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Trotz alledem: Die S-Bahn ist eine Erfolgsstory · origes Jahr sind 7,2 Millio-nen Fahrgäste mit der S-Bahn vom oder in Rich-tung Hamburger Flugha-fen gefahren – ein neuer Rekord

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Die Frage an die Politik zum 10. Geburtstag der S3: Was hat der S-Bahn-Anschluss für die Region gebracht?

Michael Roesberg,

Landrat Landkreis Stade

» Mit der S-Bahn von Ham-burg bis Stade ist 2007 eine

lange schon notwendigeÖPNV-Verbindung Realität

geworden. «

Katja Oldenburg-Schmidt,

Bürgermeisterin Stadt Buxtehude

» Zehn Jahre S-Bahn be-deuten hoffentlich nicht,

zehn Jahre Warten auf dieerforderliche Tarif- und Zo-

nenanpassung. «

Silvia Nieber,

Bürgermeisterin Stadt Stade

» Wir sind für die Hambur-ger auf der Landkarte alsTeil der Metropolregion

Hamburg sichtbargeworden. «

Rainer Schlichtmann,

Bürgermeister SG Harsefeld

» Wir profitieren in Harse-feld von der Anbindung,wenn auch nicht so stark

wie beim EVB-Anschluss imJahr 1993. «

Wolf-Egbert Rosenzweig,

Bürgermeister Neu Wulmstorf

» Die S-Bahn-Anbindunghat dazu beigetragen,

unsere Standort-attraktivität weiter zu

steigern. «

In Bewegung: Im Berufsverkehr wird auf der S3 zum 20-Minuten-Takt verdichtet. Zwischen Buxtehude und Hamburg verkehren die Züge in der Hauptverkehrszeit sogar alle 10 Minuten. Foto Jan Iso Jürgens

it jetzt fast sieben Milli-onen Fahrgästen ist dieS-3 zwischen Neugra-ben und Stade für die

S-Bahn zum endgültigen Erfolgs-modell geworden, denn in der Bi-lanz dieser zehn Jahre wurde diePrognose um das Doppelte über-troffen. Schon im ersten Jahr nachder Eröffnung am 9. Dezember2007 wurden sechs MillionenFahrgäste zwischen Neugrabenund Stade gezählt. 30 Prozentmehr als erwartet. Gegenüber derSituation vor der Verlängerung inden Kreis Stade fahren auf derBahnstrecke Hamburg – Stade 70Prozent mehr Pendler mit S-Bahn

Mund Metronom. Kay Arnecke:„Das ist ein Riesenerfolg, aber wirmüssen auch nachbessern.“

Zwei Probleme haben sich inden vergangenen Monaten zum

großen Ärgernis entwickelt: Nahe-zu bei jedem großen Unwetter fal-len Bäume auf die Oberleitungen,was zu Streckensperrungen führt,die den S-Bahnverkehr in ganzHamburg beeinträchtigen. Spätes-

tens nach dem großen Sturm imSeptember reagierte die Politik:Staatssekretär Enak Ferlemannaus dem Bundesministerium fürVerkehr hatte bei einem rundenTisch alle Verantwortlichen in diePflicht genommen und ein Ergeb-nis skizziert, das Erwartungen auf-kommen lässt.

„Wir hoffen, dass das gemachtwird, was auch bei Autobahnenüblich ist, nämlich ein Freischnittentlang der Strecke, damit beiStürmen keine Bäume mehr aufdie Gleise und Oberleitungen fal-len können“, sagt Kay Arnecke ineinem großen TAGEBLATT-Inter-view in diesem Special zum S-Bahn-Jubiläum. Per Modellprojektsoll insbesondere zwischen Hor-neburg und Stade der entspre-chende Baumschnitt erfolgen.

Weil trotz dieser Widrigkeitendie S-Bahn weiter steigende Kun-denzahlen verzeichnet, ist einzweites Problem entstanden: Spä-testens ab Neugraben sind die Zü-ge von und zum Hauptbahnhof so

voll, dass nicht alle Pendler einenSitzplatz bekommen. Auch dazugibt es Abhilfe: Spätestens in ei-nem Jahr sollen auf der S3 in denHauptverkehrszeiten ab und bisNeugraben nur noch Langzügefahren, die ein Drittel mehr Fahr-gäste befördern – statt 650 dann1000.

Noch viel früher soll ein anderesÄrgernis beseitigt werden, das seitzehn Jahren die Pendler nervt: dieteilweise schlechte Kommunikati-on bei unvorhergesehenen Störun-gen. Ab Januar soll sich das ver-bessern, denn die S-Bahn über-nimmt auch die Kommunikations-regie auf der Strecke nach Stade,die bisher bei der Bahn lag. Künf-tig erfolgen die Ansagen in denZügen und auf den Bahnhöfeneinheitlich aus der Betriebszentra-le in Hammerbrock.

reilich: Der Erfolg der S-Bahn bilanziert sich nichtnur in den Nutzerzahlen:„Die Metropolregion rückt

enger zusammen“, sagte der dama-lige Ministerpräsident ChristianWulff. Was er meinte, sagen jetztdie Bürgermeister der angrenzen-den Kommunen: Die S-Bahn hateinen entscheidenden Impuls fürdie Erhöhung der Attraktivität derUmland-Kommunen gegeben.

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Trotz alledem: Die S-Bahn ist eine ErfolgsstoryVon schwierigen Anfängen bis zu neuen Passagierrekorden: Die Hamburger S-Bahn gilt bundesweit als Vorbild – Nachbesserungsbedarf bei der S3

Von Wolfgang Stephan

Hamburgs Staatsrat Andreas Rieckhof sagt den Satz, dengerade in diesen Tagen nach den großen Stürmen nicht je-der Pendler nachvollziehen kann: „Die Hamburger S-Bahngilt bundesweit als ein Muster an Zuverlässigkeit undPünktlichkeit. Solch eine S-Bahn würden sich viele Städtewünschen.“ Das ist die eine Seite der Medaille. Die anderebetrachtet der S-Bahn-Chef Kay Arnecke: „Wir wissen, dasses gerade auf der S3 Verbesserungspotenzial gibt.“ Rechtzei-tig zum zehnten Geburtstag kündigt der S-Bahn-Chef Ver-besserungen an, die sich nachhaltig auswirken sollen.

Blick in denInnenraumeiner S-Bahnder neuenBaureihe 490.Mit einemverbessertenInnenraum-konzept willdieHamburgerS-Bahn in dieZukunft – fürmehr Komfortund Sicherheitfür dieFahrgäste.GrößterUnterschied:Alle Zügewerdendurchgängig.

FotoHeimken/dpa

S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke

» Wir wissen, dass es gerade auf der S3 nochVerbesserungspotenzial gibt. «

2 S-Bahn-Special

Das 12-seitige S-Bahn-Special er-scheint mit dem TAGEBLATT und alsSonder-Objekt .Chefredakteur: Wolfgang StephanProjektleitung: Karsten von Borstel,Birger HamannLayout/Produktion:Karsten von BorstelTitel/Grafiken: Stefan SchillingAnzeigen: Georg Lempke (verantw.)Vertrieb: Achim PreißlerAuflage: 33 000Herausgeber: Zeitungsverlag KrauseGmbH & Co. KG, Glückstädter Str. 10,21682 Stade, Postfach 22 49, 21662Stade, Tel. 0 41 41/9 36 - 0;Internet: www.tageblatt.deVerleger:Philipp Krause (Goslar),Klemens Karl Krause (Goslar)Geschäftsführer: Philipp Krause(Goslar), Georg Lempke (Stade)

Impressum

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S-Bahn-Special 3

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Der neue Star auf Hamburgs SchienenDie Züge der neuesten S-Bahn-Baureihe 490 sind derzeit noch ohne Gäste im Probebetrieb – Einsatz auch auf der S3 Richtung Stade geplant

Von Mona Adams

Die S-Bahn Hamburg hat Mitte November ihr erstes Fahrzeug aus der Bau-reihe 490 im Fahrbetrieb vorgestellt. Noch sind die neuen Züge ohne Fahr-gäste im sogenannten Vorserienbetrieb im Hamburger Streckennetz unter-wegs. Im Frühjahr 2018 soll dann der Probebeginn mit Passagieren starten.

chtung Testfahrt.Langsam fährt derZug der Reihe 490 inden Bahnhof Berliner

Tor ein. Schon von vorne istes zu erkennen: Dieser S-Bahn-Zug ist neu. Die Fahr-zeugfront kommt sportlicherdaher, nicht mehr nur in rot,die silberne Farbe bildet ein Hfür Hamburg. Ansonstenbleibt er seinem S-Bahn-Looktreu.

