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Corona-Krise: Insider im Disput
Franchise-Recht: Bestandsaufnahme
Vapiano-Drama: Finale offen
Infoportal: www.franchising-network.de
erfolgreich selbständig
ausgabe MaI/JunI 2020 | 5,50 euro
Ein Franchise-System im Wandel:
TRanSFoRmaTIon InS DIgITalE ZEITalTER
Lieblingschef werden?Du möchtest dein eigener
Dann bist du bei uns genau richtig. Denn wir
suchen Menschen wie dich, die als selbstän-
diger Kaufmann (m/w/d) bei uns einsteigen
und ihre Visionen entschlossen realisieren
möchten. Deine Vorteile: Du bist Teil einer
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Vertriebskonzept bauen und mit unterneh-
merischem Handeln, Engagement und einem
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REWE Supermarkt:
Jennifer B.,
Selbständige REWE Kauffrau
Echt was erreichen.
frAnchising.mag | 5
editoriAl
Es gibt leider nicht viel, was
es in diesen Tagen zur wirt-
schaftlichen Entwicklung
positives zu sagen gibt: Die
Franchise-Community ist
ebenso stark betroffen wie der Rest der
Unternehmen in Deutschland und an-
derswo. Wenn auch der Aspekt des „be-
treuten Wohnens“ im Netzwerk dem ein
oder anderen über die Depression des
Alltags und hoffentlich durch das Tal der
Corona-Krise hilft. Aber die Chancen und
Risiken sind tatsächlich ungerecht ver-
teilt: Während der Online-Handel und
Bringdienste profitieren, geht der Gast-
ro- und Event-Szene und dem Tourismus
nach und nach das Licht oder der „Spirit“
aus. Da hilft auch eine Teilöffnung von
Restaurants oder Strandbädern nicht
weiter, die meist mit ihrem Kostenappa-
rat so nicht überlebensfähig sind. Größe-
re Veranstaltungen mit Publikum und Ca-
tering sind ebenfalls auf lange Zeit nicht
vorstellbar. Kredite, Löhne und Mieten
rauben die Luft zum Atmen. Himmel
und Hölle liegen also nah beieinander.
Im Herbst fallen die „Blätter“ war einst in
den beiden schweren Verlagskrisen das
Bonmot der Experten. „10.000 Existen-
zen sind in Gefahr, die damit verbunde-
nen Arbeitsplätze noch nicht mitgerech-
net“, prognostiziert Reinhard Wingral,
Franchise-Consultant aus Eckernförde,
hier im Interview. Kai Enders, DFV-Prä-
sident und Chef von Engels & Völkers,
hingegen vorsichtig: „Alle Systeme haben
aktuell Bremsspuren zu verzeichnen.“
Es wird Gewinner und Verlierer geben,
schätzt jedoch auch der DFV-Chef.
Viel erfreulicher ist hingegen, trotz tur-
HImmEl unD
HöllE!
impressum
Herausgeber und Chefredakteur:
Axel Winkelnkemper (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Emil Hofmann, Knut Pauli,
Brigitte Schmidt, Uwe Schneider,
Axel Winkelnkemper
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Amine
Bendella, Frank Bielig, Emil Hofmann
Social-Media: Tim Winkelnkemper
Layout, Satz: Larissa Mundt Alves
Bildmaterial: u.a. Photocase.com,
fotolia, iStock.com
Anzeigen: mediapartners-verlag,
Email: [email protected]
Verlag: mediapartners ltd. & Co. KG,
Florastr. 188, 50733 Köln,
Fon: 0221/467525-04
Internet: www.franchising-network.de
© 2020
Die Zeitschrift und ihre Inhalte sind
urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme
gesetzlich zugelassener Fälle bedarf eine
Verwertung einschließlich des Nach-
drucks der schriftlichen Zustimmung des
Verlages. Für unverlangt eingereichtes
Text- und Bildmaterial wird keine Haftung
übernommen.
bulenter Zeiten in unserer Titelstory
vom 25jährigen Jubiläum von mobilcom-
debitel zu berichten. Der Schulterblick
in den IT-Kosmos einer Franchise-Shop-
Kette, die von rund 550 eigenen etwa
220 Shops erfolgreich mit Franchise-
Nehmern führt. Es lohnt, auf die Historie
eines knüppelhart geführten Telekom-
Marktes zu blicken, in dem die Big-Player
mit ihren Netzen das Sagen haben. Da
brilliert mobilcom-debitel auch ohne
eigenes Netz mit einem ausgeklügelten
Beratungs- und Shop-Konzept, das den
Kunden mit 1.500 Fachberatern bei sei-
nen konkreten Bedürfnissen abholt. Die
Rückschau auf die Historie und der Fokus
auf die aktuelle Entwicklung im Diskurs
mit den Protagonisten gibt Aufschluss
über die Dynamik eines Franchise-Sys-
tems im „Auf und Ab“ des Marktes. „Gut
gemacht“, konzedieren wir einem Unter-
nehmen, das von einer gelebten Firmen-
kultur und seinen empathischen Mit-
arbeitern profitiert. Unser geschärfter
Blick gilt wie immer auch den sonstigen
Entwicklungen der Franchise-Systeme.
Während mit der Synaxon AG ein Multi-
Franchiser immer weiter erfolgreich in
Europa seine Bahnen zieht, erlischt mit
Vapiano langsam ein Stern am Gastro-
Himmel - Himmel und Hölle eben. Wir
drücken trotz oder gerade die Daumen,
dass möglichst viele Franchise-Systeme
die Krise überwinden. Wir werden Sie
weiter mit Informationen und Fakten in
unserer Print-Ausgabe und auf unserer
Homepage unterstützen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
?
8 | frAnchising.mag 8 | frAnchising.mag
exklusiv-interview
Franchising.mag: Herr Enders, was waren denn die ers-
ten Maßnahmen seitens des DFV für seine Mitglieder?
