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Trauma und Migration bei Flüchtlingen PD Dr. Sefik Tagay LVR-Klinikum Essen Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Universität Duisburg-Essen Fachtagung der Stadt Bielefeld, 07.05.15

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Trauma und Migration

bei Flüchtlingen

PD Dr. Sefik Tagay

LVR-Klinikum Essen

Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Universität Duisburg-Essen

Fachtagung der Stadt Bielefeld, 07.05.15

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Gliederung

1. Einführung in Psychotraumatologie

2. Migration & Gesundheit / Flucht & Trauma

3. Traumadiagnostik / Behandlungsverfahren

4. Kulturspezifische Aspekte, Rolle des Therapeuten

5. Sonnenberger Leitlinien

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Wichtige Fragen

Was macht krank? ___Risikofaktoren: Belastungen / Traumata

Was hält gesund? ___Schutzfaktoren: Ressourcen / Resilienz

___Salutogenese

Wie hängen Risiko- und Schutzfaktoren zusammen?

Was hilft Menschen, damit sie mit Belastungen/Stress besser umgehen können?

Hat KULTUR einen Einfluss auf Krankheit und Gesundheit?

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Einführung in

Psychotraumatologie

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Häufig verwendete Begriffe in der Psychotraumatologie

(PubMed, 24.06.2014: Anzahl der Treffer)

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Im ICD-10 (Dilling et al., 1991) wird ein traumatischer Stressor als

ein belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder

katastrophenartigem Ausmaß beschrieben. Die WHO definiert

„Trauma“ in der ICD-10 wie folgt (Dilling et al., 1991, S. 124):

„Die Betroffenen sind einem kurz- oder langanhaltenden Ereignis oder

Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem

Ausmaß ausgesetzt, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verstörung

auslösen würde.“

Traumadefinition nach ICD-10

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Traumadefinition nach DSM-IV

Traumadefinition nach dem Klassifikationssystem Psychischer

Störungen (DSM-IV) (APA, 1994):

Kriterium A1: Die Person erlebte, sah oder war konfrontiert mit

einem oder mehreren Ereignissen, die aktuellen oder möglichen

Tod oder schwere Verletzung beinhalteten oder eine Bedrohung

der physischen Integrität der eigenen Person oder der anderer.

Kriterium A2: Die Reaktion der Person beinhaltete

intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen.

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Unterscheidung zwischen:

Belastung, Stress, kritisches Lebensereignis und Trauma

Belastung, Stress („critical life events“)

hohe Belastung z.B. durch Krankheit, berufliche Probleme, finanzielle Schwierigkeiten, Umzug, Kündigung, Trennung, Schwangerschaft…

Trauma (Psychotraumatologie)

Was ist ein psychisches Trauma?

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Unmittelbare Mittelbare

Betroffenheit Betroffenheit

Beispiele: Vergewaltigung,

andere sexuelle Gewalt,

physische Gewalt,

Unfall…

Beispiele: Plötzlicher Tod eines

nahen Angehörigen,

Zeuge einer Gewalttat…

Nähe zum Traumaereignis

Trauma

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Traumata (Auswahl)

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Psychische Mechanismen

der Traumatisierung

- Wann wird ein Ereignis zum Trauma? -

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Klaus Grawe (1943-2005)

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Kooperationen Grawe (2004, S.189): Konsistenztheorie

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Verstehbarkeit: Die Überzeugung, dass ein Großteil der Erfahrungen und

Ereignisse des Lebens verstehbar ist (Bindung, Zugehörigkeit, innere und äußere

Sicherheit…)

Handhabbarkeit / Kontrollierbarkeit: Die Erfahrung, dass das eigene

Leben kontrollierbar und handhabbar ist (Handlungsmöglichkeiten…)

Bedeutsamkeit / Sinnhaftigkeit: Das Gefühl, dass das eigene Leben einen

Sinn hat und bedeutsam ist (Akzeptanz, Sinn, Teilhabe an Entscheidungen, Achtung…)

Sense of Coherence (Kohärenzgefühl) nach

Antnovsky (1987)

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Entwicklungswege

nach einem Trauma

? ? ?

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Traumafolgestörungen

• Akute Belastungsstörung

• PTSD

• Andauernde

Persönlichkeitsänderung nach

Extrembelastung

• Traumaentwicklungsstörung

Psychische Störungen

• Depressionen

• Angststörungen

• Somatoforme Störungen

• Dissoziative Störungen

• Anpassungsstörungen

• Essstörungen

• Psychotrope Störungen

• Persönlichkeitsstörungen

• Entwicklungsstörungen

• Sonstige psychische Störungen

Bei Chronifizierung:

Hohe psychische

Komorbidität!

