152
245 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden) Trennen ist Fertigen durch Ändern der Form eines festen Körpers. Dabei wird der Zusammenhalt örtlich aufgehoben, d. h. im Ganzen vermindert (z. B. durch Zerteilen, Spanen, Abtragen, thermisches Schneiden). 4.1 Allgemeines und Verfahrensübersicht Im Ordnungssystem der Fertigungsverfahren nach DIN 8580 ist das charakteristische Merkmal der Gruppe 3 Trennen das örtliche Aufheben des Stoff- zusammenhalts. Bild 4-1 gibt einen Überblick über die Aufteilung der Hauptgruppe 3 mit den entspre- chenden DIN-Normen. In der Gruppe 3 1 Zerteilen kann das Scherschneiden hinsichtlich der industri- ellen Anwendung hervorgehoben werden. Die Be- deutung der übrigen Verfahren, insbesondere Rei- ßen und Brechen, ist demgegenüber gering. Dies liegt im Wesentlichen an der schlechten Qualität der durch diese Verfahren erzeugten Trennflächen. Aus diesem Grunde beschränkt sich die Behandlung der Gruppe 3 1 auf das Scherschneiden. Nach dem industriellen Einsatz dürfte die Gruppe 3 2 Spanen mit geometrisch bestimmten Schnei- den (Drehen, Bohren, Fräsen usw.) die wichtigste sein. In der Gruppe 3 3 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden übernimmt das Schleifen außer dem Fertigungsziel der guten Endqualität in zunehmendem Maße auch die Aufgabe des Werk- stoffabtrags, so dass früher vorgeschaltete Verfahren, wie z. B. das Fräsen entfallen können. In der Gruppe 3 4 Abtragen ist das thermische Trennen, z. B. beim Zuschneiden von Rohteilen für Schweißkonstruktionen, am weitesten verbreitet, deshalb wird vornehmlich auf dieses Verfahren eingegangen. Das Wasserstrahlschneiden hat seit einigen Jahren aufgrund seiner vielen Vorteile ver- stärkt Eingang in die Praxis gefunden. Daher wird auch dieses Trennverfahren in einem eigenen Ab- schnitt (Abschn. 4.10) behandelt. 4.2 Scherschneiden Das Scherschneiden ist das am häufigsten angewen- dete Verfahren in der Blechbearbeitung. Für jedes herzustellende Teil wird entweder das Rohteil aus Blech durch Schneiden hergestellt, oder das Fertig- teil wird nach dem Umformen beschnitten. Schnei- den ist ein Verfahren des Trennens, es gehört also nicht zu den Umformverfahren. Der Schneidevor- gang ist jedoch immer mit einer plastischen Umfor- mung verbunden, ehe der Werkstoff nach Erreichen seiner Trennfestigkeit t B in der Scherfläche einreißt. Das Scherschneiden kann mit parallelen oder schrä- gen Schneiden erfolgen. Bild 4-2 zeigt hierzu Einzel- heiten. Der Schrägungswinkel ist wegen der Eben- heit der Blechabschnitte rel. klein (d = 0,5 ° bis 3 °). Abhängig von der Lage der Schnittfläche zur Werk- stückbegrenzung werden die Verfahren Ausschnei- den, Lochen, Abschneiden, Ausklinken, Einschnei- den und Beschneiden beim Stanzen unterschieden. Ausschneiden und Lochen sind Schneidverfahren mit in sich geschlossener Schnittlinie, wie Bild 4-3 zeigt. Beim Ausschneiden ist der vom Stempel durch die Schneidplatte gedrückte Werkstoffteil das Werk- stück. Die gesamte Außenform dieses Werkstücks wird in einem Arbeitsgang erzeugt. Der Rest des Rohlings bzw. Bleches bleibt als Rand oder Gitter- streifen als Abfall zurück. Beim Lochen wird eine Innenform am Werkstück erzeugt. Der ausgeschnittene Werkstoff ist meist der Abfall. Abtrennen ist das Trennen eines Teils vom Rohteil oder vom Halbfertigteil. Die Schnittlinie ist meist of- fen, sie kreuzt die Werkstückränder. An diesen Stel- len wird das Scherwerkzeug schneller abstumpfen. Ausklinken ist ein Herausschneiden von Werkstoff- teilen an einer inneren oder äußeren Umgrenzung. Auch hier ist die Schnittlinie offen. Ausklinken wird verwendet, um Teile der Schnittlinien eines Werkstücks zu erstellen, das auf andere Weise nur schwer her- stellbar ist. Beispielsweise werden die quadratischen Ecken einer Blechtafel ausgeklinkt, bevor die da- durch entstehenden Seitenteile hochgeklappt und an diesen Kanten zu einem Kasten verschweißt werden. Einschneiden ist ein teilweises Trennen des Werk- stücks ohne Entfernen von Werkstoff. Es dient meist

Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

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Page 1: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

245

4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Trennen ist Fertigen durch Ändern der Form eines festen Körpers. Dabei wird der Zusammenhalt örtlich aufgehoben, d. h. im Ganzen vermindert (z. B. durch Zerteilen, Spanen, Abtragen, thermisches Schneiden).

4.1 Allgemeines und Verfahrensübersicht

Im Ordnungssystem der Fertigungsverfahren nach DIN 8580 ist das charakteristische Merkmal der Gruppe 3 Trennen das örtliche Aufheben des Stoff-zusammenhalts. Bild 4-1 gibt einen Überblick über die Aufteilung der Hauptgruppe 3 mit den entspre-chenden DIN-Normen. In der Gruppe 3 1 Zerteilen kann das Scherschneiden hinsichtlich der industri-ellen Anwendung hervorgehoben werden. Die Be-deutung der übrigen Verfahren, insbesondere Rei-ßen und Brechen, ist demgegenüber gering. Dies liegt im Wesentlichen an der schlechten Qualität der durch diese Verfahren erzeugten Trennfl ächen. Aus diesem Grunde beschränkt sich die Behandlung der Gruppe 3 1 auf das Scherschneiden.

Nach dem industriellen Einsatz dürfte die Gruppe 3 2 Spanen mit geometrisch bestimmten Schnei-den (Drehen, Bohren, Fräsen usw.) die wichtigste sein. In der Gruppe 3 3 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden übernimmt das Schleifen außer dem Fertigungsziel der guten Endqualität in zunehmendem Maße auch die Aufgabe des Werk-stoffabtrags, so dass früher vorgeschaltete Verfahren, wie z. B. das Fräsen entfallen können.

In der Gruppe 3 4 Abtragen ist das thermische Trennen, z. B. beim Zuschneiden von Rohteilen für Schweißkonstruktionen, am weitesten verbreitet, deshalb wird vornehmlich auf dieses Verfahren eingegangen. Das Wasserstrahlschneiden hat seit einigen Jahren aufgrund seiner vielen Vorteile ver-stärkt Eingang in die Praxis gefunden. Daher wird auch dieses Trennverfahren in einem eigenen Ab-schnitt (Abschn. 4.10) behandelt.

4.2 Scherschneiden

Das Scherschneiden ist das am häufi gsten angewen-dete Verfahren in der Blechbearbeitung. Für jedes herzustellende Teil wird entweder das Rohteil aus Blech durch Schneiden hergestellt, oder das Fertig-teil wird nach dem Umformen beschnitten. Schnei-den ist ein Verfahren des Trennens, es gehört also nicht zu den Umformverfahren. Der Schneidevor-gang ist jedoch immer mit einer plastischen Umfor-mung verbunden, ehe der Werkstoff nach Erreichen seiner Trennfestigkeit t

B in der Scherfl äche einreißt.

Das Scherschneiden kann mit parallelen oder schrä-gen Schneiden erfolgen. Bild 4-2 zeigt hierzu Einzel-heiten. Der Schrägungswinkel ist wegen der Eben-heit der Blechabschnitte rel. klein (d = 0,5 ° bis 3 °). Abhängig von der Lage der Schnittfl äche zur Werk-stückbegrenzung werden die Verfahren Ausschnei-den, Lochen, Abschneiden, Ausklinken, Einschnei-den und Beschneiden beim Stanzen unterschieden.

Ausschneiden und Lochen sind Schneidverfahren mit in sich geschlossener Schnittlinie, wie Bild 4-3 zeigt. Beim Ausschneiden ist der vom Stempel durch die Schneidplatte gedrückte Werkstoffteil das Werk-stück. Die gesamte Außenform dieses Werkstücks wird in einem Arbeitsgang erzeugt. Der Rest des Rohlings bzw. Bleches bleibt als Rand oder Gitter-streifen als Abfall zurück.

Beim Lochen wird eine Innenform am Werkstück erzeugt. Der ausgeschnittene Werkstoff ist meist der Abfall.

Abtrennen ist das Trennen eines Teils vom Rohteil oder vom Halbfertigteil. Die Schnittlinie ist meist of-fen, sie kreuzt die Werkstückränder. An diesen Stel-len wird das Scherwerkzeug schneller abstumpfen.

Ausklinken ist ein Herausschneiden von Werkstoff-teilen an einer inneren oder äußeren Umgrenzung. Auch hier ist die Schnittlinie offen. Ausklinken wird verwendet, um Teile der Schnittlinien eines Werkstücks zu erstellen, das auf andere Weise nur schwer her-stellbar ist. Beispielsweise werden die quadratischen Ecken einer Blechtafel ausgeklinkt, bevor die da-durch entstehenden Seitenteile hochgeklappt und an diesen Kanten zu einem Kasten verschweißt werden.

Einschneiden ist ein teilweises Trennen des Werk-stücks ohne Entfernen von Werkstoff. Es dient meist

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246 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Trennen

2

2 11 1

5 6

3 1 4 1 5 1 6 1

1 2 2 2 3 2 4 2 5 2 6 2

1 3 2 3 3 3 4 3

1 4 2 4 3 4

5 3 6 3

5 4 6 4

1 5 2 5 3 5 5 5 6 5

1 6 2 6 3 6 6 6

Zerteilen

DIN 8588

Spanen mitgeometrischbestimmtenSchneiden

DIN 8589 - 0

Spanen mitgeometrischunbestimmtenSchneiden

DIN 8589 - 0

Abtragen

DIN 8590

Zerlegen

DIN 8591

Scherschneiden

DIN 8588

Drehen

DIN 8589 - 1

Schleifen mitrotierendemWerkzeug

DIN 8589 - 11

thermischesAbtragen

DIN 8590

Auseinander-nehmen

DIN 8591

Reinigungs-strahlen

DIN 8592

Messer-schneiden

DIN 8588

BohrenSenkenReiben

DIN 8589 - 2

Bandschleifen

DIN 8589 - 12

chemischesAbtragen

DIN 8590

Entleeren

DIN 8591

mechanischesReinigen

DIN 8592

Beißschneiden

DIN 8588

Fräsen

DIN 8589 - 3

Hubschleifen

DIN 8589 - 13

elektro-chemischesAbtragen

DIN 8590

Lösen kraft-schlüssigerVerbindungen

DIN 8591

strömungs-technischesReinigen

DIN 8592

Spalten

DIN 8588

HobelnStoßen

DIN 8589 - 4

Honen

DIN 8589 - 14

Zerlegen vondurch Urformengefügten Teilen

DIN 8591

Lösemittel-reinigen

DIN 8592

Reißen

DIN 8588

Räumen

DIN 8589 - 5

Läppen

DIN 8589 - 15

Zerlegen vondurch Umformengefügten Teilen

DIN 8591

Reinigen

DIN 8592

chemischesReinigen

DIN 8592

Brechen

DIN 8588

Sägen

DIN 8589 - 6

Strahlspanen

DIN 8200

thermischesReinigen

DIN 8592

3 333 1 3 4 3 3

3

3

3 3 3 33

3 3 3

333

3 3 3

3 3 3

333 3 3

333 3 3

33 3 3

Bild 4-1Trennen und Einteilung der Verfahren (auszugsweise) nach DIN 8580.

Page 3: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.2 Scherschneiden 247

als Vorbereitung für einen Umformvorgang, z. B. Biegen oder Schränken der durch Einschneiden ent-standenen Blechzunge. Die Schnittlinie ist offen.

Beschneiden dient zum Abtrennen von Werkstoff am Werkstück. Bei Gesenkschmiedestücken wird das Beschneiden auch Abgraten genannt. Die Schnitt-linie kann sowohl offen als auch geschlossen sein. Bild 4-4 zeigt das Beschneiden des Flansches eines Tiefziehteiles mit feststehendem Schneidstempel als Stanzschnitt. Das Beschneiden eines Hohlkörpers mittels Schneidrolle auf einem sich drehenden Auf-nahmedorn geht aus Bild 4-5 hervor.

4.2.1 Beschreibung des Schneidvorgangs

Die Schneidkräfte können nicht unmittelbar an den Schneidkanten angreifen. Sie werden in einem schma-len Bereich entlang der Schneidkanten in das Werk-stück eingeleitet. Infolge des Abstandes der resul-tierenden Kraft von der äußeren Schneidkante ent-steht ein Moment, das das Werkstück kippen oder durchbiegen will. Diesem Moment muss ein gleich-großes Gegenmoment entgegenwirken, das sich aus den Biegespannungen im Werkstück und den durch die Biegung einwirkenden Normalspannungen er-gibt. Infolge der Reibung treten sowohl auf den Sei-tenfl ächen der Werkzeugelemente als auch an den Werkzeugstirnfl ächen Reibkräfte auf.

Der Ablauf des Schneidvorgangs und die Ausbil-dung der Schnittfl ächen werden von der Werkzeug-geometrie und den Eigenschaften des Werkstoffes beeinfl usst. Die mechanischen Gütewerte des Werk-stoffes können durch die Blechdicke s

0, die Festig-

keitswerte Rm und t

B und die Dehnungswerte A

5

und Agl aus dem Zugversuch beschrieben werden.

Je nachdem, ob es sich um einen harten oder um

Bild 4-5Beschneiden von rotationssymmetrischen Hohlkörpern.

Bild 4-4Beschneidewerkzeug für den Flansch von Tiefziehteilen, schematisch.

Bild 4-3Gegenüberstellung der Schneidverfahren Ausschneiden und Lochen.

Bild 4-2Prinzip des Schneidevorgangs.

Niederhalter

Werkstückaufnahme

Schneidstempel

(feststehend)

Werkstück

Schneidplatte

(absenkbar)

ls

s

l ’ s

s

d

parallele Schneiden schräge Schneiden

Schneidstempel

Abfall Werkstück

Werkstück AbfallSchneidplatte

Ausschneiden Lochen

Aufnahmedorn

Schneidrolle

Werkstück

Bild 4-6Kraft-Weg-Schaubild beim Blechschneiden.s

0 Blechdicke, F

s Schnittkraft, s Weg des Schneidstempels.

Werkzeug harter Werkstoff zäher Werkstoff

ss

Fs

Fs

s0

Page 4: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

248 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

einen zähen Werkstoff handelt, wird das Kraft-Weg-Schaubild unterschiedlich ausfallen. Bild 4-6 zeigt diese Unterschiede. Bei harten Werkstoffen, die we-nig Dehnung aufweisen, steigt die Schnittkraft F

s

steil an und fällt nach dem Erreichen des Maxi-mums steil ab. Ein zäher Werkstoff zeigt kein so hohes Kraftmaximum. Er wandelt die gespeicher-te elastische Energie der Stanzpresse während des Einreißens oder völligen Durchreißens des Blechquer-schnittes in Wärme um.

Die Werkzeuggeometrie wird in erster Linie durch den Schneidspalt u und die Schneidkantenabstump-fung beschrieben. Die Auswirkungen eines verschie-den großen Schneidspaltes zeigt Bild 4-7. Bei ex-trem kleinem Spalt können bereits beim Anschnei-den Risse als Folge der verhältnismäßig großen Querspannungen auftreten (Bild 4-7a)). Die Schnitt-kraft sowie der Arbeitsbedarf sind hoch. Am Werk-stück zeigen die Schnittfl ächen dann keine geraden Kanten, sondern Anrisse in der Schnittfl äche.

In Bild 4-7b) sind die richtig gewählten Verhältnisse des Schneidspaltes dargestellt. Zu Beginn des Vor-gangs biegt sich das Blech zunächst elastisch, dann plastisch durch. Diese Biegung zeigt sich in einer bleibenden Durchwölbung der Ausschnitte. Bei weiterem Eindringen des Schneidstempels in das Blech und dem Ausschieben des Schnittteils in die Schneidplatte bildet sich ein Kantenabzug an dem

Außenstück und dem Ausschnitt aus. Nach dem Er-reichen des Kraftmaximums beginnt die Scherung des Werkstoffs an den Schneidkanten der Werkzeu-ge. Es entsteht ein glatter Teil als Schnittfl äche.

Wird der Schneidspalt extrem groß gewählt, etwa ge-mäß Bild 4-7c), entstehen Risse unmittelbar nach dem Kraftmaximum. Gleichzeitig fällt die Schneidkraft steil ab. Das Werkstück zeigt rissige Schnittfl ächen. Als möglicher Schneidspaltbereich wird u = 0,02 s

0

bis u = 0,10 s0 angegeben. Mit größer werdendem

Schneidspalt wird die Schneidkraft kleiner. Aller-dings ist zu berücksichtigen, dass gleichzeitig die Maßungenauigkeiten, über die Schnittfl ächen ge-messen, zunehmen.

Der Schneidvorgang bewirkt durch die zwischen Werkzeug und Werkstück auftretenden Relativbe-wegungen einen unvermeidlichen Verschleiß der schneidenden Werkzeugelemente. Dieser tritt an den Druckfl ächen und an den Freifl ächen auf und wird dementsprechend Druckfl ächenverschleiß und Freifl ächenverschleiß genannt. Mit dem Verschleiß ist stets eine Abrundung der Schneidkanten verbun-den. Mit zunehmendem Verschleiß wird nun der Stempelweg bis zum Auftreten der Anrisse größer. Infolgedessen nimmt der glatte Anteil in der Schnitt-fl äche zu. Die entstehenden Risse laufen aufeinan-der zu; im Gegensatz zu scharfen Schneidkanten tritt keine Zipfelbildung mehr ein.

Bild 4-7Auswirkungen des Schneidspaltes u auf die Schnittkraft F

s und Schnittfl ächenqualität:

a) Schneidspalt zu kleinb) richtig bemessen (u � 0,08◊s

0)

c) zu groß.

s

s

s

Fs

Fs

Fs

s s

u u

a) b) c)

Page 5: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.2 Scherschneiden 249

Sind die Werkzeugkanten zu stark verschlissen, ge-hen die Risse nicht mehr von den Schneidkanten aus, sondern von den Freifl ächen. Diese Verschie-bung des Rissverlaufs führt zu einer Gratbildung, die mit zunehmender Anzahl der mit einem Werk-zeug geschnittenen Teile ansteigt. Die Größe des Grats ist vom Verschleiß und vom Werkstoff abhän-gig. Grundsätzlich bewirkt ein Verschleiß der Schneid-kanten eine Erhöhung von Schneidkraft und Schneid-arbeit. Die Fehler an den geschnittenen Teilen wer-den vom Werkstoff, Werkzeug, Arbeits ablauf und Maschinentyp beeinfl usst. Die an der Schnitt fl ä che auftretenden Formfehler sind gemäß Bild 4-8 der Kantenabzug s

A, die Einrisstiefe t

E und die Grathöhe

hG. Hinzu kommen u. U. Formfehler als Abwei chung

von der Ebenheit. Diese sind besonders die beim Ausschneiden von kleinen Teilen auftretenden Ver-wölbungen und die nach dem Ausschneiden von biegegerichtetem Band durch Freiwerden der Rest-spannungen bedingten Durchbiegungen.

Der Kantenabzug sA wird vom Werkstoff, dem Schneid-

spalt und von der Form der Schneidlinie bestimmt. Nur an kreisrunden Zuschnitten ist der Kantenab-zug konstant. An den Schnittfl ächen von kleinen Löchern und an Einsprüngen der Außenform mit kleinen Radien ist u. U. gar kein Kantenabzug vor-handen. An Vorsprüngen mit kleinen Radien dage-gen kann er bis zu 30 % der Blechdicke ausmachen.

Die Einrisstiefe tE wird durch den Werkstoff und den

Schneidspalt bestimmt, solange Zipfel in der Schnitt-fl äche auftreten. Sobald der Schneidspalt optimiert ist und keine Zipfelbildung mehr auftritt, ist die Ein-risstiefe etwa genauso groß wie der Schneidspalt.

4.2.2 Schneidkraft

Für die Auswahl von Pressen ist die maximale Schneidkraft die wichtigste Kenngröße. Bezogen

auf die Fläche As, die sich aus der Blechdicke s

0 und

der Länge der Schnittlinie ls ergibt, kann der Schneid-

oder Scherwiderstand ks formuliert werden:

kF

Ass

s

� max .

[4-1]

Das Rechnen mit dem Schneidwiderstand ks hat den

Vorteil, dass sich damit relativ einfach die Einfl üs-se von Schneidspalt, Werkzeugverschleiß, Werkstoff-eigenschaften, Blechdicke und Schnittlinienform be-schreiben lassen. Der Schneidwiderstand k

s nimmt

mit zunehmendem Schneidspalt ab. Die Abnahme beträgt in dem angegebenen Schneidspaltbereich u = 0,01 s

0 bis u = 0,1 s

0 bis zu 14 %, bezogen auf

den Maximalwert. Die maximale Schneidkraft wird für die Praxis genügend genau aus der Beziehung

Fs max

= ls s

0 k

s [4-2]

ermittelt. Näherungsweise kann ks aus der Zugfes-

tigkeit hergeleitet werden:

ks � 0,8 R

m. [4-3]

Eine mögliche Erhöhung der Schneidkraft infolge des Werkzeugverschleißes lässt sich durch den empi-risch gefundenen Faktor 1,6 in Gl. (4-2) ausgleichen.

Die Schneidkraft kann verringert werden, wenn man die Länge der wirkenden Schneidlinie l

s verkleinert.

Für das Ausschneiden oder Lochen kann außer-dem durch Abschrägen der Schneidplatte oder des Stempels die Schneidkraft verringert werden, ver-deutlicht in Bild 4-9. Werden in einem Arbeitshub der Presse verschiede ne Teile des Umrisses herge-stellt, kann durch einen zeitlich verscho benen Ein-griff der Schneidkanten die Gesamtkraft F

s verklei-

nert werden.

Die Höhe H der Abschrägung kann das 1- bis 1,5fa-che der Blechdicke betragen. Die größte Schneid-kraft berechnet sich dann zu

Fs max

= 0,67 ls s

0 k

s.

Dieser Ausdruck gilt für scharfe Schneidkanten. Bei Abstumpfung der Kanten müssen die genannten Krafterhöhungen in Kauf genommen werden.

Wegen der Verformungen des Werkstücks sind zwi-schen Schneidstempel und Außenstück Radialspan-nungen wirksam, durch die Rückzugskräfte entste-hen. Diese können Werte von 1 % bis zu 30 % der Schneid kraft annehmen.

Bild 4-8Formfehler am Schnittteil (nach G. Spur).

t E

hG

SA

hG

SA

t E

Kantenabzug

Einrisstiefe

Grathöhe

Page 6: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

250 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.2.3 Gestaltung von Schneidwerkzeugen

Schneidwerkzeuge werden nach Art ihrer Führung als Frei-, Plattenführungs- und Säulenführungs-Schneidwerkzeug bezeichnet. Ein Beispiel für ein Freischneidwerkzeug zeigt Bild 4-10. Die schneiden-den Werkzeugelemente sind im Werkzeug nicht ge-geneinander geführt. Die Führung wird nur durch die Führungen des Pressenstößels übernommen.

Bei entsprechender Qualität der Stößelführung und der Bauart der Schneidpresse braucht dies kein Nachteil hinsichtlich der Genauigkeit des Werk-stücks zu sein. Freischneidwerkzeuge sind wegen ih-rer einfachen Bauart bei vielen Anwendungen preis-werter. Sie werden besonders bei kleinen Stückzah-len eingesetzt. Sie haben allerdings den Nachteil, dass es beim Einrichten in der Presse schwierig ist, den Spalt zwischen Schneidplatte und Schneid-stempel konstant zu halten. Dadurch kann u. U.

ein verhältnismäßig großer Verschleiß entstehen, z. B. beim Schneiden von Blechen mit s ≤ 1 mm bei einem Schneidspalt von u = 0,01 mm.

Plattenführungsschneidwerkzeuge nach Bild 4-11 haben eine Führungsplatte, die meist eine Führungs-buchse enthält. Die beim Einrichten des Werkzeuges möglichen Lagefehler der Werkzeugelemente wer-den dadurch vermieden. Verschiebelagefehler der schneidenden Werkzeugelemente infolge der Füh-rungsungenauigkeit der Stößelführung sowie eine mögliche Winkelauffederung, die besonders bei C-Gestell-Pressen auftreten kann, werden durch die Stempelführung vermindert. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Führungsplatte die Gefahr des Ausknickens bei dünnen Stempeln verringert. Gleichzeitig über-nimmt sie die Funktion des Abstreifers.

Da ein Werkzeugelement direkt zum Führen ver-wendet wird, kann durch am Stempel anhaftende Werkstoffteilchen ein starker Verschleiß auftre-ten.

In Säulenführungsschneidwerkzeugen entsprechend Bild 4-12 sind die Funktionen Führen und Schnei-den voneinander getrennt. Ein Säulenführungsschneid-werkzeug ist wegen der hohen Genauigkeit bei ent-sprechendem Einbau jedem anderen Werkzeug vor-zuziehen. Man kann mit geringstem Verschleiß der Schneidelemente rechnen. Wegen der Führung der Schneidelemente gegeneinander durch die Säu-lenführung braucht man während des Einrichtens nicht auf Lagefehler zu achten. Das Einrichten der Werkzeuge in den Pressen ist daher kostengünstig.

Es ist zu beachten, dass Säulenführungen nur als Einrichtehilfen und als Herstellungshilfen für ge-naue Werkstücke anzusehen sind. Verschiebungs-kräfte bei nichtmittiger Einspannung der Werkzeuge

Bild 4-9Möglichkeiten zum Verringern der Schneidkraft:a) Schrägschliff der Schneidplatteb) Schrägschliff des Stempelsc) unterschiedliche Stempel-Längend) Versatz von Ausschneid- und Lochstempel

Bild 4-10Freischneidwerkzeug zum Stanzen von Blechen, schematisch.

Bild 4-11Plattenführungsschneidwerkzeug, verstiftet u. verschraubt.

Schneidstempel

Führungsbuchse

Führungsplatte

Zwischenlage

Blechstreifen

Schneidplatte

Grundplatte

H

H

a) b)

c) d)

Grundplatte

Schneidplatte

Zwischenlage

Abstreifer

Einspannzapfen

Bund

Schneidstempel

Tisch

Spannkerbe

Page 7: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.2 Scherschneiden 251

oder Auffederungsfolgen bei C-Gestell-Pressen las-sen sich nicht aufnehmen, weil die Führungssäulen meist nicht steif genug sind. Säulenführungsgestelle sind in verschiedenen Ausführungen genormt (DIN 9812, 9814, 9816, 9819, 9822). Als Führungsarten für die Säulen werden Büchsen oder Kugelkäfi ge verwendet. Führungen mit Büchsen sind unter Last-einwirkung steifer; Kugelführungen haben eine ge-ringere Reibung und werden deshalb bei schnelllau-fenden Pressen eingesetzt.

An Werkstücken mit Außen- und Innenform kön-nen alle Schnittfl ächen entweder in einem Arbeits-gang oder in mehreren aufeinanderfolgenden Ar-beitsgängen erzeugt werden. Im ersten Fall wird das Werkzeug als Gesamtschneidwerkzeug bezeichnet. Werden die Arbeitsgänge in einem Werkzeug in Stu-fen durchgeführt, nennt man das Werkzeug Folge-schneidwerkzeug. Bei Gesamtschneidwerkzeugen sind die Lagefehler der Außenformen zu den Durch-brüchen der Werkstücke nur durch die Herstellge-nauigkeit der Werkzeuge gegeben. Bei der Fertigung mit Folgewerkzeugen kommt zur Ungenauigkeit der Werkzeuge diejenige des Streifen- oder Bandvor-schubs hinzu. Im Vergleich zum Gesamtschneid-werkzeug wird also bei gleicher Genauigkeit der Werkzeuge die Ungenauigkeit der mit einem Folge-schneidwerkzeug gefertigten Teile größer sein. Im Gesamtschneidwerkzeug müssen die geschnittenen Teile sowie der Lochabfall aus den Schneidplatten ausgeworfen und aus dem geöffneten Werkzeug ab-geführt werden. lm Folgeschneidwerkzeug kann man die Teile und den Abfall durch die Schneid-platten herausschieben. Auch aus diesem Grund sind Gesamtschneidwerkzeuge teurer und komplizierter in ihrem Aufbau.

4.2.4 Vorschubbegrenzungen

Vorschubbegrenzungen unterbrechen den Vorschub des Blechstreifens und bestimmen dessen Lage im Werkzeug. Bei Gesamtschneidwerkzeugen haben die Vorschubbegrenzungen den Zweck, den Abfall gleichmäßig und klein zu halten. In Folgewerkzeu-gen sollten sie außerdem die richtige Lage des Werk-stücks in den einzelnen Arbeitsstufen sichern. Ein Beispiel für die Werkstückteilung zeigt Bild 4-13. Die Anordnung der Werkzeuge beim Folgeschnitt geht aus Bild 4-14 hervor. Der Streifen wird durch die Vorschubeinrichtung bis zum Anschlag trans-portiert. Danach fährt der Stempel nach unten und schneidet das Werkstück ab, das von einem fe-dernden Gegenstempel ausgeworfen wird.

Bei den Abschnitten ist die unterschiedliche Grat-lage gemäß Bild 4-14b) zu beachten, die mitunter zu Problemen bei der Weiterverarbeitung führt. Als Vorschubbegrenzungen (Bild 4-15) können im Werkzeug Einhängestifte oder Seitenschneider ver-

Bild 4-12Säulenführungsschneidwerkzeug, schematisch.

Bild 4-13Beispiel einer Werkstückteilung (Stanzen vom Blechstreifen).

Bild 4-14Werkzeugaufbau beim Folgeschnitt (a) und Gratlage am Blechabschnitt (b).

Stempel (Abschneider)Abstreifer

Streifen Anschlag

AbschnittSchneidplatte

federnder

Gegenstempel

Gratlage am Abschnitt

a)

b)

Gestell-Unterteil Schneidplatte

Führungs-

säule

Schneid-

stempel

Führungs-

buchse

Gestell-Oberteil

EinspannzapfenDruckplatte

Stempelhalterung

Blechstreifen Werkstück

Vorschubweg

Werk

stü

ckb

reite

Page 8: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

252 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

wendet werden. Einhänge- oder Abschlagstifte (Bild 4-15a)) sind die einfachste Vorschubbegrenzung, beim automatischen Vorschub aber meist nicht zu verwenden. Seitenschneider werden zur Begrenzung des Vorschubs bei mechanischen Vorschubeinrich-tungen eingesetzt. Sie geben eine genauere Begren-zung des Vorschubs als die Einhängestifte. Die Aus-führung von Seitenschneidern und die Anordnung der dazu notwendigen Anschläge für den Streifen sind in VDI-Arbeitsblättern festgelegt. Außerdem können auch Formseitenschneider verwendet wer-den, die außer der Vorschubbegrenzung auch einen Teil der Schnittlinie herstellen.

Die Länge des Seitenschneiders entspricht immer dem Vorschub. Die Blechdicke ist bei Verwendung von Seitenschneidern auf mindestens 0,1 mm be-grenzt. Bei dünneren Blechen reicht die Steifi gkeit des Blechstreifens nicht aus. Die obere Blechdicken-grenze liegt bei etwa 3 mm.

Bei Seitenschneidern wird eine offene Schnittlinie erzeugt. Dadurch wirken Seitenkräfte auf Streifen und Seitenschneider. Um diese Kräfte aufzunehmen, müssen Seitenschneider häufi g auf ihrer Rückseite in der Schneidplatte geführt werden.

Zusätzlich zu diesen zwei Möglichkeiten werden bei der Vorschubbegrenzung oft Fang- oder Pilotstifte verwendet. Diese greifen mit ihrer konisch oder pa-rabolisch geformten Spitze in die Löcher im aus-zuschneidenden Werkstück oder im Abfallgitter ein. Der zylindrische Führungsteil der Fang-, Pilot- oder Suchstifte zentriert die Lage beim Schneiden genauer, Bild 4-15b). So wird ein geringer Vorschubfeh ler aus-geglichen und der Blechstreifen zwangsläufi g in die richtige Lage gebracht. Da der zylindrische Teil des Stifts die Vorlochränder erreicht haben muss, bevor einer der Schneidstempel auf dem Blech auf-setzt, ist der Fangstift erheblich länger. Falls im Schnittteil bereits Löcher vorhanden sind, können diese als Suchlöcher herangezogen werden. Andern-falls muss man im Abfallgitter besondere Lochungen einbringen.

Wenn ein Seitenschneider lange im Einsatz bleibt, führt die zunehmende Kantenverrundung zu einem Grat am Blechstreifen, der eher am Anschlag an-kommt, als die senkrecht zur Vorschubrichtung ste-hende Blechkante. Dann wird der Vorschub ungenau, und es besteht die Gefahr, dass sich der Blechstrei-fen mit dem stehengebliebenen Grat in der Streifen-führung verklemmt (Stillstandzeiten!). Dieser Nach-

Bild 4-15Verschiedene Arten der Vorschubbegrenzung.a) Einhänge- und Anschlagstiftb) Fang- oder Pilotstift (siehe VDI 3358)c) Seitenschneider bzw. Formseitenschneider (im oberen Bildteil), B Blechstreifenbreite; b nutzbare Breite (VDI 3367)

VorschubEinhgängestift

Anschlagstift

4. 3. 2. 1. Position des

Blechstreifens

a) b)

c)

B

Fangstift Vorlocher

b

Vorschubrichtung

Anschlag Formseiten-

schneider

Streifenführung

1. Station2. Station3. Station

Streifenführung

Seiten-

schneiderAnschlag

Position des

Blechstreifens

1.2.3.

Page 9: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.3 Spanen 253

teil kann durch einen Formseitenschneider vermie-den werden, der im oberen Teil des Bildes 4-15c) dar-gestellt ist.

Moderne Schnellschneidpressen mit hohen Hub-zahlen (bis zu 1000 Hübe/min) arbeiten mit Ge-schwindigkeiten bis zu 40 m/min. Bei diesen gro-ßen Werten ist es wegen der auftretenden Massen-kräfte nicht mehr möglich, eine Vorschubbegren-zung durch Seitenschneider zu realisieren. Es wer-den deshalb Walzenvorschubeinrichtungen mit spe-ziellen Antrieben eingesetzt, die eine Vorschubgenau-igkeit bis zu ± 0,01 mm bei modernen Stanzwerkzeu-gen gewährleisten.

Auf die Gestaltung von Schnittteilen – auch unter Bezug auf Vorschubprobleme – wird in Abschn. 4.11.8 (S. 381) eingegangen.

4.3 Spanen

Unter Spanen versteht man gemäß DIN 8589 einen Trennvorgang, bei dem von einem Werkstück mit Hilfe der Schneiden eines Werkzeugs Werkstoff-schichten in Form von Spänen zur Änderung der Werkstückform und (oder) Werkstückoberfl äche mechanisch abgetrennt werden.

4.3.1 Einteilung nach DIN 8589

Das Spanen umfasst im Ordnungssystem der Ferti-gungsverfahren die Verfahren mit geometrisch be-stimmten und die Verfahren mit geometrisch unbe-stimmten Schneiden. Bild 4-16 und 4-17 geben ei-nen Überblick über die einzelnen Verfahrensun-tergruppen nach den entsprechenden DIN-Normen.

Bild 4-17Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden; Einteilung nach DIN 8589.

Bild 4-16Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden; Einteilung nach DIN 8589.

2 13

23

2 23 2 33 2 43 2 53 2 63 2 73 2 83 2 93

Spanen mitgeometrischbestimmtenSchneiden

Drehen

DIN 8589 - 1

BohrenSenkenReiben

DIN 8589 - 2 DIN 8589 - 3

Fräsen

DIN 8589 - 4

HobelnStoßen

DIN 8589 - 5

Räumen Sägen

DIN 8589 - 6

FeilenRaspeln

DIN 8589 - 7 DIN 8589 - 8 DIN 8589 - 9

Bürst-spanen

SchabenMeißeln

33

3 13 3 23 3 33 3 43 3 53 3 63 3 73

Spanen mitgeometrisch

unbestimmtenSchneiden

DIN 8589 - 11

Schleifen

DIN 8589 - 12

Band-schleifen

DIN 8589 - 13 DIN 8589 - 14 DIN 8589 - 15 DIN 8200 DIN 8589 - 17

Hubschleifen Honen Läppen Strahlspanen Gleitspanen

Page 10: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

254 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Zum Spanen mit geometrisch bestimmten Schnei-den wird ein Werkzeug verwendet, dessen Schnei-denanzahl, Geometrie der Schneidteile und Lage der Schneiden zum Werkstück bestimmt sind. Spa-nen mit geometrisch unbestimmten Schneiden da-gegen ist ein Trennen, bei dem ein Werkzeug verwen-det wird, dessen Schneidenanzahl, Geome trie der Schneidteile und Lage der Schneiden zum Werk-stück unbestimmt sind.

Im Ordnungssystem nach DIN 8589 werden die spa-nenden Fertigungsverfahren durch Ordnungs- bzw. Verfahrensnummern gekennzeichnet. Die jeweiligen Verfahrensuntergruppen sind durch die ersten drei Stellen der Ordnungsnummer bestimmt (z. B. 3 3 1Schleifen, Bild 4-18). Weitere Verfahrensbenennun-gen ergeben sich aus werkstückbezogenen Verfah-rensmerkmalen (4. bis 7. Stelle ON).

Einheitlich für alle spanenden Fertigungsverfahren unterscheidet man in der vierten Stelle der Ordnungs-nummer zwischen Plan-, Rund-, Schraub-, Profi l- und Formspanen.

Weitere mögliche Ordnungsgesichtspunkte sind Werk- zeugtyp, Kinematik, Art der Werkstückaufnahme und Werkzeugstoff. Als Beispiel zeigt Bild 4-18 den sys-tematischen Aufbau einer Verfahrensbenennung

beim Schleifen, die die primären Verfahrensmerk-male Werkstück, Werkzeug und Kinematik in Form einer Zahlenkombination miteinander verbindet.

4.3.2 Technische und wirtschaftliche Bedeutung

Fertigungsverfahren stehen miteinander im Wettbe-werb. Trotz zunehmender Konkurrenz, besonders durch umformende Fertigungsverfahren, konnten die spanenden Fertigungsverfahren wegen der er-reichbaren hohen Fertigungsgenauigkeit und geo-metrisch nahezu unbegrenzten Bearbeitungsmög-lichkeiten ihre bedeutende Stellung behaupten.

Der wertmäßige Anteil spanender Werkzeugma-schinen beträgt nach einer Statistik (VDMA) 70 % gegenüber einem Anteil von 20 % bei umformenden Werkzeugmaschinen, gemessen an der Gesamt-produktion der Werkzeugmaschinen in der Bundes-republik Deutschland. Steigende Anforderungen an Oberfl ächengüten, Maß-, Form- und Lagegenauig-keiten sowie die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Konstruktionswerkstoffen las-sen für spanende Fertigungsverfahren deutliche Wettbewerbsvorteile erwarten.

4.4 Grundbegriffe der Zerspantechnik

Die grundlegenden Begriffe der Zerspantechnik sind nach DIN 6580/81, DIN 6583/84 und international nach ISO 3002 einheitlich für alle spanenden Ferti-gungsverfahren festgelegt.

4.4.1 Bewegungen und Geometrie von Zerspanvorgängen

Beim Spanen wird die zu erzeugende Werkstück-form einmal durch die Geometrie des Werkzeugs und zum anderen durch die Relativbewegungen zwischen Werkstück und Werkzeug (Wirkpaar) be-stimmt. Die während der Spanabnahme ausgeführ-ten Relativbewegungen setzen sich gemäß Bild 4-19 aus einer Schnitt- sowie einer oder mehreren Vorschubbewegungen zusammen.

Die Schnittbewegung wird gekennzeichnet durch den Vektor der Schnittgeschwindigkeit v

c für einen

Bild 4-18Aufbau einer Verfahrensbenennung (Beispiel Schleifen).v

c Schnittgeschwindigkeit

vft Vorschubgeschwindigkeit (tangential)

vfa Vorschubgeschwindigkeit (axial)

vfr Vorschubgeschwindigkeit (radial)

3 13 1 1 1 1

3 13 1

3 13 1

3 13 11

Planfläche

Werkstück

4. Stelle

Werkzeug

5. StelleAußenbearbeitung

Kinematik

Verfahren

6. Stelle

7. Stelle

Umfangsschleif-

scheibe

Längsschleifen

Plan-Umfangs-

Längs-Schleifen

vc

vft

vfa

vfr

vc

vfr

vfa

vft

Page 11: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.4 Grundbegriffe der Zerspantechnik 255

bestimmten Schneidenpunkt (Kontaktpunkt) zwi-schen Werkstück und Werkzeug.

Die Vorschubbewegung ermöglicht zusammen mit der Schnittbewegung eine Spanabnahme. Sie kann schrittweise oder stetig erfolgen, und sie kann sich auch aus mehreren Komponenten zusammensetzen. Sie wird gekennzeichnet durch den Vektor der Vor-schubgeschwindigkeit v

f.

Die Wirkbewegung ist die resultierende Bewegung aus Schnitt- und Vorschubgeschwindigkeit. Sie wird gekennzeichnet durch den Vektor der Wirkgeschwin-digkeit v

e.

Für das Wirkpaar Werkstück/Werkzeug und für den Ablauf des Zerspanvorgangs ist es meist belanglos, ob die Bewegungen vom Werkstück oder vom Werk-zeug ausgeführt werden. Hingegen ist es von ent-scheidender Bedeutung für den Aufbau der Werk-zeugmaschine, wie die Bewegungen auf Werkstück und Werkzeug aufgeteilt sind.

Weitere Bewegungen sind Anstell-, Zustell- und Nach-stellbewegungen. Diese Bewegungen sind nicht un-mittelbar an der Spanentstehung beteiligt.

Die einheitliche Betrachtung der verschiedenen spa-nenden Fertigungsverfahren erfordert die Einfüh-rung der Hilfsgrößen Vorschubrichtungswinkel j und Wirkrichtungswinkel h (Bild 4-19). Mit diesen lassen sich kinematische Unterschiede zwischen den verschiedenen spanenden Fertigungsverfahren kenn-zeichnen.

Der Vorschubrichtungswinkel j ist der Winkel zwi-schen Vorschubrichtung und Schnittrichtung. Der Wirkrichtungswinkel h ist der Winkel zwischen Wir-krichtung und Schnittrichtung. Allgemein gilt

tansin

/ cos.h j

j�

v vc f

[4-5]

Der Vorschubrichtungswinkel j ist verfahrensabhän-gig und beträgt beispielsweise beim Drehen j = 90 °, während sich beim Fräsen und Schleifen der Wert des Vorschubrichtungswinkels ändert.

Der Wirkrichtungswinkel h ist abhängig vom jewei-ligen Geschwindigkeitsquotienten v

c/v

f und nimmt

für viele Zerspanvorgänge, z. B. beim Schleifen, ver-nachlässigbar kleine Werte an. Beim Schraubdrehen dagegen entspricht der Wirkrichtungswinkel h dem

Steigungswinkel der erzeugten Schraubfl äche.

Eine wichtige Bezugsebene ist die Arbeitsebene. Sie ist eine gedachte Ebene, die durch die Vektoren der Schnittgeschwindigkeit und der Vorschubge-schwindigkeit(en) durch den jeweils betrachteten Schneidenpunkt gelegt wird. In ihr vollziehen sich die an der Spanentstehung beteiligten Bewegungen.

4.4.2 Eingriffe von Werkzeugen

Zum Kennzeichnen des Eingriffs eines spanenden Werkzeugs benötigt man die Begriffe Vorschub f, Schnitttiefe bzw. Schnittbreite a

p und den Arbeits-

eingriff ae sowie den Vorschubeingriff a

f entspre-

chend Bild 4-20 und 4-21.

Der Vorschub f ist die Ortsveränderung der Schneide bzw. des Werkzeugs in Richtung der Vorschubbewe-gung je Umdrehung oder je Hub des Werkzeugs oder Werkstücks, gemessen in der Arbeitsebene. Die Schnitttiefe bzw. Schnittbreite a

p ist die Tiefe

bzw. Breite des momentanen Eingriffs eines Werk-zeugs, senkrecht zur Arbeitsebene gemessen.

Bei rotierenden Werkzeugen (z. B. Fräser, Schleif-scheibe) wird zur Bestimmung des Werkzeugein-griffs zusätzlich der Arbeitseingriff a

e benötigt. Diese

Eingriffsgröße beschreibt den momentanen Eingriff des Werkzeugs mit dem Werkstück, gemessen in der Arbeitsebene und senkrecht zur Vorschubrich-tung.

Bild 4-19Bewegungen, Arbeitsebene P

fe, Vorschubrichtungswinkel j

und Wirkrichtungswinkel h beim Drehen (nach DIN 6580).

j

h

v ev c

v fArbeitsebene P fe

Vorschubbewegung

Werkzeug Werkstück

Schnittbewegung

Wirkbewegung

Page 12: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

256 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Der Vorschubeingriff af bezeichnet die Größe des

Eingriffs des Werkzeugs in Vorschubrichtung.

4.4.3 Spanungsgrößen

Während Vorschub und Eingriffsgrößen Maschinen-einstellgrößen sind, werden für die Berechnung von Zerspanvorgängen vor allem die aus diesen Größen abgeleiteten Spanungsgrößen benötigt. Diese be-schreiben die Abmessungen der vom Werkstück abzuspanenden Schichten und sind nicht identisch mit den Abmessungen der durch den Zerspanvor-gang entstehenden Späne (Abschn. 4.5.2).

Der Spanungsquerschnitt A (Bild 4-20) ist die senk-recht zur Schnittrichtung projizierte Querschnitts-fl äche eines abzunehmenden Spans. Für Drehmei-ßel mit geraden Schneiden und scharfkantigen Schneidenecken gilt

A = ap f = b h. [4-6]

Die Spanungsbreite b gibt die Breite, die Spanungs-dicke h die Dicke des Spanungsquerschnitts an.

Die geometrischen Zusammenhänge zwischen Vor-schub, Eingriffs- und Spanungsgrößen gehen aus Bild 4-20 hervor. Bei vereinfachter Betrachtung gelten die Beziehungen

ba

� p

sink [4-7]

h f� �sin .k [4-8]

Eine wichtige Spanungsgröße, besonders beim Ver-gleich von spanenden Fertigungsverfahren, ist das Zeitspanungsvolumen Q

w. Dieses ist das auf eine

Zeiteinheit bezogene vom Werkstück abzuspanende Werkstoffvolumen (Spanungsvolumen).

Für das Zeitspanungsvolumen beim Drehen gilt

Qw = A v

c = d

ma

pv

f.

[4-9]

Hierbei ist dm

der mittlere Durchmesser der vom Werkzeug nach einer Zustellung in einem Durch-gang vom Werkstück abzuspanenden Werkstoff-schicht (Spanungsschicht).

4.4.4 Geometrie am Schneidteil

Wie aus Bild 4-22 hervorgeht, wird der Schneidteil eines spanenden Werkzeugs aus Span-, Haupt- und

Bild 4-20Eingriffs- und Spanungsgrößen beim Längsdrehen.a

p Schnitttiefe, f Vorschub

h Spanungsdicke, b SpanungsbreiteA Spanungsquerschnitt k Einstellwinkel

Bild 4-21Eingriffsgrößen beim Umfangsfräsen und Umfangsschleifen.a

p Schnittbreite

ae Arbeitseingriff

af Vorschubeingriff

Bild 4-22Flächen, Fasen, Schneiden und Schneidenecken am Dreh- oder Hobelmeißel (nach DIN 6581).

Schaft

Spanfläche

Nebenschneide

Freiflächenfase der

Nebenschneide

Nebenfreifläche

Schneidenecke

mit Eckenrundung

Spanflächenfase

der Hauptschneide

Freiflächenfase der

Hauptschneide

Hauptschneide

Hauptfreifläche

Arbeitsebene P fe

Werkzeug

Werkstück

a f

ap

ae

v f

v c

fa

p

b

A

vf

h

k

Werkstück

Werkzeug

Page 13: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.4 Grundbegriffe der Zerspantechnik 257

Nebenfreifl ächen gebildet. Die Spanfl äche ist die Fläche, auf der der Span abläuft. Die Freifl ächen sind den am Werkstück entstehenden Schnittfl ächen zugekehrt.

Die Schnittlinien der Span- und Freifl ächen bil-den die Schneiden des Werkzeugs. Man unterschei-det zwischen Haupt- und Nebenschneiden. Haupt-schneiden weisen bei Betrachtung in der Arbeits-ebene in Vorschubrichtung, Nebenschneiden nicht. Die Schneidenecke ist diejenige Ecke des Werk-zeugs, an der Haupt- und Nebenschneiden mit der Spanfl äche zusammentreffen. Sie ist vielfach mit einer Eckenrundung oder Eckenfase versehen.

Die Werkzeugwinkel werden durch die Stellung der Flächen am Schneidteil zueinander bestimmt. Zwecks Defi nition der Winkel am Schneidteil hat man ent-sprechende Bezugssysteme eingeführt. Man unter-scheidet zwischen dem Werkzeug- und dem Wirk-bezugssystem. Die im Werkzeugbezugssystem ge-messenen Werkzeugwinkel kennzeichnen gemäß Bild 4-23 die Geometrie des Schneidteils und sind für die Herstellung und Instandhaltung der Werk-zeuge von Bedeutung. Die im Wirkbezugssystem gemessenen Wirkwinkel sind für die Darstellung des Zerspanungsvorgangs von Bedeutung.

Die Bezugssysteme zum Bestimmen der Winkel am Schneidteil enthalten außer der jeweiligen Bezugs-ebene die Schneidenebene und die Keilmessebene.

Die Ebenen stehen jeweils aufeinander senkrecht. Als zusätzliche Ebene wird die Arbeitsebene benötigt.

Bezugsebene für das Werkzeugbezugssystem ist die Werkzeugbezugsebene. Sie wird durch den betrach-teten Schneidenpunkt möglichst senkrecht zur ange-nommenen Schnittrichtung gelegt, aber nach einer Ebene, Achse oder Kante des Werkzeugs ausgerich-tet. Bei Dreh- und Hobelmeißeln liegt die Werkzeugbe-zugsebene meist parallel zur Werkzeugaufl agefl äche.

Bezugsebene für das Wirkbezugssystem ist die senk-recht zur Wirkrichtung stehende Wirkbezugsebene. Die Schneidenebene enthält die Schneide und steht senkrecht zur Wirk- bzw. Werkzeugbezugsebene. Die Keilmessebene ist eine Ebene, die senkrecht zur Wirk- bzw. Werkzeugbezugsebene und senkrecht zur Wirk- bzw. Werkzeugschneidenebene steht.

Die für die Zerspanung wichtigsten Winkel zeigt Bild 4-24. Spanwinkel g, Keilwinkel b und Freiwin-kel a werden in der Keilmessebene gemessen (a + b + g = 90 °). Der Spanwinkel g ist der Winkel zwi-schen Spanfl äche und Werkzeugbezugsebene, der Keilwinkel b ist der Winkel zwischen Span- und Frei-fl äche, und der Freiwinkel a ist der Winkel zwi-schen Freifl äche und Werkzeugschneidenebene.

In der Werkzeugbezugsebene werden der Werkzeug-einstellwinkel k und der Eckenwinkel e angegeben. Der Werkzeugeinstellwinkel wird zwischen Werk-

Bild 4-23Werkzeug- und Wirkbezugssystem am Drehmeißel (nach DIN 6581).

h

Werkzeug-

Schneiden-

ebene

Auflageebene

angenommene

Schnittrichtung

betrachteter

Schneidenpunkt

Vorschubrichtung

Werkzeug-

Keilmessebene

Auflageebene

Werkzeug-Bezugsebene Wirk-Bezugsebene

Wirkrichtung Schnittrichtung

betrachteter

Schneidenpunkt

Wirk-Keilmessebene

Wirk-Schneidenebene

Page 14: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

258 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

zeugschneidenebene und Arbeitsebene, der Ecken-winkel zwischen den Schneidenebenen von zusam-mengehörigen Haupt- und Nebenschneiden gemes-sen. In der Werkzeugschneidenebene wird der Nei-gungswinkel l als Winkel zwischen Schneide und Werkzeugbezugsebene defi niert.

Das Symbol für den Werkzeugwinkel hat grund-sätzlich keinen Index, dagegen erhalten die Symbole für die Wirkwinkel zur Unterscheidung den Index »e« (von effektiv).

4.4.5 Kräfte und Leistungen

Die bei einem Zerspanvorgang auf das Werkstück wirkende Zerspankraft F kann in verschiedene Kom-ponenten zerlegt werden, wie Bild 4-25 zeigt. Bezo-gen auf die Arbeitsebene wird die Zerspankraft in die Aktivkraft F

a und die Passivkraft F

p zerlegt. Die

Aktivkraft ist die Komponente der Zerspankraft in der Arbeitsebene und, da in der Arbeitsebene die Be-wegungen zur Spanentstehung ausgeführt werden, leistungsbestimmend. Die Passivkraft ist die Kompo-nente der Zerspankraft senkrecht zur Arbeitsebene und an den Leistungen beim Zerspanen nicht beteiligt.

Bezogen auf die Schnittrichtung wird die Aktivkraft in die Schnittkraft F

c, bezogen auf die Vorschub-

richtung in die Vorschubkraft Ff und, bezogen auf

die Wirkrichtung, in die Wirkkraft Fe zerlegt. Es gilt

F F F F F F� � a p c f p2 2 2 2 2. [4-10]

Die Leistungen beim Zerspanen ergeben sich aus dem Produkt der jeweiligen Geschwindigkeitskom-ponenten und der in ihren Richtungen wirkenden Komponenten der Zerspankraft. Als Schnittleistung erhält man

Pc = v

cF

c [4-11]

als Vorschubleistung

Pf = v

f F

f [4-12]

und als Wirkleistung

Pe = v

e F

e [4-13]

Die Wirkleistung ist auch die Summe aus Schnitt-leistung P

c und Vorschubleistung P

f

Pe = P

c + P

f. [4-14]

4.4.6 Standzeit- und Verschleißbegriffe

Das Standvermögen kennzeichnet die Fähigkeit ei-nes Wirkpaares (Werkstück und Werkzeug), bestimm-te Zerspanvorgänge durchzustehen. Es ist abhängig von den Standbedingungen, die durch alle am Zer-spanvorgang beteiligten Elemente beeinfl usst wer-den, nämlich durch– das Werkstück (Werkstückform, Werkstückstoff),– das Werkzeug (z. B. Geometrie am Schneidteil,

Werkzeugstoff),– die Werkzeugmaschine sowie durch weitere – Randbedingungen (z. B. Kühlschmierung).

Bild 4-25Komponenten der Zerspankraft beim Drehen (nach DIN 6584), F

c ist meist dop pelt so groß wie F

f.

Bild 4-24Werkzeugwinkel für einen Punkt der Hauptschneide am Drehmeißel (nach DIN 6581).

Schnitt A - B

(Werkzeug-Keilmessebene)

SpanflächeWerkzeug-

Bezugsebene

Freifläche

Werkzeug-

Schneidenebenea b

g

+

-

+-

e

A

B

Schneide

Werkzeug-

Bezugsebene

+

-

l

Ansicht Z

(Werkzeug-

Schneidenebene)

Zeichenebene =

Werkzeug-Bezugsebene

Werkzeug-

Keilmessebene

Werkzeug-

Schneiden der

Hauptschneide

betrachteter

Schneidenpunkt

angenommene

Arbeitsebene Pfe

Z

Vorschubkraft

Aktivkraft

Arbeitsebene P fe

Werkstück

Passivkraft

Werkzeug

Schnittkraft

Zerspankraft F

F a

F f

F p

F c

Page 15: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 259

Zur Beurteilung des Standvermögens werden Stand-kriterien als Grenzwerte für unerwünschte Verände-rungen am Werkzeug, am Werkstück oder am Be-arbeitungsverlauf herangezogen. Als Grenzwerte können alle am Werkzeug messbaren Verschleißgrö-ßen, aber auch die am Werkstück messbaren Eigen-schaften, wie beispielsweise Rauheitsveränderungen oder während des Zerspanvorgangs messbare Än-derungen von Zerspankraftkomponenten, sowie die Temperaturen beim Zerspanen dienen.

Standgrößen sind Zeiten, Wege oder Mengen, die bis zum Erreichen eines festgelegten Standkrite-riums unter den gewählten Standbedingungen er-zielt werden können (z. B. Standzeiten, Standwege, Standmengen). Zur eindeutigen Beschreibung des Standvermögens sind die Standgrößen stets in Ver-bindung mit dem Standkriterium und den zugehö-rigen Standbedingungen anzugeben.

Beispiel:�& � � � � � � � � �

� � � � � � # � �

� � � � � � � @ % � � � � � � ) � � � � � � � # � � � � � � � � � � � � � �

Hierin ist das Standvermögen durch die Angabe der Standzeit T bis zum Erreichen der Verschleißmar-kenbreite VB = 0,2 mm bei einer Schnittgeschwin-digkeit v

c = 200 m/min bestimmt.

In der Praxis werden häufi g Verschleißgrößen als Standkriterium herangezogen. Hinsichtlich des Ver-

schleißorts am Schneidteil eines Drehwerkzeugs unterscheidet man die in Bild 4-26 dargestellten Verschleißgrößen. Als Standkriterium sind beson-ders der Freifl ächenverschleiß und der Kolkver-schleiß von Bedeutung.

4.5 Grundlagen zum Spanen

Die Zerspanbarkeit eines Werkstücks kann nicht, wie es bei vielen physikalischen Vorgängen der Fall ist, durch eine allgemeingültige Gesetzmäßigkeit beschrieben oder beurteilt werden. Wichtige Beur-teilungskriterien sind z. B. die Spanbildung, die Schnittkräfte, das Standvermögen und die Oberfl ä-chengüte. Diese sind je nach Bearbeitungsaufgabe und Fertigungsverfahren von unterschiedlicher Be-deutung. Zur Klärung der verschiedenen Einfl uss-größen und Wirkungen von Zerspanvorgängen wer-den Modellvorstellungen verwendet, um die einzel-nen Abläufe rechnerisch erfassen zu können.

4.5.1 Spanbildung

Die Vorgänge bei der Spanbildung sind am einfachs-ten zu überblicken, wenn sie auf den sog. Orthogo-nalprozess bezogen werden. Die Spanbildung wird dabei als zweidimensionaler Vorgang in einer Ebe-ne senkrecht zur Schneide dargestellt. Der Orthogo-nalprozess ist beispielsweise beim Plan-Längsdre-hen eines Rohres mit einem Einstellwinkel k = 90 ° gemäß Bild 4-27 weitgehend verwirklicht.

Ausgehend vom Orthogonalprozess entwickelten Piispanen und Merchant eine sehr vereinfachte Mo-

Bild 4-26Verschleißgrößen am Schneidteil eines Drehmeißels.g Spanwinkela FreiwinkelSVa Schneidenversatz, in Richtung der Freifl äche gemessenSVg Schneidenversatz, in Richtung der Spanfl äche gemessenVB Verschleißmarkenbreite an der Freifl ächeKM KolkmittenabstandKT KolktiefeKL Kolklippenbreite

Bild 4-27Plan-Längsdrehen eines Rohres; Beispiel für einen Orthogo-nalprozess.

k

Arbeitsebene Pfe

F f

Fc

F p � 0

k � � 90 �

VB

SV

SV � KM

KL

a

g

KT

Page 16: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

260 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

dellvorstellung der Spanbildung, Bild 4-28 erläu-tert dies im Einzelnen. Bei diesem Modell stellt man die Ausbildung von Gleitlinien (Linien maxi-maler Verformung) in den Vordergrund der Betrach-tung. Die Spanentstehung wird auf die Scherebene bezo gen, die mit der Schnittrichtung den Scherwin-kel F einschließt.

Der Werkstückstoff gleitet lamellenförmig entlang der Scherebene ab. Die Kristallverformung im Be-reich der Scherebene äußert sich in Strukturlinien, die sich an Hand von Spanwurzelaufnahmen nachwei-sen lassen. Sie bilden mit der Scherebene den Struk-turwinkel h. Den Winkel zwischen den Strukturlinien und der Spanfl äche wird Fließwinkel Y genannt.

Das Scherebenenmodell ist eine sehr idealisierte Vor-stellung von den Vorgängen bei der Spanbildung. Neuere Untersuchungen von Warnecke kommen den tatsächlichen Gegebenheiten wesentlich näher. Ausgehend vom Orthogonalschnitt werden die an der Spanentstehung beteiligten Werkstückstoffbe-reiche in einzelne Zonen aufgeteilt, wie Bild 4-29 zeigt. Die primäre Scherzone (Zone 1) wird als un-mittelbare Spanentstehungszone angenommen. In der Verformungsvorlaufzone (Zone 2) entstehen durch den Spanbildungsvorgang Spannungen, die elastische und plastische Verformungen im Werk-

stück hervorrufen. Durch Reibung zwischen der Werkzeugfreifl äche und der gefertigten Fläche bzw. Werkzeugspanfl äche und Spanunterseite entste-hen Schubspannungen, die zu plastischen Verfor-mungen in den Zonen 3 und 4 führen. Im Bereich der Schneidkante (Zone 5) erfolgt die eigentliche Tren nung des Werkstückstoffs. Hohe mechanische und thermische Belastungen in diesen sekundären Scher zonen verursachen den Werkzeugverschleiß.

4.5.2 Spanstauchung

Verformungen und Reibungsvorgänge in den vor- genannten Spanbildungszonen bewirken die Span-stauchung, die man als Änderung der Spangrößen gegenüber den zugehörigen Spanungsgrößen be-zeichnet. Entsprechend den Abmessungen des Spans unterscheidet man

Spandickenstauchung

lhchSpandicke

Spanungsdicke � �h

h1

[4-15]

Spanbreitenstauchung

lbchSpanbreite

Spanungsbreite � �b

b1

[4-16]

Bild 4-28Spanbildungsmodell (nach Merchant).F Scherwinkelh Strukturwinkel Y Fließwinkelh Spanungsdicke h

ch Spandicke

g Spanwinkela Freiwinkel

Bild 4-29Spanbildungsmodell (nach Warnecke).a Freiwinkelg SpanwinkelF Scherwinkelh Spanungsdicke h

ch Spandicke

1 primäre Scherzone (Spanentstehungszone)2 Verformungsvorlaufzone3; 4 sekundäre Scherzonen (Reibungszone zwischen Werk-

zeugfreifl äche und gefertigter Fläche bzw. Werkzeug-span fl äche und Spanunterseite)

5 Trenngebiet

gh

ch

h

y

F

h

a

Scherebene

hch

h

F

g

a

Scherebene

1 4

3

5

2

Page 17: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 261

Durch die Stauchung des Spanquerschnitts

lA = l

hl

b [4-17]

wird bewirkt, dass die Spanlänge kürzer ist als der von der Schneide zurückgelegte Schnittweg. Die Spandickenstauchung l

h lässt sich auch durch das

Verhältnis von Schnittgeschwindigkeit vc und der

Spangeschwindigkeit vsp

als Komponente in Ablauf-richtung des Spans ausdrücken. Durch vektorielle Zusammensetzung der in der Spanentstehungszone auftretenden Geschwindigkeiten gemäß Bild 4-30 erhält man nach Kronenberg

l gh

c

sp sin� � �v

vcos( )

.F

F [4-18]

4.5.3 Scherwinkelgleichungen

Aus der Geometrie der Spanentstehungszone lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Spandicken-stauchung l

h, dem Spanwinkel g und dem Scherwin-

kel F ableiten (Bild 4-30). Es gilt unter der Anah-me eines freien, ungebundenen Schnittes (Orthogo-nalprozess)

tansin

.F = cos

h

gl g� [4-19]

Die Beziehung ist deshalb von besonderer Bedeu-tung, weil Spanwinkel und Spandickenstauchung verhältnismäßig einfach gemessen werden können und die hieraus errechneten Werte für den Scher-winkel wesentliche Aussagen über den Spanbil-dungsvorgang ermöglichen. Weitere aus dem Schrift-tum bekannte Scherwinkelgleichungen beziehen

sich auf Abhängigkeiten zwischen dem Spanwin-kel g und dem Gleitreibungskoeffi zienten m auf der Spanfl äche. Mit Hilfe dieser Gleichungen, der Scher-festigkeit sowie entsprechender geometrischer Zu-sammenhänge können die Zerspankraft und ihre Komponenten berechnet werden.