Kostenpunkt pro Fahrzeug:rund 5,5 Millionen Euro.Schon seit Februar dreht einTestfahrzeug des neuen Zug-typs seine Runden durch dasNetz in der Metropolregion.In diesen Tagen ist der Vorse-rienbetrieb gestartet.

Noch bis Frühjahr nächstenJahres werden alle Störfälle si-muliert, verschiedene Funkti-onen des Fahrzeugs geprüftund passende Lösungen erar-beitet. „Wir nutzen die vor-handene Zeit voll aus“, sagtKay Uwe Arnecke, Geschäfts-führer der S-Bahn Hamburg.„Die Probefahrten sind einewichtige Grundlage für denzuverlässigen Start im Dezem-ber 2018.“ Das sei vor allemrelevant für die Zulassungsak-tivitäten, erklärt JulianeStorm-Ohm, die Projektleite-rin des kanadischen Herstel-lers Bombardier Transportati-on. Und: „Wir sind mit demTestverlauf sehr zufrieden.“

Das Unternehmen Bombar-dier Transportation liefert zu-nächst 60 dreiteilige S-Bahn-Züge bis Dezember 2018 undweitere zwölf im darauffolgen-den Jahr. „Mit der Zusatzbe-stellung haben wir im Früh-jahr 2019 insgesamt 72 Fahr-zeuge der neuen Baureihe, umdem erhöhten Fahrgastauf-kommen gerecht zu werden.Damit sind es 20 Fahrzeugemehr als heute“, so Kay UweArnecke, Geschäftsführer derS-Bahn Hamburg.

ie neuen Züge derBaureihe 490 sollenzunächst auf der Li-nie S21 und dann

auf der S1 eingesetzt werden.Die S21 verkehrt zwischenElbgaustraße und Bergedorfund Aumühle im Südostender Stadt, die S1 verbindetWedel mit der Hamburger In-nenstadt und führt dann wei-ter nach Ohlsdorf, wo sie sichin Richtung Poppenbüttel undHamburg Airport aufteilt. DieVorgängermodelle sollen nachund nach auf allen Liniendurch die neue Fahrzeuggene-ration ersetzt werden.

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uch auf der S3, dermit 75,3 km längstenS-Bahn-Verbindungin Hamburg zwischen

Pinneberg und Stade soll dieBaureihe eingesetzt werden.Im Fokus der Tests stehen da-her die betrieblichen Beson-derheiten des S-Bahn-Netzes,wie der Wechsel zwischenStromschiene und Oberlei-tung. Auf dieser Strecke kom-men Zweistromfahrzeuge zumEinsatz, die außerhalb derStadt mit Wechselstrom fah-ren. Ein erstes Fahrzeug mitMehrsystem ist im Probebe-trieb. Die technischen Voraus-setzungen für den Einsatz inRichtung Stade sind gegeben,wann die neuen Züge dort ih-ren Betrieb aufnehmen, stehtnoch nicht fest.

Die energieeffizienten Fahr-zeuge der Baureihe 490 bieteneinige Neuheiten: Klimaanla-gen, Mülleimer, Durchgängezwischen den Wagen, deutlichmehr Platz für Rollstuhlfahrer,Gepäck und Kinderwagenund ein modernes Informati-onssystem, unter anderem mitStations-Anzeigen in Form ei-ner Perlenschnur. Noch sinddie meisten Leisten nichtmontiert und nur drei Türendes 66 Meter langen Zugesfreigegeben. Alles ist mit Foliebeklebt: die Sitze, genausowie der Boden, Haltestangenund auch einige Monitore.Nur ein Bildschirm ist schonim Einsatz: Neben den Halte-stellen zeigt er die schöne Sei-te der Hansestadt: Im Wechselwerden Hamburg-Bilder ein-geblendet, vom Hafen undden Landungsbrücken mit derCap San Diego und den Thea-tern, Hagenbecks Tierpack,das Planetarium, die Spei-cherstadt, das Millerntorstadi-on und das Rathaus. „Das istdie S11 nach Blankenese“ er-tönt es erst in deutsch, unddann auf englisch.

ber 500 Millionen Eu-ro investiert die S-Bahn Hamburg in dieneue Baureihe sowie

in die Modernisierung dervorhandenen Züge und Werk-stätten. Grundlage dafür istder 2013 abgeschlossene Ver-kehrsvertrag, nach dem dieS-Bahn bis ins Jahr 2033 Ver-kehrsleistung im Auftrag derLänder Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsenerbringen wird. Die S-BahnHamburg GmbH befördertmit 1200 Zugfahrten täglichmehr als 700 000 Fahrgästeauf sechs Linien.

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Eine S-Bahn der neuen Baureihe 490, die aktuell erprobt wird – und diespäter auch in Richtung Stade im Einsatz sein soll. Foto Heimken/dpa

4 S-Bahn-Special

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origes Jahr sind 7,2 Millio-nen Fahrgäste mit der S-Bahn vom oder in Rich-tung Hamburger Flugha-

fen gefahren – ein neuer Rekord.Das macht bis zu 20 000 Fahrgästeam Tag. Damit nutzen mehr alsdoppelt so viele Menschen die so-genannte Flughafen-S-Bahn alsbeim Start im Jahr 2008 vorausge-sagt. Ein Abflauen der guten Zah-len ist nicht in Sicht. Für das lau-fende Jahr erwarten die Betreibererneut 200 000 Fahrgäste mehr.

„Die Flughafen-S-Bahn ist einMeilenstein für die Metropolregi-on Hamburg und macht den Wirt-schaftsstandort Hamburg insge-samt noch attraktiver“, sagt KayUwe Arnecke, Geschäftsführer derS-Bahn Hamburg. Haben die Ma-

Vcher den Erfolg erwartet? Schon –allerdings nicht in dem Ausmaß.„Die Erfolgsgeschichte wird anden Fahrgastzahlen deutlich, diealle Erwartungen übertroffen ha-ben“, berichtet Arnecke.

Das Prinzip ist einfach undtrotzdem noch nicht allen Ein-wohnern der MetropolregionHamburg und des LandkreisesStade bekannt. In nur 25 Minutenfährt die S1 vom Hauptbahnhofzum Flughafen. Der LandkreisStade ist via Linie S3 und demMetronom-Regionalzug mit demHauptbahnhof verbunden. Zwi-schen 6 und 23 Uhr steuert die S1im 10-Minuten-Takt den Flugha-fen an, sonst alle 20 Minuten.

Jahr um Jahr verkündet derHamburg Airport als größter Flug-

hafen Norddeutschlands neuePassagierrekorde. Insgesamt nutz-ten im vorigen Jahr 16,2 MillionenMenschen den Hamburger Flug-hafen als Besucher – das sind614 000 Personen (+3,9 Prozent)mehr als noch im Jahr zuvor.

Innerhalb von zehn Jahren stiegdas Passagieraufkommen amStandort somit um 26,9 Prozent,wie der Flughafen kürzlich erstvorrechnete. Aber welchen Ein-fluss hat die Flughafen-S-Bahn aufden kontinuierlichen Anstieg derPassagierzahlen? Und welchenStellenwert hat die Linie für denHamburger Flughafen?

„Die S-Bahn-Anbindung ist eineechte Erfolgsgeschichte für Ham-burg Airport: Inzwischen nutzenrund 30 Prozent unserer Fluggästedie S-Bahn. Auch viele Mitarbeiterwählen die S1 für ihren täglichenArbeitsweg“, sagt Michael Eggen-schwiler, Vorsitzender der Ge-schäftsführung am Hamburg Air-port. Der Service komme gut an,betont der Flughafen-Chef.

Die Station mit dem Namen„Hamburg Airport“ ist die Endsta-tion der Linie S1. Die Haltstelleliegt direkt unterhalb der beidenTerminals. Über Rolltreppen undAufzüge erreichen Passagiere auchmit Koffern bequem in wenigenMinuten die Airline-Schalter und

den Security-Check. Schon untengibt es Live-Anzeigen zu An-kunfts- und Abflugzeiten allerFlugverbindungen. Am Flughafenbekommen Reisende alle Fahrkar-ten am Automaten direkt im An-kunftsbereich an den Gepäckbän-dern, oder zwischen Ankunftsebe-ne und Bahnsteig sowie am Air-port Office im Terminal 2 auf derAnkunftsebene.

