese Entwicklung ist insbesondere

für deutsche Unternehmen mit Tochtergesellschaften in China

relevant, da auch das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)

zwischen Deutschland und China in Art. 5 Abs. 3 eine entsprechende

Vorschrift zu Dienstleistungsbetriebsstätten enthält.

Abgrenzung von Entsendungen und Dienstleistungen

Aus deutscher Sicht werden mehrere Arten von Entsendungen unterschieden.

In der Praxis spielt die Expertenentsendung die größte Rolle, bei der das

entsendende Unternehmen dem aufnehmenden Unternehmen einen sehr

erfahrenen Mitarbeiter für die Dauer der Entsendung zur Verfügung stellt.

In China werden gerade Leitungsfunktionen (z. B. Leitung der Produktion,

Leitung des Vertriebs oder die Geschäftsführung) oft mit entsendeten Experten

aus Deutschland besetzt. Da eine Expertenentsendung im ganz überwiegenden

Interesse des aufnehmenden Unternehmens erfolgen dürfte, werden die Kosten

der Entsendung üblicherweise dem aufnehmenden Unternehmen in Rechnung

gestellt.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 113

Aus chinesischer Sicht stellt sich jedoch die Frage, ob solche Experten-

entsendungen dem Wesen nach eher als Dienstleistungen des deutschen

Stammhauses gegenüber der chinesischen Tochter zu beurteilen sind, die von

den entsendeten Mitarbeitern in China erbracht werden.

Annahme von Dienstleistungsbetriebsstätten

Das DBA zwischen Deutschland und China ist eines von wenigen deutschen

DBAs, die eine Regelung zu Dienstleistungsbetriebsstätten enthalten. Danach

begründet ein deutsches Unternehmen in China eine Betriebsstätte durch die

Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Leistungen auf dem Gebiet der

Beratung, durch Angestellte oder anderes Personal, wenn diese Tätigkeit in

China länger als sechs Monate in einem beliebigen Zwölfmonatszeitraum aus-

geübt wird. Sofern eine Dienstleistungsbetriebsstätte begründet wird, wäre

dieser ein angemessener Anteil des Gewinns des deutschen Stammhauses

zuzuordnen und in China der Besteuerung zu unterwerfen.

Vor diesem Hintergrund waren in der Vergangenheit insbesondere

Entsendungsfälle Gegenstand der Prüfung durch die chinesische Finanz-

verwaltung, die hier verdeckte Dienstleistungsbeziehungen vermutete. Da

Entsendungen in der Praxis häufig länger als sechs Monate andauern, würde

aus einer potenziellen Umqualifizierung der Leistungsbeziehung von einer

Entsendung in eine Dienstleistungstransaktion oft auch die Annahme einer

Dienstleistungsbetriebsstätte nach DBA resultieren. Daneben löst die Annahme

einer Dienstleistungstransaktion 5 Prozent Business Tax auf das angenommene

Bruttoentgelt aus.

Neue Richtlinie zur Abgrenzung von Entsendungsfällen

Die SAT hat nun einen lang erwarteten Erlass (Tax Circular 2013 No. 19 –

Circular 19) veröffentlicht, der sowohl technische als auch praktische Hinweise

für die Abgrenzung zwischen Entsendungs- und Dienstleistungsfällen und zur

Prüfung des Vorliegens einer Dienstleistungsbetriebsstätte enthält. Vereinfacht

beschreibt der Erlass die folgenden zwei grundsätzlichen Abgrenzungskriterien

und fünf ergänzende Faktoren, die für die Beurteilung der Frage herangezogen

werden sollen, ob eine Dienstleistung bzw. eine Dienstleistungsbetriebsstätte

des ausländischen Stammhauses vorliegt:

Grundsätzliche Abgrenzungskriterien

● Das Stammhaus trägt die volle Verantwortung für die vom entsendeten

Mitarbeiter geleistete Tätigkeit.

● Das Stammhaus beurteilt die Leistungen des entsendeten Mitarbeiters im

Rahmen des normalen Performance-Management-Prozesses.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

114 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Fünf ergänzende Faktoren

● Die aufnehmende chinesische Gesellschaft zahlt Management Fees oder

Dienstleistungsentgelte an das Stammhaus für den entsendeten Mitarbeiter.

● Die aufnehmende chinesische Gesellschaft erstattet die Entsendungskosten

für den entsendeten Mitarbeiter in unüblicher Höhe.

● Die Zahlungen der aufnehmenden chinesischen Gesellschaft werden vom

Stammhaus nur teilweise an den entsendeten Mitarbeiter ausgezahlt bzw.

für seine Vergütung verwendet.

● Die vom Stammhaus getragenen Vergütungsbestandteile unterliegen nicht

oder nur teilweise der chinesischen Einkommensteuer.

● Das Stammhaus bestimmt die Anzahl, die Qualifikation, die Vergütung und

den Standort der entsendeten Mitarbeiter.

Sofern das Stammhaus auf Basis der grundsätzlichen Abgrenzungskriterien als

wirtschaftlicher Arbeitgeber des entsendeten Mitarbeiters angesehen wird,

könnte nach Ansicht der SAT das Vorliegen eines der fünf unterstützenden

Faktoren zur Annahme einer Betriebsstätte in China führen. Bemerkenswert ist

hierbei, dass die ersten drei der fünf unterstützenden Faktoren darauf abzielen,

ob das Stammhaus aus der Entsendung einen finanziellen Vorteil erzielt. Dies

impliziert, dass selbst die Verrechnung anteiliger Verwaltungskosten im

Zusammenhang mit der Entsendung zur Annahme einer Dienstleistungs-

betriebsstätte in China führen könnte.

Darüber hinaus ist unklar, wie die SAT den Fall beurteilen wird, dass die auf-

nehmende Gesellschaft zwar auf Basis der grundsätzlichen Abgrenzungskriterien

als wirtschaftlicher Arbeitgeber angesehen werden müsste, aber gleichzeitig

einer oder mehrere der fünf unterstützenden Faktoren eine gegenteilige

Beurteilung stützen würden. Es bleibt also offen, wie die jeweils zuständigen

lokalen Finanzbehörden diesen oder andere Zweifelsfälle beurteilen würden.

Fazit

Aufgrund des neuen Circular 19 ist es für alle Unternehmen mit Entsendungen

an verbundene Unternehmen in China empfehlenswert, sämtliche

Entsendungsfälle vor dem Hintergrund der neuen Regelungen zu überprüfen.

Zur Vermeidung von Dienstleistungsbetriebsstätten sollten außerdem die

Verrechnungsmechanismen für Entsendungskosten überprüft werden, da sich

die Verrechnung von Verwaltungskostenanteilen negativ auf das Betriebs-

stättenrisiko auswirken könnte.

Darüber hinaus spielt eine solide Dokumentation der Entsendungsfälle

eine wichtige Rolle beim Nachweis, dass tatsächlich eine Entsendung und

eben keine Dienstleistung zwischen Stammhaus und chinesischer Tochter-

gesellschaft vorliegt. Im Mittelpunkt dieser Entsendungsdokumentation sollte

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 115

die wirtschaftliche Arbeitgebereigenschaft der aufnehmenden chinesischen

Gesellschaft bezüglich des entsendeten Mitarbeiters stehen.

3.3 China: vierter APA-Jahresbericht veröffentlicht

Von Jörg Hanken, Mingzhe Ouyang und Ulrich Reuter

Im Juni 2013 veröffentlichte die zentrale chinesische Finanz-

verwaltung (State Administration of Taxation – SAT) die vierte

Ausgabe des „China Advance Pricing Arrangement Annual Report“

(APA-Jahresbericht) – für das Jahr 2012. Im Detail ergeben sich

jedoch wieder einige neue Aspekte und Erkenntnisse, die Ihnen der

folgende Beitrag kurz vorstellt.

Aktuelle APA-Trends

Im Jahr 2012 wurden insgesamt zwölf neue Advance Pricing Agreements

(APAs) unterzeichnet. Darunter befanden sich neun zwischenstaatliche

(bilaterale) Abkommen,114 während die verbleibenden drei unilateralen

Abkommen Vereinbarungen zwischen Steuerpflichtigen und der SAT betreffen.

Damit übertrifft im Jahr 2012 die Zahl der – komplexeren und im inter-

nationalen Zusammenhang wirksameren – bilateralen APAs nach 2009 zum

zweiten Mal die der unilateralen APAs. Dies deutet darauf hin, dass Unter-

nehmen trotz des damit verbundenen größeren Aufwands in der Praxis

verstärkt auf bilaterale APAs setzen, anstatt auf rein chinesische Verein-

barungen zu vertrauen. Die Entwicklung zeigt jedoch auch: Die chinesischen

Steuerbehörden unterstützen die Anwendung von bilateralen APAs – in aus

ihrer Sicht sinnvollen Fällen – tatsächlich.

Nach den im Jahresbericht veröffentlichten Statistiken hat sich auch die Dauer

der Bearbeitung eines APA vom Antrag bis zur Unterzeichnung verkürzt.

Wurden im Jahr 2011 nur etwa 50 Prozent der unilateralen und bilateralen

APAs innerhalb von weniger als einem Jahr abgeschlossen, so erhöhte sich

dieser Anteil im Jahr 2012 auf 67 Prozent. Der Anstieg dokumentiert zum einen

die zunehmende Erfahrung der SAT in APA-Fragen, zum anderen die immer

strikter werdende Vorauswahl geeigneter Fälle. So stieg die Zahl der gestellten

und noch nicht angenommenen APA-Anträge vom Stichtag 31. Dezember 2011

bis zum Stichtag 31. Dezember 2012 von 58 auf 79, davon 73 Anträge auf bi-

laterale APAs. Und die chinesischen Behörden rechnen ausdrücklich mit einer

weiter steigenden Zahl von Anträgen. Darüber hinaus muss immer wieder 114 Unter diesen ist ein neues bilaterales APA zwischen China und einem europäischen

Land.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

116 Transfer Pricing Perspective Deutschland

darauf hingewiesen werden: Die offiziellen Angaben zur Dauer von APAs

berücksichtigen nicht die umfangreichen Vorbereitungsarbeiten und Vor-

verhandlungen, die dem offiziellen APA-Prozess regelmäßig vorgelagert sind.

Kriterien, nach denen die Finanzverwaltung eingehende Anträge

bearbeitet

Bei der Bearbeitung von Anträgen richtet sich die SAT laut eigener Aussage

nach den folgenden vier Kriterien:

● Die Bearbeitung erfolgt erstens und grundsätzlich nach der zeitlichen

Reihenfolge der Antragstellung.

● Entscheidend ist zweitens die Qualität der Antragsdokumente. Dazu gehört:

Sind die Dokumente und Informationen vollständig? Sind die Ausführungen

und Berechnungen zu den Verrechnungspreisen korrekt und angemessen?

● Einfluss auf die Bearbeitung hat drittens die Zugehörigkeit des Antragstellers

zu einer Branche oder Region, die bevorzugte Behandlung verdient (ohne

weitere Vertiefung bezüglich der Kriterien für solche Branchen oder Regionen).

● Bei bilateralen APAs ist viertens von Bedeutung, inwieweit der andere

Vertragsstaat dazu bereit ist, APA-Verhandlungen durchzuführen.

Die Bedeutung einer bevorzugten Behandlung ist besonders mit Blick auf die

weiterhin sehr begrenzten personellen Ressourcen der Behörde von Bedeutung.

2012 wurde die Zahl der im Rahmen des APA-Programms tätigen SAT-Mit-

arbeiter von sechs auf acht erhöht. Diese Mitarbeiter sind derzeit in drei

regionalen Teams organisiert, die jeweils folgende Länder betreuen: Japan und

Südkorea; restliches Asien und Pazifik; Europa (einschließlich des Vereinigten

Königreichs, Deutschlands, der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs, Italiens,

Dänemarks, Schwedens und der Schweiz).

Nach eigenem Bekunden ist das zweite der vier Kriterien (die Qualität der

Antragsdokumente sowie der verrechnungspreistechnischen Argumentation)

der wichtigste Entscheidungsfaktor für die SAT. Beispielsweise rechtfertigt

die Verwendung innovativer Verrechnungspreismethoden (z. B. vermehrte

Anwendung der Wiederverkaufspreismethode und der Gewinnaufteilungs-

methode) und hochwertiger quantitativer Analysen mit Blick auf immaterielle

Vermögenswerte, lokale Kosteneinsparungen (cost savings) oder markt-

spezifische Gewinnaufschläge (market premiums) eine bevorzugte Behandlung

durch die SAT.

Vor diesem Hintergrund kann die Bedeutung einer eingehenden Vorbereitung

der APA-Anträge nicht genug betont werden. Alle Anträge sollten idealerweise

mit professioneller Unterstützung erfolgen. Das betrifft vor allem die Auswahl

erfolgversprechender APA-Projekte, aber auch die Vorbereitung passender

Antragsdokumente und die technisch saubere Argumentation.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 117

3.4 China: Ansichten der SAT zu konzerninternen Dienstleistungen und Management Fees

Von Jörg Hanken und Mingzhe Ouyang115

Als Reaktion auf die Anfrage der Vereinten Nationen hat die State

Administration of Taxation (SAT) der Volksrepublik China ihre

Ansichten mitgeteilt und am 16. Januar 2014 zwei Empfehlungen

bezüglich konzerninterner Dienstleistungen und Management Fees

veröffentlicht.

Der folgende Artikel bietet eine Übersicht über spezielle Themen und

praktische Herausforderungen, die bei der Verrechnung von Dienstleistungen

und Management Fees demnach beachtet werden müssen.

Zu berücksichtigende Sachverhalte

Die SAT stimmt der OECD-Grundstruktur der Verrechnung von konzern-

internen Dienstleistungen zu. Darüber hinaus hob sie vier Sachverhalte hervor,

die bei der Analyse, ob Muttergesellschaften Dienstleistungsgebühren an

verbundene Gesellschaften verrechnen können, berücksichtigt werden müssen:

● Ein Benefit-Test sollte durchgeführt werden, sowohl aus Sicht des Dienst-

leistungsanbieters als auch aus Sicht des Dienstleistungsempfängers (falls

z. B. der Anbieter mehr von der Dienstleistung profitiert als der Empfänger,

sollen keine Gebühren verrechnet werden).