4.5.4 Spanarten

Nach ihrer Entstehung unterscheidet man im Wesent-lichen gemäß Bild 4-31 vier Spanarten: – Reiß- oder Bröckelspäne, – Scherspäne,– Lamellenspäne, – Fließspäne.

a Freiwinkelg SpanwinkelF Scherwinkelh Spanungsdicke h

ch Spandicke

vc Schnittgeschwindigkeit

vs Schergeschwindigkeit

vsp

Spangeschwindigkeit

Bild 4-30Geometrie und Geschwindigkeitsverhältnisse in der Spanentstehungszone.

Bild 4-31Spanarten: a) Reißspan, b) Scherspan, c) Lamellenspan, d) Fließspan.

a

v c

gB

A

F

hch

vsp

h

Scherebene

90° � � g

vsp

90° � �F � �g

v c

F

vs

g

vs

F F

F F

a)

b)

c)

d)

Page 18: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

262 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Reiß- bzw. Bröckelspäne treten vorwiegend bei spröden Werkstückstoffen auf, z. B. bei Eisenguss-werkstoffen und Bronzen, und haben meist sehr schlechte Oberfl ächen zur Folge.

Beim Drehen mit einer Schnittgeschwindigkeit vc <

10 m/min und negativen Spanwinkeln können Reiß-späne z. B. auch bei Baustählen entstehen.

Scherspäne sind je nach Werkstückstoff in einem Schnittgeschwindigkeitsbereich von 20 m/min bis 80 m/min zu erwarten. Die Spanteile werden in der Scherzone vollkommen voneinander getrennt und verschweißen unmittelbar danach wieder.

Fließspäne entstehen beim Drehen von Baustählen etwa bei einer Schnittgeschwindigkeit v

c = 80 m/

min. Der Werkstoff beginnt im Bereich der Scher-zone kon tinuierlich zu fl ießen. Die einzelnen Span-lamellen verschweißen sehr stark untereinander und sind i. Allg. mit bloßem Auge nicht mehr wahr-nehmbar.

Lamellenspäne sind Fließspäne mit ausgeprägten Lamellen, die durch Verfestigung des Werkstück-stoffs während des Schervorgangs entstehen. Sie entstehen bei nicht zu zähen Werkstückstoffen mit ungleich mäßigem Gefüge und größeren Spanungs-dicken.

Den Einfl uss von Scherwinkel F, Schnittgeschwin-digkeit v

c, Spanwinkel g und Gleitreibungskoeffi zi-

enten m auf die Spanarten zeigt Bild 4-32. Bei kon-

stantem Reibwert m steigt der Scherwinkel mit dem Spanwinkel an und verschiebt die dargestellten Zu-sammenhänge in das Gebiet der Fließspanbildung.

Im Bereich der Scherspanbildung, besonders bei Werkstückstoffen mit hoher Bruchdehnung, kommt es zur Bildung von Aufbauschneiden. Dabei wer-den stark kaltverfestigte harte Schichten aufgestaut, wie dies Bild 4-33 verdeutlicht. Es bilden sich keil-förmige Schneidenansätze, die z. T. die Funktion der Schneide übernehmen. Der Bildungsmechanismus kann wie folgt beschrieben werden:– Kleinste Werkstoffpartikel bleiben zunächst in

Schneidennähe haften; es kommt zu Verschwei-ßungen, Bild 4-33a).

– Durch ständiges Hinzukommen neuer Werk-stoffpartikel nimmt die Aufbauschneide konti-nuierlich bis zu einer bestimmten Größe zu; hierbei lösen sich Teile der Aufbauschneide durch den Spandruck wieder ab, Bild 4-33b).

– Die Werkstoffpartikel wandern an der Spanun-terseite und der gefertigten Werkstückfl äche ab, und es entstehen charakteristische schlechte Oberfl ächen, Bild 4-33c).

Bild 4-32Einfl uss von Scherwinkel F, Schnittgeschwindigkeit v

c, Span-

winkel g und Gleitreibungskoeffi zient m auf die Spanarten (nach Hucks).

Bild 4-33Aufbauschneidenbildung.H Höhe der AufbauschneideL Länge der Aufbauschneide

H

L

a) b)

c)

Scherw

inkel F

Schnittgeschwindigkeit v cGleitreibungskoeffizient m

g positiver

g negativer

g� � konst.

Fließspangebiet

Scherspangebiet

Page 19: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 263

Bei höheren Schnittgeschwindigkeiten gelangt man an der Wirkstelle in den Bereich der Rekristallisa-tionstemperatur, so dass sich die aufgeschweißten Werkstoffpartikel wieder entfestigen und von der Schneide lösen. Das Diagramm Bild 4-34 lässt die Zusammenhänge erkennen.

4.5.5 Spanformen

Außer den verschiedenen Spanarten lässt sich die Gestalt des Spans durch unterschiedliche Spanfor-men beschreiben. Die Beherrschung der Spanform-bildung gewinnt mit zunehmender Automatisierung der Fertigung und mit gesteigerten Schnittgeschwin-digkeiten immer mehr an Bedeutung.

Für das Drehen lassen sich verschiedene Spanfor-men entsprechend Bild 4-35 klassifi zieren. Eine un-vorteilhafte Spanbildung ist für den Bedienenden eine Gefahrenquelle. Ungünstige Spanformen beein-fl ussen die Werkstückqualität und können durch Be-schädigungen an dem Werkzeug, der Werkzeug-maschine und an den Späneentsorgungsanlagen er-hebliche Störungen im Arbeitsablauf verursachen. Unerwünscht sind besonders Band-, Wirr- und Flach-wendelspäne, die im Verhältnis zu ihrem eigentlichen Spanvolumen einen großen Spanraumbedarf bean-spruchen. Der Raumbedarf der Späne kann durch die Spanraumzahl R ausgedrückt werden, die sich aus dem Verhältnis nach Gl. [4-20] ergibt:

R � Raumbedarf der Spanmenge

Werkstoffvolumen der gleichen Spaanmenge.

Band- und Wirrspäne bilden unerwünschte Formen mit Spanraumzahlen R > 90.

Vorteilhaft sind z. B. kurze zylindrische Wendelspä-ne, Spiralwendelspäne und Spiralspäne mit Span-raumzahlen im Bereich R = 25 bis R = 8. Möglich-keiten zur Beeinfl ussung der Spanform ergeben sich durch– den Werkstückstoff,– die kinematische Spanbrechung,– die Anwendung von Spanformstufen und durch– das Ändern der Werkzeuggeometrie und der Ma-

schineneinstellbedingungen.

In der Praxis üblich ist die Verwendung von aufge-setzten oder eingesinterten Spanformstufen und Werkstückstoffen mit spanformbeeinflussenden Legierungselementen, z. B. Schwefel, Blei, Selen oder Tellur bei Automatenstählen.

Die Geometrie von Spanformstufen wird weitge-hend durch den zu zerspanenden Werkstückstoff und die Eingriffs- bzw. Spanungsgrößen bestimmt. Zur Beurteilung der Spanformung mittels Span-formstufen werden in der Praxis Spanformdia-gramme, etwa gemäß Bild 4-36, herangezogen, die in Abhängigkeit von den jeweiligen Eingriffs- bzw. Spanungsgrößen die Bereiche mit guter Spanfor-mung kennzeichnen.

Bild 4-34Einfl uss von Schnittemperatur J und Schnittgeschwindigkeit v

c auf die Abmessungen von Aufbauschneiden (nach Opitz).

Bild 4-35Spanformen bei der Drehbearbeitung und deren Beurteilung.

SpanformSpanraum-zahl R

Beurteilung

Bandspäne

� � 90 ungünstig

brauchbar� � 50

Wirrspäne

Wendelspänelang

kurz

� � 25

gut

� � 8Spiralspäne

Spanbruch-

stückebrauchbar� � 3

700

°C

500

400

300

200

100

0

1 2 4 7 10 20 40 70 100

Schnittgeschwindigkeit v c (m/min)

Schnitte

mp

era

tur

J

Höhe H

Länge L

Temperatur J

LH

Ab

messungen d

er

Aufb

auschneid

e

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

mm

Page 20: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

264 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.5.6 Energieumwandlung beim Spanen

Die beim Spanen zugeführte mechanische Energie wird durch Verformungs- und Reibungsvorgänge in den an der Spanentstehung beteiligten Zonen na-hezu vollständig in Wärme umgewandelt. Wärme entsteht in der Scherzone, im Trenngebiet und in den Reibungszonen zwischen Freifl äche und gefertigter Werkstückfl äche bzw. Spanfl äche und Spanuntersei-te, wie aus Bild 4-37 hervorgeht. 40 % bis 75 % der zugeführten Energie wird in der Scherzone in Wär-me umgesetzt. Aufgrund der komplexen Verfor-mungs- und Reibungsmechanismen in den Spanent-stehungszonen ist es bisher nicht möglich, die auf Werkstück, Werkzeug, Span und Umwelt entfallen-den Wärmemengen rechnerisch zu erfassen.

Messungen ergaben, dass der weitaus größte Teil der in den einzelnen Umwandlungsstellen entstehenden Wärme mit dem Span abgeführt wird. Die Wärme-aufteilung ist von den jeweiligen Schnittbedingun-gen abhängig. Bei hohen Schnittgeschwindigkeiten können bis zu 95 % der umgesetzten Wärmeenergie vom Span aufgenommen werden.

Bild 4-37 zeigt die Temperaturverteilung im Werk-stück, im Span und im Werkzeug beim Zerspanen von Stahl mit einem Hartmetallwerkzeug bei einer Schnittgeschwindigkeit v

c = 60 m/min.

4.5.7 Schneidstoffe

Als Schneidstoffe bezeichnet man Werkstoffe, die für den Schneidteil von spanenden Werkzeugen verwendet werden. Die Art der Beanspruchungen der Schneidstoffe ist außerordentlich vielfältig und führt zu einer Reihe von zu fordernden Eigenschaf-ten, wie z. B.– Härte und Druckfestigkeit, – Biegefestigkeit und Zähigkeit, – Kantenfestigkeit,– innere Bindefestigkeit, – Warmfestigkeit,– geringe Oxidations-, Diffusions-, Korrosions-

und Klebneigung,– Abriebfestigkeit.

Diese Forderungen sind teilweise gegensätzlicher Art; sie lassen sich darum bei der Schneidstoffher-stellung nicht gleichzeitig verwirklichen. Tabelle 4-1 gibt einen Überblick über Schneidstoffe für das Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden und einige wichtige Eigenschaften.

Bild 4-37Energieumwandlungsstellen und Temperaturverteilung in Werkstück, Span und Werkzeug beim Zerspanen von Stahl (Schneidstoff: Hartmetall P 20, Werkstückstoff: Stahl mit k

f =

850 N/mm2, Schnittgeschwindigkeit vc = 60 m/min, Spa-

nungsdicke h = 0,32 mm, Spanwinkel g = 10 ∞).a Scherebene b Trenngebietc Reibungszone Werkzeugfreifl äche d Reibungszone Werkzeugspanfl äche

650° 600°

700°

720°

QWz600°200°

50°10°

500°

QWst

QSp

QUmwelt

Span

200°

400°

450°

500°

600°

Werkstück F

b

c

a

d

Bild 4-36Spanformdiagramm für verschiedene Geometrien von Span-formstufen (Werkstückstoff: C60, Schneidstoff: mehrlagen-beschichtetes Hartmetall Widalon TK 15, Schnittdaten: v

c=

200 m/min, k = 95 ∞).

Spanungsdicke h

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0mm

Sp

anungsb

reite b

8

6

mm

4

2

Spanformstufen: 1 2

Page 21: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 265

Die Entwicklung neuer Schneidstoffe hat in den letz-ten Jahren zu einem sprunghaften Anstieg der Schnittgeschwindigkeiten bei den spanenden Fer-tigungsverfahren geführt. Bild 4-38 zeigt – ausge-hend vom Zeitpunkt der ersten Anwendung verschie-dener Schneidstoffe – die bisherigen und zukünftig zu erwartenden Schnittgeschwindigkeitssteigerun-gen beim Drehen; hierbei kann zwischen bisher ge-bräuchlichen Schnittgeschwindigkeitsbereichen und dem Bereich des Hochgeschwindigkeitsdrehens (High Speed Cutting HSC) unterschieden werden.

Der Anwendung in Bezug auf die Schnittgeschwin-digkeit leistungsfähigerer neuer Schneidstoffe sind in vielen Bearbeitungsfällen, z. B. beim Gewinde-schneiden, Reiben und Räumen, technologische und wirtschaftliche Grenzen gesetzt, so dass auch Werkzeugstähle und besonders Schnellarbeitsstäh-le zahlreiche Anwendungsbereiche fi nden.

4.5.7.1 WerkzeugstähleMan unterscheidet je nach ihrer Zusammensetzung unlegierte und legierte Werkzeugstähle. Unlegier-te Werkzeugstähle haben einen C-Gehalt von 0,6 % bis 1,3 %. Legierte Werkzeugstähle enthalten zusätz-lich bis zu 5 % Cr, W, Mo und V. Durch den Zusatz von carbidbildenden Legierungselementen werden die Verschleißfestigkeit, Anlassbeständigkeit und Warmfestigkeit erhöht. Für die spanende Metall-bearbeitung auf modernen Werkzeugmaschinen haben Werkzeugstähle wegen ihrer vergleichswei-se geringen Warmhärte von etwa 200 °C bis 300 °C kaum noch Bedeutung. In der spanenden Fertigung werden Werkzeugstähle heute hauptsächlich noch für im niedrigen Schnittgeschwindigkeitsbereich arbeitende Handwerkzeuge verwendet.

4.5.7.2 SchnellarbeitsstähleSchnellarbeitsstähle sind hochlegierte Werkzeug-stähle. Ihr Grundgefüge besteht aus angelassenem Martensit mit eingelagerten Molybdän-Wolfram-Doppelcarbiden, Chrom- und Vanadiumcarbiden und nicht in Carbiden gebundenen, in der Stoffma-trix gelösten Anteilen der Legierungselemente W, Mo, V und Co.

Härte und Verschleißwiderstand der Schnellarbeits-stähle sind von der Härte des Grundgefüges sowie von der Anzahl und der Verteilung der ungelösten Carbide abhängig, während die gute Anlassbestän-digkeit und Warmhärte (bis etwa 600 °C) hauptsäch-lich von den in der Stoffmatrix gelösten Legierungs-bestandteilen (Carbidbildner) beeinfl usst wird.

Tabelle 4-1. Einteilung der Schneidstoffe und einige wichtige Eigenschaften.

900 bis 10003,53003000700bis 70000Diamant

6803,456004000150045000Bornitrid

300 bis 4003,8 bis 7,0300 bis 7002500 bis 45001300 bis 180014000 bis 24000Schneidkeramik

430 bis 6306,0 bis 15,0800 bis 22004000 bis 59001100 bis 120013000 bis 17000Hartmetalle

280 bis 3008,3 bis 8,82000 bis 25002000 bis 2500700 bis 8006700 bis 7850Stellite

260 bis3008,0 bis 8,82500 bis 38002500 bis 3500600 bis 8007500 bis 10000Schnellarbeitsstähle

2207,851800 bis 25002000 bis 3000200 bis 3007000 bis 9000Werkzeugstähle

103 N/mm2kg/dm3N/mm2N/mm2°C

Elastizitäts-modul

DichteBiege-festigkeit

Druck-festigkeit

Temperatur-beständigkeit

VickershärteHV 30

EigenschaftenSchneidstoffe

Bild 4-38Entwicklung der anwendbaren Schnittgeschwindigkeiten beim Drehen mit verschiedenen Schneidstoffen im Lauf der Jahr-zehnte.

kubisch-

kristallines

Bornitrid

1900 1930 1950 1970 1990 2010Jahr

10

50

100

m/min

500

1000

2000

Schnittg

eschw

ind

igkeit v c

Hochgeschwindigkeitsdrehen

Normaldrehen

beschich-

tetes

Hartmetall

Schnellarbeitsstahl

gesintertes

Hartmetall

Schneidkeramik

polykristalliner

Diamant

gegossenes

Hartmetall (Stellite)

Page 22: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

266 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Tabelle 4-2 zeigt die Zusammensetzung und Ver-wendung gebräuchlicher Schnellarbeitsstähle. Diese werden mit den Kennbuchstaben HS und der Anga-be der prozentualen Anteile der wichtigsten Legie-rungselemente in der Reihenfolge W-Mo-V-Co be-zeichnet. Die Legierungselemente beeinfl ussen be-stimmte Eigenschaften der Schnellarbeitsstähle:

Kohlenstoff ist der Träger der Härte in der Grundmasse und erhöht als Carbidbildner zu-sätzlich die Verschleißfestigkeit.

Chrom beeinfl usst die Durchhärtbarkeit und ist an der Carbidbildung maßgeblich beteiligt.

Molybdän und Wolfram steigern die Warmhär-te und Anlassbeständigkeit und erhöhen durch Bildung von Sondercarbiden den Verschleißwi-derstand. Molybdän kann Wolfram ersetzen und ist bei gleichem Massengehalt aufgrund der halb so großen Dichte wirksamer. Molybdänhal tige Stähle verfügen über eine besonders große Zä-higkeit.

Vanadium verbessert die Verschleißeigenschaf-ten.

Kobalt erhöht die Warmhärte und die Anlassbe-ständigkeit.

Die Eigenschaften von Schnellarbeitsstählen wer-den im Wesentlichen von den Legierungselementen Wolfram und Molybdän bestimmt, so dass sich die einzelnen Schnellarbeitsstahlqualitäten nach Legie-rungsgruppen W-Mo einteilen lassen.

Eine verhältnismäßig neue Entwicklung ist das Be-schichten des Werkzeugs mit Hartstoffen auf der Basis von Titancarbid (TiC) und Titannitrid (TiN), um den Verschleißwiderstand von Schnellarbeits-stählen zu erhöhen. Durch Beschichten von Schnell-arbeitsstahlwerkzeugen nach dem PVD-Verfahren

(Physical Vapor Deposition, physikalische Abschei-dung in der Dampfphase) konnten beispielsweise beim Bohren mit TiN-beschichteten Wendel bohrern beträchtliche Standzeiterhöhungen erzielt werden. Unterdessen wird diese Beschich tungs technik auch bei anderen Werkzeugen, wie z. B. Fräsern, Gewin-de- und Verzahnwerkzeugen, weitgehend an ge wen-det.

4.5.7.3 HartmetalleHartmetalle sind gesinterte Stoffsysteme mit Metall-carbiden als Härteträger und einem die Zähigkeit bestimmenden Bindemetall. Als Härteträger haben Wolframcarbid (WC), Titancarbid (TiC) und Tan-talcarbid (TaC) sowie Niobcarbid (NbC), die im Hartmetall als Mischkristall Ta-(Nb)-C auftreten, die größte Bedeutung erlangt. Als Bindemetall wird neben Kobalt (Co) auch Nickel (Ni) und (oder) Molybdän (Mo) verwendet. Hartmetalle lassen sich einteilen in– WC-Co-Legierungen,– WC-TiC-Ta-(Nb)-Co-Legierungen, beschich-

tete Hartmetalle,– Sonderhartmetalle.

Nach DIN ISO 513 teilt man Hartme talllegierungen in die Zerspanungsanwendungsgruppen P, M und K gemäß Tabelle 4-3 ein. Die WC-TiC-Ta-(Nb)-Co-Legierungen der P-Gruppe haben einen relativ ho-hen Anteil an TiC und TaC. Anwendungsschwer-punkt ist die Bearbeitung langspanender Stähle. Die weitgehend TiC-TaC-freien Legierungen aus WC-Co gehören zur Zerspanungsanwendungsgrup-pe K und werden vorwie gend für die Zerspanung von Eisen-Gusswerkstof fen, Nichteisenmetallen und Kunststoffen verwendet. Hartmetalle der M-Gruppe bilden anwendungs technisch – bei mittle-

Tabelle 4-2. Zusammensetzung, Eigenschaften und Anwendung gebräuchlicher Hartmetalle.

0,81,00

4,03,8

−−

12,0

98,6

2,01,7

1.33461.3348

HS2-9-1HS2-9-2

Für mittlere und große Spanungsquerschnitte,besondere Anforderungen an Kantenfestigkeitund Zähigkeit

0,900,921,2

4,04,04,0

−4,8−

1,91,93,0

5,05,05,0

6,46,46

1.33431.32431.3344

HS6-5-2HS6-5-2-5HS6-5-3

Für mittlere und kleine Spanungsquerschnittesowie Verschleißbeanspruchung

0,851,35

4,04,0

−4,8

2,53,8

0,850,8

1212

1.33181.3202

HS12-1-2HS12-1-4-5

Für große Spanungsquerschnitte bei der Stahl-und Gussbearbeitung

0,800,75

4,04,0

4,810,0

1,61,5

0,70,85

1818

1.32551.3265

HS18-1-2-5HS18-1-2-10

CCrCoVMoW

Anwendungchemische Zusammensetzung in %Werkstoff-Nr.(DIN 17007)

Bezeichnungnach DIN EN 10027

Page 23: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 267

ren Gehalten an TiC und TaC – den Übergang zwi-schen den Gruppen P und K.

Innerhalb jeder Zerspanungshauptgruppe ist durch die Beifügung von Kennziffern eine Aussage über Zähigkeit und Verschleißwiderstand möglich. Mit ansteigender Kennziffer nimmt die Zähigkeit des Hartmetalls zu, während der Verschleißwiderstand abnimmt. Die genormten Zerspanungsanwendungs-gruppen haben durch das zunehmende Angebot von Hartmetall-Mehrbereichssorten in letzter Zeit etwas an Bedeutung verloren.

Die verschiedenen Hartmetallkomponenten beein-fl ussen wichtige Schneidstoffeigenschaften:– Wolframcarbid erhöht die Abrieb- und Kanten-

festigkeit: jedoch besteht bei höheren Tempera-turen eine zunehmende Neigung zu Diffusions-vorgängen.

– Titancarbid weist eine geringe Diffusionsnei-gung auf und verleiht dem Hartmetall dadurch eine hohe Warmverschleißfestigkeit. Die Ab-rieb-, Binde- und Kantenfestigkeit sowie die Zähigkeit werden mit zunehmendem TiC-Gehalt verringert.

– Tantalcarbid wirkt kornverfeinernd und verbes-sert die Kantenfestigkeit und Zähigkeit. Kobalt bestimmt im Wesentlichen die Zähigkeitseigen-schaften.

Für das Fertigbearbeiten von Stahlwerkstoffen mit kleinsten Aufmaßen ( Near-Net-Shape Technolo-gie) gewinnen wolframcarbidarme Hartmetalle ( Cermets) auf der Basis von Titancarbonitrid mit Anteilen zwischen 40 % bis 60 % zunehmend an Bedeutung. Sie besitzen eine verhältnismäßig ho-he Kanten festigkeit und sind gegenüber mecha-nischem Abrieb, Oxidations- und Diffusionsver-schleiß sehr viel beständiger als Hartmetalle auf Wolframcarbid-Basis.

Beschichtetes Hartmetall besteht aus einem ver-gleichsweise zähen Hartmetallgrundkörper mit einer verschleißfesten Hartstoffschicht oder mehreren Schichten. Eine solche Kombination bietet die Mög-lichkeit, gegensätzliche Schneidstoffeigenschaften, wie Verschleißwiderstand und Zähigkeit besser auf-einander abzustimmen.

Zum Beschichten von Hartmetallen wird großtech-nisch hauptsächlich das CVD-Verfahren (Chemical Vapor Deposition) angewendet. Dabei werden re-aktionsfähige Gase über die heiße Hartmetallober-fl äche geleitet; hierbei entstehen aus der Gasphase Hartstoffschichten von 3 μm bis 15 μm Dicke. Bei-spielsweise erfolgt das Abscheiden von Titancarbid nach der chemischen Reaktion

TiCl CH H TiC HCl HC4 4 2

100024 � ��� �n n .

Tabelle 4-3. Zusammensetzung, Eigenschaften und Anwendung verschiedener Hartmetalle.

630000630000630000620000600000580000

620060005800550046004500

120013501500170020002200

180001750016500155001400013000

4666712

4222

929292929388

K03K05K10K20K30K40

580000570000560000540000

6000550050004400

1350155016502100

17000155001550013500

67815

1012106

84818279

M10M15M20M40

z. B. Stahl,Stahlguss,langspanenderTemperguss

Mehrzwecksorten,Stahl, GS, Manganhartstahl,legierter GJL, GJS, GJMW,austenitische Stähle,Automatenstähle

GJL, Hartguss, kurzspanenderTemperguss, Stahl gehärtet,NE-Metalle,Kunstoffe

440000530000540000560000560000520000

510052005000480046004000

80013001500180019002000

165001600015000145001350013000

8910101414

5936148126,5

335576827479,5

P02P10P20P30P40P50

N/mm2N/mm2N/mm2%%%

CoTiC+TaCTi

AnwendungElastizitäts-modul

Druck-festigkeit

Biege-festigkeit

Vickers-härteHV 30

ZusammensetzungEigen-schaften

Anwendungs-gruppenach ISO

Ver

schl

eißw

ider

stan

d

i

n Pf

eilri

chtu

ng z

uneh

men

d

Zäh

igke

it

Page 24: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

268 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Heute gebräuchliche Kombinationen von Hart- metallgrundkörpern und Hartstoffschichten zeigt Bild 4-39.

Durch das Beschichten von Hartmetall mit dünnen Hartstoffschichten wird beim Spanen von Werk-stoffen auf Eisenbasis eine deutlich höhere chemi-sche Beständigkeit erreicht, der Widerstand gegen-über Abrasion erhöht und durch die wärmeisolieren-de Wirkung der Hartstoffschichten die Schneiden-temperatur gesenkt.

Die verschleißmindernde Wirkung der Hartstoff-schichten bleibt nach Reiter auch bestehen, wenn diese durchbrochen sind, wie Bild 4-40 zeigt. Die-ser Effekt soll auf der abstützenden Wirkung der Oberfl ächenschicht gegenüber dem abfl ießenden Span und der gefertigten Werkstückfl äche beruhen. Gleichzeitig könnten durch Abrasion Hartstoffparti-kel in die Verschleißzonen gelangen, um damit Dif-fusionsreaktionen zwischen Span und Kolkmulde zu vermindern.

4.5.7.4 SchneidkeramikAls Schneidkeramik bezeichnet man Schneidstof-fe aus Aluminiumoxid (Al

2O

3) oder Siliciumnitrid

(Si3N

4) als Basis. Die oxidkeramischen Schneidstof-

fe werden in der Praxis entsprechend ihrer Zusam-mensetzung in Reinkeramik- und Mischkeramik-sorten unterteilt. Reinkeramiksorten haben meist Aluminiumoxidanteile größer als 90 % mit geringen Zusätzen von Zirconiumoxid, Magnesiumoxid u. a. Sie zeigen eine weiße, manchmal auch gelbliche oder rosa Färbung. Die Mischkeramiksorten enthal-

ten außer einem Aluminiumoxidanteil von weniger als 90 % einen großen Anteil an Metallcarbiden und sind schwarzgrau bis schwarz gefärbt.

Gegenüber Hartmetallen, deren Härteträger in ei-ner metallischen Bindemittelphase eingelagert sind, werden oxidkeramische Schneidstoffe ohne Verwen-dung eines die Warmhärte begrenzenden Bindemit-tels gesintert. Die anwendbaren Schnittgeschwin-digkeiten und die geschwindigkeitsabhängigen Stand-zeiten liegen deshalb im Vergleich zu anderen Schneid-stoffen deutlich höher. Bild 4-41 erläutert dies im Einzelnen.

Die verschiedenen Bestandteile von keramischen Schneidstoffen beeinfl ussen folgende Eigenschaften:– Aluminiumoxid als Härteträger verleiht dem

Schneidstoff eine hohe Warmhärte und in Verbin-dung mit der geringen Diffusionsneigung und seiner Oxidationsbeständigkeit gute Verschleiß-eigenschaften.

– Titancarbid-/nitridanteile erhöhen die Härte und die Verschleißfestigkeit und ermöglichen das Zerspanen von Stahlwerkstoffen mit Härten bis zu 64 HRC.

– Zirconiumoxidanteile verbessern die Festigkeits-eigenschaften.

Wichtige Anwendungsgebiete verschiedener Schneid- keramiksorten beim Drehen zeigt Bild 4-42. Rein-keramiksorten werden angewendet für die Schrupp- und Schlichtzerspanung von Eisengusswerkstoffen bis zu einer Vickershärte von 400 HV sowie von Stäh-len bis zu einer Rockwellhärte von 48 HRC. Misch-keramiksorten mit einem großen Anteil von Titan-carbid-/nitrid eignen sich vor allem für die Drehbe-arbeitung von Eisengusswerkstoffen und Stählen mit Härten bis zu 750 HV bzw. 65 HRC.

Bild 4-40Widerstand gegen Verschleiß bei beschichteten Hartmetallen durch abstützende Wirkung (nach Reiter).

VB

KT

Bild 4-39Gebräuchliche Kombinationen von Hartmetallgrundkörpern und Hartstoffschichten.

Hartstoff-schicht(en)

Hartmetall-grundkörpernach ISO 513

TiC TiN TiC

M15

P25

P40

K10

Al2O3 TiC TiC HfN Al-O-N

Ti(C,N)

-TiN

Al2O3Ti(C,N)

-TiN-

Al2O3

Page 25: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 269

Allgemein werden die durch Schneidkeramik an-wendbaren hohen Schnittgeschwindigkeiten beson-ders vorteilhaft genutzt werden können, wenn mög-lichst große Schnittwege zu verwirklichen sind, z. B. beim Drehen von Werkstücken mit günstigem Län-ge/Durchmesserverhältnis l/d.

Nachteilig bei keramischen Schneidstoffen auf Al2O

3-

Basis sind die verhältnismäßig geringe Bruch festig-keit und die hohe Schlag- und Thermoschock emp-fi ndlichkeit, so dass die Anwendbarkeit bei unter-brochenem Schnitt begrenzt und der Einsatz von Kühlschmierfl üssigkeiten auf wenige Sonderfälle beschränkt bleiben muss.

Durch Verstärken von Schneidkeramiken auf Al2O

3-

Basis mit Siliciumcarbid – Whiskern (Einkristallen) ergeben sich weitere Möglichkeiten, die Bruchzä hig-keit, Festigkeit und Wärmeleitfähigkeit im Ver gleich zur reinen Aluminiumoxidkeramik zu steigern.

Bild 4-41Zusammenhang zwischen Standzeit und Schnittgeschwindig-keit beim Drehen mit verschiedenen Schneidstoffen (Werk-stückstoff: C45E (Ck 55 N), Standzeitkriterium VB = 0,5 mm, Schnitttiefe a

p = 2 mm, Vorschub f = 0,5 mm/U), nach VDI

3321, Bl. 1.

Bild 4-42Anwendungsfälle für verschiedene Schneidkeramiksorten.

Sta

nd

zeit T

100

200

Schnittgeschwindigkeit v c

10006004001006040

min

60

40

20

10

8

6

4

m/min

Keram

ik

HS

10-4

-3-1

0 (S

chnella

rbeits

sta

hl)

P25 (H

artm

eta

ll)

P25C

(hartm

eta

llbesc

hic

hte

t)

Schneidstoffzusammensetzung

feinschlichten N6 schlichten N8 schruppen N10

ZrO2 � 10 %

Werkstückstoffe

Eisen-Gusswerkstoffe:

GJL-150, GJL-200, GJL-250, GJL-300

GJS-500-7, GJS-600-3, GJS-700-2

GJMB-450-4

Einsatzstähle:

16MnCr5, 20MnCr5, 21CrMoV5

Vergütungsstähle:

C35, C45, C60,C45G, C53G

34Cr4, 41Cr4, 100Cr6

34CrMo4, 42CrMo4, 51CrV4

Schnellarbeitsstähle:

HS18-1-2-5, HS18-1-2-10, HS10-4-3-10

sonstige Stähle:

X12CrMoS17

X2NiCoMoTi18-24

X210CrW12, 90MnV8

X32CrMoCoV12-28

gehärtete Stähle/Eisen-Gusswerkstoffe

bis 65HRC bis 750HV

Al2O3 80 %

TiC / TiN � 20 %

Al2O3 60 %

TiC / TiN � 40 %

Reinkeramiksorten Mischkeramiksorten

Al2O3 90 %

Al2O3 80 %

ZrO2 � 20 %

Page 26: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

270 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Siliciumnitrid (Si3N

4) ist ab etwa 1984 als neuer

Schneidstoff bekannt geworden. Diese nicht oxi di-sche Schneidkeramik zeigt insbesondere bei der spanenden Bearbeitung von Grauguss und hoch-warmfesten Werkstoffen Vorteile gegenüber den bis-her verwendeten Schneidstoffen. Nachteilig ist je-doch die chemische Affi nität der Siliciumnitride ge-genüber Eisen. So eignen sie sich wegen der Bil-dung von Eisensilicium bei ca. 1200 °C nicht zum Zerspanen von Stahlwerkstoffen. Mit Zusätzen von ZrO

2 oder TiN bzw. dem Einlegen von Whiskern,

dem Aufbringen von Al2O

3-Schichten lassen sich

Verschleißfestigkeit bzw. Bruchzähigkeit dieses Ke-ramikschneidstoffs verbessern.

Ein Kennwert für die Empfi ndlichkeit eines Schneid- stoffs gegenüber den beispielsweise bei unterbro-chenen Schnitten auftretenden thermischen Wech-selbelastungen ist die Thermoschockzahl R

RE

� s la

B [4-21]

mit der Biegebruchspannung sB, der Wärmeleit-

fähigkeit l, dem Elastizitätsmodul E und dem Wär-meausdehnungskoeffi zienten a.

Nitridkeramiken besitzen mit R � 25 im Vergleich zu Oxidkeramiken eine um den Faktor 5 höhere Thermoschockbeständigkeit, so dass die Anwendung im unterbrochenen Schnitt und die Verwendung von Kühlschmierfl üssigkeiten problemlos möglich ist.

4.5.7.5 Diamant und BornitridSchneidstoffe auf der Basis von Diamant und Bor-nitrid werden zunehmend zum Spanen mit geome-trisch bestimmten Schneiden benutzt. Diamant ist der härteste Schneidstoff und kann in mono- oder polykristalliner Form für die Zerspanung verwendet werden. Während monokristalliner Diamant (MKD) aufgrund seiner begrenzten mechanischen Belast-barkeit nur für die Feinbearbeitung mit einer Schnitt-tiefe bis etwa a

p = 1,5 mm eingesetzt werden kann,

sind bei polykristallinem Diamant (PKD) Schnitt tiefen bis zu 12 mm und größere Vorschübe anwend bar.

Ausgangsstoffe für die Herstellung der polykristal-linen Diamantschicht sind synthetische Diamanten bestimmter Korngröße, die in einer Hochdruck-Hochtemperatursynthese auf einen Hartmetallgrund-körper meist über eine dünne Zwischenschicht nie-drigen Elastizitätsmoduls aufgesintert werden. Die etwa 0,5 mm bis 1 mm dicke Diamantschicht hat

weitgehend isotrope Eigenschaften und ist somit gegenüber den anisotropen Diamanten monokristal-linen Aufbaus weniger stoßempfi ndlich.

Anwendung fi nden Diamantwerkzeuge bei der Be-arbeitung von– Leichtmetallen (Aluminium, Aluminiumlegie-

rungen, Titan),– Schwermetallen (Kupfer- und Kupferlegierun-

gen, Zinklegierungen),– Edelmetallen (Platin, Gold, Silber),– Kunststoffen (faserverstärkte Kunststoffe, Poly-

tetrafl uorethylen),– anderen nichtmetallischen Werkstoffen (z. B.

Hartgummi, Grafi t, Keramik, Glas, Gestein, As-best).

Polykristalline Diamantwerkzeuge haben im Bereich der Automobilindustrie bei der Zerspanung von Alu-minium-Silicium-Legierungen besondere Bedeutung erlangt. Eisen-Gusswerkstoffe und Stähle dagegen können mit Diamant wegen der Affi nität des Dia-mantkohlenstoffs zum Eisen nicht zerspant werden.

Als Schneidstoff für die Mikrozerspanung erschlie-ßen sich dem monokristallinen Diamanten neue Anwendungen. Sowohl für die Fertigungsverfah-ren Drehen, Fräsen und Hobeln als auch neue Fer-tigungstechnologien wie das Fast-Tool-Drehen. Bei diesem Verfahren nutzen hoch beschleunigte Fast-Tool-Servo-Systeme als Antrieb einen Piezokristall, der durch Anlegen einer Spannung eine ultrapräzise Bewegung der Diamantschneide gestattet.

Kubisch kristallines Bornitrid (CBN) gehört nach dem Diamanten zu den härtesten Schneidstoffen. Wegen der chemischen Beständigkeit gegenüber dem Eisen in Verbindung mit einer verhältnismä-ßig hohen Druck- und Biegefestigkeit sowie Thermo-stabilität ist CBN anderen Schneidstoffen besonders bei der Bearbeitung von Stählen mit Härten von 54 HRC bis 68 HRC, hochwarmfesten Legierungen auf Kobalt- und Nickelbasis, Schnellarbeitsstählen und Hartmetallen überlegen.

Die ebenfalls nach dem Verfahren der Hochdruck- und Hochtemperatursynthese hergestellten CBN-Werkzeuge können als massive Wendeschneidplat-ten oder in Form von mit polykristallinem kubischen Bornitrid (PKB) beschichteten Hartmetallgrund-körpern vorliegen. Die PKB-beschichteten Schneid-platten haben im Vergleich zur massiven Schneid-

Page 27: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 271

platte etwa eine 4,5fache Widerstandsfähigkeit ge-genüber Stoßbelastungen. CBN-Werkzeuge ermög-lichen beim Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden bereits Oberfl ächengüten, die in einigen Fällen die Anwendung von Feinbearbeitungsverfah-ren entbehrlich machen könnten.

4.5.8 Werkzeugverschleiß

Der Werkzeugverschleiß wird hervorgerufen durch mechanische und thermische Beanspruchungen des Werkzeugs, die abhängig von dem Werkstückstoff, dem Schneidstoff und den jeweiligen Schnittbedin-gungen sind, Bild 4-43.

Die beim Verschleißvorgang ablaufenden physika-lischen und chemischen Prozesse bezeichnet man als Verschleißmechanismen. Beim Spanen sind es hauptsächlich fünf Prozesse, auf die die verschiede-nen Verschleißerscheinungen am Schneidteil eines Werkzeugs zurückzuführen sind.

Der Mechanismus des Adhäsionsverschleißes be-steht darin, dass Werkstoffpartikel von frisch ent-

standenen oxidfreien Oberfl ächen an der Spanun-terseite und dem gefertigten Werkstück an den Werkzeugfl ächen festkleben und Verschweißungen bilden. Diese Pressschweißungen werden anschlie-ßend wieder abgetrennt. Sie können teilweise eine höhere Festigkeit haben als die eigentlichen stoff-lichen Partner; hierdurch kommt es zu Mikroaus-bröckelungen im Werkstück und vor allem im Werk-zeug. Mikroausbröckelungen durch Aufbauschnei-denbildung sind ebenfalls diesem Verschleißmecha-nismus zuzurechnen.

Diffusionsverschleiß äußert sich als Auskolkung auf der Werkzeugspanfl äche und tritt besonders bei Hartmetallwerkzeugen in Erscheinung. Dabei lau-fen bei Temperaturen oberhalb 800 °C aufgrund der gegenseitigen Löslichkeit der Wirkpartner folgende Diffusionsvorgänge ab:

Eisen diffundiert in die Kobaltphase (Bindemittel),– Kobalt diffundiert in den Werkstückstoff unter

Aufl ösung des Bindemetallgefüges,– Aufl ösung von Wolframcarbiden unter Bildung

von Misch- und Doppelcarbiden in Form von Fe

3W

3C, (FeW)

6C und (FeW)

23C

6.

Bild 4-43Ursachen, Mechanismen und Auswirkungen des Werkzeugverschleißes.

Verschleiß-ursachen

Verschleiß-mechanismen

Diffusion Oxidationmechanischer

Abrieb

plastischeVerformung,Rissbildung

Einflussgrößen:

Werkstückstoff

Schneidstoff

Schnittbedingungen

Werkzeugbeanspruchungen(mechanisch, thermisch)

Verschleiß-erscheinungen

1 Zunderung

2 Spitzenausbruch

3 Ausbrüche der Schneidkante

4 Spitzenverschleiß

5 Kolkverschleiß

6 Freiflächenverschleiß

7 Ausbruch durch Pressschweißung

8 Ausbröckelung durch Aufbau-

schneide

9 Schneidkantenversatz

10 Kammrisse

11 Querrisse

Verschleiß-wirkungen

Zerspankräfte

VB, t

Fp

geometrische Fertigungsfehler

Rauheit Formfehler Maßfehler

Adhäsion

2 4 6 11 10 8 9

1

3

5 7

Page 28: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

272 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Bei Werkzeugstählen und Schnellarbeitsstählen sind Diffusionsvorgänge kaum zu beobachten, da diese bereits bei Temperaturen erweichen, bei denen noch nicht mit einem spürbaren Diffusionsverschleiß gerechnet werden kann. Auch bei keramischen Schneidstoffen ist Diffusionsverschleiß selten an-zutreffen.

Oxidationsverschleiß ist Verschleiß durch Verzun-derung des Schneidstoffs. Derartige Oxidationsvor-gän ge sind äußerlich durch Anlauffarben in der Nä-he der Kontaktzonen erkennbar. Bei Hartmetallen kommt es unter Zutritt von Luftsauerstoff ab 700 °C bis 800 °C zur Bildung von Wolfram-Kobalt-Eisen-Oxid schichten, die einen zerstörenden Einfl uss auf die Hartmetallschneide ausüben.

Mit mechanischem Abrieb (abrasiver Verschleiß) bezeichnet man das Abtragen von Schneidstoff-partikeln unter dem Einfl uss äußerer Kräfte. Abra-siver Verschleiß tritt meist kombiniert mit anderen Verschleißmechanismen auf und ist besonders für die Entstehung des Freifl ächenverschleißes entschei-dend.

Bei mechanischer oder thermischer Überbeanspru-chung der Werkzeugschneide führen plastische Verformungen und Risse zu Beschädigungen am Schneidteil. Plastische Verformungen an der Schnei-de entstehen, wenn die Schneidkante bei aus rei-chender Zähigkeit, aber zu geringem Verformungs-widerstand durch hohe Zerspankräfte belastet wird, oder der Schneidstoff infolge zu hoher Temperatu-ren an der Schneide erweicht.

Bei Fertigungsverfahren mit unterbrochenem Schnitt (z. B. Fräsen) sind die Schneiden starken mecha-nischen und thermischen Wechselbeanspruchungen unterworfen. Die mechanischen Wechselbeanspru-chungen führen vor allem bei Hartmetallschneiden zu Querrissen in der Span- und Freifl äche des Werk-zeugs. Thermische Wechselbeanspruchungen hinge-gen sind die Ursache für Kammrissbildungen auf der Spanfl äche, deren Verlauf sich mit der Tempe-raturverteilung im Schneidteil deckt.

Die verschiedenen Verschleißmechanismen treten nicht einzeln auf, sondern überdecken sich. Aus-wirkungen des Verschleißes sind– Anstieg der Zerspankräfte; besonders F

f und F

p

steigen mit zunehmendem Verschleiß an (sog. Schlesinger-Kriterium);

– Fertigungsfehler geometrischer Art (Gestaltab-weichungen am Werkstück), z. B. Maß-, Form- und Rauheitsfehler.

4.5.9 Kühlschmierstoffe

Kühlschmierstoffe haben die Aufgabe, die Zerspan-barkeit (Spanbildung, Schnittkräfte, Standvermö-gen, Oberfl ächengüte) zu begünstigen, d. h. durch Schmierung die Reibung in den Scherzonen herab-zusetzen und durch Kühlen die in diesen Zonen ent-stehende Verformungs- und Reibungswärme abzu-führen. Neben der Schmierfähigkeit und dem Kühl-vermögen sind das Reinigungs- und Spülvermögen, der Korrosionsschutz sowie die Gesundheits- und Umweltverträglichkeit weitere wichtige Eigenschaf-ten, die von Kühlschmierstoffen erfüllt werden müs-sen. Nach DIN 51385 werden Kühlschmierstoffe in nichtwassermischbare und wassermischbare Klas-sen unterteilt.

Nichtwassermischbare Kühlschmierstoffe (Schneid-öle) sind meist Mineralöle ohne bzw. mit Wirk-stoffzusätzen (Additiven), die bestimmte Eigenschaf-ten (Schmierfähigkeit, Alterungsbeständigkeit, Schaumverhalten u. a.) verbessern sollen. Daneben sind natürliche Öle tierischer oder pfl anzlicher Her-kunft sowie synthetische Schmierstoffe gebräuch-lich. Wassermischbare Kühlschmierstoffe können gleichfalls aus natürlichen Ölen, aus synthetischen Stoffen bzw. aus beiden bestehen, und zwar in Form von Emulsionen oder Lösungen. Eine Emulsion ist ein disperses System, das durch Mischen von Flüs-sigkeiten entsteht, die ineinander nicht löslich sind. Es wird dabei zwischen emulgierbaren (Öl-in-Was-ser) und emulgierenden (Wasser-in-Öl) Emulsions-typen unterschieden, d. h. Öl bzw. Wasser (innere Phase) ist tropfenförmig in der jeweiligen Träger-fl üssigkeit (äußere Phase) verteilt.

Kühlschmierstoffe können ihre Wirkung nur dann voll entfalten, wenn sie in ausreichender Menge und unter optimalem Druck an die Wirkstelle ge-langen.

Neben dem technologischen Nutzen können Kühl-schmierstoffe eine Gefährdung für Mensch und Um-welt sein. So ist der Ersatz von mineralölbasischen Kühlschmierstoffen durch physiologisch unbedenk-lichere und umweltverträglichere Kühlschmierstof-fe ebenso anzustreben wie eine möglichst weitge-

Page 29: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 273

hende Substitution kühlschmierstoffi ntensiver Pro-zesse bis hin zur Trockenbearbeitung.

4.5.10 Hart-, Hochgeschwindigkeits- und Trockenbearbeitung

4.5.10.1 HartbearbeitungDie spanende Bearbeitung von harten Werkstück-stoffen durch Drehen oder Fräsen bietet gegenüber der konventionellen Hartbearbeitung durch Schlei-fen oder Honen heute in zahlreichen Anwendungs-fällen Vorteile hinsichtlich Verfahrensfl exibilität, Energiebedarf und Umweltverträglichkeit. Durch das Einsparen von Bearbeitungsschritten verkürzt sich die Prozesskette vom Roh- zum Fertigteil er-heblich. Die Hartbearbeitung mit geometrisch be-stimmter Schneide stellt jedoch besondere Anforde-rungen an Ma schine, Spannsystem und Werkzeug. Es treten hohe spezifi sche Schnittkräfte bei sehr ho-hen Zerspantem peraturen auf. So entscheiden die Verschleißfestigkeit und die Kantenstabilität der Werkzeuge und die Gesamt steifi gkeit des Bearbei-tungssystems Maschine-Werkzeug-Werkstück dar-über, ob die höheren Genauigkeitsanforderungen bei der Hartbearbeitung eingehalten werden kön-nen. Schneid keramiken und polykristalline Bornitri-de (PCBN) bieten als Hoch leistungsschneid stoffe werkzeugseitig in hohem Maße die Voraussetzungen für die Hart-, Hochgeschwindigkeits- und Tro-ckenbear beitung.

Beim Hartdrehen mit PCBN-Schneidstoffen werden Schnittgeschwindigkeiten zwischen v

c =100 bis

160 m/min und Vorschübe f von 0,05 bis 0,1 mm angewandt. Die erreichbaren gemittelten Rautiefen Rz liegen bei Rz ≤ 2 μm.

4.5.10.2 Hochgeschwindigkeitsbearbeitung (HSC)

Hohe Schnittgeschwindigkeiten führen zu kurzen Schnittzeiten, höheren Werkstückqualitäten und nie-drigen Schnittkräften. Der Begriff »Hochgeschwin-digkeitsbearbeitung« lässt sich nur unter Bezug auf das jeweilige Fertigungsverfahren defi nieren. So um-fasst nach Icks z. B. der Bereich des Hochgeschwin-digkeitsdrehens industriell angewandte Schnittge-schwindigkeiten v

c = 500 bis 1500 m/min während

Schnittgeschwindigkeiten von vc < 500 m/min beim

Drehen je nach Werkstück/Werkzeug-Kombination zu den industriell üblichen Schnittgeschwindigkei-ten gehören.

Heute ist die Bearbeitung mit hohen Schnittge-schwindigkeiten für das Drehen und Fräsen von Gusseisenwerkstoffen bereits als Stand der Technik anzusehen. Die anwendbaren Schnittgeschwindig-keiten für GJL (GG) liegen im Bereich von v

c = 600

bis 1200 m/min beim Drehen und von vc = 500 bis

1000 m/min beim Fräsen.

Zu den neueren Entwicklungen auf dem Gebiet der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung gehört das Bohren mit Siliciumnitrid-Keramikbohrern. Um die Leistungsfähigkeit dieser Werkzeuge nutzen zu können, sind maschinenseitig Drehzahlen von mehr als 10 000 min −1 und Antriebsleistungen von mehr als 10 kW erforderlich, verbunden mit einer hohen Maschinensteifi gkeit, hoher Dynamik der Antriebe und hohen Verfahrgeschwindigkeiten.

4.5.10.3 TrockenbearbeitungTrotz aller technologischen Vorteile ist die Anwen-dung von Kühlschmierstoffen in mehrfacher Hin-sicht problematisch. Für die Umwelt und den damit in Berührung kommenden Menschen stellen Kühl-schmierstoffe sowohl ein erhebliches Gefährdungs-potenzial als auch einen beträchtlichen Kostenfak-tor dar. Die Trockenbearbeitung vermeidet die mit der Anwendung von Kühlschmierstoffen verbunde-nen vielfältigen Probleme. Für die Fertigungsver-fahren mit geometrisch bestimmten Schneiden ist dieses teilweise bereits in die Praxis umgesetzt wor-den. Langfristig kann damit gerechnet werden, dass bei diesen Verfahren die Bearbeitung trocken erfol-gen kann. Die höhere thermische Beanspruchung des Wirkpaares Werkzeug-Werk stück kann heute durch geeignete Hartstoffbeschichtungen der Werk-zeuge (z. B. TiN, TiAlN), die Schneid stoffzusam-mensetzung und die Werkzeuggeometrie kompen-siert werden.

Günstige Voraussetzungen für die Trockenbearbei-tung bietet das Fräsen. Bei Wegfall der Kühlschmie-rung in unterbrochenem Schnitt besteht nicht mehr die Gefahr der Kammrissbildung (Thermoschock) und die Eingriffzeiten der Schneiden sind relativ kurz. Kühlung und Spanabfuhr lassen sich beispiels-weise durch eine Minimalmengenkühlschmierung ( �V < 50 ml/h) beherrschen. Technologische Gren-zen der Trockenbearbeitung lassen sich ebenso durch Verfahrenssubstitution (z. B. Gewindefräsen statt Gewindebohren) überwinden. Im Hinblick auf ei-ne Trockenbearbeitung kritisch gelten Aluminium-le gierungen.

Page 30: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

274 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.5.11 Mikrozerspanung

Die Mikrozerpanung mit geometrisch bestimmten Schneiden gewinnt im Zuge der Miniaturisierung von Bauteilen immer größer werdende Bedeutung. Praktisch kommen die Fertigungsverfahren Drehen, Fräsen, Bohren – vereinzelt auch Sägen und Hobeln – zum Einsatz.

Alle Werkstückstoffe, wie z. B. Keramik, Silicium, Hartmetall, Stahl, Aluminium, Messing, Kupfer und Kunststoffe können bearbeitet werden. Vorteile der Mikrozerspanung z. B. gegenüber der Ätztechno-logie ergeben sich durch die fl exible Formgebung und die hohen Bearbeitungsgeschwindigkeiten. Das gilt insbesondere bei geringen Stückzahlen.

Fräs- und Bohrverfahren bieten die Möglichkeit mi-kromechanische Strukturen von 10 bis 1000 ym Größe herzustellen. Die Zeitspanungsvolumina von Mikrozerspanungsprozessen liegen um ein Viel-faches höher als die Abtragraten von Ätzprozessen. Die Integration verschiedener spanender Fertigungs-verfahren auf einer Maschine ermöglicht es auch, komplexere Bauteile in einer Aufspannung zu fer-tigen. In Verbindung mit anderen trennenden Fer-tigungsverfahren wie z. B. die Laser- oder Erodier-bearbeitung sind beliebige geometrische Struktu-ren herstellbar.

Die kleinsten Werkzeugabmessungen für Bohr- und Fräswerkzeuge liegen im Bereich von 1/100 mm und erfordern hochgenaue Spindelsysteme mit Dreh-zahlen bis zu 100 000 U/min. Als Schneidstoff für metallische Werkstoffe wird Hartmetall angewen-det. Zunehmend fi nden Werkzeuge mit PVD-Hart-stoffschichten oder CVD-Diamantschichten An-wendung, aber auch monokristalline Diamantwerk-zeuge.

Typische Werkzeuge und Beispiele für Bearbei-tungsaufgaben zeigt Bild 4-44.

4.5.12 Standzeitberechnung und Standzeitoptimierung

Die Standzeit eines Werkzeugs wird durch ein vor-zu gebendes Standzeitkriterium in Form einer maxi-mal zulässigen Verschleißgröße begrenzt. Für die Beurteilung des Verschleißverhaltens einer Schneid-stoff-Werkstückstoff-Paarung ist die Abhän gig keit der gewählten Verschleißgrößen von der Schnittzeit

von Interesse. Nach Taylor übt die Schnitt geschwin-digkeit den größten Einfl uss auf den Werkzeugver-schleiß aus. Die zeitliche Zunahme von Verschleiß-größen für bestimmte Schnittge schwindigkeiten kann Verschleißkurven, etwa gemäß Bild 4-45a), entnommen werden.

Aus den Verschleißkurven lassen sich für das ge-wählte Standkriterium, z. B. eine zulässige Ver-schleißmarkenbreite VB

zul = 0,1 mm, die den ver-

schiedenen Schnittgeschwindigkeiten zuzuord nen-den Standzeiten T ermitteln. Mit diesen Werten kann ein Standzeit-Schnittgeschwindigkeitsdiagramm entsprechend Bild 4-45b) entwickelt werden. Der Zusammenhang zwischen Standzeit T und Schnitt-geschwindigkeit v

c folgt meist angenähert einer Ex-

ponentialfunktion und wurde von Taylor in Form der Gleichung

vc TT ck-

=1

[4-22]

beschrieben.

Die graphische Darstellung der Standzeit in Abhän-gigkeit von der Schnittgeschwindigkeit im doppelt-logarithmischen Maßstab entsprechend der Bezie-hung

log T = k log vc = k log c

T [4-23]

führt zu der Standzeitgeraden ( Taylor-Gerade), wie Bild 4-45c) zeigt. Hierin sind die Konstanten k und c

T nicht von der Schnittgeschwindigkeit, sondern

nur von der Schneidstoff-Werkstückstoff-Paarung abhängig. Die Stoffkonstante k gibt die Steigung der Standzeitgeraden an, während die Stoffkonstante c

T die Schnittgeschwindigkeit für die theoretische

Standzeit T = 1 min bestimmt.

Eine andere gebräuchliche Form der Standzeit glei-chung ist

T c k= v cv . [4-24]

Hierin ist die Stoffkonstante cv als Standzeit für

eine Schnittgeschwindigkeit vc =1 m/min defi niert.

Im doppelt-logarithmischen System ergibt sich dann für die Standzeitgerade die Beziehung

log T = k log vc + log c

v. [4-25]

Die Stoffkonstanten cv und c

T stehen gemäß

cckv

T

= 1 [4-26]

in Zusammenhang. Die Taylor-Gerade liefert wegen

Page 31: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 275

des gekrümmten Verlaufs der Standzeitkurve nur in einem verhältnismäßig engen Gültigkeitsbereich ei-ne hinreichende Übereinstimmung zwischen dem tatsächlichen Verlauf der Standzeitkurve und dem näherungsweisen Ansatz nach Gl. (4-22).

Aus dem Schrifttum sind weitere Standzeitglei chun-gen bekannt: Man hat versucht, weitere Einfl uss grö-ßen auf den Verschleißvorgang zu berücksichtigen und damit eine bessere Annäherung an den tatsäch-lichen Standzeitkurvenverlauf zu erreichen. Der Vor teil der Taylor-Gleichung ist zweifellos darin be gründet, dass eine rechnerisch einfach zu hand-habende Verschleißgleichung vorliegt, bei der der Aufwand zur Ermittlung der Kenngrößen für be-stimm te Schneidstoff-Werkstückstoff-Kombina tio-nen vergleichsweise gering ist.

Die Optimierungsstrategie in der Fertigung orientiert sich in der Regel an folgenden Zielsetzungen:– Minimieren der Fertigungskosten (kostenopti-

male Fertigung) und– Minimieren der Fertigungszeit (zeitoptimale

Fertigung).

Unter Zuhilfenahme der Taylor-Gleichung lassen sich aus der Fertigungskosten- und der Fertigungs-

zeitgleichung die nach Witthoff geltenden jeweiligen Optimalfunktionen für die Standzeit ableiten.

Bild 4-46 zeigt Fertigungskosten und Anteile der werkzeug- und maschinengebundenen Fertigungs-einzel kosten in Abhängigkeit von der Schnittge-schwin dig keit. Mit zunehmender Schnittgeschwin-digkeit steigen die werkzeuggebundenen Ko sten K

w

wegen des Absinkens der Standzeit T progressiv an, während sich die maschinengebundenen Kosten K

ML

(multipliziert mit der Fertigungszeit te) bei erhöhter

Aus brin gung degressiv vermindern. Durch Summie-ren beider Kostenanteile erhält man eine sog. Be-cherkurve. Sie zeigt, dass die Fertigungskosten K

F

für die kostenoptima le Schnittgeschwindigkeit vcok

ein Minimum ergeben.

Für die Fertigungskosten je Werkstück gilt unter Ver-nachlässigung von Rüst- und Nebenzeitanteilen

K K tt

TK t KF ML h

hML W WT= ◊ + ◊ ◊ +( ) [4-27]

mitK

ML Maschinen- und Lohnkostensatz,

KWT

Werkzeugkosten je Standzeit,T Standzeit,tW

Werkzeugwechselzeit,th Hauptzeit.

Bild 4-44Werkzeuge und Beispiele von Strukturformen bei der Mikrozerspanung nach Hlavac.

Page 32: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

276 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Die Hauptzeit für das Fertigungsverfahren Drehen errechnet sich beispielsweise nach der Gleichung

td l

fw

hf

c

� πv

. [4-28]

Hierin istd

w Werkstückdurchmesser

lf Vorschubweg (Weg, den der betrachtete Schnei-

den punkt im Werkstück in Vorschub richtung spa nend zurücklegt),

f Vorschub,v

c Schnittgeschwindigkeit.

Durch Einsetzen der Taylor-Gleichung [4-22] und Gl. [4-28] in die Kostengleichung ergibt sich durch Differentiation die kostenoptimale Standzeit zu

T k tK

Kok wWT

ML

� � ���

���

( ) .1

[4-29]

Bild 4-45Ermittlung der Standzeit in Abhängigkeit von der Schnittgeschwindigkeit:a) Verschleißkurvenb) Standzeit-Schnittgeschwindigkeit-Diagrammc) Standzeitkurve im doppelt-logarithmischen Maßstab

300

200

100

min

50

30

20

10

5

1

Sta

nd

zeit T

(lo

g. S

kale

)

10 50 100 200 300

v c min v c1 v c2 v c3

500 1000

v c max

Gültigkeitsbereich

Schnittgeschwindigkeit v c

cT

a1

T1

T2

T3

a2

m/min

(log. Skale)

Standzeitkurve

Taylor gerade

Taylor gleichung:

vc T � cT

�1k

k � tan a� � � � tan a’ � � �a1

a2

cT � Konstante

(Schnittgeschwindigkeit

für Standzeit T � 1 min)

c)

T1T3

Vers

chle

ißm

ark

enb

reite

VB

0

0,3

mm

0,2

0,1

T2

50 100 200150 min

Schnittzeit tc

vc3 � 300 m/min

vc3 � 200 m/min

vc3 � 100 m/min

VBzul � 0,1 mm

Schnittgeschwindigkeit v c

0 100 200 300 400m/min

0

50

100

150

200

min

Sta

nd

zeit T

T1

T3

T2

v c1 v c2 v c3

VBzul � 0,1 mm

a) b)

a

a ’

Page 33: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.5 Grundlagen zum Spanen 277

Analog erhält man durch Differentiation der Fer ti-gungszeitgleichung die zeitoptimale Standzeit

T k tot w� � �( ) .1 [4-30]

Die Gleichungen zur Standzeitberechnung gelten jeweils nur für ein Werkzeug. Schneiden mehrere Werk zeuge gleichzeitig, nacheinander oder überla-gern sie sich in ihrem Eingriff, so müssen die Glei-chungen entsprechend erweitert werden. Bei der An-wendung der Standzeitgleichungen ist es wichtig, den Gültigkeitsbereich der Taylor-Geraden (v

c min,

vc max

) zu kennen. Es besteht sonst die Gefahr, unrea-listische Optimalwerte T

ok bzw. T

ot zu ermitteln.

Bild 4-47 zeigt, wie die Fertigungskosten und die Fertigungszeit je Werkstück durch den Standzeit-vorgabewert beeinfl usst werden können. Es wird deutlich, dass das Erreichen eines Fertigungszeitmi-nimums mit einer Erhöhung der Fertigungskosten verbunden ist. Beide Optimierungsziele sind gegen-sätzlich und lassen sich nicht gleichzeitig verwirk-lichen.

Die beschriebenen Zusammenhänge bestimmen je-doch nicht allein die anzuwendenden Zerspanwer -te. Vielmehr müssen zur Optimierung des Spanens weitere werkstück-, werkzeug- und maschinensei-tige Randbedingungen berücksichtigt werden.

4.5.13 Schnittkraftberechnung

Wie bei den Standzeitgleichungen gibt es auch zur Berechnung der beim Spanen auftretenden Kräf-

te (Abschn. 4.4.5) verschiedene Ansätze, um diese zu ermitteln oder vorherzusagen. Im Wesentlichen wird die Größe der Schnittkraft von folgenden Ein-fl ussgrößen bestimmt:– Werkstückstoff,– Vorschub bzw. Spanungsdicke, – Schnitttiefe bzw. Spanungsbreite, – Spanungsverhältnis a

p/ f,

– Spanwinkel,– Einstellwinkel, – Schnittgeschwindigkeit, – Schneidstoff,– Kühlung und Schmierung sowie – Werkzeugverschleiß.

Haupteinfl ussgrößen sind der Werkstückstoff und die Eingriffsgrößen Schnitttiefe a

p und Vorschub f

bzw. die Spanungsgrößen Spanungsbreite b und Spa-nungsdicke h, die über den Einstellwinkel k mit-einander verknüpft sind.

Als Berechnungsverfahren für die leistungsführende Schnittkraft F

c hat sich das Schnittkraftgesetz von

Kienzle weitgehend durchgesetzt. Untersuchungen zeigten, dass dieses Berechnungsverfahren außer für den Modellfall Drehen ebenso für alle anderen spanenden Fertigungsverfahren mit geometrisch be-stimmten Schneiden Gültigkeit hat.

Man erhält die Schnittkraft Fc, indem man den Spa-

nungsquerschnitt A mit der spezifi schen Schnittkraft k

c multipliziert. Die spezifi sche Schnittkraft ist das

Verhältnis der Schnittkraft F zum Spanungsquer-schnitt A (bei vereinfachter Betrachtung):

Bild 4-46Fertigungskosten je Werkstück in Abhängigkeit von der Schnitt- geschwindigkeit (VDI 3321, Bl. 1).

Bild 4-47Fertigungszeit und Fertigungskosten je Werkstück in Abhän-gigkeit von der Standzeit (VDI 3321, Bl. 1).

Tot Tok

Standzeit T

Fert

igungskoste

n

KF

Fert

igungszeit t e

te

KF

KWKML � te

K F

K W

Fert

igungskoste

n K

F

Schnittgeschwindigkeit v c

v cok

KML � te

Page 34: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

278 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

kF

Acc 2 in N/mm� , [4-31]

F a f k bh kc p c c in N� � .