„Die Flughafen-S-Bahn ist ausHamburg nicht mehr wegzuden-ken“, sagt der Hamburger Ver-kehrsexperte Ole Thorben Busch-hüter. Wegen einer Rekordzahl anS-Bahn-Fahrgästen Richtung Flug-

hafen Hamburg denken die Regie-rungsfraktionen von SPD undGrünen derzeit über eine eigen-ständige Linie zum HelmutSchmidt Airport nach.

Bei weiter steigenden Fahrgast-zahlen sei zu überlegen, ob lang-fristig zwei Linien mit jeweilssechs Wagen zum Flughafen undnach Poppenbüttel eingerichtetwerden könnten, erklärten die bei-den Fraktionen erst kürzlich. Bis-her werden die Züge der S1 an derAnschlussstelle Ohlsdorf getrennt.Von dort fahren drei Wagen zumAirport, die drei anderen nachPoppenbüttel.

Es ist gar nicht lange her, dassParkplatzsorgen und Verkehrspro-bleme gewissermaßen zu jedemUrlaub dazugehörten. Gerade inZeiten der dauernden Sanierunggehören Staus auf der A 7 zur Ta-gesordnung. Derzeit werden für ei-nen Parkplatz im Flughafen-Park-haus 21 Euro am Tag fällig. Füracht Tage bezahlen Reisende ver-günstigt immer noch 80 Euro.

Zum Vergleich: Mit der S1 gehtes ab 3,20 Euro vom Hauptbahn-hof zum Flughafen. Reisende abBuxtehude zahlen pro Strecke7,10 Euro. Ab dem Stader Bahn-hof kostet eine Verbindung derzeit8,70 Euro (HVV-Gesamtbereich).Auf der Strecke sind vergünstigte9-Uhr-Tageskarten, Ganztageskar-ten sowie Gruppenkarten gültig.Die meisten Passagiere reisen lautHamburger Senat mit der S-Bahnzum Flughafen an (30,3 Prozent).Etwa jeder Vierte (26,1) kam mitdem Taxi, etwa jeder Fünfte (19,3)wurde mit dem Auto gebracht.

ie er zum Flughafenanreist, bleibt jedemselbst überlassen.Mancher favorisiert

noch immer das Auto. Auf die oftmit weniger Stress verbundeneAnreise zum Flieger mit der S1schwören aber schon MillionenFluggäste. Tendenz steigend.

W

Von Karsten von Borstel

Durch dichten Stau geht es zum Flughafen in Hamburg-Fuhlsbüttel. Nach der Reise das böse Erwachen: Für dasParkhaus werden wieder mal absurde Gebühren fällig. EinSzenario, das für findige Reisende lange der Vergangenheitangehört. Genau genommen seit dem Jahr 2008. Denn ein-facher als mit der S-Bahn-Linie 1 kann man seither nichtzum Hamburg Airport kommen. Eine Erfolgsgeschichte, dieselbst die Macher zum Staunen bringt.

DDaass wwoohhll bbeeqquueemmssttee SShhuuttttllee zzuumm FFlliieeggeerrIm 10-Minuten-Takt und in nur 25 Minuten Fahrzeit pro Strecke geht es via S1 vom Hamburger Hauptbahnhof zum Flughafen in Fuhlsbüttel. Foto Deutsche Bahn/ Lautenschläger

Im Vorjahrnutzten 16,2MillionenMenschendenHamburgerFlughafen alsBesucher –ein Rekord,auch dank derS-Bahn-Anbi-ndung.

Foto Airport/Penner

ZAHLENSPIELE ZUR ERFOLGSSTORY

Mit der Erweiterung 2007kamen 32 Kilometer Strecke und 8 Stationen hinzu

Es gibt 68 S-Bahn-Stationen,davon 53 in Hamburg

Es gibt 6 Linien (S1, S21, S3, S31, S2, S11).Die erste Linie fährt seit 1906

Mit der neuen Baureihe sollen 2019 184 Fahrzeuge unterwegs sein

Die S-Bahn Hamburg beschäftigt1.200 Mitarbeiter

Die S-Bahn zählt jährlich rund 250 Millionen Fahrgäste, bis zu 700.000 am Tag

Die S3 ist die meistgenutzte Linie.Zwischen Stade und Neugrabennutzen in diesem Jahr 7 MillionenMenschen die Verbindung

Die S3 ist mit 75 km die längste Bahnlinie.Die Fahrzeit beträgt 98 Minuten bei einermax. Geschwindigkeit von 100 km/h

Das gesamte S-Bahn-Netz ist 147 km lang

19 Bahnübergänge müssen passiert werden

Zu Stoßzeiten fährt die S-Bahn zwischen Buxtehude und Hamburgalle 10 Minuten

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S-Bahn-Special 5

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TAGEBLATT: Herr Arnecke, was geht Ih-nen durch den Kopf, wenn Sie in derWettervorhersage eine Sturmwarnunghören und an die S3 bis Stade denken?Arnecke: Ich befürchte dann das, was vie-le befürchten: Dass wieder Bäume oderÄste auf das Gleisbett oder die Oberlei-tungen fallen und der S-Bahn-Verkehrempfindlich beeinträchtigt wird. Das Be-sondere an dieser Strecke sind die Ober-leitungen. Bäume oder Äste auf den Glei-sen sind üblicherweise durch die Feuer-wehren schnell zu beseitigen. Aber wennOberleitungen beschädigt werden, lässtsich das meist nicht so schnell reparieren.Deshalb ist diese Strecke besonders anfäl-lig bei derlei Wetterverhältnissen. Ich hof-fe aber, dass sich das bald ändern wird.

Sie spielen auf das Gipfelgespräch vonStaatssekretär Enak Ferlemann an, indem die Bahn zugesagt hat, endlich ei-nen vernünftigen Baumschnitt entlangdieser Strecke zu veranlassen.Arnecke: Fakt ist: Die DB Netz AGkämpft schon lange darum, dass beiBahnstrecken das gemacht wird, was auchbei Autobahnen üblich ist, nämlich einFreischnitt entlang der Strecke, damit beiStürmen keine Bäume mehr auf die Gleiseund Oberleitungen fallen können.

Haben Sie als S-Bahn-Chef da auch Druckgemacht?

Arnecke: Natürlich führen wir Gespräche.Es sind schließlich unsere Kunden, dieunter diesen Widrigkeiten leiden. Aber esgibt auch den politischen Druck aus derRegion, insofern bin ich ganz zuversicht-lich, dass da in absehbarer Zeit weitereFortschritte zu verzeichnen sind.Rieckhof: Das ist ein unhaltbarer Zustand,für den die S-Bahn nichts kann. Aber eskann doch nicht sein, dass immer wiederBäume auf die Gleise fallen und alleschauen zu. Wir set-zen uns deshalbauch für dieses Pro-jekt ein und hoffen,dass es einen wirksa-men Freischnitt gibt.Übrigens betrifft dasnicht nur die Fahrgäste auf der S3, denndie Verspätungen, die da entstehen, ma-chen sich im gesamten Streckennetz be-merkbar. Es ist nun einmal eine Besonder-heit dieser S-Bahn-Strecke, dass wir abNeugraben mit Oberleitungen fahrenmüssen. Deshalb müssen die Umweltver-bände in dieser Frage auch mal Fünfe ge-rade sein lassen. Wir müssen lieber einpaar Bäume mehr als zu wenig fällen. Wirdürfen nicht vergessen, dass Bahnfahrenauch Umweltschutz bedeutet. Ich bin sehrzuversichtlich, dass wir im Frühjahr eineLösung bekommen.

Herr Arnecke, viele Pendler sagen unsimmer wieder, dass sie ein gewisses Ver-ständnis für die Naturbeeinträchtigun-gen haben, aber keinerlei Verständnisaufbringen, für die mangelnde Kommu-nikation. Da gibt es in Krisenmomentenwidersprüchliche oder gar keine Infor-mationen. Ist das nicht ein Armutszeug-nis in Zeiten der Digitalisierung?Arnecke: Wir wissen, dass wir hier besserwerden müssen. Störungen und fehlendeInformationen ärgern uns ja selbst ammeisten. Wir wollen etwa interne Informa-tionswege weiter verkürzen. Eine Beson-derheit auf dieser Strecke ist zum Beispiel,

dass wir als S-Bahn die Ansagen auf denBahnhöfen nicht selbst machen.

Das interessiert die Pendler nicht, diewollen Informationen und sehen sich alsKunden der Bahn…Arnecke: …und deswegen werden wir dasauch zum Jahreswechsel ändern, dannübernimmt die S-Bahn auch auf dieserStrecke die Bahnhofsansagen. Die Ansa-gen erfolgen dann, wie bei allen anderen

Strecken auch, direkt aus unserer Be-triebszentrale in Hammerbrock, so dasswir hoffentlich eine Verbesserung bekom-men. Gleichzeitig bieten wir bereits heuteüber unseren Twitter-Kanal und der AppDB Streckenagent Echtzeit-Informationenim Störungsfall.