● Es sollten Analysen durchgeführt werden, die bewerten, ob die Dienst-

leistungen für das Tochterunternehmen unbedingt notwendig sind (z. B.

sollen hochwertige Dienstleistungen wie rechtliche und sonstige Beratung

für eine Tochtergesellschaft mit reiner Produktionsfunktion in China nicht

notwendig sein).

● Es sollten Überlegungen angestellt werden, ob die verschiedenen Dienst-

leistungen schon durch andere konzerninterne Transaktionen entlohnt

wurden (stellt z. B. die Muttergesellschaft einer Tochtergesellschaft im-

materielle Vermögenswerte zur Verfügung und teilt den damit zusammen-

hängenden Residualgewinn, sollte sie nicht zusätzlich eine Management Fee

verrechnen).

● Bestimmte Arten von Managementdienstleistungen sind möglicherweise

doppelt erbracht worden oder sie stellen shareholder activities dar

und sollten daher nicht verrechnet werden (z. B. Entscheidungen des

Managements der Mutter, wenn die Tochter ein eigenes Management hat).

115 Mingzhe Ouyang ist Mitglied der BRIC-Gruppe Deutschland bei PwC.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

118 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Praktische Herausforderungen und Empfehlungen

Die SAT hat auf zwei praktische Herausforderungen im Rahmen ihrer

Untersuchung konzerninterner Transaktionen hingewiesen:

1. Die Überprüfbarkeit der tatsächlichen Erbringung der Dienstleistungen

und der Angemessenheit der entsprechenden Verrechnungslogik stellt in

Entwicklungsländern eine besonders große Herausforderung dar. Darüber

hinaus kann der lokale Steuerpflichtige meistens keinen Überblick über die

Gesamtstruktur der konzerninternen Leistungen geben, wenn sich der

Dienstleistungsanbieter im Ausland befindet. Die SAT empfiehlt den

Vereinten Nationen, in ihrem Practical Manual on Transfer Pricing for

Developing Countries (UN TP Manual) auf die relevanten Anforderungen

zur Verrechnungspreisdokumentation des OECD-Aktionsplans gegen die

Erosion von Steuerbemessungsgrundlagen und Gewinnverlagerung („Base

Erosion and Profit Shifting“ – BEPS) zu verweisen und von der Mutter-

gesellschaft die Bekanntgabe der Verrechnungspreislogik – inklusive der

Verrechnungsmethode und resultierenden Dienstleistungsgebühr, die an

jede Tochtergesellschaft verrechnet wird – im Master File zu verlangen.

2. In der Praxis ergeben sich oft Schwierigkeiten bei der eindeutigen Trennung

zwischen Lizenzgebühren und technischen Dienstleistungsgebühren. Im Fall

der Umklassifizierung einer Dienstleistungsgebühr in eine Lizenzgebühr

wäre eine Anpassung der Quellensteuer die Folge. Die SAT empfiehlt daher,

auch zusätzliche Abgrenzungsregelungen für technische Dienstleistungs-

gebühren und Lizenzgebühren in das UN TP Manual aufzunehmen.

Schlussfolgerung

1. Die SAT unterstreicht in ihren Kommentierungen zu den Dienstleistungs-

gebühren, insbesondere zu den sogenannten Management Fees, die Frage

der Wertschöpfung. Daher ist es für den Steuerpflichtigen – aus chinesischer

Sicht – ratsam, den Wertschöpfungsbeitrag der von den ausländischen

Unternehmen erbrachten Dienstleistungen unter Berücksichtigung der

Funktions- und Risikoprofile der chinesischen Einheit aufzuzeigen.

2. Für den Fall, dass die globalen Dienstleistungen zunächst an eine regionale

Zentrale verrechnet und dann von dort weiterverrechnet werden, sollte der

Zusammenhang zwischen den globalen Dienstleistungen und der Nutzen-

stiftung auf der lokalen Empfängerseite in interner Dokumentation nach-

gewiesen werden. Zu guter Letzt sollten multinationale Unternehmen die

Abgrenzung zwischen Dienstleistungen und anderen Vergütungsmethoden,

zum Beispiel Lizenzzahlungen, überprüfen, um in Zukunft Streitigkeiten bei

der Klassifizierung von Dienstleistungsgebühren und möglichen Quellen-

steuern zu vermeiden.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 119

3.5 China: Verrechnungspreisimplikationen infolge der Liberalisierung des Renminbi

Von Yu Tao116 und Immanuel Weidlich

Seit Anfang 2014 wurden von der chinesischen Zentralbank

(People’s Bank of China – PBoC) eine Reihe bedeutsamer Schritte

eingeleitet, um die Währung der weltweit zweitgrößten Volks-

wirtschaft, den Renminbi (CNY – häufig auch Yuan genannt),

zu liberalisieren. Die Schritte umfassen die Vereinfachung von

grenzüberschreitenden CNY-Handelsvorgängen im Rahmen von

Finanzgeschäften. Dies beinhaltet die detaillierte Beratung über

die Schanghai-Pilotfreihandelszone für Finanzinstrumente bzw.

Finanztransaktionen, insbesondere vereinfachte chinesisch-

globale Cash-Pooling-Genehmigungsprozesse. Des Weiteren wird

darauf abgezielt, neben den bestehenden Märkten in Hongkong,

Taiwan und Singapur weitere globale CNY-Offshorezentren in

London, Luxemburg, Paris, Frankfurt am Main und Sydney zu

erschließen.

Die CNY-Liberalisierung hat zur Folge, dass finanzielle Wertschöpfungsketten

multinationaler Unternehmen und betroffener Finanzinstitute erheblich

beeinflusst und umgestaltet werden. Multinationale Unternehmen, die von

einem großen CNY-Liquiditätsüberschuss in der Vergangenheit in China nicht

profitieren konnten, haben nun die Möglichkeit, diesen unter Verwendung

globaler Cash-Pooling-Techniken zu nutzen. Die globale Ausweitung der in

China ansässigen E-Commerce-Betreiber wird dadurch enorm beschleunigt, da

multinationale und chinesische Unternehmen CNY-Offshorefonds in Fremd-

finanzierungsmärkten aufnehmen können. Zusammenfassend betrachtet

werden chinesische Finanzinstitute im Allgemeinen von der Entwicklung

profitieren und vermehrt global agieren können.

Darüber hinaus ergibt sich aus dieser Entwicklung eine Reihe von neuen

Verrechnungspreisanforderungen. Beispielhaft hierfür ist die Bestimmung

der Fremdvergleichsüblichkeit von Cash-Pooling-Zinssätzen angesichts der

regulatorischen Trennung von On- und Offshoremärkten zu nennen, die zu

verschiedenen Zinssätzen führte. Weitere Beispiele, welche die vermehrt

globalisierten chinesischen Banken betreffen, sind die Behandlung von Inter-

banken-Finanzierungs- und -Liquiditätskosten, Offshorebuchungen, Risiko-

transfers, Global Trading und die Allokation von Kapital zu Betriebsstätten. Die

116 Yu Tao ist Mitglied der BRIC-Gruppe Deutschland bei PwC.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

120 Transfer Pricing Perspective Deutschland

E-Commerce-Verrechnungspreisthematik, die derzeit von der OECD im

Rahmen des BEPS-Projekts zur Diskussion steht, wird für E-Commerce-

Akteure in China ein zentrales Thema in naher Zukunft darstellen.

3.6 China: transaktionsbedingte Zahlungen ins Ausland im Fokus der Finanzverwaltung

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

Am 29. Juli 2014 hat die chinesische Finanzverwaltung ein

internes Rundschreiben zur Prüfung von transaktionsbedingten

Zahlungen ins Ausland herausgegeben. Der Schwerpunkt liegt

hierbei auf der Prüfung der Fremdüblichkeit von grenzüber-

schreitenden Zahlungen für Lizenzen und erhaltene Dienst-

leistungen, insbesondere bei Zahlungen an Unternehmen in

Niedrigsteuerländern. Generelles Ziel der Finanzverwaltung ist

es, durch umfangreichere Analysen die eigene Position zu stärken

und eine Verlagerung von Gewinnen ins Ausland zu verhindern.

Erste lokale Finanzbehörden haben bereits mit der Umsetzung des Rund-

schreibens im Rahmen der Prüfungsplanung und Informationsbeschaffung

begonnen. Zwar handelt es sich bei den meisten Anforderungen um inter-

national bereits bekannte Regelungen, wie zum Beispiel bei Management-

dienstleistungen die Forderung nach einer Nutzenanalyse (Benefit-Test),

die Unzulässigkeit von doppelten Verrechnungen über andere Transaktionen

oder die Verrechnung von Leistungen im Interesse des Gesellschafters

(Stewardship), aber durch dieses Rundschreiben wird sich der Prüfungs-

schwerpunkt zukünftig verstärkt auf diese Themen richten, insbesondere wenn

die Zahlungen an Unternehmen in Niedrigsteuerländer erfolgen. Darüber

hinaus wird erwartet, dass die Finanzverwaltung auch die typischerweise in

diesem Zusammenhang auftretenden weiteren Fragen, wie zum Beispiel die

Qualifikation von Betriebsstätten über in China erbrachte Leistungen, vermehrt

hinterfragen und analysieren wird. Allen Themenbereichen gemein ist, dass

eine Einschätzung teilweise sehr subjektiv ist und damit umfangreiche

Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen mit der Finanzverwaltung

vorprogrammiert sind.

Betroffene Steuerpflichtige sollten daher ihre Vergütungen für Management-

dienstleistungen und Lizenzen einer umfangreichen Belastbarkeitsanalyse

unterziehen und die Methodik, soweit erforderlich, zeitnah den neuen

Erfordernissen anpassen. Darüber hinaus sollte für diese Transaktionen eine

Verrechnungspreisdokumentation mit einer Begründung der Angemessenheit

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 121

der angewandten Verrechnungspreise vorgehalten werden (z. B. mittels Bench-

markingstudien, Nutzenanalysen [Benefit-Tests] oder Wertschöpfungsbeitrags-

analysen). Um potenzielle Missverständnisse im Rahmen einer Prüfung früh-

zeitig (oder optimalerweise bereits vorab) zu erkennen und zu vermeiden,

empfiehlt sich eine proaktive Kommunikation mit der Finanzbehörde. Sollte

trotz allem keine Einigkeit mit der Finanzverwaltung erzielt werden können,

steht auch hier der Weg eines Verständigungsverfahrens zur Vermeidung einer

Doppelbesteuerung offen.

3.7 Indien: Bankbetriebsstätten – Kreditwürdigkeits-prüfung durch indische Betriebsstätte erfordert Zuordnung von Einkünften

Von Arundhati Pandeya117 und Tanja Koch

Im Fall der französischen Bank Le Crédit Lyonnais (LCL) hat das

Mumbai Bench des Income Tax Appellate Tribunal („Tribunal“)

entschieden, dass die von der indischen Betriebsstätte (BS) der LCL

durchgeführte Kreditwürdigkeitsprüfung indischer Kunden eine

wesentliche Funktion sei und somit zentral für die Entscheidung

der Darlehensvergabe durch eine andere ausländische BS der

Bank. Der indischen BS müssten daher 20 Prozent der Gebühren

zugeordnet werden, die die ausländischen BS für die Darlehens-

vergabe erhalten hatten. Der folgende Artikel gibt einen Überblick

über die wesentlichen Inhalte des Urteils und beurteilt die Relevanz

des Urteils aus deutscher Sicht.118

Sachverhalt

Während des Geschäftsjahrs 2001/2002 unterstützte die indische BS die

Zentrale der LCL sowie weitere ausländische BS bei der Gewährung von

Darlehen in ausländischer Währung an zwei in Indien ansässige Kunden

(„Darlehensempfänger“). Die Rolle der indischen BS beschränkte sich auf

die Kreditwürdigkeitsprüfung der Darlehensempfänger sowie grundlegende

Analysen zur Marktentwicklung und dem regulatorischen Umfeld in Indien.

Alle weiteren Aktivitäten, wie die Verhandlungen mit den Darlehens-

117 Arundhati Pandeya ist Mitglied der BRIC-Gruppe Deutschland bei PwC. 118 „PwC News Alert: Borrower’s credit analysis core to loan decision. Tribunal upholds

profit attribution to PEs of banks @ 20% of fee component“, Pricing Knowledge

Network PwC, 21.10.2013; ITA No. 1935/Mum/2007: „In the Income Tax Appellate

Tribunal Mumbai Benches ‚K‘“, Mumbai.

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122 Transfer Pricing Perspective Deutschland

empfängern, die abschließende Entscheidung bezüglich der Darlehens-

gewährung, die Ausstellung aller Unterlagen (inklusive der Verträge) etc.,

wurden von anderen BS außerhalb Indiens durchgeführt. Der indischen BS

wurden weder Gebühren noch Zinszahlungen aus der Darlehensvergabe

zugeordnet.

Argumentation der LCL

Die LCL argumentierte, dass die indische BS lediglich in unterstützender

Funktion tätig gewesen sei und ihr daher mit Verweis auf Art. 7 des indisch-

französischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) sowie § 4 des Indisch-

Französischen Protokolls („§ 4“) kein Gewinn zugeordnet werden müsse. Sie sei

zudem zu keinem Zeitpunkt als Agent für die Darlehensgewährung aufgetreten

und auch nicht an der Finanzierung beteiligt gewesen, weshalb es nicht an-

gemessen sei, ihr Teile der Zinszahlungen oder entsprechender Gebühren

zuzuordnen. Da es sich darüber hinaus um bereits bestehende Kunden der

indischen BS handelte, lagen die Informationen zur Kreditwürdigkeit bereits

vor, weshalb mit der Kreditwürdigkeitsprüfung in den konkreten Fällen kein

zusätzlicher Aufwand verbunden war.

Die Argumentation der Steuerbehörde/Commissioner of

Income Tax (Appeals)

Während der Betriebsprüfung wurde diese Argumentation vom Transfer

Pricing Officer (TPO, Auslandsfachprüfer) nicht akzeptiert und ein Fremd-

vergleichspreis für die Dienstleistungen der indischen BS in Höhe von

25 Prozent der gesamten Zinseinnahmen und Gebühren der verbundenen

(ausländischen) BS festgesetzt. Der TPO begründete dies damit, dass von

der indischen BS die ausschlaggebende finanzielle Analyse der Darlehens-

empfänger bereitgestellt und dadurch die Darlehensgewährung erst ermöglicht

worden sei. Die LCL könne sich deshalb nicht auf eine reine Unterstützungs-

funktion im Sinne von § 4 berufen.