[4-32]

Wegen der Abhängigkeit der Form des Spanungs-querschnittes A vom Einstellwinkel k ist es zweck-mäßig, mit den aus den Eingriffsgrößen a

p und f ab-

geleiteten Spanungsgrößen b und h zu rechnen.

Die spezifi sche Schnittkraft ist ein werkstoffabhän-giger Zerspanungswert, der kaum von der Spanungs-breite b, sondern ausschließlich von der Spanungs-dicke h bzw. dem Vorschub f abhängt, wie Bild 4-48a) zeigt.

Kienzle drückte diesen Zusammenhang durch ein Potenzgesetz aus:

kc = k

c 1.1 h −m in N/mm2. [4-33]

Die spezifi sche Schnittkraft kc 1.1

gibt die auf eine Spanungsbreite b = 1 mm und eine Spanungsdicke h = 1 mm bezogene Schnittkraft an.

Diese Abhängigkeit wird im Allgemeinen im dop-peltlogarithmischen Maßstab als Gerade gemäß Bild 4-48b) dargestellt. Der Exponent m = tan a bezeichnet in diesem Koordinatensystem die Stei-gung der Gera den k

c = f (h).

Setzt man Gl. [4-33] in Gl. [4-32] ein, erhält man die zuerst von Kienzle angegebene Schnittkraftfor-mel zum Ermitteln von F

c

Fc = b h1 − m k

c 1.1 in N. [4-34]

Hierin bezeichnet der Exponent (1 − m) den An-stiegswert der spezifi schen Schnittkraft.

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden

Höhere Schnittgeschwindigkeiten und neue Schneid- stoffe beim Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden ermöglichen heute eine Werkstückge-nauigkeit, die die Anwendung von Fertigungsver-fahren mit geometrisch unbestimmten Schneiden für die Endbearbeitung in vielen Fällen entbehr-lich machen könnte.

Umgekehrt ist es durch die Fortschritte auf dem Ge-biet der Schleiftechnologie gelungen, die Zeit-spanungsvolumina in erheblichem Maße zu steigern, so dass Schleifverfahren in bestimmten Anwen - dungs fällen eine wirtschaftliche Alternative zu spa -nenden Fertigungsverfahren mit geometrisch be-stimmten Schneiden bieten.

Bild 4-49 zeigt die heute unter Großserienbedin-gun gen erreichbaren Werkstückqualitäten und Ten-den zen in Abhängigkeit vom Zeitspanungsvolumen für die Fertigungsverfahren Drehen und Schleifen. Die genannten Tendenzen können Ursache von Ver-fahrenssubstitutionen sein, wobei sich entschei-dende Produktionsvorteile dann ergeben, wenn die jeweiligen werkstückbezogenen Fertigungsan for-derungen möglichst mit einem Fertigungsverfah-ren für die Vor- und Fertigbearbeitung erfüllt wer-den können.

Mit den Fortschritten hinsichtlich Produktivität, Fle-xibilität, Qualität und Umweltverträglichkeit beim Drehen und Schleifen wird immer wieder die Fra-

Bild 4-48Spezifi sche Schnittkraft in Abhängigkeit von der Spanungs-dicke (Spanungsbreite b = 1 mm = konst.).a) in arithmetischer Darstellungb) in doppeltlogarithmischer Darstellung

0,1

sp

ezifis

che S

chnittk

raft k

C

6000

0,25 0,5 1,0 2,0mm

5000

4000

3000

2000

1000

b)

sp

ezifis

che S

chnittk

raft k

C

5000

3000

2000

1000

Nmm2

Nmm2

0

Spanungsdicke h

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2mm

a)

kC � kC1.1 �h � m

kC1.1 � 1740 N/mm2

a

Spanungsdicke h

Page 35: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 279

ge diskutiert, welche dieser Fertigungstechnolo-gien insgesamt gesehen leistungsfähiger sei. Hier-auf kann es jedoch keine allgemeingültige Antwort geben, da die werkstückseitigen Merkmale und Be-ar beitungsanforderungen zu komplex geworden sind. Um die ökonomischen und ökologischen Fer-tigungsbedingungen miteinander in Einklang zu bringen, wird die Hartbearbeitung zunehmend mit defi nierter Schneide praktiziert. Dabei ergeben sich Vorteile hinsichtlich Kosten und Verfahrensfl exi-bilität. Außerdem kann in vielen Fällen auf Kühl-schmierstoffe verzichtet werden. Inzwischen wur-den auch Werkzeugmaschinen für das kombinierte Drehen und Schleifen in einer Aufspannung entwi-ckelt. Sie ermöglichen es für die jeweiligen Forme-lemente, die optimale Technologie anzuwenden.

Verfahrensmerkmale und Berechnungsgrundlagen der wichtigsten Fertigungsverfahren seien im Fol-genden beschrieben.

4.6.1 Drehen

Das Drehen ist ein spanendes Fertigungsverfahren mit geschlossener, meist kreisförmiger Schnittbewe-gung und beliebiger, quer zur Schnittrichtung lie-

gender Vorschubbewegung. Die Drehachse der Schnittbewegung ist werkstückgebunden, d. h., sie behält ihre Lage zum Werkstück unabhängig von der Vorschubbewegung bei.

Beim Drehen führt in der Regel das Werkstück die umlaufende Schnittbewegung aus und das Werkzeug die erforderlichen Vorschub- und Zustellbewegun-gen. Die Werkstücke sind Rotationskörper.

4.6.1.1 DrehverfahrenDrehverfahren zählen zu den am häufi gsten ange-wendeten spanenden Fertigungsverfahren. Ausge-hend von DIN 8589-1, werden die Drehverfa hren in der vierten Stelle der Ordnungsnummer nach Merkmalen der zu erzeugenden Flächengestalt ent-sprechend Bild 4-50 unterteilt. In der fünften Stelle der Ordnungsnummer wird Drehen nach den Ord-nungsgesichtspunkten– Richtung der Vorschubbewegung und – Werkzeugmerkmale

und beim Formdrehen nach der Art der Steuerung unterteilt.

Mit Plandrehen bezeichnet man Drehverfahren zur Erzeugung einer senkrecht zur Drehachse liegen-

Bild 4-49Anwendungsbereiche und Tendenzen beim Drehen und Schleifen.

Qw mittleres Zeitspanungsvolumen

Vw Spanungsvolumen

t c Schnittzeit

Zeitsp

anungsvolu

men Q

w �

Vw

/t c

v fa

Steigerung desZeitspanvolumens

Steigerung derArbeitsgenauigkeit

Drehen

Schleifen

Werkstückqualität IT

01 2 4 6 8 10 12 14

Drehen

Schleifen

v fr

Page 36: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

280 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

den ebenen Fläche. Bild 4-51 verdeutlicht die drei Verfahrensvarianten: Quer-Plandrehen, Längs-Plan-drehen und Quer-Abstech-Plandrehen. Beim Quer-Plandrehen erfolgt der Vorschub senkrecht zur Dreh-achse des Werkstücks, während beim Längs-Plan-drehen der Vorschub parallel zur Dreh achse des Werkstücks gerichtet ist. Das Quer-Abstechdrehen wird zum Abtrennen eines Werkstücks oder von

Werkstückteilen angewendet. Bei allen Plan dreh-verfahren mit senkrecht zur Drehachse des Werk -stücks gerichteter Vorschubbewegung ist zu beach-ten, dass sich die Schnittgeschwindigkeit mit zuneh-mendem Vorschubweg (abnehmendem Dreh durch-messer) ändert, wenn nicht ein Anpassen der Werk-stück dreh zahl an den jeweiligen Drehdurch messer erfolgt.

Bild 4-50.Einteilung der Drehverfahren nach DIN 8589, Teil 1.

Bild 4-51.Plandrehverfahren.

Bild 4-52.Runddrehverfahren.

2 1

Plandrehen

3 1 2 1

Formdrehen

3 6

2 1

Drehen

3

DIN 8589 - 1

2 1

Runddrehen

3 2 2 1

Schraubdrehen

3 3 2 1

Wälzdrehen

3 4 2 1

Profildrehen

3 5

3 2 1 1 Plandrehen

3.2.1.1.1 Quer- 3.2.1.1.2 Quer-Abstich- 3.2.1.1.3 Längs-

v c

v fa

v c

v fr

v c

v fr

3 2 1 2 Runddrehen

3.2.1.2.1 Längs-

v fav fr

v c

3.2.1.2.2 Breitschlicht- 3.2.1.2.3 Schäl-

v c

v fa

v c

v fr

v fa

v fr

v c

v fa

v fr

v c

3.2.1.2.4 Längs-Abstech- 3.2.1.2.5 Quer-

Page 37: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 281

Runddrehen ist Drehen zum Erzeugen von zur Drehachse des Werkstücks koaxial liegenden kreis-zy lindrischen Flächen. Einige wichtige Runddreh-verfahren zeigt Bild 4-52.

Gegenüber dem herkömmlichen Längs-Runddrehen mit parallel zur Drehachse gerichteter (axialer) Vor-schubbewegung haben besonders die Runddrehver-fahren Breitschlichtdrehen und Schäldrehen in be-stimmten Anwendungsfällen zu wichtigen Verfah-rensalternativen geführt.

Breitschlichtdrehen ist ein Längs-Runddrehen mit großem Vorschub unter Verwendung eines Werk-zeugs mit sehr großem Eckenradius und sehr klei-nem Einstellwinkel der Nebenschneide.

Der Betrag des Vorschubs ist bei diesem Verfahren stets kleiner als die Länge der Nebenschneide zu wählen.

Beim Schäldrehen verwendet man meist umlau-fende Werkzeuge mit mehreren im Eingriff befi nd-lichen Schneiden bei kleinem Einstellwinkel der Haupt schneide und großem Vorschub.

Beide Verfahren ermöglichen im Vergleich zum Längs-Runddrehen jeweils eine erhöhte axiale Vor-

schubgeschwindigkeit und damit auch eine erhöhte Flächenleistung P

A. Diese ist defi niert als die auf

die Schnittzeit bezogene gefertigte Werkstück ober-fl äche. Für das Längs-Runddrehen gilt

PA = f v

c. [4-35]

Durch Erhöhen des Vorschubs nimmt beim Längs-Runddrehen die theoretische Rautiefe Rt.th der ge-fertigten Werkstückoberfl äche mit dem Quadrat des Vorschubs zu. In Abhängigkeit vom Vorschub f und der Eckenrundung r errechnet sich die theo retische Rautiefe in erster Näherung nach

Rt.thf

r�

2

8. [4-36]

Die mit größerem Vorschub zu erwar tende erhöhte Werkstückrautiefe kann beim Breitschlichtdre-hen durch die Verwendung eines Werk zeugs mit verhält nismäßig großer Neben schnei de und einem Einstell win kel k

n im Bereich von 0 ° bis l ° umgan-

gen werden. Bild 4-53 zeigt einen Ver gleich der Eingriffsverhältnis se beim Längs-Rund drehen und Breitschlichtdrehen.

Das Längs-Abstechdrehen dient zum Abstechen runder Scheiben aus plattenförmigen Rohteilen.

Quer-Runddrehen erfolgt mit senkrecht zur Dreh-achse gerichteter Vorschubbewegung; hierbei muss die Werkzeugschneide mindestens so breit wie die zu fertigende Kreiszylinderfl äche sein.

Beim Schraubdrehen gemäß Bild 4-54 werden schrau-benförmige Flächen mittels Profi lwerkzeugen gefer-tigt. Die Steigung der Schraube entspricht dabei dem Vorschub je Umdrehung.

Man unterscheidet nach der Art des verwendeten Werkzeugs das– Gewindedrehen,– Gewindestrehlen und – Gewindeschneiden.

Bild 4-54.Schraubdrehverfahren.

Bild 4-53Eingriffsverhältnisse beima) Längs-Runddrehen und b) Breitschlichtdrehen. Rt.th theoretische Rautiefer Eckenrundung f Vorschubv

f Vorschubgeschwindigkeit

kn Einstellwinkel der Nebenschneide

3.2.1.3.1 Gewindedrehen

3 2 1 Schraubdrehen3

3.2.1.3.2 Gewindestrehlen 3.2.1.3.3 Gewindeschneiden

v c

v fr

v c

v fr v fa v fa

v fa

v c

f

rRt.th

k n

v f v f

f

a) b)

k n

Page 38: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

282 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Das Gewindedrehen ist ein Schraubdrehen mit ei-nem einprofi ligen Gewinde-Drehmeißel, während beim Gewindestrehlen das Gewinde mit einem Werk-zeug erzeugt wird, das in Vorschubrichtung mehre-re mit zunehmender Schnitttiefe gestaffelte Schnei-denprofi le aufweist (Gewindestrehler) und das Ge-winde in einem Überlauf zu erzeugen vermag.

Das Gewindeschneiden ist dagegen ein Schraub-drehen zum Erzeugen eines Gewindes mit einem mehr schneidigen Gewindeschneideisen oder Ge-windeschneidkopf.

Unter Profi ldrehen versteht man das Drehen mit einem werkstückgebundenen Werkzeug (Profi lwerk-zeug) zum Erzeugen rotationssymmetrischer Flä-chen. Bild 4-55 vermittelt eine Übersicht.

Längs-Profi ldrehen ist Profi ldrehen mit Vorschub parallel zur Drehachse des Werkstücks; hierbei ist die Schneide des Profi ldrehmeißels mindestens so breit wie das zu erzeugende Profi l. Beim Längs-Profi leinstechdrehen wird mit einem Profi ldrehmei-ßel ein ringförmiges Profi l (Einstich), z. B. eine Nut, an der Stirnfl äche eines Werkstückes einge sto chen. Mit Hilfe des Quer-Profi ldrehens mit Vorschub senk-recht zur Drehachse des Werkstücks können rota-tionssymmetrische Profi le auf der gan zen Breite erzeugt werden. Um jedoch bei Quer-Pro fi ld reh ope-rationen ein Rattern aufgrund von Instabilitäten der Werkzeugeinspannung zu vermei den, sind Pro fi le auf eine Breite von b

w = 15 mm (in Son der fällen bis

zu 30 mm) zu begrenzen.

Beim Quer-Profi leinstechdrehen wird mit einem Profi ldrehmeißel ein ringförmiger Einstich an der Umfangsfl äche des Werkstücks erzeugt. Als Quer-Profi labstechdrehen bezeichnet man einen Dreh-vorgang, bei dem ein Profi ldrehmeißel gleichzeitig das Werkstück oder Werkstückteile absticht.

Formdrehen ist Drehen, bei dem durch die Steu-e rung der Vorschub- bzw. Schnittbewegung (z. B. Unrunddrehen) die Form des Werkstücks erzeugt wird. Nach der Art der Steuerung von Bewegungen kann zwischen

– Freiformdrehen,– Nachformdrehen,– Kinematisch-Formdrehen und – NC-Formdrehen

unterschieden werden, wie aus Bild 4-56 hervor-geht. Beim Freiformdrehen wird die Vorschubbewe-gung von Hand gesteuert (z. B. beim Drechseln). Nachformdrehen ( Kopierdrehen) ist Formdrehen, bei dem die Vorschubbewegung über ein zweidi-men sionales Bezugsformstück gesteuert wird. Beim Kinematisch-Formdrehen erfolgt die Steuerung der Vorschubbewegung kinematisch mit Hilfe eines me-chanischen Getriebes.

Eine weitere Alternative ist das NC-Formdrehen, bei dem die Werkstückform durch Steuerung der Vorschubbewegung mittels eingegebener Daten und Verwenden einer nummerischen Steuerung er-zeugt wird.

Bild 4-55Profi ldrehverfahren.

vfa v c vfa v c

v fr

bw

v c

3.2.1.5.1 Längs-

3.2.1.5.5 Quer-Einstech- 3.2.1.5.6 Quer-Abstech-

3.2.1.5.2 Längs-Einstech- 3.2.1.5.4 Quer-

v fr

3 2 1 5 Profildrehen

v c v c

v fr

Page 39: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 283

4.6.1.2 DrehwerkzeugeDie Form und die Abmessungen der Werkzeuge zum Drehen sind abhängig von der Bearbei tungs-aufgabe. Moderne Werkzeuge für die spanende Be-arbeitung mit defi nierten Schneiden sind aus ver-schiedenen Komponenten aufgebaut. Allgemein kann man zwischen

– Schneidensystem,– Befestigungs- bzw. Klemmsystem und – Werkzeuggrundkörpersystem

unterscheiden. Der Hauptvorteil einer Aufteilung in mehrere Teilsysteme besteht dabei in einer ver-bes serten Anpassung des Werkzeugsystems an die jeweilige Bearbeitungsaufgabe.

Der Schnellarbeitsstahl hat als Schneidstoff beim Drehen in der Serienfertigung gegenüber Hartme-tall und keramischen Schneidstoffen zunehmend an

Bedeutung eingebüßt. Lediglich für Bearbeitungs-aufgaben, die eine besondere Schneidstoff-Zähig-keit erfordern, sowie bei Profi lwerkzeugen (bessere Schleifbarkeit) werden Schneiden aus Schnellarbeits-stahl noch bevorzugt.

Werkzeugformen für verschiedene Bearbeitungsauf-gaben beim Drehen mit aufgelöteten Schneidplat-ten aus Hartmetall zeigt Bild 4-57. Bei der Schnei den-befestigung durch Löten besteht die Gefahr von Riss-bildungen, besonders durch unterschiedliche Wärme-ausdehnungskoeffi zienten von Schneidplatte und Werkzeuggrundkörper sowie infolge unsachgemä-ßen Nachschleifens.

Mechanische Befestigungs- bzw. Klemmsysteme vermeiden diese Nachteile und gestatten durch das Verwenden genormter Wendeschneidplatten nach DIN ISO 1832 einen schnelleren Schneidenwechsel un ter Wegfall der Kosten für Nachschleifarbeiten.

Bild 4-58 zeigt einige Beispiele für gebräuchliche Be-festigungs- bzw. Klemmsysteme. Konstruktionsprin-zipien sinda) Befestigung mittels Klemmfi nger,b) Befestigung mit Klemmfi nger über verstellbar

angebrachte Spanformplatten,c) Befestigung mit Klemmpratze mit mechanisch

betätigter, über Exzenter stufenlos verstellbarer Spanformstufe,

d) Befestigung mittels eines über eine Spann schrau- be betätigten Winkelhebels,

Bild 4-56Formdrehverfahren.

vfZ

vfX

v cZ

3.2.1.6.1 Frei- 3.2.1.6.2 Nach- 3.2.1.6.3 Kinematisch- 3.2.1.6.4 NC-

v fX

3 2 1 6 Formdrehen

Bild 4-57Werkzeugformen beim Drehen für verschiedene Bearbeitungs-aufgaben.

DIN 4973 DIN 4975

DIN 4971 DIN 4972 DIN 4975 DIN 4976DIN 4977 DIN 4978 DIN 4980 DIN 4981

Page 40: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

284 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

e) Schraubenbefestigung ohne Spanformstufe,f) Schraubenbefestigung mit Spanformstufe.

Befestigungs- und Klemmsysteme lassen sich unter-scheiden in solche für Wendeschneidplatten ohne (Bild 4-58a), b) und c)) und mit Befestigungsloch, Bild 4-58d), e) und f).

Weiterhin können Positiv- oder Negativplatten ein-gesetzt werden. Positivplatten besitzen einen Keil-winkel < 90 ° und ermöglichen in Klemmsystemen positive Spanwinkel in Bild 4-58a), b) und c), wäh-rend Negativplatten einen Keilwinkel von 90 ° auf-weisen und negative Spanwinkel in Bild 4-58d) erge -ben. Die Anzahl der verwendbaren Schneiden ist bei Negativplatten doppelt so groß wie bei Positiv-platten gleicher Grundform.

4.6.1.3 ZeitberechnungEin wichtiges Entscheidungskriterium für die Aus-wahl von spanenden Fertigungsverfahren ist das Zeitspanungsvolumen Q

w. Es berechnet sich aus

dem Spanungsvolumen Vw und der Schnittzeit t

c

(Abschn. 4.4.3):

QV

tww

c

3

in mm

s� . [4-37]

Die Schnittzeit tc ist der wesentliche Anteil an der

Hauptnutzungszeit th. Nach Verband für Arbeitsstu-

dien – REFA e.V. – ist die Hauptnutzungszeit de-fi niert als die Zeit, in der das Werkzeug am Werk-stück die beabsichtigte Änderung der Werkstück-form und (oder) Werkstückoberfl äche vollzieht, al-so sei ner Zweckbestimmung entsprechend genutzt wird. Es gilt

th = t

c + t

a + t

ü. [4-38]

Die Schnittzeit tc ist der Quotient aus dem Vorschub-

weg lf und der Vorschubgeschwindigkeit v

f. Für die

Vorschubgeschwindigkeit vf = konst. gilt

tl

cf

f

in s.�v

[4-39]

Zusätzlich zur Werkstücklänge lw ist gegebenenfalls

der Anschnittweg laκ in Abhängigkeit vom Ein stell-

winkel k zu berücksichtigen.

Zur Berechnung der Hauptnutzungszeit sind außer der Schnittzeit auch die Anlaufzeit t

a und die Über-

laufzeit tü zu berücksichtigen.

Die Berechnungsgleichungen für die Schnittzeiten

und die Zeitspanungsvolumina sind für das Längs-Runddrehen in Bild 4-59 angegeben.

Zur Berechnung der Schnittzeit beim Quer-Plan-drehen muss zwischen dem Drehen mit konstan-ter Drehzahl und konstanter Schnittgeschwindig-keit unterschieden werden. Die Beziehungen sind in Bild 4-60 wiedergegeben.

4.6.2 Bohren, Senken, Reiben

Bohren ist Spanen mit kreisförmiger Schnittbe we-gung, bei dem die Drehachse des Werkzeugs und die Achse der zu erzeugenden Innenfl äche iden-tisch sind und die Vorschubbewegung im Vergleich zum Innendrehen nur in Richtung dieser Drehach-se ver laufen darf.

Senken ist Bohren zum Erzeugen von senkrecht zur Drehachse liegenden Planfl ächen oder sym-

Bild 4-58Klemmsysteme für Wendeschneidplatten (nach Krupp-Widia):a) mit Klemmfi ngerb) mit Klemmfi nger und Spanformplattec) mit Klemmpratze und über Exzenter verstellbarer Span-

form stufed) mit Winkelhebele) mit Schraubenbefestigung ohne Spanformstufef) mit Schraubenbefestigung und Spanformstufe

a) b)

c) d)

e) f)

Page 41: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 285

Bil

d 4-

59.

Zei

tber

echn

ung

beim

Län

gs-R

undd

rehe

n.

Län

gs-R

un

dd

reh

en

3.2

.1.2

.1

v fa

v fr

v c

Dw

dw

l w ap

f l f l a� v c v fa

t c i k Q

l a� =

ap

tan k

i = z a

p

v fa = f �n

c

Q =

ap

�f �v c

nc

t c =

l f

f � n

c

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v c = d

w ��� �n

c

Werk

stü

ckd

urc

hm

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vor

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Dre

hen

Werk

stü

ck-(D

reh)-D

urc

hm

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Werk

stü

cklä

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Bearb

eitungszugab

e

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fe

Vors

chub

Vors

chub

weg

Anschnittw

eg

Schnittg

eschw

ind

igkeit

Vors

chub

geschw

ind

igkeit (

axia

l)

Schnittz

eit

Anzahl d

er

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Dre

hzahl

Ein

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men

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l wl f

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dw

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k

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v f

nc

Bil

d 4-

60.

Zei

tber

echn

ung

beim

Que

r-P

land

rehe

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Qu

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Pla

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en

3.2

.1.1

.1

dw

a

ap

f l f l a� v c v fr

t c knc

Werk

stü

ckaußend

urc

hm

esser

Werk

stü

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urc

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esser

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eitungszugab

e

Schnitttie

fe

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chub

Vors

chub

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eg

Schnittg

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rad

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Schnittz

eit

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hzahl

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w)

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4 � f

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a 2 �

dw

i 2 )

lf

ap

= Z

k

la�

v fr

dwa

dwi

Page 42: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

286 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

metrisch zur Drehachse liegenden Kegelfl ächen bei meist gleichzeitigem Erzeugen von zylindrischen Innen fl ächen.

Reiben ist ein Aufbohren zwecks Erhöhung der Oberfl ächengüte bei geringen Spanungsdicken.

4.6.2.1 BohrverfahrenDie Einteilung der Bohrverfahren nach DIN 8589, Teil 2, zeigt Bild 4-61. Unter Plansenken versteht man Senken zur Erzeugung von senkrecht zur Dreh-achse der Schnittbewegung liegenden ebenen Flä-chen, wie Bild 4-62 zeigt. Es kann zwischen dem Planansenken und dem Planeinsenken unterschie-den werden. Durch Planansenken werden am Werk -stück hervorstehende Planfl ächen gefertigt. Das Plan-einsenken dient zum Erzeugen von im Werk stück vertieften Planfl ächen; hierbei entsteht gleich zeitig ei ne kreiszylindrische Innenfl äche.

Beide Verfahrensvarianten können mit Senkwerk-zeugen mit und ohne Führungszapfen ausgeführt werden.

Rundbohren kennzeichnet einen Bohrvorgang zum

Erzeugen einer kreiszylindrischen, koaxial zur Dreh-achse der Schnittbewegung gelegenen Innenfl äche. In der fünften Stelle der nach DIN festgelegten Ord-nungsnummer werden Rund-Bohrverfahren nach Merkmalen des Werkzeugeingriffs unterteilt. Man unterscheidet zwischen – Bohren ins Volle,– Kernbohren,– Aufbohren und – Reiben.

Weitere Besonderheiten des Bohrwerkzeugs wer-den durch die Unterteilung in der sechsten Stelle der Ordnungsnummer angegeben. Beispiele für das Rundbohren mit symmetrisch angeordneten Haupt-schneiden zeigt Bild 4-63.

Beim Rundbohren ins Volle wird mit dem Werkzeug ohne Vorbohren in den Werkstückstoff gebohrt.

Bild 4-61Einteilung der Bohrverfahren (nach DIN 8589-2).

2 2

DIN 8589 - 2

3

BohrenSenkenReiben

2 23 1

Plan-senken

2 23 2 2 23 3 2 23 5 2 23 6

Rund-bohren

Schraub-bohren

Profil-bohren

Form-bohren

Bild 4-62Plansenkverfahren.

Plansenken2 13 2

3.2.2.1.2 Planeinsenken3.2.2.1.1 Planansenken

nc nc nc

v fav fav fa

3 222

3.2.2.2.3.1 Aufbohren 3.2.2.2.4.1 Reiben

3.2.2.2.2.1 Kernbohren3.2.2.2.1.1 Bohren ins Volle

v fa

v fa

nc

nc nc

v fa

Rundbohren

v fa

nc

Bild 4-63Rundbohrverfahren.

Page 43: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 287

Kernbohren ist Bohren, bei dem das Bohrwerkzeug den Werkstückstoff ringförmig zerspant und gleich-zeitig mit der Bohrung ein kreiszylindrischer Kern entsteht bzw. übrig bleibt.

Mit Aufbohren bezeichnet man Bohrverfahren, die zur Vergrößerung einer bereits vorgefertigten Boh-rung (z. B. durch Gießen oder Vorbohren) dienen.

Reiben ist als weitere Untergruppe des Rundboh-rens defi niert. Beim Rundreiben werden maß- und form genaue, kreiszylindrische Innenfl ächen mit ho-her Oberfl ächengüte durch Aufbohren mit geringer Spanungsdicke erzielt. Es kann dabei je nach Art des verwendeten Reibwerkzeugs zwischen mehr-schneidigem Reiben (Bild 4-63) und einschnei-digem Reiben unterschieden werden.

Einige ausgewählte Profi lbohrverfahren sind in Bild 4-64 dargestellt. Profi lbohren ins Volle ist Bohren in den vollen Werkstückstoff zum Erzeugen von ro-tationssymmetrischen Innenprofi len, die durch das Hauptschneidenprofi l des Bohrwerkzeugs bestimmt sind (z. B. Profi lbohren mit Zentrierbohrer).

Beim Profi laufbohren wird das jeweilige Innenpro-fi l durch Aufbohren hergestellt (z. B. Aufbohren ei-ner kegeligen Innenfl äche für Kegelstifte). Weitere Profi lbohrverfahren sind das Profi lsenken und das Pro fi lreiben.

Schraubbohren ist Bohren mit einem Schraubpro-fi l-Werkzeug in ein vorhandenes bzw. vorgebohrtes Loch, hierbei entstehen koaxial zur Schnittbewe-gung liegende Innenschraubflächen, z. B. beim Ge windebohren mit einem Gewindebohrer gemäß Bild 4-65.

Formbohren sind Bohrverfahren mit gesteuerter Schnitt- bzw. Vorschubbewegung zur Erzeugung von Innenfl ächen, die von der kreis zylindrischen

Form abweichen. Bild 4-65 zeigt das Unrundaufboh-ren eines gegossenen oder vorge bohr ten Loches.

4.6.2.2 BohrwerkzeugeDie Bauformen von Bohrwerkzeugen sind äußerst vielfältig. Trotz der Vielzahl von standardisierten Bohrwerkzeugen nimmt der Anteil von an die jewei-lige Bearbeitungsaufgabe angepassten Sonderwerk-zeugen ständig zu.

Für die Fertigungsverfahren Bohren lassen sich zeit-lich aufeinanderfolgende Fertigungsstufen unter schei-den. In Bild 4-66 sind den nach DIN 8589-2, defi nier-ten Fertigungsverfahren und den daraus abgeleiteten Fertigungsstufen für bestimmte zu erzeugende Form-elemente typische Bohrwerkzeuge zugeordnet.

Der Wendelbohrer zählt zu den am meisten ver wen-

Bild 4-64Profi lbohrverfahren.

nc

v fa

nc

v fa

nc

v fa

Bohrung

kegelig

v fa

nc

2 2 5 Profilbohren3

3.2.2.5.1 Profilbohren i. Volle

3.2.2.5.3 Profilsenken 3.2.2.5.4 Profilreiben

3.2.2.5.2 Profilaufbohren

Bild 4-65Schraub- und Formbohren.

nc

nc

v fa

v fa

Schraubbohren

3.2.2.6.1 Unrundbohren3.2.2.3.1 Gewindebohren

Formbohren2 33 2 2 63 2

Page 44: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

288 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

BeispielwerkzeugeFertigungsstufen

Bohren ins Volle

Aufbohren, Profilsenken,Profilaufbohren

PlanansenkenPlaneinsenken

Reiben

erzeugtes Formelement

3.2.2.2.4

3.2.2.1.1 3.2.2.1.2 3.2.2.1.1 3.2.2.1.2 3.2.2.1.1 3.2.2.1.2

3.2.2.5.33.2.2.5.13.2.2.2.3

3.2.2.2.1

Bild 4-66Werkzeuge für verschiedene Fertigungsstufen beim Bohren (nach Meyer).

�Wendelbohrertyp AnwendungSpitzen-winkel

Seitenspan-winkel

N

H

g xs

g x

s

g x

sW

18 bis 30° 118 bis 130°

118°10 bis 15°

35 bis 45° 140°

Mg-Legierungen

austenitische Stähle

Cu

Cu-Legierungen

weiche Kunststoffe

unleg. und legierte Stähle

GJL, GJS GJMW, GS

Al - Leg. mit > 11 % Si

Bild 4-67Wendelbohrertypen nach DIN 1414-1/2 und ihre Anwendung.

�x

Page 45: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 289

deten Bohrwerkzeugen. Je nach der Größe des Sei-tenspanwinkels g

x (Drallwinkel) und des Spitzen-

winkels s können verschiedene Wendel boh rertypen unterschieden werden, wie Bild 4-67 ver deutlicht.

Mit Wendelbohrern lassen sich üblicherweise Boh-rungen mit einem Verhältnis Bohrtiefe/Bohrungs-durchmesser l

w/d

w < 5 ohne Schwierigkeiten erzeu gen.

Mit speziellen Tiefbohrwerkzeugen können heute lw/d

w-Verhältnisse im Bereich von 150 bis 200 erreicht

werden. Tiefbohrwerkzeuge fi nden heute aber auch zur Fertigung von Bohrungen mit höheren Anfor-derungen an die Maßgenauigkeit (IT 7 bis IT 10) und an die Form- und Lagegenauigkeit Anwendung.

Werkzeuge zum Tiefbohren sind– Einlippenbohrwerkzeuge,– Bohrköpfe nach dem Einrohrsystem (BTA-Bohr-

werkzeuge),– Bohrköpfe nach dem Doppelrohrsystem (Ejek-

tor-Bohrwerkzeuge).

Bild 4-68 zeigt Rundbohrverfahren mit Tiefbohr-werkzeugen. Beim Rundbohren ins Volle mit Ein-lip penbohrer wird ein Bohrwerkzeug mit unsym me-trisch angeordneten Schneiden benutzt. Die Kühl-schmierfl üssigkeit wird dabei durch das Innere des meist rohrförmigen Werkzeugschafts zugeführt. Span- und Kühlschmierfl üssigkeitsabfl uss erfolgen durch eine äußere Spannut im Werkzeugschaft. Ein-lippen-Tiefbohrwerkzeuge benötigen zum Anbo h-ren stets eine besondere Führungseinrichtung.

Beim Rundbohren mit einem Bohrkopf nach dem Einrohrsystem ( BTA-Verfahren) 1) wird die Kühl-schmierfl üssigkeit von außen zwischen Werk zeug-schaft und Bohrungswand zugeführt. Die anfallen - den Späne werden dann von der Kühl schmierfl üs-sigkeit in das Innere des Bohrkopfes gespült und durch das Bohrrohr abgeführt. Das Einbringen der Kühl schmierfl üssigkeit erfolgt dabei über ein beson-deres Zuführsystem, das den zwischen Werk stück und Werkzeug gebildeten Ringraum abdichtet und mit Hilfe der eingesetzten Bohrbuchse den Werk-zeugschaft führt.

Das Bohren mit einem Bohrkopf nach dem Doppel-rohrsystem ( Ejektorbohrverfahren) ist dadurch ge-kennzeichnet, dass die Kühlschmierfl üssigkeit zwi-schen zwei konzentrisch angeordneten Rohren zu-geführt und mit den Spänen durch das Innere des Späneabfl ussrohres wieder abgeführt wird. Der Spä-netransport wird von dem mit Düsen versehenen Innenrohr begünstigt. Nach dem Ejektor-Prinzip entsteht ein Unterdruck, so dass man bei diesem Ver fahren mit wesentlich geringeren Kühlschmier-fl üs sigkeitsdrücken auskommt.

4.6.2.3 ZeitberechnungDie Schnittzeit beim Bohren lässt sich wie beim Drehen aus Vorschubweg, Vorschub und Drehzahl berechnen. Beim Bohren wird im Allgemeinen ein Sicherheitsabstand von 1 mm zwischen Werkzeug und Werkstück vorgesehen. Die Überlaufwege sind bei den einzelnen Bohrverfahren unterschiedlich. Beim Rundbohren ins Volle mit einem Wendelboh -rer beträgt der Überlaufweg l

ü = 2 mm. Der die

Hauptnutzungszeit bestimmende Weg des Bohr-werkzeugs L in mm beträgt somit

1) Verfahren entwickelt von der Boring und Trepanning Association.

Bild 4-68Anwendung von Tiefbohrwerkzeugen beim Rundbohren ins Volle.

v fa

Rundbohren ins Volle2 2 2 13

nc

3.2.2.2.1.3 Einlippenbohrer3.2.2.2.1.4 Bohrkopf nach

Einrohrsystem

3.2.2.2.1.5 Bohrkopf nach

Doppelrohrsystem

v fa ncv fa nc

Page 46: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

290 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

L = lw + l

ak + 1 mm + lü. [4-40]

Bild 4-69 gibt die Eingriffsverhältnisse und einige wichtige Berechnungsgleichungen für das Rund-bohren ins Volle mit einem Wendelbohrer an.

4.6.3 Fräsen

Fräsen ist ein spanendes Fertigungsverfahren, das mit meist mehrzahnigen Werkzeugen bei kreisför-miger Schnittbewegung und senkrecht oder auch schräg zur Drehachse gerichteter Vorschubbewe-gung nahezu beliebig geformte Werkstückfl ächen zu erzeugen vermag. Wesentliche Verfahrensmerk-

male sind die im Gegensatz zu anderen Verfahren (z. B. Drehen und Bohren) sich stetig verändernden Ein griffsverhältnisse. Unterbrochener Schnitt und die in Abhängigkeit vom Vorschubrichtungswinkel nicht konstanten Spanungsdicken und damit ver-bundenen Schnittkraftschwankungen erfordern ein gutes dyna misches Verhalten des Systems Werk-stück – Werk zeug – Werkzeugmaschine.

4.6.3.1 FräsverfahrenFräsverfahren werden nach DIN 8589-3 in Plan-, Rund-, Schraub-, Wälz-, Profi l- und Formfrä sen un-terteilt, wie aus Bild 4-70 hervorgeht. Nach Art des Werkzeugeingriffs kann zwischen dem

Bild 4-69 Zeitberechnung beim Rundbohren ins Volle mit einem Wendelbohrer.

Rundbohren ins Vollemit symmetrisch ange-

ordneten Hauptschneiden3.2.2.2.1.1

v fa

n c

n c

Bohrdurchmesser

Bohrtiefe nach dem Durchbohren

Spanungsquerschnitt

Schnittbreite

Spanungsbreite

Spanungsdicke

Schnittgeschwindigkeit

Vorschubgeschwindigkeit (axial)

Schnittzeit

Zeitspanungsvolumen

Anzahl der Schneiden

Einstellwinkel

Spitzenwinkel

Anschnittweg

Drehzahl

Vorschub (Vorschub je Schneide)

Symbol Bezeichnung Formeln

dw

lw

ap

b

h

v fatc

Q

z

ksla �

nc

f (fz)

v c

v c � dw � � � �nc

v fa � z fz �nc

la� = =ap

tan k2 �tan

s2

dw

tc �

lw �

f �nc

Q �dw

2 � �

4 �f �nc

f = z �fz

dw

l w

ap

h

s

l a�

fz =f2

v fa

A � b �h � ap �fz

A

A

la �

Page 47: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 291

– Umfangsfräsen, – Stirnfräsen und– Stirn-Umfangsfräsenunterschieden werden. Hierbei erzeugen jeweils die am Umfang liegenden Hauptschneiden, die an der Stirnseite des Fräswerkzeugs liegenden Neben-schnei den oder die am Umfang bzw. der Stirnseite wirken den Haupt- und Nebenschneiden gleichzei-tig die gewünschte Werkstückform.

Planfräsen ist Fräsen mit geradliniger Vorschub be-we gung zur Erzeugung ebener Flächen. Verfah rens-varianten des Planfräsens sind in Bild 4-71 gezeigt.

Beim Rundfräsen lassen sich kreiszylindrische Flä-chen mit außen- oder innenverzahnten Fräsern erzeu-gen. Werkzeug- und Werkstückdrehachse stehen bei üblichen Rundfräsverfahren parallel zueinander.

Als wirtschaftliche Alternative zum Drehen haben sich in bestimmten Anwendungsfällen Rundfräsver-fah ren entwickelt, bei denen die Werkzeugdrehachse annähernd senkrecht zur Werkstückdrehachse ange-ord net ist (sog. Drehfräsen), Bild 4-72.

Mit Schraubfräsen bezeichnet man Fräsverfahren, bei denen unter wendelförmiger Vorschubbewegung schraubenförmige Flächen am Werkstück entstehen (z. B. Gewinde und Zylinderschnecken).

Zum Schraubfräsen gehören gemäß Bild 4-73 das Langgewindefräsen und das Kurzgewindefräsen. Langgewindefräsen ist Schraubfräsen mit einem einprofi ligen Gewindefräser, dessen Achse in Rich-tung der Gewindesteigung geneigt ist und dessen Vorschub der Gewindesteigung entspricht. Das Kurz-gewindefräsen erfolgt dagegen mit einem mehr-

Bild 4-70Einteilung der Fräsverfahren (nach DIN 8589-3).

Bild 4-71Planfräsverfahren.

Bild 4-72Rundfräsverfahren.

2 33 5

ProfilfräsenPlanfräsen Rundfräsen Schraubfräsen

Fräsen

DIN 8589 - 3

2 33

2 33 1 2 33 2 2 33 3 2 33 4

Wälzfräsen

2 33 6

Formfräsen

3.2.3.1.1 Umfangs-

v fr

3 2 3 1 Planfräsen

3.2.3.1.2 Stirn-

3.2.3.1.3 Stirn-Umfangs-

v c

v c

v ft v ftv fa

v fa

v ft

v c

v fr

v c

v fa

v fr

v ft

v c

v fr

v ft

3.2.3.2.1 Umfangs-

3 2 3 2 Rundfräsen

3.2.3.2.2 Stirn-

3.2.3.2.3 Stirn-Umfangs-

v c

v ft

v fr

v c

v ft

v fr

v fa

v frv fa

v c

Page 48: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

292 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

pro fi ligen Gewindefräser, dessen Achse zur Werk-stück achse parallel liegt und dessen Vorschub der Gewin desteigung entspricht. Zur Herstellung des Gewindes ist dabei lediglich etwas mehr als eine Werkstück umdrehung erforderlich.

Wälzfräsen ist eines der wichtigsten Fertigungs ver-fahren zur Herstellung von Verzahnungen. Beim Wälzfräsen führt ein Fräser mit Bezugsprofi l eine mit der Vorschubbewegung simultane Wälzbewe-gung aus. Dabei wälzen Werkzeug und Werkstück

ähnlich wie eine Schnecke in einem Schnecken-radgetriebe während des Zerspanvorgangs gegen-ein ander ab (Bild 4-73).

Profilfräsen ist Fräsen unter Verwendung eines Werkzeugs mit werkstückgebundener Form. Es dient zur Erzeugung gerader (geradlinige Vorschub-bewegung), rotationssymmetrischer (kreisförmige Vorschubbewegung) und beliebig in einer Ebene gekrümmte Profi lfl ächen (gesteuerte Vorschubbe we-gung). Beispiele für Profi lfräsen zeigt Bild 4-74.

Formfräsen ist Fräsen, bei dem die Vorschub be-wegung in einer Ebene oder räumlich gesteuert ist und dadurch die gewünschte Form des Werkstücks erzeugt wird. Zu dieser Verfahrensgruppe gehören das in Bild 4-75 dargestellte

– Freiformfräsen, – Nachformfräsen, – Kinematisch-Formfräsen und – NC-Formfräsen.

Ein weiterer Gesichtspunkt für die Unterscheidung von Fräsverfahren ist die Richtung der Vorschubbe-

Bild 4-74Profi lfräsverfahren.

Bild 4-73Schraub- und Wälzfräsverfahren.

3.2.3.3.1 Langgewinde-

v c

v fa

v fr

v fr

nw

3 2 3 3 (4)

3.2.3.3.2 Kurzgewinde- 3.2.3.4 Wälzfräsen

Schraub- und Wälzfräsen

v c

a

nw

nw

nc

v f

3.2.3.5.1 Längs-

v cv fa

v fr

Profilfräsen3 2 3 5

3.2.3.5.2 Rund-

v ft

v c

Bild 4-75Formfräsverfahren.

Formfräsen3 2 3 6

3.2.3.6.1 Frei- 3.2.3.6.2 Nach- 3.2.3.6.3 Kinematisch- 3.2.3.6.4 NC-

v f

nc nc

v fv f

nc

v f

nc

Page 49: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 293

wegung gegenüber der Schnittbewegung. Man un-ter scheidet zwischen Gleichlauf- und Gegenlauffrä-sen. Die beiden Fräsarten sind in Bild 4-76 schema-tisch dargestellt.

Beim Gleichlauffräsen sind die Drehrichtung des Fräsers und die Werkstückbewegung im Bereich des Werkzeugeingriffs gleichgerichtet. Das Gleich-lauffräsen mit Walzenfräser ist dadurch gekenn-zeich net, dass mit Beginn des Schneideneingriffs der Vorschubrichtungswinkel j größer oder gleich 90 ° ist und beim Austritt einen Maximalwert von 180 ° annimmt, Bild 4-76a).

Das Gegenlauffräsen ist ein Fräsen, bei dem im Be-reich des Werkzeugeingriffs die Drehrichtung des Fräsers und die Werkstückbewegung einander ent-gegengerichtet sind. Beim Gegenlauffräsen mit Wal-zenfräser kann der Vorschubrichtungswinkel im Eingriffsbereich Werte im Bereich 0 ° ≤ j ≤ 90 ° an-nehmen, Bild 4-76b).

Beim Gleichlauffräsen ist die Schnittkraft gegen den Maschinentisch gerichtet. Der Vorschubantrieb muss daher spielfrei sein, weil der Fräser sonst den Maschinentisch ruckartig in Vorschubrichtung zie-hen und das Werkstück aus der Aufspannung rei-ßen könnte. Es empfi ehlt sich, das Werkstück stets gegen einen festen Anschlag zu spannen. Gegen-über dem Gegenlauffräsen nimmt die Spanungsdi-cke beim Gleichlauffräsen zwischen Schneidenein- und -austritt zunehmend ab, so dass sich die Schnitt-kraft eben falls verringert und Auffederungseffekte ver mie den werden können. Beim Gleichlauffräsen las sen sich dadurch in der Regel bessere Oberfl ä-chengüten erzielen.

4.6.3.2 FräswerkzeugeFräswerkzeuge sind nicht nach einheitlichen Ge-sichtspunkten unterteilt. Je nach konstruktions- und anwendungsbezogenen Merkmalen unterscheidet man u. a.– Walzenfräser,– Walzenstirnfräser, – Scheibenfräser, – Prismenfräser,– Winkelstirnfräser, – Halbkreisfräser,– Messerköpfe,– Kreissägewerkzeuge, – Schaftfräser,– Langlochfräser, – Schlitzfräser, – T-Nutenfräser, – Wälzfräser,– Gewindefräser und – Satzfräser.

Bild 4-77 zeigt, dass grundsätzlich vier verschie-dene Fräswerkzeugtypen defi niert werden können. Demnach lassen sich die hauptsächlich angewen-deten Fräswerkzeuge in Umfangs-, Stirn-, Profi l- und Formfräser unterteilen.

Außer den Fräswerkzeugen aus Schnellarbeitsstahl werden zunehmend Hartmetallwerkzeuge angewen-det. Zum Fräsen von Gusswerkstoffen werden inzwi-schen auch Wendeschneidplatten aus weniger stoß -empfi ndlichen Mischkeramiksorten häufi ger einge-setzt. Bei der Bearbeitung von Nichteisen metallen können Schneidplatten aus polykristallinem Dia-mant erfolgreich verwendet werden. Schneidplatten aus polykristallinem Bornitrid bieten beim Fräsen von schwer zerspanbaren Eisenwerkstoffen aber ei-ne wirtschaftliche Fertigungsalternative.

4.6.3.3 ZeitberechnungWichtige Berechnungsgleichungen sind in Bild 4-78 und 4-79 am Beispiel des Umfangs-Planfräsens und Stirn-Planfräsens zusammengestellt.

Die Schnittzeit und das Zeitspanungsvolumen beim Fräsen werden im Wesentlichen durch die Größe der Vorschubgeschwindigkeit bestimmt. Die Vor-schub geschwindigkeit v

ft ist wiederum vom Vor-

schub je Zahn fz (Zahnvorschub) abhängig, der mit-

telbar über die Drehzahl des Fräswerkzeugs nc aber

auch von der Größe der Schnittgeschwindigkeit be-einfl usst wird. Als Vorschub je Zahn oder je Schnei-

Bild 4-76Werkzeug- und Werkstückbewegungen beim Umfangfräsen (nach DIN 6580):a) Gleichlauffräsen (j > 90 ∞)b) Gegenlauffräsen (j < 90 ∞)

nc

a) b)

Werkstückbewegung

v f

v e v c

j

P fe

j v e v c P fe

v f

nc

nc

Page 50: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

294 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

de be zeichnet man den Abstand zweier hinterein-ander entstehender Schnittfl ächen, gemessen in der Vorschubrichtung und in der Arbeitsebene. Es ist demnach

fz = f /z. [4-41]

Hierbei ist z gleich der Anzahl der Zähne oder Schneiden. Ist z = 1, wie z. B. beim Drehen oder beim Fräsen mit Einzahnfräser, so wird

fz = f. [4-42]

Vom Zahnvorschub abgeleitet ist der Schnittvor-schub f

c. Als Abstand zweier unmittelbar hinterein-

ander entstehender Schnittfl ächen wird er ebenfalls in der Arbeitsebene, jedoch senkrecht zur Schnitt-richtung gemessen (vgl. Verfahrensschema Bild 4-78 und 4-79). Es gilt

fc � f

z sin j. [4-43]

Bei Zerspanvorgängen mit j = 90 ° und einschnei-digen Werkzeugen, wie z. B. beim Drehen und Ho-beln, ist

fc = f

z = f. [4-44]

4.6.4 Hobeln und Stoßen

Hobeln und Stoßen ist Spanen mit wiederholter meist geradliniger Schnittbewegung und schrittwei-ser, senkrecht zur Schnittrichtung liegender Vor-schub bewegung. Hobel- und Stoßverfahren unter-scheiden sich lediglich in der Aufteilung von Schnitt- und Vorschubbewegung auf Werkstück und Werk-zeug. Beim Hobeln wird die Schnittbewegung vom Werkstück, beim Stoßen durch das Werkzeug aus-geführt. Große Fortschritte beim Fräsen bewirkten, dass das Hobeln auf vielen Gebieten durch das Frä-sen ersetzt wurde. Die Anwendungsgebiete des Ho-beln und Stoßens beschränken sich heute auf das Her stellen von Werkstückfl ächen, die durch ande-re spa nende Fertigungsverfahren nur schwer oder nicht wirtschaftlich zu fertigen sind.

4.6.4.1 Hobel- und StoßverfahrenHobel- und Stoßverfahren sind wegen der gleichen Kinematik beim Zerspanvorgang in DIN 8589-4 zusam-mengefasst worden, wie dies Bild 4-80 zeigt. Nach der Art der zu erzeugenden Flächen, kine mati schen und werkzeugbezogenen Gesichts punk ten er geben sich

Bild 4-77Fräswerkzeuge und einige typische Anwendungen.

Fräsertyp Wirkprofil Wirkfläche Beispiele

1

Umfangs-(walzen-)fräser

2

Stirnfräser

3

4

Profilfräser

Formfräser

werkstück-

ungebunden

Umfangsfläche

(kreiszylindrisch)

werkstück-

ungebunden

werkstück-

gebunden

werkstück-

ungebunden

Seiten(-Stirn)- u.

Umfangsflächen

Profilfläche

Formfläche

beliebig

Walzenfräser

Walzenstirnfräser Schaftfräser Messerkopf

Halbkreisfräser Prismenfräser Scheibenfräser

Gesenkfräser

Page 51: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 295

Bil

d 4-

78Z

eitb

erec

hnun

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mfa

ngs-

Pla

nfrä

sen.

Um

fan

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lan

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3.2

.3.1

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(tangential)

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Arb

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Vors

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Dj

Page 52: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

296 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

für das Hobeln und Stoßen Plan-, Rund-, Schraub-, Wälz-, Profi l- und Formver fah ren. Bild 4-81 zeigt die Kinematik einiger wichti ger Ho bel- bzw. Stoß ver-fahren.

4.6.4.2 HobelwerkzeugeDie Werkzeuge entsprechen in ihrem Aufbau den Werkzeugen zum Drehen. Als Schneidstoffe werden vorwiegend Schnellarbeitsstähle verwendet. Infolge des unterbrochenen Schnittes bleibt die Anwendung von Hartmetallwerkzeugen beim Hobeln und Stoßen auf die zähen Anwendungsgruppen beschränkt.

Hobelwerkzeuge werden überwiegend zur Bearbe i-tung von langen, schmalen Plan- und Profi lfl ächen eingesetzt. Ein typisches Beispiel ist das Bearbei-ten von Führungen und Aussparungen an Werkzeug-ma schinengestellen gemäß Bild 4-82.

4.6.4.3 ZeitberechnungDie Schnitt- und die Rückhubgeschwindigkeit sind beim Hobeln und Stoßen nicht konstant, da das Werk-stück bzw. das Werkzeug bei jedem Hub beschleu-nigt und wieder abgebremst werden muss. Bei der Berechnung der Zeit beim Hobeln ist daher von einer mittleren Schnitt- bzw. Rückhubge schwin-dig keit auszugehen. Bild 4-83 gibt die wichtigs-ten Berech nungsgleichungen auf der Grundlage der jewei ligen Werkzeugwege für das Planhobeln und -stoßen an.

4.6.5 Räumen

Räumen ist nach DIN 8589-5 ein spanendes Fer ti-gungsverfahren, bei dem der Werkstoffabtrag mit einem mehrschneidigen Werkzeug erfolgt, dessen Schneiden hintereinander liegen und jeweils um ei-ne Spanungsdicke h gestaffelt sind. Die Vor schub-bewegung kann durch die Relativlage der Schnei-den entfallen, da der Vorschub gleichsam im Werk-zeug »installiert« ist. Räumwerkzeuge gestatten es, eine komplizierte Fertigteilgeometrie meist in einem

Bild 4-80Einteilung der Hobel- und Stoß -verfahren (nach DIN 8589-4).

Bild 4-81Plan-, Wälz-, Profi l- und Formverfahren beim Hobeln und Stoßen.

3.2.4.1 Plan-

3 2 4 Hobeln und Stoßen

3.2.4.4 Wälz-

v c

v f

3.2.4.5 Profil- 3.2.4.6 Form-

v c

v f

v f

v cv f

v c

v f

v f

2 4

Hobeln und Stoßen

3

DIN 8589 - 4

2 43 1

Planhobelnund Stoßen

2 43 2

Rundhobelnund Stoßen

2 43 3

Schraub-hobelnund Stoßen

2 43 4 2 43 5

Wälzhobelnund Stoßen

Profilhobelnund Stoßen

2 43 6

Formhobelnund Stoßen

Bild 4-82Hobelwerkzeuge für typische Bearbeitungen:1 Breitschlichthobelmeißel2 Nutenhobelmeißel 3, 4 gerade Hobelmeißel

2 21 1 1 4 3

Page 53: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 297

Durch gang zu erzeugen. Die dadurch gegenüber an-deren Fertigungsverfahren wesentlich kürzeren Schnitt -zeiten kennzeichnen das Räumen als typisches Fer-tigungsverfahren in der Massen fer tigung. Die mit Räumverfahren erreichbaren Schnitt geschwin dig-keiten liegen üblicherweise im Bereich von v

c = 1

m/min bis vc = 15 m/min. Beim Hochgeschwindig-

keitsräumen können heute bereits Schnitt ge schwin-dig keiten bis zu v

c = 50 m/min verwirklicht werden.

4.6.5.1 RäumverfahrenJe nach Art der zu erzeugenden Werkstückfl äche lässt sich das Räumen in Plan-, Rund-, Schraub-, Profi l- und Formräumen unterteilen, wie aus Bild 4-84 hervorgeht.

Weiterhin kann je nach Lage der zu bearbeitenden Werkstückfl ächen zwischen Außenräumen und In- nenräumen unterschieden werden. Das Außenräu-men ist vorwiegend beim Plan- und Profi lräumen ge-bräuchlich. Eine besondere Variante des Außenräu-mens ist das Kettenräumen. Hierbei werden die Werk stücke entweder auf einem Rundtisch oder auf speziellen Schlitten, die mittels Ketten bewegt wer den, am feststehenden Räumwerkzeug entlang-ge führt. Da bei diesem Verfahren keine Rückhub-be we gung erforderlich ist und gleichzeitig mehre-re Werk stücke mit dem Werkzeug im Eingriff sein können, ist die Ausbringung (Anzahl der gefertig-ten Werk stüc ke je Zeiteinheit) beim Kettenräumen sehr hoch.

Bild 4-83Zeitberechnung beim Planhobeln und -stoßen.

v c

v f Planhobeln und -stoßen 3.2.4.1

v f

v c v r

lH

l w = lc la

v f v c

ap

f

lkbwbü

lf

bH

Symbol Bezeichnung Formeln

Werkstücklänge

Werkstückbreite

Schnittweg

Vorschubweg

Anschnittweg

Anlaufweg

Überlaufweg

Überlaufbreite

Hublänge

Hubbreite

Schnitttiefe

Vorschub

Schnittgeschwindigkeit

Rückhubgeschwindigkeit

Vorschubgeschwindigkeit

mittlere Arbeitsgeschwindigkeit

Anzahl der Doppelhübe/min

Hauptnutzungszeit

Schnittzeit

lwbw

lc

lfl�

lalüb ülHbH

ap

f

v cv rv fv mnhd

thtc

l�� �

ap

tan k

v m� �2 v c �vr

v c + vr

nhd � � 2 � lH

v m

tc� � f �nhd

lf

th� �bH

f �nhd

k

Page 54: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

298 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Das Profi lräumen wird zum Herstellen von kompli-zierten Innen- und Außenprofi len angewandt. Eini-ge typische Profi le für das Außen- und Innenräu-men zeigt Bild 4-85.

Beim Räumen von ebenen und kreiszylindrischen Flächen oder Profi len entsprechend Bild 4-86 führt das Werkzeug oder das Werkstück eine geradlinige Schnittbewegung aus. Wenn der geradlinigen Schnitt-be wegung zusätzlich eine Drehbewegung des Werk-stücks oder Werkzeugs überlagert wird, lassen sich schraubenförmige Flächen fertigen. Das Erzeugen einer Formfl äche ist mit einer gesteuerten, kreisför-migen Schnittbewegung möglich. Formräumverfah-ren sind das Schwenkräumen (ohne Werkstückbe-wegung) und das Drehräumen (mit rotierender Werk-stückbewegung).

4.6.5.2 RäumwerkzeugeInnenräumwerkzeuge sind meist einteilig ausge-führt und werden bevorzugt aus Schnellarbeitsstahl herge stellt. Bei der Bearbeitung von Grauguss wer-den auch mit Hartmetallschneiden bestückte Räum-werkzeuge eingesetzt. Bei größeren zu räumenden Volumen kann der Zahnungsteil auch aus mehreren auswech selbaren Räumbuchsen bestehen.

Bild 4-84Einteilung der Räumverfahren (nach DIN 8589-5).

Bild 4-86Plan-, Rund- und Profi lräumverfahren.

Bild 4-85Herstellbare Profile beim Außen- und Innenräumen (Bei-spiele).

2 5

Räumen

3

DIN 8589 - 5

2 53 1

Plan-räumen

2 53 2

Rund-räumen

2 53 3

Schraub-räumen

2 53 4 2 53 5

nicht belegt

Profil-räumen

2 53 6

Form-räumen

3.2.5.1.1 Außen-Plan-

3 2 5 Räumen

v c v c

3.2.5.5.2 Innen-Profil-3.2.5.2.2 Innen-Rund-

v c

Profile für Innenräumen

Profile für Außenräumen

Page 55: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.6 Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden 299

Außenräumwerkzeuge sind besonders bei schwie-rigen Werkstückformen aus mehreren Zahnungs-teilabschnitten zusammengesetzt. Sie lassen sich da durch leichter herstellen, nachschleifen und gege-benenfalls über Keilleisten nachstellen.

Den Aufbau eines Innenräumwerkzeugs zeigt Bild 4-87. Es besteht aus Schaft, Aufnahme, Zahnungs-teil, Führungsstück und Endstück. Am Schaft wird das Werkzeug eingespannt, damit es durch das Werk-stück gezogen werden kann. Der Aufnahme- oder Ein führungsteil hat die Aufgabe, die Werkstücke zu zentrieren. Die Zahnungslänge setzt sich aus Schrupp-, Schlicht- und Reserveteil zusammen, die nacheinander zum Eingriff kommen. Die Reserve-zahnung dient zur Kompensation der durch Nach-schleifen bewirkten Maßänderungen (Kalibrieren).

Die Schneidengeometrie eines Räumwerkzeugs ist nach DIN 1416 in Abhängigkeit von der Zahnteilung t festgelegt. Bild 4-88 zeigt hierzu Einzelheiten.

Das Spanraumvolumen der Spankammer ist so zu bemessen, dass diese den Span während des Schnitts aufnehmen kann. Die Größe der Spankammer ist ab-hängig von der Spanungsdicke h, die beim Räu men dem Vorschub je Zahn f

z entspricht, der Spanungs-

bzw. Werkstücklänge lw und der Spanraumzahl R. Die

Spanraumzahl (Abschn. 4.5.5) ist werk stück stoff-abhängig. Als vorteilhaft haben sich für die Span-raumzahl R beim Räumen für spröde, bröc kelnde Werk stückstoffe Werte von 3 bis 6 und für zähe, lang -spanende Werkstückstoffe Werte von 4 bis 8 erwiesen.

Die Angaben beziehen sich auf das Profi lräumen. Die unteren Werte gelten für das Schruppen, die obe ren für das Schlichten. Die Zahnteilung t kann

nach der empirischen Gleichung

t h l R� �( , )2 5 3bis in mmw [4-45]

ermittelt werden. Beim Schruppen und Schlichten ergeben sich aufgrund der unterschiedlich anfal len den Spanmengen auch variierende Zahn teilun gen.

Damit für die jeweilige Bearbeitungsaufgabe gün-stige Spanformen zu erhalten sind, werden in die ein zelnen Schneiden Spanbrechernuten eingebracht.

Bild 4-88Eingriffsverhältnisse und Schneidengeometrie beim Räumen (nach DIN 1416).a Freiwinkelg Spanwinkelc Spankammertiefe e Zahnrückent Zahnteilung R, r Spanfl ächenradien h

z Spanungsdicke je Zahn

lw Spanungslänge

Bild 4-87Aufbau eines Innenräumwerkzeugs.

Schaft Endstück

FührungsstückAufnahme

Zahnungslänge lz

Gesamtlänge l

Zugkraft

(Schnitt-

kraft)

Schruppteil Schlichtteil Reserveteil

l1 l2 l3

WerkstückAuflage

e

t

c

hz =

f z

g

r

a

R

lw

Schneide Schneidzahn

Spanbrechernut Spankammer

Page 56: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

300 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Die Anordnung der aufeinanderfolgenden Schnei -den bezeichnet man als Zahnstaffelung. Nach DIN 1415 lassen sich verschiedene Staffelungsarten de-fi nieren, wie aus Bild 4-89 hervorgeht. Bei der Tie fen-staffelung dringen die Schneiden senkrecht zu der zu fer ti genden Werkstückfl äche in ganzer Schnei den-breite in den Werkstückstoff ein und spanen diesen bei geringen Spanungsdicken ab.

Bei der Seitenstaffelung dringen die Schneiden pa-rallel (tangential) zu der zu fertigenden Werkstück-fl ä che in den Werkstückstoff ein und spanen die-sen strei fenweise bei großer Spanungsdicke ab. Die end gül tige Werkstückoberfl äche wird anschließend meist mit einem Schneidenteil in Tiefenstaffelung erzeugt. Besonders Oberfl ächen von gegossenen und geschmiedeten Werkstücken lassen sich damit ohne größere Werkzeugbeanspruchungen räumen. Gegen-

Bild 4-89Staffelungsarten und Zerspanschemata beim Räumen (nach DIN 1415).

Bild 4-90 Zeitberechnung beim Innenrund räumen.

Innenrundräumen 3.2.5.2.2

v c

v c

hz

Symbol Bezeichnung Formeln

Werkstücklänge

Werkstückdurchmesser

Anlaufweg

Überlaufweg

Zahnungslänge

Hublänge

Schnittgeschwindigkeit

Schnittzeit

Hauptnutzungszeit

Eingriffszähnezahl

Zahnteilung

Spanungsquerschnitt

Spanungsbreite

Spanungsdicke je Zahn

Zeitspanungsvolumen

lw

dw

la

lz

lH

b

tc

lw

v c

lH

lz lü la

Werkstück

th

ze

t

A

Q

A = ze �hz �b

b � dw � �

Q � � A �vc

lH � lw � la � lü + lz

tc =lw � lz

v c

th �lHv c

lwt

ze �

dw

Tiefenstaffelung(Innen-Profilräumen)

Seitenstaffelung(Außen-Planräumen)

WerkstückWerkstück

Tiefenstaffelung(Außen-Planräumen)

Werkstück

Keilstaffelung(Außen-Planräumen)

Page 57: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 301

über der Tiefenstaffelung ergeben sich bei der Sei-tenstaffelung jedoch längere Werkzeuge. Eine Son-derform ist die so genannte Keilstaffelung.