Neurobiologische

Veränderungen

Erhöhte Vulnerabilität

für psychische Störungen

Ohne psychiatrische

Morbidität /

Kompensation durch

Abwehrmechanismen

Gute Bewältigung

aufgrund personaler,

sozialer und struktureller

Ressourcen

Trauma

Psychopathologischer Entwicklungsweg Adaptiver / salutogenetischer

Entwicklungsweg

ad

ap

tiv

sa

luto

ge

neti

sch

Persönliche Reifung

Persönliche Reifung

erschwert

Neurobiologische, kognitive,

emotionale, motivationale und

behaviorale Veränderungen

© Tagay & Senf 2008; Tagay et al. 2013, Psychotherapeut

Mögliche Entwicklungswege nach einem Trauma

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Literatur

0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 0,45

Ethnische Minderheit

Geringe Bildung

Psychiatrische Vorgeschichte

Sexueller Missbrauch

Geringe Intelligenz

Traumaschwere

Mangel an sozialer Unterstützung

Risikofaktoren für eine Traumafolgestörung

Effektstärke (r)

Posttraumatischer Stress

Frühere Traumatisierungen

Geringe Sozialschicht

Weibliches Geschlecht

Anderes früheres Trauma

Jüngeres Alter

Brewin, Andrews, Valentine 2000, J Consult Clin Psychol

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Prätraumatisch Genetische Disposition, Persönlichkeitsdisposition, Alter, weibliches Geschlecht,

frühere Traumata, psychiatrische Vorgeschichte, sexueller Missbrauch, Stress…

Peritraumatisch Traumaschwere, Unvorhersehbarkeit, Unausweichlichkeit, absichtlich durch

Menschen verursacht, Entwürdigung und Dehumanisierung, Lebensbedrohung,

Todesangst „Sich-Aufgeben“, völliger Kontrollverlust, Dissoziation,

Beschädigung der körperlichen Integrität…

Posttraumatisch Mangelnde soziale Unterstützung, Erschütterung von Überzeugungen und

Erwartungen, Dosis-Wirkungsbeziehung, soziale Ressourcen…

Wechselwirkungsprozesse von Risikofaktoren und Ressourcen

Entstehungsbedingungen der

Traumafolgestörungen

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Grundüberzeugungen

Ronnie Janoff-Bulman (1992)

„shattered assumptions“

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Grundüberzeugungen

Grundüberzeugungen von nicht-traumatisierten Personen

Die Welt ist hinreichend geordnet und sinnvoll.

Die Welt ist im Grund gerecht.

Die persönliche Sicherheit des Individuums ist gewährleistet.

Das Individuum kann sich selbst schützen, wenn es bedroht ist.

Die Menschen sind im Grunde hilfreich und gut.

Der Mensch kann auf der Grundlage der Wahlfreiheit Entscheidungen

treffen und Situationen beeinflussen und kontrollieren.

Ereignisse und Verhalten sind in einem gelernten Rahmen einschätzbar und vorhersagbar.

Die Beziehung zum eigenen Selbst ist einschätzbar und vertraut.

Die Beziehungen zu anderen Menschen sind einschätzbar.

Es gibt Auswege aus bedrohlichen Situationen.

Nach der amerikanischen Psychologin Ronnie Janoff-Bulman (1992) bedeutet Trauma

immer eine Unterbrechung der Lebenslinie, wodurch sich die Beziehung zu sich

selbst, zu anderen und zur Welt negativ verändert. Traumatische Erfahrungen können

die Grundannahmen des Lebens fundamental erschüttern. Janoff-Bulman postuliert

weiter, dass „zerstörte Grundnahmen“ („shattered assumptions“) über das eigene

Selbst und die Welt die Basis für eine PTSD darstellen

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"Wer der Folter erlag, kann nicht mehr heimisch

werden in dieser Welt. Die Schmach der

Vernichtung lässt sich nicht austilgen. Das zum

Teil schon mit dem ersten Schlag, in vollem

Umfang aber schließlich in der Tortur

eingestürzte Weltvertrauen wird nicht

wiedergewonnen" (Jean Amèry 1966, S. 70).

Folter (Jean Amery, 1966)

1912-1978

Jean Améry war ein österreichischer

Schriftsteller, Überlebender des Holocaust.

1978 Tod durch Suizid

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Flüchtlinge

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Traumafolgestörungen

nach DSM-IV und ICD-10

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Traumafolgestörungen nach DSM-IV und ICD-10

DSM-IV ICD-10

Sektion: Angststörungen

308.3 Akute Belastungsstörung DSM-IV

309.81 Posttraumatische Belastungsstörung

Sektion: Reaktionen auf schwere

Belastungen und Anpassungsstörungen

F43.0 Akute Belastungsreaktion

F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung

F43.2 Anpassungsstörungen

F43.8 Andere Reaktion auf schwere Belastung

F43.9 Nicht näher bezeichnete Reaktion auf

schwere Belastung

Sektion: Persönlichkeits- und

Verhaltensstörungen

F62.0 Andauernde Persönlichkeitsänderung

nach Extrembelastung

F62.1 andauernde Persönlichkeitsänderung

nach psychischer Erkrankung

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Traumafolgestörungen:

Zeitkriterium

Zeitleiste

Akute Belastungsreaktion (ICD-10: F43.0) max. 3 Tage

Akute Belastungsstörung (DSM-IV: 308.3) max. 1 Monat

Posttraumatische Belastungsstörung (309.81, F43.1)

mind. 1 Monat

Andauernde Persönlichkeitsänderung nach

Extrembelastung (ICD-10: F62.0) mind. 2 Jahre

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Kriterien für PTSD nach DSM-IV und ICD-10

Kriterien DSM-IV ICD-10

Stressorkriterium -Ereignis, das schwere körperliche Verletzung,

tatsächlichen oder möglichen Tod oder eine

Bedrohung der physischen Integrität der eigenen

Person oder anderer Personen beinhaltet A1

-Subjektive Reaktion mit intensiver Furcht,

Hilflosigkeit oder Entsetzen A2

- Belastendes Ereignis oder eine Situation

außergewöhnlicher Bedrohung oder

katastrophenartigen Ausmaßes

- Bedingung ist, dass das Ereignis bei fast

jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen

würde

Hinreichende

Symptome

Vorliegen von Symptomen aus den Bereichen

- Intrusion (mind. 1) B

- Vermeidung/emotionale Taubheit (mind. 3) C

- Autonome Übererregung (mind. 2) D

Wiederholte unausweichliche Erinnerungen

oder Wiederinszenierung des Ereignisses in

Gedächtnis, Tagträumen oder Träumen in

Zusammenhang mit einem traumatischen

Ereignis

Dauer der Störung Mindestens 4 Wochen E Keine Angaben

Beginn der

Störung

- Keine Beschränkung E

Spezifikation des verzögerten Beginns, wenn die

Symptomatik ab 6 Monate nach dem Trauma

einsetzt

Innerhalb von 6 Monaten nach dem Trauma

Klinische

Beeinträchtigung /

Leidensdruck

Durch Symptomatik bedingte klinisch

bedeutsame Beeinträchtigung in wichtigen

Lebensbereichen F

Keine Angaben

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Kriterien für Akute Belastungsstörung

nach DSM-IV und ICD-10

Kriterien DSM-IV ICD-10

Stressorkriterium - Ereignis, das schwere körperliche Verletzung,

tatsächlichen oder möglichen Tod oder eine

Bedrohung der physischen Integrität der eigenen

Person oder anderer Personen beinhaltet A1

- Subjektive Reaktion mit intensiver Furcht,

Hilflosigkeit oder Entsetzen A2

Außergewöhnliche physische oder

psychische Belastung

Hinreichende

Symptome

Vorliegen von Symptomen aus den Bereichen

- Dissoziation (mind. 3) B

- Intrusion (mind. 1) C

- Vermeidung D

- Angst oder erhöhtes Arousal E

Typischerweise ein gemischtes und

wechselndes Bild, beginnend mit einer

Art von „Betäubung“, mit einer gewissen

Bewusstseinseinengung und

eingeschränkten Aufmerksamkeit,

vegetative Zeichen panischer Angst, wie

Schwitzen und Erröten

Klinische

Beeinträchtigung /

Leidensdruck

Durch Symptomatik bedingte klinisch bedeutsame

Beeinträchtigung in wichtigen Lebensbereichen F

Keine Angaben

Beginn der Störung

/ Dauer der Störung

- Tritt innerhalb von 4 Wochen nach dem

traumatischen Ereignis auf G

- Mindestens 2 Tage und höchstens 4 Wochen G

- Tritt nach der Belastung auf

- Klingt innerhalb von Stunden oder

Tagen ab

Ausschluss - Störungsbild geht nicht auf die direkte

körperliche Wirkung einer Substanz oder eines

medizinischen Krankheitsfaktors zurück H

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Störungsbereiche der komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung (mod. nach Pelcovitz et al., 1997)

I. Störungen der Regulation von Affekten und Impulsen

a) starke Stimmungsschwankungen mit Unfähigkeit sich selbst zu beruhigen

b) Verminderte Steuerungsfähigkeit von aggressiven Impulsen

c) Autodestruktive Handlungen und Selbstverletzen

d) Suizidalität

e) Störungen der Sexualität

f) Exzessives Risikoverhalten

II. Störungen der Wahrnehmung oder des Bewusstseins

a) Amnesien

b) Dissoziative Episoden oder Depersonalisation

III. Störungen der Selbstwahrnehmung

a) Unzureichende Selbstfürsorge

b) Gefühl dauerhaft zerstört zu sein

c) Schuldgefühle

d) Scham

e) Gefühl isoliert und abgeschnitten von der Umwelt zu sein

f) Bagatellisieren von gefährlichen Situationen

Komplexe PTSD (Sack, 2014, Psychotherapeut)