Ab wann wird es die Änderung geben?Arnecke: Wir übernehmen die Ansagen anden Bahnhöfen ab Januar, aber das wirdein fließender Übergang werden.

Das zweite große Problem ist bei Bahn-Störungen der Mangel an Bussen. Dafuhren zuletzt vier Busse zwischen Bux-tehude und Cuxhaven – und jeder Buswar fast drei Stunden unterwegs, für ei-ne Fahrt.Arnecke: Das ist leider ein Problem, daswir nicht mit dem Busverkehr lösen kön-nen. Wir müssen das Übel an der Wurzelpacken und das heißt, wir müssen die Ri-siken minimieren, die zu Zugausfällenführen können. Die Busunternehmenkönnen für solche Ausnahmesituationenkeine Reservebusse vorhalten. Selbst un-sere Bemühungen, in solchen Situationenmit Taxenverbänden zusammen zu arbei-ten, sind nur ein Tropfen auf den heißen

Stein. Die Ursache muss bekämpft wer-den, das ist die einzige Lösung.

Herr Rieckhof, inwieweit hat Hamburgein Interesse an einer funktionierendenS-Bahn ins niedersächsische Umland?Rieckhof: Wo die S-Bahn fährt und derHVV-Tarif gilt, ist Metropolregion. So se-hen es viele Menschen. Ich konnte 2007die erste S-Bahn im Stader Bahnhof alsdamaliger Bürgermeister begrüßen undich weiß, dass das für die Menschen imLandkreis ganz wichtig war, weil das einweiterer Schritt in Richtung Identifikationmit der Metropolregion war. Hamburg hatein gesteigertes Interesse daran, dass dieZahl der Pendler mit der Bahn in dieStadt deutlich steigt. Die engere Metro-polregion ist ein einheitlicher Wirtschafts-raum und wenn wir den Verkehrskollapsin Hamburg vermeiden wollen, müssenwir möglichst viele Pendler auf die Bahnbekommen. Übrigens: Auch die Men-schen, die am Wochenende zum Einkaufnach Hamburg kommen, sollten die Bahn

benutzen – und um-gekehrt natürlichauch. Insofern ist dieS-Bahn ein Erfolgs-modell und so er-folgreich, dass wirmit der S21 Rich-

tung Kaltenkirchen und der S4 nach BadOldesloe Nachahmerprojekte schaffenwollen. Bei aller Kritik, die gerade injüngster Zeit durch die witterungsbeding-ten Ausfälle gekommen ist, dürfen wirnicht vergessen, dass die Verlängerung derS3 nach Stade eines der ganz großen Er-folgsprojekte der Region ist.

Aber so erfolgreich, dass die Bahnen teil-weise überfüllt sind und die Pendler ste-hen müssen.Rieckhof: Das ist richtig, aber das ist einProblem, das wir lösen müssen.Arnecke: Wir haben schon im ersten Jahr30 Prozent mehr Fahrgäste gehabt, als wiraufgrund der Prognosen erwartet hatten.Wir haben bis heute noch mal eine Steige-rung um 20 Prozent. Unter dem Strichheißt das: Es sind über 50 Prozent mehr,als erwartet. Insgesamt haben wir im Ver-gleich zum Zeitpunkt vor der Betriebsauf-nahme eine Steigerung von etwa zweiDrittel. In diesem Jahr werden wir knappsieben Millionen Fahrgäste auf der Liniehaben. Das ist ein Riesenerfolg, aber es istauch richtig, dass wir nachbessern müs-sen. Unser Ziel ist es, auf der Linie S3 inden Hauptverkehrszeiten nur noch mitLangzügen zu fahren, also mit neun Wag-

gons. Da ist dann Platz für rund 1000Fahrgäste, in die jetzt meist eingesetztenVollzüge passen etwas mehr als 600 Fahr-gäste. Das ist das, was unsere Fahrgästezu Recht von uns erwarten können: Dasswir in den Hauptverkehrszeiten entspre-chend lange Züge fahren lassen.

Über welche Streckenabschnitte redenSie? Langzüge bis Stade?Arnecke: Nein, die Langzüge fahren zwi-schen Neugraben und Elbgaustraße. DieVollzüge, die aus Buxtehude kommen,werden in Neugraben durch einen weite-ren Zug verstärkt. Wegen der nicht ausrei-chend langen Bahnsteige können dieLangzüge nicht im Landkreis Stade einge-setzt werden.Rieckhof: Das ist aber nicht das Problem,denn die höchsten Belastungen auf derLinie S3 haben wir zwischen Harburg undHauptbahnhof. Wir kennen die Situationschon lange, aber wir konnten die Proble-me der vollen Züge bisher nicht lösen,weil wir schlicht keine weiteren Zugkapa-zitäten hatten.

Die neuen Züge werden ab 2018 einge-setzt. Was können die Pendler erwarten?Arnecke: Wir investieren deutlich über500 Millionen Euro in neue Züge, inWerkstätten und die Modernisierung dervorhandenen S-Bahnen. Alle werdendurchgängig sein. Wir bekommen bis De-zember 2018 insgesamt 60 neue Fahrzeu-ge der Baureihe 490, mit denen wir denGrundfahrplan bedienen können undauch schon eine Verstärkung auf der S3vorgesehen ist. Dankenswerterweise hatder Senat nochmals zwölf zusätzliche Zü-ge bestellt, die 2019 kommen werden.Die alten Züge der Baureihe 472 habendann ihre Lebensdauer erreicht, die mus-tern wir aus. Insgesamt haben wir dannalso 20 Züge mehr als heute. Damit kön-nen wir dann gewährleisten, dass wirLangzüge auf der S3-Linie in den Haupt-verkehrszeiten komplett einsetzen kön-nen.

S-Bahn-Gipfel bei 100 StundenkilometernInterview: S-Bahn-Chef Kai Uwe Arnecke und der Hamburger Staatsrat Andreas Rieckhof über bessere Kommunikation und das Problem umstürzender Bäume

Von Wolfgang Stephan und Birger Hamann

Ein Gespräch über zehn Jahre S-Bahn im Landkreis Stade? Muss natürlich in einer S 3 stattfinden. Daher trafsich das TAGEBLATT mit S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke und den für Verkehr zuständigen Hamburger Staats-rat Andreas Rieckhof zum Gespräch auf der Schiene. Eine Stunde ging es um Pünktlichkeit und umgefalleneBäume, um fehlende Parkplätze und neue Züge, um Sicherheit und Bahnpreise. Und es ging um das Thema In-formation. Weil dieser Punkt seit zehn Jahren, seitdem die S-Bahn in den Landkreis Stade fährt, immer wiedervon den Pendlern angeführt wird, wenn sie gefragt werden, was schlecht läuft. Doch Arnecke hatte gute Neuig-keiten parat – nicht nur bei diesem Themenkomplex.

Andreas Rieckhof, Jahrgang 1959, wurde inHamburg geboren, wo er auch sein Abitur machteund studierte. Zeitweise wohnte er in einer WGmit dem heutigen Bürgermeister Olaf Scholz. NachStationen in der Hamburger Verwaltung wurdeRieckhof 2001 Stadtrat von Aurich und war von2006 bis 2011 Bürgermeister von Stade. Seit 2011ist er Staatsrat in der Behörde für Wirtschaft, Ver-kehr und Innovation im Zuständigkeitsbereich Ver-kehr. Rieckhof ist verheiratet und hat einen Sohn.

Zur PersonKay Uwe Arnecke, geboren 1960, ist gebürti-ger Hamburger. Er studierte Volkswirtschaftslehre,Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeografie.Der Diplom-Volkswirt war nach dem Studium Wis-senschaftlicher Assistent und später Büroleiter beiBürgermeister Klaus von Dohnanyi. 1995 wechsel-te er zur Deutschen Bahn AG, wo er unter ande-rem Personalvorstand im Personenverkehr war.Seit 2008 ist der Vater zweier Söhne Vorsitzenderder Geschäftsführung der S-Bahn Hamburg GmbH.

Zur Person

Interview in der S3 von Hamburg in Richtung Landkreis Stade: S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke (Zweiter von links) und Andreas Rieckhof, Verkehrs-Staatsrat der StadtHamburg (Zweiter von rechts), im Gespräch mit den TAGEBLATT-Redakteuren Wolfgang Stephan (links) und Birger Hamann.