4.6.5.3 ZeitberechnungBei der Berechnung der Zeiten beim Räumen ist zwischen den Zeiten für den Arbeits- und Rückhub zu unterscheiden. Dabei bestimmt der eigentliche Räum- bzw. Arbeitshub die Hauptzeit, während der in der Regel mit einer höheren Geschwindigkeit er-folgende Rückhub beim Räumen als Nebennutzung (mittelbare Nutzung) angesehen wird.

Da das Räumen mit einem mehrschneidigen Werk-zeug erfolgt, dessen Schneiden jeweils gestaffelt zum Eingriff kommen, ist bei der Berechnung des Zeitspanungsvolumens von der Eingriffszähnezahl z

e auszugehen. Wenn für alle Schneiden die gleiche

Spanungsdicke je Zahn hz angenommen wird, gilt

Qw = z

e h

z b v

c [4-46]

mit

zl

tew� . [4-47]

Die wichtigsten Gleichungen für die Zeit ermittlung beim Innenrundräumen zeigt Bild 4-90.

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden

Das Spanen mit geometrisch unbestimmten Schnei-den kann zusätzlich zu DIN 8580 unterteilt werden in Spanen mit gebundenem und ungebundenem Korn. Zum Spanen mit gebundenem Korn ist das Schleifen mit Schleifkörpern und Schleifbändern sowie Honen und Abtrennen zu zählen. Läppen, Gleitschleifen und Strahlspanen werden mit unge-bundenem Korn ausgeführt.

4.7.1 Schleifen

Das Schleifen ist nach DIN 8589 das Trennen mit viel schneidigem Werkzeug. Die Schneidenform ist geometrisch unbestimmt. Anzahl, Lage und Form der Schneiden ändern sich. Die Spanwinkel sind meist negativ, d. h. bis zu − 90 °. Haupt- und Neben-schneiden lassen sich nicht unterscheiden. Das Werk-zeug besitzt eine Vielzahl gebundener Schleif körner. Sie trennen mit hoher Geschwindigkeit bis zu 200

m/s den Werkstückstoff ab. Die Schneiden sind beim Schlei fen nicht ständig im Eingriff und dringen im Verhältnis zur Größe eines mittleren Schneid korns nur geringfügig in die Werkstückoberfl äche ein. Da-bei werden die Oberfl äche, die Form und die Maß-haltig keit verändert und verbessert. Der Energie-bedarf zur Zerspanung einer Werkstückstoff-Volu-menein heit ist groß im Vergleich zu Zerspanverfah-ren mit geome trisch bestimmten Schneiden.

Bisher wurde Schleifen nur als Endbearbeitung zur Verbesserung der Werkstückqualität schon vorbe-arbeiteter Werkstücke eingesetzt. Durch Weiter ent-wick lung der Schleifverfahren und -maschinen kön-nen heute so große Werkstoffmengen kurzzeitig ab-ge tragen werden, wie es sonst nur beim Hobeln, Frä- sen oder Drehen der Fall ist, so dass nach dem Ur- bzw. Umformen des Werkstücks geschliffen wer den kann. Flexible Steuerungen und angepasste Schleifwerk-zeuge lassen Vor- und Fertigbearbeitungen auf ei-ner einzigen Maschine bei ein- und mehrstufi gen Abläufen des Schleifprozesses zu. Neue Abrichtver-fahren, wie z. B. das kontinuierliche Abrichten zur Pro-fi lierung von Schleifscheiben, ermöglichen die Bear-beitung von komplizierten Formteilen in einem Ar-beits gang. Schwer zerspanbare Werkstückstoffe sind mei stens nur noch durch Schleifen zu bearbeiten.

Das wichtigste Schleifergebnis ist die Werkstück-qualität. Unter Werkstückqualität wird die Rauheit, die Maß- und Formgenauigkeit sowie die Beschaf-fen heit der Oberfl ächenrandzone verstanden. Häu-fi g entstehende Fehler in der Oberfl ächenrandzone in folge hoher Schleiftemperaturen sind Brandfl e-cken, Risse und Gefügeumwandlungen.

Außer der Werkstückqualität steht, wie bei allen Zer-spanungsverfahren, die Wirtschaftlichkeit im Vor der-grund. Maßgeblich für die Wirtschaftlichkeit sind die Fertigungszeit, die Werkzeugkosten und die Aus-bringung. Die Werkzeugkosten werden durch den Verschleiß der Schleifscheibe beeinfl usst.

4.7.1.1 Grundlagen

4.7.1.1.1 Kinematische GrundlagenBeim Schleifen erfolgt durch das Zusammenwirken von Schnitt- und Vorschubbewegung eine kon tinu-ierliche Spanabnahme. Die Schnittbewegung wird von der Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit v

s

bestimmt, so dass für die Schnittgeschwindig keit vc

gesetzt werden kann

Page 58: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

302 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

vc = v

s = d

s π n

s in m/s [4-48]

mitd

s Schleifscheibendurchmesser in m,

ns

Schleifscheibendrehzahl in 1/s.

Die Vorschubbewegung kann schrittweise oder ste-tig erfolgen und wird bei den verschiedenen Schleif-ver fahren Werkstückgeschwindigkeit v

w, Tisch ge-

schwindigkeit vt oder Vorschubgeschwindigkeit v

f

genannt.

Bei formelmäßigem Erfassen des Schleifvorgangs werden hauptsächlich das Zeitspanvolumen Q, der Eingriffsquerschnitt A

kt, die Kontaktlänge l

k und die

unverformte Spandicke hch

verwendet.

Mit dem Zeitspanvolumen Q (früher Z) wird das je Zeiteinheit zerspante Werkstoffvolumen bezeich-net. Es ist das Produkt aus Eingriffsquerschnitt der Schleifscheibe, d. h. aus

Akt = a

p a

e in mm2 [4-49]

mita

p Eingriffsbreite in mm,

ae Eingriffsdicke in mm

und der in Umfangsrichtung der Schleifscheibe wir- kenden Vorschubgeschwindigkeit v

ft. Diese ist z. B.

beim Außenrund-Einstechschleifen

vft = d

w π n

w in m/s [4-50]

mitd

w Werkstückdurchmesser in m,

nw Werkstückdrehzahl in 1/s,

so dass sich das Zeitspanvolumen ergibt zu

Q = Akt v

ft = a

p a

e v

ft in mm3/s. [4-51]

Wird das Zeitspanvolumen auf 1 mm des aktiven Schleifscheibenprofi ls b

D = a

p bzw. der Schleifschei-

benbreite bs bezogen, ergibt sich das bezogene

Zeitspanvolumen Q’:

Q’ = Q/bD bzw.

Q’ = ae v

f in (mm3/s) /mm. [4-52]

Die unverformte Spandicke hch

sei am Beispiel des Außenrund-Einstechschleifens gemäß Bild 4-91 erklärt:

Der unverformte Span ist begrenzt durch die Bahn-kurven der Schneiden S1 und S2 sowie durch den

Werkstückdurchmesser dw. Beide Schneiden haben

den effektiven Schneidenabstand Le. Die Bahnkur-

ve der Schneide entspricht der theoretischen Kontakt-länge l

k. Die Kontaktlänge ergibt sich aus geome tri-

schen Beziehungen zwischen Schleifscheibe und Werkstück mit d

eq als äquivalenter Schleif scheiben-

durch messer in mm zu

l a dk e eq in mm.� [4-53]

Beim Eintauchen der Schneide S2 in das Werkstück ist die Spanungsdicke null, sie steigt an auf den Größtwert h

ch und hat wieder den Wert null beim

Austritt aus dem Werkstück. Die hierzu abgeleitete Gleichung von Pahlitzsch und Helmerding ist

Bild 4-91Kinematische Zusammenhänge beim Außenrund-Einstech-schleifen.M

s1 Mittelpunkt der Schleifscheibe in der Stellung 1

Ms2

Mittelpunkt der Schleifscheibe in der Stellung 2 n

s Schleifscheibendrehzahl

nw Werkstückdrehzahl

ds Schleifscheibendurchmesser

dw Werkstückdurchmesser

lk Kontaktlänge

Le

effektiver Schneidenabstand S1 Schneide 1S2 Schneide 2a

e Eingriffsdicke

vw Werkstückumfangsgeschwindigkeit

vs Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit

vc Schnittgeschwindigkeit

vrel

Relativgeschwindigkeit v

f Vorschubgeschwindigkeit

hch

unverformte Spandicke

Page 59: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 303

h La

dch eft

s

e

eq

in mm.� 2vv�

[4-54]

Das Verhältnis ae/d

eq berücksichtigt die Kontakt-

bedingungen zwischen Schleifscheibe und Werk-stück bei den verschiedenen Schleifverfahren. Das Außen- und Innenrundschleifen sowie das Plan-schlei fen sind kinematisch sehr eng verwandt. Die Eingriffsbedingungen sind ähnlich. Der äquivalente Schleifscheibendurchmesser d

eq berücksichtigt die

Krümmungen von Schleifscheibe und Werkstück. Dadurch lassen sich diese Schleifverfahren mitein-ander vergleichen. Er errechnet sich aus

dd d

d deqs w

w s

in mm.��

[4-55]

Hierin bedeuten+ Außenrundschleifen,− Innenrundschleifend

eq = d

s beim Planschleifen.

Beim Außenrundschleifen ergibt sich ein kleiner äquivalenter Schleifscheibendurchmesser mit klei ner Kontaktlänge l

k, wie Bild 4-92 zeigt. Die mitt leren

Spandicken steigen an. Beim Innenschleifen ist die Kontaktlänge verhältnismäßig groß, und der äqui-valente Schleifscheibendurchmesser nimmt durch die negative Werkstückkrümmung zu. Die mittlere Spandicke nimmt ab.

Eine steigende Schnittgeschwindigkeit vc bewirkt

eine abnehmende Spandicke. Auf das abzutragende Werkstückvolumen V

w hat v

c keinen Einfl uss, da

dies von vft und der Zustellung a

e abhängt. Von v

c

ist aber abhängig, mit welcher Schneidenzahl die Volu men menge abgetragen wird. Da nicht alle Schneiden einer Schleifscheibe wie beim Umfangs-fräsen auf einem Radius liegen, nimmt der Über-

deckungsgrad der einzelnen Schneide zu. Im glei-chen Verhältnis vermindert sich die Anzahl der in Eingriff kommen den Schneiden. Einen Vorschlag zur Berechnung der kinematischen Schneidenzahl N

kin machten König und Werner.

4.7.1.1.2 Schneideneingriff und Schneidenraum

Folgt man dem Weg einer Kornschneide beim Zer-spanungsvorgang, so dringt sie auf einer sehr fl a-chen Bahn in das Werkstück ein. Dies verdeutlicht Bild 4-93. Werkstück und Schleifkorn verformen sich ela stisch. Mit zunehmender Eindringtiefe geht die ela stische Verformung des Werkstückstoffs in ein pla-sti sches Flie ßen über. Der Werkstückstoff wird seit-wärts ver drängt und bildet Aufwürfe. Die Span bil-dung tritt erst dann ein, wenn eine ausreichende Span-dicke h

ch erreicht ist. Diese muss nach König der

Schnitteinsatztiefe Tμ entsprechen. Die tatsächlich abgetragene Spandicke h

ch eff ist infolge der elasti-

schen Rück fe derung kleiner als die Spandicke hch

bei der Auslö sung des Schnittvorgangs.

Die Form der Schneiden kann sehr unterschiedlich sein. Den Ausschnitt aus einer Schleifscheibenober-fl äche zeigt Bild 4-94. Bei jedem Schnitt des Schnei-denraums in der x-z-Ebene ergeben sich unterschied-liche Profi le. Durch die Bewegung von Werkzeug und Werkstück sind unendlich viele Schneidenraum-profi le je nach Zerspanungsbedingung bis zu einer Tie fe von 30 μm am Zerspanungsvorgang beteiligt.

Bild 4-92Kontaktlängen beim:a) Rundschleifenb) Planschleifenc) Innenrundschleifen

Bild 4-93Spanbildung beim Schleifvorgang (nach König).A elastische und plastische Verformung B Spanbildungh

ch unverformte Spandicke

hch eff

effektive Spandicke Tm SchnitteinsatztiefeF

n Schleifnormalkraft

Ft Schleiftangentialkraft

a) b) c)

ns

ns

ds dw �

� �ds

ns

ae

lk

ae

ds

nw

dw � � � nw

lk lk

dw � �v w

Aufwurf

hcheff

SpanF n

F t

hch =

T�

A B

Page 60: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

304 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.7.1.2 SchleifwerkzeugDer Werkzeugstoff eines Schleifwerkzeugs besteht aus Schleif- und Bindemittel. Zum Schleifen muss das Schleifmittel bzw. das Korn verschiedene Anfor-derungen erfüllen. Es muss eine ausreichende Här-te und Schneidfähigkeit besitzen, um Späne aus dem Werkstück herauslösen zu können. Das Korn muss aber auch zäh sein, um schlagartige Belastungen während des Schleifprozesses über einen längeren Zeitraum zu ertragen. Gleichzeitig sollte das Schleif-korn so spröde sein, dass es nach dem Abstumpfen splittert und neue scharfe Schneidenkanten bildet. Außer dieser mechanischen Widerstandsfähigkeit wird vom Schleifkorn auch genügend thermische und chemische Widerstandsfähigkeit verlangt.

4.7.1.2.1 Schleifmittel und BindungDie Schleifmittel werden unterteilt in natürliche und künstliche Kornwerkstoffe. Natürliche Korn-werkstoffe als älteste Schleifmittel haben – außer Naturdiamant – in der heutigen Schleiftechnik we-gen der ungenügenden Festigkeitseigenschaften wenige An wendungsgebiete. Natürliche Kornwerk-stoffe sind Quarz, Granat, Naturkorund und Natur-diamant. Zu den künstlichen Kornwerkstoffen ge-hören Elektro korund, Siliciumcarbid, Diamant, Borni trid und Borcarbid.

Elektrokorund ist geglühter Bauxit mit etwa 80 % Al

2O

3, 8 % SiO

2, 8 % Fe

2O

3, 3,5 % TiO

2 und Verun-

reinigungen. Nach zunehmender Reinheit unter-scheidet man– Normalkorund (braun),– Halbedelkorund (rotbraun) und – Edelkorund (weiß oder rosa).

Normal- und Halbedelkorund werden aufgrund höherer Zähigkeit zum Schruppschleifen von Stahl und Stahlguss sowie als Schleifmittel für Schleifpa-pier und -gewebe verwendet. Edelkorund ist sprö-der und eignet sich zum Feinschleifen von Werk-stücken großer Genauigkeit. Die Kristalle brechen leicht auseinander, so dass sich im Schleifprozess ständig scharfe Schneiden bilden.

Siliciumcarbid (SiC) wird aus Quarz und Koh-le erschmolzen. SiC ist härter, scharfkantiger und splitterfreudiger als Korund und hat eine höhere Schneidfähigkeit.

Härte und Splitterfreudigkeit nehmen mit dem Ge-halt an SiC vom schwarzen zum grünen Silicium-

Beim Schleifen überlagern sich die Schneidenraum-profi le und bilden das Rauheitsprofi l des Werk-stücks.

Die beim Zerspanungsvorgang wirksam werdenden Schleifkräfte bewirken Kornsplitterung und Korn-ausbrüche, so dass sich der Schneidenraum ständig ändert.

4.7.1.1.3 Schleifkraft und VerschleißSie sind wichtige Kenngrößen des Zerspanungspro-zesses. Die Konstruktion von Maschinen in Bezug auf die Antriebsleistung und die Steifheit sowie das Zerspanungsergebnis hinsichtlich Form- und Maß-genauigkeit, Oberfl ächengüte und Gefüge in der Randzone werden von ihnen beeinfl usst.

Die Schleifkräfte werden beim Spanen durch den Eingriff und den Kontakt der Schneiden mit dem Werk-stück hervorgerufen. Die resultierenden Schleif-kräfte – Normal- und Tangentialkraft F

n bzw. F

t –

sind die Summe der Einzelkräfte der momentan im Ein griff befi ndlichen Schneiden. Sie entstehen durch Reib-, Verdrängungs- und Scherkräfte. Kleine Schnei-den erzeugen eine verhältnismäßig kleine Schleif-kraft. Bei größeren Schneiden ergibt sich eine stär-kere Werkstoffverdrängung, und die Schleifkraft nimmt zu. Größere Kräfte erzeugen höhere Tempe-raturen und bewirken Verschleißerscheinungen an den Schneiden des Korns. Infolge der höheren Tem-peraturen werden in den Kristallschichten des Schleif-kornes Oxidations- und Diffusionsvorgänge ausge-löst. Diese führen zu Druckerweichung und stump-fen die Schneiden ab. Mechanische und thermische Wechselbelastungen bewirken Kornsplitterungen in den Korngrenzen und das Absplittern einzelner Korn-teile. Da die einzelnen Körner mit Bindemittel im Kornverband gehalten werden, können bei mecha-nischer Überbelastung der Bindungsstege zwischen den Körnern ganze Körner und Korngruppen aus dem Kornverband ausbrechen.

Bild 4-94Ausschnitt aus einem Schneidenraum (nach Saljé).

Page 61: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 305

carbid zu. Siliciumcarbidscheiben werden für die Bearbeitung spröder kurzspanender Werkstoffe, wie z. B. Grau- und Hartguss, Hartmetalle, Glas, Gestein, Porzellan sowie Aluminium und seine Le-gierungen eingesetzt.

Synthetisch hergestellter Diamant wird zum Schlei-fen und Trennen von Gesteinen, Keramikwerkstof-fen, Glas und Kunststoffen verwendet. Der Korn-werkstoff hat eine große Härte K

100 = 5000 bis K

100 =

7000 und eine große Wärmeleitfähigkeit. Auf grund der chemischen Affi nität des Diamant-Koh lenstoffs zu den Legierungselementen von Stahl kommt es bei höheren Temperaturen zu einem chemisch be-dingten Verschleiß. Bei Temperaturen von 900 °C bis 1400 °C setzt bei kleinen Drücken eine Grafi tierung des Diamanten ein.

Kubisch kristallines Bornitrid (CBN) wird etwa seit 1968 in der Schleiftechnik verwendet und ist nach Diamant das härteste Schleifmittel mit K

100 =

4700. CBN hat eine höhere thermische Stabilität als Diamant, da erst bei etwa 1000 °C Oxidations-erscheinungen auftreten. Außerdem hat CBN keine Affi nität zu Legierungselementen von Stählen.

Mit Kunstharz oder metallisch gebunden wird der Kornwerkstoff zum Schleifen von Werkzeugstäh-len mit großem Carbidanteil eingesetzt, die bisher weder mit konventionellen Schleifmitteln noch mit Dia-mant wirtschaftlich bearbeitet werden konnten.

Borcarbide (K100

= 2200 bis K100

= 2700) fi nden hauptsächlich in loser Form als Läppmittel Verwen-dung.

Die Bindungen haben den Zweck, die einzelnen Körner miteinander bei Scheiben oder mit der Un-terlage bei Schleifbändern zu verbinden.

Anorganische BindungenKeramische Bindungen (V) bestehen aus Ton, Kao-lin, Quarz, Feldspat und Fritten. Mehr als die Hälf-te aller gefertigten Schleifscheiben sind keramisch gebunden. Die Schleifscheiben sind sehr spröde und stoßempfi ndlich. Da sie temperaturbeständig und chemisch widerstandsfähig gegenüber Öl und Was-ser sind, werden sie außer beim Trockenschliff auch zum Nassschliff eingesetzt.

Mineralische Bindungen sind Magnesitbindungen und Silicatbindungen.

Magnesitbindungen (Mg) haben nur noch geringe Bedeutung in der Schleiftechnik und werden ange-wendet bei Schleifkörpern, die im Trockenschliff für dünne, wärmeempfi ndliche Werkstücke eingesetzt werden, z. B. bei Messern und Besteckteilen.

Silicatbindungen (S) verwendet man beim Plan-schleifen mit großen Kontaktflächen zwischen Schleifscheibe und Werkstück, da sie einen »kühle-ren« Schliff ermöglichen. Silicatgebundene Schleif-scheiben werden nicht gebrannt, sondern bei erhöh-ter Temperatur gesintert.

Metallische Bindungen bringt man durch Sintern von Bronze, Stahl oder Hartmetallpulver auf einen mit Diamant oder Bornitrid besetzten Trägerkör-per. Mit den so hergestellten Schleifscheiben las-sen sich schwer zerspanbare Werkstoffe schleifen, z. B. Hart metalle.

Organische Bindungen:Bei den harzartigen Bindungen (B) unterscheidet man naturharzhaltige Bindungen und Kunstharzbin-dungen. Die naturharzhaltigen Bindungen aus Schell-lack und Gummi sind durch die Kunstharzbindun-gen aus Polyester und Phenoplasten verdrängt wor-den. Die mit diesen Bindungen hergestellten Schleif-schei ben haben eine große Zähigkeit und Zugfes-tigkeit und werden für Schrupp- und Trennschleif-arbeiten mit Umfangsgeschwindigkeiten bis unge-fähr 120 m/s eingesetzt.

Kautschukartige Bindungen (R) sind Gummibin-dungen aus Naturkautschuk oder synthetischem Kautschuk. Diese sind elastischer als Kunstharzbin-dungen, jedoch weniger temperaturbeständig und werden für dünne Schleifscheiben zum Gewinde-, Nuten- und Schlichtschleifen angewendet.

4.7.1.2.2 Schleifwerkzeuge mit Korund und Siliciumcarbid-Kornwerkstoffen

Bild 4-95 gibt einen Überblick über die Schleifwerk-zeuge bzw. Schleifkörper nach DIN 69111. Die Her-stellung und der Aufbau dieser Schleifwerkzeuge sind im Prinzip ähnlich. Hergestellt werden sie im Gieß- und Pressverfahren. Beide Verfahren werden bei keramisch gebundenen Schleifkörpern angewen-det. Kunstharzgebundene Schleifwerkzeuge lassen sich nur nach dem Pressverfahren herstellen.

Beim Gießverfahren wird die durch Mischen von Schleifmittelkorn und keramischer Bindung gebil-

Page 62: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

306 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

dete Masse in Formen vergossen. Beim Pressverfah-ren wird nach dem Einfüllen der Masse in die Press-form das Material bis auf ein bestimmtes Volumen verdichtet. Anschließend werden die keramischen Schleifkörper in kontinuierlich arbeitenden Tunnel-öfen oder in Chargen arbeitenden Herdwagen und Haubenöfen bei Temperaturen von 1000 °C bis 1350 °C gebrannt. Die Vorwärm-, Brenn- und Ab-kühlzeit beträgt insgesamt etwa acht Tage. Bei kunst-harzgebundenen Scheiben erfolgt eine Aushärtung bei Temperaturen von 180 °C bis 190 °C.

Die Bezeichnung eines Schleifwerkzeugs aus ge-bundenen Schleifmitteln ist nach DIN ISO 525 ge-normt. Sie enthält Angaben über Form und Abmes-sungen des Schleifkörpers sowie über Werkstoff und die größte zulässige Umfangsgeschwindigkeit, wie aus Bild 4-96 hervorgeht. Den Werkstoff beschreibt

die Schleifscheibenspezifi kation durch die fünf Kom-ponenten entsprechend dem Beispiel in Bild 4-97:– Schleifmittel, – Körnung, – Härtegrad, – Gefüge,– Bindung.

Die Art des Schleifmittels wird durch die Bezeich-nung A für Korund und C für Siliciumcarbid be-schrieben. Durch ein vorgestelltes zusätzliches Zah-lensymbol ist nach ISO IR 825-1966 noch der spe-zielle Typ des Schleifmittels (Normal- oder Edelko-rund) zu erfassen. Die Kennzahl der Körnung des Schleifmittels ist ein Maß für die Korngröße und ent-spricht der Maschenzahl je Quadratzoll. Die Zahl 6 gibt die gröbste und die Zahl 1200 die feinste Kör-nung an. Durch Sieben werden die Körnungen 6 bis 220 unterschieden und durch Fotosedimentati-on 240 bis 1200. Häufi g verwendet man Kombina-tionen mehrerer Körnungen, die durch weitere Zahlensym bole gekennzeichnet sind.

Der Härtegrad wird mit Buchstaben von A für wei-che bis Z für harte Schleifkörper symbolisiert. Un-ter der Härte von Schleifkörpern versteht man den Widerstand, den die Bindung dem Ausbrechen der Schleifkörner entgegensetzt. Adhäsion zwischen Korn und Bindematerial sowie die Größe und Aus-bildung der Bindungsstege bestimmen diese Härte und das Gefüge des Schleifkörpers. Das Gefüge ist gekennzeichnet durch die volumetrische Verteilung von Schleifkörnern, die Bindung und den Poren-raum (Offenheit) im Schleifkörper. Nach DIN ISO 525 wird die Offenheit dieses Gefüges durch Kenn-zahlen von 0 bei geschlossenem Gefüge bis 14 bei sehr offenem Gefüge bezeichnet.

Es ist für den Hersteller schwierig, über einen länge-ren Fertigungszeitraum Schleifwerkzeuge gleicher Güte herzustellen. Deshalb ist eine Härteprüfung als Qualitätskontrolle und -sicherung für Herstel-ler und Anwender notwendig.

Die Schleifwerkzeughärte wird am häufigsten durch die Stichelprüfung, das Sandstrahlverfahren und die E-Modulmessung ermittelt.

Die Stichelprüfung erfolgt subjektiv ohne zusätzli-che Prüfgeräte. Hierbei wird die von Hand aufzu-bringende Ritzkraft der Schleifkörper mit einem Mus-terstück verglichen.

Bild 4-95Schleifwerkzeuge aus gebundenem Schleifmittel (nach DIN 69111).1 Gerade Schleifscheiben2 konische und verjüngte Schleifscheiben 3 Trennschleifscheiben4 auf Tragscheiben befestigte Schleifkörper 5 Topfschleifscheiben, Tellerschleifscheiben 6 gekröpfte Schleifscheiben 7 Schleifsegmente8 Schleifstifte 9 Honsteine 10 Abrichtsteine

1

2 3

4

5 6

7 8 9 10

Wirkfläche

Page 63: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 307

Mit dem Sandstrahlgerät nach Zeiss-Mackensen wird unter Druck eine begrenzte Menge Quarzsand bestimmter Körnung auf die Schleifscheibenober-fl äche geblasen. Dabei werden aus der Schleifschei-benoberfl äche Schleifmittelkörner herausgelöst. Die entstehende Vertiefung, die Blastiefe, ist ein Maß für die Härte des Schleifscheibenmaterials.

Der E-Modul wird mit Schwingungsanalysatoren oder dem »Grindosonic«-Gerät über den Weg der Ei genfrequenzmessung bestimmt.

Den Zusammenhang zwischen Blastiefe und E-Mo-dul in Abhängigkeit von der Härtebezeichnung zeigt Bild 4-98.

Die Bindungsart wird durch einen Kennbuchstaben beschrieben, wie es Bild 4-97 zeigt.

Die größte zulässige Schleifscheibenumfangsge-schwindigkeit v

s in m/s ist hinter der Werkstoffbezeich-

nung angegeben. Zusätzlich sind entsprechend der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) die Schleifschei-

Bild 4-96Bezeichnung für ein Schleifwerkzeug nach DIN ISO 525 mit Korund oder Si li cium-carbid als Kornwerkstoff (Beispiel).

Bild 4-97Spezifi kationsbezeichnung für Schleifwerkzeuge nach DIN ISO 525 mit Korund oder Siliciumcarbid als Kornwerkstoff.

F 400 x 100 x 127 DIN 69 126 - A60 K8 V45

Randform

Außendurchmesser d1

Breite b

Bohrungsdurchmesser d2

Schleifmittel

Körnung

Härtegrad

Gefüge

Bindung

zul. Umfangsgeschwindigkeit

Schleifmittel

Körnung

Härtegrad

Gefüge

Bindung

Beispiel

V

8

K

60

A

Bindung

Keramische Bindung

Silicatbindung

Gummibindung

Gummibindungfaserstoffverstärkt

Kunstharzbindung

Kunstharzbindungfaserstoffverstärkt

Schellackbindung

Magnesitbindung

V

S

R

RF

B

BF

E

M

Schleifmittel

Korund

Siliciumcarbid

A

B

Gefüge

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

geschlossenes Gefügeoffenes Gefüge

Härtegrad

äußerst weichsehr weichweichmittelhartsehr hartäußerst hart

A B C D

E F G

H I J KL M N O

P Q R ST U V WX Y Z

Körnung

grob

mittelfeinsehr fein 220 240 280 320 400 500 600 800 1000 1200

6 8 10 12 14 16 20 24

30 36 46 54 6070 80 90 100 120 150 180

Page 64: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

308 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

ben farblich gekennzeichnet: blaue Streifen bis 45 m/s, gelbe Streifen bis 60 m/s, rote Streifen bis 80 m/s und grüne Streifen bis 100 m/s Umfangsge-schwindigkeit. Schleifscheiben, mit denen ein Pro-belauf vom Hersteller nach der UVV durchgeführt wurde, tragen den Buchstaben P.

Bei einer Schleifwerkzeugwahl sind folgende Be-dingungen zu berücksichtigen:

Eine gröbere Körnung hat eine kleinere Körnungs-ziffer und ist bei einem weichen zu schleifenden Werkstückstoff zu verwenden sowie bei einem grö-ßeren Zeitspanvolumen in der Schruppbearbeitung. Mit einer kleinen Korngröße erzielt man bei Schlicht- arbeiten eine kleinere Oberfl ächenrauheit.

Von der gemessenen Schleifwerkzeughärte, auch als Nennhärte bezeichnet, wird die Wirkhärte des Schleifwerkzeugs beim Schleifvorgang unterschie-den. Zu beurteilen ist die Wirkhärte durch das Ver-schleißverhalten. Eine größere Wirkhärte ergibt sich mit zunehmender Schnittgeschwindigkeit. Daher ist bei einer größeren Schnittgeschwindigkeit und einer kleineren Zustellung je Werkstückumdrehung oder Hub ein weicheres Schleifwerkzeug einzusetzen.

Bei normalen Schleifarbeiten ist die Härte des Schleifwerkzeugs im umgekehrten Verhältnis zur Werkstückstoffhärte zu wählen. So z. B. werden für weiche Werkstückstoffe harte Schleifscheiben ver-wendet. Bei Außenrundschleifarbeiten von Bau stahl, Kupfer, Messing und Leichtmetall sind Schei ben aus Normalkorund mit der Härte K bis M zu emp-

fehlen. Gehärtete oder höher legierte Stähle kön-nen mit Schleifscheiben aus Edelkorund der Härte H bis K gut bearbeitet werden.

Wird eine besonders lange Standzeit des Schleif-werkzeugprofi ls, wie z. B. beim Profi lschleifen, ver-langt, sind härtere Schleifwerkzeuge (M bis R) vor-teilhaft. Je größer die Berührungsfl äche zwischen Werkstück und Schleifwerkzeug ist, um so weicher und poröser muss das Schleifwerkzeug sein. Lang-spanende Werkstückstoffe und wärmeempfi ndliche Werkstücke sollten mit Schleifwerkzeugen bearbei-tet werden, die größere Gefügeziffern haben oder durch Ausbrennstoffe zusätzlich geöffnete Spankam-mern aufweisen.

4.7.1.2.3 Schleifwerkzeuge mit Diamant- und Bornitrid-Kornwerkstoff ( CBN)

Auf einen Trägerkörper aus Aluminium, Kunst-harz, Bronze oder Keramik ist ein dünner Schleif-belag aus Diamant- oder Bornitridkorn und Bin-dung auf gebracht.

Bei kunstharzgebundenen Schleifwerkzeugen be-steht der Schleifbelag aus einem Gemisch aus Korn-werkstoff, Phenolharz und Füllstoffen, das unter Vernetzungstemperatur auf einen Trägerkörper ge-presst wurde.

Bei metallisch gebundenen Schleifwerkzeugen wird zwischen Sinterbronzen, Sintermetallbindungen so-wie galvanischen Bindungen unterschieden. Bei diesen wird ein Metallpulver- und Kornwerkstoffge-misch unter großem Druck und hoher Temperatur gesintert. Nur bei galvanischen Schleifbelägen hält ein Metallniederschlag den zumeist einschichtigen Diamant- oder CBN-Kornbelag auf dem Träger-körper fest.

Keramisch gebundene Schleifwerkzeuge mit Dia-mant- oder CBN-Kornwerkstoffen werden wie her-kömmliche Schleifmittel hergestellt. Ein Bezeich-nungsbeispiel für Schleifwerkzeuge mit Diamant- oder Bornitrid-Kornwerkstoff zeigt Bild 4-99.

Weitere Ergänzungen zur Spezifi kationsbezeich-nung zeigt Bild 4-100. Korngrößen für Diamant (D) und kubisch kristallines Bornitrid (B) entspre-chen der Nennmaschenweite eines Prüfsiebes. Häu-fi g ver wendete Korngrößen liegen im Bereich von 91 bis 181. Die nachfolgenden Buchstaben bezeich-nen den Bindungstyp und die Bindungshärte, die

Bild 4-98Zusammenhang zwischen E-Modul und Blastiefe in Abhän-gigkeit vom Härtegrad der Schleifscheibe.

Härtegrad

G

E- M

od

ul

40

Bla

stiefe mm

1

2

3

4

0

10

20

30

50

60

80

90

kNmm2

I L OH J K M N P

Schleifmittel: A

Körnung: 60

Gefüge: 7

Bindung: V

BlastiefeE - Modul

Page 65: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 309

nur in weich, mittel, hart und sehr hart unterschie-den wird, da sie für konventionelle Schleifwerkzeuge weniger bedeutend ist. Die Konzentrationsbezeich-nung gibt die Menge des im Bindemittel enthaltenen Kornwerkstoffs an.

Bei den Schleifwerkzeugen bedeutet C 100 2), dass je Kubikzentimeter Belagsvolumen 4,4 Kt (1 Karat = 0,2 g) Diamant oder CBN enthalten sind. Dies ent-spricht einem Volumengehalt von 25 % Korn werk-stoff im Schleifbelag.

4.7.1.2.4 WerkzeugaufspannungRichtlinien für das Einspannen bruchempfi ndlicher Schleifscheiben in Spannvorrichtungen sind in der Unfallverhütungsvorschrift erfasst. Mit der Spann-vorrichtung wird die Schleifscheibe auf der Spindel-nase der Schleifmaschine befestigt. Gehalten wird die Schleifscheibe in der Spannvorrichtung zur Über-tragung der Schleifkräfte kraftschlüssig zwischen Spannfl anschen. Für gerade Schleifscheiben wer-den zwei Arten unterschieden. Bild 4-101 gibt hier-zu Erläuterungen.

Für Schleifscheiben mit einem Verhältnis von Boh-rungs- zu Außendurchmesser d

2/d

1 > 0,2 sind Schleif-

scheibenspannvorrichtungen nach Bild 4-101a) vor-

2) Außer dem Bezugsystem I mit dem Basiswert C 100, in dem die Konzentration mit C abgekürzt wird, existiert in der Praxis ein Bezugsystem II mit dem Basiswert 24 % (Volumengehalt), der mit V 240 bezeichnet wird.

Bild 4-100Spezifi kation für ein Schleifwerkzeug mit Diamant oder Bor-nitrid als Kornwerkstoff (nach Fa. Winter/Fepa).

Bild 4-99Bezeichnung für ein Schleifwerkzeug mit Bornitrid als Kornwerkstoff nach DIN ISO 6104 (Beispiel).

1A1 - 500 - 15 - 2 - 305 - B 151 - KSS - TYB - V240

Schleifscheibenform

(zyl. Umfangsschleifscheibe)

Außendurchmesser

Belagsbreite

Belagshöhe

Bohrungsdurchmesser

Kornart

Korngröße

Bindungstyp

Bindungshärte

Einsatzgebiet

Grundkörper

Konzentration

(Nassschliff Y)

A

B

Grundkörper

Aluminium

Kunstharz

T

R

N

J

Bindungshärte

sehr hart

hart

mittel

weich

Bindung

Dia

man

tC

BN

BZ

M

G

K

GSS

KSS

MSS

VSS

Bronze

Galv. Metall

Sintermetall

Kunstharz

Galv. Metall

KunstharzSintermetall

Keramik

Kornart

Diamant

CBN

D

B

Körnung

46 91 181 356 711

851

1001

1181

426

501

601

213

251

301

107

126

151

54

64

76

Kornart

Körnung

Bindung

Bindungshärte

Grundkörper

Konzentration

B

151

KSS

T

B

V240

Konzentration

Bezeichnung Kt /cm3

Bez

ugss

yste

m I

C 25

C 3

C 50

C 75

1,1

1,652,2

3,3

C 100C 125

C 135

C 150

4,45,5

6,0

6,6

Bez

ugss

. II

V 120V 180

V 240

Vol. %12

18

24

Page 66: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

310 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

gesehen. Der Kraftschluss wird durch auf einem Teilkreis angeordnete Schrauben erzeugt.

Bei d2/d

1 ≤ 0,2 können Spannfl ansche nach Bild 4-

101b) zur Anwendung kommen. Die Flansche wer-den in diesem Fall axial mit einer Zentralmutter ge-spannt.

Um Biegespannungen in den Schleifscheiben bei Unebenheiten in der Einspannzone zu vermeiden, werden als Zwischenlagen zwischen Spannfl ansch und Schleifscheibe Pappe, Gummi und Kunststoff verwendet. Seit kurzem kommen verbesserte Spann-vorrichtungen zum Einsatz, die besonders gut Un-eben heiten in den Spannzonen ausgleichen kön nen.

Sind große Genauigkeiten und Oberfl ächengüten an Werkstücken gefordert, müssen die Schleifschei-ben ausgewuchtet werden. Unwuchten an Schleif-scheiben führen zu Schwingungen und erzeugen zwischen Schleifscheibe und Werkstück Relativ be-wegungen, die als Rattermarken und Welligkeiten an der Werkstückoberfl äche sichtbar werden.

Verschiedene Ursachen für Schleifscheibenunwuch-ten zeigt Bild 4-102. Eine statische Unwucht liegt vor, wenn das zu wuchtende Werkzeug nur eine Flieh kraft F in einer Ebene besitzt. Sie entsteht vor-wiegend bei scheibenförmigen Schleifwerkzeugen und lässt sich durch sog. statisches Auswiegen besei-tigen. Dazu wird in der Wuchtebene ein Ausgleich-ge wicht, das sich in einer schwalbenschwanzförmi-

gen Nut befi ndet, gegenüber dem Schwerpunkt ver-scho ben.

Eine dynamische Unwucht liegt vor, wenn außer ei-ner Fliehkraft noch ein Fliehkraftmoment entsteht. Dies ist der allgemeine Fall, der bei fast allen wal-zenförmigen Schleifwerkzeugen auftritt. Eine dyna-mische Unwucht kann nur im Lauf bestimmt wer-den. Beseitigt wird sie durch Verschieben von Aus-gleichgewichten in zwei schwalbenschwanzförmigen Nuten oder durch andere Methoden.

Eine neuere Möglichkeit des Wuchtens an der Ma-schine ergibt sich durch den Hydrokompensator. Entsprechend Bild 4-103 besteht dieser aus einem Mehrkammer-Flüssigkeitsbehälter, der je nach Lage der elektronisch ermittelten Unwucht über Düsen während des Laufs mit Kühlschmierstofffl üssig keit gefüllt werden kann. Steht die Scheibe, entleeren sich die Kammern wieder. Bei jedem Anlauf wird neu gewuchtet.

4.7.1.2.5 Abrichten des SchleifwerkzeugsVor dem Schleifprozess muss das Schleifwerkzeug ab- gerichtet werden. Hierbei wird dem Schleifwerkzeug die im Schleifprozess verlorengegangene Maß- und Formgenauigkeit sowie die Schärfe wieder ge geben.

Beim Abrichten werden Schleifmittelkörner teil-wei se oder ganz durch Spanen, Zerteilen, Rütteln,

Bild 4-101Schleifscheibenspannvorrichtungen:a) Schleifscheibenaufnahme d

2/d

1 > 0,2; ü = h /6; ü − 2 mm > r

s > ü − 3 mm;

d3 = d

2 + 2 ü ≥ (d

1 + 5 d

2) /6

b) Spannfl ansch d

2/d

1 > 0,2; ü = h /6; r

s = d

3/6; d

3 = d

1/3

Bild 4-102Ursachen für Schleifscheibenunwuchten. Formbedingte Unwucht: a) Spiel zwischen Bohrung und Schleifscheibenaufnahmeb) Breitenunterschiedec) außermittige Bohrungd) strukturbedingte Unwucht: Unterschiede in der Schleif-

scheibendichte

Page 67: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 311

Abtragen oder Umformen aus der Bindung gelöst. Dabei kann eine dem Schleifprozess angepasste Schleif scheibentopographie der Schleifscheibe her-gestellt werden. Abgerichtet wird hauptsächlich mit Diamantwerkzeugen, in wenigen Fällen mit Stahl-werkzeugen.

Abrichten von Schleifwerkzeugen aus Korund oder Siliciumcarbid-KornwerkstoffZum Handabrichten werden Abrichtstäbe, die mit Silicium- oder Borcarbid gefüllt sind, sowie Abricht-walzen aus Stahl und Abrichter mit umlaufender Ke-gelrolle aus Siliciumcarbid verwendet. Abrichtwerk-zeuge sind als Rollen, Kegel, Rädchen oder Schei-ben ausgebildet, deren Oberfl ächen gerade, gewellt oder gezackt sein können. Diese Werkzeuge wer-den beim Abrichten durch die umlaufende Schei be in Drehung versetzt. Mit Handabrichtgeräten lassen sich Schleifscheiben in Schleifböcken oder gro be Topfsegmentschleifscheiben abrichten.

Zum Abrichten auf Schleifmaschinen sind die Dia-mant-Abrichtwerkzeuge nach den Bewegungsver-hältnissen in stehende und bewegte Abrichtwerk-zeuge eingeteilt.

Zu den stehenden Abrichtwerkzeugen gehören Ein-korndiamant, Abrichtplatte und Vielkornabrichter

gemäß Bild 4-104. Bei diesen Werkzeugen ist das Abrichten vergleichbar mit dem Drehprozess. Das Werkzeug wird an der im Schleifprozess wirksam werdenden Schleifkörperoberfl äche entlang bewegt. Das sich hierbei auf der Schleifscheibe ausbilden-de Abrichtgewinde ist abhängig von dem Seitenvor-schub f

ad und dem Profi l des Abrichtwerkzeugs. Bild

4-105 erläutert die Zusammenhänge.

Beurteilt wird die erzeugte Rauheit auf der Schleif-scheibenoberfl äche mit der sog. »Wirkrautiefe Rtso« nach Pahlitzsch. Durch einen besonderen Schleifpro-zess (Abbildvorgang) ist es möglich, die Oberfl ächen-gestalt der Schleifscheibe auf einem Prüfwerkstück abzubilden. Die Rautiefenwerte des Prüfwerkstücks sind ein Maß für die wirkende Rautiefe der Schleif-scheibe, die Wirkrautiefe.

Die Profi länderung in Verbindung mit den Einstell-bedingungen lässt sich mit dem Überdeckungsgrad U

d zusammen berücksichtigen:

Ub

fdDd

ad

� [4-56]

mitb

Dd Wirkbreite des Werkzeugs in mm,

fad

Vorschub beim Abrichten in mm/U.

Zum Erreichen der geometrischen Form und der

Bild 4-104Stehende Abrichtwerkzeuge. 1 Abrichtrad2 Abrichtrolle 3 Abrichtigel4 Abrichtplatte5 Einkorndiamant6 Profi l-Abrichtdiamant

Bild 4-103Aufbau eines Hydrokompensators, schematisch.

Mess- und Steuerelektronik

Induktivaufnehmer

Ausgleichs-medium

Schwingungs-aufnehmer

Kompensations-kammer

FlüssigkeitsbehälterDüsenkopf

Ventilsatz

1 2 3 4 5 6

Page 68: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

312 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Schneidfähigkeit ist in mehreren Überläufen ab-zurichten. Die Eingriffsdicke beim Abrichten a

ed

soll etwa 0,03 mm/Hub betragen. Der Abrichtvor-schub bzw. Überdeckungsgrad ist nach der zu er-zeugenden Werkstückoberfl äche zu wählen. Für kleine zu erzeugende Werkstückrauheiten ist z. B. ein kleiner Vorschub einzustellen. Während des Ab-richtens muss man das Werkzeug ausreichend küh-len (etwa 10 l/min für Einkorndiamant).

Die Einfl ussgrößen beim Abrichten mit bewegten Werkzeugen zeigt Bild 4-106. Diamantabrichtrollen sind an ihrer Oberfl äche mit Diamanten ein- oder mehrschichtig belegt. Beim Abrichten wird die Ab-richtrolle angetrieben. Je nach dem Geschwindig-keitsquotienten

qdRd

sd

� vv

[4-57]

mitv

Rd Geschwindigkeit der Abrichtrolle in m/s,

vsd

Abrichtgeschwindigkeit der Schleifscheibe in m/s,

der Drehrichtung zwischen Rolle und Schleifscheibe (Gegen- oder Gleichlauf), dem radialen Vorschub

der Rolle frd

, der Diamantkorngröße und -konzen-tration lässt sich das Abrichtergebnis in weiten Be-rei chen verändern: von ungefähr Rtso = 2 μm für Schlicht bearbeitungen (q

d = − 0,7) bis etwa 18 μm

für Schruppbearbeitungen (qd = + 0,9).

Form- bzw. werkstückgebundene Diamantabricht-rollen werden in der Massenfertigung hauptsächlich zum Profi lieren der Schleifscheibe eingesetzt, z. B. beim Profi l-Gerad- und -Schräg-Einstechschleifen auf Rundschleifmaschinen sowie beim Flach schlei-fen. Das Profi labrichten erfolgt im Einstich. Erzeugt wird das Profi l in sehr kurzer Zeit über der gesamten Schleifkörperbreite. Beispiele zeigt Bild 4-107.

In der Kleinserienfertigung sind häufi g wechseln-de Profi lformen herzustellen. Diese lassen sich mit formungebundenen Diamantrollen – wie in Bild 4-108 gezeigt – wirtschaftlich abrichten. Gesteuert werden die Formabrichtrollen mit Kopiereinrich-tungen oder mit Hilfe der NC-Technik.

Die Diamantabrichtrollen sind in besonderen Ab-richtvorrichtungen an der Schleifmaschine spiel- und schwingungsfrei gelagert. Sie haben meist ge-ringe Rundlaufabweichungen. Treten Rundlauf ab-weichungen auf, so ergeben sich schlechte Profi l-übertragungen und unrunde Schleifkörper, die zu Rattermarken am Werkstück und außerdem zu ge-ringen Stand zeiten der Abrichtrolle führen. Ab ge-richtet wird un ter großer Zufuhr von Kühlschmie r-stoff (etwa 100 1/min) bei der Schleifgeschwindig-keit v

c = v

sd.

Abrichten von Schleifwerkzeugen mit Diamant- oder Bornitrid-KornwerkstoffenBeim Abrichten von Schleifwerkzeugen mit Dia-mant (D)- oder Bornitrid-Kornwerkstoffen (CBN) kann das Profi lieren und Schärfen der Schleifschei-ben durch die große Härte der Kornwerkstoffe nicht in einem Arbeitsgang wie bei herkömmlichen Schleif -scheiben durchgeführt werden.

Beim Profi lieren der Schleifscheibe wird bei vie len Verfahren die Oberfl äche so eingeebnet, dass durch anschließendes Schärfen die Rauheit der Schleif-scheibe erst erzeugt werden muss.

Bild 4-109 zeigt gebräuchliche Verfahren. Am ein-fachsten sind Schleifbeläge mit geradliniger Kon -tur, am schwierigsten mehrprofi lige Konturen abzu-rich ten.

Bild 4-105Kinematische Zusammenhänge (nach Weinert).a) Abrichten mit stehendem Abrichtwerkzeug:

aed

Eingriffsdicke beim Abrichtenb

d Wirkbreite

vfad

Abrichtvorschubgeschwindigkeitv

sd Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit beim Abrichten

gd Anstellwinkel des Abrichtwerkzeugs

b) Ausgangswirkrautiefe Rts0 in Abhängigkeit vom Abricht-vorschub f

ad bzw. Überdeckungsgrad U

d für unterschied-

liche Profi lformen des Abrichtwerkzeugs (nach Messer)

Profilform

Profilform A

B

v sd � v c

gd

v fad

bd

aed

fad

0 0,1 0,3 0,5

Abrichtvorschub fad

Überdeckungsgrad Ud

Ausgangsw

irkra

utiefe

R

ts0

mm

Profilform

A

B

ns

a)

b)

Page 69: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 313

Ein häufi g angewendetes Verfahren ist das Abrich-ten mit Siliciumcarbidschleifscheiben. Hierbei wird der abzurichtende Schleifbelag schleifend bearbei-tet. Die notwendige Relativbewegung zwischen der Siliciumcarbid-Abrichtscheibe und dem Schleifwerk-zeug kann über einen eigenen Antrieb oder durch Mitnahme der Schleifscheibe bei gleichzeitigem Bremsen der Abrichtscheibe erfolgen. Während des Abrichtvorgangs mehrprofi liger Schleifbeläge ver-schleißt die Abrichtscheibe stark, so dass sie öfter nach profi liert werden muss. Um den notwendigen Kornüberstand beim Schärfen von metallgebunde-nen Diamant- und Bornitridschleifscheiben zu errei-chen, wird ein Schärfstein aus keramisch gebunde-nen konventionellen Schleifmitteln verwendet. Beim Schärfen von Scheiben mit großen Korndurchmes-sern wird der Bindungswerkstoff elektrolytisch zu-rück gesetzt.

4.7.1.3 Der SchleifprozessDer Prozessverlauf wird hauptsächlich durch das Ver halten der Schleifscheibe bestimmt. Der Schleif-scheibenzustand ändert sich unter der Einwirkung mechanischer und thermischer Beanspruchung und beeinfl usst die Werkstückqualität. Erreicht die Werk-stückqualität nach einer Schnittzeit eine vor ge ge-bene Qualitätsgrenze, so ist ein Standzeitende der Schleifscheibe gegeben.

Qualitätsgrenzen können vorgegebene Rauheiten, noch zulässige Profi l- und Rundheitsabweichungen und Auftreten von Brandfl ecken oder Rattermarken an der Werkstückoberfl äche sein. Zur Wiederher stel-lung der geometrischen Form und der Schneid fä hig-keit wird die Schleifscheibe abgerichtet. Abricht-verfahren und -bedingungen legen den Aus gangs-zustand der Schleifscheibe fest.

4.7.1.3.1 Änderung des Schneidenraums im Schleifprozess

Die Schneidfähigkeit des Schneidenraums ändert sich beim Schleifen infolge von Verschleiß. Sie än-dert sich um so schneller, je größer die auftreten den

Bild 4-106Kinematische Zusammenhänge (nach Pahlitzsch/Schmitt).a) Abrichten mit bewegtem Abrichtwerkzeug f

rd radialer Abrichtvorschub

vsd

Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit beim Ab-richten

vR Rollenumfangsgeschwindigkeit

nsd

Schleifscheibendrehzahl beim Abrichten n

R Rollendrehzahl

+ Gleichlauf von Schleifscheibe und Rolle − Gegenlaufb) Ausgangswirkrautiefe Rtso in Abhängigkeit von dem Ge-

schwindigkeitsquotienten qd

Bild 4-107Profi lieren von Schleifscheiben mit Diamantabrichtrollen.1 Abrichtrolle 2 Schleifscheibe 3 Werkstücka) Anordnung der Achsen von Abrichtrolle, Schleifscheibe

und Werkstück beim Gerad-Einstechschleifen b) Anordnung der Achsen beim Schräg-Einstechschleifen g Winkel zwischen Werkstück und Schleifscheibe g

d Winkel zwischen Abrichtrolle und Schleifscheibe

Bild 4-108Abrichten mit formungebundenen Richtrollen.

Page 70: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

314 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Belastungen an den einzelnen Schneiden der Kör-ner im Schneidenraum werden, wie Bild 4-110d) zeigt (s. a. Abschn. 4.7.1.1.3). Dies erfolgt so lan ge, bis sich der Schneidenraum so vergröbert hat, dass ein Gleichgewichtszustand zwischen den Haltekräf-ten der Körner in der Schleifscheibe und den Schleif-kräften besteht. Die Schleifscheibe arbeitet im »Selbst-schärfbereich«. Die Schleifscheibe verschleißt ste-tig weiter bei nahezu konstanter Schleifkraft, Bild 4-110c). Diese wird bestimmt durch die Abrichtbe-dingung in Verbindung mit dem jewei ligen Zeitspan-volumen. Bei kleiner Belastung stump fen die Korn-fl ächen ab, und die Körner splittern. Die Schnei-denzahl an den Körnern erhöht sich. Der Verschleiß und die Rauheit im Schneidenraum sin ken wie auch die Rauheit am Werkstück. Mit zunehmender Schleif-zeit geht der Einfl uss der Abrichtbedingungen auf den Schneiden raum allmählich verloren.

Die Rauheitsänderung am Werkstück und an der Schleifscheibenoberfl äche ist wie bei der Schleif-kraft und dem Verschleiß abhängig vom Zeitspanvo-lumen Q und dem Anfangszustand der Schleifschei-benoberfl äche, wie Bild 4-110a) zeigt. Durch Abstim-men von Abricht- und Schleifbedingungen lassen sich Rauheitsänderungen am Anfang des Schleif pro-zes ses eingrenzen. Für die in Bild 4-110b) gewähl-te Schleifbedingung wäre der Abrichtvorschub f

ad

= 0,2 mm/U die geeignete Abrichtbedingung.

4.7.1.3.2 RauheitZu den wichtigsten Oberfl ächenkenngrößen eines Werkstücks gehört die Rauheit R. Sie ermöglicht Aussagen über die Feingestalt einer Oberfl äche.

Die gebräuchlichen Rauheitsmaße sind die Rautie-fe Rt, der arithmetische Mittenrauwert Ra und die ge-mittelte Rautiefe Rz, die noch nach DIN nur noch ver-wen det werden sollte. Bild 4-111 verdeutlicht Ein zel-heiten. Zur Ermittlung von Rz

wird die Bezugs strecke

ln in fünf gleichlange Strecken unterteilt. In nerhalb

dieser Teilstrecken wird dann die jeweilige Rautiefe Rt gemessen. Rz5 ist der Mittelwert dieser fünf Ein-zelrautiefen. Zur Kennzeichnung von Gleit- und Wälz-oberfl ächen wird auch häufi g die Abottsche Trag-kurve beziehungs weise der Profi ltraganteil t

p für be-

stimm te Schnittlinientiefen ermittelt. Der Profi l trag-anteil t

p ist das Verhältnis der tragen den Länge des

Profi ls zur Bezugsstrecke lm, wie Bild 4-112 zeigt.

Erfasst wird die Rauheit allgemein beim Spanen hauptsächlich mit Tastschnittgeräten, z. B. mit ei-nem Perth-O-Meter, das quer zu den Schleifriefen an gesäuberten Werkstücken die Oberfl äche mit ei-ner Nadel abtastet. Geräte, die nach dem Licht-schnitt- oder Interferenzverfahren arbeiten, werden beim Läppen eingesetzt. Rauheitsmessungen im Schleifprozess unter Kühlmitteleinfl uss sind seit kurzem mit neuen Messgeräten möglich.

Bild 4-109Gebräuchliche Verfahren zum Abrichten von Diamant- und CBN-Schleifwerkzeugen (nach Fa. Winter/Meyer).S zusätzliches Schärfen erforderlich.

S

S

S

SS

S

»stehende« Abrichtwerkzeuge »bewegte« Abrichtwerkzeuge

mit Diamantohne

Diam.mit Diamant ohne Diamant

Abrichtwerkzeug

BindungsartSchle

ifm

itte

l

Kunstharzbindungen

Metallbindungen

(überwiegend Bronze)

Crushierbare Metallbindungen

Keramische Bindungen

Dia

mant

Ein

zeld

iam

ant

Ab

richtleis

te

Vie

lkorn

ab

richte

r

(Pro

-dre

ss)

Moly

bd

än

Dia

manta

bricht-

rolle

od

er

-blo

ck

Dia

manta

bricht-

scheib

e

langsp

anend

er

Sta

hl

Sili

ciu

mcarb

id-

scheib

e

Sta

hlrolle

, z. B

.

»Roll-

2-D

ress«

Cru

shie

rrolle

Kunstharzbindungen

Metallbindungen

(überwiegend Bronze)

Crushierbare Metallbindungen

Keramische Bindungen

CB

N

Page 71: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 315

Die sich im Schleifprozess einstellende Rauheit wird bestimmt durch das Geschwindigkeitsverhält-nis q = v

s/v

w, die Schleifscheibenumfangsgeschwin-

digkeit vs und das Zeitspanvolumen Q bzw. die hier-

mit verbundene Eingriffsdicke ae.

Das Geschwindigkeitsverhältnis q beeinfl usst die Bildung des Rauheitsprofi ls am Werkstück. Bei zu-nehmendem Geschwindigkeitsverhältnis überla gern sich immer mehr Schneidprofi le der Scheibe auf der Werkstückoberfl äche (s. a. Abschn. 4.7.1.2.2), so dass sich die Rauheit vermindert. Dies kann er-reicht werden durch eine höhere Schleifscheiben-umfangsgeschwindigkeit v

s bzw. eine kleinere Werk-

stückumfangsgeschwindigkeit vw. Dabei steigt die

Temperatur in der Randzone des Werkstücks und damit die Gefahr von Schleifbrand und -rissen. Klei-nere q-Werte zeigen diese Nachteile nicht. Mit ex-trem kleinen q-Werten (q < 6) bei entsprechend gro-ßen Werkstückumfangsgeschwindigkeiten v

w wer-

den kleine Rauheiten und niedrige Schleiftempe-raturen erreicht.

Beim Außenrundschleifen ist das Geschwindigkeits-verhältnis q = 60 bis q = 80. Beim Planschleifen kennt man zwei Bereiche: Für das Pendelschleifen gilt q = 50 bis 450 und für das Tief- oder Voll-schnittschleifen q = 1000 bis 250 000.

Bild 4-112Profi ltraganteil t

p, grafi sch dargestellt.

Bild 4-110Schleifergebnisse in Abhängigkeit von der Schnittzeit t

c:

a) Wirk- und Werkstückrautiefe bei verschiedenen Zeitspan-volumen Q’ und konstantem Abrichtvorschub f

ad

b) Wirkrautiefe bei konstantem Zeitspanvolumen und ver-schiedenen Abrichtvorschüben

c) bezogene Schleifnormalkraft F’n bei konstantem Zeitspan-

volumen und verschiedenen Abrichtvorschübend) Radialverschleiß Dr

s bei konstantem Zeitspanvolumen und

dem Abrichtvorschub fad

= 0,2 mm

Rad

ialv

ers

chle

iß �

r sb

ez. N

orm

alk

raft F ’ n

Werk

stü

ckra

utiefe

R

z

Wirkra

utiefe

R

ts

� m

0

5

10

15

Rts Rz

a)

1

0,2

Q ’ � 1

fad � �0,2 mm

fad � �0,4 mm

Wirkra

utiefe

R

ts

� m

0

5

10

15

0,3

0,2

0,1

b)

fad � �0,1 mm

Q ’ � 1

0

3

6

12

0,2

0,4

Nmm

Q ’ � 1

fad � �0,2 mm

c)

d)

5

10

20

� m

15

0

0 200 400 600 800

Schnittzeit tc

Q ’ � 3 mm3/mm �s

A60 K8 V

0 25 50 100

12

Pro

filtie

fe

mm

6

3

0

mm

Traganteil tp

9

Bezugsstrecke lm

Bild 4-111Rauheitskenngrößen, s. a. Bild 4-188, S. 355.

P OberflächenprofilM mittlere Linie

R Rauheitsprofilln GesamtmessstreckeRt max. Rautiefe

Ra Mittenrauwert

Ra = 1lm

y dx

Rz5 gemittelte Rautiefe

Rz5 = (Zt1 + Zt2 + Zt3 + Zt4 + Zt5)15

lr Einzelmessstrecken

MP

MRRt

ln

ln

Ra

y

x

Z t1

lrln � 5 lr

Z t4Z t2 Z t3 Z t5

Page 72: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

316 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Ein größeres Zeitspanvolumen bzw. ein größerer Vorschubeingriff verursacht eine zunehmende Rau-heit. Wird der Vorschubeingriff bis a

f = 0 im Schleif-

prozess zurückgenommen (Ausfunken), nimmt die Rauheit ab.

Liegen für eine Schleifscheiben-Werkstückstoff-Kombination die Einstellbedingungen fest, so ist die Rauheit nur noch von der Art der Schleifschei-ben abhängig. In diesem Fall hat die Körnung den grö ßeren Einfl uss im Vergleich zum Gefüge und zur Schei benhärte.

4.7.1.3.3 Schleifkraft und Schleifl eistungKomponenten der Schleifkraft sind die Normal-, die Tangential- und die Vorschubkraft. Bild 4-113 verdeutlicht die Zusammenhänge. Die Normalkraft F

n steht senkrecht auf der zu bearbeitenden Fläche

und ist verantwortlich für die Verformungen von Maschine, Werkstück und Werkzeug. Die Tangen-tialkraft F

t = F

c wirkt, bezogen auf das Werkstück,

tan gential zur Scheibenoberfl äche in Richtung der Schnittbewegung und bestimmt die im Schleifpro-zess notwendige Schleifl eistung. Die Vorschubkraft F

a bzw. F

f wirkt in Vorschubrichtung und ist verhält-

nis mäßig klein.

Werden die Komponenten der Schleifkraft auf die Breite des aktiven Scheibenprofi ls bezogen, so er-geben sich die bezogenen Schleifkräfte F ’

n, F’

t und

F’f.

Schleifkräfte können mit Kraftsensoren gemessen werden. Hierfür verwendete Messelemente sind Pi-ezo-Quar ze beim Planschleifen, Dehnmessstreifen beim Außen rundschleifen oder Induktivaufnehmer beim Spit zenlos-Schleifen. Mit dem Zeitspanvolu-men Q = f (v

f, a

f) nimmt auch die Schleifkraft zu,

wie Bild 4-114 zeigt.

Der Schleifkraftverlauf für die bezogene Tan gen-tialkraft F’

t kann angenähert nach

F’t � k

c grind A

kt oder [4-58]

F’t � h

ch k

c grind mit [4-59]

Akt

Eingriffsquerschnitt in mm2,h

ch Spandicke in mm,

kc grind

spezifi sche Schleifkraft in N/mm2

beschrieben werden. Setzt man vereinfacht für

ha Q

chft e

c c

� �vv v

�, so gilt [4-60]

FQ

ktc

c grind�� �

v mit

Q ’ bezogenes Zeitspanvolumen in mm3/mm ⋅s,v

c Schnittgeschwindigkeit in mm/s.

Der Zusammenhang zwischen Normal- und Tangen-tial kraft ist durch das Kraftverhältnis m gegeben:

Bild 4-114Entwicklung der bezogenen Schleifkräfte in Abhängigkeit vom bezogenen Zeitspanvolumen beim Außenrund-Einstechschlei-fen (Schleifscheibe: A60 K 8 V; Werkstückstoff: C45E (Ck 45 N); v

c = 45 m/s; q = 60; Kühlschmierstoff: Emulsion 2 %).

Bild 4-113Schleifkräfte bei verschiedenen Schleifverfahren (auf das Werkstück bezogen):a) Plan-Umfangsschleifenb) Plan-Seitenschleifenc) Außenrund-Längsschleifend) Außenrund-Einstechschleifen

Page 73: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 317

m � � ��

F

F

F

Fn

t

n

t

.

[4-61]

Es ist abhängig von der Schleifscheiben-Werkstück-stoffpaarung und den Kühlschmierbedingungen. Allgemein liegt das Kraftverhältnis zwischen m = 2 und m = 3.

Die Schnittleistung Pc ist der Tangentialkraft F

t di-

rekt proportional:

Pc = F

t v

c. [4-62]

Unter Berücksichtigung des Wirkungsgrades h ist die Motorleistung

PP

Mc�

h. [4-63]

4.7.1.3.4 Schleiftemperatur und KühlungSchleifkräfte und -temperaturen in der Randzone des Werkstücks stehen in einem engen Zusammenhang. Die beim Zerspanungsvorgang benötigte Schleif-leistung P

c wird bis zu 80 % in Wärme umgewan-

delt, die vorwiegend in das Werkstück über geht. So mit wird deutlich, dass mit steigender Ein griffs-dicke a

e und höherer Umfangsgeschwin digkeit der

Schleifscheibe vs die Temperatur zunimmt. Bild 4-

115 zeigt Temperaturen in der Rand zone in Abhän-gigkeit von der Eingriffsdicke bei ver schiedenen

Kühlungsarten. Diese Temperaturen können zu Brandfl ecken auf der geschliffenen Fläche des Werk -stücks und zu Gefügeänderungen führen.