In der folgenden Berufungsverhandlung entschied der Commissioner of

Income Tax (Appeals) (CIT[A]), dass der TPO die Höhe der Anpassung ohne

entsprechende Nachweise festgesetzt habe, und reduzierte diese daher von

25 Prozent auf 20 Prozent. Die abschließende Entscheidung wurde dem

Mumbai Tribunal übertragen.

Die Entscheidung des Tribunals

Das Tribunal entschied, dass sich die Rolle der indischen BS nicht auf die vor-

bereitende Unterstützung des Abschlusses eines Darlehensvertrags beschränkte

und dass ihre Dienstleistung die zentrale Basis der Entscheidungsfindung, ob

ein Darlehen gewährt werden soll oder nicht, darstellte. Solche Dienst-

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 123

leistungen fielen daher nicht unter § 4 und entsprechende Einnahmen müssten

der indischen BS zugeordnet werden.

Da die indische BS jedoch nicht an der Finanzierung des Darlehens beteiligt

gewesen sei, könnten ihr keine Zinseinnahmen zugeordnet werden. Unter

Berücksichtigung der Fremdüblichkeit müsse sie jedoch an den von den aus-

ländischen BS erhobenen Gebühren beteiligt werden. Da weder der Steuer-

zahler noch die Behörden angemessene Vergleichsdaten vorgelegt hätten,

entschied das Tribunal, dass die von der CIT(A) geschätzten 20 Prozent

angemessen seien.

Fazit

Dieses Urteil des Tribunals ist das erste, das sich mit der unterstützenden Rolle

von indischen BS im Zusammenhang mit der Kreditvergabe an indische

Klienten durch verbundene ausländische BS beschäftigt. Die im indisch-

französischen DBA enthaltene Klausel, die die Zuordnung von Einkünften bei

reinen Unterstützungsleistungen unterbindet, ist einzigartig und in keinem

DBA enthalten, das Indien mit anderen Ländern wie etwa mit Deutschland

abgeschlossen hat. Banken, die ihren Sitz zum Beispiel in Deutschland haben,

können sich daher von vornherein auf keinen vergleichbaren Standpunkt

stellen. Steuerzahler sollten folglich auf Einzelfallbasis die Rolle einer indischen

BS genau prüfen, um diejenigen wichtigen Funktionen zu identifizieren, die

für Einkommenszuordnungen infrage kommen könnten. Steuerzahler sollten

außerdem umfassende Benchmarkingstudien auf Basis interner/externer Daten

durchführen, um die Einkommenszuordnung auf ihre indischen BS zu belegen

und so arbiträre Zuordnungen seitens der indischen Steuerbehörden möglichst

zu vermeiden.

3.8 Indien: signifikante Änderungen aktueller Verrechnungspreisregelungen

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

In Indien wurde im Mai 2014 das Haushaltsgesetz für 2014

ins Parlament eingebracht.119 Dieses beinhaltet signifikante

Änderungen der indischen Verrechnungspreisregelungen.

Insbesondere ist die Einführung einer rückwirkenden Anwendung

der Ergebnisse eines Vorabverständigungsverfahrens (Advance

119 Redaktioneller Hinweis: Die finale Fassung wurde am 11.07.2014 vom indischen

Finanzminister vorgestellt.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

124 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Pricing Agreement – APA) vorgesehen. Zum anderen werden

indische Regelungen zum Teil an die international gängigen

Standards angepasst.

2012 wurden in Indien erstmals Regelungen zu APAs eingeführt. Seitdem ist

die Anzahl an APA-Anträgen (sowohl unilateral als auch bilateral) signifikant

angestiegen. Um diesen zunehmenden Anfragen gerecht werden zu können, soll

das APA-Team der Finanzverwaltung verstärkt werden. Darüber hinaus sollen

zukünftig die Ergebnisse der nach dem 1. April 2013 vereinbarten APAs auch

auf Sachverhalte, die bis zu vier Jahre vor dem Anwendungszeitraum des APA

liegen, angewandt werden können (rollback). Zudem ist beabsichtigt, die

rückwirkende Anwendung auch für bereits abgeschlossene APAs zuzulassen.

Entsprechende Regelungen über Kriterien hierzu sollen in naher Zukunft

erlassen werden.

Im Rahmen der Verwendung von Datenbankstudien soll anstatt der

bisher erforderlichen einjährigen Betrachtungsweise auch eine Mehrjahres-

betrachtung möglich sein. Auch die Einschränkung der Vergleichsdaten auf

das arithmetische Mittel soll zugunsten der Berücksichtigung einer Bandbreite

aufgegeben werden. Hierdurch sollen Geschäfts- und Wirtschaftsentwicklungen

bzw. Schwankungen bei der Prüfung der Fremdüblichkeit besser berücksichtigt

werden. Allerdings ist zu erwarten, dass die indische Finanzverwaltung im Fall

nicht ausreichender Vergleichsunternehmen weiterhin auf das arithmetische

Mittel abstellen wird.

3.9 Singapur: überarbeiteter Entwurf der Verrechnungspreisrichtlinie

Von Gert Wöllmann und Julian Franck

Am 1. September 2014 hat die Finanzverwaltung von Singapur

ihre Richtlinien zur Verrechnungspreisdokumentation im

Entwurf veröffentlicht.120 Zwar war das ausdrückliche Ziel

der überarbeiteten Richtlinie die Bereitstellung eines umfang-

reicheren Leitfadens zur Erstellung von Verrechnungspreis-

dokumentationen, doch zeigen die Regelungen auch den Willen,

den aktuellen Entwicklungen auf OECD-Ebene Rechnung zu tragen.

120 Redaktioneller Hinweis: Die finale Fassung wurde am 06.01.2015 veröffentlicht.

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Internationale Verrechnungspreisentwicklungen 2014

Transfer Pricing Perspective Deutschland 125

Die wesentlichste Änderung der Richtlinie betrifft das Erfordernis einer zeit-

nahen Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation. Als zeitnah gilt die

Erstellung vor oder zum Zeitpunkt der Ausführung der zu dokumentierenden

Transaktion einschließlich der Zeit zur Erstellung der Steuererklärung. Da-

neben werden der erforderliche Umfang der Dokumentation (inklusive der

Darstellung von Sachverhalten, die unter besonderer Beobachtung stehen,

wie z. B. Transaktionen mit Unternehmen in Niedrigsteuerländern) als auch

mögliche Konsequenzen bei Vorlage einer unzureichenden Dokumentation

detailliert dargelegt (Anpassung der Verrechnungspreise, keine Einleitung von

[Vorab-]Verständigungsverfahren und Strafzuschläge). Neben der Anwendung

der Vereinfachungsregelung für Routinedienstleistungen (pauschaler Aufschlag

von 5 Prozent) sind von der Dokumentationspflicht lokale Unternehmen aus-

genommen, die jährlich nicht mehr als 100 Millionen Singapur-Dollar Umsatz

generieren oder weniger als 200 Mitarbeiter haben.

Zwar ist derzeit noch nicht sicher, ob die Neuerungen wie bisher in Form

einer Richtlinie oder doch über eine gesetzliche Regelung umgesetzt werden,

allerdings spiegelt der Richtlinienentwurf die Tendenz der Finanzverwaltung

wider, internationale Bestrebungen im Rahmen der OECD – insbesondere zu

„Base Erosion und Profit Shifting“ – zu unterstützen und auch hinsichtlich

der Dokumentation von Verrechnungspreisen im Einklang mit den OECD-

Regelungen zu stehen. Dies zeigt sich insbesondere durch die Regelungen

zu Transaktionen mit großen Volumina, mit Unternehmen in Niedrigsteuer-

ländern und im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern. Steuer-

pflichtigen mit wesentlichen grenzüberschreitenden Transaktionen ist zu

empfehlen, die neue Richtlinie bereits bei der Erstellung ihrer Verrechnungs-

preisdokumentation zu berücksichtigen und – soweit erforderlich – An-

passungen des Verrechnungspreissystems zu überprüfen oder vorzunehmen.

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

126 Transfer Pricing Perspective Deutschland

E Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

Die folgenden Beiträge stellen spezifische Problemstellungen und Lösungs-

ansätze einzelner Branchen aus Verrechnungspreissicht dar. Gestaltungs-

möglichkeiten und Herausforderungen ergeben sich aufgrund Veränderungen

im Marktumfeld auf der einen und Änderungen im regulatorischen Umfeld auf

der anderen Seite.

Im Folgenden werden zunächst die Auswirkungen und die Anwendbarkeit des

Authorised OECD Approach (AOA) auf die Einkünfteabgrenzung im Einlagen-

geschäft von deutschen Bankenbetriebsstätten erörtert. Hierbei wird dar-

gestellt, wie der AOA in der Umsetzung in nationales Recht in § 1 AStG auf

Bankbetriebsstätten anzuwenden ist.

Seit einigen Jahren befindet sich der Energiesektor im Umbruch. Ein weiterer

Artikel befasst sich folglich mit den Veränderungen der Wertschöpfungskette

im Energiesektor infolge der Liberalisierung der Energiemärkte und der in

Deutschland verfolgten Energiewende. Dabei wird auch auf die aktuellen

Diskussionen zu BEPS im Hinblick auf die Veränderung der Wertschöpfungs-

kette näher eingegangen.

Nicht zuletzt steht auch die Konsumgüterindustrie mit ihren Marken im

Wandel der Zeit. Die effektiven Steuerquoten sind nicht länger nur aus

steuerplanerischer Sicht von Interesse. Das PwC-Expertennetzwerk für die

Konsumgüterindustrie hat in einer umfangreichen Studie Steuerquoten von

Unternehmen der Konsumgüterindustrie und den Einfluss verschiedener

Faktoren auf die Steuerquote empirisch untersucht. Eine Zusammenfassung

der Studie ist in dieser Rubrik abgebildet.

In kaum einer anderen Branche lassen sich die Entwicklungen der

Globalisierung und Digitalisierung so beobachten wie im Bereich Transport

und Logistik. Um im weltweiten Wettbewerb den Kundenbedürfnissen nach-

zukommen, müssen Logistiker möglichst schnell und flexibel agieren. Diese

schnellen Veränderungen können zur Veränderung der branchenspezifischen

Wertschöpfungsbeitragsanalysen führen und Auswirkung auf die anzu-

wendenden Verrechnungspreissysteme haben, die in einem nachfolgenden

Beitrag näher erläutert werden.

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

Transfer Pricing Perspective Deutschland 127

1 Die Einkünfteabgrenzung im Einlagengeschäft deutscher Bankbetriebsstätten im Lichte des AOA

Von Dr. Ulf Andresen und Clarisse Müller

Um die Einlagen von Bankkunden zu schützen und das Vertrauen

in den Bankensektor sicherzustellen, wurde im Jahr 1994 in der

EU mit der Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments

und des Rates über Einlagensicherungssysteme die Einlagen-

sicherung für Banken gesetzlich vorgeschrieben. Zusätzlich bieten

einzelne Banken oder Bankengruppen in vielen Ländern weitere

Sicherungen an, welche über die gesetzlichen Anforderungen

hinausgehen und diesen Instituten im Wettbewerb um Ein-lagen

Vorteile verschaffen sollen. Sowohl gesetzliche als auch freiwillige

Einlagensicherungen sind mit nicht unerheblichen Kosten für die

Institute verbunden. Dabei stellt sich gerade vor dem Hintergrund

der Umsetzung des Authorised OECD Approach (AOA) durch den § 1

AStG121 die Frage, wie diese Kosten in einer grenzüberschreitend

tätigen Bank Stammhaus und Betriebsstätten zuzuordnen sind.

Mit dem Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz wurde durch die Änderungen

im § 1 AStG die deutsche Rechtsgrundlage für die Umsetzung des AOA zur Ein-

künfteabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte geschaffen. Der von

der OECD veröffentlichte Betriebsstättenbericht vom 22. Juli 2010 (OECD PE

Report 2010) sieht die uneingeschränkte Selbstständigkeitsfiktion für Betriebs-

stätten sowie die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die „anzu-

nehmenden schuldrechtlichen Beziehungen“ (sog. dealings) zwischen Stamm-

haus und Betriebsstätten oder zwischen Betriebsstätten vor. Er hat bereits im

Jahr 2010 Eingang in das OECD-Musterabkommen (OECD-MA) sowie den

OECD-Musterkommentar (OECD-MK) gefunden.

Aufgrund ihrer Organisationsstruktur, die typischerweise von Niederlassungen

geprägt ist, sind Banken von den Änderungen bei der Gewinnzuordnung in

besonderer Weise betroffen. Der OECD PE Report 2010 hat dieser Tatsache

Rechnung getragen und regelt in Part II speziell die Anwendung des AOA auf

Bankbetriebsstätten.

121 Redaktioneller Hinweis: Auf der Grundlage der in § 1 Abs. 6 AStG n. F. enthaltenen

Ermächtigung ist die „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes

auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstätten-

gewinnaufteilungsverordnung – BsGaV)“ am 17.10.2014 veröffentlicht worden. Siehe

BGBl. I 2014, 1603, Nr. 47.

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

128 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Da die Neuregelung des § 1 AStG erstmalig für Wirtschaftsjahre nach dem

31. Dezember 2012 Anwendung findet, stellt sich für in Deutschland tätige

Kreditinstitute seit dem Kalenderjahr 2013 die Frage, wie deren steuerlicher

Aufwand im Allgemeinen und deren Aufwand für die Einlagensicherung im

Besonderen künftig zwischen Stammhaus und Betriebsstätte aufzuteilen sind.

Anwendung des AOA auf Bankbetriebsstätten im

„OECD PE Report 2010“

Gemäß Part II des OECD PE Report 2010 ist der Ausgangspunkt für die Zu-

ordnung des Einkommens die Verteilung der sogenannten Personalfunktionen

in einem Kreditinstitut. So definiert die OECD zunächst Personalfunktionen,

welche typischerweise in der Ausübung des klassischen Bankgeschäfts entweder

bei der Schaffung von Finanzaktiva oder bei deren anschließender Verwaltung

vorzufinden sind. Unter diesen Personalfunktionen sind die sogenannten

Key-Entrepreneurial-Risk-Taking- Funktionen (KERT-Funktionen) zu

identifizieren. Sie stellen diejenigen Funktionen dar, die für die relevanten

Entscheidungen im Zusammenhang mit der Übernahme und dem Management

von Kreditrisiken verantwortlich sind.122 Der Verteilung der KERT-Funktionen

folgt die Verteilung der Vermögenswerte, die die Bank zur Ausübung der

Funktionen benötigt bzw. die mit diesen Funktionen zusammenhängen. Der

Zuordnung der Vermögenswerte wiederum folgen die mit den ausgeübten

Funktionen und den zugeordneten Vermögenswerten verbundenen Risiken.