S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke

» Die S-Bahn wird die Kommunikation an den Bahnhöfen auf derStrecke nach Stade übernehmen. «

6 S-Bahn-Special

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Die neuen 490er-Züge werden demnachnur bis Neugraben eingesetzt?Arnecke: Nein, wir haben auch diese neu-en Züge mit der Zweistromtechnik be-stellt, die also auch bis Stade fahren könn-ten und dort auch teilweise eingesetztwerden. Sie dürfen aber nicht vergessen,dass wir alle Fahrzeuge der jetzigen Bau-reihe 474 so umbauen, dass auch dieseZüge durchgängig sind, zudem gibt esauch dort moderne Informationssysteme.Das ist dann auch ein wunderbarer Zug,der sich positiv von den Fahrzeugen ab-setzt, die wir derzeit haben.

Ab wann werden die umgebauten Zügefahren?Arnecke: Die sind bereits auf der Strecke!Wir haben inzwischen 27 von insgesamt112 Zügen umgebaut und die sind natür-lich auch im Einsatz. Das gesamte Um-bauprogramm läuft bis 2021. Das hängtdamit zusammen, dass wir immer nur ma-ximal zwei Züge aus dem Betrieb nehmenkönnen, um sie zu sanieren.

Heute sind wir noch mit den alten Zügennach Hamburg zu Ihnen gekommen. Fürdie Fahrt von Stade nach Hamburg undzurück, mussten wir 16,40 Euro pro Per-son bezahlen. Ist das nicht ein bisschenviel, Herr Rieckhof?Rieckhof: Unser Interesse ist es, die Fahr-gäste in ein Abonnement zu holen. DassEinzelfahrten teurer sind, ist völlig ge-rechtfertigt. Sie müssen insgesamt sehen,dass die Rabattierung auf den Langstre-cken besonders groß ist. Anders gesagt:Die Hamburger zahlen im Verhältnis aufden Kurzstrecken mehr, als die Fahrgästeauf den Langstrecken.

Rechnen Sie mit einer Ausweitung desHVV-Tarifs in den Kreis Cuxhaven?Rieckhof: Die wird es geben, die politi-schen Weichen sind gestellt. Zur Zeit wirdmit der Landesnahverkehrsgesellschaft anden Verträgen gearbeitet.

Ein Problem für die Pendler ist die Parksi-tuation an den Bahnhöfen. Neu Wulms-torf hat in ein Parkhaus investiert, inHorneburg sollen neue Parkplätze ge-baut werden, aber in Buxtehude tut sichnichts. Die Parkplatzsituation rund umden Bahnhof ist katastrophal. Wäre esnicht auch im Interesse der S-Bahn unddes HVV, dessen Aufsichtsratsvorsitzen-der Sie sind, dort für Abhilfe zu sorgen.Rieckhof: Natürlich haben wir ein Interes-se daran, dass die Bedingungen für diePendler gut sind, Hamburg hat sich des-wegen auch fast überall finanziell anPark-and-Ride-Anlagen beteiligt. Aber ichwerde gewiss nicht der Bürgermeisterin inBuxtehude Ratschläge erteilen, was sie zutun hat, schon gar nicht über das TAGE-BLATT, bei allem Respekt. Aber natürlichist in Buxtehude noch deutlich Luft nachoben, ganz klar.

Welche Note würde der Chef seiner S-Bahn in Hamburg geben?

Arnecke: Da kann ich Ihnen eine klareAntwort unserer Kunden geben: Der HVVlässt jährlich eine Umfrage zur Bewertungder Verkehrsunternehmen in Hamburgmachen, da geht es auch um so zentraleFragen wie Sauberkeit, Sicherheit undPünktlichkeit. Und da haben wir zuletztdie Schulnote 2,2 bekommen, damit binich sehr zufrieden. Wobei wir fairerweisesagen müssen, dass es Verbesserungspo-tenziale gibt, ein Thema haben Sie bereitsangesprochen: die Kommunikation. Unddass wir mit der Pünktlichkeit auf derStrecke nach Stade nicht zufrieden sind,ist auch klar. Es ist mit Abstand die Stre-cke mit der geringsten Pünktlichkeit, weilwir auf dieser Strecke nicht alleine fahren.Da haben wir neben dem Metronom auchGüterverkehre und 19 Bahnübergänge –und die beklagten Bäume entlang derGleise. Insgesamt haben wir eine Pünkt-lichkeitsquote von fast 95 Prozent im S-Bahnnetz Hamburg. Damit stehen wirbundesweit gut da. Aber die erreichen wirnicht auf der Strecke nach Stade.Rieckhof: Auch wenn das hier nicht jederglauben mag: Die Hamburger S-Bahn giltbundesweit als ein Muster an Zuverlässig-keit, Pünktlichkeit und Sicherheit. Solcheine S-Bahn würden sich viele Städtewünschen.

Wie sicher ist die S-Bahn denn?Arnecke: Die S-Bahn ist sehr sicher. Wirhaben schon im Jahr 2011 zusammen mitdem Senat, der Hochbahn und der Lan-des- und Bundespolizei eine Sicherheits-partnerschaft geschaffen. Der Senat gibtviel Geld aus, um die Sicherheit in den U-und S-Bahnen zu verbessern. Wir beschäf-tigen alleine bei der S-Bahn 290 Sicher-heitskräfte, die rund um die Uhr und ver-stärkt am Wochenende Dienst tun. Natür-lich ist es nicht auszuschließen, dass auchbei der S-Bahn mal etwas passiert. Das istaber im Promillebereich und gemessen andem, was sonst so passiert, kann ichschon sagen: Der öffentliche Nahverkehrist sicher.Rieckhof: Das gilt für die Züge und dasgilt für die Bahnhöfe. Straftaten, die oft inZusammenhang mit den Bahnhöfen gese-hen werden, spielen sich in der Regel imUmfeld der Bahnhöfe ab, aber nicht inden Bahnhöfen und nicht in den Zügen.Arnecke: Wir versprechen uns natürlichauch durch die Durchgängigkeit der Zügeeine weitere Verbesserung des subjektivenSicherheitsgefühls der Fahrgäste.

Werden die neuen Fahrzeuge mit Kame-ras ausgestattet?Arnecke: Natürlich, schon jetzt sind allunsere Züge kameraüberwacht. Deshalbkann die Polizei die Täter sehr häufig er-mitteln, wenn etwas passiert ist.Das heißt: Unser Gespräch wird jetztnicht nur auf Band, sondern auch von ei-ner Kamera aufgezeichnet?Arnecke: So ist das. Aber keine Sorge,nach 72 Stunden wird das wieder gelöscht– wenn uns in diesem Interview nichtsUnvorhergesehenes passiert.

Staatsrat Andreas Rieckhof (links) und Kay Uwe Arnecke, Geschäftsführer der S-Bahn, sehen die HamburgerS-Bahn auf einem guten Weg – aber in vielen Aspekten durchaus noch Luft nach oben.

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ie kommt und kommt undkommt nicht“ lautete dieÜberschrift am Montag imTAGEBLATT. 71 (!) Minu-

ten hatte die erste S-Bahn Verspä-tung, um 2.16 Uhr rollte sie end-lich in Buxtehude ein. Das Prob-lem war die Systemwechselstelle,eine technische Herausforderungin Neugraben, die den Bahnver-antwortlichen noch lange Proble-me bereiten sollte. Überhaupt warder Start der S-Bahn zugleich derStart einer langen Pannenserie.Doch dazu später mehr.

Die 71 Minuten Verspätung wa-ren happig, zumindest für den Mo-ment. Bedenkt man aber, wie lan-ge die Buxtehuder, und auch dieanderen Bahnfahrer im Kreis Sta-de, auf die S-Bahn warten muss-ten, verkommen diese eine Stundeund elf Minuten zu einem kurzenAugenblick in den Jahren undJahrzehnten des Planens und Hof-fens. Die Vorarbeiten zur S-Bahnbis in den Kreis Stade liefen imPrinzip schon 30 Jahre vor dembeschriebenen 9. Dezember 2007.Ende der siebziger Jahre ent-schloss sich die Stadt Hamburgbeim Nahverkehr nämlich für denSprung über die Elbe. Bereits seit1907, als die erste Linie zwischenAltona und Ohlsdorf verkehrte,wurde das S-Bahn-Netz stetig aus-gebaut. In Richtung Westen, Os-ten, Norden – nur nicht nach Sü-den. Am 25. September 1983 wares dann endlich soweit, die LinieS3 zwischen dem Hauptbahnhofund Harburg nahm ihren Betriebauf. Am 5. August 1984 folgte dieVerlängerung bis nach Neugraben.Seitdem machten sich die Men-schen in Buxtehude Hoffnung dar-auf, an das Hamburger S-Bahn-Netz angeschlossen zu werden.An eine Linie gleich bis nach Sta-de, wie es 23 Jahre später Realität

S werden sollte, wagte damals kaumjemand zu denken.