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Störungsbereiche der komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung

(mod. nach Pelcovitz et al., 1997) _ Teil2

IV. Störungen in der Beziehung zu anderen Menschen

a) Unfähigkeit zu vertrauen

b) Wiederholte Viktimisierungen

c) Viktimisierung anderer Menschen

V. Somatisierung

a) Somatoforme Symptome

b) Hypochondrische Ängste

VI. Veränderung von Lebenseinstellung

a) Fehelende Zukunftsperspektive

b) Verlust von persönlichen Grundüberzeugungen und Werten

Komplexe PTSD (Sack, 2014, Psychotherapeut)

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Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung ICD-10 (F62.0)

A. Nachweis einer eindeutigen, anhaltenden Änderung in der Wahrnehmung, Beziehung und im

Denken in Bezug auf Umgebung und sich selbst, nach einer Extrembelastung

B. Persönlichkeitsänderung sollte ausgeprägt sein. Unflexibles und unangepasstes Verhalten.

Vorliegen von mindestens 2 Symptomen:

1. Feindliche oder misstrauische Haltung

2. Sozialer Rückzug

3. Andauerndes Gefühl von Leere und Hoffnungslosigkeit

4. Andauerndes Gefühl von Nervosität ohne von Bedrohung ohne äußere Ursache

5. Andauerndes Gefühl der Entfremdung, ggf. Verbunden mit dem Gefühl der emotionalen

Betäubung

C. Persönlichkeitsstörung hat deutliche Störung der alltäglichen Funktionsfähigkeit zur Folge,

subjektives Leiden oder nachteilige Auswirkungen auf Umgebung

D. Persönlichkeitsstörung sollte nach Extrembelastung aufgetreten sein.

E. Mindestens seit 2 Jahren bestehen, nicht in Beziehung zu Episoden anderer psychischer

Erkrankungen

F. Oft eine PTSD vorausgegangen, Symptome beider Störungen können sich überlappen,

Persönlichkeitsänderung kann chronischen Verlauf einer PTSD darstellen (d.h. die Diagnose

erfordert hier mindestens 2-jährige PTSD plus mindestens 2-jährige Persönlichkeiständerung)

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Epidemiologie

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Die Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF)

• Link: http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/index.htm

• Die AKUF

– Zählt 238 Kriege in der Zeit von 1945-2007

– Seit Ende des Zweiten Weltkrieges bis Ende 1992 ist eine fast stetige Zunahme

der weltweiten Kriegsbelastungen um etwa einen laufenden Krieg pro Jahr

gestiegen.

– Über 90% der Kriege seit 1945 fanden in Regionen der Dritten und ehemals

Zweiten Welt statt.

• 68 in Asien, 64 in Afrika südlich der Sahara, 60 im Vorderen und Mittleren

Orient, 30 in Süd- und Mittelamerika, 16 in Europa, kein Krieg in

Nordamerika

– 2/3 der Kriege seit 1945 waren innerstaatlich, nur ein knappes Viertel

international

Kriege in der Zeit von 1945-2007

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Al-Safar et al. (2001) untersuchten in Stockholm drei Migrantengruppen (Araber, Iraner, Türken) und verglichen diese mit schwedischen Staatsbürgern. Von allen Probanden haben 89% mindestens ein Trauma erlebt. Es zeigte sich, dass die PTSD-Prävalenz in Abhängigkeit von der Gruppenzugehörigkeit variierte. Bei 69% der iranischen Migranten, 59% der Araber, 53% der Türken und nur 29% Schweden lag ein Verdacht auf eine PTSD vor. Den Ergebnissen zufolge erhöhen nicht nur mehrfache traumatische Erlebnisse die Wahrscheinlichkeit eine PTSD auszubilden, sondern auch die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit stellt einen Risikofaktor dar.

Tagay et al. (2008): Traumatische Ereignisse und Posttraumatische Belastungsstörungen bei türkischen / kurdischen Patienten in der Primärversorgung.

N=195 (türkische/kurdische Patienten, Alter: M= 40,5Jahre; 63,6% weiblich)

19,6% - klinisch auffällige posttraumatische Symptomatik, Verdacht auf eine PTSD

Alle Studienteilnehmer zeigten gegenüber der deutschen Normalpopulation höhere Werte bei

Somatisierung, Depressivität und Ängstlichkeit.

Lindert et al. (2008): Depressivität, Angst und posttraumatische Belastungsstörung bei Arbeitsmigranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen.

Systematische Übersichtsarbeit zu Originalstudien.

- Prävalenz psychischer Störungen bei Migranten - zwischen 3% und 86%

- PTSD bei Migranten: 3,5% bis 68%

- PTSD bei Flüchtlingen und Asylbewerbern: 4% bis 84%

Trauma und Migration

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De Jong et al. 2003: Common mental disorders in postconflict settings, Lancet.