Das Kühlschmiermittel (Öl-in-Wasser-Emulsion oder Öl) hat folgende Aufgaben:

– Vermindern der Reibung zwischen Schleifkorn und Werkstück,

– Kühlung der Werkstückoberfl äche,– Reinigung und Benetzung der Schleifscheibe, – Korrosionsschutz für Maschine und Werkstück-

stoff.

Eine abnehmende Reibung ergibt eine kleinere Schleifkraft und eine geringere Rauheit sowie ei-ne niedrige Schleiftemperatur und geringen Ver-schleiß. Diese Verbesserungen sind besonders groß bei reiner Ölkühlung. Der Einsatzbereich von Öl ist begrenzt durch eine vorgeschriebene Vollkapse-lung der Schleif maschine und eine Absaugung der Öldämpfe sowie durch entstehende Probleme bei der Werkstück rei nigung.

Außer dem Kühlschmiermittel beeinfl usst auch die Leistung des Zuführsystems das Schleifergebnis er-heblich. Eine Durchfl ussmenge von z. B. 5 l/min bei 1 mm Schleifscheibenbreite und einem Zuführ-druck von 20 bar ermöglicht eine größere Schleif-lei stung und eine geringere Rauheit.

Tabelle 4-4 Mittlere spezifische Schleifkraft kc grind für verschiedene Werkstückstoffe (Körnung 60 bis 120; vc = 30 m/s bisvc = 45 m/s).

39,1615CrMo5 (15 CrMo 5)

4,79Magnesiumguss37,9650CrMo4 (50 CrMo 4)

10,94Aluminiumguss38,30 34CrMo4 (34 CrMo 4)

13,33Messing42,7542CrMo4 (42 CrMo 4)

10,94Rotguss38,6519CrNi8 (18 CrNi 8)

30,44Gussbronze35,9116MnCr5 (16 MnCr 5)

19,32GJMW, GJMB (GTW, GTS)36,42C60 (C 60)

29,24GS-52 (GS 52)37,96C45E, C45 (Ck 45, C 45)

26,33GS-45 (GS 45)38,65E360 (St 70)

18,98EN-GJL-250 (GG 26)36,08E335 (St 60)

32,8355NiCrMoV6 (vergütet) (55 NiCrMoV 6) 34,03E295, C35E (St 50, Ck 35)

29,7555NiCrMoV6 (geglüht) (55 NiCrMoV 6)30,41S2355 (St 37)

kc grind

kN/mm2

Werkstoffkc grind

kN/mm2

Werkstoff

Page 74: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

318 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Eine weitere Verbesserung des Schleifergebnisses wird durch Freispülen der Schleifscheibe beim Schleifen erreicht. Hierzu werden mehrere Reini-gungsdüsen am Umfang der Schleifscheibe ange-bracht, die mit hohen Drücken bis zu 100 bar und kleinen Düsenspalten die Schleifscheibenporen aus spritzen.

4.7.1.3.5 SchleifscheibenverschleißMan unterscheidet zwischen dem Radialverschleiß Δr

s und dem Kantenverschleiß Δr

sk. Beide Verschleiß-

arten sind bei der Berechnung der Werkzeugkosten von Bedeutung. Änderungen des Schneidenraums werden mit dem Radialverschleiß erfasst und die der geometrischen Form der Schleifscheibe durch den Kan tenverschleiß.

Mit zunehmendem bezogenen Zeitspanvolumen Q¢ vergrößert sich der Verschleiß am Schleifwerkzeug infolge zunehmender Schleifkraft, wie Bild 4-116 zeigt, da durch die größere Belastung ganze Kör-ner aus der Schneidfl äche ausbrechen. Im Bereich klei ner Zeitspanvolumina überwiegt der Verschleiß durch Abrieb und Mikroausbruch am Schleifkorn.

Für Schleifarbeiten mit großer Profi lgenauigkeit sind härtere Schleifwerkzeuge zu verwenden, da diese langsamer verschleißen und länger ihre Pro-fi lform beibehalten.

Zur Beurteilung des Verschleißverhaltens von Schleif-werkzeugen wird außer Δr

s und Δr

sk der Ver schleiß-

quotient G gebildet (Gl. [4-64]):

GV t

V t� �w

s

abgetragenes Werkst ckvolumen

Scheibenverschle

( )

( )

üii volumenß

.

Für Schleifwerkzeuge mit Schleifmitteln aus Edel-korund oder Siliciumcarbid liegen die Werte im Bereich G = 20 bis 60. Schleifwerkzeuge mit Dia-mant- oder Bornitridkornwerkstoffen erreichen G-Werte über 500.

4.7.1.3.6 Einfl üsse verschiedener Einstell - größen auf das Schleifergebnis

Eine größere Schleifscheibenumfangsgeschwindig-keit v

s bzw. Schnittgeschwindigkeit v

c ergibt eine

kleinere Schleifkraft wegen der kleiner werdenden Spandicke h

ch. Mehr Schneiden tragen das Werk-

stückvolumen ab. Die erhöhte Schneidenanzahl bei verminderter Spandicke h

ch je Schneide bewirkt fl a-

chere Schleifriefen und damit eine geringere Werk-stückrauheit. Weiter ergibt sich durch die abneh men-de Belastung je Schneide ein verminderter Schei-benverschleiß. Die Schnittgeschwindigkeit wird be-grenzt durch die sich einstellende hohe Tem peratur in der Kontaktzone einschließlich der Kühl probleme sowie durch die Bruchumfangsgeschwin digkeit und die damit notwendigen Sicherheits vor richtungen zum Schutz der Bedienungsperson und der Maschi-ne.

Zur Steigerung des bezogenen Zeitspanvolumens Q¢ = v

w a

e = v

ft a

e kann außer der Eingriffsdicke a

e

beim Außenrundschleifen die Werkstückumfangsge-schwindigkeit v

w verändert werden. Eine Erhöhung

von vw bewirkt eine Temperaturverminderung in der

Randzone des Werkstücks. Die sich ausbreiten de Wärme in der Kontaktzone hat nicht genügend Zeit, tiefer in die Oberfl äche zu wandern, da die nach fol-genden Schneiden die erwärmte Schicht sofort wie-der abschleifen.

Bild 4-115Maximale Schleiftemperatur in Abhängigkeit von der Ein-griffsdicke und verschiedenen Kühlungsarten (nach König).

Bild 4-116Entwicklung der Schleifscheibenverschleißarten in Abhängig-keit vom bezogenen Zeitspanvolumen (Schleifscheibe: A60 K8 V; Werkstückstoff: C45E (Ck 45 N), v

c = 45 m/s; q = 60; Kühl-

schmierstoff: Emulsion 2 %).

0

bez. Zeitspanvolumen Q ’

302010 mm3 / mm �s

Rad

ialv

ers

chle

iß �

r s

Kante

nvers

chle

iß �

r sk

0,60

0,90

0,30

0

mm

�r s

k �r s

Eingriffsdicke ae

mm 0,60,50,40,30,20,100

200

400

600

800

°C

Maxim

altem

pera

tur

Jm

ax

trocken

Emulsion

Schleiföl

Page 75: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 319

Bei verschiedenen Schleifverfahren besteht die Möglichkeit, sowohl die Werkstückgeschwindigkeit als auch die Zustellung bzw. Eingriffsdicke a

e ge-

gensinnig so zu verändern, dass sich verschiedene Verfahrensvarianten ergeben, z. B. beim Planschlei-fen das Pendel- und Tiefschleifen. Das Tiefschleifen er folgt mit großem Vorschub a

f und niedriger Werk-

stückgeschwindigkeit vw, das Pendelschleifen mit

kleinem Vorschub und großer Werkstückgeschwin-digkeit.

Für das Tiefschleifen müssen allgemein die verwen-deten Schleifscheiben über einen genügend großen Spanraum bzw. Porenraum verfügen, da eine klei-ne Werkstückgeschwindigkeit in Verbindung mit gro ßer Zustellung zu einem größeren Werkstoffab-trag je Spanraum führt. Eine große Zustellung be-wirkt eine große Schleifkraft. Der Leistungsbedarf der Ma schi ne für Tiefschleifaufgaben nimmt zu. Der An triebsmo tor muss also eine entsprechend gro-ße Schleifl eistung zulassen.

4.7.1.3.7 Mehrstufi ger SchleifprozessBeim mehrstufi gen Schleifen besteht die Aufgabe darin, das Schleifaufmaß eines Werkstücks in mög-lichst kurzer Zeit, d. h. kostengünstig abzutragen und eine geforderte Werkstückrauheit unter Einhal-tung vorgegebener Maßtoleranzen zu erzeugen. Dies ist zu erreichen, wenn der Schleifprozess in die Stufen Schruppen, Schlichten und Ausfunken unter-teilt wird. Eine kurze Schleifzeit lässt sich nur durch ein erhöhtes Zeitspanvolumen Q bzw. eine größere Einstechgeschwindigkeit in der Schruppphase ver-wirklichen. Die Qualität wird in der Schlicht- und Ausfunkphase erreicht. In diesem Fall lässt sich der Rauheitswert um bis zu 40 % verbessern.

Bild 4-117 zeigt den grundsätzlichen Verlauf eines mehrstufi gen Schleifprozesses beim Außenrund-Ein stech-Schleifen. Die bezogenen Zeitspanvolumi-na betragen beim Schruppen Q¢

1 und beim Schlichten

Q2¢. Das effektive Zeitspanvolumen folgt den einge-

stellten Werten, verzögert durch Nachgiebigkeiten im Maschinensystem. Zunächst wird weniger ab-geschliffen, als eingestellt worden ist. Nachdem der Federweg des Maschinensystems durchfahren ist, sind Stellgrößen und effektive Größen identisch.

Ein mehrstufi ger Schleifprozess ist sehr viel schwie-riger optimal einzustellen als ein einstufi ger Prozess, da sich mehr frei wählbare Einstellparameter erge-ben. Schleifmaschinen dieser Art lassen sich wirt-

schaftlich über ein Regelmodell steuern. Bei einem allgemeinen Signalfl ussplan für Adaptiv-Control-Systeme unterscheidet man die ACO-Rege lung (Adap- tiv Control Optimization) und die ACC-Rege lung (Adaptiv Control Constraint). Bei einer ACO-Re-gelung wird der Prozess nach vorgegebenen Qua-litätskriterien so geregelt, dass die Kosten mini mal werden. Bei einer ACC-Regelung werden durch Änderung einer oder mehrerer Einstellgrößen die Kenngrößen des Schleifprozesses konstant gehalten. So verändert man beim Planschleifen die Vorschub-bewegung des Schleiftisches, um bei unter schied-lichen Aufmaßen mit konstanten Schleifkräften zu arbeiten.

4.7.1.3.8 KostenberechnungAus den Schleifergebnissen in Verbindung mit den Qualitätsgrenzen ergeben sich Beurteilungskriterien wie Werkstückqualität, Schleifscheibenstandzeit

Bild 4-117Mehrstufi ger Schleifvorgang: Der eingestellten Vorschubge-schwindigkeit v

f1 folgt das effektive Zeitspanvolumen Q¢1 ver-

zögert; dem Vorschubweg lf folgt der am Werkstückradius gemes -

se ne Abschliff Drw verzögert. Beim Erreichen des Schlicht auf-

maßes Drw2

wird auf Schlichtschubgeschwindigkeit vf2 um ge schal -

tet. Beim Aufmaß Drw

wird so lange ausgefunkt, bis das Soll maß erreicht ist; dann fährt der Schleifsupport zurück (nach Sal jé/Mushardt).

v f2

v f1

Schruppen Schlichten Ausfunken

Q ’ = f(vf1)

Q ’ 1 (t )eff

Q ’ 2 (t )eff

Q ’ 3 (t )eff v f3 = 0

Zuste

llgeschw

ind

igkeit v f

bez. Z

ers

panle

istu

ng

Q ’

Ein

ste

chw

eg

l f

Rad

iusab

nahm

e d

es W

erk

stü

cks �

r w

�r w

2

lf � rw

�r w

3

Zeit tc

Page 76: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

320 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

sowie Fertigungskosten und Ausbringung. Bei Opti-mierungsaufgaben wird allgemein angestrebt, durch die richtige Wahl der Einstellgrößen die Fer ti gungs-kosten für ein Werkstück unter Einhaltung der Qua-litätsgrenzen zu minimieren.

Die Kosten für die Bearbeitung eines Werkstücks K

e setzen sich zusammen aus den schleifzeitab-

hängigen Kosten Kc und den werkzeugabhängigen

Kosten Kw:

Ke = K

c + K

w. [4-65]

Die schleifzeitabhängigen Kosten ergeben sich aus der Fertigungszeit für jedes Werkstück t

e und dem

Platzkostensatz kpl:

Kc = k

pl t

e = k

pl(t

c + t

n). [4-66]

In den werkzeugabhängigen Kosten Kw

sind das Ver lustvolumen der Schleifscheibe im Prozess zu be rück sichtigen sowie die Abrichtkosten je Werk-stück K

d:

KV k

mKw

s w

Td� . [4-67]

Hierin bedeuten:V

s Schleifscheibenverlustvolumen beim Schleifen

in mm3,k

w Kosten je Schleifscheibenvolumeneinheit Euro

pro mm3,m

T Standzahl der gefertigten Werkstücke zwischen

zwei Abrichtungen der Scheibe.

Die Abrichtkosten je Werkstück sind

Kk t V k

m

K

mdpl ed sd w

T

wd

Td

.

[4-68]

ted

ist die Zeit je Werkstück durch Abrichten in s

ted

= td + t

nd mit

[4-69]

td Abrichtzeit

tnd

Nebennutzungszeit je Abrichtvorgang, V

sd Schleifscheibenverlustvolumen durch Abrichten,

Kwd

Abrichtwerkzeugkostenm

Td Abrichtstandzahl, die angibt, wieviel mögliche Abrichtvorgänge mit einem Abrichtwerkzeug durchgeführt werden können.

Die Ausbringung M errechnet sich aus der effektiven Stückzeit:

Mt� �1 1

eff effektive St ckzeitü. [4-70]

Mit zunehmendem Zeitspanvolumen wird tc kleiner.

Gleichzeitig vermindert sich mT. Die auf ein Werk-

stück entfallenden Abrichtzeiten und Abrichtkosten stei gen an. Für die Kosten der Bearbeitung eines Werkstücks K

e ergibt sich ein Optimum. Diese Zu-

sammenhänge gehen aus Bild 4-118 hervor.

4.7.1.4 SchleifverfahrenDie Schleifverfahren sind nach Merkmalen der her-zustellenden Flächenform gemäß Bild 4-119 unter-teilt. Durch Planschleifen werden z. B. ebene Flä-

Bild 4-118a) zeitoptimales und b) kostenoptimales Schruppzeitspanvo-lumen (ohne die konstanten Zeitanteile).

Bild 4-119Einteilung der Schleifverfahren (nach DIN 8589-1).

3 1

Schleifenmit rotierendemWerkzeug

3

DIN 8589 T1

3 13 1

Plan-schleifen

3 13 2

Rund-schleifen

3 13 3

Schraub-schleifen

3 13 4 3 13 5

Walz-schleifen

Profil-schleifen

3 13 6

Form-schleifen

Zeitspanvolumen Q Zeitspanvolumen Q

Qopt

Fert

igungszeit je W

erk

stü

ck t

e

Fert

igungskoste

n je W

erk

stü

ck K

e

Qopt

a) b)

te

td /mT

tc

Ke

td kpl

tc kpl

Kd /mT

Page 77: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 321

chen und durch Rundschleifen kreiszylindrische Flächen erzeugt. Weiterhin unterscheidet man– Außen- und Innenbearbeitung,– Art des verwendeten Schleifwerkzeugs (Um-

fangs- und Seitenschleifscheiben),– Art der Vorschubbewegung (Längs- und Ein-

stechbewegung).

Einige sich daraus ergebende Plan- und Rundschleif-

verfahren mit ihren Einstellgrößen zeigt Bild 4-120. Die Schnittbewegung ist durch die Schnittge schwin-digkeit v

c gekennzeichnet und die Vorschubbewe-

gung durch die Bewegungsrichtungen, bezogen auf das Schleifwerkzeug, mit den Vorschubgeschwin -dig keiten v

fa, v

fr und v

ft (a für axial, r für radial, t für

tan gen tial). Die Vorschubbewegung kann schritt-weise (diskontinuierlich) oder stetig (kontinuier-lich) erfol gen.

Bild 4-120Wichtige Schleifverfahren und die zugehörigen Einstellgrößen.➊ Außen-Rund-Umfangs-Längsschleifen ➑ Plan-Seiten-Längsschleifen ➋ Außen-Rund-Umfangs-Einstechschleifen ➒ Plan-Umfang-Drehschleifen➌ Innen-Rund-Längsschleifen ➓ Plan-Seiten-Drehschleifen➍ Innen-Rund-Einstechschleifen v

c Schnittgeschwindigkeit

➎ Außen-Rund-Seiten-Längsschleifen vfa Vorschubgeschwindigkeit (axial)

➏ Plan-Umfang-Längsschleifen vfr Vorschubgeschwindigkeit (radial)

➐ Plan-Umfang-Einstechschleifen vft

Vorschubgeschwindigkeit (tangential)

Page 78: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

322 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.7.1.4.1 PlanschleifenUnterschieden wird das Plan-Umfangs- und das Plan-Seitenschleifen. Die Vorschubbewegung er- folgt geradlinig mit einem Längstisch oder drehend mit einem Rundtisch bei vertikaler oder horizonta-ler Schleifspindelanordnung.

Beim Plan-Umfangsschleifen wird der Werkstoff mit der Mantelfl äche der Schleifscheibe im Gleich- oder im Gegenlauf abgetragen. Das Gleichlauf-schleifen belastet die Schneiden infolge des Ein-griffs schlagartig. Im Gegenlauf werden die Schnei-den stetig belastet durch die anfänglich kleinere Spa nungsdicke.

Der große Vorteil beim Plan-Umfangsschleifen sind das einfache Spannen des Werkstücks auf einer Mag-netspannplatte und die große Formgenauigkeit der bearbeiteten Fläche sowie die kleine erreichbare Oberfl ächenrauheit.

Gleichungen für die Berechnung des Eingriffs quer -schnitts, des Zeitspanvolumens sowie für die Schleif- und Hauptzeit gibt Bild 4-121 wieder. Die wichtigs-ten Bauformen von Planschleifmaschinen mit hori-zontaler Schleifspindel zeigt Bild 4-122. Die Vor-schubbewegungen sind auf verschiedene Achsen aufgeteilt. In Bild 4-122a) ist die Maschine mit Kreuz-tisch und fester Rahmensäule ausgeführt. Einge-setzt wird die Maschine zur Bearbeitung klei nerer Werkstücke. Größere Werkstücke lassen sich vor-teilhafter mit den Bauformen gemäß Bild 4-122b) und 4-122c) bearbeiten, da das Werkstück nur in x-Richtung bewegt werden muss. Die Zustellungen in z- und y-Richtung können leichter über die Ma schi-nensäule erfolgen.

Das Plan-Seitenschleifen (Stirnschleifen) wird mit Topfschleifscheiben oder Schleifrädern mit Seg-menten ausgeführt. Vorteilhaft lassen sich Werk stü-cke mit planparallelen Flächen durch zwei gegen-überliegende Segmentschleifscheiben gleichzeitig im Durchlauf- oder Taktverfahren bearbeiten. Dies können Wendeschneidplatten, Uhrenteile, Kugella-ger, Pumpenfl ügel, Pleuel, Kupplungs schei ben oder Zylinderblöcke sein. In vielen Fällen wird hierbei die Schleifscheibe um einen kleinen Winkel zur Vor-schubrichtung angestellt (getiltet). Bei den Werkstü-cken kann hierdurch in einem Durchlauf mit grö-ßeren Zeitspanvolumina geschruppt und geschlich-tet werden. Ohne Anstellwinkel ergibt sich auf dem Werkstück ein Kreuzschliffmuster. Die Gefahr des

»Brennens« steigt, da die Eingriffslängen je Korn länger werden und sich die Spanräume schneller füllen.

Die Vorschubbewegung des Werkstücks kann da-bei rotatorisch und stetig auf Drehtischen oder trans-latorisch und pendelnd auf Plantischen erfolgen.

Wegen dieser Verfahrensvielfalt und der Möglich-keit, das Werkstück im Durchlauf schleifen zu kön-nen, wird das Seitenschleifen wirtschaftlich in der Mas sen fertigung angewendet, bei der eine Ebenheit und Planparallelität kleiner als 5 μm gefordert wird.

Durch Seitenschleifen mit Segmentschleifschei-ben lässt sich ein Zeitspanvolumen etwa bis zu 200 mm3/mm ⋅ s erzielen, das mit anderen Schleifverfah-ren kaum zu erreichen ist. Maschinen mit einer An-triebsleistung von mehr als 100 kW je Schleifschei-benspindel bei einem Schleifscheibendurchmes se r von 2000 mm sind bereits realisiert worden.

4.7.1.4.2 RundschleifenDies Verfahren wird unterteilt in Außen- und Innen-rundschleifen zwischen Spitzen sowie in das spit-zenlose Außen- und Innenrundschleifen.

Beim Außenrundschleifen zwischen den Spitzen wird das Längsschleifen, das Längsschälschleifen, das Einstechschleifen und das Schrägeinstechschlei-fen unterschieden, wie Bild 4-123 näher erläutert.

Beim Längsschleifen ist außer der Rotationsbewe-gung die typische Bewegung eine Längsbewegung, die von der Schleifscheibe oder dem Werkstück par-allel zur Werkstückachse ausgeführt wird. Mei stens bewegt sich der Tisch mit dem Werkstück. Bei Wal-zen schleifmaschinen bewegt sich der Schleif schlitten in Längsrichtung. Die Zustellung erfolgt entweder bei jeder Tischumkehr oder auf einer Seite nach je-dem Doppelhub. Am Ende eines jeden Hubs sollte die Schleifscheibe um das 0,3fache bis 0,5fa che der Scheibenbreite überlaufen. Durch mehrere Leerhü-be (Ausfunken) lässt sich die Formgenau ig keit ver-bessern. Die durchschnittliche Zustellung beträgt beim Schruppen f

r = 20 bis 30 μm/Hub und der Sei-

tenvorschub fa = b

s/2.

Beim Längsschälschleifen stellt man die Schleif-scheibe außerhalb des zu bearbeitenden Werk-stücks um einen großen Betrag zu, so dass das ge-samte Werkstückmaterial in einem Hub abgenom-

Page 79: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 323

Eingriffs-querschnittAe (mm2)

Plan-Umfangs-Längsschleifen Plan-Seiten-Längsschleifen

Zeitspan-volumenQ (mm3/s)

mitt. Zeitspan-volumenQ (mm3/s)

Hauptzeitth (s)

Schleifzeittc (s)

men wird. Die Längsvorschubgeschwindigkeit und die Werkstückgeschwindigkeit sind kleiner als beim Längsschleifen.

Beim Einstechschleifen bewegt sich die meistens profi lierte Schleifscheibe radial in das Werkstück

ohne Längsvorschub. Geschliffen werden kann gleichzeitig mit geraden oder abgesetzten Schleif-scheiben oder mit einem Satz von Schleifscheiben (Satzschleifscheiben). Dies setzt starre Werkstücke oder gute Abstützungen der Werk stücke durch Lü-netten voraus. Durch das hierbei mögliche große

Bild 4-121Gleichungen zur Berechnung von Eingriffsquerschnitt, Zeitspanvolumen, Schleif- und Hauptzeit für das Plan-Umfangs-Längs-schleifen und Plan-Seiten-Längsschleifen (in Klammern Faktor 2, wenn nach jedem Doppelhub zugestellt wird).

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Bild 4-122Bauformen von Plan-Umfangsschleifmaschinen (nach Saljé).

a)

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v c

v fx

v fy v fz

v c

v fx

b)

v fy

v c v fz

v fx

c)

Page 80: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

324 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Zeitspanvolumen wird bei Werkstücken mit länge-ren Schleifstellen statt des Längsschleifens durch meh re re Einstechschleifoperationen das Materi-al abge schruppt und anschließend durch Längs-schleifen die Oberfl ächengüte erzeugt. Die Zustel-lung erfolgt beim Einstechschleifen kontinuierlich und ist abhän gig von der effektiven Schleifschei-benbreite, dem Werkstückstoff und den geforder-ten Oberfl ächen qualitäten.

Für das Einstech- und Längsschleifen gibt Bild 4-124 die Berechnungen von Eingriffsquerschnitt, Zeitspanvolumen, Haupt- und Schleifzeit wieder.

Beim Außenrund-Schrägeinstechschleifen wird zwi-schen Profi l- und Form-Schrägeinstechschleifen un-terschieden. Die Werkstücke in Bild 4-125a) und 4-125b) werden durch Profi l-Schrägeinstechschlei-fen bearbeitet. Die Schleifmaschine hat eine fest einstell bare Vorschubbewegungsachse, und die Schleif scheibe bewegt sich mit der Vorschub ge-schwin digkeit v

fr in das Werkstück. Die Schleifschei-

be trägt das Gegenprofi l des Werkstücks. Abgerich-tet wird die Pro fi lform durch Profi labrichtrollen, Ein zeldiamant, Abrichtfl iese oder Formabrichtrol-len. Damit an der Planfl äche des Werkstücks nicht zu viel Material abgetragen wird, ist das Werkstück in Längsrichtung zu positionieren. Dies erfolgt mit Hilfe von Messsteuerungen.

Das Formschrägeinstechschleifen gemäß Bild 4-125c) wird bei größeren Schleifl ängen eingesetzt. Dabei ist der Durchmesser fertig zu bearbeiten, be-vor die Schleifscheibe die Planfl äche schleift. Der

Ein stech winkel ist fest eingestellt. In einem ande-ren Fall ergibt sich der Einstechwinkel g durch zwei un ab hängig ansteuerbare Zustellbewegungen in v

fz-

und vfy-Richtung. Dies bietet den Vorteil, dass der

Schleif prozess den Bedingungen der Plan- und Zy-lin der fl ä chen angepasst werden kann.

Beim Innenrundschleifen werden hauptsächlich zylindrische und kegelige Bohrungen bearbeitet. Hierzu sind außer der Schnittbewegung der Schleif-scheibe die Werkstück-, Einstech- und Längsvor-schub bewegung notwendig. Die Vorschubbewegung des Werkstücks ergibt sich entweder aus der Dreh-be wegung des Werkstücks oder aus der Planeten-bewegung der Schleifspindel. Die Längs vor schub be-wegung erfolgt durch die Schleifscheibe. Die Ein-stechbewegung bzw. die Zustellung wird abhän gig von der Maschinenart entweder von der Schleif-scheibe oder dem Werkstück ausgeführt. Durch die große Kon taktlänge der Schleifscheibe mit dem Werkstück und der kleinen Spindelnachgiebigkeit müssen die Einstellgrößen für eine Bearbeitungsauf-gabe sorg fältig festgelegt werden. Bild 4-126 zeigt die Drauf sicht einer Innenrundschleifmaschine.

Bei der Wahl des Schleifscheibendurchmessers soll-te das Verhältnis d

s/d

w = 0,85 nicht überschritten

werden. Bevorzugte Werte liegen für größere Werk-stücke im Bereich d

s/d

w = 0,65 bis 0,75, die übliche

Schnittgeschwindigkeit beträgt vc = 30 bis 45 m/s.

Bei einer größeren Schnittgeschwindigkeit treten thermische Probleme in der Schleifspindel auf. Die Längsvorschubgeschwindigkeiten beim Schruppen sind zwischen 3,5 m/min und 6 m/min und beim

Bild 4-123Außenrund-Schleifverfahren: a) Längsschleifenb) Längs-Schälschleifenc) Gerad-Einstechschleifend) Schräg-Einstechschleifen

a)

c) d)

b)

schrittweise

Zustellbewegung

große einmalige

Zustellbewegung

langsame Längs-

vorschubbewegung

hin- und hergehende

Längsvorschubbewegung

kontinuierliche

Schrägvorschubbewegung

kontinuierliche

Quervorschubbewegung

Page 81: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 325

Schlichten zwischen 0,25 m/min und 3 m/min zu wählen. Die Zustellung nach jedem Dop pel hub soll beim Schruppen f

r = 0,03 mm und beim Schlichten

fr = 0,005 mm nicht überschreiten.

Der Tischhub ist so einzuteilen, dass ein Überlauf

Bild 4-124Gleichungen zur Berechnung von Eingriffsquerschnitt, Zeitspanvolumen, Haupt- und Schleifzeit für das Außenrund-Einstech- und das Außenrund-Längsschleifen (in Klammern Faktor 2, wenn nach jedem Doppelhub zugestellt wird).

Bild 4-126Innenrundschleifmaschine (Draufsicht; schematisch).1 Schlitten mit Schleifscheibe und axialer Vorschubbewegung2 Schlitten mit Werkstückspindelstock und Werkstückdreh-

bewegung3 Werkstückachse4 Abrichteinrichtung mit Einzeldiamant 5 Schleifscheibe6 Hydraulikeinheit 7 Spannfutter

Bild 4-125Bearbeitungsbeispiele für das Schräg-Einstechschleifen:a) und b) Profi l-Schräg-Einstechschleifenc) Form-Schräg-Einstechschleifen

Page 82: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

326 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

von etwa einem Drittel der Schleifscheibe möglich wird. Einen möglichen Innenrundschleifzyklus zeigt Bild 4-127.

Gleichungen für die Berechnung von Eingriff quer-schnitt, Zeitspanvolumen, Haupt- und Schleifzeit beim Innenschleifen sind Bild 4-128 zu entneh-men.

Beim Innenrundschleifen ist besonders in den Boh-rungen für ausreichende Kühlung zu sorgen, da bei einem größeren Zeitspanvolumen leicht Brand fl ecke und Risse auftreten. Rattermarken tre ten all gemein durch fremd- oder selbsterregte Schwingungen auf. Um fremderregte Schwingungen bei den mit gro-ßen Drehzahlen laufenden Innen schleifspindeln zu ver meiden, müssen diese gut ausgewuchtet wer-den. Selbsterregte Schwingungen sind durch st-eifere Maschinen, Dämpfungsmassen, Drehzahl-änderung oder Schleifscheiben größerer Körnung zu vermin dern.

Als Qualitätskriterium einer Bohrung sind der Kreis- und der Längsformfehler von Bedeutung. Kreis-formfehler können durch sorgfältiges Spannen ein-gegrenzt werden. Längsformfehler sind haupt säch-lich abhängig von der Größe der Schleif normal kraft F

n. Bei großer Nachgiebigkeit des Spindel-Lager-

Systems und des Spindeldorns werden die Schleif-

scheiben unterschiedlich stark durch die Nor mal-kraft ausgelenkt, so dass eine kegelige Boh rung ent-steht. Der Fehler lässt sich durch angepasste Abricht-bedingungen und Schleifscheibenspezifi ka tionen sowie durch eine höhere Schnittge schwin digkeit und ein kleineres Zeitspanungsvolumen ver ringern.

Das spitzenlose Außen- und Innenrundschleifen setzt man hauptsächlich in der Massenfertigung ein, da eine große Abtragsleistung und eine große Stück-zahl erzielt werden. Der Schleifvorgang ist ohne großen Aufwand zu automatisieren. Beim spitzen-losen Außenrundschleifen liegt das Werk stück auf einer Aufl ageschiene, ohne dass es zwi schen den Spitzen aufgenommen wird, wie Bild 4-129 zeigt. Geführt wird es zwischen Schleifscheibe, Aufl age-schiene und Regelscheibe. Schleif- und Regelschei-be haben die gleiche Drehrichtung. Der Abstand von Regelscheibe und Schleifscheibe bestimmt den Werkstückdurchmesser. Die Regel scheibe besteht aus Kunstharz oder Hartgummi und ist beim Ein-stechschleifen zylindrisch oder beim Durchgangs-schleifen als Rotationshyperboloid ausgeführt.

Mit Vorteil lassen sich im Durchlauf glatte zylin-drische Werkstücke und im Einstich zylindrische Werkstücke mit Ansätzen und Bunden sowie pro-fi lierte Werkstücke gemäß Bild 4-130 bearbeiten. Beim Durchlaufschleifen dreht sich das Werkstück und bewegt sich zusätzlich in Achsrichtung. Hier zu ist die Regelscheibe um einen bestimmten Win kel schräggestellt, so dass eine Axialkraft eine Verschie-bung des Werkstücks bewirkt. Die Dreh zahl der Re-gelscheibe ist kleiner als die der Schleifscheibe und bremst das Werkstück, so dass eine Relativ geschwin-digkeit zwischen Werkstück und Schleif schei be zur Spanabnahme entsteht. Durch das Ver stel len des Winkels a wird die Durchlauf ge schwindigkeit be-einfl usst. Beim Einstechschleifen ist das Werkstück kürzer als die Schleifscheibenbreite. Bei diesem Ver fahren führt die Regelscheibe außer der Dreh-be wegung noch eine Zustellbewegung aus.

Beim spitzenlosen Innenrundschleifen entsprechend Bild 4-131 arbeitet die Schleifscheibe a in der Boh-rung des Werkstücks c. Ein großer Teil der Schleif-kraft wird von der Regelscheibe b aufge nommen. Die Stützrolle e ersetzt die Aufl ageschiene. Die Rol-le d übernimmt die Aufgabe, eine Anpresskraft zu den Teilen b und e zu erzeugen. Die axiale Vor schub-be wegung lässt sich durch Neigen der Rollen um ihre horizontale Achse erreichen.

Bild 4-127Innenschleifzyklus.

Aufmaß

1. Einfahren in Bohrung

2. Eilvorlauf bis zur Werkstück- berührung

3. Schruppschleifen

4. Abrichten (mehrfach wiederholbar)

5. Schlichtschleifen

6. Rücklauf und Ausfahren aus der Bohrung

Page 83: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 327

Vorteile des spitzenlosen Rundschleifens sind bei dünnen langen Werkstücken zu sehen, die ohne Unterstützung von Lünetten in einem Durchgang ohne Durchbiegung fertig geschliffen werden kön-nen. Das Einspannen und Zentrieren der Werkstü-cke entfallen. Die Maschinen lassen sich leicht auf andere Durchmesser umrüsten.

4.7.1.4.3 SchraubschleifenZum Schraubschleifen gehören das Gewinde- und Schneckenschleifen. Das Gewindeschleifen wird zur Herstellung von Präzisionsgewinden an gehär-teten und weichen Werkstücken sowie zur Her-stellung von Gewindebohrern eingesetzt. Einige Ge windeschleifverfahren zeigt Bild 4-132.

Bild 4-128Gleichungen zur Ermittlung von Eingriffsquerschnitt, Zeitspanungsvolumen, Haupt- und Schleifzeit für das Innenrund-Ein- stech- und Innenrund-Längsschleifen.

Bild 4-129Spitzenloses Außenrundschleifen, schematisch.

Einstechschleifen Längsschleifen

EingriffsquerschnittAe (mm2)

ZeitspanvolumenQ (mm3/s)

mittlleres ZeitspanvolumenQ (mm3/s)

Hauptzeitth (s)

Schleifzeittc (s)

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v ft (oszill)

lH (oszill)

Schleifscheibe Regelscheibe

Längsvorschub-

geschwindigkeit

Werkstück

Werkstück-

auflage

v s

v fwv Rs

a

v fwnRs

fRsnw

nsfs

Schleifscheibe Werkstück Regelscheibe

Werkstückauflage

Page 84: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

328 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Beim Längsschleifen wird mit einer einprofi ligen Schleifscheibe gemäß Bild 4-132a) der einzelne Gewindegang geschliffen. Bei jedem Überschliff ist der Vorschubweg gleich der Gewindelänge. Die Schleifscheiben- und Werkstückachse müssen dem Steigungswinkel entsprechend eingestellt sein. Das Verfahren ermöglicht eine sehr genaue Gewinde-bearbeitung. Mit mehrprofi ligen Schleifscheiben nach Bild 4-132b) kann die Fertigungszeit verkürzt werden, aber die Fertigungsgenauigkeit nimmt ab. Die Schleifscheibe ist kegelig ausgeführt, um in ei-nem Durchgang das Gewinde fertig zu schleifen.

Beim Einstechschleifen mit einer mehrprofi ligen Schleifscheibe entsprechend Bild 4-132c) führt das Werkstück etwas mehr als eine Umdrehung aus. Der Vorschubweg ist gleich der Gewindesteigung. Werkstück- und Schleifspindelachse sind parallel zueinander angeordnet. Mit diesem Verfahren lässt

sich ein großes Zeitspanvolumen abtragen. Es wird bei einer großen Stückzahl und einem kurzen Ge-winde angewendet. Der Steigungsvorschub an der Gewindeschleifmaschine erfolgt über eine Leitspin-del, die als Kugelumlaufspindel ausgeführt ist oder über eine Leitpatrone. Der Werkstück- und der Schleif-spindelantrieb werden über stufenlos verstell bare Getriebe ermöglicht. Das Abrichten von einpro fi li-gen Scheiben erfolgt mit einem Einzeldiamanten. Eine mehrprofi lige Schleifscheibe profi liert man mit einer Diamantrolle. Ein nicht genormtes Profi l lässt sich wirtschaftlich mit einem CNC-gesteuerten Abrichtgerät herstellen, so etwa ein Hohlfl ächen-, Zykloiden- oder Schraubenpumpenprofi l einschließ-lich der Korrektur. Bild 4-133 verdeutlicht das Ab-rich ten eines Hohlprofi ls zum Schleifen einer zy-lin drischen Schnecke.

4.7.1.4.4 WälzschleifenBei gehärteten Zahnrädern kann der Härteverzug nur durch Schleifen beseitigt werden. Das Wälzschlei-fen wird bei der Feinbearbeitung von größeren ge-rad- und schrägverzahnten Außenstirnrädern ein-

Bild 4-130a) Einstechverfahren undb) Durchlaufverfahren des spitzenlosen Außenrundschlei-

fens.

Bild 4-131Spitzenloses Innenrundschleifen. a) Schleifscheibeb) Regelscheibec) Werkstückd) Druckrollee) Stützrolle

Bild 4-132Gewindeschleifverfahren:a) Längsschleifen mit einprofi liger Schleifscheibeb) Längsschleifen mit mehrprofi liger Schleifscheibec) Einstechschleifen mit mehrprofi liger Schleifscheibe

Werkstück macht

eine Umdrehung

c)

b)

a)

Vorschub

eine Ganghöhe

b

a

c

d

e

Festanschlag

Schleif-

scheibe

Zustellung Werkstückbewegung

Schleif-

scheibea

Werkstück-

bewegung Regelscheibe Regelscheibe

a) b)

Page 85: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 329

gesetzt. Das Schleifscheibenprofi l entspricht einem Zahn oder mehreren Zähnen einer Zahnstange, an der das Werkstück abgewälzt wird. Man unterschei-det das diskontinuierliche Wälzschleifen mit einer Teil bewegung und das kontinuierliche Wälzschlei-

fen ohne Teilbewegung. Bild 4-134 vermittelt hier-zu Einzelheiten.

Das Teilwälzverfahren (Maag-Schleifverfahren) ar-beitet mit Teller- oder Doppelkegelscheiben. Die Schleifscheiben sind normalerweise unter 15 ° oder 20 ° geschwenkt. Geschliffen wird mit dem Umfang und der Seite des Tellerrades. Es entsteht auf dem Zahn ein Kreuzschliffmuster. Beim 0 °-Schliff ent-steht ein Glattschliffmuster. Mit diesem Verfahren las sen sich gut Zahnprofi lformkorrekturen durch-führen, Bild 4-135. Zur Erzeugung des Schleifv-organgs wird der Wälzschlitten 1 so verschoben, dass durch den Roll bo gen 2 und die Wälzbänder 3 eine Abroll be wegung des Werkstücks entsteht. Der Durch messer des Rollbogens entspricht dem Durch-messer des Wälzkreises am Werkstück. Die Schleif-scheibe führt in der Zahnlücke die hin- und her ge-hende Schleifbewegung aus. Ist der Zahn fertig ge-schliffen, dann wird zum nächsten weiter geteilt.

Bild 4-133Abrichten eines Hohlprofi ls zum Schleifen einer zylindrischen Schnecke (nach Fa. Klingelnberg).

Bild 4-134Wälzschleifverfahren.➊ mit einer Stirnschleifscheibe➋ mit zwei Stirnschleifscheiben Maag – 15 ° (20 °) – Methode➌ gemäß 2, Maag – 0° – Methode➍ mit Doppelkegelscheibe➎ mit Kegelmantelscheiben➏ mit mehreren Doppelkegelscheiben➐ mit Schleifschnecke (nach Saljé/Bausch)

Page 86: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

330 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Beim kontinuierlichen Wälzschleifen (Reishauer-Schleifverfahren) kämmt eine Schleifschnecke mit einem Werkstück ähnlich dem Wälzfräsen. Während der synchronisierten Wälzbewegung von Werkstück und Werkzeug wird die Schleifschnecke in Rich-tung der Werkstückachse verschoben.

4.7.1.4.5 Profi lschleifenDurch das Profi lschleifen lassen sich an Plan- und Rundfl ächen Profi le erzeugen. Die Profi lschleif schei-ben haben eine werkstückgebundene Kontur. Um diese auf das Werkstück zu übertragen, sind beim Profi lplanschleifen außer der Schnittbewegung der Schleifscheibe nur noch eine radiale und tangentiale Vorschubbewegung erforderlich. Die Kontur wird mittels einer Diamant-Profi lrolle oder eines NC-ge-steuerten Abrichtdiamanten in die Schleifscheiben-oberfl äche gebracht. Der Schleifscheibenverschleiß an den Kanten ist beim Profi lschleifen häufi g das Standzeitkriterium. Mit zunehmendem Einsatz von verhältnismäßig verschleißfesten Schneidstoffen, wie z. B. CBN und Diamant, ergibt sich dann eine be-sonders wirtschaftliche Bearbeitung, wenn schwer schleifbare Werkstückstoffe, wie z. B. X210Cr12 oder EMo5Co5, zu schleifen sind. Das Abrichten während des Schleifens (Continuous Dressing) hat sich bei Werkstücken bewährt, die mit großer Pro-fi lgenaugkeit zu bearbeiten sind. Durch das konti-nuierliche Abrichten bleiben die Anfangsschärfe und die Profi lform erhalten. Die Vergrößerung des

Zeitspanvolumens und eine verminderte Schleifzeit sind damit verbunden.

Das Profi lschleifen mit der Umfangsschleifscheibe ist der hauptsächliche Anwendungsfall. Dabei wird zwischen Profi lpendel- und Profi ltiefschleifen bzw. Schleichgang oder Vollschnittschleifen unterschie-den. Grundlegende Zusammenhänge zeigt Bild 4-136. Beim Pendelschleifen gemäß Bild 4-136a), wird mit kleiner Zustellung a

e = 0,005 mm bis a

e = 0,01

mm und großer Vorschubgeschwindigkeit vf = 3 m/

min bis vf =15 m/min geschliffen. Es wird unter-

schieden zwischen Schleifvorgängen, bei denen mit und ohne Überlauf gearbeitet wird. Beim Tiefschlei-fen ohne Überlauf entsprechend Bild 4-136d), wird mit konstanter Zustellgeschwindigkeit v

fr senkrecht

in das Werkstück geschliffen und bei Erreichen des Sollmaßes auf den Längsvorschub umgeschaltet. Ein Zeitvorteil ergibt sich bei einem tiefen Profi l und einem großen Schleifscheiben durch messer. Be-sondere Merkmale des Tiefschleifens ge gen über dem Pendelschleifen sind eine kleinere Rautiefe, ein geringer Kantenverschleiß der Schleif scheibe und damit eine größere Profi lhaltigkeit des Werk zeugs, aber auch eine höhere Normal- und Tangen tialkraft beim Schleifen sowie eine höhere Tem pe ratur in der Kontaktzone zwischen Schleifscheibe und Werk-stück.

Bei einem kleineren Zeitspanvolumen wird das Pendelschleifen hauptsächlich als Feinbearbeitungs-verfahren bei der Fertigbearbeitung eingesetzt.

Das Profi l-Planschleifen wird i. Allg. mit einer ein-zigen, seltener auch mit mehreren Schleifspindeln ausge führt. Die Maschinenausführung mit mehr als einer Schleifspindel setzt man für Problemlösungen ein. Das Profi lieren der beiden Schleifscheiben erfolgt über eine auf dem Tisch montierte Diamantrolle.

4.7.2 Honen

Beim Honen wird, wie beim Schleifen, ein Werk-zeug aus gebundenem Korn verwendet, das die Werk-stück oberfl äche unter ständiger Flächenberührung spanend bearbeitet. Angewendet wird dieses Ver fah-ren zum Verbessern der Maß- und Formgenauig keit an der Oberfl äche von Bohrungen, Zylin der lauf buch-sen und Lagerstellen an Zapfen. Da der Werk stoff-abtrag beim Honen klein ist, sind die Werk stücke mit mög lichst kleinem Formfehler vorzu arbeiten,

Bild4-135Wälzschleifmaschine (schematisch). 1 Wälzschlitten2 Rollbogen 3 Wälzbänder4 Teilmechanismus 5 Schleifscheibe 6 Antriebsmotor7 Werkstück (Zahnrad)

1

4 2

356

7

Page 87: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 331

um die Genauigkeit innerhalb der Zugabe von etwa 0,05 mm bis 0,1 mm erzeugen zu können. Honen lassen sich weicher und gehärteter Stahl, Gussei-sen, Sin termetalle, Bronze, Messing, Kunststoffe, Glas und Grafi t. Am häufi gsten werden Bohrungen mit ei nem Durchmesser von 2 mm bis 1200 mm – auch mit Bohrungslängen über 20 m – gehont.

4.7.2.1 Kinematische GrundlagenBild 4-137 zeigt verschiedene Honverfahren. Sie werden eingeteilt in

– Langhubhonen, bekannt auch unter der Bezeich-nung allgemeines Honen oder Ziehschleifen,

– Kurzhubhonen, bekannt auch unter der Bezeich-nung Feinhonen, Superfi nish, Feinziehschleifen oder Schwingschleifen. lm einzelnen werden das Flach-, Spitzendreh-, Spitzenlos- und Lauf-bahnhonen unterschieden.

Beim Langhubhonen entsteht die Schnittbewegung am Werkstück durch die Hub- und Drehbewegung des Werkzeugs. Die Schnittbewegung v

c setzt sich

aus der axialen Geschwindigkeit vca

(etwa 10 m/min bis 40 m/min) und der tangentialen Geschwindigkeit v

ct (etwa 10 m/ min bis 25 m/min) zur resultierenden

Geschwindigkeit zusammen:

v v vc ca ct� 2 2 .

[4-71]

Die Bewegung des Honsteins und die sich daraus ergebende Oberfl ächenstruktur auf dem Werkstück zeigt Bild 4-138. Bei konstanter Axial- und Tangen-tialgeschwindigkeit ergeben sich Riefen mit einem konstanten Kreuzungswinkel a. Für den halben Kreu-zungswinkel a /2 gilt die Beziehung

a2� arctan .

vv

ca

ct

[4-72]

Die axiale Geschwindigkeit ist beim Langhubhonen

Bild 4-136Profi l-Pendel- und Profi l-Tiefschleifen a) und c) mit Überlauf,b) und d) ohne Überlauf (nach Redeker).

Bild 4-137Honverfahren.

4-138Bewegungen der Honleiste beim Langhubhonen und die daraus entstehende Oberflächenstruktur in einer abgewickelten Bohrung.

Page 88: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

332 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

annähernd über die Werkstücklänge konstant, nur in den Umkehrpunkten fällt sie ab und steigt wieder an. Die Vorschubbewegung v

f senkrecht zur Werk-

stückoberfl äche erfolgt kraft- oder formschlüssig. Auftretende Flucht- und Richtungsfehler zwischen Maschinenspindelachse und Bohrungsachse müssen ausgeglichen werden. Bei starrer Werkstückauf span-nung ist das Honwerkzeug doppelgelenkig mit der Maschinenspindel verbunden. Bei fester Werk zeug-aufspannung müssen alle vier Freiheitsgrade in die Werkstückaufspannung gelegt werden.

Beim Kurzhubhonen ergibt sich die Schnittbewe-gung v

c aus der Drehbewegung des Werkstücks und

einer senkrecht zu dieser wirkenden kurzhubigen Schwingbewegung des Werkzeugs, wie Bild 4-139 zeigt:

v vc ct2

h� �( ) cos ( ).h f tπ 2 2 w [4-73]

Die maximale Geschwindigkeit ist

v vc max ct2� ( ) .h fπ 2 [4-74]

Der Hub h beträgt 1 mm bis 6 mm bei einer Hub-frequenz f = 10 Hz bis 50 Hz. Hierbei wird die in seiner Form an die Werkstückkontur angepasste Honleiste bzw. der Honstein an das Werkstück ge-drückt. Der Anpressdruck beim Zustellen liegt zwi-schen 0,1 N/mm2 und 0,4 N/mm2.

Mit dem Kurzhubhonen erzielt man eine geringe Rauheit sowie eine große Formgenauigkeit. Bei ge-härteten und vorgeschliffenen Oberfl ächen ist ei-ne Rauheit von Rz = 0,1 μm bis 0,2 μm bei einem Traganteil bis zu 98 % und einer Rundheits ver bes-

serung bis zu 75 % erreichbar. Die große Ober fl ä-chengüte und die Rundheitsverbesserung bewir ken z. B. in Wälz- und Gleitlagern einen ruhigen Lauf bei kleinem Verschleiß. Anwendung fi ndet dieses Verfahren für Bauteile im Fahrzeug- und Motoren-bau sowie in der Hydraulik- und Wälzlagerindus-trie. Insbesondere werden Lauf- und Gleitfl ächen, Gleit lagerzapfen an Kurbelwellen, Dichtfl ächen und Wälzlagerteile bearbeitet.

4.7.2.2 Einfl uss der Einstellgrößen auf den Hon vorgang und das Honergebnis

Das Honergebnis wird zu einem großen Teil von den Eigenschaften der Maschine, der Geometrie des Werkstücks und dem Werkstückstoff bestimmt. Die Spezifi kation des Honwerkzeugs und die Art des Kühlschmierstoffs sind weitere wichtige Ein-fl ussgrößen.

Mit den Einstellgrößen lässt sich der Honvorgang bzw. die Honzeit und das Honergebnis in weiten Be-reichen beeinfl ussen. Die wichtigsten Stellgrößen sind die Schnittgeschwindigkeit und der Anpress-druck der Honleisten:

pF

A

F

b l� �

�n

kt

n2 in

N

mm. [4-75]

Hierin bedeutenA

kt Kontaktfl äche in mm2,

b Leistenbreite in mm, l Leistenlänge in mm, F

n Normalkraft in N.

Bild 4-139Bewegungen der Honleiste beim Kurzhubhonen.F Anpresskraftv

ca Axialgeschwindigkeit

vct

Tangentialgeschwindigkeith Hublängeg Umschlingungswinkel der Honleisten

w Werkstückdrehzahl

nw

v ct

F

h2

h2

v ca

gh

Bild 4-140Rauheit, Zerspanvolumen, Zylindrizitäts- und Rundheitsab-weichung sowie Honleistenverschleißvolumen in Abhängigkeit vom Anpressdruck des Honsteins (nach Tönshoff).

Zers

panvolu

men

Vw

Rauheit

Rz

1,25

1200

Zylind

rizitäts

ab

weic

hung f z

40

Rauheitsab

weic

hung

f k

Anpressdruck p

10

Honle

iste

n-

vers

chle

ißvolu

men

2000

Anpressdruck p

50 20daN/cm2 0 5 10 daN/cm2 20

mm3

1000

500

0

2400

mm3

600

0

5

� m

2,5

0

fz

fk

� m

20

10

0

Page 89: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

333

Infolge des höheren Anpressdrucks p dringen die Schneiden der Honleiste tiefer in die Werkstückober-fl äche ein. Mit größerer Eindringtiefe nimmt die An-zahl der am Zerspanungsvorgang teilnehmenden Schneiden zu. Viele Schneiden tragen mehr Werk-stückstoffvolumen ab, so dass das Zerspanvolumen ansteigt. Gleichzeitig erhöht sich auch die Schnitt-kraft. Infolgedessen brechen Körner aus der Bin-dung, und die Honleisten verschleißen schneller. Bild 4-140 verdeutlicht die Zusammenhänge. Mit zuneh-mendem Zerspanvolumen vergrößert sich die Rau-heit sowie die Zylindrizitäts- und Rundheitsabwei-chung. Eine kleinere Rauheit wird durch eine höhe-re Schnittgeschwindigkeit erreicht. Gute Honergeb-nisse lassen sich mit axialen Geschwindigkeiten von v

ca = 15 m/min bis v

ca = 30 m/min und tangentialen

Geschwindigkeiten von vct = 20 m/min bis v

ct = 50

m/min erzielen.

Veränderungen der Axial- und Tangentialgeschwin-digkeit ändern zwangsläufi g den Kreuzungswinkel a. Verschiedene Kreuzungswinkel bewirken eine un-ter schiedliche mechanische Wechselbelastung am Korn. Als Folge hiervon splittert das Kornmaterial, und darunterliegende scharfe Körner nehmen am Zerspanungsvorgang teil. Günstige Abtragswerte bzw. höhere Zeitspanvolumina lassen sich bei a-Werten zwischen 40 ° und 70 ° erzielen.

Einen großen Einfl uss auf den Zylindrizitätsfehler hat die Hublänge l

h. Am häufi gsten treten »tonnen-

förmige« Bohrungen und Bohrungen mit »Vorwei-te« auf, wie Bild 4-141 zeigt. Durch unterschiedli-che Hublängen und einen festgelegten Überlaufweg lü bzw. Auslaufweg des Werkzeugs aus der Bohrung

können Zylindrizitätsfehler korrigiert werden. In den Hubumkehrpunkten verringert sich die Axialge-schwin digkeit bis zu v

a = 0. Gleichzeitig mit v

a wird

der Kreuzungswinkel kleiner und der Werkstück-stoff abtrag ändert sich. Diese Abtragsänderung be-

wirkt bei geeigneter Wahl der Überlaufl änge die Kor-rektur der Bohrungsform. So wird z. B. bei kleine-ren Hublängen in der Mitte der Bohrung mehr Werk-stück stoff abgetragen als bei den Bohrungs enden.

Aus diesen Gründen ist das Honen von Sackloch-bohrungen problematisch, wenn am unteren Boh-rungsende kein genügend großer Freistich zum Über-lauf vorhanden ist. Ausgleichen kann man den feh-lenden Überlauf durch geeignete Hubsteuerung. Am Bohrungsgrund werden in Intervallen Kurzhü-be durchgeführt, so dass es dort auf diese Weise zu erhöhtem Werkstückstoffabtrag kommt.

Einen allgemeinen Verlauf von Werkstückrauheit und Werkstückstoffabtrag in Abhängigkeit von der Honzeit zeigt Bild 4-142a). Am Anfang des Hon vor-gangs berühren die Honleisten das Werkstück nur mit einem kleinen Flächentraganteil, bedingt durch

Bild 4-141Beeinfl ussung des Zylindrizitätsfeh-lers durch die Hublänge l

h des Hon-

werkzeugs. l Honsteinlängelü Überlaufl änge des Honwerk-

zeuges lh Hublänge

kleiner

Überlauf

kle

ine H

ub

länge

l ü �

l/3

ll h

gro

ße H

ub

länge

großer

Überlauf

Bild 4-142Werkstückstoffabtrag und Rauheit in Abhängigkeit von der Honzeit (nach Haasis).a) einstufi ges Honen mit und ohne Absenkung des Anpress-

drucksb) zweistufi ges Honen mit erhöhtem Anpressdruck beim Vor-

honen und Absenken des Anpressdrucks beim Fertighonen

Werk

stü

cksto

ffab

trag �

W

Rauheit

Rz

0

10

20

30

40

0

2

4

6

8

10

12

14

50

60

16

� m

Honzeit

120

Honzeit

6030 900 s 0 30 60 90 120s

� WRz

Fertig-

honen

Vor-

honen

Absenken des

Anpressdrucks p

� W

Rz

a) b)

Sollmaß Sollmaß

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden

Page 90: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

334 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

die Bohrung und eine große Anfangsrauheit, z. B. Rz = 10 μm. An den Berührungsstellen wird der Werkstückstoff durch den großen Anpressdruck schnell abgetragen. Die Oberfl ächenrauheit ver rin-gert sich und geht gegen einen stationären Grenz-wert. Die Oberfl ächengüte lässt sich jetzt nicht mehr wesentlich verbessern. Geringfügig kann die Rau-heit noch durch das Absenken des Anpressdrucks weiter verkleinert werden. Der Honvorgang wird beendet, wenn der Werkstückstoff abgetragen und das Soll maß erreicht worden ist.

Ein zweistufi ger Honvorgang gemäß Bild 4-142b) ist wegen der Zeiteinsparung wirtschaftlicher. In der ersten Bearbeitungsstufe, dem Vorhonen, wird infol-ge des erhöhten Anpressdrucks und wegen der grob-körnigen Honsteine ein großer Werkstück stoffabtrag bzw. ein großes Zeitspanvolumen bei kur zer Bearbei-tungszeit möglich. Anschließend lässt sich mit ande-ren feinkörnigen Honsteinen, die sich ebenfalls im Werkzeug befi nden, die Oberfl äche so verbessern, dass nach verhältnismäßig kurzer Hon zeit das Soll-maß bei ausreichender Qualität erreicht wird.

4.7.2.3 Einfl uss des WerkzeugsEinige Bauformen und Zustellmöglichkeiten von Honwerkzeugen für die Bohrungsbearbeitung zeigt Bild 4-143. Die Honleisten werden in radialer Rich-tung im Werkzeug geführt. Sie sind auf die Honlei-stenträger aufgeklebt, geklemmt oder bei Diamant-honleisten aufgelötet. Über Kegel werden die Hon-leisten gespreizt und an die Bohrungswand gedrückt.

Länge und Breite der Leisten beeinfl ussen das er-reich bare Honergebnis hinsichtlich Zylindrizitäts- und Rundheitsabweichung. Mit längeren Leisten werden vorhandene Zylindrizitätsabweichungen der Bohrung besser überbrückt als mit kürzeren. Mit breiteren Honleisten und unsymmetrischer Leis-tenanordnung lassen sich aus gleichem Grund Rund-heitsabweichungen leichter beseitigen. Brei tere Honleisten verhalten sich besonders schwin gungs-dämpfend. Damit verbunden sind geringere Honge-räusche und ein kleinerer Honleistenver schleiß.

Die kleinste erreichbare Rauheit ist im Wesentlichen von der Spezifi kation der Honleisten abhängig. Hierzu gehören Kornwerkstoff, Korngröße, Bin-dungs art, Härte und Tränkung (Abschn. 4.7.1.2.2). Ein Bezeichnungsbeispiel gibt Bild 4-144 wieder.

Verwendete Kornwerkstoffe sind Korund, Silicium-carbid, Diamant und kubisch-kristallines Bornitrid. Die normalerweise verwendete Körnung liegt zwi-schen 120 und 1200. Honleisten aus Diamant und kubisch-kristallinem Bornitrid unterscheiden sich von denen aus Korund und Siliciumcarbid-Korn-werkstoff im Schneidverhalten. Oberfl ächen mit einer Rauheit von unter 3 μm sind mit den Schleif-

Bild 4-143Bauformen von Honwerkzeugen (Honahlen) für die Bohrungs-bearbeitung:a) Honwerkzeug mit Parallelleisten (mehrere Honleisten am

Umfang verteilt)b) Doppelhonwerkzeug mit Parallel- und Schwenkleisten für

Sacklochbohrungenc) Einleistenhonwerkzeug.1 Honleiste 4 Zustellkonus2 Honleistenträger 5 Führungsleiste3 Rückholfeder 6 Werkstück

Bild 4-144Bezeichnung für ein Honwerkzeug nach DIN ISO 603-10 mit Korund als Kornwerkstoff (Beispiel).

1

2

6

4

3

1

6

2

4 3

c) Schnitt

4 6 5 2 16 5

4

1

a) b)

Honstein DIN ISO 603-10 - A10 x 160 A150 L8 V (S)

Querschnitt -

KantenlängeLängeSchleifmittelKörnungHärteGefügeBindungSonderhinweis (z. B. geschwefelt)

A Quadrat

B Rechteck

Page 91: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 335

mitteln aus Korund und Siliciumcarbid wirtschaft-lich herzustellen. Rauere Oberfl ächen werden mit gro berer Körnung durch Diamant und kubisch kristal-linem Bornitrid in Verbindung mit einem großen Zeitspanvolumen vorteilhafter bearbeitet. Die Kör-ner dieser Kornwerkstoffe bleiben länger im Hon-leistenverband und werden stumpf.

Bild 4-145 zeigt das von Korund-, Diamant- und CBN-Honleisten erreichbare bezogene Zeitspan-volumen Q¢ in Abhängigkeit von der Schnittge-schwindigkeit. Den Einfl uss der Korngröße und der Härte von Korund- und Siliciumcarbid-Honsteinen auf die Rauheit, den Honleistenverschleiß und den Werkstoffabtrag zeigt schematisch Bild 4-146.

Tabelle 4-5 und 4-6 geben jeweils eine Übersicht über die erreichbaren Oberfl ächengüten mit Korund- und Diamant-Honleisten.

4.7.2.4 Einfl uss des WerkstücksDas Honergebnis und der Prozessverlauf werden vom Zustand des Werkstücks vor der Bearbeitung bestimmt. Dies sind die Härte des Werkstückstoffs, vorhandene Zylindrizitätsfehler und eine große Aus-gangsrauheit der Vorbearbeitung. Eine zuneh men-de Werkstückhärte ermöglicht eine kleine Ober-fl ächen rauheit. Die Körner in der Honleiste stump-fen durch den harten Werkstückstoff ab. Ein vor-han dener Zylindrizitätsfehler und eine größere Aus-gangs rau heit können nur bei größerem Aufmaß ver-bessert werden.

4.7.2.5 Einfl uss des KühlschmierstoffsDer Kühlschmierstoff muss beim Honen haupt-sächlich Späne transportieren, die Schneiden schmie-ren und die Reibungswärme abführen. Das dünn-fl üssige Honöl wird durch Ringdüsen mit mehreren Austrittsstellen den Honleisten zugeführt. Da eine örtliche Erwärmung beim Honen infolge einer klei-nen Schnittgeschwindigkeit bedeutend niedriger ist als beim Schleifen, hat das Honöl überwiegend die Aufgabe, die Honleistenoberfl äche zu reinigen.

In Bild 4-147 sind bestimmte Honölzusam men-setzungen verschiedenen Werkstückstoffen zuge-ordnet. Honöle mit niedriger Viskosität ermöglichen einen größeren und schnelleren Werkstückstoffab-trag als Öle mit höherer Viskosität. Die höhervisko-sen Öle bilden einen dickeren Ölfi lm zwischen dem Werk stück und den Honleisten, die Kornspitzen kom men weniger zum Vorschein, die Honleiste wirkt härter.

Bei der Bearbeitung von Gussteilen mit Diamant-honwerkzeugen werden auch wasserlösliche Emul-sionen verwendet, z. B. bei Kolbenlaufbahnen in Motorgehäusen. Hierdurch spart man bis zu 20 % der Honzeit bei gleicher zu erzielender Ober fl ä chen-

Bild 4-145Erreichbares bezogenes Zeitspanvolumen Q’ in Abhängigkeit von der Schnittgeschwindigkeit für verschiedene Kornwerkstof -fe (nach Haasis).

Bild 4-146Einfl uss von Korngröße und Härtegrad der Honleisten auf die Rauheit Rz, den Honleistenverschleiß DV und den Werk-stoffabtrag DW.

Bild 4-147Zuordnung der Werkstoffart zur Honölviskosität (nach Haasis).

0

Schnittgeschwindigkeit v c

25 50 75 100

bezogenes Z

ers

panvolu

men

Q ’

0,005

0,01

0,015

0,02

mm3

mm �s

m/min

Korund

Diamant

CBN

0

Rz

Rz

�V

�V

�W

�W

große

Korngröße

kleine

Härtegrad Härtegrad Härtegrad

große

kleine

Korngröße

große

kleine

Korngröße

Zeit t Zeit t Zeit t

100 % Petroleum

h � � 2 mm2/s (20 °C)

gehärteter

Stahl (62 HRC)

70 % Petroleum

30 % Hydrauliköl

100 % Hydrauliköl

h � � 33 mm2/s (55 °C)

Gusseisen

Baustahl

Vergütungsstahl

Aluminium

Bronze

Kupfer

austenitische

Stähle

niedrigeViskosität

höhereViskosität

kurzspanend,zäh

langspanend,zäh

Page 92: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

336 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

rau heit. Ein besonderer Waschvorgang der Werk-stücke auf der Transferstraße kann entfallen.