Doch selbst eine Verlängerungnur bis Buxtehude war zunächstnicht möglich, denn es gab eintechnisches und in Folge dessenauch ein finanzielles Problem.Denn die Hamburger S-Bahn hat-te zwischen 1939 und 1955 ihrenBetrieb von Wechsel- auf Gleich-strom, mithin von der Oberleitungauf eine neben den Gleisen verlau-fende Stromschiene umgestellt.Als die Überlegungen einer S-Bahn-Verlängerung bis nach Bux-tehude konkreter wurden, warenlängst keine Fahrzeuge mit Strom-

abnehmer mehr im Betrieb. Die 32Kilometer lange Strecke zwischenNeugraben und Stade war jedochnur mit einer Oberleitung ausge-rüstet. Der Plan, eigene Gleise miteiner Stromschiene zu bauen, wur-de wieder verworfen, weil der Bausolcher zusätzlichen Gleise nichtzu bezahlen war. Es musste eineLösung her, um die Oberleitungenauf der bestehenden Strecke nut-zen zu können. Eine Zwei-Sys-tem-Bahn, die sowohl an dieStromschiene als auch an dieOberleitung andocken kann. Ein-ziger Haken an dieser Idee: Solcheine Bahn hatte es in Deutschlandnoch nie gegeben – und damitauch keine Praxiserfahrung.

Die neunziger Jahre lassen sichauf eine relativ einfache Formelbringen: planen, durchrechnen,neu planen, neu durchrechnen. Solief das beim Projekt S-Bahn inRichtung Kreis Stade. Im Laufeder Zeit setzte sich die Erkenntnisdurch: Technisch war das Konzeptmit Zwei-Strom-Fahrzeugen um-setzbar, doch es war nach wie vorein teures. Schließlich hätten vieleS-Bahn-Fahrzeuge umgerüstet undmit Stromabnehmern versehen

werden müssen. Allerdings warensich alle Beteiligten darüber imKlaren: Ein Ausbau der Streckewürde noch teurer werden undkam daher nicht in Frage.

Was die ganze Angelegenheitkompliziert machte, war die Tatsa-che, dass sich bei dem Projektzwei Bundesländer einig werdenmussten. Schließlich lag der Groß-teil der möglichen Strecke auf nie-dersächsischem Gebiet. Anderer-seits wusste man im HamburgerRathaus nur zu gut, welch großerAttraktivitätsschub die Stadt miteiner Ausweitung des S-Bahn-Net-zes erleben würde, von den finan-ziellen Vorteilen weiterer Pendlerund Besucher ganz zu schweigen.Obendrein würde man Autos ausder Innenstadt bekommen. Auchdaher nahm Hamburg die S-Bahn-Verlängerung nach Buxte-hude Mitte der Neunziger in seinEntwicklungskonzept der Metro-polregion auf. Ein positives Signal,nachdem das Projekt in den Jah-ren zuvor von politischer Seitekaum vorangebracht worden war.

Die Gespräche zwischen denbeiden Ländern zogen sich aberweiter Jahre hin, Optimismus und

Pessimismus wechselten sich insteter Regelmäßigkeit ab. Bis zumSommer 1998, als ein Gutachtenbelegte: Technisch UND finanziellist eine Verlängerung machbar, dieParteien müssen sich nur einigen.Und siehe da: „Die Chancen wa-ren noch nie so gut“, ließen sichStades Ober-kreisdirektorKarsten Ebelund ReinhardStüttgen, Chefder Nahver-kehrsgesellschaftNordostnieder-sachsen, im Win-ter 1998 zitieren.

„Unsere Chan-cen standennoch nie so gut“:Das ist nicht et-wa die bloßeWiederholungdes eben ge-nannten Zitats,dieser Satzstammt vom ehe-maligen StaderLandrat GunterArmonat. Ausge-sprochen einJahr, nachdemsich Ebel undStüttgen nahezu identisch geäu-ßert hatten. Allein dies belegt, dasshinter den Kulissen lange und hartverhandelt wurde, freilich ging esdabei fast immer nur ums Geld.Doch die Arbeit lohnte sich undArmonat sollte dann auch Rechtbehalten: Denn das Jahr 1999 darfheute als Durchbruch in den Ver-handlungen angesehen werden.

Bei der S-Bahn HamburgGmbH, die 1997 als selbstständigeTochter der Deutschen Bahn AGgegründet worden war, rechnetendie Experten die Fahrgastzahlenhin und her. Irgendwann kamensie dann zu der Erkenntnis: DieseLinie lohnt sich tatsächlich – undzwar sehr. Die Strecke Buxtehu-de-Hamburg war mit damals werk-täglich 7600 Fahrgästen die zweit-stärkste in Niedersachsen. Mit ei-ner S-Bahn, die moderner ist, lei-ser und obendrein noch häufigerverkehrt, gingen die Planer von ei-ner möglichen Steigerung derFahrgastzahlen um mehr als 20Prozent aus (was später allein imersten Jahr 2008 erreicht wurde).

Zudem konnten die Expertendamals zumindest ahnen, dass das

immense Wachstum des Dienst-leistungs- und Informationssektorsin Hamburg zu einer stetig steigen-den Zahl an Pendlern führen wür-de. Und obendrein war bekannt,dass Buxtehude und Umgebung ei-ne wachsende, weil immer belieb-ter werdende Region ist. All diese

Prognosen führ-ten zur Erkennt-nis, dass sich dieVerlängerung derLinie S3 lohnenwürde. Oder wiees Verkehrspla-ner Stüttgen aus-drückte: Die S-Bahn-Leitunghabe „eine ge-wisse Kehrtwen-dung gemacht“.Peter Hofmann,damaliger Ge-schäftsführer derS-Bahn, war of-fenbar so eupho-risiert von denPrognosen, dasser Anfang 2000verkündete, inzwei Jahren wür-den die erstenS-Bahn-Züge bisnach Buxtehude

fahren. Doch ganz so schnell, wiees ihm vorschwebte, ging es danndoch nicht.

us 2002 wurde 2003. Bux-tehudes damaliger Bürger-meister Jürgen Badur sag-te Mitte 2000 dann als ei-

ner der Ersten, er rechne mit derRealisierung nicht vor 2004. Dietechnischen Fragen waren zwarlängst geklärt, die finanziellen aberimmer noch nicht. Wer zahlt was?„S-Bahn in den Kreis Stade ver-liert an Fahrt“ titelte das TAGE-BLATT Anfang 2002. Das Projektschien zu einer Hängepartie zuwerden – und dann kam die großeÜberraschung. Dass Niedersach-sens Verkehrsministerin SusanneKnorre und Hamburgs BausenatorMario Mettbach im Februar 2002ihren grundsätzlichen Willen zurVerlängerung der S3 bekundeten,war noch keine Sensation; wohlaber die Ankündigung, dass dieS-Bahn sofort bis nach Stade fah-ren solle und nicht in einem erstenSchritt nur bis nach Buxtehude.Als Start wurde das Jahr 2006 ge-nannt – und so sollte es auch fastkommen.

A

Von Birger Hamann

Der Start ging komplett daneben. Es war der 9. Dezember2007, früher Sonntagmorgen, als die erste reguläre S-Bahnin den Landkreis einfahren und um 1.05 Uhr in BuxtehudeHalt machen sollte. Dafür hatten sich zu dieser frühen Stun-de, zumal bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunktund Regen, extra ein paar Menschen am Buxtehuder Bahn-hof versammelt, um diesem historischen Ereignis beizuwoh-nen. Was um 1.05 Uhr dann fehlte, war die S-Bahn.