Aus dem sich so ergebenden Risikoprofil einer Betriebsstätte ergibt sich die

Höhe ihres Eigenkapitals als Risikopuffer und schließlich auch die Höhe ihres

Fremdkapitals, um die Finanzierung der Betriebsstätte zu komplettieren.

Entsprechend folgen Aufwand und Ertrag den zugehörigen Aktiva und Passiva.

In Bezug auf das Einlagengeschäft stellen die Einlagen handelsrechtlich

Verbindlichkeiten des Kreditinstituts gegenüber seinen Kunden dar. Insofern

handelt es sich nicht um unmittelbar einer Personalfunktion zuordenbare

Vermögensgegenstände der Bank. Die Zuordnung der Einlagen folgt vielmehr

der Zuordnung der durch sie finanzierten Finanzaktiva des Instituts. Die KERT-

Funktionen (z. B. die Entscheidung hinsichtlich der Festlegung der Volumina

und Konditionen des Einlagengeschäfts) sind regelmäßig dort angesiedelt,

wo sich die entscheidungsbefugten Mitarbeiter befinden. So ist es nicht

ungewöhnlich, dass diese beim Stammhaus angesiedelt sind, während die

Betriebsstätten lediglich mit der Verwaltung des vom Stammhaus betriebenen

Einlagen-geschäfts (z. B. dem Werben von Einlagenkunden) betraut sind.

Gemäß OECD PE Report 2010 wären die Vermögenswerte (d. h. ausgereichte

Darlehen) somit der Betriebsstätte zuzuordnen, in welcher die relevanten

122 Vgl. OECD: „2010 Report on the attribution of profits to permanent establishments“,

22.07.2010, Part II, Nr. 8

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

Transfer Pricing Perspective Deutschland 129

KERT-Funktionen ausgeübt werden. Den Darlehen würden die Einlagen als

deren hauptsächliche Finanzierung und somit auch die mit dieser Finanzierung

verbundenen Kosten folgen. Sollten die KERT-Funktionen im Stammhaus

angesiedelt sein, so hätte dies im vorliegenden Fall zur Folge, dass die Beiträge

zur Einlagensicherung auch weltweit eingeworbener Einlagen als steuerlicher

Aufwand des Stammhauses anzusehen wären.

Auswirkungen der Neuregelung des § 1 AStG aus deutscher Sicht

Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes setzt voraus, dass eine

Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG mit einer nahe-

stehenden Person vorliegt. Im Rahmen der Änderungen des § 1 AStG wurde

im § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG der Begriff der Geschäftsbeziehung um so-

genannte anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen zwischen den in

unterschiedlichen Staaten belegenen Betriebsstätten eines Steuerpflichtigen

erweitert.

Aufgrund der Selbstständigkeitsfiktion des § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG sind einer

inländischen Betriebsstätte zunächst die Funktionen des Unternehmens,

die von ihrem Personal ausgeübt werden (Personalfunktionen), sowie die

Vermögenswerte, die sie zur Ausübung der ihr zugeordneten Funktionen

benötigt, zuzuordnen. Weiterhin ist eine Zuordnung der Chancen und Risiken

vorzunehmen, welche die Betriebsstätte aufgrund der ausgeübten Funktionen

und zugeordneten Vermögenswerte übernimmt. Schließlich ist der Betriebs-

stätte ein angemessenes Eigenkapital zuzuweisen. In einem weiteren Schritt

sind auf Basis dieser Zuordnung und der identifizierten anzunehmenden

schuldrechtlichen Beziehungen die Verrechnungspreise für diese Geschäfts-

beziehungen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu bestimmen.

Somit erfolgt die Zuordnung nach deutschem innerstaatlichem Steuerrecht

analog zur oben beschriebenen Zuordnung der OECD und sollte mithin auch

im Hinblick auf die Einkünfteabgrenzung des Einlagengeschäfts grundsätzlich

zu gleichartigen Ergebnissen führen.

Zu beachten ist jedoch, dass Deutschland im Gegensatz zur OECD einer

statischen Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) folgt, nach

der die OECD-Kommentierung nur in der im Zeitpunkt der Unterzeichnung

des DBA veröffentlichten Fassung maßgebend ist. Danach ist aus deutscher

Sicht zu prüfen, ob das zugrunde liegende DBA bereits den neuen Wortlaut

des Art. 7 OECD-MA 2010 und somit den AOA enthält. Für DBAs, die vor dem

17. Juli 2008 bzw. nach dem 17. Juli 2008, aber vor dem 22. Juli 2010 in Kraft

getreten sind, würden gemäß der statischen Auslegung die Altkommentierung

des OECD-MA 2003 bzw. der OECD-MK zu Art. 7 von 2008 und damit nicht

die volle Selbstständigkeitsfiktion zur Anwendung kommen. Aus deutscher

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

130 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Sicht könnte dies für die Vergangenheit insbesondere im Hinblick auf die

Anwendung des Veranlassungsprinzips zu Unterschieden bei der Zuordnung

steuerlichen Aufwands führen.

Fazit

Aus deutscher Sicht kann die umfassende Selbstständigkeitsfiktion des AOA in

Einzelfällen künftig zu Zuordnungen führen, welche von denjenigen abweichen,

die sich nach dem OECD-MA 2003 bzw. dem OECD-MK 2008 ergeben haben.

Es besteht die Gefahr, dass die deutsche Finanzverwaltung aus fiskalischen

Gründen versucht sein könnte, eine dynamische Auslegung der DBAs zulasten

der Steuerpflichtigen anzuwenden. In diesen Fällen empfiehlt sich der nationale

Rechtsweg.

2 Veränderung der Wertschöpfungskette im Energiesektor

Von Dr. Ludger Wellens, Christoph Lamm und Alexander Rösch

Seit einigen Jahren erfährt der Energiesektor tief greifende

strukturelle Veränderungen – maßgeblich ausgelöst durch die auf

europäischer Ebene vorangetriebene Liberalisierung der Energie-

märkte, neue regulatorische Rahmenbedingungen sowie die in

Deutschland eingeleitete Energiewende. Der vorliegende Artikel

gibt einen kurzen Überblick über die aktuellen Entwicklungen

in der Energiebranche und die möglichen Konsequenzen aus

Verrechnungspreissicht. Insbesondere wird im Lichte der

OECD-Initiative zu BEPS diskutiert, welche Auswirkungen die

Veränderung des Geschäftsmodells auf die Vergütung der an

der Wertschöpfungskette beteiligten Parteien eines Energie-

versorgungsunternehmens haben kann.

Strukturelle Änderungen im Energiesektor

Die Energiebranche befindet sich seit einiger Zeit in einem fundamentalen

Veränderungsprozess. Auf europäischer Ebene schreitet die Liberalisierung der

Energiemärkte voran und trägt damit zu einer Intensivierung des Wettbewerbs

bei. Die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende – weg von

fossilen und nuklearen Energieträgern hin zu klimafreundlichen erneuerbaren

Energien – stellt die Energieversorgungsunternehmen in Deutschland vor

zusätzliche Herausforderungen.

Einerseits eröffnet dieser Wandel neue Chancen für die Marktteilnehmer.

Andererseits sehen sich insbesondere die traditionellen Energieversorger vor

die Herausforderung gestellt, ihre strategische und operative Ausrichtung zu

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

Transfer Pricing Perspective Deutschland 131

überdenken, um im hart umkämpften Markt zu bestehen. Bestand der Markt in

der Vergangenheit noch aus einer begrenzten Anzahl von Marktteilnehmern

mit einer mehr oder minder klaren Rollenverteilung, führen Faktoren wie die

zunehmend dezentrale Energiegewinnung bei erneuerbaren Energien, die

Internationalisierung des Energiehandels oder die Öffnung der Stromnetze

für den Wettbewerb zu einer grundlegenden Veränderung der etablierten

Geschäftsmodelle.

Veränderung der etablierten Geschäftsmodelle bei

Energieversorgungsunternehmen

Geht man davon aus, dass sich die Wertschöpfungskette im Energiesektor aus

den vier Bestandteilen Rohstoffförderung/-beschaffung, Energieerzeugung,

Energietransport/-speicherung sowie Vertrieb an private/industrielle End-

kunden zusammensetzt, liegt nach traditioneller Sichtweise der maßgebliche

Beitrag zum Unternehmenserfolg eines Energieversorgers in der Energie-

produktion. Die strategische Planung, der Bau und die Finanzierung von

Kraftwerken für die Energieproduktion wurden folglich als entscheidende

Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg eines Energieversorgers erachtet.

Andere Funktionen im Wertschöpfungsprozess stellten dagegen aus der

klassischen Perspektive lediglich routinemäßige Support-Funktionen für

den Energieerzeuger dar. Dies galt ebenfalls für die im Konzern angesiedelte

Handelsaktivität (Trading), die den Energieproduzenten im Beschaffungs-

und Absatzprozess unterstützte. Aus Verrechnungspreissicht war der Energie-

produzent demzufolge als Strategieführer zu bewerten, dem nach Abzug der

routinemäßigen Vergütung für sämtliche in der Wertschöpfungskette

beteiligten Parteien der Residualgewinn zustand.

Blickt man jedoch auf die aktuellen Entwicklungen im Energiesektor, gewinnt

die Trading-Funktion für Energiekonzerne an Bedeutung. Die Liberalisierung

der Energiemärkte führt zu verstärktem Wettbewerb, aber auch neuen Absatz-

chancen im In- und Ausland. Energie und energienahe Produkte werden

verstärkt an internationalen Energiebörsen gehandelt. Die Produktion und

Nutzung erneuerbarer Energien können in kürzester Zeit zu starken Über- und

Unterkapazitäten in den Stromnetzen führen. Faktoren wie diese erfordern ein

gut funktionierendes Risikomanagement zur Steuerung des Unternehmens-

portfolios. Die Handelsaktivitäten bei Energiekonzernen umfassen daher

mittlerweile die gesamte Bandbreite an Leistungen, angefangen bei der

Beschaffung von Rohstoffen über den Handel mit Energie und energienahen

Produkten, Sicherungsgeschäfte aller Art und die Erbringung energienaher

Finanzdienstleistungen bis hin zur Steuerung der Kraftwerksauslastung und der

Ressourcenallokation innerhalb des Konzerns. Die Trading-Funktion trifft

somit für den Unternehmenserfolg strategisch wichtige Entscheidungen und

übernimmt im Wertschöpfungsprozess eine immer bedeutendere Rolle.

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

132 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Zusammenhang mit der aktuellen BEPS-Diskussion

Die mit dem Wandel des Energiesektors einhergehenden Veränderungen der

Wertschöpfungskette müssen aus Verrechnungspreisperspektive nicht zuletzt

im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion der OECD in ihrem Bericht

Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting gesehen werden. Insbesondere

die Maßnahmen 8 bis 10 des BEPS-Aktionsplans, die sicherstellen sollen, dass

Gewinne innerhalb eines Konzerns in Übereinstimmung mit den jeweiligen

Wertschöpfungsbeiträgen anfallen, sind hier von Bedeutung.123 Geht man nun

davon aus, dass die Handelsaktivität im Energiekonzern aufgrund ihrer zu-

nehmenden Bedeutung über eine reine Routinefunktion hinausgeht, wäre

dieser Funktion ein aus Verrechnungspreissicht angemessener Teil des

Residualgewinns zuzuordnen, der im Rahmen einer umfangreichen Wert-

schöpfungsbeitragsanalyse zu ermitteln wäre. Folglich müsste die traditionelle

Verrechnungspreislogik einer routinemäßigen Vergütung für die Trading-

Funktion überdacht werden.

Fazit und Ausblick

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Entwicklung in der Energie-

branche ist es für die Marktteilnehmer in besonderem Maße empfehlenswert,

ihre konzerninternen Verrechnungspreissysteme zu überprüfen und diese

gegebenenfalls an die sich verändernden Geschäftsmodelle anzupassen. Hier-

durch können einerseits zukünftige steuerliche Risiken minimiert, andererseits

Gestaltungsmöglichkeiten proaktiv genutzt werden. Die Entwicklung markt-

konformer Vergütungsmechanismen ist in diesem Zusammenhang genauso

von Bedeutung wie die Erstellung einer umfassenden Verrechnungspreis-

dokumentation. Nicht zuletzt stellen bilaterale oder multilaterale Vorab-

verständigungsverfahren (Advance Pricing Agreements) auch für Energie-

versorger ein geeignetes Mittel zur Begrenzung zukünftiger Steuerrisiken dar,

insbesondere im Zuge einer Änderung der zugrunde liegenden Verrechnungs-

preissystematik.

123 Redaktioneller Hinweis: Ende 2014 wurden die ersten Diskussionsentwürfe für die

Maßnahmen 8 bis 10 des BEPS-Aktionsplans veröffentlicht. Eine Zusammenfassung

findet sich in Ausgabe 25 von Transfer Pricing Perspective Deutschland.

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

Transfer Pricing Perspective Deutschland 133

3 PwC-Studie: Steuerquoten in der Konsumgüterindustrie

Von Susann van der Ham und Tanja Koch

Effektive Steuerquoten sind nicht länger nur aus steuer-

planerischer Sicht von Interesse. Aktuell hat die Öffentlichkeit ein

reges Interesse daran, in welcher Höhe Konzerne Steuern bezahlen.

Dies gilt gerade für Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie

mit oft bekannten und wertvollen Marken. Deshalb gilt es für viele

Unternehmen, den Spagat zwischen öffentlicher Meinung einer-

seits und Druck auf Kosten und Steuerquote andererseits zu

meistern. Das PwC-Expertennetzwerk für die Konsumgüter-

industrie hat in einer umfangreichen Studie Steuerquoten von

Unternehmen der Konsumgüterindustrie und den Einfluss

verschiedener Faktoren auf die Steuerquote empirisch untersucht.