Kai Enders: Auf solch ein epochales Ereignis wie die Corona-Krise waren auch wir nicht vorbereitet. Doch wir haben sofort reagiert. So haben wir sehr schnell Foren zum Austausch unter den Mitgliedern eingerichtet um Informationen und erste Erfahrungen bei der Krisen-bewältigung auszutauschen. Zudem haben wir interne Experten von den großen Systemen ebenso wie exter-ne Fachleute hinzugezogen, zahlreiche Webkonferenzen
für unsere Mitglieder durchgeführt und zusammen mit Sys-temvertretern und assoziierten Experten quasi über Nacht Leitfäden erstellt, welche Möglichkeiten bieten etwa die staat-lichen Hilfen, die jetzt genutzt werden können- zum Beispiel Kurzarbeitergeld.
In der Stunde der Not ist dies doch eine originäre Ver-
bandsaufgabe …
Sicherlich, aber entscheidend ist, es hat funktioniert und zwar im Schulterschluss mit unseren Mitgliedern. Da kann ich nur sagen wir haben uns bislang wacker geschlagen.
Wie gut ist die Franchisewirtschaft gewappnet?
Gut gewappnet zu sein, das kann niemand in der Franchise-Wirtschaft behaupten. Klar es gibt wie in jeder Krise Gewinner – da fällt mir Netflix ein, das ist zwar kein Franchisesystem, und natürlich Verlierer. Zwischen den Systemen gibt es jeden-falls große Unterschiede je nach Branche und im Reifegrad. Aber alle Systeme haben aktuell Bremsspuren zu verzeichnen.
Nimmt man die Zahlen des Deutschen Franchise Ver-
bandes, dann sind rund 10.000 Franchisenehmer nicht
geeignet für die Finanzspritzen der KfW – oder?
KRISE unD KEIn EnDE?
Im exklusiv-Interview mit Kai enders, Präsident des Deutschen Franchiseverbandes,
und reinhard Wingral, erfahrener Franchise-Consultant aus eckernförde, wird klar, welchen schaden
die Pandemie in der Franchise-Wirtschaft verursacht.
Das stimmt. Doch es macht schon einen Unterschied ob ich vor einem Jahr auf eigene Faust gegründet habe oder mich ei-nem etablierten Franchise-System angeschlossen haben. Die Rücklaufquote in den wirtschaftlichen Erfolg durchlaufen diese Gründer schneller, weil sie viele Anfangsfehler vermeiden, da sie in einem Netzwerk mit erfahrenen Leuten tätig sind. Zu-dem sind die Franchisegeber darauf bedacht ihre Partner bei der Stange zu halten und lassen sich deshalb einiges einfallen.
Wie viele Franchise-Systeme stehen von den knapp
1.000, von denen etwa 300 bis 400 tatsächlich gut funk-
tionierende Geschäftsmodelle lizensieren, jetzt auf der
Kippe?
Beim Blick in die Zukunft können auch wir nicht seriös ein-schätzen, ob Systeme beziehungsweise deren Partner einen Puffer für sechs Wochen oder womöglich sechs Monate haben. Da möchte ich auch gar nicht spekulieren. Klar ist nur eines, die gesamte Ökonomie steht vor einer großen Herausforderung und da wird es auch Opfer geben – sicherlich auch unter den Franchisesystemen. Doch in der Tendenz sind partnerschaft-lich organisierte Systeme gut aufgestellt, um Krisen meistern zu können.
Großveranstaltungen werden reihenweise abgesagt,
Bundesliga-Kicks finden, wenn überhaupt ohne große
Kulisse statt, die Frankfurter „Ambiente“, die Hambur-
ger „Internorga“ sind ist bereits auf 2021 verschoben.
Jüngst verkündete Bayern den Zapfenstreich für das
diesjährige Oktoberfest. Findet denn die Franchisemes-
se statt?
Das ist noch nicht entschieden. Wir haben sehr frühzeitig das diesjährige Franchise Forum abgesagt, da wir annahmen, dass viele Mitglieder ganz andere Sorgen im Mai drückt und sie keine Lust zum Feiern hätten. Hinterher ist man bekanntlich schlauer, da haben wir (leider) richtiggelegen. Durch die früh-zeitige Absage konnten wir jedoch eine Menge Geld einsparen und blieben nicht auf einen Berg an Stornorechnungen sitzen. Ob die dritte Franchisemesse nach ihrem Neustart im Jahr 2018 in Frankfurt stattfindet, ist im Moment noch völlig offen; je nach Verlauf der Corona-Krise könnte dies ja Anfang Novem-ber womöglich ein guter Zeitpunkt für die Franchisenehmerge-winnung sein.
DFV-Chef Kai Enders
frAnchising.mag | 9
Interviews in voller länge:
www.franchising-network.de/
franchising
„BIS Zu 10.000 ExISTEnZEn Im
FRanCHISIng STEHEn auF TönERnEn
FüSSEn.“
FM: Herr Wingral, auf Sicht geht es in der Krise hierzu-
lande erst einmal bergab. Hierbei trifft es laut Wirt-
schaftsforschern deutlich mehr Dienstleistungsunter-
nehmen und viel mehr kleinere Unternehmen – beides
zusammen charakterisiert die Franchisewirtschaft.
Reinhard Wingral: In der Tat – von der Branchenstruktur her rangiert inzwischen der Dienstleistungssektor deutlich vor dem Einzelhandel. Danach folgen Gastronomie und Touristik, am Schluss liegt das Handwerk. Das holt aber derzeit kräftig auf, weil zur handwerklichen Leistung die nutzbringende Bera-tung angeboten wird, wie zum Beispiel die Erlangung öffentli-cher Förderung bei barrierefreien Umbauten für Senioren oder im Zusammenhang mit energetischer Sanierung. Daran wird auch die aktuelle Krise nichts ändern.
Nach Branchen sind primär Gastronomie, Hotellerie
Einzelhandel und dann erst Dienstleister vom plötzli-
chen Umsatzeinbruch bei weiterhin laufenden Kosten
wie Miete betroffen
Das liegt doch auf der Hand. Dienstleistungen, die weder zeit-lich vom Kunden nachgeholt werden können noch nach dem Corona-Spuk intensiver nachgefragt werden. Reiseticke-und Hotelbuchungen für einen bestimmten Termin, Events und Tagungen, oder auch nur einen Kneipenabend werden die Kon-sumenten nicht eins zu eins nachholen können, selbst wenn s es wollten. Die Idee, Gutscheine zu verteilen, verschiebt das Liquiditätsproblem nur im Kalender und im Insolvenzfall kann der Kunde sein Guthaben in der Regel komplett abschreiben.