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Algerien

Kambodscha

Ätiopien

Palästina

Prävalenz psychischer Störungen in Krisenregionen (%)

Somatofome Störungen

Affektive Störungen

PTSD

N=653 Algerien N=610 Kambodscha N=1200 Äthiopien N=585 Palästina

%

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Psychische Belastung (SCL-90 R) nach ETI-Traumagruppen (Tagay & Senf, 2013)

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Somatoforme Beschwerden und Traumatisierung Tagay et al., 2004, PPmP

Tagay et al., 2010, Eur Eat Disord Rev

3,4

9,71

21,1

0

5

10

15

20

25

Normwerte ohne Trauma PTSD

An

zah

l B

esch

werd

en

N=2050,

Rief et al., 2001

*

p≤0,001

N=483

ETI, Essener Trauma-Inventar

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Kinder

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Anzahl der Traumata und PTSD-Symptomatik Anzahl der Traumata und Traumasymptomatik (ETI-KJ) (Tagay et al., 2013)

N=195, Alter: 14.4 Jahre

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Körperliche Beschwerden und Traumasymptomatik

Körperliche Beschwerden, nach Auftritt des schlimmsten Ereignisses

0,63

2,33

3,89

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

unauffällig grenzwertig klinisch auffällig

Mit

telw

ert

Körperliche Beschwerden und Trauma-Symptomatik: Kinder und Jugendliche, N=276, Alter =14,4 Jahre

(Tagay et al., 2011)

p≤0,001

Trauma-Symptomatik (ETI-KJ)

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“Niemals Gewalt”

Astrid Lindgren (1907-2002)

Astrid Lindgren, 1978

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Migration und

Gesundheit

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Mikrozensus 2014: 16,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund

Im Jahr 2014 lebten rund 16,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland.

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis des Mikrozensus 2014 weiter mitteilt,

entspricht dies einem Bevölkerungsanteil von 20,5%. Die Bevölkerung mit

Migrationshintergrund besteht aus den seit 1950 nach Deutschland Zugewanderten und deren

Nachkommen sowie der ausländischen Bevölkerung. Mit 9,7 Millionen hatte der Großteil der

Bevölkerung mit Migrationshintergrund einen deutschen Pass, gut 6,8 Millionen waren

Ausländerinnen und Ausländer. Insgesamt wird von ca. 200 verschiedenen Ethnien in

Deutschland berichtet (Statistisches Bundesamt, 2014).

Migranten stellen inzwischen eine nicht zu vernachlässigende große Gruppe dar. Es handelt

sich dabei um eine wachsende, allerdings nicht homogene, sondern vielmehr sehr

heterogene Gruppe, auf die es sich einzustellen gilt.

Migranten in Deutschland

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Macht Migration krank?

„Wie gut die Migration auch geplant wird, der

soziokulturelle Übergang ist mit somatischen und

psychosozialen Stressfaktoren verbunden. Vor

allem mit der Migration verknüpfte traumatische

Erfahrungen stellen eine Belastung für die

Gesundheit dar.“

(Weiss 2003, S.13).

Ist Migration ein Risikofaktor für Krankheit?

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Migration und Folgen

Unterschiedliche Migrationsformen:

Freiwillige Ausreise

Unfreiwillige Ausreise / Flucht

Stress durch Migration

unklare Zukunft, ungesicherte Aufenthaltssituation

Identitätskrisen, Entwurzelungsgefühle

Statusverlust, sozioökonomische Probleme

geringes soziales Netzwerk

Verständigungsprobleme

Familienunstimmigkeiten, Generationenkonflikte

kritische Lebensereignisse/Traumatisierungen vor und während der Migration

belastende Migrationsgeschichte, z. B. lange Trennung von den Eltern

erlebte Diskriminierung

Dissonanzen zwischen Normen und Werten:

- der Herkunftsgesellschaft

- Aufnahmegesellschaft

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Der traumatische Prozess endet nicht, wenn

„die eigentliche Bedrohung nicht mehr existiert. Wichtiger

noch, erst in dieser Phase entwickelt sich die langfristige

individuelle und soziale Pathologie. Diese Phase ist im

psychologischen Sinne die komplexeste.“ (Becker, 2006)

Trauma als psychosozialer Prozess

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… können den Prozess von Coping und Wiedergesundung beeinträchtigen und beinhalten

1. Aufenthaltsrechtlichen Status

- Dauer / Verzögerung

- Konflikte mit der Asylbehörde

- Aussagen im Asylverfahren/ Asylrechtliche Begutachtung

- Angst vor Abschiebung

2. Gesundheit, Fürsorge

- Angst und Asylverfahrensangelegenheit, fehlender Integration und sozioökonomischen

Lebensbedingungen

- Depression

- Suizidalität

- Traumafolgestörungen…

3. Familiäre Angelegenheiten

- Kontakt zur Familie und wissen über den verbleib der Familie

- Wohnsituation

Post-Migrations-Stressoren

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Migration

Ändeurng der Migrationsarten

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12/2014

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Trauma und Flucht am

Beispiel der Eziden

(Jesiden)

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Was das Ezidentum nicht ist!