Steuerquoten im Vergleich

Für die 55 untersuchten Konzerne aus der Konsumgüterindustrie lag im

Jahr 2012/2013 die effektive Steuerquote124 zwischen 17,2 und 29,6 Prozent

(interquartile Bandbreite). Im Jahr 2011/2012 lag diese Bandbreite um circa

2 Prozent höher, im Jahr 2010/2011 in etwa auf dem gleichen Niveau wie

2012/2013. Im Vergleich zu anderen Branchen liegt diese Quote im unteren

Mittelfeld: Nur die Ingenieur- und Baubranche zeigte niedrigere Steuerquoten

(um 21 Prozent); dagegen hatten Konzerne aus dem Maschinen- und Anlagen-

bau und den Automobil-, Chemie- und Logistikbranchen eher höhere Steuer-

quoten.

Innerhalb der Konsumgüterindustrie waren die Steuerquoten für Tabak-

konzerne am höchsten (über 30 Prozent), gefolgt von Herstellern von Textil-

und Luxusgütern (circa 27 Prozent), Nahrungsmitteln (circa 25 Prozent),

Haushaltsgütern (circa 22 Prozent) und Getränken (circa 20 Prozent).

Die effektiven Steuerquoten für Unternehmen mit Sitz in den USA, Frankreich

und Großbritannien lagen recht nah beieinander (zwischen 24 und 27,7 Pro-

zent), obwohl die allgemeinen Körperschaftsteuersätze sich stark unterscheiden

(zwischen 24,4 und 39,1 Prozent).

124 Basierend auf Zahlen der veröffentlichten Gewinn-und-Verlust-Rechnung und definiert

als Rückstellungen für Steuern/Gewinn vor Steuern.

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

134 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Steuerquote: Einflussfaktoren

Die Studie ermittelte und bewertete auch die Gründe für unterschiedliche

Steuerquoten. Aus Verrechnungspreissicht sind folgende Beobachtungen

von Interesse:

● Je mehr internationales Geschäft ein Konzern aufweist (gemessen am

Umsatz, der im Ausland erzielt wird), desto geringer ist die Steuerquote. Die

internationale Geschäftstätigkeit reduzierte die Steuerquote um 2,8 Prozent.

Damit zeigt sich, dass die Möglichkeiten, die Steuerquote zu reduzieren, für

rein lokal tätige Unternehmen geringer sind als für internationale Konzerne.

● Für alle untersuchten Unternehmen war tatsächlich der Einfluss aus-

ländischer Geschäftstätigkeit der drittwichtigste Einflussfaktor für die

Steuerquote. Für US-Unternehmen war es gar der wichtigste Einflussfaktor.

In den USA war auch der Einfluss der Sonderregelungen zu im Ausland

reinvestierten Gewinnen (unrepatriated foreign earnings) der Hauptgrund

dafür, dass die effektive Steuerquote im Vergleich zum allgemeinen Steuer-

satz deutlich niedriger lag.

● Steuerfreie Einkünfte von Tochtergesellschaften waren ein weiterer

wesentlicher Grund dafür, warum die effektive Steuerlast von Unter-

nehmen zu Unternehmen unterschiedlich war.

● Steuerliche Anreize, Vergünstigungen oder Gutschriften reduzierten die

Steuerquote im Durchschnitt um 4,9 Prozent. Dies ist auch gerade vor dem

Hintergrund der aktuellen, im Kontext von BEPS geführten Diskussion über

fairen Steuerwettbewerb beachtlich.

Fazit

Das Wissen über Steuerquoten in der Industrie kann eine wichtige Orientierung

geben, ob in einem Unternehmen noch Optimierungspotenziale bestehen und

wenn ja, welche bzw. bis zu welchem Maß Optimierungspotenziale mit Blick auf

das öffentliche Interesse tatsächlich genutzt werden sollten. Es ist empirisch

belegbar, dass eine internationale Geschäftstätigkeit durch die Möglichkeit der

Wahl der Organisation des internationalen Geschäfts und der Verrechnungs-

preisstrategie einen großen Einfluss auf die Konzernsteuerquote hat. Daneben

sollte allerdings auch beachtet werden, dass momentan im Rahmen der OECD-

Initiative zu BEPS die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten für internationale

Konzerne kritisch analysiert werden. Hier ist in Zukunft mit intensiverer

Prüfungsaktivität der Steuerbehörden, mit umfassenden Offenlegungsvor-

schriften für Konzerne und schließlich auch mit Änderungen bestehender

Vorschriften zu rechnen. Die Verrechnungspreisstrategie muss sich künftig

auch an diesen neuen Anforderungen orientieren.

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

Transfer Pricing Perspective Deutschland 135

4 Verrechnungspreisherausforderungen in der Transport- und Logistikbranche

Von Claudia Lauten, Holger Lorenzen und Dr. Sven Wehke

Im Konzernverbund international agierende Unternehmen

im Bereich Transport und Logistik sehen sich angesichts der

spezifischen Anforderungen der Branche auch besonderen

Verrechnungspreisthemen gegenüber.

Die Transport- und Logistikbranche vor dem Hintergrund

der Globalisierung

Die Kernaufgabe jedes Unternehmens der Transport- und Logistikbranche kann

sehr vereinfacht damit beschrieben werden, die richtige Menge eines Gegen-

stands (z. B. Güter, Personen, Informationen) zum richtigen Zeitpunkt am

richtigen Bestimmungsort in der zugesagten Eigenschaft und kostenoptimal zur

Verfügung zu stellen. Gemäß einer solchen Definition würden sich Transport-

und Logistikunternehmen als reine Dienstleistungserbringer darstellen, denen

im Wertschöpfungsprozess „lediglich“ die Aufgabe zukommt, einen reibungs-

losen Transport vom Ursprungs- zum Bestimmungsort zu organisieren. Eine

solche Charakterisierung verkennt die tatsächliche Wertschöpfung in einer

globalisierten, arbeitsteiligen Wirtschaft. In kaum einer anderen Branche lassen

sich die Entwicklungen der Globalisierung und Digitalisierung so spiegeln

wie im Bereich Transport und Logistik: Um im weltweiten Wettbewerb den

Kundenbedürfnissen nachzukommen, müssen Logistiker möglichst schnell und

flexibel agieren. Innovationen im Bereich der digitalen Kommunikation sowie

optimierte IT-Umgebungen sind die Basis für dynamische und effiziente

Arbeitsprozesse innerhalb der Transport- und Logistikbranche.

Im Zuge der Globalisierung ist bei Unternehmen im Bereich Transport und

Logistik ein internationales Profil fast unvermeidbar. Aus Verrechnungspreis-

sicht ergeben sich angesichts der Anzahl und Volumina der konzerninternen,

grenzüberschreitenden Transaktionen grundsätzlich zahlreiche Fragestellungen

im Zusammenhang mit einer fremdüblichen konzerninternen Bepreisung. Die

besonderen Charakteristika der Branche stellen Steuerpflichtige darüber hinaus

vor die Herausforderung, den steuerlichen Fremdvergleich an die spezifischen

Anforderungen der Branche anzupassen.

Besonderheiten einer branchenspezifischen

Wertschöpfungsbeitragsanalyse

Der im Rahmen einer Verrechnungspreisanalyse stets im Vordergrund

stehenden Analyse von ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken so-

wie eingesetzten Wirtschaftsgütern kommt dabei besondere Bedeutung zu.

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Problemstellungen und Lösungen in ausgewählten Branchen

136 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Insbesondere innerhalb der Transport- und Logistikbranche sollte eine

detaillierte Analyse die im Konzernverbund genutzten und gegebenenfalls

zentral zur Verfügung gestellten immateriellen Wirtschaftsgüter sowie weitere

Wertschöpfungsbeträge identifizieren und adäquat vergüten. Für die Branche

typisch ist dabei die Frage, inwiefern eine zentrale Dachmarkenverrechnung

angemessen ist. Für andere immaterielle Wirtschaftsgüter, wie zum Beispiel

spezielle IT-Lösungen, lassen sich sowohl Pooling-Lösungen als auch zentrale

Verrechnungen in Form einer Lizenz oder Franchise Fee darstellen. Im Rahmen

einer Franchise Fee werden dabei gegebenenfalls auch weitere zentral bereit-

gestellte Wertschöpfungselemente, wie zum Beispiel konzernweit einheitliche

Standards und Know-how, Trainings- und andere Unterstützungsleistungen,

eingepreist.

Als besondere Wertschöpfungsbeiträge in der Transport- und Logistikbranche

müssen die Existenz, Entwicklung und Pflege eines weltweiten Netzwerks über

verbundene Gesellschaften gelten, das die eigentliche Grundlage für erfolg-

reiche Geschäftsbeziehungen zu externen Kunden darstellt und als wesentliche

Synergie innerhalb weltweit agierender Unternehmen zu sehen ist. Derartige

gruppenweite Synergieeffekte hat die OECD auch im Rahmen der BEPS-

Initiative (speziell Maßnahme 8) im September 2014 adressiert, indem eine

Ergänzung des Kapitels I der OECD-Richtlinien vorgeschlagen wurde.125 Dabei

wird zwar grundsätzlich herausgestellt, dass wichtige Gruppensynergien, die

auf bewusste Gruppenentscheidungen zurückgehen, im Verhältnis zu den

jeweiligen Beiträgen zum Entstehen der Synergien unter den Gruppenmit-

gliedern aufzuteilen sind, jedoch bleibt gerade in der Transport- und Logistik-

branche die entscheidende Frage, ob ein solches Netzwerk als Gruppe geführt

werden kann oder ob eine zentrale Steuerung notwendig ist. Viele Unter-

nehmen in dieser Branche haben sich für einen zentralistischen Ansatz

entschieden. Weitere verrechnungspreisrelevante Besonderheiten der Branche,

wie zum Beispiel die Zuordnung und Vergütung von Konzerngesellschaften

mit globalen Key Accounts, sind zu berücksichtigen, um den speziellen An-

forderungen des steuerlichen Fremdvergleichs nachzukommen. Dies erfordert

praktische Erfahrungen mit den spezifischen Besonderheiten der vernetzten

Transport- und Logistikbranche, um maßgeschneiderte und praxiserprobte

Lösungen implementieren zu können. Diese Verrechnungspreislösungen sollen

sowohl effizient und einfach in der Anwendung sein als auch das weltweite

Risiko minimieren, das aus den verrechnungspreisspezifischen Anforderungen

der jeweiligen Finanzverwaltungen resultiert.

125 Redaktioneller Hinweis: Am 19.12.2014 hat die OECD ein Diskussionspapier zu den

BEPS-Maßnahmen 8, 9 und 10 veröffentlicht, www.oecd.org/ctp/-pricing/discussion-

draft-actions-8-9-10-chapter-1-tp-guidelines-risk-recharacterisation-special-

measures.htm.

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Aus unserer Praxis

Transfer Pricing Perspective Deutschland 137

F Aus unserer Praxis

Innerkonzernliche Verrechnungspreise erfüllen mehrere wesentliche

Funktionen für das Unternehmen. Im Nachfolgenden werden anhand von

Praxisbeispielen die effektive Implementierung von Verrechnungspreisen als

Schnittstellenthema von Steuern und Controlling sowie Zielkonflikte zwischen

betriebswirtschaftlichem und steuerlichem Berichtswesen dargestellt. Im An-

schluss wird die Interne Revision als Instrument der Prüfung und Optimierung

der Verrechnungspreisermittlung vorgestellt. Diese Themen werden durch

grundsätzliche Praxisüberlegungen zur Implementierung der Kostenaufschlags-

methode beim Cash Pooling sowie durch einen Überblick über die deutschen

Besonderheiten bei der Erstellung von Datenbankanalysen ergänzt.

1 Effektive Implementierung von Verrechnungspreisen als Schnittstellenthema von Steuern und Controlling

Von Ina Sprenger und Henning Damköhler

International aktive Konzerne agieren in einem Umfeld

zunehmender Globalisierung und mit komplexen Geschäfts-

modellen. Komplexe Geschäftsmodelle führen zu einer Vielzahl

an konzerninternen Liefer- und Leistungsbeziehungen und

Transaktionen. Sowohl die derzeit geführte BEPS-Diskussion126

als auch die zunehmende Aggressivität der Finanzverwaltungen

sowie die insbesondere in Deutschland bestehenden umfassenden

Dokumentationspflichten erfordern aus Prozess- und Controlling-

sicht eine effektive Implementierung, Optimierung und

Dokumentation der Verrechnungspreissysteme.

Erfahrungsgemäß stellt sich die Frage der effektiven Implementierung von

Verrechnungspreissystemen regelmäßig anlässlich von Betriebsprüfungen und

Umstrukturierungen, aber auch beispielsweise infolge von Prüfungshandlungen

der Internen Revision.127 Dabei erfordert die effektive Implementierung eines

126 Vgl. Wellens/Kammer: „OECD: Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting –

Neuordnung der internationalen Unternehmensbesteuerung?“, Transfer Pricing

Perspective Deutschland, Ausgabe 20, November 2013; wesentlicher Diskussions-

punkt ist dabei u. a. die Forderung nach mehr Transparenz bezüglich der Geschäfts-

tätigkeit multinationaler Unternehmen. 127 Vgl. Kapitel F.3 „Die Interne Revision als Instrument der Prüfung und Optimierung der

Verrechnungspreisermittlung“.

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Aus unserer Praxis

138 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Verrechnungspreissystems jeweils die Berücksichtigung steuerlicher,

rechtlicher, operativer sowie system- und prozesstechnischer Anforderungen.128

Um alle Anforderungen effektiv umsetzen zu können, müssen die betroffenen

Abteilungen und Funktionen bei einer Implementierung oder Optimierung des

Verrechnungspreissystems eingebunden sein.

Aus Controllingsicht ist das Verrechnungspreissystem idealerweise derart

implementiert, dass

● alle Beteiligten integriert und abgestimmt agieren,

● Rollen und Verantwortlichkeiten klar definiert sind,

● systemtechnisch sowohl eine steuerliche als auch eine betriebs-

wirtschaftliche Unternehmenssicht verfügbar ist,

● Budgets erfüllt und fremdvergleichskonforme, funktionsgerechte

Margen erzielt werden,

● konzerninterne (grenzüberschreitende) Geschäftsvorfälle einfach

identifiziert und kategorisiert werden können,

● ein zentrales System für die Finanz- und Managementberichterstattung

existiert,

● ein zeitnaher Zugriff auf Ist- und Prognosedaten besteht und

● vollständige, akkurate und gültige Daten vorliegen.