Heute: Eine S-Bahn der neuen Baureihe 490 fährt in den Bahnhof Blankenese. In diesenTagen startet der Vorserienbetrieb der neuen S-Bahn-Baureihe 490. Moderner undkomfortabler waren die Fahrzeuge nie. Foto Heimken/dpa

Walter Hirche, Niedersachsens

Wirtschaftsminister (2003-2009)

» Die S 3 ist ein Meilen-stein der Verbesserung der

Verkehrsverhältnisse. «

Geburtsstunde der S3 nach Stade:

1983 wurde die S3 bis nach Harburg verlängert. Voraussetzung dafür, dass die S-Bahn fast 25 Jahre später in den Landkreis fahren konnte. Foto S-Bahn Hamburg

8 S-Bahn-Special

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as historische Datum warder 22. Oktober 2003. Andiesem Tag unterzeich-neten Hamburgs Bau-

senator Mettbach, Niedersach-sens Wirtschaftsminister Wal-ter Hirche und BahnvertreterUlrich Homburg in Ham-burg den Vertrag über dieVerlängerung der Linie S3bis nach Stade. Hirchesprach von einem „Meilen-stein in der Verbesserungder Verkehrsverhältnisse“.Mehr als zehn Jahre nachden ersten konkreteren Pla-nungen einer S-Bahn-Verlänge-rung bis nach Buxtehude wardas Projekt endlich auf dieSchiene gebracht.

Dass die Vertragsunterzeichnerdamals von falschen, weil zu nied-rig angesetzten Kosten ausgingen,darf in der Rückschau als will-kommener Fehler angesehen wer-den. Von den 100 Millionen D-Mark, die das Projekt einst kos-ten sollte, war zwar längst nichtmehr die Rede gewesen.Aber die 130 Millionen Eu-ro, die für Züge und Infra-struktur veranschlagt wa-ren, reichten bei weitemnicht aus, wie Anfang2006 herauskam.Denn für die System-wechselstelle sowieden Umbau derStrecke und derBahnhöfe waren 72Millionen Euronötig – und damit29 Millionenmehr, als ur-sprünglich ge-plant.

In einer Drucksa-che der HamburgerStadtentwicklungsbe-hörde war die Rede von„fehlerhaften Planun-gen“ seitens der Bahn, diebei der Kalkulation 2002„erforderliche Kostenpositi-onen übersehen“ hatte. So-gar ein Verzicht auf die Verlän-gerung wird in dem Schreibenals Option geprüft, allerdingsmit dem Ergebnis: „Nicht sinn-voll“, weil schon zu viele Mittel indas Projekt geflossen seien. Werweiß, ob die Verträge im Oktober2003 tatsächlich unterschriebenworden wären, hätten die gutenHerren von den richtigen Zah-len gewusst. Aber, der Bahn seiDank, sie kannten sie nicht.

Mit den Unterschriften folg-te die Ansage: Ende 2007 wer-de die S-Bahn in den KreisStade fahren. In den vier Jah-ren bis dahin gab es jedeMenge zu tun, vier großeMaßnahmen standen an:Erstens mussten S-Bahn-Triebwagen umgerüstetund mit Stromabnehmernausgestattet werden; zwei-tens musste die Streckezwischen Neugraben undStade signaltechnisch mo-dernisiert werden; drit-tens mussten die Bahn-höfe allesamt umgebautwerden, weil für die S-Bahn eine höhere Bahn-steigkante nötig war alsfür die Regionalbahnen;und schließlich musste inNeugraben die System-wechselstelle gebaut werden.

Dieser vierte Punkt warder kniffligste. Der Planwar, dass die S-Bahn vonNeugraben in RichtungBuxtehude die ersten Me-ter noch von der Strom-schiene versorgt werdenund dann in einen etwahundert Meter langenstromlosen Abschnittgleiten sollte. In die-ser Zeit sollte dieBahn zunächst vonder Stromschiene(Gleichstrom) ab- und erst dannan die Oberleitung (Wechselstrom)andocken. Würde so etwas zeit-gleich passieren, käme es zu einemKurzschluss im System. Sobald dieStromabnehmer ausgefahren undan die Oberleitung angedockt wä-ren, könnte die S-Bahn „Saft“ be-ziehen und Fahrt aufnehmen. Inder Theorie klang das alles ganzsimpel, in der Praxis war es dannaber nicht mehr ganz so einfach.

Die Systemwechselstelle, unddamit wären wir wieder bei derEinleitung, war nicht nur für dieVerspätung am frühen Morgen des

D

9. De-zember 2007 verantwortlich. Siebereitete den Pendlern und Bahn-verantwortlichen zu Beginn wo-chenlang Probleme. Denn dieStromumstellung verlief im Alltagkeineswegs so reibungslos wie imTestverkehr. Abdocken von derStromschiene klappte meist noch,andocken an die Oberleitungnicht. Im Winter ließen sich dieStromabnehmer häufig gar nichtausfahren, weil sie festgefrorenwaren. Und manchmal kam es vor,dass die S-Bahn in dem stromlo-sen Abschnitt liegenblieb, was dasmit Abstand ungünstigste Szenario

war: So ver-sperrte der Zug die

Strecke für die nachkommendenBahnen und musste erst umständ-lich zurück ins Gleichstromnetzgeschleppt werden.

„S-Bahn mit schlechtem Start“,„Die Bahn bringt sich um den Er-folg“ und „Der S-Bahn-Motorstottert noch immer“ lauteten dieÜberschriften im TAGEBLATT al-lein in der ersten Woche nach deroffiziellen Inbetriebnahme, wie esim Bahn-Deutsch heißt. Dabeiwar die S-Bahn – trotz aller Ver-spätungen – an sich von Beginn anein großer Erfolg, die Nachfragewar riesig. Aber ausgerechnet die-

ser positiveStart schlug insGegenteil um, denn die Zü-ge waren chronisch überfüllt.

Das größte Problem war jedochkeines, das direkt mit den Zügenzu tun hatte – sondern mit derBahntochter selbst. Denn dieKommunikation der S-Bahn Ham-burg war in den Anfangswochenausbaufähig – wohlwollend formu-liert. Pendler wurden häufig spätoder gar nicht informiert, Proble-me wurden so lange geleugnetoder schöngeredet, bis sie zu of-fensichtlich waren, als dass mansie weiter hätte vertuschen kön-nen. Das Krisenmanagement warkein gelungenes und das trübte

la-nge Zeit

das gute Ge-samtprojekt.

Denn, das muss ausdrücklich er-wähnt werden: Die S-Bahn-Ver-längerung war ein Quantensprungim Öffentlichen Nahverkehr. Daswurde vor allem deutlich, als dasAngebot größer und die Problemekleiner wurden. Die Züge kamenpünktlicher und wurden verlän-gert, der Takt wurde verdichtetund es kamen 2012 sogar die lan-ge geforderten Nachtschwärmer-züge am Wochenende hinzu, mitdenen die Fahrgäste auch zu spä-ter, oder besser früher Stunde

nochvon Hamburg zurückfahren

konnten.eute befördert die S-Bahn Pendler in denStoßzeiten von Buxtehu-de aus alle zehn Minuten

in Richtung Hamburg, abends giltdieser Takt in der Gegenrichtung.Ansonsten ist alle 20 Minuten eineS-Bahn der Standard, am Wo-chenende alle 30. Streiken nichtgerade die Lokführer oder stürzenBäume um, läuft der Verkehr mitt-lerweile so gut wie reibungslos.Die S-Bahn ist das Verkehrsmittelfür täglich Tausende Pendler, dieaus dem Landkreis Stade zur Ar-beit nach Hamburg fahren. EineErfolgsgeschichte, trotz des mise-rablen Starts Ende 2007.

H

Leidensgeschichte mit Happy End

„Oje, Die erste S-Bahn mit Verspätung“ titelte das TAGEBLATT am 10. Dezember 2007.