4.7.2.6 PlateauhonenBeim Plateauhonen erzeugt man auf einer Kolben-laufbahn eine Oberfl ächenstruktur, die aus perio-disch auftretenden, tiefen Honspuren mit dazwischen-lie genden Tragfl ächen (»Plateaus«) besteht. Dies verdeutlicht Bild 4-148. Wegen der tiefen Hon spuren kann eine bessere Haftung des Öls an der Lauf bahn-wand erreicht werden. Die hierdurch entste henden Vorteile sind der geringere Verschleiß der Kol ben-laufbahn und der Kolbenringe, der geringere Öl ver-brauch sowie die kürzere Einlaufzeit eines Motors.

Die Oberfl ächenstruktur wird durch Vor- und Fer-tighonen hergestellt. Beim Vorhonen wird mit grob-körnigen Diamanthonleisten, z. B. mit D 150, oder mit Siliciumcarbid-Honleisten der Körnung 60 Werk-stückstoff abgetragen, bis das Fertigmaß der Zylin-derbuchse erreicht ist. Dabei entstehen die tiefen Hon-spuren. Beim Fertighonen werden mit feinkörnigen Honleisten die Spitzen der vorgehonten Flächen in kurzer Zeit abgetragen. Dabei entstehen Plateaus

Tabelle 4-5. Erreichbare Rauheitswerte mit Korundhonleisten unterschiedlicher Korngröße und Bindung bei Guss- undStahlbearbeitung (nach Haasis).

−0,2 bis 10,2 bis 0,50,5 bis 11000

0,2 bis 11 bis 20,5 bis 11 bis 3700

1 bis 22 bis 31 bis 22 bis 4400

Fertighonen

1,5 bis 2,52 bis 42 bis 43 bis 5220

2 bis 33 bis 54 bis 65 bis 7150

3 bis 44 bis 66 bis 87 bis 9120

Vorhonen

BakelitkeramischBakelitkeramisch

62 HRC50 HRC

Rauheit Rz in ��m (Stahl)

Korngröße in Mesh

0,3 bis 0,8−0,5−1000

0,5 bis 1−0,5 bis 1−700

0,5 bis 1,51 bis 31 bis 32 bis 4400

Fertighonen

1 bis 22 bis 42 bis 44 bis 6220

2 bis 33 bis 5−5 bis 7150

−4 bis 6−7 bis 9120

Vorhonen

BakelitkeramischBakelitkeramisch

250 HB180 HB

Rauheit Rz in ��m (Gusseisen)Korngröße in Mesh(Maschenzahl pro Zoll)

Tabelle 4-6. Erreichbare Rauheitswerte mit Diamanthon-leisten unterschiedlicher Korngröße beiGuss- und Strahlbearbeitung (nach Haasis).

6,09,09,010,0D 200

5,58,08,09,0D 180

5,07,07,08,0D 150

4,56,56,57,0D 120

4,06,06,06,5D 100

3,55,55,56,0D 80

3,04,54,55,5D 70

2,54,04,04,5D 60

2,03,53,54,0D 50

1,53,02,53,5D 40

1,22,52,02,5D 30

0,82,01,82,0D 20

0,61,81,21,8D 15

0,30,80,60,8D 7

62 HRC50 HRC250 HB180 HB

Stahl Rauheit Rz in ��m

GusseisenRauheit Rz in ��m

Korngrößein Mesh ��

Page 93: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 337

mit großem Profi ltraganteil. Die Oberfl ächenrauheit der Plateaus liegt bei etwa Rz = 0,5 μm bis μm und die der Honspuren beträgt bis zu Rz = 7 μm.

Bei dieser Honbearbeitung kommt es durch den großen Anpressdruck zu Verquetschungen in der Oberfl äche von Gussteilen. Diese Verquetschungen werden in der Praxis als »Blechmantel« bezeichnet. Bei der »Blechmantelbildung« werden die Grafi tla-mellen des Gusswerkstoffes durch perlitische Gefü-gebe stand teile verschmiert. Besonders bei Kolben-laufbahnen ist dies zu vermeiden, da wegen des ab-nehmenden Grafi tanteils die Notlauf eigen schaften verlorengehen. Der Effekt tritt auf, wenn die Körner in der Diamanthonleiste das Material nicht mehr trennen, sondern plastisch verformen, so dass mit zunehmender Stumpfung der Kornschneiden die Blech mantelbildung zunimmt. Eine geeignete Wahl der Einstellgrößen kann die Blech man telbildung klein halten, z. B. dann, wenn die Honleisten im Selbstschärfbereich arbeiten und immer wieder scharfe Körner zum Schnitt kommen.

4.7.2.7 Messsteuerung des HonprozessesDie Honmaschinen sind mit automatischen Mess-einrichtungen versehen, die den Honvorgang beim Erreichen des Fertigmaßes abbrechen. Die Messun-gen erfolgen entweder mit einer pneumatisch arbei-tenden Messeinrichtung oder mit einer elektroni-schen Tastmesseinrichtung.

Bei einer pneumatischen Messeinrichtung – Bild 4-149 zeigt das Messprinzip – sind die Messdüsen zwischen den Honleisten des Werkzeugs angebracht. Der Luftdruck ist so groß, dass das Honöl örtlich verdrängt wird. Der Toleranzbereich in der Maßab-schaltung liegt bei 2 μm bis 5 μm. Der Vorteil des Verfahrens ist besonders in der berührungslosen Messung des Bohrungsdurchmessers begründet.

Bei der Tastmesseinrichtung sitzt gemäß Bild 4-150 auf der Honspindel über der Honahle eine Mess-hül se, die sich axial verschieben lässt. Ist der er-wünschte Durchmesser erreicht, kann die Hülse in die Boh rung eintauchen. Mittels eines Rings an der Hülse wird ein Kontakt ausgelöst, der das Abschal-ten des Arbeitsganges bewirkt.

Kleinere gehonte Bohrungen unterhalb von 20 mm können durch eine Nachmessstation geprüft wer-den. Das Messprinzip geht aus Bild 4-151 hervor. Wird hierbei eine vorgegebene Maßtoleranz der

Bohrung durch Verschleiß am Honwerkzeug über-schritten, erfolgt eine Kompensation mit mecha-nischer Schritt zustellung (feedback).

Eine elektronische Maß- und Formsteuerung ermög-licht eine Hublängen- und Hublagenverstel lung, so dass Abweichungen von 2 μm von der Rundheit und der Zylinderform automatisch korri giert werden.

4.7.3 Läppen

4.7.3.1 GrundlagenLäppen ist ein Feinbearbeitungsverfahren, bei dem Werkstücke mit großer Form- und Maßgenauigkeit sowie hoher Oberfl ächengüte hergestellt werden,

Bild 4-149Messkopf einer pneumatischen Messeinrichtung beim Lang-hubhonen, schematisch.1 Differenzdruckmesser 3 Honwerkzeuge2 Messdüse 4 Werkstück

Bild 4-148Profi lschnitt einer plateaugehonten Oberfl ächenstruktur mit Abbottscher Tragkurve, schematisch.1 tragende Rauheit2 Grundrauheit

Plateau

1

2

Traganteil tp

0 25 50 100

Rauheit

Rt

%

4 3 2

1

Page 94: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

338 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

wie Tabelle 4-7 zeigt. Im Gegensatz zum Schleifen und Honen werden die Schneiden beim Läppen von losen Körnern gebildet. Geläppt werden können fast alle Werkstückstoffe, z. B. alle Metalle, Oxidke-ra miken, Rohgläser, Naturstoffe und sonstige Hart-stoffe sowie verzugsempfi ndliche und unmagne-tische Teile. Neuere Anwendungen fi nden sich in den Bereichen Kunststoff- und Halbleitertechnik.

Es seien vier wichtige Vorteile des Läppverfahrens genannt:– Die meisten Werkstücke können ohne Einspan-

nung bearbeitet werden,– Grob- und Feinstbearbeitung sind in einem Ar-

beitszyklus durchführbar unter Einhaltung der geforderten Toleranzen;

– kleine zerbrechliche Teile mit einer Dicke klei-ner als 0,1 mm (z. B. Scheiben aus Silicium und Ger manium) und Dichtfl ächen von großen Ma-schinenteilen (z. B. Motorenblöcke) können feinstbearbeitet werden;

– geläppte Oberfl ächen zeigen keinen Wärme- oder Spannungsverzug.

Der Werkstoffabtrag beim Läppen erfolgt durch zwei gleichzeitig ablaufende Vorgänge. In einem Vorgang drücken sich Läppkörner jeweils in die Oberfl äche der Läppplatte und des Werkstücks ein. Die Körner werden in der Läppplatte so festgehal-

ten, dass infolge der Relativbewegung zwischen der Platte und der Werkstückoberfl äche ein Spanen erfolgt. Bei dem anderen Vorgang rollen Läppkör-ner zwischen der Läppplatte und dem Werkstück ab. Die Kornspitzen verformen und verfestigen den Werkstoff an der Werkstückoberfl äche. Übersteigt der Verformungswiderstand die Trennfestigkeit des Werkstoffs, brechen Werkstoffteilchen aus.

Tabelle 4-7. Erreichbare Genauigkeit beim Läppen.

1 μm/m bis 3 μm/m1 μm/m0,2 μm/m0,3 μm/m1 μm/m

R = 2 bis 4 μm/m

R = 0,2 bis 0,5 μmRz = 0,03 μm

EbenheitMaschinenbauFeinmechanik, OptikMessgeräte

PlanparallelitätMaßgenauigkeitOberflächengüte

Maschinenbauöl- und dampfdichteFlächenEndmaßqualität

RautiefeFormgenauigkeit

Bild 4-150Tastmesseinrichtung beim Langhubhonen, schematisch.1 Honspindel 4 Werkstück2 Messhülse 5 Honwerkzeug 3 Messkontakt

1

2

3

4

5

Bild 4-151Nachmesseinrichtung mit Schrittzustellung, schematisch.1 Honstation2 Nachmessstation 3 Honwerkzeug4 pneumatischer Messdorn5 Anzeigegerät und Messwertgeber 6 Zustellsteuerung7 Zustellgetriebe8 Werkstück

1 2

8

4

5

6

7

8

3

Page 95: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 339

Die Läppverfahren werden entsprechend Bild 4-152 unterschieden in Plan-, Rund- und Profi lläppen sowie Sonderläppverfahren. Die ersten drei Verfah-ren verbessern die Maß- und Formgenauigkeit sowie die Oberfl ächenrauheit. Die Sonderläppverfahren verbessern nur die Oberfl äche.

Die am häufi gsten eingesetzten Läppverfahren sind das ein- und beidseitig parallele Planläppen, das Außenrundläppen mit Linienberührung sowie das Innenrundläppen. Weitere Verfahren sind das Ver-zahnungs-, Tauch- und Strahlläppen. Durch Verzah-nungsläppen wird an spiralverzahnten Kegelrädern

ein besseres Tragbild erzeugt. Tauchläppen lässt sich vorteilhaft zum Entgraten von Werkstücken ein-setzen. Hierbei wird das Werkstück in das in einer Trommel rotierende Läppgemisch getaucht. Das vorbeiströmende Läppkorn trägt den Werkstoff ab. Dieses Verfahren kann auch dem Gleitschleifen zugeordnet werden (Abschn. 4.7.4). Beim Strahl-läppen wird das Läppkorn in einem Flüssigkeits-strahl auf die Oberfl äche geschleudert (600 m/s bis 1000 m/s), so dass eine Veränderung der Werkstück-ober fl äche erfolgt (Abschn. 4.7.5, Strahlspanen).

4.7.3.2 Einfl uss von Prozessgrößen auf das Läppergebnis

Maschine, Läppplatte, Läppmittel und Werkstück beeinfl ussen den Ablauf des Läppprozesses und das Läppergeb nis. An der Maschine werden Läppdruck und Läppdauer eingestellt. Die Bewegungsrichtung und die Läppgeschwindigkeit von 5 m/min bis 150 m/min bestimmt die Läppplatte. Das Läppmittel besteht aus dem Läppkorn und der Läppfl üssigkeit; es hat die Aufgabe, zwischen Werkstück und Werk-zeug einen Läppfi lm zu bilden und im Läppvorgang neue Läppkornschneiden zur Wirkung kommen zu lassen. Neue Schneiden bilden sich ständig durch splitternde Läppkörner bei höheren Läppdrücken.

Das Mischungsverhältnis von Läppkorn zu Läpp-fl üssigkeit und die zugeführte Menge des Läppmit-

Bild 4-152Übersicht über die Läppverfahren.

ProfilläppenRundläppenPlanläppen Sonderverfahren

einseitig

WS

LS

planparallel LS

LSWS

LS

Außenrundl. mit

Linienberührung

LS

WS

Außenrundl. mit

Flächenberührung

WS LS

WSLS

Innenrundläppen

LS

Schrauben-

flächenläppen

WS

Schwingläppen

WS LG

WS

Verzahnungsläppen

LG

WS

Polierläppen

WS

LS

LG

WS

Tauchläppen

Kegelläppen

LS

LS

WS

Strahlläppen

LG

WS

Kugelläppen

LS

WS

LS

LS

WS Werkstück

LS Läppscheibe bzw. -stift

LG Läppgemisch

Bild 4-153Einfl uss verschiedener Größen auf die Werkstückrauheit beim Läppen.

Werkstückrauheit

klein groß

Korngröße

Läppdruck

Läppkorndichte

Läppfilmdichte

Läppzeitzune

h-m

end

zune

hmen

d

Page 96: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

340 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

tels sind auf den Läppvorgang abzustimmen. Kleine Läppkörner erfordern eine dünnfl üssigere Läpp-fl üssigkeit, denn ein zu dicker Läppfi lm würde die Körner am Werkstückstoffabtrag hindern.

Die Läppkorngröße beträgt 0,1 μm für feinste Läpp-arbeiten bis zu 150 μm für grobes Schrupp läppen. Innerhalb einer Korngröße müssen die Korn durch-messer möglichst gleich sein, damit beim Läppen keine tieferen Kratzer auftreten. Vorwiegend werden Siliciumcarbid und Edelkorund verwendet. Für harte Werkstückstoffe (z. B. Hartmetalle, Keramik) kom-men Borcarbid und Diamant zum Einsatz. Diese ermöglichen einen größeren Läpp druck und damit ein größeres Zeitspanvolumen.

Die erreichbare Oberfl ächenrauheit wird beeinfl usst von der Läppkorngröße, dem Läppdruck, der Läpp-korndichte, der Läppfi lmdicke und der Läppzeit. Die Auswirkungen dieser Einfl ussgrößen auf die er-zielbare Oberfl ächenrauheit zeigt schematisch Bild 4-153. Ein großes Läppkorn und ein höherer Läpp-druck bewirken besonders bei weichen Werkstück-stoffen größere Riefen und tiefere Eindrücke und damit eine größere Rauheit, wie Bild 4-154 und 4-155 zeigen. Mit zunehmender Läppkorndichte wer-den die Körner in der Bewegung eingeschränkt und am Splittern gehindert. Größere Körner bleiben so am Werkstoffabtrag länger beteiligt. Die Oberfl ä-chenrauheit steigt. Eine kleinere Rauheit ist mit zu-nehmender Läppfi lmdicke und längerer Läppzeit

zu erzielen. Eine größere Läppfi lmdicke verhindert ein Eindringen der Körner in den Werkstückstoff. Eine längere Läppzeit bewirkt, dass immer mehr Körner splittern und der Korndurchmesser abnimmt (Bild 4-155).

Das Zeitspanvolumen steigt mit dem Läppkorn-durchmesser und dem Läppdruck entsprechend Bild 4-156. Eine Grenze tritt durch Abreißen des Läpp-fi lms und Splittern der Körner bei höherem Läpp-druck auf. Steigern lässt sich das Zeitspanvolumen innerhalb bestimmter Grenzen durch eine größere Läppkorndichte: Es werden immer mehr Körner am Werkstoffabtrag beteiligt. Nimmt jedoch die Läpp-korndichte so sehr zu, dass sich die Körner in der Bewegung hindern, so vermindert sich das Zeit span-volumen, wie aus Bild 4-157 hervorgeht.

Die Beschaffenheit der Randzone des Werkstücks wird von der Läpptemperatur beeinfl usst. Für eine ausreichende Kühlung und Schmierung beim Läp-pen sorgt die Läppfl üssigkeit. Läppfl üssigkeiten sind je nach Werkstückstoff Petroleum, Öl, Terpen-tin, Benzin, Benzol, Sodawasser und Wasser gemäß Tabelle 4-8. In letzter Zeit setzt man immer häufi ger Wasser mit Zusätzen ein, z. B. mit Korrosionsschutz-mittel. Hierdurch lässt sich ein 10 % bis 15 % höhe-res Zeitspanvolumen erreichen.

Bild 4-155Rauheiten Rt in Abhängigkeit vom mittleren Läppkorndurchmes-ser bei unterschiedlichen Läppzeiten t – Werkstückstoff:15CrB (64 HRC); Läppscheibe: Perlitguss; Läppkorn: SiC; Läppkornmenge: 0,5 g/min – (nach Lichtenberg).

120

mittlerer Korndurchmesser dg

80 mm1006040200

0,2

Rauheit

Rt

0

0,4

0,6

0,8

1,2

1,0

mm

p1 � konst.

p2 � konst.

p3 � konst.

t � �1 min

t � �4 min

t � �2,5 min

p

Bild 4-154Rauheit Rt in Abhängigkeit vom mittleren Korndurchmesser d

g bei hartem und weichem Werkstückstoff (nach Lichten-

berg).

120

mittlerer Korndurchmesser dg

Rauheit

Rt

100806040200

1

0

2

3

4

5

6

harter

Werkstückstoff

Läppmittel: SiC

weicher

Werkstückstoff

� m

� m

Page 97: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 341

4.7.3.3 LäppverfahrenBeim Läppen von Hand wird das Werkstück oder das Werkzeug mit der Hand geführt; hierbei kann die Schnittbewegung von Hand oder maschinell er-folgen. Angewendet wird dieses Läppverfahren in der Einzelfertigung sowie im Werkzeug-, Lehren- und Messgerätebau. Das erzielbare Läppergebnis ist in großem Maß abhängig von der Geschicklich-keit des Ausführenden.

Beim maschinellen Läppen werden Einzweckläpp-maschinen und Universalläppmaschinen eingesetzt. Der Läpp vorgang auf diesen Maschinen läuft meis-tens automati siert ab.

4.7.3.3.1 PlanläppenEbene Flächen werden mit Einscheiben- und Zwei-scheibenläppmaschinen hergestellt. Beim Einschei-benläppen sind die Werkstücke in Laufringen auf der Scheibe so angeordnet, dass sie sich infolge von Reibungsmitnahme drehen. Bild 4-158 zeigt dies

im Einzelnen. Durch diese drehende Bewegung der Laufringe wird beim Läppvorgang die Läppscheibe ständig abgerichtet und bleibt über eine längere Zeit plan. Eine zusätzliche Belastung der Werkstücke durch Gewichtstücke oder eine pneumatisch arbei-tende Belastungseinrichtung sorgt für den notwen-digen Läppdruck.

Beim Zweischeibenläppen können Werkstücke gleichzeitig von beiden Seiten bearbeitet werden. Hierzu liegen die Werkstücke in verzahnten Läufer-scheiben, die an einer äußeren Verzahnung abwäl-zen. Angetrieben werden diese Scheiben von einem innenliegenden Zahnkranz. Die Werkstücke in den Läuferscheiben durchlaufen zykloidenförmige Bah-nen auf der Läppscheibe, so dass sich innerhalb ei -nes Bearbeitungszyklus maßgenaue und planparal-lele Werkstücke herstellen lassen. Drehrichtung und - ge schwindigkeit des Läuferscheibenan triebs kön-nen so auf die Scheibengeschwindigkeit abgestimmt werden, dass ein gleichmäßiger Läppscheibenver-schleiß auftritt und die Scheiben eben bleiben.

Tabelle 4-8. Läppkornarten, Läppkorngröße und Kühlschmierstoffe für einige wichtige Werkstückstoffe.(Es bedeuten: SC Siliciumcarbid, BK Borcarbid, EK Edelkorund, NK Normalkorund, D Diamant).

OlivenölD (Staub)Ersatz: BK

SC 320, BK 220Hartmetall

Petroleum, Öl, Fett, BenzolSC 500, NK 220SC 220Bronze

Petroleum, Fett,Benzol, Öl, Wasser

EK 220, NK 500SC 200, NK 220Grauguss

KühlschmierstoffeFertigläppenVorläppen

Läppkornart, LäppkorngrößeWerkstückstoff

Bild 4-156Zeitspanvolumen Q in Abhängigkeit vom mittleren Korndurch-messer dg bei unterschiedlichem Läppdruck – Werkstückstoff: E295 (St 50), Läppscheibe: GJL 250 (GG 26); Läppkorn. SiC; Kornmenge: 3,5 g/min; Läppfl üssigkeit: Wasser mit 3 % Läpp-konzentrat – (nach Martin).

120

mittlerer Korndurchmesser dg

80 � m6040200

Zeitsp

anvolu

men Q

0,30

0,20

0,10

0,50

mm3

s

0,40

0

N

cm2

10

6

4

2

1

p

Bild 4-157Zeitspanvolumen Q in Abhängigkeit von der Läppkorndichte – Werkstückstoff: GJL 250 (GG 26); Läppscheibe: Perlitguss, 180 HB; Läppkorn: SiC; Läppfl üssigkeit: Petroleum – (nach Lichtenberg).

Läppkorndichte

10025

104 Körner/cm2

1610541,6

Zeitsp

anvolu

men Q

0,58

0,76

0,94

mm3

s

2,5 40 50

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342 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Muss die Läppscheibe abgerichtet werden, erfolgt dies durch eine Abdreheinrichtung auf der Maschine oder durch Einläppen beider Läppscheiben auf ein-ander.

Beim Planläppen müssen die Läppscheiben ihre Geometrie möglichst lange beibehalten. Dazu wer-den die Scheiben aus Perlitguss mit einer gleich mä-ßigen Härte von 150 HB bis 200 HB hergestellt. Für Polierläpparbeiten bzw. Läpparbeiten mit klei ner Rauheit sind Scheiben geringerer Festigkeit aus Kupfer, Zinn-Antimon oder Kunstharz einzu setzen, da bei weichen Scheiben die Körner spanen. Dage-gen unterstützen harte Scheiben die Rollbe wegung des Korns und damit den Werkstoffabtrag. Größere Scheiben sind mit Nuten versehen, um die Läpp-kornwege zu verkürzen. Auf diese Weise kom men im Läppvorgang öfter neue Schneiden zum Einsatz, so dass man ein größeres Zeitspan volumen erreicht. Um die entstehende Reibungs wär me beim Läppen besser abzuleiten, werden die Läppscheiben ge-kühlt.

4.7.3.3.2 Außen- und InnenrundläppenBeim Außenrundläppen von Hand werden geschlitz -te Läpphülsen verwendet, die mit der ganzen Länge auf dem Werkstück tragen. Geläppt wird mit dre-hender und hin- und hergehender Bewegung. Die Zustellung erfolgt durch Klemmen der geschlitzten Hülse.

Das maschinelle Außenrundläppen wird auf Zwei-scheibenläppmaschinen und mit einer größeren An-zahl von Werkstücken entsprechend Bild 4-159 aus-geführt. Die Werkstücke liegen in einem Käfi g aus Stahlblech, Messing oder Kunststoff.

Beim Innenrundläppen sind Läppwerkzeug und Werkstückaufnahme kardanisch aufgehängt, um Fluchtfehler zwischen der Spindel und der Bohrung auszugleichen. Der Läppwerkzeugdurchmesser ist wie beim Honen über einen Kegel in bestimmten Grenzen verstellbar. Das Werkzeug führt außer der Drehbewegung auch eine oszillierende Längsbewe-gung aus.

4.7.3.3.3 KugelläppenZum Läppen kleinerer Kugeln besitzt die unte re Läppscheibe mehrere Rillen. Die obere Läppscheibe ist glatt. Infolge der sich so ergebenden Dreipunkt-be rührung zwischen der Kugel und der Läppscheibe muss sich diese Kugel in der Rillenbahn drehen. Hierbei kommt es zu einem gleichmäßigen Werk stoff-abtrag. Zu- und abgeführt werden die Kugeln kon-tinuierlich über Magazine.

4.7.3.3.4 PolierläppenEine Polierbearbeitung an Werkstücken wird aus ver schiedenen Gründen ausgeführt: Korrosions-schutz, Hygiene, Schönheit sowie optische und aero-dynamische Gesichtspunkte. Poliert werden können

Bild 4-158Einscheibenläppmaschine. Werkfoto Fa. Wentzky.1 Abrichtringe (Laufringe) 2 Läppscheibe3 Belastungseinrichtung4 Werkstücke (Zylinderblöcke)

Bild 4-159a) Anordnung von zylindrischen Werkstücken in Käfi gen und b) Bahnkurven der Werkstücke auf der Läppscheibe. 1 Rollen des Werkstücks 2 Gleiten des Werkstücks 3 Rollen und Gleiten des Werkstücks

3

2

b)a)

1

Page 99: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 343

wie beim Läppen alle Metalle, Keramiken, Roh-gläser, Naturstoffe und sonstige Hartstoffe.

Der Poliervorgang besteht aus dem Schleifen und Einebnen der Oberfl äche. Hierzu wird loses Polier-korn auf ein nachgiebiges Trägerwerkzeug gebracht. Die scharfen und harten Polierkörner tragen den Werkstoff schleifend ab. Das Einebnen bzw. Glätten ohne Werkstoffabtrag bewirken weiche, abgerundete Körner. Die hierbei auftretende plastische Verfor-mung an der Oberfl äche wird durch eine hohe Tem-peratur (200 °C bis 600 °C, örtlich bis zu 1000 °C) begünstigt. Diese entsteht durch Reibung zwischen der großen Kontaktfl äche des nachgiebigen Träger-werkzeugs und der Werkstückoberfl äche. Der Werk-stückstoff wird dabei teilweise angeschmolzen und fl ießt in die feinen Oberfl ächenvertiefungen (Beilby-Schichten). Das Fließen erfolgt unter Aufhebung der Kristallstruktur und anschließender Rekristalli-sation in feinere Kristalle. Bis zu einer Tiefe von etwa 10 μm wird auf diese Weise die Werkstückoberfl äche beeinfl usst. Die Randzone wird dadurch kaltver-festigt und die Korrosionsbeständigkeit erhöht.

Polierarbeiten werden meistens noch von Hand auf Polierböcken durchgeführt. Automatisch poliert wird auf Bearbeitungsstraßen und Rundtischen. Alle Einrichtungen sind mit einer Staubabsaugung in der Arbeitszone versehen, um die Bedienungs-person zu schützen. Aus ergonomischen und wirt-schaftlichen Gründen kommen in zunehmendem Maß Roboter für Polierbearbeitungen, z. B. an Ka-rosserieteilen, zum Einsatz.

Das Polierergebnis wird beeinfl usst von den Eigen-schaften des Werkzeugs, des Poliermittels (Polier-korn, Bindemittel) und des Werkstücks sowie von den zugehörigen Einstellgrößen an der Maschine, d. h. Polierzeit und Anpressdruck.

Die scheibenförmigen Werkzeuge sind fl exibel und bestehen aus Sisalfasern oder textilen Werkstoffen. Die Umfangsgeschwindigkeit der Scheiben reicht von 30 m/s bei Stahl bis 60 m/s bei der Leichtme-tallbearbeitung; sie liegt also im Bereich der Schleif-bearbeitung. Mit bürstenartigen Werkzeugen aus Fiber- oder Sisalfasern lassen sich Vorpolierarbeiten durchführen. Zum Fertigpolieren, besonders bei wei-chen Werkstückstoffen, werden Werkzeuge aus Fla-nell, Seide oder Wolle angewendet. Harte Werk stück-stoffe werden mit Nessel- oder Köpergewebe bear-beitet.

Das Poliermittel besteht aus dem Polierkorn und dem Bindemittel. Veränderliche Größen sind das Mischungsverhältnis von Polierkorn zu Bindemit-tel sowie die Zuführmenge des Poliermittels. Die Polier körner bestehen aus Kreide, Tonerde (Polier-weiß), Eisenoxid (Polierrot), Chromoxid (Polier-grün) oder Diamant. Die Bindemittel sind pasten-förmig oder fl üssig. Sie müssen das Korn binden, die Reibung vermindern und die Kühlung verbessern. Die Visko sität des Bindemittels beeinfl usst die Di-cke der Poliermittelschicht und die Polierwirkung. Pastenför mige Bindemittel sind aus Stearin, Paraf-fi n, Wachs oder Emulsionsfetten hergestellt. In letz-ter Zeit ha ben sich zunehmend fl üssige Polieremul-sionen durchgesetzt. Sie lassen sich gleichmäßiger auftra gen und sparsamer anwenden. Das Auftragen einer Emulsion ist mit Sprüheinrichtungen leichter zu auto matisieren. Wegen der besseren Kühlwirkung erreicht man eine größere Poliergeschwindigkeit so-wie einen größeren Anpressdruck.

Die Oberfl ächenqualität ist abhängig von dem Werk-stückstoff, der Werkstückgeometrie und der Vorbe-arbeitung. Homogene Werkstoffe lassen gute Polier-ergebnisse erwarten. Scharfe Kanten, Übergänge und zurückspringende Flächen lassen sich schlecht polie-ren und erhöhen den Werkzeugverschleiß. Durch eine gleichmäßige Werkstückvorbearbeitung erzielt man ein besseres Polierergebnis in kürzerer Zeit. Die-ses zeigt sich durch den Glanz und die Rautiefe des Werkstücks sowie durch das Bild der Randzone. Der Glanz nimmt nach dem Überschreiten einer expe ri-mentell zu ermittelnden optimalen Polierzeit ab, da anschließend weichere Gefügebestandteile verstärkt abpoliert werden und eine Reliefbildung auftritt.

Eine größere Werkzeugumfangsgeschwindigkeit verschlechtert den Glanzgrad, da das Werkzeug bei der Polierbearbeitung härter wirkt und mehr schlei-fend arbeitet. Zunehmender Glanzgrad ist mit klei-nerem Polierkorndurchmesser und feinerem Gewebe des Trägerwerkzeugs zu erreichen.

Um ein gutes Arbeitsergebnis zu erhalten, müssen die Werkzeuge schwingungsfrei laufen. Hierzu ist das Trägerwerkzeug von Zeit zu Zeit mit einem scharfen Drehmeißel abzurichten.

In automatischen Bearbeitungsstationen setzt man auch bänderartige Trägerwerkzeuge ein, die einen geringen Poliermittelverbrauch und eine bessere Polierwirkung mit sich bringen.

Page 100: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

344 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.7.4 Gleitschleifen

Beim Gleitschleifen erfolgt eine spanende Bear-beitung durch eine Relativbewegung zwischen vielen einzelnen Schleifkörpern (Chips) und der Werkstück-oberfl äche. Die spanende Wirkung der Schleifkörper wird ergänzt durch Zugabe einer wasserlöslichen Chemikalienmischung (Compound).

Angewendet wird dieses Verfahren hauptsächlich zur Vorbehandlung von Oberfl ächen vor einer galvani-schen Metallbeschichtung, z. B. vor dem Verchro-men. Maß- und Formverbesserungen sind nicht zu er-reichen. Bei Massen- oder auch Einzelteilen lässt sich das Gleitschleifen zum Entgraten, Entzundern, Ent-rosten, Reinigen, Grob- und Feinschleifen sowie zum Glätten und Polieren einsetzen. Es können alle Me-talle, Kunststoffe und Holz bearbeitet werden.

Je nach der Erzeugung der Relativbewegung wird das Gleitschleifen in das Trommel-, Vibrations- und Fliehkraftverfahren eingeteilt.

Beim Trommelverfahren gemäß Bild 4-160 wird der Trommelinhalt bei der Rotation bis zu einer be stimmten Höhe mitgenommen. An der obers-ten Schicht einer Trommelfüllung setzt infolge der Schwerkraft das Gleiten ein. Die Schwerkraft ist maß gebend für die Schleifkraft zwischen dem Schleifkör per und dem Werkstück. Die Gleitbewe-gung wird bestimmt durch die Umfangsgeschwin-digkeit der Trommel. Mit zunehmender Umfangs-geschwin digkeit kommt außer der Gleitbewegung noch eine Rollbewegung hinzu.

Beim Vibrationsschleifen wird die Relativbewe-gung durch Schwingungen bewirkt. Zur Schwin-gungserzeugung verwendet man eine drehbar gela-gerte Unwuchtmasse oder einen direkt angefl ansch-ten Schwingungsmotor. Infolge der unterschiedli-chen Schwingbewegungen in horizontaler und verti-kaler Richtung entsteht zwischen dem Schleifkör-per und dem Werkstück in den äußeren Behälter-zonen eine Umwälzbewegung, so dass die Werkstü-cke ge zwungen werden, den Behälter der Anlage zu durch laufen.

Entsprechend Bild 4-161 nimmt in der Anfangspha-se der Werkstoffabtrag proportional mit der Bearbei-tungsdauer und der Frequenz zu, da mehr Schleif-körper an der Werkstückoberfl äche vorbeigeführt werden. Gleichzeitig verringert sich die Rauheit. Das gesamte Füllgut befi ndet sich ständig in einem Schwebezustand, so dass nach einem solchen Vibra-

Bild 4-161Werkstoffabtrag in Abhängigkeit von der Bearbeitungsdauer bei unterschiedlichen Vibrationsfrequenzen.

Bild 4-160Drehbare Trommel mit Werkstücken und Schleifkörpern, sche- matisch.

Page 101: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden 345

tionsverfahren dünnwandige Teile allseitig in ver-hältnismäßig kurzer Zeit bearbeitet werden können. Die Anlagen kommen hauptsächlich in wendelför-mig aufgebauter Form oder in Langtroganordnung zum Einsatz. Sie können verkettet mit Zufuhrgerä-ten und Trockengeräten in den Produktionsablauf ein gebaut werden.

Um das Zeitspanvolumen beim Gleitschleifen zu er-höhen und die Bearbeitungszeit zu verkürzen, müs-sen die wirksamen Kräfte vergrößert werden. Das Fliehkraftverfahren nutzt die Zentrifugalkraft aus. Werkstückkanten lassen sich in kurzer Zeit verrun-den. Durch die sich drehende tellerförmige Boden-platte der Anlage werden Schleifkörper und Werk-stücke nach außen an die Behälterwand gedrückt.

Bild 4-162 zeigt das Verfahrensprinzip. Langsam wandern die Schleifkörper und Werkstücke nach oben und fl ießen zur Mitte des Tellers hin zurück. Schleifkörper (Chips) in Verbindung mit der Com-pound-Lösung sind Zuschlagstoffe, die den Gleit-schleifprozess und das Arbeitsergebnis in weiten Be-reichen beeinfl us sen. Als Chips werden verwendet:– Naturstein (gebrochen in verschieden klassier-

ten Größen): Basalt, Dolomit, Quarzstein, Schmir-gel, Bimsstein;

– synthetische Schleifkörper, gebrochen in ver-schieden klassierten Größen mit großem Ab-tragswert;

– vorgeformte synthetische Schleifkörper (Kugel, Dreieck, Pyramide, Rhombus, Zylinder, Würfel, Kegel) als keramisch oder metallkeramisch bzw.

organisch gebundene Körper; Sonderchips aus Glas, Nussschalen, Hartholz, Plaste, Schlacken, Filz und Leder.

Die Art der Schleifkörper richtet sich nach dem zu bearbeitenden Werkstoff, dem Rohzustand der Werk- stücke und der verwendeten Anlage. Die Größe wird bestimmt durch die Form und Größe der Werk-stücke. Für Polierarbeiten werden z. B. feinschlei-fende Chips verwendet mit geringem Gewicht und größerer Elastizität. Compound-Lösungen haben die Aufgabe,– die Schleifwirkungen zu verstärken durch Ab-

stumpfen der Chip-Oberfl äche oder zu vermin-dern durch Filmbildung auf den Chips und dem Werkstück,

– Chips und Werkstücke zu reinigen,– für einen ausreichenden Korrosionsschutz zu

sorgen und– unterschiedliche Wasserhärten auszugleichen.

Sie sollten leicht von den Werkstücken abspülbar und abwassertechnisch neutral sein.

Das Mischungsverhältnis von Volumen Gleitkörper zum Volumen der Werkstücke beeinfl usst das Zeit-spanvolumen sowie die Rauheit und Gleichmäßig-keit der Werkstücke. Bei einfachen Teilen genügt ein Mischungsverhältnis von 3:1, bei schwierigen Teilen, z. B. bei langen dünnen Teilen, kann es bis zu 10:1 betragen.

Die Bearbeitungszeit ist abhängig vom Werkstück und von der abzutragenden Werkstückstoffmenge. Kürzere Bearbeitungszeiten sind durch eine zwei-stufi ge Arbeitsweise erreichbar, z. B. Entgraten in der Fliehkraftanlage und Feinschleifen im Vibra tor.

4.7.5 Strahlspanen

Beim Strahlspanen erfolgt eine Oberfl ächenverbes-serung durch Spanen mit ungebundenen Körnern, die in einem Luft- oder Flüssigkeitsstrahl mit gro-ßer Geschwindigkeit (800 m/s) auf die vorbearbei-tete Werkstückoberfl äche auftreffen. Hierbei wird das Rauheitsgebirge auf der Oberfl äche abgetragen und gleichzeitig die Werkstückoberfl äche kaltver-festigt. Vorwiegend dient das Strahlspanen dem Reinigen von verzunderten Oberfl ächen, aber auch dem Ent spiegeln von blanken Flächen sowie dem Entgraten und Abrunden von Kanten.

Bild 4-162Fliehkraftverfahren: feststehender Behälter mit rotierendem Boden.

Page 102: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

346 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Nach dem Verwendungszweck sind die Strahlver-fahren einzuteilen in Rau- und Glattstrahlen sowie in Läpp- und Polierstrahlen (s. a. Abschn. 4.7.3.1).

Drei verschiedene Arten der Strahlgemischförde -rung werden hierbei je nach Art der Energieaufbrin-gung unterschieden: das Druckluft-, das Pumpen- sowie das Schleuderradverfahren.

Beim gebräuchlichsten Verfahren wird das Strahl-gemisch unter Druckluft beschleunigt. Hierzu wird das Strahlmittel im Wasser aufgewirbelt, um eine gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten. Die Druckluftzufuhr erfolgt in der Mischkammer; hier-durch erhält das Strahlgemisch die notwendige Ge-schwin digkeit. Bei den anderen Verfahren wird das Strahlge misch mit Hilfe einer Pumpe oder mit einem Schleu derrad ge fördert. Als Strahlmittel wird haupt-sächlich Siliciumcarbid, weniger Korund verwen-det. Speziell zur Verfestigung von Oberfl ächen las-sen sich Glasku geln als Strahlmittel einsetzen.

Die erreichbare Oberfl ächengüte ist von verschie-denen Einstell- und Verfahrensgrößen abhängig. Einige gebräuchliche Angaben für ein maximal er-

reichbares Zeitspanvolumen, das von der kinetischen Energie mv2

c /2 abhängig ist, sind nachfolgend auf-

geführt:

Strahlwinkel a 45 °Düsenabstand l 50 mmDüsendurchmesser d 5 mmLuftdruck p 0,6 N/mm2 bis 0,8 N/mm2

Läppgemischkonzentration 1:7Kornart SiliciumcarbidKorngröße d

g 150 μm

Zeitspanvolumen Qw

Aluminiumlegierungen 0,44 cm3/min Zink 0,36 cm3/min Messing 0,25 cm3/min Stahl 0,20 cm3/min.

In den Strahlanlagen sind meistens Grifföffnungen mit Gummihandschuhen angebracht, die die Hand-habung im abgeschlossenen Strahlraum ermög li-chen. Aus dem Strahlraum wird der entstehende Siliciumcarbid- bzw. Korundstaub oder der Flüs-sigkeitsnebel abgesaugt. Größere Werkstücke wer-den in drehbaren Vorrichtungen im Strahl bewegt.

Bild 4-163Schleifwerkzeuge für das Mikroschleifen

Galvanische Bindung

20 �m

Mikroschleifscheibe

D 1/2-3

10 mm

Diamant-

Schleifstift

D 64

Diamant-

Schleifstift

D 46

CVD-Diamant-

Schleifstift

D 2-6

Galvan. Bindung Sinterbindung Diamantschicht

50 �m 50 �m 50 �m

0,2 mm1 mm 1 mm

Mikroschleifscheiben MikroschleifstifteMikroschleifscheiben

Page 103: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

347

4.7.6 Ansätze zur Miniaturisierung spanender Verfahren

In den letzten Jahren hat sich das Einsatzgebiet von Mikrosystemen stetig vergrößert. Ungebrochen wächst die Anzahl an mikrotechnischen Produkten in unserem Alltag. Die Herstellung von Strukturen mit Abmessungen im Mikrometerbereich ist die Vor-aussetzung für miniaturisierte Produkte für mecha-nische, fl uidische, magnetische, optische und che-mische Anwendungen. Unterschiedlichste Werkstof-fe müssen hierfür bearbeitet werden können. Die Strukturabmessungen von einigen Mikrometern und die geforderte Oberfl ächenrauheit im Submikrome-terbereich stellen hohe Anforderun gen an die Ferti-gungsverfahren. Für kleinste Strukturen in spröden und harten Werkstoffen eignet sich beispielsweise hervorragend das Verfahren Mikroschleifen.

Zur Strukturierung unterschiedlicher sprödharter Werkstoffe stehen sowohl miniaturisierte Umfangs-schleifscheiben als auch Schleifstifte zur Verfügung (Bild 4-163). Für das Schleifen sprödharter nicht eisenhaltiger Werkstoffe wird Diamant, für gehär-teten Stahl CBN als Schneidstoff verwendet.

Mikroschleifscheiben kommen vorwiegend beim Präzisionstrennschleifen und Präzisionsprofi lschlei-fen zum Einsatz. Diese Werkzeuge bestehen aus Ab-

rasivkörnern in einer Kunstharz-, Sintermetall oder Nickelbindung. Die bei der Mikrobearbeitung zum Einsatz kommenden Abrasivkörner haben mittlere Korndurchmesser im Bereich zwischen 2 μm und 45 μm. Die Breite der Schleifscheiben variiert zwi-schen 20 μm und 1 mm. Während Mikroschleifschei-ben sich vorwiegend für geradlinige Strukturen ei-genen, bieten Mikroschleifstifte die Möglichkeit, geschlossene Strukturen beliebiger Form herzustel-len. Darüber hinaus ist mit ihnen die Herstellung kleinster Bohrungen möglich.

Konventionelle Mikroschleifstifte sind heute bis zu einem minimalen Durchmesser von 0,2 mm verfüg-bar. Die Grundkörper dieser Werkzeuge bestehen aus hochfestem Stahl oder Hartmetall. Die Schneid-körner werden durch galvanische oder gesinterte Bindungen auf den Grundkörpern gehalten. Diesem Werkzeugaufbau sind jedoch Grenzen gesetzt. Zur Zeit werden bei diesen Schleifstiften keine kleineren Schneidkorndurchmesser als 15 μm verwendet. Bei sehr kleinen Schleifstiftdurchmessern steigt die Bruchgefahr, selbst bei nur geringen Schleif kräften. CVD-beschichtete Hartmetallschleifstifte eröffnen hier jedoch die Möglichkeit eine weitere Reduzie-rung des Werkzeugdurchmessers voranzutreiben. Die CVD-Diamantschicht zeichnet sich durch eine raue und schneidfreudige Struktur aus. Aufgrund der geringen Schichtdicke ist es hier möglich, Schleif-

Bild 4-164Kleinster Diamant-Mikroschleifstift (REM-Aufnahmen: Fraunhofer Institut Braunschweig).

5 μm0,1 mm

4.7 Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden

Page 104: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

348 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

stiftdurchmesser von minimal 60 μm zu realisieren (Bild 4-164). Neben dem Vorteil der kleineren Werk-zeugdurchmesser bietet die freie und fl exible Form-gebung des Grundkörpers eine Fülle von denkbaren Schleifgeometrien. Die raue Diamantschicht ist et-wa 10 μm dick und besitzt Struk tur korn größen zwi-schen 1 μm bis 10 μm. Mit dieser kleinen Strukturkorn-größe ist allerdings auch der Span raum des Werk-zeuges sehr gering, was zum Zusetzen der Schleifstif-te führen kann. Eine Kondi tionie rung dieser Diamant-schleifstifte ist aufgrund des einschichtigen Auf baus nur schwer denkbar. Daher ist die geometrische Ge-nauigkeit bei der Herstellung der Grundkörper ent-scheidend für die Form- und die Rundlaufgenauig-keit dieser Werkzeuge.

Mikroschleifscheiben mit einer metallischen Bin-dung müssen im Gegensatz zu den Schleifstiften wie konventionelle große Schleifscheiben vor ih-rem Einsatz konditioniert werden. Hierfür wird mit den Mikroschleifscheiben in einen Schärfstein ein-geschliffen, um durch die abrasive Wirkung des Schärfsteins die metallische Bindung zurückzuset-zen und damit den Kornüberstand sowie den Span-raum zu vergrößern. Schärfsteine bestehen meist aus gesintertem Siliciumcarbid oder Korund, ihre Härte und Dichte wird in Abhängigkeit von dem zu spanenden Werkstoff und den Prozessbedingungen gewählt. Kunstharzbindungen weisen im Vergleich zu metallischen Bindungen selbstschärfende Eigen-schaften auf, da aufgrund ihrer geringen Härte und Haltekräfte Abrasivkörner leichter aus der Bindung gerissen werden, bevor sie abstumpfen. Diese Schleif-scheiben weisen immer eine gute Schleiffähigkeit auf. Nachteil dieser Werkzeuge ist allerdings, dass sie sehr schnell verschleißen.

Mikroschleifscheiben erlauben die Herstellung ge-rader Nuten oder Trennschliffe. Das Querschnitt-profi l der erzeugten Nuten hängt von der Schleif-scheibenform ab. Neben einem rechteckigen Profi l werden gelegentlich auch Schleifscheiben mit V-Profi l verwendet. Um dieses V-Profi l zu erlangen, müssen die rechteckigen Schleifscheiben profi liert werden. Als Konditionierwerkzeuge kommen Sili-ciumcarbid-Topfschleifscheiben oder Diamantpro-fi lrollen zum Einsatz. Mit diesem Verfahren können derzeit Flankenwinkel mit einer Genauigkeit von 1° sowie minimale Spitzenradien an den Schleif-scheiben von 10 μm erzeugt werden.

Das Profi lieren der empfi ndlichen und fi ligranen Werkzeuge für das Mikroschleifen erfordert eine sta-bile schwingungsarme Konditioniervorrichtung. Bild 4-165 zeigt eine experimentelle Konditionier-vorrichtung für das Profi lieren von Schleifstiften und Schleifscheiben. Ein Kipp- und Zentriertisch ermög licht hier eine präzise Ausrichtung und Posi-tionierung des Mikroschleifwerkzeuges gegenüber dem Konditionierwerkzeug. Die Werkzeugspan-nung der Mikroschleifwerkzeuge erfolgt über Präzi-sionsspannzangen und eine Hohlschaftkegelaufnah-me, beides stellt einen reproduzierbaren Werkzeug-wechsel sicher. Das Profi lieren der Mikro schleif werk- zeu ge wird wegen des geringen Zerspanungsvolu-mens in dieser Vorrichtung ohne Kühlschmierstoff durchgeführt.

Die sogenannte duktile Zerspanung ermöglicht beim Mikroschleifen über die Fertigung von hohen Ober-fl ächengüten und geringsten Kantenausbrüchen hin-aus eine Vermeidung der Beeinfl ussung der Werk-stücksrandzone durch Mikrorisse und Versetzungen.

Bild 4-165Profi lieren von Mikroschleifwerkzeugen (links Schema, rechts Foto).

Page 105: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.8 Abtragende Verfahren 349

Die duktile Zerspanung hat somit einen entschei-denden Einfl uss auf das erreichbare Bearbei tungs-ergebnis. So ist es möglich, Mikrostrukturen mit Ab messungen von 5 μm bis 6 μm in einkristallines Silicium und Hartmetall zu schleifen. Die bei die-sen Strukturgrößen erzielbaren Aspektverhältnisse liegen bei etwa 15:1. Eine weitere Reduzie rung der Strukturgröße ist derzeit aufgrund der mechanischen Belastung durch die Schleifkräfte noch nicht mög-lich.

Für das Erreichen eines bestmöglichen Schleifer-gebnisses ist aber immer eine auf den Werkstoff bezogene Prozessoptimierung erforderlich wie Bild 4-166 beispielhaft zeigt. Die für einen duktilen oder spröden Zerspanungsmodus erforderliche Spandi-cke kann über die gewählten Einstellgrößen vari-iert werden. Beim Mikroschleifen mit Umfangs-schleifscheiben liegen die gewählten Schnittge-schwindigkeiten im Bereich von v

c = 60 m/s bis 100

m/s. Die Vorschubgeschwindigkeiten sind dagegen sehr klein. Die Zustellungen sind im Verhältnis zur Schleifscheibenbreite relativ hoch. Daher handelt es sich beim Mikroschleifen im Allgemeinen um einen Tiefschleifprozess.

Zusammengefasst ist das Mikroschleifen eine gutes Beispiel für den Einsatz von konventionellen Fer-tigungsverfahren zur Herstellung von verschieden-artigsten Mikrostrukturen und Mikrobauteilen. Ab-hängig von der Bearbeitungsaufgabe stehen unter-schiedliche Umfangschleifscheiben und Schleifstif-te zur Verfügung, die eine qualitativ hochwertige Bearbeitung von spröden und harten Werkstoffen ermöglichen.

Neben dem Schleifen verfügen auch andere spa-nende Verfahren mit geometrisch unbestimmter Schneide über ein großes Potenzial im Bereich der Mikrostrukturierung. So ist das Honen beispiels-weise sehr gut für eine Endbearbeitung kleinster Bohrungen geeignet. Derzeit wird daran gearbei-tet, Werkzeuge zu entwickeln um Bohrungen, die kleiner als 1 mm sind, zu honen. Auch das Polie-ren von Mikrostrukturen gewinnt eine immer stär-kere Bedeutung, da die Anforderungen an die Ober-fl ächenqualität von Mikrostrukturen und -bauteilen stetig steigen. Hier besteht zzt. ebenfalls noch ein gro ßer Entwicklungsbedarf.

4.8 Abtragende Verfahren

Abtragen ist Fertigen durch Abtrennen von Stoff-teilchen von einem festen Körper auf nichtmecha-nischem Wege. Das Abtragen bezieht sich hierbei sowohl auf das Entfernen von Werkstoffschichten als auch auf das Trennen von Werkstückteilen. Die abtragenden Verfahren treten zunehmend in Kon-kurrenz zu spanenden Fertigungsverfahren. So sind z. B. die chemischen bzw. elektrochemischen Ab-trageverfahren für Mikrobearbeitungen von höchs-ter Genauigkeit unersetzlich (Herstellung von Lei-terplatten, in der Präzisionsmechanik und in der Luftfahrttechnik).

Die Gruppe 3.4 der abtragenden Verfahren unter-teilt sich nach DIN 8590 gemäß Bild 4-1 in die Un-tergruppen 3.4.1 Thermisches Abtragen, 3.4.2 Che-misches Abtragen und 3.4.3 Elektrochemisches Ab-tragen.

Bild 4-166: Optimierte Prozessparameter für die Mikrostrukturierung von Silicium

WerkzeugMikroschleifscheibeb

S = 100 μm

D = 1/2 - 3 μmBindung: 202 J

Prozessbedingungenv

c = 80 m/s

vft = 300 mm/min

Kühlschmierstoff: Emulsion

WerkstückSilicium {100}

50 μm

Page 106: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

350 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.8.1 Thermisches Abtragen

Hierzu gehören das thermische Abtragen durch Gas (Brennhobeln, Brennschneiden), Abtragen durch Funkenentladung (Erodieren) und Abtragen durch Strahl (Licht, Laser, Elektronen). Die Verfahren des thermischen Schneidens (Autogenes Brennschnei-den, Plasmaschneiden, Laserschneiden) haben eine so große Bedeutung für die Blechteil herstellung und für die Fugenvorbereitung beim Schmelzschwei-ßen erlangt, dass sie in einem eigenen Abschnitt (Ab schn. 4.9) behandelt werden. Das gilt ebenso für das Wasserstrahlschneiden (Abschn. 4.10) als in der industriellen Praxis erprobtes abrasives Ab-tragverfahren.

Funkenerosives Abtragen ( Erodieren)Beim Erodieren (EDM: Elektro Discharge Machi-ning) werden elektrisch leitende Werkstücke durch elektrische Funkenentladungen in einem Dielektri-kum (z. B. Petroleum) bearbeitet. Die dielektrische Flüssigkeit dient zum Ladungsaustausch und gleich-zeitig als Spülmittel zum Abtransport der ab getra-genen Teilchen. Die aufeinanderfolgenden, zeitlich getrennten, meist nichtstationären Entladungen ent-stehen durch Funkenspannungen von ca. 20 V. Je nach Abstand der Elektroden und der Durchschlag-festigkeit des Dielektrikums bildet sich dabei ein energiereicher Plasmakanal, der ein Schmelzen bzw. Verdampfen eines kleinen Materialvolumens be-wirkt.

Bild 4-167Varianten der funkenerosiven Bearbeitung EDM (nach J. Flimm, Hanser-Verlag). a) funkenerosives Senken, b) Senken mit überlagerter Bewegung, c) Schneiden mit ablaufender Drahtelektrode

Z 1

2

3

1

2

3

4

2

3

1

1 Vorschub2 Werkzeug3 Werkstück4 Drahtvorschub

Bild 4-168Funkenerosive Fertigungsanlage, schematisch (nach W. König und F. Klocke).

Pinolenantrieb

Maschinengestell

Vorratsbehälter Arbeitsbehälter Generator

Werkstück

Pinole

Dielektrikum

Werkzeug

Pumpe

Filter

Regel-einrichtung

Page 107: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.8 Abtragende Verfahren 351

Die Verfahren der Funkenerosion können eingeteilt werden in (Bild 4-167):

– funkenerosives Senken, Bohren und Gravieren,– funkenerosives Senken mit überlagerter Bewe-

gung,– funkenerosives Schneiden mit Draht oder Blatt.

Für jedes Senkerodieren ist eine spezielle Werkzeug-elektrode erforderlich, die ihre Oberfl ächenkontur im Werkstück abbildet. Die Vorschubbewegung wird meist in der z-Achse durch die an der Pinole befestigte Elektrode ausgeführt. Der Aufbau einer funkenerosiven Fertigungsanlage geht aus Bild 4-168 hervor. Den größten Einfl uss auf die Abtrag- und Verschleißkennwerte beim Senkprozess hat die Ent-ladeenergie W

e, die durch den Entladestrom i

e (10

bis 500 A) und die Entladedauer te (10 bis 2000 μs)

variiert werden kann. Bild 4-169 zeigt die Abtragrate V

w am Werkstück (max. 3000 mm3/min) in Abhän-

gigkeit von der Impulsdauer ti. Der Abfall nach den

Maxima wird auf eine erhöhte Wärmeableitung durch die Ausdehnung des Entladekanals bei Wer-ten > t

i opt zurückgeführt.

Der relative Verschleiß von Kupferelektroden steigt mit dem Entladestrom ebenfalls an, sinkt aber mit der Impulsdauer ab.

Grafi telektroden haben eine andere Verschleißkenn-linie als metallische Werkstoffe. Während der rela-tive Verschleiß von Elektrolytkupfer mit steigendem

Bild 4-169Abtragrate und rel. Verschleiß beim Senkerodieren (nach W. König und F. Klocke).

Ab

tragra

te

Vw

1000

500

100

50

10

5

Impulsdauer ti

rela

tiver

Vers

chle

J

10 50 100 500 1000 5000� s

0,5

1

5

10

50

%

mm3

min

ie � 20 A

ie = 60 A ie = 100 A

ii opt

Versuchsbedingungen

WSt: 56NiCrMoV7

t : 0,94

WZ: Cu (+)

ie = 100 A

ie � 20 A ie = 60 A

Variable Konizität

(stetig oder unstetig)

Konstante Konizität

(Kegelecken)

Scharfkantige Ecken Isoradiale Ecken

Programmierbare Radius-

differenz oben/unten

untere

Drahtführung

obere DrahtführungBewegung des

Werkstücks

y

x

v

u

a

Draht-

bewegung

Bild 4-170Geometrische Alternativen beim konischen Schneiden (nach AGIE).

Page 108: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

352 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Entladestrom (Impulsdauer = konst.) wächst, nimmt er bei Grafi t ab. Daher sind Grafi telektroden sehr gut für Schrupparbeiten bei hohem Entladestrom und langer Impulsdauer einzusetzen. Da die Wärme-ausdehnung nur 1/4 von Kupfer beträgt, ist auch die Bearbeitungsgenauigkeit höher.

Die geringere Dichte wirkt sich bei Elek troden mit großem Volumen positiv aus. Bei der Verwendung von Feinstkorngrafi t (Korngröße < 5 μm) kön nen die Oberfl ächenwerte Ra = 0,8 μm erreichen.

Das funkenerosive Schneiden mit Draht hat sich bei der Herstellung zylindrischer bzw. konischer Durchbrüche in der Industrie weitgehend durchge-setzt. Besonders in der Stanzereitechnik können Schneidwerkzeuge (Stempel und Matrize) mittels Drahterosion aus gehärtetem Halbzeug kostengüns-tig hergestellt werden. Eine Drahterosionsanlage besteht aus einem Gestell mit den Drahtführungen, dem Antrieb für den umlaufenden Draht und dem auf einem Kreuztisch angeordneten Arbeitsbehälter mit dem aufgespannten Werkstück. Das Werkstück bewegt sich dabei relativ zum Draht, so dass durch Überlagerung in x- und y-Richtung beliebige zylin-drische oder konische Konturen erzeugt werden können (Bild 4-170).

Die für das Drahtschneiden verwendeten Impuls-generatoren arbeiten mit Spannungen bis 400 V und Strömen bis ca. 250 A. Als Dielektrikum wird meist entionisiertes Wasser verwendet. Da der relativ dün-ne Draht nicht sehr hoch beansprucht werden kann,

wird die Impulsdauer auf 0,2 bis 4 μs begrenzt. Die Pausendauer beträgt dagegen das 20fache, so dass ein hoher Entladestrom bei niedriger Amperebelas-tung entsteht. Um die elektrischen Verluste so klein wie möglich zu halten, liegen die Schleifkontakte in der Drahtführung dicht an der Wirkfuge.

Oft wird dem Voll- oder Schnellschnitt, bei dem die Hauptkontur mit einer möglichst hohen Schnittrate erzeugt werden soll, ein Fein- oder Schlichtschnitt nachgeschaltet. Dadurch kann eine wesentlich bes-sere Oberfl ächengüte erzeugt werden.

Als Leistungskenngröße wird beim funkenerosiven Schneiden die sog. Schnittrate V

w verwendet: V

w

= vf h, wobei die Vorschubgeschwindigkeit v

f des

Drahts senkrecht zur Ablaufrichtung mit der Werk-stückhöhe h verknüpft ist. Daher hat hier die Ab-tragrate die Dimension Fläche/Zeiteinheit. Bei vor-gegebenem Drahtwerkstoff und -durchmesser wird die Schnittrate vorwiegend von der Entlade energie und der Impulsfrequenz bestimmt.

Bei konstanter Entladeenergie nimmt die Schnittrate mit der Anzahl der Entladungen bis zur Grenze der thermischen Belastbarkeit des Drahts zu, Bild 4-171.

Als Elektrodendraht wird Messing (CuZn37) ver-wendet, da Zink großen Einfl uss auf die Bedingun-gen in der Wirkfuge hat. Es verdampft während der Ent ladung und verbessert die Zündfähigkeit im Spalt. Da es sich mit einem Oxidfi lm überzieht, wird ein Aneinanderhaften der Partikel erschwert.

Bild 4-171Abhängigkeit der Schnittrate V

w von der Impulsfrequenz und Drahtart (Quelle: WZL, TH Aachen).

Impulsfrequenz fp

70

Schnittr

ate

V

W

100

120

mm2

min

90

80

70

60

50

0

9080 kHz605040

Draht

Kernmaterial: CuZn20Beschichtung: CuZn50

Messingdraht CuZn37

Messingdraht CuZn20

Drahtbruch

Werkstück: X210CrW12Höhe: 30 mmImpuldauer: 1,4 � s

Page 109: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.8 Abtragende Verfahren 353

Als weitere Anwendungsgebiete neben den Schneid- werkzeugen kommt für das Drahterodieren der Bau von Extrudier- und Strangpresswerkzeugen und die Herstellung von Spritz- und Druckgussformen in Betracht. Moderne Schneidanlagen weisen eine Po-sitioniergenauigkeit von < 1 μm und eine Umrissto-leranz von ± 3 μm auf. Durch die hohen Schnittra-ten > 300 mm2/min bei der Bearbeitung von Stahl-werkstoffen wird das Drahterodieren auch in der Serien fertigung eingesetzt. Ein Beispiel geht aus Bild 4-172 hervor, das eine funkenerosiv geschnit-tene Stator schaufel zeigt, bei der keine Nacharbeit nötig ist.

Die Oberfl äche erodierter Werkstücke wird charak-terisiert durch die Überlagerung einzelner Entlade-krater, sie ist daher narbig und weist keine gerich-teten Bearbeitungsspuren auf. Zur überschlägigen Beurteilung bzw. Klassifi zierung wurde vom VDI ein Oberfl ächennormal geschaffen. Die Rauheit der Oberfl äche wird durch die Größe der einzelnen Krater und damit durch die Entladeenergie be-stimmt. Größere Erosionskrater führen zu einer

grö ßeren Rauheit (Bild 4-173). Für die Rauheits-kenn werte Ra und Rz gilt bei funkenerosiv erzeugten Ober fl ächen (fast unabhängig von Werkstoffpaarung und Einstellparametern): Rz = 5 Ra.

4.8.2 Chemisches Abtragen

Beim chemischen Abtragen muss eine chemische Reaktion zwischen Wirkmedium und Werkstück-stoff ablaufen. Die Werkstoffteilchen werden da-durch abgetrennt, dass sich die entstehende Verbin-dung leicht entfernen lässt oder aber fl üchtig ist. Minde stens eine der Komponenten (Werkstück oder Wirk medium) ist elektrisch nichtleitend.

4.8.2.1 Abtragen durch ÄtzenDas Ätzen ist in der Metallographie das wichtigste Verfahren zur Vorbereitung von Metallschliffen für die mikroskopische Beurteilung von Gefügezu stän-den. Es existieren hier umfangreiche (z. T. histo-rische) Rezepturen, die die besonders inter es-sierenden Kristallitstrukturen durch Tiefen- oder Korngrenzen ätzung unter dem Metall- oder Raster-Elektronen-Mikroskop (REM) sichtbar machen.

Ein weiteres Beispiel für chemisches Abtragen ist das Ätzen von Glas, um Ornamente und Beschrif-tungen aufzubringen oder eine mattierte Oberfl äche zu erzeugen. Als Ätzmittel wird Flusssäure (Fluor-wasserstoff) HF verwendet. Es entstehen das fl üchti-ge Siliciumtetrafl uorid und Wasser:

SiO2 + 4 HF → SiF

4 + H

2O. [4-76]

Zuvor werden alle Partien, die nicht mit dem Ätz-medium in Berührung kommen sollen, mit Wachs, Paraffi n oder Harzschichten abgedeckt. Man kann natürlich auch die Schriften, Ornamente usw. in die

Bild 4-172Funkenerosiv geschnittene Statorschaufel (nach AGIE).

Entladeenergie We

0,1 10310210 mJ 1041

0,1

0,50,5

1

gem

itte

lte R

autiefe

R

z

5

10

� m

50

100

Rz

Ra

arith

metische R

autiefe

R

a

� m

1

5

10

100

Werkstück: 56NiCrMoV7

Werkzeug: Cu

Leerlaufspannung: ui � 120 ... 180 VEntladestrom: ie � 1... 90 A

50

Bild 4-173Oberfl ächenrauheit in Abhängigkeit von der Entladungsen-ergie beim Erodieren(Quelle: WZL, TH Aachen).