Aspekte der Verrechnungspreisimplementierung

In der Vergangenheit haben international agierende Konzerne oftmals eine

Verrechnungspreisrichtlinie nur mit dem Ziel der Erfüllung der wesentlichen

Dokumentationspflichten aufgesetzt. Diese wurde dabei erfahrungsgemäß aus

Sicht der Steuerabteilung entworfen. Wenn im Rahmen von Betriebsprüfungen

oder Umstrukturierungen bestehende Verrechnungspreisrichtlinien hin-

sichtlich ihrer effektiven Implementierung validiert/geprüft werden, offen-

bart sich nicht selten ein unterschiedliches Verständnis der verwendeten

Begrifflichkeiten in Abhängigkeit der involvierten Abteilungen (z. B. Steuern,

Controlling, Supply Chain Management, IT).

Verrechnungspreisrichtlinie versus Verrechnungspreishandbuch

Aus deutscher Verrechnungspreissicht ist der Steuerpflichtige zwar nicht dazu

verpflichtet, eine Verrechnungspreisrichtlinie zu verfassen. Wenn jedoch eine

entsprechende Verrechnungspreisrichtlinie existiert, wird diese mittlerweile

regelmäßig im Rahmen von Betriebsprüfungen seitens der deutschen Finanz-

verwaltung angefordert und auf ihre Einhaltung hin überprüft. Zwecks einer

effektiven Implementierung des definierten Verrechnungspreissystems ist

128 Vgl. Kapitel F.2 „Zielkonflikte zwischen betriebswirtschaftlichem und steuerlichem

Berichtswesen: Steuern versus Steuerung“.

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Aus unserer Praxis

Transfer Pricing Perspective Deutschland 139

neben einer Verrechnungspreisrichtlinie regelmäßig ein Verrechnungspreis-

handbuch mit konkreten Handlungsanweisungen sehr empfehlenswert.

Eine Verrechnungspreisrichtlinie ist dabei von einem Verrechnungspreis-

handbuch hinsichtlich des Adressatenkreises, des Ziels und Inhalts zu unter-

scheiden. Dabei zielt ein Verrechnungspreishandbuch gegenüber einer

Verrechnungspreisrichtlinie auf die effektive Implementierung des definierten

Verrechnungspreissystems ab. Die Verrechnungspreisrichtlinie ist an die

Finanzverwaltung und somit an einen externen Adressatenkreis gerichtet,

wohingegen ein Verrechnungspreishandbuch sich ausschließlich an unter-

nehmensinterne Adressaten wie insbesondere das Controlling, die operativen

Abteilungen und die Finanzabteilung richtet. Es beinhaltet im Gegensatz

zur reinen Verrechnungspreissicht in Form der Konzeptionierung und

Dokumentation des Verrechnungspreissystems sowie dessen Verteidigung im

Rahmen einer Betriebsprüfung die Planung, die unterjährige Aktualisierung,

das Monitoring sowie die Validierung der Verrechnungspreise auf Basis eines

Plan-Ist-Abgleichs aus operativer und Controllingsicht.

Unterschiedliche Sichten auf das Unternehmen

Die verrechnungspreisspezifische Sicht unterscheidet sich regelmäßig von der

betriebswirtschaftlichen Sicht auf das Unternehmen.

Aus verrechnungspreisspezifischer Sicht wird zwischen Routineunternehmen,

Strategieträgern und Hybridunternehmen unterschieden. Die betriebs-

wirtschaftliche Sicht hingegen richtet sich häufig nach der Sicht, die das

Management für Steuerungszwecke nutzt, wie zum Beispiel eine Produkt-

gruppensicht. In der Regel stehen aggregierte Unternehmensdaten nur für

die Managementsicht „auf Knopfdruck“ zur Verfügung. In Abhängigkeit vom

verwendeten ERP-System sind dabei unterschiedliche Sichten auf die einzelnen

konzerninternen Transaktionen möglich.

Weitere Beispiele für notwendige und klare Definitionen der verwendeten

Begrifflichkeiten sind die steuerlichen Verrechnungspreise versus interne

Verrechnungspreise sowie die Differenzierung nach Steuersubjekt und

Steuerungsobjekt. Aus steuerlicher Sicht sind die Verrechnungspreise zwischen

den jeweiligen beteiligten rechtlichen Einheiten unter Beachtung des Fremd-

vergleichsgrundsatzes steueroptimal zu vereinbaren. Demgegenüber stehen aus

betriebswirtschaftlicher Sicht die Optimierung des Konzernergebnisses und der

Ressourcenallokation, eine verursachungsgemäße Verrechnung der Leistungs-

und Kostenströme sowie die Förderung der Zusammenarbeit in der Wert-

schöpfungskette im Vordergrund.

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140 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Diese Beispiele sollen zeigen, wie wichtig es ist, dass die verwendeten

Begrifflichkeiten in der Verrechnungspreisrichtlinie oder dem Verrechnungs-

preishandbuch eindeutig definiert und unmissverständlich verwendet werden.

OECD-Ansatz: Price Setting versus Outcome Testing

Aus Verrechnungspreissicht erfordern sowohl der von der OECD diskutierte

Price-Setting-Ansatz als auch der in der Praxis oftmals angewandte Outcome-

Testing-Ansatz für die Ermittlung von Verrechnungspreisen systemseitig einen

unterschiedlichen Detaillierungsgrad an Auswertungen.

Der sogenannte Price-Setting-Ansatz stellt dabei für die Verrechnungspreis-

ermittlung auf die verfügbaren Informationen zum Zeitpunkt der Begründung

der Transaktion ab und unterstellt einen regelmäßigen Plan-Ist-Abgleich. Das

heißt, die Ermittlung der Verrechnungspreise basiert auf der operativen Unter-

nehmensplanung inklusive Produktkostenkalkulation der produzierenden und

verkaufenden Einheiten. Demgegenüber geht der Outcome-Testing-Ansatz von

den verfügbaren Informationen aus, die zum Zeitpunkt der Erstellung des

handelsrechtlichen Jahresabschlusses vorliegen. Entsprechend werden rück-

wirkende Anpassungen auf Basis von zum Beispiel Benchmarkingstudien vor-

genommen.

Oftmals ist in der Praxis eine heterogene Prozess- und IT-Landschaft vor-

zufinden, die manuelle Anpassungen zwischen Reporting (Plan, Budget und

Ist), Verrechnungspreiskalkulation und dem ERP-System beinhaltet. Ein

prozess- und kosteneffizientes Verrechnungspreissystem erfordert jedoch

unabhängig vom gewählten Ansatz eine integrierte Prozess- und IT-Landschaft.

Beispiel

Die D-GmbH vertreibt ihre in Deutschland produzierten Produkte weltweit

über lokale Vertriebsgesellschaften. Diese agieren als Eigenhändler gegenüber

den lokalen Kunden (Verkauf im eigenen Namen und auf eigene Rechnung).

Lager-, Gewährleistungs- und Währungsrisiken werden vom deutschen

Produzenten übernommen.

Aus Verrechnungspreissicht ist sicherzustellen, dass die lokalen Vertriebs-

gesellschaften eine geringe, aber stabile Nettomarge entsprechend ihrem

begrenzten Routinefunktions- und Risikoprofil erzielen. Die Verrechnungs-

preise zwischen der D-GmbH und den lokalen Vertriebsgesellschaften werden

aus den externen Preislisten abgeleitet (Anwendung der Wiederverkaufspreis-

methode) und quartalsweise auf Basis der transaktionsbezogenen Netto-

margenmethode verifiziert. Das heißt, für Controllingzwecke sind die effektiven

Nettomargen pro Produkt/Produktgruppe auf Ebene der lokalen Vertriebs-

gesellschaften und die Produktionskosten auf Ebene des Produzenten zu

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Transfer Pricing Perspective Deutschland 141

planen, unterjährig zu überprüfen (Monitoring) und zu dokumentieren. In

Abhängigkeit von der Anzahl der Produkte/Produktgruppen und Produktions-

sowie Vertriebsstufen kann das Verrechnungspreissystem entsprechend

komplex sein.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Implementierung von

Verrechnungspreissystemen erfahrungsgemäß nicht auf die steuerliche

Konzeptionierung begrenzt ist, sondern für die effektive Umsetzung auch aus

Prozess- und Controllingsicht bestehende Interdependenzen zu beachten sind.

Dabei sind insbesondere die Anforderungen aus steuerlicher Verrechnungs-

preissicht zwischen den Bereichen Steuern, Finanzen und Controlling sowie

IT abzustimmen. Dies zielt darauf ab, sowohl die erforderliche Transparenz

des Zahlenwerks im Rahmen von Planung und Reporting sicherzustellen als

auch die technischen Rahmenbedingungen zu identifizieren, um unterjährige

Diskussionen und Abstimmungsbedarf zu reduzieren sowie effiziente Prozesse

zu schaffen.

2 Zielkonflikte zwischen betriebswirtschaftlichem und steuerlichem Berichtswesen: Steuern versus Steuerung

Von Susann van der Ham und Thomas Weber

Betriebswirtschaftliche und steuerliche Anforderungen an das

Berichtswesen werden stetig komplexer. Die Aufgabe des Berichts-

wesens ist dabei die Bereitstellung sämtlicher führungs- und

entscheidungsrelevanter Informationen zur Unterstützung des

Managements bei der Vorbereitung und der Kontrolle von

Entscheidungen. Zugleich dienen die vom Berichtswesen bereit-

gestellten Informationen auch der Schaffung von Transparenz im

Rahmen des externen Rechnungswesens sowie der Ermittlung

steuerlich relevanter Unternehmenskennzahlen.

Die Perspektive des jeweiligen Berichtsempfängers bestimmt dabei in

erheblichem Maße die Form der Aufbereitung bzw. die Organisationseinheit,

für die die Berichtsdaten ermittelt werden. Entscheidungen der Unternehmens-

leitung zielen oftmals auf Sparten oder Geschäftsbereiche ab oder orientieren

sich an den Erfolgen definierter Managementeinheiten oder Unternehmens-

bereiche. Dabei spielen oftmals Überlegungen zur Maximierung des

Konzernerfolgs, zur optimalen Ressourcenallokation und zur Förderung der

Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette eine Rolle. Dem-

gegenüber ist das externe Berichtswesen eher ausgerichtet auf Legal-Einheiten,

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142 Transfer Pricing Perspective Deutschland

eine steuerlich sachgerechte Einkünfteabgrenzung, die Einhaltung gesetzlicher

Vorschriften, Fremdüblichkeit und gegebenenfalls auf die Optimierung der

Steuern im Konzern. Anreizsetzungen des Managements für bestimmte

Organisationseinheiten bergen dabei oftmals Risiken und Herausforderungen

im Hinblick auf eine steuerlich korrekte bzw. fremdübliche Gewinnverteilung

zwischen allen Unternehmensgesellschaften.

Für welche Unternehmen ist das Thema relevant?

Von dem Thema sind Unternehmensgruppen jeder Größe und Branche

betroffen. Eine besondere Herausforderung ergibt sich für internationale

Unternehmensgruppen, die in signifikantem Umfang grenzüberschreitende

Geschäftsbeziehungen zwischen den Gruppenunternehmen unterhalten und/

oder zentrale Managementfunktionen implementiert haben. Beispielsweise

vertragen sich in vielen Fällen die steuerlich als fremdüblich einzustufenden

Geschäftsbeziehungen von Gruppengesellschaften, die Routinetätigkeiten

ausüben, nicht mit dem Ziel einer motivierenden Anreizsetzung für das

Management einer solchen Gesellschaft.

In welcher Form unterstützen wir?

Mit unserem steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Know-how unterstützen

wir bei der Planung und Implementierung von Verrechnungspreissystemen,

die sowohl aus betriebswirtschaftlicher als auch aus steuerlicher Sicht den

gesetzlichen Vorgaben entsprechen und die erforderlichen Steuerungs-

mechanismen bereithalten. Sofern erforderlich, können dabei auch umsatz-

steuerliche und zollrechtliche Problemstellungen bei der Lösung berücksichtigt

werden.

3 Die Interne Revision als Instrument der Prüfung und Optimierung der Verrechnungspreisermittlung

Von Dorothea Mertmann, Marie-Melanie Bentzien-Wilkens und

Dr. Christoph Sommer

Durch das zunehmende Volumen des innerkonzernlichen Liefer-

und Leistungsverkehrs hat der vom Unternehmen ermittelte

Verrechnungspreis eine steigende Bedeutung erlangt. Es wird

allgemein erwartet, dass diese Bedeutung des innerkonzernlichen

Verrechnungspreises, teilweise auch als Transferpreis bezeichnet,

weiter steigt und vermehrt in den Fokus von Finanzbehörden, aber

auch der Öffentlichkeit („Zahlung fairer Steuern“) gerät.

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Transfer Pricing Perspective Deutschland 143

Die innerkonzernlichen Verrechnungspreise erfüllen mehrere wesentliche

Funktionen für das Unternehmen. Einerseits dienen sie unter Beachtung des

Fremdvergleichsgrundsatzes als Basis für eine steuerlich angemessene Gewinn-

allokation.129 Andererseits bilden sie die Grundlage für das Management-

reporting für Zwecke der Unternehmenssteuerung und einer optimalen

betriebswirtschaftlichen Gestaltung der Wertschöpfungskette.130 Nur durch die

korrekte und nachvollziehbare Implementierung der Prozesse zur Ermittlung

der Verrechnungspreise kann zu einem anhaltenden Unternehmenserfolg

beigetragen werden.131 Die Erreichung dieses Ziels verlangt nach einer regel-

mäßigen, professionellen und unabhängigen Prüfung der Verrechnungspreise

und des Verrechnungspreisbildungsprozesses.