S-Bahn-Special 9

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ANKE PIATKE

» Die S-Bahn istfür mich dieschnellste undgünstigste Mög-lichkeit, meineArbeitsstelle zuerreichen. Aberdie Taktung mitnur einer Verbin-dung nach Ham-burg ab 21 Uhrist dringendzu verbessern.«

SUSANNE KAGELMANN

»Die S-Bahn istfür mich eineMöglichkeit,mein Fahrrad ei-ne Teilstreckemitzunehmen.«

PETER DOST

»Die S-Bahn istfür mich eingünstigeres Ver-kehrsmittel alsmein Auto, aberder Komfortlässt zu wün-schen übrig.«

LARS AHRENS

» Die S-Bahn istfür mich eherlästig, aber einMittel zumZweck.«

GERD RANDOHR

» Die S-Bahn istfür mich sehr er-holsam, denn siebringt mich auchmit geschlosse-nen Augennach Hamburg.Aber sie ist zu-gleich auch an-strengend, weilsie zumeist hoff-nungslosüberfüllt ist.«

JENS-PETER HELLINGHAUSEN

»Die S-Bahn istfür mich etwas,was man in vol-len Zügen genie-ßen kann.«

JOVAN CONJINC

» Die S-Bahn istfür mich dasperfekte Mittel,um in ganzHamburg mobilzu sein, aber sieist leider häufigsehr unzuverläs-sig.«

LARA MEYER

» Die S-Bahn istfür mich diepraktischste Artzur Arbeit zukommen, aberdas dauerndeWarten auf-grund von Ver-spätungen undAusfällen istnervig.«

DANIEL HÖHN

» Die S-Bahn istfür mich alsSchichtgänger,aufgrund ihrerhäufigen Ver-spätungen einungeeignetesVerkehrsmittel,aber in meinerFreizeit ein gutesMittel um von Anach B zukommen.«

ANNA PYKA

»Die S-Bahn istfür mich eineGelegenheit,trocken voranzu-kommen, wenndas HambugerWetter zu-schlägt.«

YANNICK BRENZ

»Die S-Bahn istfür mich die Ge-legenheit, end-lich mal wiederZeitung zu lesenund meinen Lie-blingspodcast zuhören.«

LEA ADLER

» Die S-Bahn istfür mich der ein-zige Weg, zurUni zu kommen,aber arg unzu-verlässig undoft zu voll.«

HARIR SINGH ANAND

»Die S-Bahn istfür mich, Zeit fürmich. Ich möch-te mich entwi-ckeln und dafürbrauche ichZeit.«

SINA HANSEN

» Die S-Bahn istfür mich daswichtigsteTransportmittel,um in die Uni zukommen. Aberleider sind diePreise für dieje-nigen, die keinSemestertickethaben, viel zuhoch.«

YANNIK BURANDT

» Die S-Bahn istfür mich ein su-per Verkehrsmit-tel, um nachHamburg zukommen. Aberda sie öfter ver-spätet fährt, binich oftmals nichtpünktlich in derSchule. «

AMELIE VOLKMANN

»Die S-Bahn istfür mich ein Ortzum Grübeln.«

SOPHIE HARTMANN

» Die S-Bahn istfür mich ein täg-liches Verkehrs-mittel, aber lei-der kaum ver-lässlich in ihrenAbfahrtszeiten.«

PASCAL LEUBE

»Die S-Bahn istfür mich einstressfreies Fort-bewegungsmit-tel, Spontanitätund Lebensqua-lität, aber auchUnzuverlässig-keit.«

Umfrage und Fotos: Lena Leun/Yannick Brenz

10 S-Bahn-Special

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S-Bahn-Special 11

eides wird miteinandergekoppelt und soll ein„wichtiger Knotenpunktfür die Hamburger“ wer-

den, bestätigt der Sprecher derHamburger Hochbahn, ChristophKreienbaum. Beide Stationen, dieoptisch recht futuristisch mit vielGlas und Metall daherkommen,hat derselbe Architekt konzipiert.Zurzeit wird gerade das 120 Meterlange, gewölbte Dach der neuenU4-Haltestelle fertiggestellt. Dafürwerden insgesamt 1200 Glasplat-ten eingesetzt. In Kürze kanndann mit dem Innenausbau be-gonnen werden.

Mit einer Gesamtlänge von 136Metern, einer Breite von 32 Me-tern und einer Höhe von knapp 16Metern wird die Haltestelle auchstädtebaulich ein Fixpunkt in ei-nem heute noch recht unwirtli-chen Gebiet sein. Sie kann alsVerlängerung der derzeitigen End-haltestelle Hafencity Universitätauch als zukünftige Anbindung andas neue Quartier dort gedachtwerden. In sieben Minuten ist mankünftig dann vom Jungfernstieg an

B

den Elbbrücken. Auch wenn derSprung über die Elbe noch Zu-kunftsmusik ist, erwarten die Ver-antwortlichen eine Expansion desinnerstädtischen Raums.

Ob an der Norderelbe-Kanteendgültig Schluss sein wird, ver-mag auch Kreienbaum nicht zu sa-gen. „Die Erweiterung des Bahn-netzes muss immer auch infra-strukturell Sinn ergeben“, sagt er.Vor allem hängees auch von derBebauung dessüdlich angren-zenden und zuerschließendenGebietes KleinerGrasbrook ab.„Es gibt hierzunoch keinen Be-schluss“, betontKreienbaum.Derzeit sei anden Elbbrückenerst einmalSchluss. Fernzielist aber nach wievor, dass die U4irgendwann bisin den BezirkHarburg führt.

Bei der neuenU-Bahn-Halte-stelle rechnendie Verantwortli-chen mit einemFahrgastaufkom-men von bis zu20 000 Personen.Auch wenn dieneue Haltestellenoch nicht fertigist, kalkuliert dieHochbahn stattmit geplanten180 Millionen

Euro mit nur 160 Millionen EuroKosten. Senator Frank Horch,Präses der Behörde für Wirtschaft,Verkehr und Innovation, sagt:„Die Haltestelle ist nicht nur einoptisches Highlight, sondern auchein gutes Beispiel für kostenstabi-les Bauen.“ Jahrelang wurde andieser Großbaustelle gearbeitet.Bis zu 23 Meter tiefe Schlitzwändewurden in die Erde gebohrt, ein

940 Meter langer Tunnel wurdeausgehoben, die Strecke beträgtinsgesamt 1,3 Kilometer. 220 000Kubikmeter Erde wurden ausge-hoben. Beim Betongießen warensogar Taucher im Einsatz. Die Ver-längerung der U4 in südliche Rich-tung soll die Stadtteile Veddel undWilhelmsburg an das Nahver-kehrsnetz anbinden.

So wird zwischen den Haltestel-

len Hammerbrook und Veddelauch ein neuer S-Bahn-Halte-punkt gebaut. Parallel zur neuenU-Bahn-Haltestelle sind zwei je-weils 210 Meter lange Außen-bahnsteige für die S-Bahn-Stationvorgesehen. Die lichtdurchfluteteStation soll ebenfalls aus einerStahl-Glas-Konstruktion mit au-ßen liegendem Tragwerk bestehen.Die Bauarbeiten haben vor weni-

gen Monaten begonnen. Zudementsteht ein Umsteigepunkt zwi-schen S- und U-Bahn. Verbundenwerden die Haltestellen durch ei-ne 70 Meter lange Fußgängerbrü-cke. Fahrgäste aus dem Südenmüssen durch den neuen Umstei-gepunkt nicht mehr über denHauptbahnhof, wenn sie in dieHafencity, in die Innenstadt oderan andere Stellen des Schnell-bahnnetzes wollen. „Für Fahrgästeaus der Hafencity gibt es nun ei-nen sehr kurzen und komfortablenWeg in den Süden“, sagt SusanneMeinecke, Sprecherin von HorchsBehörde. Auch die Wirtschaft gou-tiert das Vorhaben, den ÖPNVweiter für den Süden Hamburgszu erschließen. Es sei sogar nötig,insistiert Andreas Schildhauer,Vorstandsmitglied des Wirtschafts-vereins für den Hamburger Süden.

ie Taktung müsse opti-miert und damit den „hö-heren Kapazitäten“Rechnung getragen wer-

den. Gerade viele Neubaugebieteseien unzureichend versorgt, soSchildhauer. Die neuen Baupro-jekte seien somit „derzeit eineMöglichkeit, den Süden an denNorden anzubinden“, sagt Schild-hauer weiter. Dies funktioniere beider S3, die von Pinneberg nachStade führt, schon ganz gut. Fürdie U-Bahn-Strecke fordertSchildhauer: „Man muss die U4 inden Süden verlängern.“ Auch ererwähnt das neue Grasbrook-Quartier und die WilhelmsburgerMitte, wo derzeit ebenfalls neuerWohnraum für 15 000 bis 20 000Menschen entstünde. Schildhauer:„Da besteht eine langfristige Not-wendigkeit. Sonst bleibt der Südenabgeschnitten.“

D

Jetzt rückt die U-Bahn auf den Süden zuNeue Stationen „Elbbrücken“ sollen Wilhelmsburg und Veddel besser ans Netz anbinden – Sprung über die Elbe bleibt im Blick

Von Martin Sonnleitner

Der viel zitierte Sprung überdie Elbe mit dem Öffentli-chen Personennahverkehr(ÖPNV) in Hamburg rücktnäher. Im Dezember 2018sollen die neue Station„Elbbrücken“ der U4 undan derselben Stelle eine S-Bahnstation in der Hafenci-ty eröffnet werden.

Gläserne Röhren mit gedrehtem Stahlskelett: Der Entwurf der Architekten vom Hamburger Büro gmp fürdie S-Bahnstation soll einen Ausblick auf die Elbe bieten. Visualisierung DB AG

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