Wie viele Franchise-Systeme stehen von den knapp
1.000, von denen etwa 300 bis 400 ein tatsächlich gut
funktionierendes Geschäftsmodell lizensieren, jetzt auf
der Kippe?
Von der großen Masse an systemechten wie vorgeblichen Franchise-Systemen dürften bis zu 30 Prozent nächstes Jahr nicht mehr am Markt sein. Denn viele leben von der ungezü-gelten Expansion und werden daher den aktuellen Stresstest nicht bestehen. Von der Schätzgröße 1.000 blieben somit 700 übrig. Beim harten Kern von soliden Franchisesystemen dürf-te der Abschmelzprozess mit einer deutlich geringeren Quote von fünf Prozent zu Buche schlagen – also 15 bis 20 Franchise-Systeme.
Und bei den Franchisenehmern?
Da wackeln schätzungsweise bis zu 10.000 Existenzen, die damit verbundenen Arbeitsplätze noch nicht mitgerechnet. Bislang gab es schon viel zu viele Partner, die nicht annähernd so gut verdienen wie der eine oder andere Franchisegeber ver-kündet und die von daher kein finanzielles Polster aufbauen konnten. Die oft beschworene Win-Win-Situation erweist sich jetzt als Fata Morgana. – Franchising ist halt kein Allheilmittel, um unreife Geschäftsmodelle zum Laufen zu bringen.
Die staatliche Förderbank KfW springt Kleinbetrieben
mit Finanzspritzen bei, die aber Gewinn gemacht haben
müssen. Wir reden also über rund 10.000 Franchise-
nehmer, die dieses Kriterium in der Anlaufphase nur
bedingt erfüllen – oder?
Stimmt. Bei einer soliden Finanzierung neuer Partner, die sinn-vollerweise auf Grundlage einer detaillierten Planung durch einen erfahrenen und neutralen Berater erfolgen sollte, muss eine Durststrecke von einem bis eineinhalb Jahren berücksich-tigt sein, sonst sind sie jetzt gekniffen.
Vielleicht nehmen die allzu Cleveren unter den Fran-
chisegebern einen Konkurs von Partnern in Kauf,
übernehmen den Standort und die Einrichtung dann
zum Spottpreis und suchen einen neuen Betreiber. Wie
sehen Sie das?
Da dürfte der ein oder andere si-cherlich draufkommen und die Gunst der Stunde für sich nutzen wollen. Nun sollte man Franchise-gebern nicht generell hohe Sym-pathien für die Subway-Strategie unterstellen – aber ja, es wird sicher verstärkt zu Übernahmen kommen. Unabhängig davon bleibt jeweils die grundsätzliche Frage, warum der betreffende Standort überhaupt notleidend geworden ist.
Franchise-Consultant Reinhard Wingral
10 | frAnchising.mag
titelstory
10 | frAnchising.mag
„WEIl Du ES BIST.“
frAnchising.mag | 11frAnchising.mag | 11
Nur mit einem zukunfts-fähigen Geschäftsmodell ist ein Franchise-System erfolgreich. Im Jahr 1995 entschied sich mobilcom-
debitel den Vertrieb über die eigenen Marken-Shops zu organisieren. Diese Entscheidung erwies sich als wegweisend und drückte der Telekommunikations-Branche, die damals noch in den Kinder-schuhen steckte, ihren unverwechsel-baren Stempel auf. Die Franchise-Kette feiert heute ihr 25-jähriges Bestehen. Die vergangene Zeit ist geprägt von der ra-santen technischen Entwicklung, die das Zusammenleben und die Kommunikati-on der Menschen fundamental verändert hat. In den letzten 25 Jahren sind Wirt-schaft und Gesellschaft in das digitale Zeitalter transformiert worden.
Die Anfänge des erfolgreichen
Franchise-Systems
Unter dem Dach der freenet Group blickt mobilcom-debitel auf eine bewegte Ver-gangenheit im rasant wachsenden Te-lekommunikationsmarkt zurück. Ende der Neunzigerjahre endete das Post-Monopol und der Telekommunikations-markt liberalisierte sich. Es herrschte Goldgräberstimmung in einem neuen, schier grenzenlosen Markt. Im Sommer 1992 gingen die Mobilfunknetze D1 und
Das Credo ist das Geschäftsmodell: mobilcom-debitel positioniert
sich als persönlichste Mobilfunkberatung Deutschlands mit Fokus
auf umfangreichen Service und individuelle Beratung. mobilcom-
debitel bietet für jeden die ideale Lösung im digitalen Alltag. Über
1.500 Fachkräfte beraten Kunden unabhängig vom Mobilfunknetz
in rund 550 eigenen Shops. Davon werden 220 Shops erfolgreich
von Franchisenehmern geführt.
D2 an den Start. Mittendrin im Gesche-hen: Gerhard Schmid, der 1991 die Tele-force GmbH in Schleswig gründete, aus der später die Mobilcom AG hervorging. Schmid war zuvor Geschäftsführer des Ostseebades Damp und Vorstand beim Autovermieter Sixt, ebenfalls ein erfolg-reiches Franchise-System. Von Erich Sixt hatte er den Sinn für freche Werbeslo-gans und das Wissen über funktionie-rendes Franchising übernommen und sich im David-gegen-Goliath ähnelnden Wettbewerb gegen die Telekom etabliert.Die Hardware verwandelte sich seither in immer kürzeren Innovationschüben: vom ein Kilo schweren Motorola-Handy zum Smartphone mit faltbarem Display. „Wachstum wird im deutschen Mobil-funkmarkt vor allem mit der Bereitstel-lung von mobilen Daten erzielt“, konsta-tiert Dr. Torsten J. Gerpott. Der Professor für Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg-Essen rechnet vor: „Der Internet-Verkehr via Mobil-funknetze nahm allein im Jahr 2019 um 61 Prozent auf 4,2 Milliarden Giga-Byte (GB) zu. Um die Mobilfunkkunden ran-geln aktuell vier Anbieter: Telekom, Vo-dafone, Telefónica Deutschland und als „später Folger“ 1&1 Drillisch. Ein gro-ßes Thema derzeit: 5G. Wer Frequenzen erwirbt, muss stark in die Infrastruktur der Datennetze investieren. Der 5G-Aus-
14 | frAnchising.mag
titelstory
Frau Boldt, Sie verantworten seit
mehr als einer Dekade das Handels-
marketing von mobilcom-debitel. In
dieser Zeit hat sich der Shop eine ex-
trem starke Position verschafft und
sich zum wichtigsten Touchpoint für
den Kunden etabliert.