Das Ezidentum ist weder eine Abspaltung noch eine Sekte des

Islam!

Eziden sind keine Anhänger des Kalifen Yezid (Yazīd)

(644-683 n. Chr.)! Eziden / Ezidentum

Eziden sind keine Zarathustrier!

Eziden sind keine Ungläubigen!

Eziden sind keine Anhänger des sog. „Bösen“!

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Angebliche „Teufelsanbeterei“ löst eine Debatte aus DEWEZET.de, 02.09.2011, Hameln

„Eigentlich müsste das „Friedensfest der Religionen“, das am kommenden Sonntag, 4. September, in der Münsterkirche

stattfinden soll, anders heißen: „Friedensfest von drei Religionen“.

Gemeint sind nämlich bloß Judentum, Christentum und Islam. Daher hatte der Integrationsbeauftragte Dr. Feyzullah

Gökdemir angeregt, auch andere Religionen mit einzubeziehen. Das sei wichtig, wenn Integration wirklich gelingen soll.

Gökdemir schlug vor, zum Beispiel das Ezidentum (sprich: „Jesidentum“) in das Fest mit einzubinden. „Daraus

entwickelte sich eine spannende Diskussion“, rekapituliert Hans-Georg Spangenberger, der katholische Pastoralreferent

und als Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Hameln. Es stellte sich heraus, dass keiner der

Anwesenden Näheres über die Eziden wusste.

Während sich die christlichen und jüdischen Konfessionen aufgeschlossen gezeigt hätten, habe es seitens der Vertreter

der zwei türkisch-islamischen Gemeinden Hamelns Bedenken gegeben, berichtet Spangenberger. Einem alten Vorurteil

zufolge, das noch nicht aus allen Köpfen verschwunden ist, handele es sich bei den Eziden um „Teufelsanbeter“. Zum

Kennenlernen sollten die Eziden zunächst zum nächsten Vorbereitungstreffen eingeladen werden.“

„Das in der Münsterkirche von Juden, Christen und Muslimen gefeierte

„Friedensfest der Religionen“ könnte künftig noch um weitere Konfessionen

erweitert werden – wenn denn die verschiedenen Gläubigen zueinanderfinden.“

Von Philipp Killmann, Redakteur DEWEZET Münsterkirche

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Wer sind die Eziden?

Über Eziden existieren viele Namensbegriffe: Dasini, Dasni, Dschesidi, Êzîdî,

Ezdayî, Êzdî, Jesidier, Jazadi, Îzîdî, Jesidier, Jazidi, Jesidi, Jesiden, Yêzîdî, Yeziden,

Yesidi…

Ezdai: „Der, der mich erschaffen hat“.

Eziden / Ezidentum: - Das Ezidentum ist mindestens 4000 Jahre alt.

-Eine monotheistische Religion: Glaube an einen allmächtigen Gott.

(Xwedê = „der, der sich selbst erschaffen hat“)

- Ethnisch gehören Eziden zu den „Ursprungskurden“.

- Verneinen die Existenz des Bösen als Gegenspieler von Gott.

- Verehrung des Tausi Melek (Engel Pfau, der höchste von 7 Engeln).

Kreyenbroek, 1995; Kreyenbroek et al., 2011

Omarkhali, 2011; Kizilhan, 2013

Sanjak (Symbol des Tausi Melek)

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Vernichtung, Verfolgung

und Vertreibung der Eziden

03.08.2014

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Shingal

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Die ersten Tage des Völkermords

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Die Geschichte der Eziden in den letzten 1400 Jahren:

Vernichtung, Vertreibung, Verfolgung…

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Kein Existenzrecht, keine Daseinsberechtigung

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Ein Leben in ständiger Angst und Unterdrückung

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Soweit die Geschichte der Eziden sowie ihrer Religion durch historische Quellen erschlossen

werden kann, ist sie eine Geschichte von systematischen Vernichtungsfeldzügen, Strafexpeditionen und

religiöser, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entrechtung. Gebrandmarkt als „Häretiker“ und „Anbeter

des Bösen“, als „Ungläubige“ und „Gottlose“ musste die Religionsgemeinschaft in den letzten 1400 Jahren

eine Vielzahl von feindlichen Angriffen über sich ergehen lassen, durch welche die zahlenmäßig einst sehr

starke Gemeinschaft im Laufe der Jahrhunderte immer weiter dezimiert wurde. Der aktuelle Völkermord in

Shingal zählt zum 74. Genozid in der Geschichte der Eziden.