Page 110: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

354 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Schutzschichten einritzen. Nach der Ätzung werden die Schutzschichten durch Lösungsmittel entfernt. Wenn die Ätzung mit wässriger Fluorwasserstoff-lösung erfolgt, bleiben die geätzten Glasfl ächen durchsichtig klar. Wird gasförmiger Fluorwasser-stoff verwendet, ergibt sich eine mattierte, nur durch-scheinende Glasoberfl äche.

4.8.2.2 Thermisch-chemisches Entgraten (TEM)Bei der Thermischen Entgrat-Methode (TEM) wer-den in einer mit einem Sauerstoff-Brenngasgemisch gefüllten Kammer die am Werkstück befi ndlichen Grate verbrannt (Bild 4-174). Der eigentliche Ver-brennungsvorgang dauert nur wenige Millisekun-den, so dass die Werkstücke nur unwesentlich er-wärmt werden (ca. 100 °C bis 190 °C je nach Wärme-ka pa zität des Werkstückes).

Durch den schlagartigen Temperaturanstieg, der je nach Gasgemisch und Gasmenge bis zu 3000 °C betragen kann, werden alle Werkstückpartien über-hitzt, die ein großes Oberfl ächen/ Volumenverhält-nis haben. Dies sind in aller Regel die Grate. Auf-grund ihrer großen Oberfl äche absorbieren sie sehr viel mehr Strahlungswärme, als über die relativ klei-nen Gratquerschnitte abgeführt werden kann. Infol-ge dessen kommt es zu einem Wärmestau im Grat, der das Anzünden und anschließende Verbrennen mit freiem Sauerstoff ermöglicht.

Die Anlage besteht aus einem Maschinen gestell, in dem die als Glocke ausgebildete zylin drische Ent-gratkammer eingebaut ist. Ein Rund schalttisch, auf dem je nach Anlagenmodell 2, 5, oder 6 Schließteller lagern, ist in die Maschine integriert. Die Schließtel-ler dienen gleichzeitig als Werk stückaufl age oder als Aufl age für vielleicht erforderliche Werkstück-haltevorrichtungen. Sie wer den außerhalb der Ar-beitszone be- und entladen und schwenken unter die Entgratkammer. Der Schließ teller wird hydraulisch oder mechanisch von unten gegen die Entgratkam-mer gepresst und schließt dort gasdicht ab.

Die für die jeweilige Entgrataufgabe erforderliche Gasmenge wird in Gaszylindern abgemessen und hydraulisch in die Entgratkammer eingeschoben. In einem vorgeschalteten Mischblock werden die Gase gleichmäßig gemischt und nach dem Verschließen der Gasventile durch eine Zündkerze gezündet.

Als Brenngase können Erdgas, Methan oder Wasser-stoff verwendet werden.

Stahl- und Graugussteile lassen sich von scharf-kan tig gratfrei bis zu kleinen Kantenverrundungen pro blemlos entgraten, Bild 4-175.

Zink- und Aluminiumteile werden bei Zerspan-graten scharfkantig gratfrei, während Formteilungs-grate mit dickem Gratfuß bei Druckguss bis auf klei-ne Aufwürfe reduziert werden können.

Messingteile lassen sich scharfkantig gratfrei bis zu einem kleinen Kantenbruch bearbeiten.

Mit Thermoplasten lassen sich lösliche Schwimm-häute in Hohlkörpern oder Armaturenteilen entgra-ten, die evtl. durch Werkzeugverschleiß auftreten. Kan ten werden dabei nicht angegriffen.

Bild 4-174Druckkammer für das Thermische Entgraten und Werkstück-beispiel mit Grat.

Gewindespitzenwerden nicht angegriffen

Sauers

toff

Bre

nngas

Bild 4-175Entgratbeispiel (Fa. Benseler Entgratungen GmbH).

Page 111: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.8 Abtragende Verfahren 355

4.8.3 Elektrochemisches Abtragen

Das elektrochemische Abtragen (ECM) beruht auf der Aufl ösung eines als Anode gepolten metallischen Werkstoffs in einem elektrisch leitenden Medium. Der dazu nötige Stromfl uss wird meist durch eine äußere Spannungsquelle bewirkt. Nach DIN 8590 wird zwischen dem – elektrochemischem Profi labtragen, dem– Oberfl ächenabtragen und dem– elektrochemischen Ätzen unterschieden.

Das EC-Profi labtragen wird mit ho her Wirkstrom-dichte bis 10 A/cm2 durchgeführt. Der Elektrolyt strömt mit hoher Geschwindigkeit durch einen en-gen Spalt (ca. 0,1 mm) zwischen Werkstück und Werkzeugelektrode hindurch und entfernt dabei den Abtrag aus der Fuge. Beim EC-Oberfl ächenabtra-gen werden Oberfl ächenschichten beliebiger Aus-dehnung mit niedriger Wirkstrom dichte von etwa 0,4 bis 3 A/cm2 elektrolytisch bear beitet (z. B. EC-Polieren oder EC-Entmetallisieren). Wichtiger ist das EC-Senken, das besonders im Flugzeug- und Automobilbau eingesetzt wird.

Man kann damit komplizierte geometrische Profi le in schwer zerspanbare Werkstoffe einbringen. Die Werkzeugelektroden sind weitgehend verschleiß-frei, es treten keine thermischen Gefügebeeinfl us-

sungen auf, das Werkstück ist gratfrei und weist ei-ne gute Oberfl ächenbeschaffenheit auch bei hoher Abtrag leistung auf.

EC-Senkanlagen bestehen grundsätzlich aus der Elektrolytversorgung, der Bearbeitungsmaschine und dem Gleichstromgenerator, der die geregelte Arbeitsspannung zwischen 20 und 30 V liefert. Ei-ne Vorschubeinheit sorgt für die Relativbewegung zwischen Werkstück und Werkzeugelektrode, wobei die Vorschubgeschwindigkeiten zwischen 0,1 und 20 mm/min liegen können. Als Elektrolytpumpen wer-den häufi g Kreiselpumpen eingesetzt (Förder leistung 100 bis 800 l/min, Förderdruck 10 bis 50 bar). Die Abtragprodukte in Form von Metall hy droxiden müs-sen ständig aus dem Elektrolytkreis lauf durch Sepa-ratoren oder Zentrifugen entfernt wer den.

Der Prozess wird vorwiegend durch die aufwändige ECM-Vorrichtung beeinfl usst (Bild 4-176). Die Vor-richtung muss außer dem Spannen und Ausrichten des Werkstücks auch die Kontaktierung sicherstel-len. Die Teile, die mit dem Elektrolyten in Berüh-rung kommen, sind besonders korrosionsgefährdet und werden daher aus Kupfer, Messing oder rost-freiem Stahl angefertigt. Die Abtragprodukte und die Joule sche Wärme müssen schnell abgeführt wer-den, was eine kurze Strömungslänge des Elektro ly-ten im Arbeitspunkt bedingt. In der Praxis ist die äuße re Zuströmung mit Elektrolytabfuhr durch das Werk zeug einfacher zu handhaben als die innere. Als gebräuchliche Elektrolyte kommen NaCl- und NaNO

3-Lösungen in Frage, deren Leitfähgkeit zwi-

schen 50 und 300 mS/cm liegt.

Zur Ermittlung der elektrochemischen Bearbeit bar-keit wurde ein Normversuch entwickelt, um u. U. umfangreiche Vorversuche einzusparen. Dadurch können für einen bestimmten Werkstoff Angaben gemacht werden über das Abtragverhalten, die Spalt-ausbildung und die Oberfl ächengüte. Bild 4-177 zeigt für zwei verschiedene Werkstoffe die im Norm-versuch ermittelte Abhängigkeit des Mitten rau werts Ra von der Stromdichte J. Der hyperbo lische Ver-lauf bestätigt, dass mit zunehmender Be ar bei tungs-geschwindigkeit die Oberfl ächengüte bes ser wird. Die im Diagramm aufgeführten (auf der Stirn seite gemessenen) Spaltweiten s

90 = 0,3 bis 1 mm haben

keinen signifi kanten Einfl uss. Als nach teilig kann angemerkt werden, dass im Seiten spalt bereich die Oberfl ächengüte bei den dort herr schen den klei nen Stromdichten schlechter ausfällt.

Bild 4-176Vorrichtung für das elektrochemische Senken (nach W. König und F. Klocke).

Werkstück

Zentrier- undKontaktier-einrichtung

Dichtung

Elektrolyt-eintritt

Elektrolytaustritt

Maske

Werkzeug

Isolierung

Manschette

Page 112: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

356 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden

Die Bearbeitung und Herstellung von metallischen und nichtmetallischen Werkstücken mit thermischen Schneidverfahren gewinnt aus wirtschaftlichen und technischen Gründen ständig an Bedeutung. Die Qualität der Schnittfl ächen, die große Maßhaltigkeit der Bauteile verbunden mit der Möglichkeit, auch an gekrümmten Bauteilen nahezu beliebige Schnitt-kurvenverläufe zu erzeugen, wird im Gegensatz zu den mechanischen Bearbeitungsverfahren ohne die Anwendung großer mechanischer Kräfte erreicht.

Die »Werkzeuge« z. B. Flamme, Plasma oder Ionen-strahl, die im Vergleich zu denen spangeben der Be-arbeitungsverfahren außerordentlich grob erschei-nen, erlauben also die Herstellung erstaunlich ober-fl ächen- und formgenauer Bauteile. Vorausset zung ist allerdings, dass die verfahrenstechnischen Beson-derheiten und die Probleme der Einstellpara meter erkannt und berücksichtigt werden.

Das Prinzip aller Schneidverfahren beruht auf einer örtlichen Erwärmung der Werkstückoberfl äche mit einer geeigneten konzentrierten Wärmequelle. Die hohe Temperatur (abhängig von der Art der Wärme-quelle und des Werkstoffes) führt zum

– Verbrennen,– Schmelzen oder (und)– Verdampfen des Werkstoffs. Die dadurch entstehende Trenn-fuge bewegt sich mit der Schnittgeschwindigkeit in Schneidrichtung.

4.9.1 Autogenes Brennschneiden

4.9.1.1 VerfahrensgrundlagenNach DIN 2310-6 ist Brennschneiden ein ther mi-sches Schneidverfahren, das mit einer Brenn gas-Sauerstoff-Flamme und Sauerstoff ausgeführt wird. Die von der Heizfl amme abgegebene und die bei der Verbrennung des Werkstoffes entstehende Wär-me 3) ermöglicht eine fortlaufende Verbrennung durch den Schneidsauerstoffstrahl. Der Reaktions prozess setzt sich in die Tiefe und in die Richtung des sich in Schneidrichtung bewegenden Schneidbrenners fort. Die entstehenden Oxide, vermischt mit Schmel-ze – das ist die Schneidschlacke – werden vom Sau-erstoffstrahl aus der Fuge ausgetrieben.

Das Brennschneiden erfordert ähnliche Einrichtun-gen und Betriebsstoffe wie das Gasschweißen, siehe Abschn. 3.3. Der wesentliche Unterschied besteht in der Konstruktion des Düsensystems. Die Brenn-schneiddüse hat die Aufgaben:– den Werkstoff durch die Heizfl amme (Heizdüse)

auf Entzündungstemperatur zu bringen,– den Werkstoff zu verbrennen und aus der Schnitt-

fuge zu blasen. Dies geschieht durch den Schneid- sauerstoffstrahl, der durch den i. Allg. zentrisch angeordneten Kanal auf die erhitzte Werkstück-oberfl äche geleitet wird.

Bild 4-178 zeigt schematisch die prinzipiellen Vor-gänge beim Brennschneiden. Für den Ablauf des Brennschneidvorganges ist das Vorwärmen der Werk-stückoberfl äche auf die Entzündungstempera tur T

z

von größter Bedeutung. Tz ist diejenige Tempe ratur,

oberhalb der der Werkstoff spontan mit Sau erstoff reagiert. Werkstoffe werden im klassischen Sinn als brennschneidbar bezeichnet, wenn sie fol gende Be-dingungen erfüllen:– T

z muss unterhalb der Schmelztemperatur T

s lie-

gen. Andernfalls schmilzt der Werkstoff, ver liert also seine feste Form und verbrennt erst dann. Eine auch nur annähernd brauchbare Schnittfl ä-

3) Die Verbrennungswärme von Eisen beträgt etwa 54 kJ/cm3.

Bild 4-177Einfl uss der Stromdichte auf die Oberfl ächengüte beim elektro-chemischen Abtragen (nach W. König und F. Klocke).

Mitte

nra

uw

ert

R

a

1

0

2

3

� m

� m

1,5

1,0

Mitte

nra

uw

ert

R

a

0,5

0

0,4

Stromdichte J

A/mm20,8 1,2

Werkstoff: 56NiCrMoV7(3)

Elektrolyt: NaNO3; 20 kg/100 l H2O; 35 °C

s90 � 0,3 mms90 � 0,5 mms90 � 1,0 mm

Werkstoff: TiAl6V4

Elektrolyt: NaCl; 12 kg/100 l H2O; 35 °C

s90 � 0,3 mms90 � 0,5 mms90 � 1,0 mm

Page 113: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden 357

che ist nicht erzeugbar. Bestenfalls ist diese Qua-lität für »Schrottschnitte« akzeptabel. T

z ist abhän-

gig von der Art des Werkstoffes und seiner Zu-sammensetzung. Sie liegt bei unlegierten und nie-driglegierten Stählen bei ca. 1150 °C und nimmt mit zunehmendem Kohlenstoffgehalt zu. Bei ca. 2 % Kohlenstoff ist sie gleich der Schmelztempe-ratur. Da mit ist die Grenze der Brennschneidbar-keit ge kennzeich net.

– Die bei der Verbrennung entstehenden Oxide müssen einen niedrigeren Schmelzpunkt besit-zen als der Werkstoff 4). Sie sollten so dünnfl üs-sig sein, dass sie vom Schneidsauerstoffstrahl ausreichend leicht ausgetrieben werden können.

– Die Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffes sollte möglichst klein, seine Verbrennungswärme mög-lichst groß sein.

Danach erfüllen nur die üblichen un- bzw. niedrigle-gierten Stähle und trotz der Hinweise in Fußnote 4) auch Titan die Voraussetzungen für die Brenn-schneidbarkeit. Insbesondere durch Chrom und Mo-lybdän wird sie erheblich beeinträchtigt. Stäh le mit Cr > 1,5 % oder Mo > 0,8 % sind bereits nur noch bedingt brennschneidbar. Die Ursache ist die sehr hohe Schmelztemperatur der Cr- bzw. Mo-Oxide, d. h. auch der Schneidschlacken.

4.9.1.2 Thermische Beeinfl ussung der Werkstoffe

Ähnlich wie bei jedem Schmelzschweißverfahren entstehen auch beim Brennschneiden z. T. sehr hohe Aufheiz- und vor allem Abkühlgeschwindigkeiten, die eine Reihe von unerwünschten Änderungen der Schweißverbindung und ihrer Eigenschaften hervor-rufen können, z. B. – Aufhärtung (bei umwandlungsfähigen Stählen)

in der wärmebeeinfl ussten Zone im Bereich der Brennschnittfl äche,

– Eigenspannungen, die Verzug und Maßände-rungen des Bauteil bewirken können,

– Rissbildung infolge Werkstoffversprödung und der Wirkung hoher Eigenspannungen und extre-mer Härte aufgrund von Martensitbildung in der Wärmeeinfl usszone.

Die Härte im Bereich der Schmelzschicht hängt im Wesentlichen vom Kohlenstoffgehalt, in geringerem Umfang von der Schneidgeschwindigkeit, der Heiz-fl ammengröße und der Werkstückdicke ab. Bei hö-hergekohlten Stählen (C > 0,3 %) muss wegen der Härterissgefahr die aufgekohlte Zone der Brenn-schnittfl äche in einer Breite von maximal 0,5 mm bis 1 mm abgearbeitet werden. Während bei schweiß-geeigneten Stählen keinerlei zusätzliche Maßnah men erforderlich sind, müssen aufhärtende Stähle (höher-gekohlt und (oder) legiert) wärmevor- bzw. -nachbe-handelt werden. Die Abkühlge schwin digkeit wird dadurch auf Werte begrenzt, die eine Martensitbil-dung nicht mehr zulassen.

Bild 4-179 zeigt exemplarisch die Härteverteilung senkrecht zur Brennschnittfl äche (gemessen an der Werk stückoberfl äche) an einem Vergütungsstahl C60 (C 60).

4) Der Schmelzpunkt der Titanoxide ist um etwa 300 °C höher als der des Titans (etwa 1670 °C). Die Voraus-setzungen für die Brennschneidbarkeit der Metalle sind daher nicht als prinzipiell gültig anzusehen.

Bild 4-178Vorgänge beim Brennschneiden, schematisch:a) Die Heizfl amme (1) erwärmt den Werkstoff örtlich auf Ent-

zündungstemperatur T > Tz. Der Schneidsauerstoff beginnt,

den Werkstoff örtlich zu verbrennen (2).b) Der Brenner bewegt sich mit der Schneidgeschwindigkeit v,

dabei wird Werkstoff geschmolzen und verbrannt. Es ent-steht die Schnittfuge mit der Breite f und der Schnittlänge l.

1

2

f

d

l

v

a) b)

Bild 4-179Einfl uss des Vorwärmens auf die Härte der Brennschnittfl äche, Werkstoff C60 (C 60), Wanddicke 10 mm.

200

400

600

800

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4mm

Einhärtetiefe

Härt

e H

V1

ohne Wärmebehandlung

mit Vorwärmen

Page 114: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

358 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.9.1.3 Geräte und EinrichtungenIm Schneidbrenner wird die für den Schneidpro-zess erforderliche Heizflamme erzeugt und der Schneid sauerstoffstrahl geführt. Der Saugbrenner (Injek tor brenner) ist zumindest bei den Hand-schneid brennern die vorherrschende Bauart, Bild 4-180. Kennzeich nendes Merkmal ist die im Bren-ner erfol gende Mischung Brenngas/Sauerstoff durch das In jektor prin zip. Für genauere Hinweise zur Funk-tions weise siehe 3.3.4.

Die Brennschneiddüsen sind das eigentliche »Werk-zeug«. Ihre Art und Bauweise bestimmen entschei-dend die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens, die ma-ximale Schnittgeschwindigkeit und die Schnitt fl ä-chengüte. Die Auswahl der für die jeweiligen Auf-gabe »optimalen« Brennschneiddüse sollte daher mit großer Sorgfalt vorgenommen werden.

Die Bauart kann einteilig (z. B. Blockdüsen) oder zweiteilig sein, d. h., sie bestehen aus einer Schneid-düse und der sie konzentrisch umgebenden Heiz dü-se. Bei den zweiteiligen Düsen ist die Schlitzdüse die modernste Bauart: in die Schneiddüse sind schlitz-ar tige Nuten eingearbeitet, durch die das Heiz gas-gemisch strömt. Der zentrische Sitz der Schneiddüse ist durch die Bohrung in der Heizdüse gewährleistet. Bild 4-181 zeigt einige typische Düsenbauarten.

Die Wirksamkeit und Qualität der Brennschneid-düsen werden von zahlreichen Faktoren bestimmt, von denen einige zzt. nur unzureichend quantitativ beschreibbar sind. Die Aufgabe dieses »Werkzeugs« besteht darin, den Schneidsauerstoffstrahl möglichst zylindrisch und wirbelfrei austreten zu lassen. Der sta tische Druck in der Schneiddüse muss dazu voll-ständig in Geschwindigkeit umgesetzt werden. Ein mit Überdruck ausströmender Strahl baucht durch

die plötzliche Expansion aus und verliert seine zy-lindrische Form.

Die Querschnittsform der Schneiddüse (zylindrisch, zylindrisch abgesetzt, lavalähnlich) ist im Vergleich zu ihrer Oberfl ächengüte von geringerer Bedeu-tung. Daher ist für ihre einwandfreie Funktion Sau-berkeit und Unversehrtheit (z. B. mechanische Be-schädi gungen, deformierter Querschnitt, festhaf-tende Sprit zer usw.) eine wesentliche Vorausset-zung. Gereinigt wird am zweckmäßigsten »nass« (wässerige Lösung von speziellen Düsenreinigungs-pulvern) oder mit geeigneten mechanischen Hilfs-mitteln (Dü sennadel). Die Verwendung von Draht, Nägeln oder anderen »Werkzeugen« führt zu einer schlei chen den Qualitätsverschlechterung der Brenn-

Bild 4-181Schematische Darstellung verschiedener Düsenbauarten:a) einteilige Düse (Blockdüse)b) Maschinenschneidbrenner mit einteiliger gasemischender

Düsec) mehrteilige Düse (Schlitzdüse)

Bild 4-180Querschnitt eines Handschneidbrenners (Saugbrenner).

Page 115: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden 359

schnittfl ächen. Nur durch eine entsprechende Aus-bildung des Brennschneiders – vor allem die des Bedieners stationärer Brennschneidmaschinen, des-sen Bedeu tung und dessen erforderliche Kenntnisse häufi g unterschätzt werden – kann die Wirtschaft-lichkeit und Qualität des Brennschneidens erreicht wer den.

Der Brennschnitt kann mit handgeführten, tragbaren oder mit stationären Brennschneidmaschinen aus-geführt werden, die in vielfältigsten Bauarten ange-boten werden. Der Nachteil der handgeführten Ma-schinen ist, dass die für den auszuführenden Schnitt erforderlichen Informationen auf dem Blech aufge-zeichnet werden müssen. Die Schnittqualität hängt also von der Genauigkeit der »Zeichnung« und der manuellen Geschicklichkeit des Brenn schnei ders ab. Der Verarbeiter muss beachten, dass zum Herstel-len hochwertiger, formgenauer Bauteile die Brenn-schneidmaschinen im Aufbau, in der Sta bili tät und

der Qualität der Führungseinrichtungen mit Werk-zeugmaschinen vergleichbar sein müssen. Die ser häufi g nicht genügend beachtete Umstand beruht sicherlich z. T. auf der Fehleinschätzung, nach der das Werkzeug »Flamme« keine Reaktions kräfte auf das Schneidgut ausübt. Diese Vorstellung be-rücksichtigt nicht die erheblichen durch Tempe ra-turdifferenzen entstehenden Kräfte und die Not wen-dig keit einer möglichst ruckfreien, kontinuier lichen Brennerbewegung.

Das wichtigste Bauprinzip ist das Kreuzwagensys-tem mit Längs- und Querantrieb (praktisch immer als Koordinatenantrieb), das in drei grundsätzlichen Bauweisen realisiert wird, Bild 4-182:– Ausleger,– Portal,– Kombination aus Ausleger- und Portalbau wei-

se.

Der oder die (maximal etwa 20) Brennschneidbren-ner müssen führungsgenau im konstanten Abstand von der Blechoberfl äche erschütterungsfrei, ruck-frei und mit konstanter Geschwindigkeit entlang ei-ner vorgegebenen Kontur bewegt werden. Mit dem Ko ordinatenantrieb lassen sich viele dieser Forde-rungen einfach und technisch elegant erfüllen. Hier-bei wird der Kreuzwagens in x- und y-Richtung mit jeweils einem Servo-Motor bewegt. Die Schnitt-geschwin dig keit v ist konstant und unabhängig von der Bahn kurve des Schneidbrenners – das ist die nachzu fah rende Kontur des Bauteilumrisses – wenn zwi schen v und den Geschwindigkeitskomponen-ten in x- und y-Richtung die Beziehung besteht, Bild 4-183:

Bild 4-182Unterschiedliche Bauweisen der Kreuzwagen-Brennschneid-maschinen, nach Hermann:a) Auslegerb) Portalc) Kombination aus Ausleger und Portal

b)

c)

a)

Bild 4-183Mechanische Grundlagen des Koordinatenantriebs:a - a’ = Verlauf der Bahnkurve, v = Vektor der Schnittgeschwin-dig keit

y

x

a

vx

vy

v

vx � v �cos avy � v �sin a

v2 � v x 2 + vy 2 � konst.

a

a’

Page 116: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

360 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

v2 = vx2 + v

y2 = v2 ⋅ (sin2a + cos2a) = konst. [4-77]

Die Bewegung der Servomotore wird also von der Lage der Koordinaten auf dem Schneidtisch be-stimmt. Mit dieser Antriebsart können Schneidge-schwindigkeiten bis 6000 mm/min erreicht und kleinste Radien von etwa 20 mm nachgefahren werden.

Beim Schneiden kleiner Radien wird der die Schnitt-qualität bestimmende Rillennachlauf so groß (Ab -schn. 4.9.1.5), dass Nacharbeit des Schneidgutes er-forderlich ist. Dieser Nachteil lässt sich durch die au tomatische Eckenverzögerung beseitigen. Vor Erreichen einer scharfen Umlenkung wird die Ge-schwindigkeit soweit verringert, dass der Rillen nach-lauf vernachlässigbar ist.

Ein weiterer die Schnittqualität bestimmender Fak-tor ist der richtige und gleichbleibende Abstand der Schneiddüse von der Werkstückoberfl äche. Bei der unvermeidbaren Welligkeit der Bleche und der beim Schneiden vor allem der dünnwandigen Bau teile entstehenden Verwerfungen ist eine automa tische Brennerhöhenverstellung eine große Hilfe. Für senkrechte Formschnitte hat sich die kapazitive Brennerhöhenverstellung bestens bewährt. Der Ab-stand wird durch die Änderung der Kapazität ei nes Kondensators geregelt, der aus einem am Brenner

befestigten Metallstück und dem Werkstück besteht. Der eingestellte Düsenabstand kann inner halb ± 1,5 mm konstant gehalten werden, bei grö ßerem apparativen Aufwand sind auch ± 0,5 mm möglich. Diese Werte sind z. B. für die Herstel lung von Schweißfugen (Schrägschnitte!) erforder lich.

Mit Hilfe spezieller Einrichtungen lässt sich durch Zusammenfassen der drei wichtigsten Bearbeitungs-verfahren Brennschneiden, Anreißen, und Ansen-ken bzw. Bohren die Blechbearbeitung in großem Umfang rationalisieren. Pneumatisch arbeitende Körn- oder Ansenkwerkzeuge erzeugen gut sichtba-re Körnungen/Senkungen in der Blechoberfl äche. Für einen mechanisierten Ablauf werden bei foto-elek trisch gesteuerten Brennschneidmaschinen sog. Abtastzeichnungen verwendet 5), bei denen die Mit -telpunkte der Ansenkungen/Bohrungen durch eine Linie verbunden sind, die Codes in Form von Ver-dickungen enthält, Bild 4-184. Beim Erreichen einer derartigen Markierung schaltet der Abtastkopf auf Schleichganggeschwindigkeit um, an ihrem Ende hält die Maschine an, und es wird angesenkt. Die Posi tioniertoleranz ist dabei kleiner als ± 0,5 mm.

In vielen Fällen sind auf dem Bauteil festhaftende Markierungen, Schweißpositionen, Teile- bzw Po-sitionsnummern usw. anzubringen. Hierfür ist das Pulvermarkieren hervorragend geeignet. Mit Hil-fe eines Pulvermarkierbrenners wird Zinkpulver zu-sammen mit Sauerstoff auf das Blech geblasen und hier durch die Heizfl amme angeschmolzen. Es ent-stehen festhaftende, deutlich begrenzte etwa 1 mm breite Linien.

5) Bei nummerisch gesteuerten Brennschneidmaschinen ist keine Abtastzeichnung erforderlich. Sie fahren im Eilgang jeweils zu der nächsten Position.

Bild 4-184Werkstück mit Gewindebohrungen a) und zugeordneter Abtastplan b), in dem die Mittelpunkte der Ansenkungen miteinander verbunden sind (nach Messer Griesheim).

460

700

10 dickM16

M30

M20

a) b)

Page 117: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden 361

Die Steuerung der Brennschneidmaschinen, d. h., die Führung des Schneidbrenners entlang der Kontur des auszuschneidenden Bauteils, erfolgt in vielfäl tiger Weise. Neben der nummerischen ist die fotoelektrische die wichtigste Steuerungsart der moder nen Brenn schneidmaschinen. Bei dieser wer-den die Mitten ca. 1 mm dicker Linien ( Strichmit-tenabtastung) oder aber die Kanten der Bauteilsil-houette abgetastet, die auf dem schwarzen Grund des Zeich nungs aufl age tisches liegt ( Strichkanten-abtastung). Bei der Strichmittenabtastung ist das Einzeichnen von Verbindungslinien im Schablo-nenträger erfor derlich, wenn mehrere Bauteile aus-geschnitten werden sol len. Eine Lageänderung der Brennteile ist im Gegen satz zur Strichkantenabtas-tung nicht möglich. Der Schablonenträger muss in diesem Fall neu gezeich net werden.

Die Informationsträger sind kunststoffkaschierte und somit in bestimmtem Umfang temperatur- und feuchtigkeitsempfi ndliche Folien. Ihre Größe sollte daher 2 m2 bei einem Maßstab von 1:1 nicht über-schreiten. Verkleinerte Zeichnungen (1:5 bzw 1:10) können mit entsprechenden Hilfsmitteln in einer Genauigkeit von ± 0,1 mm hergestellt werden. Ob-wohl bei Stationierung der »Gebermaschinen« in klimatisierten Räumen bei einem Arbeitsfeld von 3 m mal 10 m die Übertragungsgenauigkeit im Be- reich von ±1,5 mm liegt, verwendet man für derarti ge Aufgaben zunehmend Brennschneidmaschinen mit nummerischen Steuerungen.

Brennschneidmaschinen mit computergestützten nummerischen Steuerungen ( CNC) erfordern höhe-re Investitionskosten, die sich aber erfahrungsge-mäß bei Jahresleistungen von etwa 40 000 Schnitt-metern amortisieren. Sie besitzen eine Reihe wich-tiger Vor teile:– Sämtliche Bearbeitungsvorgänge laufen auto-

matisch ab. Manuelle Eingriffe des Bedienungs-personals im Hinblick auf Eilgangsbewegungen, Schaltfunktionen und Bearbeitungsbewegungen sind nicht erforderlich. Die bei fotoelektrisch ge-steuerten Brennschneidmaschinen erreichbare Nutzungsdauer von ca 35 % (nur Abfahren der gezeichneten Kontur erfolgt auto ma tisch!) kann auf 70 % erhöht werden.

– Maßfehler durch Temperatur- und Feuchtigkeits-einfl üsse der Vorlage entfallen. Die Genauigkeit der Bauteile wird deutlich größer.

– Der Tafelnutzungsgrad wird mit Hilfe optimier-ter »Schachtelpläne« erheblich verbessert. Die-se kön nen mit entsprechender Software relativ einfach hergestellt werden, Bild 4-185.

– Wichtige für den weiteren Arbeitsfortschritt und -ablauf notwendige Daten können einfach auf Lochstreifen gespeichert und verfügbar gemacht werden.

– Maschinenwartung und Systemdiagnose sind effektiver, schneller und einfacher möglich. Die Verbindung der Service-Zentrale mit der Steue-rung, z. B. über einen Akustikkoppler, erleich tert die Fehlerdiagnose im Hard- und Softwarebe-

Bild 4-185Mit einem Rechnerprogramm automatisch erzeugter Brennschneidplan (»Schachtelplan«), nach Messer Griesheim.

Page 118: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

362 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

reich durch Starten von Prüfroutinen ganz erheb-lich.

Aus verschiedenen Gründen (Abschn. 4.9.1.4) ist das Anschneiden innerhalb der Blechtafel dem An-schnitt von der Kante vorzuziehen. Für diese Auf-gabe wird bei stationären Brennschneidmaschi nen die Lochstechautomatik verwendet. Auf die auf Entzündungstemperatur erwärmte Werkstück ober-fl äche strömt mit geringerem Druck der Schneid-sauerstoff, der den Verbrennungsvorgang einleitet und den Maschinenvorschub einschaltet. Nach Ab-lauf einer maschinenintern gespeicherten Zeit wird der Schneidsauerstoffdruck auf den für die Schneid-dicke gültigen Wert erhöht.

Das Brennschneiden von Werkstücken mit geringe-rer Wanddicke (1 mm bis 6 mm) führt wegen der folgenden Tatsachen meistens zu Schwierigkeiten, die Nacharbeit und z. T. erhebliche zusätzliche Kos-ten verursa chen:– Verzug in der Blechebene,– Entstehen festhaftender Schlacke an der Schnitt-

unterseite (»Bartbildung«).

Wenn nicht andere Trennverfahren verwendet wer-den können (siehe Abschnitte 4.9.2 und 4.9.3), sind diese Probleme mit speziellen Brennschneiddüsen und konzentrisch um diese angeordnete Pressluft-duschen hinreichend wirksam zu bekämpfen.

4.9.1.4 Technik des BrennschneidensVor dem Einstellen der Heizfl amme wird zunächst bei geöffnetem Schneidsauerstoffventil der korrekte Schneidsauerstoffdruck, danach die Heizfl amme neutral eingestellt. Die korrekte Heizfl amme und der zylindrische Schneidsauerstoffstrahl sind abso-lute Voraussetzungen für hochwertige Schnitte, Bild 4-186.

Der Brennschneidprozess kann an der Kante oder im Werkstückinneren mit der Technik des Lochste-chens beginnen. Die Güte der Brennschnittoberfl ä-chen und die Maßtoleranzen (Formteilgenauigkeit) wer den von der Art des Anschneidens beeinfl usst. Als Regel und grundsätzliche Empfehlung gilt, dass das Bauteil möglichst lange mit der Blechtafel ver-bunden bleiben muss. Dadurch können sich die Rand- bzw. Abfallbereiche frei bewegen, die Lage des fe sten Bauteils relativ zur Lage des Informa-tionsträgers (z. B. Schablone, Zeichnung) bleibt aber weitgehend unverändert. Daraus ergeben sich eini-ge wich tige Folgerungen, Bild 4-187:

Bild 4−186Flammeneinstellung:a) Bei geöffnetem Heizsauerstoffventil mit Brenngasventil

zunächst Acetylenüberschuß einstellenb) Brenngasventil solange schließen, bis neutrale Flamme

eingestellt istc) Schneidsauerstoffventil öffnen und Flamme erneut neutral

nachstellen. Zu beachten ist der zylindrische, scharf be- grenzte Schneidsauerstoffstrahl

a) b) c)

Bild 4-187Technik des Anschneidens:a) Falsch: das angeschnittene Bauteil bewegt sich sofort

nach dem Anschneiden, weil es mit der Blechtafel nicht solange wie möglich verbunden blieb. Die Formteilgenau-igkeit ist daher nicht optimal

b) Im Wesentlichen bewegt sich der Abfall, das Werkstück bleibt lange fest mit der Tafel verbunden

c) Anschnitt im Tafelinneren verringert die Möglichkeit der Bauteilbewegung noch weiter, daher zu bevorzugende An schnitttechnik, i. Allg. ist aber eine Lochstechautoma-tik erforderlich bzw. zweckmäßig

d) Möglichst rechtwinklig zur Blechkante anschneiden: (1) besser als (2), optimal ist (3)

e) Innenausschnitte in Formteilen zuerst schneiden (1). Auf tangentialen Einlauf achten, um Bildung von Kerben zu vermeiden (sonst Nacharbeit erforderlich)

1

2 3

1

a) b) c)

d) e)

Page 119: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden 363

– Ein Anschneiden im Blechinneren ist dem Kan-tenanschnitt vorzuziehen.

– Der Anschnitt soll senkrecht zur Blechkante er-folgen. Der Verzug der Bereiche neben der Schnitt-fuge wird so am kleinsten.

– Innenausschnitte bei Formteilen immer zuerst schneiden. Hierbei ist wegen der Gefahr einer Kerbbildung auf tangentialen Schnitteinlauf zu achten.

Die Qualität der Brennschnittfl ächen (s. Abschn. 4.9.1.5) wird sehr wesentlich von den Verfahrens-parametern (Schneidgeschwindigkeit, Heizfl amme-neinstellung, Schneidsauerstoffdruck) bestimmt. Eine praxiserprobte Empfehlung besagt:

Einstellwerte sollen nach der Schneidtabelle des Brennschneidmaschinenherstellers gewählt werden. Das gilt insbesondere für die Schneidgeschwindig-keit und den Schneidsauerstoffdruck.

Allerdings wird die Schneidgeschwindigkeit für sog. Trennschnitte, bei denen keine oder nur sehr geringe Anforderungen an die Schnittfl ächenquali tät gestellt werden, erheblich erhöht.

Die Reinheit des Sauerstoffs beträgt i. Allg. 99,5 %. Verringert sich dieser Wert z. B. auf 99 %, dann sinkt die maximale Schnittgeschwindigkeit um et-wa 10 %, die Schlackenablösung ist erschwert, und die Schnitt fuge wird etwas breiter.

Der Schneidsauerstoffdruck ist abhängig von der Düsenbauart. Er beträgt bei den üblichen, noch weit verbreiteten Düsen 3 bar bis 6 bar, bei Hochleis-tungsdüsen 6 bar bis 12 bar und bei den Hochdruck-düsen 10 bar bis 20 bar.

Bild 4-188Erreichbare gemittelte Rautiefe Rz bei verschiedenen Ferti-gungsverfahren (nach DIN 4766-1).

Fertigungs-

verfahren

erreichbare Rautiefen Rz in � �m

10,6

3

1,6

42,5

6,3

25

10

16

40

63

100

630

160

250

400

1000

Längsdrehen

Hobeln

Bohren

Umfangfräsen

Brennschneiden

4.9.1.5 Qualität brenngeschnittener Erzeugnisse

Die Güte brenngeschnittener Teile hängt wie die je-des technischen Erzeugnisses von einer Reihe qua-litätsbestimmender Faktoren ab:– bestimmte Form- und Lagetoleranzen,– Schnittfl ächenqualität und– Maßtoleranzen.

Häufi g ist die wirtschaftlich vertretbare und tech - nisch sinnvolle Qualitätssicherung aus den verschie-den sten Gründen nicht einfach zu realisieren.

Form- und LagetoleranzenNach DIN ISO 1101 defi niert eine Form- oder Lage-toleranz eines Elements (z. B. Fläche, Achse, Mit tel-ebene) die Zone, innerhalb der jeder Punkt dieses Elementes liegen muss. Je nach der zu tolerierenden Eigenschaft und der Art ihrer Bemaßung ist die To-leranzzone sehr unterschiedlich. Sie kann z. B. die Fläche zwischen zwei parallelen Geraden (z. B. die Rechtwinkligkeitstoleranz) oder der Raum zwi-schen zwei parallelen Ebenen (z. B. die Neigungs-to leranz) sein.

Bei Lagetoleranzen muss die genaue Lage der To-leranzzone angegeben werden. Dieser Bezug ist ein theoretisch genaues, geometrisches Element, bei-spielsweise eine gerade Linie oder eine Ebene, z. B. eine Brennschnittfl äche. Man beachte, dass in den Maßtoleranzen die Form- und Lagetoleranzen nicht enthalten sind.

Schnittfl ächenqualitätDie Qualität der Brennschnittfl ächen kann durch-aus mit der beim Bohren und Hobeln erreichbaren kon kurrieren. Bild 4-188 zeigt die möglichen Rau-tiefen Rz einiger mechanischer Bearbeitungsverfah-ren im Vergleich zum Brennschneiden.

Die Schnittfl ächengüte wird nach DIN EN ISO 9013 bestimmt. Die folgenden Kennzeichen sind hierfür maßgebend.– Die Rechtwinkligkeits- und Neigungstoleranz u.

Sie entspricht inhaltlich der bisherigen Kenn-größe Unebenheit. u ist der Abstand zweier paralleler Geraden, die unter dem theoretisch richtigen Winkel (90 ° bei Rechtwinkligkeitsto-leranz bzw. von 90 ° verschieden bei der Neigungs-toleranz) das Schnittfl ächenprofi l im höch sten und tiefsten Punkt berühren muss (Bild 4-189).

– Die gemittelte Rautiefe Rz5. Sie wird nach DIN

Page 120: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

364 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

EN ISO 4288 aus den Einzelrautiefen (Z1 bis

Z5) fünf aneinandergrenzender Einzelmessstre-

cken ermittelt (Bild 4-190).

Lage und Anzahl der Messstellen hängen von der Größe, Form und u. U. dem Verwendungszweck ab z. B. bei thermisch geschnittenen Werkstücken, bei denen eine hohe Schnittqualität gefordert wird oder die nach dem Schneiden nicht weiter bearbei-tet wer den. DIN EN 12584 beschreibt die Termi-nologie der Unregelmäßigkeiten an Brenn-, Plas-ma- und Laserschnitten.

Die Anzahl der Messstellen beträgt bei der Recht-winkligkeits- und Neigungs toleranz u 2 mal 3 Mes-sungen mit je 20 mm Ab stand voneinander je Me-ter Schnitt, bei Rz5 eine je Meter Schnitt.

Bild 4-189 zeigt die Rechtwinkligkeits- und Nei-gungstoleranz u. Das sind bezogene Richtungs to-leranzen, d. h., sie erfordern für ihre korrekte Be-schreibung einen Bezug � . Sie werden bei brenn-geschnittenen Teilen nicht einzeln angegeben, weil sich ihre Größe nicht mit einem vertretbaren Auf-wand bestimmen lässt. Außerdem soll die geometri-sche Beschaffenheit eines brenngeschnittenen Teils

aus wirtschaftlichen Gründen mit nur einer Messung feststellbar sein.

Die weniger wichtigen Kenngrößen Rillennachlauf n und Anschmelzung r können zur visuellen Beur-teilung mit herangezogen werden, Bild 4-191. Die Anschmelzung ist das bestimmende Kennzeichen für die Form der Schnittoberkante, die eine scharfe Kante, eine Schmelzkante mit Überhang oder eine Schmelzperlenkette sein kann. Der Rillennachlauf ist typisch für jede Brennschnittfl äche. Er entsteht durch dynamische Vorgänge im Schneidsauer stoff-strahl und ist unvermeidbar. Seine leichte Erkenn-barkeit ist häufi g der Grund, ihn als Bewertungs-maßstab für die Schnittfl ächengüte überzubewerten. Tatsächlich ist die Bedeutung eher gering, wenn die Rillentiefe klein und die Schnittfl äche hinreichend eben ist.

Die Qualität der Schnittfl ächen thermisch geschnt-tener Werkstoffe wird eindeutig durch die Rechtwin-kligkeits- und Neigungs toleranz und die gemittel-te Rautiefe Rz5 beschrieben. Die qualitative Ein-teilung ist demnach abhängig von der Größe der Rechtwinkligkeits- und Neigungstoleranz, der ge-mittelten Rautiefe und der geforderten Toleranz, dar-gestellt durch die Lage der Toleranzfelder Bereich 1 bis Bereich 4 (5), Bild 4-192. Bei Bedarf können zusätzliche Qualitäten vereinbart werden, wobei die Felder in der Reihenfolge u und Rz5 angegeben werden. Wird dabei auf die Festlegung eines Wer-tes verzichtet, ist eine Null zu setzen.

Die geometrische Genauigkeit der Bauteilabmes-

l n

l r

l n = Gesamtmessstrecke

Z t1 bis Z t5 = einzelne Profilelemente

l r = Einzelmessstrecke (= 1/5 von l n)

Z t1

Z t2 Z t3

Z t4

Z t5

Bild 4-190Ermittlung der gemittelten Rautiefe Rz5 (nach DIN EN ISO 4288).ln Gesamtmessstrecke

Zt1 bis Z

t5 Einzelrautiefen

lr Einzelmessstrecke (= 1/5 von l

n)

A

t w

uu

a)

b) Rechtwinkligkeitsabweichung

c) Neigungsabweichung

u

u

Bild 4-189Für die Beschreibung der Schnittfl ächenqualität erforderliche Form- und Lagetoleranzen.a) t

w die auf � bezogene Rechtwinkligkeitstoleranz,

u Rechtwinkligkeitstoleranz in Schneidstrahlrichtungb) Messbeispiel für die Ermittlung der Rechtwinkligkeits-

undc) der Neigungstoleranz u (nach DIN EN ISO 9013)

Page 121: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden 365

sungen wird von den Maßtoleranzen der Nennma ße (Zeichnungsmaße) bestimmt. Form- und Lagetole-ranzen, die für die Funktion vieler Werkstücke wich-tiger sind, müssen getrennt von den Maßto leranzen angegeben werden. Je nach Toleranzklasse (z. B.

1 und 2) sind bestimmte Grenzabmaße zu lässig (Tabelle 4-9), die für Maße ohne Toleranz angaben gelten, wenn z. B. auf Zeichnungen auf die Norm DIN EN ISO 9013 verwiesen wird. Nach dem älte-ren Tolerierungsgrundsatz, der aber in der Schweiß-

Bild 4-191Erklärung einiger Qualitätsmerkmale von Brennschnittfl ächen: Rillentiefe, Rillenbreite, Rillennachlauf n, Anschmelzung r (nach DIN EN ISO 9013).

Rillentiefe

Bezugslinie SchnittrilleRillenbreite

n n n

Schneidrichtung r r r

Bild 4-192Zur Defi nition und Beschreibung der Qualität von Brennschnittfl ächen, nach DIN EN ISO 9013:a) Rechtwinkligkeits- und Neigungstoleranz u in mmb) Zulässige gemittelte Rautiefe Rz5 in mm

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 150mm

Schnittdicke a

1

0

2

3

4

5

6

Rechtw

inklig

keits- und

Neig

ungsto

lera

nz u

mm1: u � 0,005 � 0,004 �a in mm

2: u � 0,15 � 0,007 a in mm

3: u � 0,4 � 0,01 a in mm

4: u � 0,8 � 0,02 a in mm

5: u � 1,2 � 0,035 a in mm

1: Rz5 � 10 � (0,6 �a: in mm)

2: Rz5 � 40 � (0,8 �a: in mm)

3: Rz5 � 70 � (1,2 �a: in mm)

4: Rz5 � 110 � � � 1,8 �a: in mm)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 150mm

Schnittdicke a

0

Bereich 2

Bereich 3

Bereich 4

Bereich 1

Bereich 1

Bereich 2

Bereich 4

Bereich 3

a)

b)

gem

itte

lte R

autiefe

R

z5

� m

50

100

150

200

250

350

Bereich 5

Page 122: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

366 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

technik noch weitgehend angewendet wird, müs-sen die Form- und Lagetoleranzen kleiner gleich der Maßtoleranz sein.

Die geforderte Schnittqualität und die geforderte Toleranzklasse müssen auf einem Symbol nach ISO 1302 wie folgt ange geben werden:

➊ Angabe der Hauptnummer dieser Norm (DIN EN ISO 9013),➋ Angabe der Rechtwinkligkeits- und Neigungsto-

leranz u, Bild 4-192a), ➌ Angabe der gemittelten Rautiefe Rz5, Bild 4-192b),➍ Angabe der Toleranzklasse, Tabelle 4-9.

4.9.1.6 Anwendung des BrennschneidensDas Brennschneiden ist das universellste thermische Schneidverfahren für un- und niedriglegierte Stäh-le. Die schneidbare Werkstückdicke liegt zwischen 2 mm und 3000 mm, die in der Brennschneidpraxis übliche im Bereich 10 mm bis 300 mm. Bei geringe-ren Werkstückdicken (1 mm bis 5 mm) sind andere thermische Schneidverfahren wirtschaftlicher (höhe-re Schneidgeschwindigkeit) und oft auch tech nisch besser (deutlich höhere Schnittfl ächengüte und nur in begrenztem Umfang Bartbildung).

Senkrechte Schnitte und Gehrungsschnitte sind an beliebig geformten Teilen durchführbar. Ins besonde-re die vielfältigen Fugenformen der Schweiß nähte

(auch Tulpennähte sind mit einer speziellen Bren-neranordnung und Schneidtechnik erzeugbar) kön-nen mit dem Brennschneidverfahren wirt schaft lich hergestellt werden. Man schätzt, dass 75 % aller Schweißfugen mit diesem Verfahren erzeugt wer-den. In der Bundesrepublik Deutschland werden in der metallverarbeitenden Industrie pro Jahr unge-fähr 750 000 km Brennschnitte hergestellt. Die Inves-titions kosten für die apparative Einrichtung sind i. Allg. gering, die Betriebsstoffe preiswert und leicht verfügbar.

Für Gusseisen und andere nicht brennschneidbare Werkstoffe (z. B. hochlegierte Cr-Ni-Stähle, Alumi-nium) existieren Sonderverfahren, deren Anschaf-fungskosten deutlich niedriger sind als die des z. B. hierfür wesentlich besser geeigneten Plasmaschnei-dens. Beim Pulverbrennschneiden wird die kineti-sche Energie des Schneidsauerstoffstrahls durch Zugaben von Spezialsand (SiO

2) soweit erhöht, dass

die Oxide und Schneidschlacken ausgetrieben wer-den können.

Die künftige Entwicklung ist – bedingt durch die Konkurrenzsituation – gekennzeichnet durch den Zwang zu einer weitgehenden Mechanisierung und Technisierung. Die ständig sinkenden Preise auf dem Com putersektor machen die CNC-Steuerungen besonders für den Großmaschinen- und Schiffbau attraktiv. Rüst- und Nebenzeiten lassen sich damit ebenfalls deutlich verringern, d. h. technische Wer-tigkeit und Wirtschaftlichkeit nehmen zu.

± 1,2± 1,5± 2,3± 3,0± 3,7± 4,5

± 1,1± 1,4± 1,9± 2,6± 3,4± 4,1

± 0,9± 1,3± 1,8± 2,5± 3,3± 4,0

± 0,8± 1,1± 1,8± 2,5± 3,2± 4,0

> 3,15 bis 6,3> 6,3 bis 10> 10 bis 50> 50 bis 100> 100 bis 150> 150 bis 200

2

± 0,5± 0,7± 1,0± 1,7± 2,3± 3,0

± 0,5± 0,7± 0,8± 1,4± 2,15± 2,7

± 0,4± 0,6± 20,7± 1,3± 2,0± 2,7

± 0,4± 0,6± 0,6± 1,3± 1,9± 2,6

> 3,15 bis 6,3> 6,3 bis 10> 10 bis 50> 50 bis 100> 100 bis 150> 150 bis 200

1

315 bis < 1000125 bis < 31535 bis < 12510 bis < 35

Grenzabmaße für Nennmaße in mmWerkstückdicke

mm

Toleranz-klasse

Tabelle 4-9. Grenzabmaße für Nennmaße (DIN EN ISO 9013) in Abhängigkeit von der Toleranzklasse. Diese gelten nur für Teile, deren Seitenverhältnis (l:b = Länge:Breite) höchstens 4:1 beträgt.

Beispiel: Schnittdicke a = 60 mm, Abmessungen des auszuschneidenden Bauteils (Rechteck):l = 800 mm, b = 100 mm, Toleranzklasse 1, die Grenzabmaße des geschnittenen Teils betragen: l = 800 ± 1,7 mm, b = 100 ± 1,3 mm. Bei einer geforderten Qualität Bereich 2 der Schnittfl äche darf nach Bild 4-188 u maximal 0,6 mm, die Rautiefe Rz5 maximal 80 mm betragen.

➋ ➌ ➍➊z. B.

ISO 9013 - 342

Page 123: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden 367

4.9.2 Plasmaschneiden

Die Verfahrensgrundlagen sind in Abschn. 3.6 be-schrieben. Das für diese Verfahrensgruppe entschei-dende und charakteristische Merkmal ist die starke Konzentration des Lichtbogens durch die einschnü-rende Wirkung einer wassergekühlten Kupferdüse und (oder) den Plasmastrahl fokussierender Gase. Die erreichbaren Temperaturen liegen je nach Ver-fahrensvariante zwi schen 20 000 K und 30 000 K. Ein typischer Un ter schied zum Brennschneiden ist der Ursprung der erforderlichen Energie. Beim Plas-maschneiden wird die Schnittfuge ausschließlich durch die von außen zugeführte Energie erzeugt, die konduktiv vom Plas ma auf die Schnittfl äche über-tragen wird. Durch die kinetische bzw. thermi sche Energie des Plas ma strahls wird der Werkstoff ge-schmolzen (und/oder verdampft) und herausge-schleudert. Anders als beim Brennschneiden ent-steht keine zusätzliche Ver bren nungswärme. Da-raus erge ben sich zwei wich tige Verfahrenskenn-zeichen der Plasmaschneid ver fah ren:– Der Schneidprozess ist im Wesentlichen nur an

die Bedingung geknüpft, dass schmelzbare me-tallische Werkstoffe vorliegen. Mit dem übertra-genen Lichtbogen lassen sich allerdings nur lei-tende Werkstoffe (Metalle) trennen, weil sie im Schneidstromkreis liegen (s. Bild 3-59a)). Plas-maschneiden lässt sich daher für alle nicht brenn-schneidbaren Werkstoffe erfolgreich einsetzen.

– Als Folge der fehlenden Verbrennungswärme, die insbesondere die Fortsetzung des Schnittvor-ganges in Wanddickenrichtung ermöglicht, ist die maximale Schnittdicke auf etwa 150 mm begrenzt.

Das Plasmaschneiden wird bevorzugt zum Trennen aller nicht brennschneidbaren Werkstoffe eingesetzt. In erster Linie sind das die NE-Metalle wie Alu mi-nium und Aluminium legierungen, Kupfer und die hochlegierten Stähle. Aber auch zum Schneiden un legierter Stähle ist das Ver fahren sehr geeignet, insbesondere bei Anwen dung bestimmter Verfah-rensvarianten und Schneidgase.

Allerdings ergeben sich auch eine Reihe bemer-kenswerter Nachteile, deren Auswirkungen aber erheblich von der Verfahrensvariante abhängen:– hohe Arbeitsgeräusche, bis ca. 105 dB(A),– verfahrenstypische leicht V-förmige Schnittfu-

gen sind unvermeidbar,– starke UV-Strahlung,

– erhebliche Rauch- und Gasentwicklung (Ozon, Stickoxide, Metallstäube).

In den meisten Fällen sind also für den gefahrlo sen Betrieb aufwändige Schutz- bzw. Entsorgungs maß-nahmen erforderlich.

Die maximal trennbare Werkstückdicke und die er-reichbare Schnittfl ächengüte hängen praktisch von der begrenzten Möglichkeit ab, den Plasmastrahl stabilisieren und formen zu können. Diese Ein schrän-kungen sind z. T. durch die Verfahrensvariante und das Schneidgas beeinfl ussbar.

Als Schneidgase werden Argon, Wasserstoff und in begrenztem Umfang Stickstoff verwendet. Die wichtigsten Anforderungen an ein als Schneidgas geeignetes Gas sind– möglichst große Wärmeleitfähigkeit und– hohes Atom- bzw. Molekulargewicht.

Die Wärmeleitfähigkeit ist für die Energieübertra-gung auf das Werkstück eine entscheidende Kenn-größe. Das Atomgewicht erhöht den Impuls bzw. die kine tische Energie des Plasmastrahles, d. h. des-sen Fä higkeit, den fl üssigen Werkstoff aus der Schnitt-fuge zu trei ben. Hinsichtlich der Schnittfl ä chen qua-lität und der erreichbaren Schnittge schwin digkeit ist ein Ar-H

2-Gemisch mit 60 % Ar und 40 % H

2

optimal. H2-Gehalte über 50 % können zu Insta-

bilitäten des Plasmastrahles führen und sind daher grundsätzlich nicht zu emp fehlen. Schneiden mit reinem Argon ergibt zwar sehr hohe Schnitt fl ächen-qualitäten, es wird aber wegen der sehr geringen Schnitt geschwindigkeit in der Praxis nur selten ver-wendet. N

2-Zusätze (Ar-N

2- bzw. Ar-H

2-N

2-Ge mi-

sche) erwei sen sich aus folgenden Gründen als über-wie gend nach teilig:– Die Schnittfl ächenqualität nimmt ab.– Die Ausbildung der Schnittfuge wird merklich

V-förmig, parallele Schnittfugen sind nicht er-reichbar.

– Die maximale Schnittgeschwindigkeit nimmt ab.– Starke Rauchentwicklung und die Bildung gif-

tiger Stickoxide erfordern eine aufwändige Ab-saugung bzw. Entsorgung, die die Verfahrens-kosten erheblich erhöhen.

– Die Schnittfl ächen sind nicht mehr metallisch blank.

Lediglich bei manuellen Schnitten im Dünnblech-be reich kann ein Verringern der Schnittge schwin-

Page 124: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

368 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

digkeit sinnvoll sein. Außerdem wird durch N2-Zu-

satz die Neigung zur Bartbildung an der Schnitt fl ä-chenunterkante verringert.

4.9.2.1 VerfahrensvariantenDie konventionelle Ar-H

2-Plasmatechnik, auch Fein-

strahl- oder »Spitzenelektrodentechnik« ge-nannt, wird hauptsächlich zum Trennen hochlegier ter Stäh-le und Aluminium verwendet. Infolge der ange spitz-ten Wolframelektrode entsteht bei einem gerin gen Schneidstrom ein sehr konzentriertes Plasma, mit dem schmale Schnittfugen und eine hervor ra gende Schnittfl ächenqualität erzeugbar sind. Ein erhebli-cher Nachteil beim Schneiden unlegierter und hoch-legierter Stähle mit dieser Verfahrensvari an te ist die deutliche Bartbildung an der Schnitt kan ten un-terseite im Schnittdickenbereich < 4 mm. Der Bart ist nur durch zusätzliche Nachar beit zu besei tigen, das Verfahren daher sehr viel teurer und unwirt schaft-li cher.

Plasma-Pressluftschneiden Dieses Problem kann durch die Verwendung von trockener, ölfreier Druckluft als Plasmagas beseiti-gt werden. Die Wirkung führt man auf die Anwesen-heit von Sauerstoffi onen im Plasma zurück, die of-fenbar die Schmelzenviskosität verringern. Das Aus-treiben der jetzt dünnfl üssigen, feintropfi gen Schmel-ze an der Materialunterseite wird sehr erleichtert und damit die Bartbildung erschwert. Die leicht tem-pe ratursteigernde Wirkung des Luftsauerstoffes soll-te nicht überbewertet werden. Gleichzeitig sind die Schnittfl ächen an Werkstoffen aus unlegiertem Stahl qualitativ hochwertig und die Schnittge schwin dig-keiten außerordentlich groß 6).

Die oxidierende Wirkung des im Plasmagas vor han-denen Sauerstoffs erfordert den Einsatz oxi da tions-beständiger, hochschmelzender Elektroden werk-stoffe (Wolfram scheidet völlig aus). Zirkonium- und Haf niumlegierungen haben sich für diesen Zweck bewährt. Ihre im Vergleich zu Wolfram deut lich ge-ringere Schmelztemperatur zwingt zu einer inten-siven Kühlung der fl ächig ausgebildeten Elek trode (geringere Stromdichte als bei einer »Spitzen elek-tro de«) und der Kupferdüse. Trotzdem wird durch die hohe thermische Beanspruchung die Bren ner-leistung auf etwa 30 kW begrenzt.

Ein entscheidender Nachteil dieser Verfahrens vari-ante ist die absolute Notwendigkeit, die in gro ßem Umfang entstehenden giftigen Gase Ozon und Stick-oxide, durch eine aufwändige Absauganlage mit nachgeschalteter Nassfi ltration zu entsorgen.

Plasma-WasserinjektionsschneidenAnstelle des die Umwelt erheblich belastenden Plas-ma-Pressluftschneidens hat sich für das Trennen un-legierter und hochlegierter Stähle weitgehend das Plasma-Wasserinjektionsschneiden durchge setzt. Durch besondere konstruktive und verfahrens tech-nische Maßnahmen ist der Aufwand für die Dampf- und Rauchentsorgung und den Lärm- und Strah-lenschutz außerordentlich gering. Die Investi tions-kosten sind allerdings erheblich und der Umgang mit diesem Verfahren gewöhnungs be dürftig, weil i. Allg. mit großen Wassermengen gear beitet wird.

Die Düsenkonstruktion besteht aus einem kupfer-nen Düsenkörper (D), der als Anode für den Pilot-licht bogen dient, und einem davor angeordneten Kera mikteil (K), Bild 4-193. Der als Plasmagas ver-wen dete Stickstoff (N

2) wird tangential in den Raum

zwischen Elektrode (E) und Kupferdüse geblasen. Dadurch schnürt sich der Plasmastrahl ein und wird in Rota tion versetzt. Durch den zwischen der Kup-ferdüse und der Keramikscheibe vorhande nen Ring-spalt wird außerdem Wasser radial in den Plasma-strahl injiziert, der eine weitere Strahlkon zentra tion her vorruft. Nur etwa 10 % des Wassers verdampft, der Rest verlässt den Brenner und kühlt ihn sehr

6) Unlegierter Baustahl, Schnittdicke 5 mm, kann z. B. mit einer 30-kW-Schneidanlage mit ca. 5000 mm/min ge-schnitten werden.

Bild 4-193Verfahrensprinzip des Plasma-Wasserinjektionsschneidens, schematisch.

Page 125: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden 369

intensiv. Der Brenneraufbau ist daher unkompli-ziert, die erreichbaren Standzeiten sind mit keiner anderen Verfahrensvariante erreichbar. Der austre-tende Was serstrahl kühlt gleichzeitig das Werkstück, ver hin dert die Oxidbildung, reduziert entscheidend den Ver zug der Bauteile und die Breite der ther-misch beeinfl ussten Zone im Bereich der Schnitt-fl äche.

Ein Teil des in das Plasma eingespritzten Wassers dissoziiert. Die entstehenden Sauerstoffi onen sind die Ursache für bartfreie hochwertige Schnittfl ä-chen auch an unlegierten Baustählen. Der Elektro-denwerkstoff E (Zirkonium, Hafnium) muss der an-greifenden Wirkung des Sauerstoffs widerstehen können.

Eine Folge des rotierenden Plasmastrahls ist die un-terschiedliche Abweichung der beiden Schnitt fl ä chen von der Senkrechten. Normalerweise dreht sich der Strahl in Uhrzeigerrichtung. Auf der rechten Seite ist wegen der größeren Anzahl der rekom bi nierten Teilchen die wirksame Energiemenge größer (Re-kombinationswärme) als auf der linken. Diese Er-scheinung ist zu beachten, da bei der »schlechten« rechten Seite Winkelabweichungen von 5 ° bis 8 ° entstehen, auf der »guten« linken nur etwa 2 °. Durch richtige Wahl der Schneidrichtung bzw. des Umfah-rungssinnes muss dafür gesorgt werden, dass die rechte Seite immer im Abfall liegt.

Das Verfahren ist sehr umweltfreundlich und mit einem geringen Belästigungsgrad für die betei ligten Personen verbunden. Es wird entweder betrie ben – innerhalb einer geschlossenen Wasserglocke (M

= Water-Muffl er) oder – in einem Wasserbehälter unterhalb der Wasser-

oberfl äche (Bild 4-193). Das Wasserbecken muss dann das größte zu schneidende Werkstück auf-nehmen können.

Die Vorteile beider Verfahrensvarianten sind:– Die entstehenden Schadstoffe (Rauche, Gase)

werden vom Wasser aufgenommen, die Schad-gase (Ozon, Stickoxide) zum größeren Teil im Wasser gebunden.

– Die UV-Strahlung wird durch das Wasser soweit absorbiert, dass keine besonderen Schutzmaß-nahmen erforderlich sind.

– Der Lärmpegel wird beim Trennen im Was ser-becken auf ungefährliche 75 bis 80 dB(A) redu-ziert.

– Durch das völlige bzw. teilweise Eintauchen der zu schneidenden Bleche in Wasser ist die ther-mische Beeinfl ussung der Werkstücke (Verzug, Maßhaltigkeit, Breite der Wärmeeinfl usszone) sehr gering.

4.9.3 Laserschneiden

Je nachdem, welche Zustandsänderung der die Schnittfuge bildende Werkstoff erfährt, unterschei-det man das Laser-Brennschneiden, Laser-Schmelz-schneiden und das Laser-Sublimierschneiden. Die Art des verwendeten Schneidgases und die Leistung der Schneidanlage bestimmen weitgehend die Form der Zustandsänderung. Die letzte Verfahrensvarian-te ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum realisier-bar, da die erforderliche extreme Fokussierung des Laser strahles noch nicht möglich ist.

Das Verfahren wird überwiegend zum Trennen ein-gesetzt, zum Schweißen sind deutlich höhere Strahl-leistungen erforderlich. Als prinzipieller Ver fah rens-nachteil sind die sehr hohen Investitionskosten und der geringe Wirkungsgrad des Laserstrahlers zu nen-nen, der beim CO

2-Laser maximal 20 % beträgt 7).