In der Tat: Hier werden das Markenver-
sprechen und die Positionierung erlebbar
gemacht. Der Shop ist der Ort, an dem
Begegnung stattfindet. Dort kann indivi-
duell auf den Kunden zugeschnittene Be-
ratung am besten stattfinden und Service
live erlebt werden.
Derzeit werden die Shops moderni-
siert. Wie gehen Sie vor?
Wir führen kontinuierlich Analysen
durch: Was ist in unserer Branche an
neuen Trends zu erkennen? Vor allem
schauen wir aber auf andere Länder, an-
dere Branchen, um den Zeitgeist nicht
zu verpassen. Für unser neuestes Shop-
konzept haben wir einen Pilotshop in
München am Stachus entwickelt und
durch Marktforschung begleitet. Neben
den Kennzahlen wie Frequenz und Sales
wurden beispielsweise die Bewegungsda-
ten der Kunden im Shop gemessen und
Befragungen zur Wohlfühlatmosphäre
durchgeführt. Seit 2018 wurden 160
Standorte in die nächste Generation des
neuesten Shopkonzeptes gewandelt – die
Hälfte davon waren Shops von Franchi-
separtnern.
Wie wichtig ist das Thema Digitali-
sierung im Bereich Shopkonzept?
Unser Ziel ist es, alle Kommunikations-
flächen digital zu bespielen. Die neuen
Shop systeme haben bis zu vier Screens
und keine Posterflächen mehr. Je nach
Fläche und Uhrzeit erhalten sie pas-
Interview mit
susanne boldt,
Leiterin Handelsmarketing
Von
SToPPERn
Zu
SHoPPERn
Die Marke mobilcom-debitel
positioniert sich als klassischer
Händler durch Service und loka-
le Beratung. Auch im digitalen
Zeitalter zählt der Blick in die
Augen. Als sogenannte Speer-
spitze des Vertriebs erhalten alle
Partner neben einem voll aus-
gestatteten Shop eine umfang-
reiche Marketingunterstützung.
Ein Blick hinter die Kulisse eines
effektiven Handelsmarketings
gewährt Susanne Boldt, die seit
über 20 Jahren im Unterneh-
men arbeitet und für das Funk-
tionieren des Franchisings sorgt.
senden Content. Wir können hier auf
Knopfdruck neue Themen einspielen
und der Mitarbeiter muss sich nicht da-
mit aufhalten, Poster zu wechseln. Im
Schaufenster-TV gibt es ebenfalls unter-
schiedliche Animationsschleifen – und
neuerdings aktuelle Nachrichten und re-
gionale Inhalte, um die Aufmerksamkeit
beim Passanten zu steigern.
Das Schaufenster ist die Visitenkar-
te aller stationären Händler – wie
fallen die Shops im bunten Miteinan-
der auf den Flaniermeilen und in den
Einkaufszentren auf?
Das Schaufenster war eine der größten
Herausforderungen für uns. Hier gibt es
so viele Unterschiede an den Standorten.
Diesen gerecht zu werden und tolle In-
szenierungen auf teilweise kleinste Flä-
chen zu bringen ist uns über ein Sockel-
Stecksystem gelungen. Hier haben wir
die Möglichkeit gefunden, eine hochwer-
tige Präsentation von unterschiedlichen
Produkten und Themen im Schaufens-
ter zu inszenieren und gleichzeitig die
Durchsicht in den Innenraum des Shops
zu gewähren. Das Schaufenster hat ein
klares Ziel: Es soll Passanten zu Stoppern
und anschließend zu Shoppern machen.
Die Erfolgszahlen sprechen für sich.
Mit der Omnichannel-Ausrichtung
verfolgt mobilcom-debitel die Stra-
tegie, Online- und Offline-Kanäle
nahtlos zu verbinden. Welches Po-
tenzial sehen Sie darin für die Shops?
Der sogenannte RoPo-Effekt – „Re-
search online, Purchase offline“ – bietet
16 | frAnchising.mag
titelstory
Als Franchisenehmer von mobilcom-
debitel hat Markus Spiegl (Jahrgang
1966) auch nach 23 Jahren Spaß bei
der Arbeit im eigenen Shop auf der
Feldschmiede 29 in Itzehoe. Seine
Partnerschaft im Geschäftsleben wurde in dieser
Zeit zwei Mal auf eine harte Probe gestellt. Als die
mobilcom AG am Ende der Gründerphase im Jahr
2002 kurzfristig in eine wirtschaftliche Schieflage
geriet, bekamen etliche der Franchisenehmer kalte
Füße und flaggten um. Nicht jedoch Markus Spiegl
– er hielt dem Franchise-System die Stange, glaubte
felsenfest an die Zukunft der Marke und eröffnete
im Krisenjahr sogar noch seinen zweiten Shop in
Elmshorn, den er heute mit einem Mitarbeiter nebst
Azubi betreibt.
Seine heutige Position am Markt bestätigte seine
Entscheidung voll und ganz. Mit beiden Shops –
dem ersten in Itzehoe vis-à-vis vom Holsten Center
auf 20 Quadratmetern und dem zweiten auf 30 Qua-
dratmetern in Elmshorn – dreht er pro Jahr rund
eine Viertelmillion Euro an Umsatz. Beide Standor-
te befinden sich in erstklassiger Lage in der Fußgän-
gerzone und leben von der in Normalzeiten hohen
Frequenz. Hinter dem Tresen stehen in Itzehoe der
Chef und ein Mitarbeiter in Vollzeit. Unter der Wo-
Franchise-nehmer-PortraitMarkus spiegl, Itzehoe
PaRTnERSCHaFT
auF augEnHöHE
Markus Spiegl ist ein Franchise-Nehmer der ersten Stunde
von mobilcom-debitel. Der Itzehoer ist von der Zukunft
der Marke überzeugt und lebt erfolgreich seinen
Traum von der Selbstständigkeit.