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Bruno Schirra (Nahostexperte, Journalist)

Bruno Schirra beschreibt die Sicht des ISIS auf Eziden:

„Im Fadenkreuz von ISIS befanden sich neben den Schiiten ganz besonders die Eziden des Irak. Das Ziel

des ISIS ist nicht nur deren Auslöschung der kulturellen und religiösen Identität. ISIS hat immer

wieder ganz offen erklärt, dass Eziden Teufelsanbeter seien, die getötet werden müssten, sollten sie

nicht zum Islam übertreten. Die Eziden seien eine heidnische Sekte aus vorislamischer Zeit und nicht

etwa eine abtrünnige, ehemalige muslimische Sekte. Eziden könne daher nicht der Status einer

geschützten Minderheit im Islam zugestanden werden. So argumentiert ISIS selbst in seinem

Internetmagazin „Dabiq“ (übersetzt: „Der gescheiterte Kreuzzug“) im August 2014. Die Eziden könnten

sich folglich auch nicht wie Juden und Christen durch Schutzzahlungen vom Missionierungs- und

Unterwerfungsgebot des Propheten Mohammed befreien. Sie seien Götzendiener und folglich als solche

nach der Scharia, dem islamischen Recht, zu behandeln. Frauen und Kinder müssten versklavt

werden. Die Männer getötet.“

Schirra, Bruno (2015): ISIS. Der

globale Dschihad. Ullstein: Berlin

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Sehr geehrter Herr Tagay,

ich habe mir mit großem Interesse Ihren Vortrag über Jesidentum in Löhne am 4. Mai

angehört. Und das hat mich auf eine Idee gebracht, deswegen schreibe ich an Sie.

Ich heiße XXXX und bin Lehrerin an einer der drei Förderklassen in Bünde (in der Nähe

von Löhne). In unseren Klassen haben wir viele Schüler aus Syrien. Sie sind alle Jesiden.

Teilweise sind sie hier alleine ohne Eltern oder nur mit einem Elternteil (nur mit der Mutter).

Diese Schüler haben schon viel in ihrem Leben gesehen und erlebt. Sie erzählen darüber,

zeigen Fotos aus ihrer Heimat (zerstörte Häuser, tote Menschen), sie laden auch Filme aus

dem Internet runter, die Grausamkeit der IS zeigen.

Die Schüler sind, meiner Meinung nach traumatisiert und brauchen Hilfe (vielleicht ihre

Eltern auch). Sie brauchen jemand, der mit ihnen darüber spricht, ihnen zuhört, vielleicht in

ihrer Muttersprache über das Erlebte spricht. Die Kinder werden vielleicht mit der Zeit das

Erlebte verdrängen aber nicht vergessen. Sie verstehen auch nicht, warum die "Araber",

wie sie sagen, das ihnen angetan haben. Das verstehe ich auch nicht.

Deswegen wende ich mich an Sie. Könnten Sie mir vielleicht sagen, wer mit diesen Kindern

sprechen soll. An wen soll ich mich wenden. An einen Schulpsychologen? Da sie erst seit

kurzem in Deutschland sind, beherrschen sie die deutsche Sprache noch nicht so gut. Sie

können sich auf Deutsch nicht so äußern, wie auf kurdisch. Wie kann man diesen Kindern

helfen, wie soll man reagieren?

Mit freundlichen Grüßen

XXX

Anfrage: Email am 06.05.2015

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Traumadiagnostik

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Übersichtsarbeit: Tagay et al., 2013

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Interviews

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Strukturierte Interviews (Tagay et al., 2009)

Strukturierte Interviews Abkürzung Autoren Klassifikations-

system

Strukturiertes Klinisches Interview

für DSM-IV

SKID Wittchen et al.

(1997)

DSM-IV

Diagnostisches Interview bei

Psychischen Störungen

DIPS Schneider & Margraf

(2002)

DSM-IV-TR

Clinician-Administered PTSD Scale CAPS Schnyder & Moergeli

(2002)

DSM-IV

Interview zur komplexen

Posttraumatischen Belastungsstörung

I-kPTBS Baroske-Leiner et al.

(2008)

unspezifisch

Essener Trauma-Inventar ETI Tagay et al.

(2007)

DSM-IV

Deutschsprachige Interviews

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Modul für PTSD

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Modul für PTSD

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Modul für PTSD

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Fragebögen

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Valide Diagnostik?