Für eine professionelle und von den gegebenenfalls widerstreitenden Zielen

der Organisationseinheiten des Unternehmens/Konzerns unabhängige Prüfung

ist die Interne Revision bestens geeignet. Wie die nachfolgende Definition

der modernen Internen Revision zeigt, werden dabei nicht nur objektive und

unabhängige Prüfungshandlungen durchgeführt. Vielmehr können durch

Handlungsempfehlungen/Beratung Verbesserungspotenziale aufgezeigt und

ein Mehrwert für das Unternehmen erreicht werden.132

Definition und Einordnung der Internen Revision

Die Interne Revision ist vom amerikanischen Institute of Internal Auditors

(IIA) und dem Deutschen Institut für Interne Revision e. V. (DIIR) wie

folgt definiert: „Die Interne Revision erbringt unabhängige und objektive

Prüfungs- und Beratungsdienstleistungen, welche darauf ausgerichtet

sind, Mehrwerte zu schaffen und die Geschäftsprozesse zu verbessern. Sie

unterstützt die Organisation bei der Erreichung ihrer Ziele, indem sie mit

einemsystematischen und zielgerichteten Ansatz die Effektivität des Risiko-

129 Vgl. Renz/Weidlich: „Risikomanagement bei Verrechnungspreisen – welche Eingriffs-

möglichkeiten die Konzernsteuerabteilung benötigt“, Transfer Pricing Perspective

Deutschland, Ausgabe 18, Mai 2013. 130 Vgl. van der Ham/Heyne/Hutten: „Interdependenzen zwischen Tax-Reporting

und Managementreporting am Beispiel der Vertriebssteuerung“, Transfer Pricing

Perspective Deutschland, Ausgabe 14, Mai 2012. 131 Vgl. auch Fiehler/Sommer: „Die Wertschöpfungsbeitragsanalyse als Instrument der

Verrechnungspreisbildung“, Transfer Pricing Perspective Deutschland, Ausgabe 8,

November 2010. 132 Vgl. auch Deutsches Institut für Interne Revision e. V., www.diir.de/ueber-das-diir/,

letzter Zugriff am 24.05.2014.

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Aus unserer Praxis

144 Transfer Pricing Perspective Deutschland

managements, der Kontrollen und der Führungs- und Überwachungsprozesse

bewertet und diese verbessern hilft.“133

Die Interne Revision ist zumeist als unabhängige Organisationseinheit direkt

der obersten Geschäftsleitungsebene zugeordnet. Sie unterstützt die Geschäfts-

leitung und nachgeordnete Ebenen, indem sie objektiv und unabhängig Unter-

nehmensprozesse prüft, Risiken identifiziert und Verbesserungspotenziale

aufzeigt.

In Deutschland tätige Unternehmen unterliegen verschiedenen gesetzlichen

Anforderungen hinsichtlich der Internen Revision. Beispielsweise sind Aktien-

gesellschaften gemäß § 91 Abs. 2 AktG zur Einrichtung eines Überwachungs-

systems verpflichtet. Für Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften

gelten darüber hinaus weiterführende Vorschriften.134 Ferner veröffentlichen

Institutionen wie das IIA und das DIIR Standards beispielsweise zum Risiko-

management, zum Qualitätsmanagement oder zur Geldwäsche, die eine

öffentliche, regulatorische Wirkung entfalten.

Interne Revision bei Verrechnungspreissachverhalten

Die Interne Revision beantwortet im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen

beispielsweise folgende Prüfungsfragen:

● Wurden die Verrechnungspreise entsprechend den steuerlichen Vorschriften

und den betriebswirtschaftlichen Vorgaben gebildet?

● Sind die notwendigen Unternehmensprozesse zur Verrechnungspreis-

ermittlung schriftlich fixiert?

● Wurden notwendige Kontrollen bei der Verrechnungspreisermittlung beachtet?

● Sind die Parameter zur Verrechnungspreisermittlung aktuell und werden sie

nachvollziehbar regelmäßig auf Aktualität geprüft?

● Sind die gesetzlichen Anforderungen an die Verrechnungspreis-

dokumentation erfüllt?

Bei den Prüfungen der Internen Revision kommen regelmäßig die vier

wesentlichen Revisionsarten zur Anwendung:

● Compliance Audit

● Financial Audit

● Operational Audit

● Management Audit

133 https://na.theiia.org/standards-guidance/mandatory-guidance/Pages/Definition-of-

Internal-Auditing.aspx, letzter Zugriff am 26.05.2014. 134 Vgl. hierzu § 25a Abs. 1 Nr. 1 KWG, § 64a Abs. 1 VAG sowie www.bafin.de/DE/

Aufsicht/BankenFinanzdienstleister/Risikomanagement/Risikomanagement_node.html,

letzter Zugriff am 26.05.2014.

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Aus unserer Praxis

Transfer Pricing Perspective Deutschland 145

In Ausübung ihrer Tätigkeit wird die Interne Revision beispielsweise die

Richtigkeit der gebildeten Verrechnungspreise auf Basis der abgeschlossenen

Verträge, vorliegenden Kalkulationen sowie weiterer Informationen prüfen.

Hierzu gehören auch die Abbildung der Verrechnungspreise im Buchhaltungs-

system sowie die Untersuchung von Schnittstellen und Verantwortlichkeiten

zwischen der Steuer-, Controlling- und Buchhaltungsabteilung.

Ist die unternehmenseigene Interne Revision aus personellen oder fachlichen

Gründen nicht in der Lage, solche komplexen Prüfungen allein durchzuführen,

sollten externe Experten unterstützend hinzugezogen werden.

Nach Abschluss der Prüfung nimmt die Interne Revision eine fachliche

Bewertung der vorgefundenen Regelungen vor und gibt regelmäßig Handlungs-

empfehlungen für eine bessere Gestaltung der untersuchten Prozesse. Die

Bewertung der Handlungsempfehlungen der Internen Revision und ein

Beschluss zu deren Umsetzung sind und bleiben Aufgaben der Geschäfts-

leitung.

Fazit

Die Interne Revision stellt ein Instrument der Unternehmensführung dar,

das eine „nachhaltige Sicherung des Unternehmenserfolges […] durch stete

und gründliche Überwachung“135 gewährleisten kann. Insbesondere im

Verrechnungspreiskontext prüft die Interne Revision als unabhängige Kontroll-

institution die Einführung und stetige Aktualisierung von Verrechnungspreis-

richtlinien des Unternehmens, die Einhaltung gesetzlicher Regelungen, zum

Beispiel Dokumentationsvorschriften, und die Abbildung der Verrechnungs-

preisbildung im IT-System des Unternehmens. Basierend auf den Prüfungs-

ergebnissen entwickelt die Interne Revision Handlungsempfehlungen zur

Verbesserung des Verrechnungspreisbildungs- und Dokumentationsprozesses.

Die damit einhergehende Prozessverbesserung und die Einhaltung der

gesetzlichen Vorschriften generieren regelmäßig einen Mehrwert für das

Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Sicht.

135 Deutsches Institut für Interne Revision e. V., www.diir.de/ueber-das-diir/, letzter Zugriff

am 24.05.2014.

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Aus unserer Praxis

146 Transfer Pricing Perspective Deutschland

4 Grundsätzliche Überlegungen zur Implementierung der Kostenaufschlagsmethode beim Cash Pooling

Von Dr. Abraham Ackerman, Gerrit Halbach und Dr. Benjamin Protte

Aktuell wird die Angemessenheitsanalyse von konzerninternen

Cash-Pooling-Transaktionen in der internationalen Verrechnungs-

preispraxis kontrovers diskutiert, wobei insbesondere die Frage

der angemessenen Verrechnungspreismethode im Fokus steht.136

Unterschiedliche Cash-Pooling-Konstellationen und ihre

Implikationen

Vorab ist festzuhalten, dass in der Praxis verschiedenste Konstruktionen von

Liquiditätsbündelungen unter dem Begriff „Cash Pooling“ zusammengefasst

werden. Das einheitliche Ziel liegt unstrittig darin, durch ein Zusammen-

wirken Synergien im Konzernverbund zu generieren und zu nutzen. Die so

entstehenden Synergievorteile sind aus Verrechnungspreissicht fremdüblich

zwischen allen grenzüberschreitend Beteiligten zu allozieren. Die heraus-

fordernde Aufgabe „Aufteilung bzw. Vergütung von Gruppensynergien“ wird

auch im Rahmen des zu Maßnahme 8 der hochaktuellen BEPS-Initiative

veröffentlichten Berichts adressiert.137

Unabhängig von der übereinstimmenden Zielsetzung lassen sich gruppenweite

Cash-Pooling-Systeme in unterschiedlichen Ausgestaltungen beobachten. Dies

betrifft insbesondere (1) abweichende Arten des Cash Pooling (physisch versus

virtuell), (2) differenzierte vertragliche Ausgestaltungen (sowohl im Außen-

verhältnis zwischen Cash-Pool-Führer und der Bank als auch im Innen-

verhältnis zwischen Cash-Pool-Führer und teilnehmenden Cash-Pool-

Gesellschaften), (3) verschiedene Funktionen und Risiken der Vertragsparteien

und (4) die tatsächlich vorhandene ökonomische Substanz des Cash-Pool-

Führers. Angesichts dieser vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten sollte

deutlich werden, dass eine pauschal angewandte Kostenaufschlagsmethode

nicht zwangsläufig zu verlässlichen Ergebnissen im Sinne des steuerlichen

Fremdvergleichs führt.

136 Vgl. Hülshorst/Kuzmina/Wehke: „Fremdübliche Methodenwahl beim Cash-Pooling“,

in: Der Betrieb, 22.08.2014, Heft 34, S. 1887; Schreiber/Bubeck: „Fremdvergleich

beim internationalen Cash Pool“, in: Der Betrieb. 02.05.2014, Heft 18, S. 980;

Schreiber/Bubeck: „Internationales Cash Pooling – aktuelle Entwicklungen“, in:

NWB Verrechnungspreise direkt digital, 15.07.2014. 137 Vgl. OECD (2014): „Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles“,

OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing,

http://dx.doi.org/10.1787/9789264219212-en.

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Aus unserer Praxis

Transfer Pricing Perspective Deutschland 147

Wahl der Verrechnungspreismethode für die Vergütung des Cash-

Pool-Führers

Für die Wahl der angemessenen Methode werden aktuell insbesondere die zwei

konträren Methoden „Preisvergleichsmethode“ (auf Basis von Marktzinsen)

und „Kostenaufschlagsmethode“ (Dienstleistungsentgelt) intensiv diskutiert.

Die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode impliziert die Klassifizierung

des Cash-Pool-Führers als Routineunternehmen, dessen Tätigkeit als Dienst-

leistung anzusehen ist, für die ein kostenbasiertes Dienstleistungsentgelt an-

gemessen erscheint. Im Einzelnen würde dies bedeuten, dass der Cash-Pool-

Führer im Rahmen der Verwaltung des Cash Pool stets nur Dienstleistungen

mit sehr eingeschränkten Funktionen erbringt, keine bedeutenden Risiken trägt

und keine bzw. zumindest keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter

einsetzt. Bei den in der Praxis vorkommenden Cash-Pooling-Strukturen über-

nimmt der Cash-Pool-Führer häufig jedoch komplexe Funktionen, Risiken und

Wertbeiträge, sodass eine standardisierte Anwendung der Kostenaufschlags-

methode nicht angemessen erscheint. Besonders kritisch erscheint die Über-

nahme von finanziellen Risiken (u. a. Liquiditäts-, Forderungsausfall- und

Währungsrisiken). Diesbezüglich sind die vertraglichen Vereinbarungen

hinsichtlich bestehender Garantien und Haftungstat-bestände im Einzelfall zu

analysieren. Erfahrungsgemäß werden die wesentlichen finanziellen Risiken in

der Praxis häufig vom Cash-Pool-Führer getragen.

Darüber hinaus sind diverse Implementierungsschwierigkeiten an die Kosten-

aufschlagsmethode geknüpft. Zu diesen zählen in der Praxis die häufig

problematische Quantifizierung der Kostenbasis mangels segmentierter

Rechnungslegung sowie die weiterhin ungelöste Gewinnverteilung zwischen

den Cash-Pooling-Teilnehmern.

Neben der Kostenaufschlagsmethode kommen weiterhin insbesondere der

Preisvergleich und die Gewinnaufteilungsmethode in Betracht. Bei der Preis-

vergleichsmethode sind vergleichbare Bankzinsen für die im Cash Pool

vereinbarten Soll- und Habenzinsen zu identifizieren, da diese konkrete

Handlungsalternativen für die Cash-Pool-Teilnehmer darstellen. Zwar wird

häufig die Vergleichbarkeit von Marktzinsen mit konzerninterner Finanzierung

infrage gestellt, jedoch müssen bankübliche Soll- und Habenzinssätze im

Regelfall bei der Fremdvergleichsanalyse mit einbezogen werden, da sich

diese Preise für die Teilnehmer aus real verfügbaren Alternativtransaktionen

ergeben. Dies gilt insbesondere in potenzieller Kombination mit der Gewinn-

aufteilungsmethode zwecks Sicherstellung einer fremdüblichen Bepreisung bei

der Verteilung von eingangs erwähnten Synergieeffekten.

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Aus unserer Praxis

148 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Entsprechend der Vielfalt der individuellen Cash-Pool-Ausgestaltungen fällt

die pauschale Anwendung einer spezifischen Verrechnungspreismethode

naturgemäß schwer. Dies gilt insbesondere für die von Vertretern der Finanz-

verwaltung postulierte Anwendung der Kostenaufschlagsmethode, die als

Standardmethode beim Cash Pooling nicht verlässlich implementiert werden

kann.

Fazit

Letztlich zeigt sich eindeutig, dass die pauschale Anwendung einer einzigen

Verrechnungspreismethode den vielfältigen individuellen Umständen von

konzerninternen Cash-Pool-Transaktionen nicht gerecht werden kann. Viel-

mehr erfordert die Beantwortung der Frage einer angemessenen Vergütung

des Cash-Pool-Führers und der inhärenten Gewinnverteilung eine detaillierte

Analyse aller Umstände des Einzelfalls. Eine differenzierte Betrachtung der

deutschen Finanzverwaltung wäre daher wünschenswert, um die methodische

Verunsicherung nicht noch größer werden zu lassen.

5 Datenbankstudien in der Betriebsprüfung – Beispiele für spezielle deutsche Anforderungen

Von Dr. Isabel Ruhmer-Krell und Florian Weidlich

Die deutsche Finanzverwaltung hat in den Verwaltungsgrund-

sätzen-Verfahren vom 12. April 2005 spezifische Anforderungen an

die Durchführung und Dokumentation von Datenbankstudien

definiert. Darüber hinaus zeigt sich häufig in Betriebsprüfungen,

dass eine gewisse Skepsis gegenüber Datenbankstudien zum

Nachweis der Fremdüblichkeit von Verrechnungspreisen besteht.

Es müssen bzw. sollten verschiedene deutsche Besonderheiten

beachtet werden, um die Akzeptanz der aus Datenbankanalysen

gewonnenen fremdüblichen Bandbreiten im Rahmen einer

Betriebsprüfung zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in Fällen,

in denen eine ausländische Konzernobergesellschaft panregionale

Datenbankstudien für mehrere Tochtergesellschaften erstellt und

dabei unter Umständen deutschen Anforderungen nicht oder nicht

ausreichend gerecht wird. Im Folgenden werden wir einen kurzen

Überblick über ausgewählte wesentliche Unterschiede in den

regionalen Anforderungen an panregionale Datenbankstudien

geben.