18 | frAnchising.mag
titelstory
Aktuell herrscht in Mobil-
funkshops die Frage vor:
Wie viel Datenvolumen hat
ein Tarif und wie schnell
kann man surfen? Das
war jedoch längst nicht immer so. Die
„Handymania“ begann mit der Einfüh-
rung der ersten Mobile-Phones 1983
von Motorola. Das Handy feiert also
demnächst seinen dreißigsten Geburts-
tag und mobilcom-debitel bereits das
25-jährige Jubiläum. Franchise-Partner
Nihat Demirkilic freut sich: „Angefangen
als kleines norddeutsches Unternehmen
sind wir aktuell als mobilcom-debitel
eine Institution in der TK-Branche in
Deutschland.“ Er betreibt mit insgesamt
sieben Mitarbeitern in Hannover zwei
mobilcom-debitel Shops und seit Anfang
2019 auch einen in Braunschweig, wo er
wohnt.
Demirkilic stieg bereits ins Geschäft ein,
als ein Großteil der Bevölkerung noch
kein Mobiltelefon hatte und von zu Hau-
se oder von einer Telefonzelle aus tele-
fonierte. Der heute 47-jährige arbeitete
nach seinem Abitur zuerst im elterlichen
Betrieb. Als Mobilfunk es möglich mach-
te, von überall aus zu telefonieren, wit-
terte Demirkilic seine berufliche Chance:
„Ohne große Weitsicht war mir klar, dass
das unsere Zukunft verändern wird.“ Er
stieg bei mobilcom 1996 als Partner der
ersten Stunde ein.
Angefangen beim reinen Telefonieren für
bis zu 1,98 DM/Min. interessiert die Fest-
netz-Telefonie heute jedoch kaum noch,
weil sie inzwischen EU-weit im Tarif in-
kludiert ist. „Wir unterhalten uns mit
den Kunden fast nur noch darüber, was
das Smartphone sonst noch alles kann“,
erklärt Demirkilic sein aktuelles Tagesge-
schäft. Heute steht bei mobilcom-debitel
die Innovation im Vordergrund. „Natür-
lich haben die drei großen Mitbewerber
uns gegenüber einen Vorteil: ihr eigenes
Netz. Aber sie sind sehr träge“, verrät der
Franchise-Partner die Strategie. Denn
die Big-Player brauchen oft zu lange, um
neue Markttrends außerhalb des „Kern-
geschäfts Mobilfunk“ zu erkennen und
umzusetzen. mobilcom-debitel ist für
Demirkilic damit eindeutig im Vorteil:
„Wir bieten alle Netze und alle Tarife an,
dazu noch unsere eigenen Produkte. Au-
ßerdem haben wir noch ein sehr gutes
Partner-beirat
nihatDemirkilic
„InSTITuTIon In DER
TK-BRanCHE“
Nihat Demirkilic, Franchise-Partner in Hannover und seit 24 Jahren bei
mobilcom-debitel, gibt Einblicke in seinen Werdegang und die Entwicklungen
im TK-Geschäft mit mobilcom-debitel an seiner Seite.
20 | frAnchising.mag
titelstory
Herr Hoffmann, Sie feiern in diesem Jahr das
25-jährige Franchise-Jubiläum von mobilcom-
debitel. Was unterscheidet mobilcom-debitel
Shops und Ihr Angebot von Ihren Mitbewer-
bern, was ist Ihr Erfolgsrezept?
Die Marke mobilcom-debitel positioniert sich durch
Service und lokale Beratung. Unser Alleinstellungs-
merkmal im deutschen Markt ist, dass sich das Ta-
rifportfolio einerseits auf die Originaltarife der drei
deutschen Netzbetreiber – Telekom, Vodafone und
Telefónica Deutschland – erstreckt und andererseits
hauseigene Tarife vermarktet werden, ohne ein eige-
nes Mobilfunknetz zu betreiben. Dann zählen zum
Angebot Produkte, Dienstleistungen und Hardware
rund um mobile Telekommunikation und mobiles
Internet. Ergänzt wird das Portfolio noch durch ein
vielfältiges Angebot an Digital Lifestyle Produkten,
wie Handyzubehör, Home Entertainment (Musik-
und Videoangebote) und Smart Home Anwendun-
gen. Das ist unser Erfolgsrezept. Insgesamt beraten
wir unsere Kunden mit über 1.500 Beraterinnen
und Beratern in 550 eigenen Shops: netz- und pro-
duktunabhängig.
Sie arbeiten mit einem Franchise-System. Was
können Ihre Partner an Unterstützung im Sys-
tem erwarten, was ist Ihr USP?
Beim Ausbau der Shop-Kette setzen wir auf das
Franchise-System. Dabei profitieren die Franchi-
separtner von einem umfangreichen Partnerpro-
gramm, das über die letzten 25 Jahre kontinuierlich
ausgebaut und verbessert wurde. Gerade in unserer
schnelllebigen Branche muss man immer am Puls
der Zeit sein, zum Beispiel beim Stichwort „Digi-
tale Transformation“. Aus diesem Grund haben wir
massiv in unsere Omnichannel-Strategie investiert.
Dabei ist aber der Shop immer noch der Touchpoint
No. 1. Hier werden das Markenversprechen und die
Positionierung erlebbar gemacht.
Interview Christian Hoffmann
Vertriebsleiter Partnervertrieb
SICHER
SElBSTSTänDIg
mIT SySTEm!
Der mobilcom-debitel Vertriebsleiter Christian
Hoffmann verrät im Interview, wie Franchisepartner
die Vorteile eines starken Franchise gebers nutzen und
dabei das Beste für sich herausholen.
22 | frAnchising.mag
frAnchise-chAmpion
Frank Roebers, Vorstands-
vorsitzender SYNAXON AG,
versucht sich nach eigenem
Bekunden wacker daran den
„Spagat zwischen Kompanie-
chef und Zirkusdirektor“ zu meistern,
so der launige Titel einer seiner vielen
Vorträge zum Thema Führung. Von den
Referaten des Vorstandsvorsitzenden
profitieren das Jugendwerk Rietberg
und „Hand in Hand for Children“ - sein
Auftritt für den karikativen Zweck steht
unter einem flotten Motto: „Sabbeln für
Kohle“.