Kriterien DSM-IV ICD-10

Stressorkriterium - Ereignis, das schwere körperliche Verletzung,

tatsächlichen oder möglichen Tod oder eine

Bedrohung der physischen Integrität der eigenen

Person oder anderer Personen beinhaltet A1

- Subjektive Reaktion mit intensiver Furcht,

Hilflosigkeit oder Entsetzen A2

- Belastendes Ereignis oder eine Situation

außergewöhnlicher Bedrohung oder

katastrophenartigen Ausmaßes

- Bedingung ist, dass das Ereignis bei fast

jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen

würde

Hinreichende

Symptome

Vorliegen von Symptomen aus den Bereichen

- Intrusion (mind. 1) B

- Vermeidung/emotionale Taubheit (mind. 3) C

- Autonome Übererregung (mind. 2) D

Wiederholte unausweichliche Erinnerungen

oder Wiederinszenierung des Ereignisses in

Gedächtnis, Tagträumen oder Träumen in

Zusammenhang mit einem traumatischen

Ereignis

Dauer der Störung Mindestens 4 Wochen E Keine Angaben

Beginn der

Störung

- Keine Beschränkung E

Spezifikation des verzögerten Beginns, wenn die

Symptomatik ab 6 Monate nach dem Trauma

einsetzt

Innerhalb von 6 Monaten nach dem Trauma

Klinische

Beeinträchtigung /

Leidensdruck

Durch Symptomatik bedingte klinisch

bedeutsame Beeinträchtigung in wichtigen

Lebensbereichen F

Keine Angaben

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Trauma-Skalen für Erwachsene

Trauma-Ereignis-Skalen Format Items

DSM-IV

Kriterium A

CES: Combat Exposure Scale Selbsteinschätzung 7 Nein

ELS: Evaluation of Lifetime Stressors Selbsteinschätzung &

Interview

56 Ja

LEC: Life Events Checklist Selbsteinschätzung 17 Nein

LSC-R: Life Stressor Checklist-Revised Selbsteinschätzung 30 Ja

PSEI: Potential Stressful Events Interview Interview 62 Ja

SLESQ: Stressful Life Events Screening

Questionnaire

Selbsteinschätzung 13 Nein

TAA: Trauma Assessment for Adults Selbsteinschätzung &

Interview

17 Nur A-1

THS: Trauma History Screen Selbsteinschätzung 13 Ja

THQ: Trauma History Questionnaire Selbsteinschätzung 24 Nur A-1

TEQ: Traumatic Events Questionnaire Selbsteinschätzung 13 Nur A-1

TLEQ: Traumatic Life Events Questionnaire Selbsteinschätzung 25 Nur A-1

THQ: Trauma History Questionnaire Selbsteinschätzung 24 Ja

TSS: Traumatic Stress Schedule Interview 9 Nur A-1

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AWMF_Leitlinien: PTSD

Instrumente / Selbstbeurteilungsverfahren

IES / IES-R: Impact of Event Scale-Revised

PDS: Posttraumatic Diagnostic Scale

Breslau-Skala: Kurze Screening Skala für PTBS

PSS-SR: PTBS-Symptom Scale Self-Report

PTSS-10: Postraumatic Stress Scale-10

AFT: Aachener Fragebogen zur Traumaverarbeitung

ETI: Essener Trauma-Inventar

www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-010l_S3_Posttraumatische_Belastungsstoerung.pdf

Flatten et al., 2013

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Essener Trauma-Inventar (ETI)

Essener Trauma-Inventar

für Kinder und Jugendliche (ETI-KJ)

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http://www.uni-due.de/rke-pp/

Essener Trauma-Inventar (ETI) Tagay et al., ZPPM

Essener Trauma-Inventar für Kinder und Jugendliche (ETI-KJ)

Tagay et al., 2011, ZKJP

ETI mittlerweile in 15 Sprachen vorhanden!

ETI-KJ in 10 Sprachen!

ETI und ETI-KJ inzwischen auch als Interview vorhanden!

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Tagay et al., 2007, ZPPM

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Tagay et al., 2011

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Ein Selbstbeurteilungsfragebogen zur Erfassung psychotraumatischer Ereignisse und posttraumatischer Störungen (Akute Belastungsstörung und PTSD).

Das ETI setzt sich aus 47 Items zusammen (ETI-KJ: 43 Items), die streng an den Kriterien des DSM-IV orientiert sind. ETI / ETI-KJ lässt sich in fünf Teile gliedern:

Modul I: Traumaliste (15 Items für ETI und 12 Items für ETI-KJ)

Modul II: Zeitliche Einordnung des schlimmsten Ereignisses, A-Kriterium

Modul III: 23 Symptomfragen (aus 4 Bereichen)

Modul IV: körperliche Symptomatik, Schwere der Gesamtsymptomatik zeitliche Einordnung der Symptome

Modul V: Beeinträchtigung im Alltag (verschiedene Funktionsbereiche: z.B. sozial, beruflich)

ETI / ETI-KJ: Beschreibung und Aufbau

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ETI, Modul I: Trauma-Liste

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ETI, Modul II: Schlimmstes Ereignis und A-Kriterium

A1

A2

Auftritt des schlimmsten Ereignisses

mind. 1

mind. 1

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ETI, Modul III: Traumasymptomatik

Intrusion

5 Items

Vermeidung

7 Items

Übererregung

5 Items

Dissoziation

6 Items

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ETI, Modul IV: Körperliche Beschwerden und aktuelle Belastung

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ETI, Modul V: Beeinträchtigung in mehreren

wichtigen Funktionsbereichen

F-Kriterium