4.9.3.1 Verfahrensprinzip Für schweißtechnische Anwendungen ist vor allem der CO

2-Gaslaser wegen der großen erreichbaren

Ausgangsleistungen (größer 1000 W) und des sehr guten Wir kungsgrades (15 % bis 20 %) von Bedeu-tung 8). Der Mechanismus des Lasereffekts 9) ist kom-pliziert. Er soll im Folgenden nur sehr pauschal be-schrieben werden.

Das Medium der Festkörperlaser besteht aus einem Festkörper (Kristall oder Glas) und der in ihm ein-gelagerten aktiven Substanz ( Dotierung, z. B. Cr+++). Beim CO

2-Laser ist das aktive Medium ein strömen-

des Gemisch aus CO2-He-N

2. Der grundlegende

Vorgang des Lasereffektes ist die Anregung des ak-

7) Der Wirkungsgrad von Festkörperlasern ist noch erheblich geringer. Er beträgt z. B. beim Rubinlaser nur etwa 1 %.

8) Außer den Gaslasern werden noch Festkörperlaser ver-wendet. Die wichtigsten sind der Rubinlaser und der Neo-dym-Yttrium-Aluminium-Granatlaser (YAG).

9) Das Kunstwort »Laser« wurde aus den Anfangsbuchsta-ben von »Light Amplifi cation by stimulated Emission of Ra diation« gebildet. Frei übersetzt bedeutet dies etwa: Lichtverstärkung durch erzwungene Emission von Strah-lung.

Page 126: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

370 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

tiven Mediums durch äußere Energiezufuhr, z. B. durch eine Gleichspannung beim CO

2-Laser. Die

dadurch auf äußere Bahnen (höhere Energieni-veaus!) gehobenen Elektronen kehren nach etwa 10 −8 Sekunden wieder auf ihre Grundbahnen zu-rück, wobei die absorbierte Energie in Form von Licht wieder abgestrahlt wird. Dieser Vorgang ist normalerweise spontan, d. h., das emittierte Licht ist inkohärent, nicht in Phase und wird in alle Rich-tungen regellos abgestrahlt. Der statistische Emis-sionsprozess geht von einer Vielzahl von Atomen un-geordnet und unabhängig voneinander aus. Diese Vorgänge sind z. B. charakteristisch und bestim-mend für die Funktion der Glühbirne.

Das Laserprinzip erfordert die erzwungene und ge-ordnete Emission. Sie wird durch »Anheben« der Elektronen auf die oberste Schale ermöglicht und eingeleitet (»Pumpen«). Die technische Realisie-rung dieser Vorgänge geschieht in einem optischen Reso nator, Bild 4-194. Die Anregung des im Re-sonator strömenden CO

2-N

2-He-Gemisches erfolgt

mit der Energie einer elektrischen Gasentladung. Die emittierte Laserstrahlung mit der Wellenlänge von 10,6 μm liegt im infraroten Bereich, d. h., sie ist nicht sichtbar 10). Von der in jede Richtung emit-tierten Strahlung wird der in Achsrichtung des Reso-nators verlaufende Teil an dessen Endspiegeln re-fl ektiert. Dieser Anteil trifft auf weitere angeregte CO

2-Mo le küle und erzwingt so eine weitere lawinen-

artig an wachsende Emission (Laserstrahlung). Die ge sam te emittierte Strahlung ist pha sen- und ampli-tuden gleich, also monochromatisch und kohärent. Sie wird solange verstärkt, bis ihre Intensität den »Durch bruchswert« des einen halb durch lässigen Endspie gels erreicht hat. Der Laserstrahl verlässt jetzt den Resonator und wird über einen Umlenk-spiegel und eine Infrarotoptik (Gallium-Arsenid-Halbleiter) auf das Werkstück fokussiert. Er erzeugt hier einen Brennfl eck von 0,1 mm bis 0,5 mm mit einer Lei stungsdichte von bis zu 5 MW/cm2. Den fokussierten Laserstrahl umgibt zentrisch ein von der Art des zu trennenden Werkstoffs abhängiges Schutzgas. Des sen Aufgabe besteht hauptsächlich darin, die Schmel ze aus der Schnittfuge zu blasen. Zum Tren nen nichtmetallischer Werkstoffe wird Stickstoff ver wen det, der ein Verbrennen verhin-dert. Bei Stäh len und Metallen beschleunigt Sau-

erstoff durch die freiwer dende Verbrennungswär-me den Schneidvor gang.

Der auf die Werkstoffoberfl äche auftreffende Laser-strahl kann refl ektiert, absorbiert oder hindurch ge-lassen werden. Nur durch Absorption kann der Werk-stoff erwärmt werden. Das Absorptionsverhalten wird u. a. durch die Art der Legierungselemente und die Oberfl ächenbeschaffenheit beeinfl usst. Die meisten Metalle absorbieren im sichtbaren und nahen Infrarotbereich (Wellenlänge < 1 μm) bis zu 40 % der Strahlung. Metalle mit hohem Refl exions- oder niedrigen Absorptionsvermögen (z. B. Au, Ag, Al, Mg, Cu) sind daher nur bedingt laserschneidbar. Nichtmetallische Werkstoffe (Glas, Quarz, Kunst-stof fe, Holz, Leder, Pappe, Plexiglas, keramische Werkstoffe!) verhalten sich umgekehrt. Sie sind im sichtbaren Bereich praktisch transparent, im Infra-rotbereich können sie bis zu 96 % der Strahlung ab-sorbieren. Die Anzahl und die Unterschiedlichkeit der mit dem Laser schneidbaren Werkstoffe werden damit von keinem anderen Trennverfahren erreicht. Für die Wirksamkeit des Schneidprozesses ist außer-dem die Art der Leistungsdichteverteilung über den Strahlquerschnitt wichtig. Die erwünschte Gauß-sche Amplitudenverteilung ist z. B. Voraussetzung für eine gleiche Schneidgeschwindigkeit in jeder Rich tung.

4.9.3.2 Verfahrensmöglichkeiten und GrenzenDie große Leistungsdichte des Laserstrahles (8 ⋅108 bis 10 ⋅108 W/cm2) macht das Laserschneiden be-sonders geeignet zum Trennen von Blechen mit ge-ringen Wanddicken (< 1 mm bis 4 mm). In diesem Wanddi cken bereich ist eine konzentrierte, punktför-mige Wärmequelle ein entscheidender Verfahrens-vorteil. Die Schnittfugenbreite beträgt nur 0,1 mm bis 0,5 mm, die Schnittfl ächengüte ist hervorragend und der Verzug der geschnittenen Bauteile sehr ge-ring. Das Verfahren füllt damit bei metallischen Werk-stoffen im Wanddickenbereich der Fein- und Dünn-bleche (≤ 4 mm) eine Anwendungslücke. Mit ande-ren Verfahren lassen sich Halbzeuge dieser Dicke nicht oder nur unwirtschaftlich trennen. Bild 4-195 zeigt die An wendungsgrenzen verschiedener ther-mischer und mechanischer Trennverfahren. Im Dünn-blechbereich – als typischer Anwendungsbe reich kann stell vertretend die Automobilindustrie genannt werden – konkurriert das Laserschneiden sehr er-folgreich mit dem Nibbeln (und dem Wasser strahl-schneiden). Je komplizierter die zu schneiden den Kon turen sind, desto wirtschaftlicher ist das Verfah-

10) Die Wellenlänge des sichtbaren Lichts liegt im Bereich zwischen 0,4 μm und 0,8 μm.

Page 127: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.9 Thermisches Schneiden 371

Schneidkopf

Kühlmittel

Lasergas

Kühlmittel

Schneid- bzw.

Schutzgas

Kühlmittel

Lasergas

Kühlmittel

Lasergas

Lasergas

Lasergas

Lasergas

Kühlmittel

Kühlmittel

Endspiegel

Bild 4-194Schematischer Aufbau eines CO

2-Gaslasers mit gefaltetem

Resonator und Bearbeitungskopf zum Schneiden bzw. Schwei-ßen (nach Messer Griesheim).

Bild 4-195Anwendungsgrenzen thermischer und mechanischer Trennverfahren zum Formschneiden metallischer und nichtmetallischer Werkstoffe (nach Messer Griesheim).

Wasserstrahlschneiden

0,1 1 10 100 1000

unlegierter u. niedriglegierter Stahl

hochlegierter Stahl

Aluminium u. Legierungen

Nichtmetalle

Kupfer

Titan

begrenzt

CO 2 - Laser

(0,2 - 10 kW)

Plasma

(500 A, 100 kW)

Autogenes

Brennschneiden

Scherschneiden

Stanzen

Scherschneiden

Nibbeln

mm

Werkstückdicke

Page 128: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

372 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

ren. Es bietet eine Reihe wesentlicher Vortei le ge-genüber herkömmlichen Methoden:– Es sind keine i. Allg. sehr teuren Werkzeuge er-

for derlich.– Nacharbeit der Schnittfl ächen kann in den mei-

sten Fällen entfallen.– Die Schnittgeschwindigkeiten sind sehr hoch,

Bild 4-196. Mit einem 500 W-CO2-Laser beträgt

die Schnittgeschwindigkeit an einem 2 mm di-cken Stahlblech etwa 2500 mm/min.

– Damit ergeben sich deutlich geringere Bearbei-tungs zeiten.

– Die Arbeitsgeräusche sind verglichen mit me-chanischen Trennverfahren sehr gering, d. h. gesundheitlich unbedenklich.

Eine entscheidende Voraussetzung für hochwertige Schnit te sind ruckfreie, mechanisch und elektrisch hochwertige Koordinatenantriebe, die möglichst mit einer nummerischen Bahnsteuerung ausgerüs-tet sind. Als Führungsmaschine wird häufi g die sehr stabile Portalmaschine eingesetzt.

4.10 Wasserstrahlschneiden

4.10.1 Einleitung

Die verschiedenen Trenntechnologien wie Sägen, Scheren, Stanzen, thermische Trennverfahren (auto-genes Brennschneiden, Plasma-, Laserschneiden) werden seit vielen Jahren in der Produktionstechnik angewendet. Seit einigen Jahren fi ndet das Wasser-strahlschneiden aufgrund seiner vielen Vorteile ver-stärkt Eingang in die Praxis.

Flüssigkeitsstrahlen als Schneidwerkstoff wurden bereits seit mehr als hundert Jahren zum Abtragen von Werkstoffen, z. B. zum Abbau von Kies- und Tonablagerungen eingesetzt, aber auch in den kali-fornischen Goldminen wurden sie verwendet, um Goldadern von Gestein und Erdreich zu trennen. Et-wa ab 1930 verwendeten amerikanische und rus-sische Ingenieure diese Technologie im Berg bau und zum Putzen von Gussstücken, wobei mit Was-ser drücken von etwa 100 bar gearbeitet wurde. Das erste Patent erhielt Norman Franz für ein Hoch-druck-Wasserstrahl-Schneidsystem, das noch mit bescheidenen 700 bar Arbeitsdruck betrieben wur-de. In den Jahren 1968/70 trennte ein amerikanischer Flugzeughersteller die besonders auf hohe Tempe-raturen, Drücke und spanende Bearbeitung kritisch reagierenden Faserverbund-, Waben- und Schicht-werkstoffe mit dem Wasserstrahlschneiden. Mit an-deren konventionellen Verfahren wird beim Tren-nen die Struktur (d. h. die Gebrauchseigen schaften) dieser Werkstoffe bis zur Unbrauchbarkeit zerstört. Der entscheidende Durchbruch gelang um 1980 mit der Beimischung von Fest stoffpartikeln (Wasser-strahl-Abrasiv-Schneiden) zum Druckwas serstrahl.

Bild 4-196Erreichbare Schnittgeschwindigkeiten verschiedener ther-mischer Schneidverfahren.––––– Stahl, – – – – austenitischer Cr-Ni-Stahl.a) CO

2-Laserschneider (1 kW)

b) Plasmaschneiden (50 A bis 500 A)c) autogenes Brennschneiden

0,1

1

10

20

Schnittg

eschw

ind

igkeit

m

min

1 10 100 400

a)

b)

c)

mm

Schnittdicke

Druckübersetzer

Öltank

Ölpumpe Elektromotor

Wasser vom Leitungsnetz

(meist aufbereitet und gefiltert)

zur Wasserstrahlschneiddüse

Speicher

Bild 4-197 Schematische Darstellung des Hochdruckpumpensystems zum Wasserstrahlschneiden.

Page 129: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.10 Wasserstrahlschneiden 373

Mit dieser Verfahrensvariante lassen sich die kom-pakten, harten und spröden Werkstoffe (sämtliche Metalle, Glas, Keramik, Gestein, Faserverbundwerk-stoffe, Holz, Kunststoffe) trennen.

4.10.2 Verfahrensgrundlagen

4.10.2.1 Physikalische GrundlagenDie im Schneidstrahl enthaltene kinetische Energie wird beim Auftreffen auf die Werkstückoberfl äche in potenzielle umgewandelt, die sie stoßartig bean-sprucht. Die dadurch hervorgerufenen Spannungen haben elastische bzw. plastische Verformungen zur Folge, die zur örtlich begrenzten Zerstörung der Werk- stoffoberfl äche führen. Der Strahl reißt an-schließend mikroskopisch kleine Werkstoffteilchen aus dem Material und arbeitet sich dabei immer tief-er in das Werkstück hinein. Der abrasiv wirkende Strahl schiebt auf seinem Weg im Werkstück Ab-raumpolster vor sich her und verliert aufgrund der großen Reibungsverluste an den Schnittfl ächen mit wachsender Schnitttiefe ständig an Energie, wo-durch die Schnittgüte (Rauigkeit) mit der Schnitt-dicke kontinuierlich abnimmt. Ähnlich wie bei dem »Werkzeug« Brenn schneidstrahl kommt es auch hier zu einer ausge prägten Riefenstruktur und einem mit zunehmender Werkstückdicke größer werdenden »Rillennach lauf«. Für die folgenden Hinweise soll die Flüssig keits strömung als inkompressibel und in-nerhalb der Dü se als reibungsfrei angesehen wer-den. Unter der Voraussetzung einer rotationssym-metrischen Strö mung und einer über den Querschnitt konstant ver teilten Geschwindigkeit ist die Strahl-leistung am Dü sen austritt

P A� � �r v3

2. [4-78]

Hierin bedeutenP Strahlleistung in W, r Dichte der Flüssigkeit in kg/m3, A Querschnittsfl äche des Strahls in m2,v Strahlgeschwindigkeit in m/s.

Der extrem große Einfl uss der Strahlgeschwindig-keit (v3!) auf die Strahlleistung und damit auf die Schneidleistung ist offenkundig.

Setzt man für die Querschnittsfl äche des Strahls den Düsenquerschnitt ein und die Strahlgeschwindigkeit annähernd nach der Bernoulli-Beziehung an, dann erhält man

P d p� � � �π4

202 1 5

r, . [4-79]

Es bedeutend

0 Düsendurchmesser in m,

p Flüssigkeitsdruck vor der Düse in N/m2.

Die bei gegebener Flüssigkeit (r) nur von d0 und p

abhängige Leistung P einschließlich der Verlust leis-tung muss der Druckerzeuger aufbringen.

Prinzipiell lassen sich alle pumpbaren Flüssigkeiten verwenden. Aufgrund seiner hohen Verfügbarkeit, seiner geringen Kosten und seiner physiologischen Unbedenklichkeit wird überwiegend Wasser ver-wendet. Lediglich in der Lebensmittelindustrie wer-den manchmal spezielle Öle eingesetzt.

4.10.2.2 Technologische GrundlagenDer Druckerzeuger muss einen regelbaren Flüs sig-keitsstrom mit einem konstanten an den Anwen-dungsfall anpassbaren Druck liefern, der im Fall des Wasserstrahlschneidens zwischen 1000 bar und 4000 bar liegt.

SchneidsystemFür große Fördermengen und Drücke bis etwa 2000 bar werden mechanisch angetriebene Plungerpum-pen verwendet, die einen hohen Wirkungsgrad (70 bis 80 %) besitzen, aber wegen der ungleichförmi-gen Kolbenbewegung einen nicht konstanten För-der strom erzeugen. Höchste Schneidwasserdrücke (im Bereich 3000 bis 4500 bar) werden mit hydrau-lisch angetriebenen Kolbenpumpen realisiert. Bild 4-197 zeigt schematisch ein Wasserstrahlschneid-system. Das aus dem Leitungsnetz zugeführte Was-ser wird zunächst mit Hilfe eines umgekehrten os-motischen Prozesses deionisiert, wodurch gelöste Feststoffe wie Eisen und Calcium entfernt werden. Danach durchläuft das Wasser einen Mikrofi lter, der Partikel über einer Größe von etwa 45 μm besei-tigt. Dieser große Aufwand ist erforderlich, weil die genannten Fremd stoffe die Lebensdauer der teuren Hochdruck kom ponenten und der Schneiddüse sehr stark beein träch tigen.

In der Hochdruckpumpe treibt ein Elektromotor ei-ne selbstregelnde Ölpumpe an und erzeugt im Hy-drauliköl etwa 200 bar, mit dem die Pri mär seite des Druckübersetzers beaufschlagt wird. Entsprechend dem Flächenverhältnis (etwa 20:1) wird das Schneid-wasser auf der kleineren Sekun där seite auf etwa

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374 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4000 bar verdichtet. Der Druck übersetzer ist dop-pelt wirkend, d. h., jeweils eine Sei te fördert Druck-wasser, während die andere Was ser ansaugt. Wegen des hierdurch entstehenden dis kontinuierlichen För-derstroms wird nach dem Druck behälter ein Puffer (Speicher) angeordnet. Das ver dichtete Schneidwas-ser gelangt über eine fl exible Hoch druckleitung zur Schneiddüse.

SchneidkopfDas Hochdruckwasser wird der Schneiddüse zuge-führt. Aus der Düsenbohrung mit einem zwischen 0,1 und 0,35 mm liegenden Durchmesser tritt der Wasser strahl mit einer Strömungsgeschwindigkeit von bis zu 900 m/s (entspricht etwa der 2,5 fachen Schall geschwindig keit) aus und trifft auf den unter der Düse liegenden Werkstoff. Als Folge des sehr gerin gen Düsendurchmessers treten in der Düse erheb liche Reibkräfte auf, die zusammen mit der hier erfolgenden starken Druckabsenkung (Gefahr der Kavitation) für einen erheblichen Verschleiß des Dü senwerkstoffs sorgen. Diese extreme Beanspru-chung macht die Wahl sehr verschleißfester Düsen-werkstoffe wie z. B. Saphir, Rubin oder Diamant erforderlich.

Wasserstrahlschneiden mit ReinwasserMit diesem mit Reinwasser arbeitenden Verfahren werden weiche Werkstoffe (Kunststofffolien, Texti-lien, Elastomere, Thermoplaste, Papier, Faserstoffe, Schaum- und Dämmstoffe, Lebensmittel) mit Vor-schubgeschwindigkeiten bis zu 200 m/min getrennt (Bild 4-198). Die sehr geringe Schnittwärme und die trotz extremer Energiedichte sehr kleinen Schnitt-

und Reaktionskräfte sind die wichtigsten Gründe, die eine Bearbeitung weicher und nachgiebiger Werkstoffe erlauben, ohne ihre empfi ndliche Struk-tur zu zerstören.

Das Werkstück liegt dabei auf dem Schneidrost, der sich in einem Wasserbecken befi ndet. Die gewünsch-te Kontur wird mit dem Schneidkopf abgefahren, der in einer Führungsmaschine, einem Robo ter oder einem 2D- (bzw. seltener einem 3D-Mehr achsen-) CNC-Portal integriert ist, das die Bahnsteu erung für den Gesamtablauf übernimmt.

Aufgrund der kleinen Schnitt- und Reaktionskräfte sind zeit- und gerätetechnisch nur wenig aufwändige Spann- und Fixiermaßnahmen für den zu tren nen-den Werkstoff bzw. die auszuschneidenden Teile erforderlich. Im Wesentlichen müssen die Tafeln/Schnittteile gegen die dissipativen Kräfte des expan-dierenden Wasserstrahls gesichert werden. Die bei anderen (thermischen) Trennverfahren als Folge von Temperaturdifferenzen entstehenden Kräfte tre ten hier kaum auf. Weiterhin erzeugt der Wasserstrahl keinen direkten Anpressdruck auf den Werkstoff, weil die mechanischen Reaktionen im Mikro bereich statt fi nden, d. h., der Werkstoff wird nicht deformiert, also auch nicht »verschoben«.

Das weitgehend spannungsfreie Trennen, verbun-den mit sehr geringen Schnittbreiten (in der Größen-ordnung des Düsendurchmessers!), ermöglicht ein bei den thermischen Trennverfahren nicht mögliches Maß der Bauteilverschachtelung im Trennplan und Verzugsfreiheit der Schnittteile. Die bessere Ausnut-zung des Werkstoffs verringert den Verschnitt und die Stückkosten.

Bild 4-198Prinzip des reinen Wasserstrahlschneidens.

Hochdruck-

Schneiddüse

zu trennender

(Ø � 0,1 � 0,35 mm)

(� 4000 bar)

vom Hochdruck-

Werkstoff

wasser

pumpensystem

Bild 4-199Prinzip des Wasserstrahl-Abrasiv-Schneidens.

Mischrohr

Hochdruck-

Abrasivzusatz:

Schneiddüse

Schneidstrahl

zu trennender

vom Hochdruck-

(Paserrohr)

wasser

(s. Bild 4-193)pumpensystem

Granat, Olivin

Werkstoff

(Ø � 0,1 � 0,35 mm)

Page 131: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.10 Wasserstrahlschneiden 375

Das Wasserstrahlschneiden eignet sich besonders gut zum Erzeugen komplexer Konturen der Schnitt-tei le, die sich in nahezu beliebigen Formen herstel len lassen. Scharfe Kanten, Hinterschnitte, schräge Schnittkanten, spitze Winkel, Einstechen von Lö-chern, beliebiges Starten des Schneidvorgangs (Ein-stechen, fl iegender Start von der Werkstückkante) sind leicht realisierbar.

Das Verfahren ist sehr umweltschonend, sauber, nicht sonderlich lärmintensiv, erzeugt keinerlei Spä-ne, Schleifstäube, toxische Gase oder Luftverschmut-zungen. Es sind keine Schneidemulsio nen erforder-lich. Das zum Schneidtisch ausgebildete Wasserbe-cken (»Catcher«) dient gleichzeitig zum Absor bieren der Restenergie des Strahls und mindert den Ge-räuschpegel auf ein erträgliches Maß.

Wasserstrahl-Abrasiv-SchneidenZum Schneiden harter, fester und dickwandiger Werkstoffe wird dem Druckwasser feinkörniger (0,2 - 0,5 mm Durchmesser, etwa 150 - 250 g/min) Granat- oder Olivinsand (für weichere Werkstoffe auch Korund) in der Mischkammer zugesetzt, wo-durch eine Mikrozerspanung erfolgt (Bild 4-199). Die hohe Strömungsgeschwindigkeit des Druck-wassers erzeugt in der Mischkammer einen Unter-druck, der das Abrasivmittel ansaugt. Im mecha -nisch sehr hoch beanspruchten Mischrohr (Fokus-sierdüse, Paserrohr, Paser = Particle stream erosion) wird der mit dem Abrasivmittel ver misch te Was-serstrahl erneut gebündelt und auf das Werk stück gelenkt. Die Abtragleistung nimmt mit der Här te und Scharfkantigkeit des Abrasivmittels zu, eben so wirkt eine möglichst konstante Korngrö ßen vertei-lung (Kornfraktion).

Mit dieser Verfahrensvariante lassen sich härtere Ma-terialien wie Stein, (Panzer-)Glas, Keramiken, Gra-fi t, Holz, Marmor und alle Metalle, z. B. gehärteter Werkzeugstahl, Titan, Aluminium, Inconel, Cr-Ni-Stahl, Kupfer und Verbundwerkstoffe trennen. Die aus Werkstoffen mit unterschiedlichen Schmelz-punkten bestehenden Laminate lassen sich nur mit dem Was serstrahlschneiden sauber schneiden!

Auf diese Weise können gehärtete Stähle bis 50 mm, Nichteisenmetalle (Cu, Ni, Ti, Al) bis 120 mm Dicke geschnitten werden.

Beim Trennen der verschiedenartigsten Metalle – sie können bei entsprechender Temperatureinwirkung

härtbar, versprödbar, rissempfi ndlich, schmelzbar und (oder) verbrennbar sein – wird einer der größ-ten Vor teile die ser Schneidtechnolgie deutlich, der »kalte Schnitt«. Die Temperatur im Schnittfl ächen-bereich wird dabei nur wenig höher als die Umge-bungstemperatur. Da mit können »Wärmeeinfl uss-zonen« d. h. Aufhär tun gen bei Stählen, rissbegüns-tigende Eigenspan nun gen, Versprödung durch Gas-aufnahme, die Bildung intermediärer Phasen oder die Maßhaltigkeit der Schneidteile beeinträchtigen-de Verzüge ebensowenig entstehen wie oxidierte Schnittfl ächen und »wärmebehandelte« Gefü ge, d. h. Eigenschaftsänderungen jeder Art.

Als wichtige weitere Vorteile sind zu nennen:– Wegen der geringen Schnitt- und Reaktionskräf-

te sind (auch bei dünnwandigen Werkstof fen!) nahezu gratfreie Schnittfl ächen möglich.

– Kohle- oder glasfaserverstärkte Kunststoffe, re-fl ektierende Werkstoffe (problematisch z. B. bei der Lasertechnologie) lassen sich ebenso einfach trennen, wie aus mehreren Lagen unterschied-licher Werkstoffe aufgebaute Materialien (La-minate).

– Der Wasserstrahl ist ein sich selbst freischnei-dendes »Werkzeug«, ein Verklemmen im Schnitt- spalt ist daher nicht möglich.

– Aufgrund der geringen Temperaturen im Be-reich der Schnittfl ächen entstehen beim Kunst-stoffschneiden keine toxischen Bestandteile.

– Mit dem Wasserstrahl-Abrasiv-Schneidverfahren lassen sich Werkstoffe trennen, die mit keinem anderen Verfahren geschnitten werden können.

4.10.3 Einsatz und Anwendung

Das Werkzeug »Wasserstrahl« ist beim Wasser strahl-schneiden fl exibel und verformbar. Die Makro geo-metrie der Schnittfuge wird daher durch die Stell-größen sowie werkstück- und werkstoffabhängige Bedingungen beeinfl usst. Die Folgen sind unkon-trollierbare Einfl üsse, die die Schnittfl ächenqualität stark beeinträchtigen. Die Änderung der Stellgrößen wirkt sich auf der Werkstückoberseite wesentlich stärker aus als auf der Unterseite. Die Schnittfl ächen-qualität im Bereich des Strahleintritts ist deutlich bes ser als die auf der Unterseite.

Die Maschine muss mit Hilfe geeigneter Regelein-richtungen (»Controller«) die Schnittgeschwindig-keit abhängig vom Schnittweg, dem Werkstoff und

Page 132: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

376 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

der Werkstückdicke so bestimmen können, dass mit den berechneten Einstellwerten (PC-gestützte Be -rechnung) die geforderte Schnittfl ächenqualität er-reicht wird. Die Schnittgeschwindigkeit und die not wen digen negativen/positiven Beschleunigun-gen beim Erreichen/Verlassen von Krümmungen im Schnitt pfad werden bei modernen Regeleinrich-t un gen wegen der weiter unten beschriebenen auf-tretenden typischen »Fehler« mehrere 100 Mal pro Zentimeter Schnittlänge an die Erfordernisse und Vorgaben des Schnittpfads bzw. an die geforderte Schnitt qualität angepasst.

Die wichtigsten die Schnittfl ächenqualität bestim-men den Geometrieabweichungen sind:

Rillennachlauf (»Schleppfehler«) Er nimmt mit der Schnittgeschwindigkeit zu.

Bei geraden Schnitten ist der Einfl uss des Schlepp- fehlers im Hinblick auf die konstruktiven und bauteilbedingten Erfordernisse i. Allg. vernach-lässigbar. Mit abnehmender Krümmung des Schnittpfads nimmt sein Einfl uss (unbrauchbare untere Ränder im Bereich des Radius bzw. der Ecke) kontinuierlich zu. In diesen Fällen ist es notwendig, die Schnittgeschwindigkeit soweit zu verringern, dass der Rillennachlauf abhän-gig vom Krümmungsradius und der Schnittfl ächen-qualität auf zulässige Werte verringert wird. Nach Passieren der Krümmung wird die Schnittge-schwindigkeit erneut auf die Geometrie des nun vorhandenen Schnittpfads eingestellt.

V-förmige Schnittfl ächen Ähnlich wie beim Plasmaschneiden entstehen

auch beim Wasserstrahlschneiden V-förmige Geometriefehler der Schnittfl ächen. Bei sehr großen Schnittgeschwindigkeiten ist die Schnitt-spaltbreite auf der Werkstückoberseite größer als die auf der Unterseite, bei kleinen Schnitt ge-schwindigkeiten verhält es sich umgekehrt. Bei bestimmten dazwischenliegenden Geschwindig-keiten tritt dieser Fehler nicht mehr auf, d. h., die Schnittfl ächen verlaufen parallel.

Der Winkelfehler der Schnittfl ächen nimmt i. Allg. ab mit:– abnehmendem Abstand der Düse von der

Werkstückoberfl äche;– zunehmender Härte des zu trennenden Werk-

stoffs;– zunehmender Qualität des Abrasivsands;

– abnehmender Werkstückdicke;– zunehmender Fokussierfähigkeit der Schneid-

düse. Nur die geometrisch exakte Form der »Dü senbohrung« erlaubt die Bildung eines kohä renten, zylindrischen Flüssigkeitsstrahls. Das ist die entscheidende Voraus setzung für die Erzeugung von Schnitten in dickwandi -gen Werk stoffen mit qualitativ hochwertigen Schnitt fl ächen. In aus Diamant bestehenden Düsen können wegen verschie dener Eigen-heiten sei nes kristallinen Aufbaus sehr schwer (teu er) die erforderlichen kreisrunden Durch-brüche exakt hergestellt werden. Daher wer-den über wiegend Rubin- bzw. Sa phir düsen verwen det.

Das Wasserstrahlschneiden eignet sich zum Schnei-den komplexer Konturen (sehr geringe Schnitt- und Reaktionskräfte treten auf!) in dickwandigen Werk-stoffen, ins besondere dort, wo bisher mechanisch bearbeitet werden musste. Für alle Trennarbeiten an Steinarten, Gläsern, Kunststoffen und Verbund-materialien ist das Verfahren nahezu konkurrenz-los. Es lässt sich besonders vor teilhaft zum Schnei-den aller refl ek tierender und gut wärmeleitenden Materialien (wie z. B. Kupfer, Aluminium, Silber,

Bild 4-200Schneidbare Werkstückdicken verschiedener Werkstoffe bei einigen bekannten Trennverfahren.

160

140

120

100

80

60

40

20

0

Wasserstrahl Plasma

Werk

stü

ckd

icke

d

mm

A B C

D

EAB

A B

C

A

B

C

D

E

E

Cr-Ni-Stähle

verschiedene Legierungen

Baustahl

Verbundstoffe

Marmor/Granit

Trennverfahren

C

Laser

Page 133: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.10 Wasserstrahlschneiden 377

Gold) ein set zen. Der Schneidprozess erfolgt ober-halb bestimm ter Werkstückdicken schneller als mit jedem anderen Ver fahren. Stillstandszeiten für ei-nen »Werkzeug wech sel« entfallen, weil kei ne Schnei-den vorhanden sind, die zu schärfen oder auszu-wechseln sind. Eben sowenig müssen Vorrichtungen und Anlagen zum Beseitigen von Staub oder to-

xischen Rückstän den, die besonders bei der Bear-beitung umweltbela sten der Werkstoffe entstehen, vorgesehen werden.

Bild 4-200 zeigt die schneidbaren Werkstückdicken verschiedener mit dem Wasserstrahlschneiden kon-kurrierender Trennverfahren. Die wesentlich größere trennbare Werkstückdicke des Wasserstrahlschnei-dens ist ebenso bemerkenswert wie die viel größere Anzahl der mit diesem Verfahren trennbaren Werk-stoffe.

Die Schnittgeschwindigkeiten beim Wasserstrahl-schneiden sind im Bereich kleinerer Werkstückdi-cken (≤ 5 bis 10 mm) i. Allg. geringer als bei den kon kurrierenden Trennverfahren Plasma- und Laser-strahlschneiden (Bild 4-201). Für größere Werk-stückdicken ist das Wasserstrahlschneiden (neben den Möglichkeiten einer i. Allg. sehr viel teureren span gebenden Bearbeitung) meistens das einzig mög-liche, weil wirtschaftliche Trennverfahren.

Die Maßtoleranzen und die Beschaffenheit der Schnittfl ächen sind im Wesentlichen von der Höhe des Wasserdrucks, dem Abrasivmittel und in erheb-lichem Umfang von der Schnittgeschwindigkeit ab-hängig. Nach VDI 2906 Blatt 10 werden die Merk-male der Schnittflächenqualität wasserstrahlge-schnittener Bauteile gemäß Bild 4-202 bestimmt.

Üblicherweise werden in der Praxis drei (noch nicht genormte) Schnittqualitäten unterschieden:

Bild 4-202Kenngrößen an Schnittfl ächen von abrasiv-wasserstrahlgeschnittenen Werkstücken in Anlehnung an DIN EN ISO 9013, nach VDI 2906 Blatt 10.

� s = 0,1 s für s < 2 mm

= 0,2 mm für s � � 2 mm

s

�s

M

bG

hG

bO Breite der strahlbeeinflussten Zone

rE Kantenradius (Strahleintrittseite)

hS Glattschnitt

hR Restflächenhöhe

hS /s Glattschnittanteil

M Messbereich zum Bestimmen

von u und

RS Schnittflächenrauheit

hR /s Restflächenanteil

RR Restflächenrauheit

bG Gratbreite

hG Grathöhe

u Rechtwinkligkeits- und

Neigungstoleranz

Flankenwinkel

s Werkstückdicke

rE

a

�s

hS

hR

(hS)

M

sie

he 1

)

�h

�h

RR

RS

(RS)

bOu

� �

s

1) Gemittelte Rauhtiefe Rz,DIN, gemessen bei 0,5 s für s < 2mm

Ist eine durch eine wellenartige Struktur gekennzeichnete Rest-

fläche vorhanden, dann sollte RS bei � h = 0,5 hS und RR bei

� = 0,5 hR gemessen werden.

a

� h

Bild 4-201Abhängigkeit der Schnittgeschwindigkeit von der Werk stück-dicke für Aluminium. Angegeben sind die Werte für das Laser-strahl- und das Wasserstrahlschneiden (nach Hunzicker-Jost).

Schnittg

eschw

ind

igkeit v S

m/min

10

9

7

6

5

4

3

2

1

0,5

0

0 5 10 15 20 30mm

Werkstückdicke d

Laser

(2500 W)

Wasserstrahl

(3500 bar)

Page 134: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

378 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Q1: Grob- oder Trennschnitt Angaben über Toleranzen entfallen.Q2: Normal- oder Mittelschnitt

– Maßtoleranz ± 0,1 mm an der Teileoberkante – Oberfl ächenrauigkeit Rz = 20 bis 50 μm, – Winkelabweichung: 1 ° bis 3 °.

Q3: Qualitätsschnitt – Maßtoleranz ± 0,05 mm an der Teileoberkante, – Oberfl ächenrauigkeit Rz = 10 μm, – Winkelabweichung: 0,5 ° bis 1 °.

Die Schnittfl ächenbreite ist abhängig vom Düsen-durchmesser, dem Wasserdruck, der Abrasivart und -körnung und dem Abstand Düsenunterkante zu Werkstückoberfl äche. Ein guter Näherungswert der Schnittfl ächenbreite ist etwa 1 mm.

Der Hochdruckwasserstrahl lässt sich nicht nur zum Trennen, sondern auch sehr wirtschaftlich zum Säu-bern von Oberfl ächen (Flugrost, Salzlösungen, Be-schichtungen) aller Art, Gussputzen und Entgraten verwenden. Bild 4-203 zeigt in einer zusammen-fassenden Darstellung die wichtigsten Anwendungs-gebiete des Hochdruckwasserstrahls.

Abschließend sollen lediglich einige Anmerkungen zum Wasserstrahlen (ohne und mit Abrasivzusatz!) gemacht werden, das mit Strahldrücken zwischen 350 bar und 800 bar arbeitet. Die Bedeutung dieses Ver fahrens wird künftig zunehmen. Es konkurriert direkt mit dem Sandstrahlen, das (noch) preiswerter, schneller und leichter verfügbar ist. Andererseits ist der Reinigungseffekt des Wasserstrahlens deut lich

Gussputzen

80 � 700 barDruckbereich

Kern- und Formreste

komplexer Geometrie

beseitigen

Anwendung

Staubfrei, kurze

Bearbeitungszeit,

beschädigungsfrei,

flexibel einsetzbar

Toträume

Vorteile

Verfahrensgrenzen

Entgraten

200 � 1000 bar

Schwer zugängliche

Bearbeitungsgrate

entfernen

Kurze Bearbeitungszeit,

gleichzeitige Reinigung,

flexibel einsetzbar,

automatisierbar

Werkstofffestigkeit

Gratdicke

Schneiden

1000 � 4000 bar

Faserverbundwerkstoffe,

Kunststoffe, Dämmstoffe,

Textil, Gummi, Steine

staubfrei, »kalter« Schnitt,

geringe Schnittkraft,

schmale Trennfuge,

beliebige Schnittrichtung

Werkstofffestigkeit

Schnitttiefe

Schnittqualität

Hochdruckwasserstrahlbearbeitung

Wasserstrahlen

> 350 bar

Säubern von Ober-

flächen aller Art

Reinigen/Beseitigen:

Flugrost, Salzlösungen,

Beschichtungen,

Korrosionszellen

Toträume

Bild 4-203Anwendungsgebiete des Hochdruckwasserstrahls (erweitert nach König).

besser. Es kann Oberfl ächenschichten rückstands los entfernen und ist wesentlich umweltfreundlicher als das Sandstrahlen, das große Mengen nur aufwändig zu entsorgender Sandrückstände erzeugt.

Ein besonderer Vorteil des Wasserstrahlens ist die Fähigkeit, auch Salzablagerungen zu beseitigen, wie z. B. die farblosen Eisenchloride oder Eisen sul-fate. Korrosionszellen können sich dann nicht mehr bilden. Die Erzeugung fehlerfreier Beschichtungen und Anstriche wird dadurch sehr erleichtert.

4.11 Gestaltung spanend herzu-stellender Werkstücke

4.11.1 Allgemeines

Das fertigungsgerechte Gestalten von Werkstücken, die spanend bearbeitet werden sollen, erfordert die Beachtung einiger Grundsätze, die unabhängig vom Fertigungsverfahren gelten:– Bei der Gestaltung geometrisch einfache Grund-

kör per wählen,– das Zerspanvolumen gering halten,– auf Spannmöglichkeit für die Bearbeitung achten,– nach Möglichkeit in einer Aufspannung fertig

bearbeiten,– ebene Bearbeitungsfl ächen möglichst parallel

oder senkrecht zur Aufspannfl äche legen,– die zu bearbeitenden Flächen müssen für das

Werkzeug gut zugänglich sein,– Werkzeugauslauf (Freistich nach DIN 509) vor-

sehen,– den Einsatz genormter Werkzeuge vorsehen,

Page 135: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 379

– Drehen und Bohren bevorzugen gegenüber Frä-sen und Hobeln,

– Oberfl ächengüten und Toleranzen auf das unbe-dingt Nötige beschränken,

– Allgemeintoleranzen (DIN ISO 2768) beach-ten.

Ursache Auswirkung

Bild 4-204

Bild 4-205

Bild 4-206

F

FF

F

F

4.11.2 Gestaltung für das Drehen

4.11.2.1 Form- und LageabweichungenDie absolut genaue Fertigung eines Werkstücks ist in der Praxis nicht möglich. Außer Abweichungen von den Nennmaßen treten auch Form- und Lage-abweichungen auf, die entstehen können durch:– Eigenspannungen,– Einspannung,– Werkzeughalterung,– Zerspankraft,– Schnittgeschwindigkeit,– Maschinenschwingungen.

Nachfolgend seien drei Beispiele für Ursachen von Formabweichungen und ihre jeweiligen Auswir-kungen angeführt:

Bild 4-204Wird ein Drehteil zwischen Spitzen aufgenommen, so tritt durch die Kraft F des Drehmeißels auf das Drehteil eine Durchbiegung auf. Die auftretende Formabweichung ist im rechten Bild dargestellt.

Bild 4-205Wird ein Drehteil einseitig eingespannt, so tritt als Folge der Kraft F des Drehmeißels ebenfalls ein Bie gemoment auf, welches zur dargestellten Form-ab weichung führt.

Bild 4-206Wird ein Rundmaterial in ein Futter eingespannt, um eine Bohrung auszudrehen, so ergibt sich in dieser eine Rundheitsabweichung infolge der Spann-kräfte.

Nachstehend folgen ausgewählte Gestaltungshin-weise für die Fertigungsverfahren Drehen, Bohren, Senken, Rei ben, Fräsen, Hobeln, Stoßen, Räumen und Schleifen sowie für Schnittteile aus Blech (Stanztechnik), die die konstruktiven Besonderhei-ten dieser Verfahren verdeutlichen.

Page 136: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

380 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

4.11.2.2 Gestaltungsbeispiele

Bild 4-207Wellenabsätze, die keine Funktion erfüllen, sind nicht als Planfl ächen auszuführen. Bei einer Kegel-fl äche kann ohne Werkzeugwechsel fertigbearbeitet werden; auch das Drehen auf Nachform-Drehma-schinen wird erleichtert.

Bild 4-208Um die Fertigung zu vereinfachen, sind bei Dreh-teilen die Außenkanten mit 45 °-Fasen statt mit Run-dungen zu versehen. Innenkanten an Flächen, die nach folgend bearbeitet werden sollen, sind mit Frei-stichen zu versehen.

Bild 4-209Wellen mit einem Bund erfordern einen großen Zer-spa nungs aufwand. Ein Stellring 1 oder ein auf ge-schrumpf ter Ring 2 können u. U. den Bund erset-zen.

Bild 4-210Beim Kegeldrehen soll der Drehmeißel auslaufen können. Der Anschnitt sollte daher nicht wie bei 1 angeordnet sein, sondern wie bei 2 freiliegen.

Bild 4-211Abgesetzte lange und dünne Drehteile sind zu ver-meiden. Wirtschaftlicher ist das Herstellen aus zwei Teilen unter Verwendung von Halbzeugen.

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-207

Bild 4-208

Bild 4-209

Bild 4-210

Bild 4-211

Rundstahl

DIN 668

1 2

1

2

Page 137: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 381

Bild 4-212Das Abdrehen langer Bolzen von der Stange ist un-wirtschaftlich. Beim Einsatz von gezogenem Halb-zeug brauchen nur die Enden dicht an der Ein-spannung bearbeitet zu werden.

Bild 4-213Ausreichend breite Spannfl ächen sind besonders bei Teilen vorzusehen, die im Dreibackenfutter ge-spannt werden, um ein sicheres Spannen und eine große Spanabnahme zu ermöglichen.

Bild 4-214In Richtung zur Einspannung ansteigende Durch-messer ermöglichen auf Drehautomaten gleichzei-tiges Drehen und Bohren.

Bild 4-215Bei gleichzeitigem Plandrehen mehrerer Wellen-absätze auf Drehautomaten hängt die Bearbei tungs-zeit von der größten Durchmesser differenz ab. Daher sollte b

1 = b

2 = b

3 sein.

4.11.3 Gestaltung für das Bohren, Senken, Reiben

Bild 4-216Grundlöcher mit ebenem Bohrungsgrund sind zu vermeiden. Bei geforderter ebener Aufl agefl äche ist vorzubohren und nachfolgend zu senken (2, 3).

Bild 4-217Bei abgesenkten Bohrungen ist der Einsatz genorm-ter Zapfensenker zu ermöglichen (d

1, d

2; s. hierzu

DIN 373, DIN 375).

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-212

Bild 4-213

Bild 4-214

Bild 4-215

Bild 4-216

Bild 4-217

d1

d2

1 2 3

b1

b2

b3

b1

b2

b3

Page 138: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

382 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Bild 4-218Wie beim Kegeldrehen (Bild 4-210) ist auch bei Kegelsenkungen, insbesondere für nachfolgende Fein bearbeitungen, der Werkzeugauslauf zu ermög-li chen. Für das linke Bild sind Sonderwerkzeuge erfor der lich. Sie sind sowohl in der Beschaffung wie in der Instandhaltung teuer.

Bild 4-219Nicht nur ein schräger Anschnitt, sondern auch ein schräger Auslauf von Bohrungen kann zum Ver-laufen oder zum Abbrechen des Bohrers führen.

Bild 4-220Bohrungen in Wellen sind sowohl für den Anschnitt als auch für den Auslauf mit Flächen senkrecht zur Bohrungsachse vorzubereiten oder sie sind mittig zu führen. Die Vorbereitung kann durch Senken, besser durch Fräsen erfolgen, aber sie verteuert die Fertigung.

Bild 4-221Beim gleichzeitigen Bohren unterschiedlich har-ter Werkstoffe, wie z. B. für das Verstiften, be-steht die Gefahr des Verlaufens und Abbrechens des Bohrers.

Bild 4-222Lässt sich die Durchdringung zweier Bohrungen nicht vermeiden, so ist der Abstand b so groß zu wäh-len, dass zunächst die Bohrungen mit den Durchmes-sern d und d

1 gebohrt und dann der Durchmesser d

2

mit dem Zapfensenker aufgebohrt werden kann.

Bild 4-223Die Bearbeitung ist auf die Funktionsfl ächen zu be-grenzen. Man achte dabei auf den Werkzeugaus-lauf.

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-218

Bild 4-219

Bild 4-220

Bild 4-221

Bild 4-222

Bild 4-223

hart

weich

Werkstoffe etwa

gleicher Härte

d1

d2

b

b

d d

Page 139: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 383

Bild 4-224Bohrungen, die gerieben werden müssen, sind so zu gestalten, dass die Reibahle durchgehend reiben kann 1. An Stelle eines Absatzes zum Einhalten des Abstandes können Buchsen (2) oder Sicherungsrin ge (3) vorgesehen werden.

4.11.3.1 Gestaltung von Gewinden

Bild 4-225Bohrungen und Gewinde an einem Werkstück sol-len möglichst den gleichen Durchmesser haben. Erforderliche Anschraubteile können mit entspre-chend erhöhter Anzahl von Schrauben kleineren Durchmessers befestigt werden.

Bild 4-226Freistiche für Innengewinde sind nach DIN 76-1 bis 3 ausreichend lang vorzusehen, um den Werk-zeugauslauf zu sichern.

Bild 4-227Bei Gewindegrundlöchern kann das Gewinde nicht bis zum Ende der Bohrung geschnitten werden, da Gewindebohrer einen Anschnitt haben. Der Grund-lochüberhang e ist nach DIN 76-1 bis 3 zu wählen.

Bild 4-228Bohrungen, die sich an ein Gewinde anschließen, sollten immer gleich oder kleiner als der Kerndurch-messer des Gewindes ausgeführt werden, da sonst die Bearbeitung von beiden Seiten des Werkstücks erfolgen muss.

Bild 4-229 Gewindedurchgangsbohrungen für Stiftschrauben müssen in ausreichendem Abstand von Wandungen angeordnet werden, da sonst der Gewindebohrer einseitig beansprucht wird und verläuft (Bruchge-fahr).

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-224

Bild 4-225

Bild 4-226

Bild 4-227

Bild 4-228

Bild 4-229

1

2

3

M8

Ø7

M12 M8

Ø6,7

M8

e

Page 140: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

384 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-230

Bild 4-231

Bild 4-232

Bild 4-233

Bild 4-234

Fräser Fräser

Fräserweg

1 2

12

3

a

R = b/2 R = b/2

b

R > b/2

b

R > a

Fräser versetzt

gegenüber Werkstück

4.11.4 Gestaltung für das Fräsen

Bild 4-230Für das Fräsen eines Vierkants ist ein Absatz 1 oder 3 vorzusehen, damit die Stirnfl äche 2 vor dem Frä-sen fertiggedreht werden kann.

Bild 4-232

Bild 4-234Das Fräsen mit großen Walzen- oder Messerkopf-fräsern ist wirtschaftlicher als das Fräsen mit klei-nen Stirnfräsern. Bei der Lage der zu bearbeitenden Flächen sind die Abmessungen der Fräser zu berück-sichtigen.

Bild 4-233Die eben verlaufende Grundfl äche 1 der Gabel er-fordert einen langen Fräsweg. Die gewölbte Grund-fl äche 2 erfordert nur das kürzere Eintauchen des Fräsers.

Bild 4-231Um saubere Werkstückkanten zu erhalten, ist der Radius genormter Werkzeuge R > b/2 zu wählen, so dass die Rundung nicht tangential in die vor-handenen Flächen übergehen muss. Rechts unten: Viertelkreis-Verrundung.

Um alle Flächen in nur einer Einstellung fräsen zu können, müssen sie in einer Ebene liegen. Da-mit wird oft auch das Spannen des Werkstücks er-leichtert.

Page 141: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 385

Bild 4-235Nuten, die bis an den Bund 1 geführt werden, sind zu vermeiden. Wirtschaftlicher als mit einem Schaft-fräser, Nut 2, sind Nuten mit einem Scheibenfräser, Nut 3.

Bild 4-236 Paßfedernuten sind bei geringen Durchmesser un-terschieden abgesetzter Wellen mit gleichen Abmes-sungen (b × h) auszuführen. Sie sollten aus ferti-gungs technischen Gründen in einer Flucht liegen.

4.11.5 Gestaltung für das Hobeln und Stoßen

Bild 4-237Hobeln und Stoßen gegen eine Kante ist nicht mög-lich. Der Meißel muss über die Bearbeitungsfl ä che hinauslaufen, um den Span vom Werkstück abzu-tren nen. Er muss schon vor Beginn des Spa nens aus der abgehobenen Stellung, die er beim Rück lauf hat te, auf die Arbeitsposition zurückgefallen sein. Der nöti ge Vorlauf ist größer, als die Höhe der Schneide über der Meißelaufspannfl äche. Aber auch seitlich neben der Bearbeitungsfl äche (mindestens auf der Seite des Vorschubbeginns) muss mehr Raum frei gehalten werden als der Meißel breit ist.

Bild 4-238Unterbrochene Flächen, die durch Hobeln oder Stoßen zu bearbeiten sind, sollen möglichst in einer Ebene liegen.

Bild 4-239Aufl agefl ächen an Gehäusen und dgl. sind so zu gestalten, daß der Meißel nicht die gesamte Grund-fl äche mit der Vorschubgeschwindigkeit überstrei-chen muß. Im Beispiel ist die umlaufende Aufl age-fl äche ersetzt durch zwei Aufl ageleisten.

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-235

Bild 4-236

Bild 4-237

Bild 4-238

Bild 4-239

1

2

3

h

b

Page 142: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

386 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Bild 4-240Nicht senkrecht zueinander liegende Bearbeitungs-fl ächen erschweren die Bearbeitung und erfordern u. U. Spannvorrichtungen.

4.11.6 Gestaltung für das Räumen

Bild 4-241Das zu räumende Werkstück muss an einer senkrecht zur Bearbeitungsrichtung liegenden Fläche 1 abge-stützt werden, um Sondervorrichtungen zu vermei-den. Die schrägen Flächen 2 sind unvorteilhaft, da die Räumnadel dort einseitig schneidet und verlau-fen kann.

Bild 4-242Das Räumen in großen Werkstücken, z. B. in Ge-häusen oder in Hohlwellen, kann übergroße Räum-nadellängen erfordern. Günstiger ist das Einsetzen einer geräumten Buchse.

Bild 4-243Zwei oder mehrere Nuten in einer kegeligen Boh-rung können nur dann in einem Zug geräumt wer-den, wenn sie parallel zur Achse verlaufen. Nuten, die parallel zum Kegelmantel angeordnet sind, er- fordern für jede Nut einen Zug.

Bild 4-244Polygone mit geringer Seitenanzahl erfordern län-gere Räumwerkzeuge mit mehr Schneiden als sol-che mit größerer Seitenanzahl. Vier- und Sechsecke sind deshalb der Dreiecksform vorzuziehen.

Bild 4-245Räumnadel und Werkstück werden bei 1 einseitig belastet. Das bedeutet Gefahr des Verlaufens oder des Werkzeugbruchs. Mehrfachsymmetrische Pro-fi le wie in 2 sind vorzuziehen.

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-240

Bild 4-241

Bild 4-242

Bild 4-243

Bild 4-244

Bild 4-245

21

2 12

Page 143: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 387

Bild 4-246Bei Serien- und Kleinserienfertigungen ist anzu-streben, dass für alle Konstruktionen eine einheit-liche Nutenbreite (b

1 = b

2 = b) für die Räumnuten

vorgesehen wird. Dann können alle Nuten, auch wenn sie unter schiedliche Tiefen haben, mit der-selben Räumnadel geräumt werden.

4.11.7 Gestaltung für das Schleifen

Bild 4-247Übergangsrundungen an Absätzen von zylindrisch zu schleifenden Teilen sind nur erlaubt, wenn im Quer- oder Schräg-Einstechverfahren mit Profi l-schleifscheiben rundgeschliffen wird. Für das genau-ere Längs-Rundschleifen muss vorher ein Einstich für den Schleifscheibenauslauf vorgedreht oder ge-schliffen werden, wobei gleichzeitig die Stirn fl äche des Absatzes geschliffen werden kann.

Bild 4-248Auch beim Innenschleifen muss Raum für den Schleif- scheibenauslauf vorhanden sein.

Bild 4-249Das Längs-Rundschleifen von Teilen, die beidseitig durch einen Bund begrenzt sind, ist teurer als das Schleifen mit axial ungehindertem Anstellen der Schleifscheibe.

Bild 4-250Zylindrische Teile sind so zu gestalten, dass spit-zenloses Schleifen möglich ist 1. Die wirtschaftlichs- te Lösung ist Ausführung 2, bei der blankgezogenes oder spitzenlos geschliffenes Halbzeug verwendet wird.

Bild 4-251Wenn es die Genauigkeitsforderungen erlauben, sollte Einstechschleifen ermöglicht werden. Dafür müssen die zu schleifenden Profi llängen kleiner als die zu verwendende Schleifscheibenbreite sein.

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-246

Bild 4-247

Bild 4-248

Bild 4-249

Bild 4-250

Bild 4-251

Rd DIN 668

12

b1 b2

t 1

t 2

b b

Page 144: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

388 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Bild 4-252Mehrere (möglichst alle) Formelemente sollten mit dem gleichen Schleifscheibenprofi l schleifbar sein.

Bild 4-253Für das Einstech-Profi l-Rundschleifen sollen mög-lichst kurze Profi llängen angestrebt werden. Die maximalen Schleifbreiten sind nicht nur durch die verwendbaren Scheibenbreiten, sondern auch durch die Nachgiebigkeit des Werkstücks und seiner Ein-spannung begrenzt; je dünner das Werkstück, um so kürzer ist die zulässige Profi llänge.

Bild 4-254Es sind möglichst gleiche Kegel an einem Werkstück vorzusehen. Man achte auf den Schleifscheibenaus-lauf.

Bild 4-255Verdeckt liegende Flächen können nicht mit gera den Schleifscheiben oder Topfschleifscheiben erreicht werden. Die Anwendung möglichst großer Schleif-körper erlaubt ein wirtschaftliches Schleifen.

Bild 4-256Konturen, die über die Bearbeitungsfl äche hinaus-ragen, behindern in der Regel das Flachschleifen. Auch bei ausreichendem Werkzeugauslauf sollten Überstände vermieden werden.

Page 145: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 389

4.11.8 Gestaltung von Schnittteilen

4.11.8.1 Werkstoffausnutzung

Bild 4-257Schnittteile sind mit möglichst kleinem Flächenin-halt A

W zu entwerfen. Bei der Gestaltung ist darauf

zu achten, dass sie sich im Werkstoffstreifen gut an-einanderreihen lassen. Die optimale Werkstoffaus-nutzung ist erreicht, wenn die Schnittteile ohne Ab-fall aus dem Werkstoffstreifen geschnitten wer den. Als Kennzahl dient das Verhältnis von Werk stück-fl ä che A

W zu Streifenfl äche A

St, der Werkstoff aus-

nutzungs grad y = AW

/ASt.

Bild 4-258Dieses Beispiel zeigt, wie durch eine geringe Maß-än derung Flächenschluss und damit eine bessere Werk stoffausnutzung erreicht wird. Runde Schnitt-kanten sind – wenn sie nicht funktionswichtig sind – zu vermeiden und durch gerade zu ersetzen (Ab-schneiden ohne Abfall).

Bild 4-259Die runde Form der Scheibe erfordert einen großen Werkstoffbedarf, der durch Mehrfachschnitte her-abgesetzt werden kann. Eine größere Einsparung wird durch das Ändern der runden in eine dreieckige Form erzielt. Die geringsten Werkstoffverluste wer-den durch Abschneiden nach dem Ausklinken der dunkler dargestellten Flächen erreicht.

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-257

Bild 4-258

Bild 4-259

AW

95 95

R65

R65

R21

R96

R52

R22

,5

2000

140

1000

140

1000

2000

Page 146: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

390 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-260

Bild 4-261

Bild 4-262

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-263

Bild 4-263Wirtschaftlichere Ausschnittsformen lassen sich auch durch Ändern der Schnitteilform erreichen. Dieser Hebel hat die Aufgabe, drei Punkte starr miteinander zu verbinden. Durch Ändern der Form 1 in die Form 2 können 30 % des Werkstoffs einge-spart werden. Eine weitere Ersparnis wäre durch Flächenschluss möglich.

t = 1

4 m

m20

40

Form 1 Form 2

20

40

B = 52 mm

t = 4

0 m

m

40

35

3640

80

19

61,5

16

83 32,5 80 25

Bild 4-260 bis Bild 4-262Durch abschnittgerechtes Gestalten können Aus-schnitte durch Abschnitte ersetzt werden, die ein lückenloses Aneinanderreihen gestattet.

Page 147: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 391

Bild 4-264In manchen Fällen kann eine schräge Anordnung der Schnittteile wirtschaftlicher sein als die gerade Anordnung.

Um einen möglichst hohen Werkstoffausnutzungs-grad y zu erreichen, sollten folgende Hinweise be-achtet werden:– Einfaches Aneinanderreihen ergibt den ein rei-

higen Streifen. Der Werkstoffverbrauch kann durch Anordnen der Teile in mehreren Reihen gesenkt werden (Bild 4-259 und 4-262).

– Eine schräge Anordnung der Schnittteile im Strei fen ist oft vorteilhafter als eine gerade (Bild 4-264).

– Die durch die Stegbreite bedingten Verlustfl ä-chen beim Ausschneiden lassen sich durch den Über gang zum Abschneiden vermeiden (Bild 4-257 bis 4-262).

– Runde Schnittkanten sind zu vermeiden und durch gerade Kanten zu ersetzen (Bild 4-258).

4.11.8.2 Fertigung

Bild 4-265Je einfacher die Form eines Ausschnittes ist, desto geringer sind die Werkzeugkosten. Unregelmäßig gekrümmte Umrisse vergrößern die Werkzeugkos-ten erheblich. So verhalten sich z. B. die relativen Werkzeugkosten für diesen Drehwählerarm im Vergleich von Form 1 zu Form 2 wie 3:2.

Bild 4-266Lochungen sollten möglichst rund und mit gleichen Durchmessern ausgeführt werden. Dadurch ergeben sich preisgünstige Schnitte, einheitliche Stempel und eine vereinfachte Nacharbeit (z. B. vereinfachtes Entgraten).

Bild 4-267Aufteilen der Schneidstempel in einfache, gut schleif-bare Querschnitte mit scharfkantigen Übergängen ermöglicht ein einfaches Fertigen.

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-264

Bild 4-265

Bild 4-266

Bild 4-267

Form 1 Form 2

Page 148: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

392 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Bild 4-268 Stempelecken sollten abgeschrägt und nicht abge-rundet werden, um ein einwandfreies Zusam men-treffen der Schnittlinien zu gewährleisten.

Bild 4-269Kräftig ausgebildete Stempelecken bewirken einen geringeren Werkzeugverschleiß und eine größere Sicherheit gegen Werkzeugbruch.

4.11.8.3 Genauigkeit

Bild 4-270Bei nacheinander abgeschnittenen Kanten ist ein tangentiales Einmünden zu vermeiden und durch Ecken zu ersetzen (R > B/2).

Bild 4-271Ein Lochversatz fällt optisch bei geradlinigen Be-grenzungskanten weniger auf als bei runden Kan-ten.

Bild 4-272Beim schrägen Abschneiden eines Werkstücks ist die Breite b

1 durch den spitzen Auslauf in hohem

Maße von der Vorschubgeschwindigkeit abhängig (b

1 verkürzt sich zu b

2). Außerdem wird die Ferti-

gung des Werkzeugs erschwert.

Bild 4-273Man sollte keine unterschiedlichen Ecken und Run-dungen am gleichen Teil vorsehen (Bild links). Mit a = a

1 = a

2 und b = b

1 = b

2 erspart man das Vorlochen

und nutzt den Werkstoff vollständig aus.

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-268

Bild 4-269

Bild 4-270

Bild 4-271

Bild 4-272

Bild 4-273

Schneidstempel Vorlocher

R

Vorschubrichtung

B

Vorschub

b1

b2

h

B

aa

b

B

bb1

a1

a2

b2

Vorschub

Page 149: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

4.11 Gestaltung spanend herzustellender Werkstücke 393

Bild 4-274Bei Umgrenzungen, die im Folgeschnitt gefertigt sind, kann Versatz entstehen, der durch Streifen-toleranzen, Führungsfehler oder den Stempelversatz bedingt ist. Bei geraden Kanten im Schnittwerkzeug können solche Fehler vermieden werden.

4.11.8.4 Beanspruchung

Bild 4-275Bei Blechdicken s ≥ 3 mm verhindern abge schrägte Stempelformen eine Eckendeformation des Werk-stücks.

Bild 4-276Bei Schnittteilen, die anschließend gebogen wer-den, ist die Biegekante rechtwinklig zur Außen-kante zu legen, da sonst die Gefahr des Einreißens beim Biegen besteht.

Bild 4-277Ausreichende Steg- und Randbreiten vermindern die Rissgefahr beim Ausschneiden bzw. Lochen (siehe VDI 3367).

Bild 4-278Man sollte einen minimalen Lochdurchmesser d

min = s nicht unterschreiten, da sonst eine erhöhte

Bruchgefahr für das Werkzeug besteht. Bei güns-tigen Be dingungen kann d

min � 0,4 s erreicht wer-

den (Bera tung mit dem Werkzeugkonstrukteur er-forderlich).

Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig

Bild 4-274

Bild 4-275

Bild 4-276

Bild 4-277

Bild 4-278d

s

Rissgefahr

Biegekante

Page 150: Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; Thermisches Schneiden)

394 4 Trennen (Zerteilen; Spanen; Abtragen; thermisches Schneiden)

Ergänzendes und weiterführendes Schrifttum

Abschnitt 4.1 bis 4.6

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DIN 1416: Räumwerkzeuge; Gestaltung von Schneid-zahn und Spankammer, 11/1971.

DIN 2310-6: Thermisches Schneiden – Teil 6: Ein-teilung, Prozesse, 6/2003.

DIN 6580: Begriffe der Zerspantechnik; Bewe-gungen und Geometrie des Zerspanvorganges, 10/1985.

DIN 8580: Fertigungsverfahren – Begriffe, Eintei-lung, 9/2003.

DIN 8589: Fertigungsverfahren Spanen.

Teil 0: Allgemeines; Einordnung, Unterteilung, Begriffe, 9/2003.

Teil 1: Drehen; Einordnung, Unterteilung, Be-griffe. 9/2003.

Teil 2: Bohren, Senken, Reiben; Einordnung, Unter teilung, Begriffe, 9/2003.

Teil 3: Fräsen; Einordnung, Unterteilung, Be-griffe, 9/2003.

Teil 4: Hobeln, Stoßen; Einordnung, Untertei-lung, Begriffe, 9/2003.

Teil 5: Räumen; Einordnung, Unterteilung, Be-griffe, 9/2003.

DIN 8590: Fertigungsverfahren Abtragen - Einord-nung, Unterteilung, Begriffe, 9/2003.

DIN 9812: Säulengestelle mit mittigstehenden Füh-rungssäulen, 12/1981.

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DIN ISO 1832: Wendeschneidplatten für Zerspan-werkzeuge – Bezeichnung, 11/2005.

ISO 3002: Grundbegriffe für das Zerspanen und Schleifen; Teil 1: Geometrie am Schneidteil spa -

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