SYNAXON zählt zur Avantgarde der glä-
sernen Firmen. 2006 wurde ein internes
Wikipedia eingeführt, später folgte Li-
quid Feedback, eine Software, die durch
die Piratenpartei bekannt geworden war
und neue Formen der Mitsprache ver-
sprach. Seit zwei Jahre ist das nur noch
eine Episode. „Unsere Mitarbeiter sahen
schlicht keinen Bedarf mehr für ein an-
onymes Werkzeug“, vermerkt Roebers.
Die offene Diskussion mit Ross und
Reiter dominiert derweil in den inter-
nen Entscheidungsprozessen über den
Flurfunk hinter vorgehaltener Hand. Die
225 Mitarbeiter in der Zentrale können
Regeln – von der Spesenabrechnung bis
zu den Beförderungskriterien - ändern,
ohne dass sie Freigaben dafür brauchen.
Bislang geschah das rund 600.000 Mal.
SaBBEln FüR KoHlE
Die sYnaXon ag vereint unter ihrem Dach die Marken PC-sPeZIaLIsT, sYnaXon IT.Partner, emendo und iTeam mit 3.800 Partnerunternehmen und einem brutto-außenumsatz von über drei Milliarden euro und ist damit europas größter anbieter von Franchise- und Kooperationssystemen. Jüngstes Franchise-baby ist der IT-Dienstleister einsnulleins.
Der junggeblieben einundfünfzigjäh-
rige Manager, dem der Schalk sichtbar
im Nacken sitzt, hat sich als Trouble-
shooter wie als der strategische Kopf im
Unternehmen unentbehrlich gemacht.
Während die Gründer Kruse und Flott-
mann frühzeitig Kasse machten und sich
von ihrem“ Baby“ trennten, blieb Frank
Roebers trotz Aktienverkaufs dem Un-
ternehmen in bald drei Dekaden treu.
2005 erfolgte die Umfirmierung: Aus der
PC Spezialist AG wurde die SYNAXON
AG. Doch 2016 verschwand die Aktie
wieder vom Börsenzettel. Der Grund:
„2003 verkauften wir, das Gründer-Duo
Kruse – Flottmann und ich unsere Akti-
en. Lange Zeit befanden sich die Aktien
dann im Streubesitz im breiten Publikum
und einigen Fonds. Eine uns inzwischen
bekannte, namhafte Familie kaufte sich
sukzessiv ein, und besitzt nunmehr 90
Prozent der Anteile.Heute sind wir wie-
der ein reines Familienunternehmen wie
zu Beginn der Firmengeschichte“, so Roe-
bers. Zur Perspektive in seiner Toppositi-
on, vermerkt er lakonisch: „Ich werde so
lange hier arbeiten, bis ich rausfliege oder
mit den Füßen nach vorn herausgetragen
werde!“ – Für einen ehemaligen Sympa-
thisanten der linksautonomen Szene ist
der Marsch durch die Institutionen of-
fensichtlich kein leeres Lippenbekennt-
nis geblieben.
24 | frAnchising.mag
frAnchise-AnAlyse
auF SPaRFlammE
In DIE KRISE
Die Kult-Kette für schnelle Italo-Kost schreibt seit Jahren rote Zahlen. Die ebbe in der Kasse hat einen doppelten grund. Der Konzept-Überdruss der gäste und die unlust mit Franchisenehmer zu wachsen statt mit eigenbetrieben. eine Kurswende kündigte
der ex-Vorstand Jochen Halfmann im Januar 2019 für 2020 an, dann drehte sich das Personal-Karussell immer schneller und überschlugen sich mit der Corona-Krise die
ereignisse total. ein klassisches Drama in drei akten. Finale offen.
frAnchising.mag | 25
Akt 1 Exposition: 2002 lief in Ham-
burg der Prototyp des McDonalds
unter den italienischen Restaurants
vom Stapel. Mark Korzelius eröffne-
te in der Hansestadt das erste vom
italienischen Stardesigner Matteo Thun gestylten
VAPIANO. 15 Jahre später und nach etlichen In-
habern, Strategie- und Managementwechseln zählt
die Kette 205 Restaurants in 33 Ländern auf allen
fünf Kontinenten und wies zuletzt einen Umsatz
von 325 Millionen Euro aus. Der Wachstumskurs
wird weiterhin strikt verfolgt. „Unser Ziel sind 330
Restaurants bis zum Jahr 2020“, verkündete der da-
malige CEO Jochen Halfmann gegenüber der Rhei-
nischen Post (RP) zu Jahresbeginn 2019. Doch im
Unterschied zur Expansions-Blaupause McDonalds
mit nahezu hundertprozentiger Franchise-Partner-
schaft in Deutschland limitiert Vapiano den Anteil
an Franchise-Betrieben auf 40 Prozent. Die Mehr-
zahl der Trend-Lokale wird in eigener Regie oder ge-
meinsam mit einem regionalen Partner betrieben.
Diesen Strategiewechsel vollzog Vapiano bereits
2014 und eröffnet abseits der Metropolen bevor-
zugt eigene Restaurants. Mit dem Geld aus dem
Börsengang 2017 setzte Vapiano seine Expansion
mit Regiebetrieben fort.
Das Franchising auf Sparflamme forderte einen ho-
hen Preis. Denn der Filialausbau kommt teuer – pro
Standort nicht unter zwei Millionen Euro. Das not-
wendige Kapital für den finanziellen Kraftakt hol-
te sich Vapiano im letzten Jahr an der Frankfurter
Börse. Der finanziell aufwändige Börsengang wie
die teure Filialisierung ließen das Vorzeige-Unter-
nehmen immer tiefer in die roten Zahlen gleiten.
Obendrein fand noch ein Umzug der 120 Mitarbei-
ter in der Zentrale von Bonn, wo Vapiano nach wie
vor ein Restaurant in der „Baracke“, der ehemaligen
SPD-Parteizentrale betreibt, nach Köln in den Rhei-
nau-Hafen statt. Unter dem Strich eine kostspielige
Entscheidung.