In der Praxis führen ausländische Konzernobergesellschaften für konzern-

interne Transaktionen häufig zentrale Datenbankstudien durch. Diese werden

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Aus unserer Praxis

Transfer Pricing Perspective Deutschland 149

anschließend den jeweils involvierten Konzerngesellschaften für Zwecke der

Dokumentation und Verteidigung ihrer Verrechnungspreise zur Verfügung

gestellt. Ein solches Vorgehen gewährleistet auf der einen Seite eine

gesellschaftsübergreifend konsistente Angemessenheitsdokumentation und

vermeidet Doppelarbeiten auf Ebene der einzelnen Konzerngesellschaften.

Auf der anderen Seite kann dies jedoch dazu führen, dass spezifische An-

forderungen an Datenbankstudien seitens der deutschen Finanzverwaltung

nicht ausreichend gewürdigt werden. In Betriebsprüfungen entstehen hier-

durch Diskussionen über die Akzeptanz der ermittelten Ergebnisse.

Anforderungen der deutschen Finanzverwaltung

an Datenbankstudien

Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung ist die einer Datenbank-

studie in der Regel zugrunde liegende transaktionsbezogene Nettomargen-

methode (transactional net margin method) nur auf Unternehmen mit

Routinefunktionen anwendbar.138 Insbesondere im Vergleich zur Vorgehens-

weise in Nordamerika, wo auch bei Nicht-Routineunternehmen der Einsatz

von panregionalen Datenbankstudien akzeptiert wird, ergeben sich bereits

erhebliche Abweichungen.

Ebenso wird es häufig einen Unterschied zwischen den einzelnen Regionen in

der Anwendung von Unabhängigkeitskriterien geben. Während in Deutschland

meist nur Unternehmen mit einer geringeren Beteiligungsquote als 25 Prozent

akzeptiert werden, besteht in vielen anderen Ländern eine Akzeptanz von

50 Prozent oder sogar mehr.

Des Weiteren lehnt die deutsche Finanzverwaltung im Gegensatz zur gängigen

Praxis in zahlreichen anderen Ländern reine Datenbankscreenings mit

der Begründung ab, dass die in Datenbanken enthaltenen Unternehmens-

informationen oftmals für die Prüfung der Vergleichbarkeit der Sachverhalte

nicht ausreichen.139 Deshalb wird seitens der Finanzverwaltung eine

ergänzende (internetbasierte) Recherche außerhalb der Unternehmensdaten-

banken als unerlässlich angesehen.

Darüber hinaus verlangt die inländische Betriebsprüfung vermehrt die Heraus-

gabe der elektronischen Suchstrategie der betreffenden Datenbankstudien,

um das Zustandekommen der Ergebnisse nachvollziehen und gegebenenfalls

138 Vgl. Tz. 3.4.10.3 Nr. b) der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, BMF-Schreiben

vom 12.04.2005. Zur Definition eines Unternehmens mit Routinefunktionen vgl.

Tz. 3.4.10.2 Nr. a). 139 Vgl. Tz. 3.4.12.4 der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, BMF-Schreiben vom

12.04.2005.

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Aus unserer Praxis

150 Transfer Pricing Perspective Deutschland

selbstständig Alternativrechnungen vornehmen zu können.140 Da dies aus inter-

nationaler Sicht ebenfalls als unüblich anzusehen ist, kann es vorkommen, dass

die originäre Suchstrategie der international verwendeten Datenbankstudie

mitunter nicht gespeichert und daher der deutschen Betriebsprüfung auch

nicht zur Verfügung gestellt werden kann.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei der Erstellung von Datenbank-

studien, die für die lokale Dokumentation und gegebenenfalls Verteidigung

von Verrechnungspreisen in mehreren Ländern dienen sollen, jeweils die

spezifischen lokalen Anforderungen zu beachten sind. Insbesondere in Fällen,

in denen eine ausländische Konzernobergesellschaft zentral Datenbankstudien

erstellen lässt, mit denen unter anderem der Nachweis der Fremdüblichkeit für

ein verbundenes deutsches Unternehmen erbracht werden soll, sind frühzeitig

die an dieser Stelle nur beispielhaft vorgestellten deutschen Spezifika zu

berücksichtigen. Sofern Zweifel daran bestehen, ob die von ausländischen

Gesellschaften erstellten Datenbankstudien den Anforderungen der hiesigen

Finanzverwaltung entsprechen, sollten diese Datenbankstudien bereits vor

Beginn der Außenprüfung auf ihre Verwendbarkeit geprüft und gegebenenfalls

angepasst werden.

140 Vgl. Tz. 3.4.12.4 der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, BMF-Schreiben vom

12.04.2005.

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Das Verrechnungspreisteam von PwC Deutschland

Transfer Pricing Perspective Deutschland 151

Das Verrechnungspreisteam von PwC Deutschland

Am Ende dieser Ausgabe des Jahrbuchs der Transfer Pricing Perspective

Deutschland möchten wir über die Entwicklung unseres Verrechnungspreis-

Teams berichten. Im Laufe des Jahres gab es einige Veränderungen: Wir sind

stark gewachsen und haben uns weiter spezialisiert.

Wo Sie uns finden

Unsere bundesweite Beratungspraxis besteht aus 160 ausschließlich auf

Verrechnungspreise spezialisierten Kollegen und Kolleginnen, die an den

Standorten Hamburg, Berlin, Essen, Düsseldorf, Köln, Frankfurt am Main,

Stuttgart und München tätig sind. Informationen zu den Ansprechpartnern in

Ihrer Nähe finden Sie auf der nächsten Seite. An den meisten Standorten hat es

in den letzten Monaten einen kräftigen Zuwachs gegeben.

Interdisziplinärer Beratungsansatz

Die Teams in den einzelnen Städten setzen sich aus Mitarbeitern und Mit-

arbeiterinnen mit unterschiedlichsten Hintergründen, Erfahrungen und

Nationalitäten zusammen. Bei den akademischen Fachrichtungen gibt es

Betriebswirte, Volkswirte und Rechtsanwälte, aber auch Spezialisten für

Statistik, Rechnungslegung und Controlling, was in der Zusammenarbeit

verschiedene Denkansätze verbindet. Viele Teammitglieder waren einen

Großteil ihrer bisherigen Berufsjahre in der Steuerberatung tätig, andere haben

zum Beispiel Erfahrungen in der Industrie gesammelt. Diese Vielfalt sehen wir

als einen wichtigen Baustein für eine hochwertige Beratung.

Fokus auf Spezialthemen und Branchen

Um im gewachsenen Team eine noch stärkere Spezialisierung zu erreichen,

haben wir bundesweite Arbeitsgruppen gebildet, die in verschiedenen

fachlichen Themen unsere Expertise zusammenfassen und weiter ausbauen.

So gibt es beispielsweise Gruppen zu den Themen Bewertung, Benchmarking,

Verrechnungspreis-Implementierung und Dispute Resolution sowie Branchen-

gruppen unter anderem zu den Sektoren Banken und Versicherungen, Auto-

motive, Energy, Retail & Consumer oder Pharma & Healthcare.

Unsere Veranstaltungen

Wie Sie in den letzten Ausgaben des Transfer Pricing Perspective Deutschland

Newsletters verfolgen konnten, gab es im Laufe dieses Jahres an den einzelnen

Standorten eine Vielzahl von Seminarveranstaltungen, die wir für unsere

Mandanten und weitere interessierte Unternehmensvertreter organisiert

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Das Verrechnungspreisteam von PwC Deutschland

152 Transfer Pricing Perspective Deutschland

haben. Im nächsten Jahr werden wir daran anknüpfen und Ihnen

deutschlandweit Veranstaltungen zu verschiedenen Themen anbieten.

Fachpublikationen und Auszeichnungen

Mitglieder des deutschen Verrechnungspreis-Teams von PwC veröffentlichen

regelmäßig Fachartikel und sind Autoren von Monografien und anderen

Publikationen über Verrechnungspreise, in denen die aktuellen Entwicklungen

im deutschen und internationalen Steuerrecht erläutert werden und dazu

Stellung genommen wird. Auch vor dem Hintergrund dieser Arbeit haben das

Team und einzelne Mitglieder verschiedene Auszeichnungen erhalten, worüber

wir uns sehr freuen.

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Das Verrechnungspreisteam von PwC weltweit

Transfer Pricing Perspective Deutschland 153

Das Verrechnungspreisteam von PwC weltweit

Wir bei PwC widmen uns seit 20 Jahren dem globalen Thema Verrechnungs-

preise mit dem Fokus auf Qualität, die Sie von einem der weltgrößten Dienst-

leistungsunternehmen zu Recht erwarten können. Unsere internationale

Verrechnungspreispraxis besteht aus mehr als 200 Partnern und 1.800

engagierten Verrechnungspreisfachkräften in mehr als 70 Ländern.

Unsere Spezialisten arbeiten bei jedem Projekt grenzüberschreitend eng

zusammen und schöpfen aus einem weltweiten Fundus an Ressourcen, um für

jedes Verrechnungspreisprojekt das geeignete Team für Ihre Anforderungen

zu finden. Dies ermöglicht uns, ein weites Spektrum an konzerninternen

Transaktionen in Nord-, Mittel- und Südamerika, Europa, Afrika und Asien

abzudecken und dabei eine für jeden unserer Mandanten maßgeschneiderte

Beratungsleistung anzubieten – angefangen bei der Planung, Umsetzung und

Dokumentation von Verrechnungspreissystemen bis hin zu der Verteidigung

von Verrechnungspreisen in Betriebsprüfungen und der Beratung in Bezug auf

den Abschluss von Advance Pricing Agreements.

Über uns

Unsere Mandanten stehen tagtäglich vor vielfältigen Aufgaben, möchten neue

Ideen umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten, dass wir sie ganzheitlich

betreuen und praxisorientierte Lösungen mit größtmöglichem Nutzen

entwickeln. Deshalb setzen wir für jeden Mandanten, ob Global Player,

Familienunternehmen oder kommunaler Träger, unser gesamtes Potenzial ein:

Erfahrung, Branchenkenntnis, Fachwissen, Qualitätsanspruch, Innovations-

kraft und die Ressourcen unseres Expertennetzwerks in 157 Ländern.

Besonders wichtig ist uns die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren

Mandanten, denn je besser wir sie kennen und verstehen, umso gezielter

können wir sie unterstützen.

PwC. 9.400 engagierte Menschen an 29 Standorten. 1,55 Mrd. Euro Gesamt-

leistung. Führende Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in

Deutschland.

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Ihre Ansprechpartner

154 Transfer Pricing Perspective Deutschland

Ihre Ansprechpartner

Berlin

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Lise-Meitner-Straße 1

10589 Berlin

Lorenz Bernhardt

Tel.: +49 30 2636-5204

[email protected]

Düsseldorf

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Moskauer Straße 19

40227 Düsseldorf

Axel Eigelshoven

Tel.: +49 211 981-1144

[email protected]

Dr. Jörg Hülshorst

Tel.: +49 211 981-4345

[email protected]

Prof. Dr. Heinz-Klaus Kroppen

Tel.: +49 211 981-1966

[email protected]

Claudia Lauten

Tel.: +49 211 981-5201

[email protected]

Susann van der Ham

Tel.: +49 211 981-7451

[email protected]

Dr. Ludger Wellens

Tel.: +49 211 981-2237

[email protected]

Essen

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Friedrich-List-Straße 20

45128 Essen

Carsten Hüning

Tel.: +49 201 438-1153

[email protected]

Katharina Mank

Tel.: +49 201 438-2622

[email protected]

Frankfurt am Main

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Friedrich-Ebert-Anlage 35–37

60327 Frankfurt am Main

Dr. Ulf Andresen

Tel.: +49 69 9585-3551

[email protected]

Dr. Roman Dawid

Tel.: +49 69 9585-1336

[email protected]

Loek de Preter

Tel.: +49 69 9585-5735

[email protected]

Dr. Yves Hervé

Tel.: +49 69 9585-6188

[email protected]

Prof. Dr. Andreas Oestreicher

Tel.: +49 69 9585-6158

[email protected]

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Ihre Ansprechpartner

Transfer Pricing Perspective Deutschland 155

Dirk Wilcke

Tel.: +49 69 9585-6547

[email protected]

Hamburg

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

New-York-Ring 13

22297 Hamburg

Kati Fiehler

Tel.: +49 40 6378-1304

[email protected]

Karlsruhe

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Blücherstraße 17

76185 Karlsruhe

Reiner Schweizer

Tel.: +49 721 84002-137

[email protected]

Oliver Kost

Tel.: +49 721 84002-222

[email protected]

Köln

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Konrad-Adenauer-Ufer 11

50668 Köln

Susanne Tomson

Tel.: +49 221 208-4354

[email protected]

München

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Bernhard-Wicki-Straße 8

80636 München

Jörg Hanken

Tel.: +49 89 5790-5424

[email protected]

Dr. Stephan Rasch

Tel.: +49 89 5790-5378

[email protected]

Stuttgart

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Friedrichstraße 14

70174 Stuttgart

Martin Renz

Tel.: +49 711 25034-3107

[email protected]

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Ein praxisorientiertes Kompendium für Verrechnungspreisexperten Im 2014er-Jahrbuch Transfer Pricing Perspective Deutschland haben wir bereits zum sechsten Mal die Beiträge aus unserem gleichnamigen Newsletter zusammengestellt. Das Jahrbuch enthält zahlreiche Artikel und umfassende Informationen rund um das Thema Verrechnungspreise, die aufgrund an-dauernder internationaler Entwicklungen von aktueller Brisanz sind. Experten aus dem Verrechnungspreisnetzwerk von PwC Deutschland diskutieren die Entwicklungen der OECD-Initiative zu „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS), informieren über nationale und internationale Entwicklungen im Bereich der Verrechnungspreise und geben Einblicke in die Praxis sowie die Besonderheiten bestimmter Branchen.

Das vorliegende Jahrbuch zeichnet sich durch die Verknüpfung von Theorie und Praxis aus und stellt eine informative Lektüre sowie ein hervorragendes Nachschlagewerk dar.

www.pwc.de