Investment mit „Herz“
Die Löcher in der Bilanz stopften eins ums andre
Mal die solventen Mitgesellschafter. Mit Blick auf
den globalen Trend hin zur schnellen Italo-Gast-
ronomie zögerte der hanseatische Milliardär und
Ex-Tchibo-Boss Theo Herz nicht, sich frühzeitig
mit seiner Vermögensverwaltung Mayfair einen
44-Prozent- Geschäftsanteil zu sichern. 4,1 Milliar-
den Euro hatten Günter Herz und seine Schwester
Daniela Herz-Schnoeckel im Jahr 2003 bekommen,
als sie sich im Streit von ihren Geschwistern und in
der Folge auch von ihren Anteilen an dem Kaffeerös-
ter Tchibo trennten. Um die Milliarden professionell
zu verwalten, gründeten sie eine Investment- und
Beteiligungsgesellschaft namens Mayfair. Darüber
erwarben die Herz-Kinder den Schiffszertifizierer
Germanischer Lloyd für 575 Millionen Euro. Dann
folgte eine Beteiligung an dem Sportartikelherstel-
ler Puma, der mit einem Gewinn von 500 Millionen
Euro wiederverkauft wurde.
2011 kam ein Aktienpaket von Vapiano-Gründer
Gregor Gerlach für einen hohen zweistelligen Mil-
lionenbetrag hinzu. Fonds-Manager Hinrich Stahl
ließ damals durchblicken, dass es bei dieser Quote
nicht bleiben müsse: „Wir haben Interesse an einer
Mehrheitsübernahme von Vapiano“. Von seinem
Investment war Günter Herz jedenfalls total be-
geistert und hegte große Hoffnung: „Wir sind stolz,
ein solches Unternehmen zu begleiten und haben
hohe Erwartungen an die weitere langfristige Ent-
wicklung“. Auch der Sanders-Clan, Erben des Haar-
kosmetikunternehmens Wella, brachte zusätzliches
Kapital ein. Die Verzinsung pausierte bis zum Jahr
2020. Dann sollte Vapiano wieder schwarze Zahlen
schreiben, falls nicht, kann ja wieder im Franchising
Vollgas gegeben werden. Mal sehen, was passiert.
Akt 2 Peripetie: Vapianos Schuldenberg, das uner-
wartete Unglück, wuchs und wuchs. Die Nettover-
schuldung stieg auf 173,7 Mio. Euro, nach 116,2
Mio. Euro im Dezember 2017. Zum Jahresende 2018
verfügte Vapiano nur noch über ein Eigenkapital in
Höhe von 46,9 Mio. Euro, was einer Eigenkapital-
quote von 13,3 Prozent entspricht - ein Jahr zuvor
waren es noch 37,4 Prozent. Bei einem Umsatz von
372 Mio. Euro musste Vapiano 2018 einen Verlust
von 101 Mio. Euro hinnehmen. Dies lag vor allem an
hohen Abschreibungen und höheren Betriebskosten
im Zuge der schnellen Expansion. Nun will man sich
zügig von ganzen Ländermärkten trennen und auf
frische Kräfte an der Spitze setzen.
Der neu berufene CEO Cornelius Everke wollte das
Jahr 2019 dazu nutzen, das komplette Angebot, die
Organisation und auch die einzelnen Märkte auf ein
für das Unternehmen Vapiano gesundes Niveau zu
trimmen. Dazu hat er bereits im Januar die sieben
Restaurants in Chicago, New York und Washington
an einen Private Equity Fonds verkauft. Nach dem
gleichen Vorbild sollten die sieben australischen Lo-
kale, an denen Vapiano in einem Joint Venture mit
28 | frAnchising.mag
frAnchise-recht
Franchising ist eine Vertriebs-
methode, ein Marketing-
kooperationsmodell mit
vielseitigen und besonders
flexiblen Gestaltungsoptio-
nen für übertragbare Geschäftsmodelle.
Daher liegt es in der Natur der Sache,
dass der Einsatz von Franchising sich
immer und laufend am Markt und am
Wettbewerb orientieren muss und sich
Entwicklungen agil anpassen muss. Je-
des Vertriebssystem ist nur so gut wie es
sich schnell und erfolgreich dem Markt
und seinen Zielgruppen /Kunden anpas-
sen kann. Beim Franchising kommt noch
ein weiterer Markt dazu, der der selbst-
ständigen Franchisepartner, die für den
erfolgreichen Einsatz von Franchising
unabdingbar sind.
Käufermarkt Franchising
Gerade in Zeiten, bei denen Franchisean-
bieter auf einen kritischen Käufermarkt
treffen, bei dem geeignete Franchisekan-
didaten von allen Anbietern höchst um-
worben sind, muss ein modernes Franchi-
sesystem seine Hausaufgaben gemacht
haben und sich höchst flexibel aber kon-
sequent und nachhaltig den Anforderun-
gen seines Marktes nachweisbar stellen.
Das gilt natürlich und besonders auch für
die rechtliche Abbildung eines Franchise-
konzepts nach dem Grundsatz „contract
follows concept“ mit dem Anspruch, den
Wandel und die Anpassung eines Franchi-
sekonzepts auch im rechtlich gebotenen
„ConTRaCT
FolloWS ConCEPT“
Franchiserecht im Fokus: es gibt kein kodifiziertes Franchiserecht in Deutschland, weshalb die gesamte gesetzgebung und rechtsprechung, die auf ein konkretes Franchisekonzept zutreffen könnte, laufend kompetent verfolgt und umgesetzt werden muss. eine bestandsaufnahme von rechtsanwalt Thomas Doeser aus Tübingen.
Rahmen und Umfang zu sichern.
Die Konzeptbezogenheit der rechtlichen
Abbildung eines Franchisekonzepts wird
beeinflusst durch die Entwicklung der Ge-
setzgebung und der Rechtsprechung, die
ebenso uneinheitlich ist, wie die als Fran-
chisesysteme auftretenden Geschäfts-
und Vertriebsmodelle. Es gibt kein kodi-
fiziertes Franchiserecht in Deutschland,
weshalb die gesamte Gesetzgebung und
Rechtsprechung, welche auf ein konkre-
tes Franchisekonzept zutreffen könnte,
laufend kompetent verfolgt und umge-
setzt werden muss. Jeder Franchisegeber
muss sein System und seine Systempart-
ner schützen und daher rechtssicher ge-
stalten und erhalten. Etwaige Versäum-
nisse treffen immer den Franchisegeber,
bei dem sich Franchisenehmer im Zweifel
schadlos halten werden.
Gerichtsstand Irgendwo in USA
Das Franchisekonzept wird rechtlich
durch den Franchisevertrag und in Bezug
genommene Richtlinien und Anlagen ab-
gebildet. Je nach Konzept und Geschäfts-
modell sind diese Vertragsgrundlagen
und Richtlinien sehr umfangreich und
kaum noch ohne fachliche Hilfe über-
prüfbar. Besondere Aufmerksamkeit ist
Franchiseanbietern aus dem Ausland zu
widmen, deren rechtliche Grundlagen oft
mit dem Recht deren Herkunftslandes
vermischt werden und damit hinsichtlich
deren Wirksamkeit gefährdet sind. Be-
sonders Anbieter aus den USA legen um-
fangreiche Vertragsangebote mit kaum
überschaubarem Umfang und fragwür-
digen Klauseln vor, deren Auswirkungen
oft zu spät erkannt werden, um Beispiel
ein Schlichtungsverfahren in den USA
nach amerikanischem Recht. Hier ist ein
Franchise-Interessent auf die vorver-
traglichen Aufklärungspflichten eines
Franchiseanbieters hinzuweisen, die in
Deutschland gesetzlich geregelt sind und
für Mitglieder des Deutschen Franchise-
verbandes (DFV) auch verbandsrechtlich
vorgegeben sind. Internationale Anbieter
haben zudem unter Umständen Spezial-
gesetze ihres Herkunftslandes zusätzlich
zu beachten.
Der in Deutschland aktuell bestehende
Käufermarkt für Franchisesysteme ver-
leitet manche Anbieter im Wettbewerb
um Franchisekandidaten zu Marketing-
methoden, die gerade im vorvertragli-
chen Bereich falsche und irreführende
Behauptungen und bewusste Unterlas-
sung von Offenlegungspflichten fördern.
Das führt dann zu zahlreichen Verfahren
und Urteilen, die es laufend zu beachten
und umzusetzen gilt. Franchiseverträge
unterliegen als sogenannte Formularver-
träge der Inhaltskontrolle gem. §§ 305
ff. BGB, dem Recht der allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen. Das hat zur Folge,
dass die Vielzahl verwendeter Geschäfts-
bedingungen und Klauseln sich auch in
ständig neuer Rechtsprechung dazu wi-
derspiegelt, die es zu beachten gilt. Fest-
zuhalten ist dabei, dass auslegbare AGB
30 | frAnchising.mag
frAnchise-promis
Mit der Top-Personalie Cornelius
Everke (Starbucks und Vapiano)
rückt die Master-Franchise-Neh-
merin für Deutschland in den
Fokus, sie ist ein Tochterunter-
nehmen der Baum Unternehmensgruppe aus Han-
nover. Das Familienunternehmen verfügt bereits als
Franchisenehmerin der internationalen Hotel-Kette
Marriott und Betreiberin des Courtyard by Marriott
in Hannover am Maschsee über einschlägige Erfah-
rungen. Ein wesentlicher Baustein dieser Partner-
schaft ist der Abschluss einer langfristig angelegten
Masterfranchisee- und Expansionsvereinbarung,
die auch Subfranchising-Rechte beinhaltet.
Alles Gold was glänzt
Die Fäden des spektakulären Deals im Fastfood-
Business liegen in den Händen eines Herrn im Hin-
tergrund: Gregor Baum. Der Babyboomer aus dem
Jahrgang 1966 ist Eigentümer und Geschäftsführer
des Joint Venture-Partners BAUM Unternehmens-
gruppe. Der Geschäftsmann zählt zu den reichsten
Deutschen, ist Mitgesellschafter des Bundesligisten
Hannover 96 und zudem als Pferde-Züchter Präsi-
dent des Hannoverschen Rennvereins. Baums Firma
entwickelt in ganz Deutschland Wohn-, Geschäfts-
und Hotel-Immobilien. Zum Portfolio gehören un-
ter anderem die „Courtyard by Marriott“-Hotels in
Hannover, Bremen und Wolfsburg. Allein in der nie-
dersächsischen Kapitale besitzt er 786 Wohnungen,
die sie vor allem im Quartier Auf der Horst befinden.
Der Mann wagt viel und gewinnt. Seine Karriere
startete einst auf dem grünen Rasen. Als Kind war
er Balljunge bei Hannover 96 und begann nach dem
Studium mit dem Immobiliengeschäft und verdien-
te Millionen. Das Courtyard-by-Marriott-Hotel am
Maschsee war Baums erster großer Deal – das ehe-
malige Casino kaufte er mit 20 Jahren – so möchte
es jedenfalls die Firmen-Saga. Realistisch ist: Vater
Peter Baum hat gebürgt. Jüngst verkaufte Baum
ein nach eigenen Angabe für 70 Millionen Mark in
Garbsen errichtetes Logistikzentrum, das dank ei-
nes langfristigen Mietvertrages mit AMAZON refi-
nanziert ist, für 86 Millionen Euro an eine koreani-
sche Investorengruppe. „Der Verkauf an Investoren
war von Beginn an unser Ziel“, verriet Firmenchef
Baum der örtlichen Tageszeitung HAZ. „Wir können
nicht alles behalten, was wir bauen.“ Pensionsfonds
und Versorgungskassen seien international auf der
Suche nach sicheren Anlageobjekten, so Baum. Das
verdiente Geld gibt der Vollblutunternehmer vor-
zugsweise für den mit seiner Frau Julia betrieben
Zuchtbetrieb und Rennstall „Gestüt Brümmerhof“
und den Bundesliga-Fußball aus. Braun zählt zu den
örtlichen Granden und Geldgebern der Profiabtei-
lung von Hannover 96.
WHO THE FUCK IS: Gregor Baum
HIDDEn CHamPIon auS
HannoVER
Mit dem Wechsel des ex-Vapiano-Chefs Cornelius everke zu burger King rückt auch dessen neuer arbeitgeber, gregor baum, ins rampenlicht der Franchise-szene. Der Masterfranchisenehmer zählt zum
exklusiven Club der Milliardäre im Lande.
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