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TTIP Transatlantisches Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU Ernst-Christoph Stolper, Staatssekretär a.D. Sprecher BUND AK Internationale Umweltpolitik

TTIP Transatlantisches Freihandelsabkommen zwischen den ... · Oktober 2015 in Berlin . Die selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative . Die Unterstützer . Verbändepapier

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TTIP

Transatlantisches

Freihandelsabkommen

zwischen den USA und der EU

Ernst-Christoph Stolper, Staatssekretär a.D.

Sprecher BUND AK Internationale Umweltpolitik

TTIP

Ein gesellschaftlicher Großkonflikt

250.000 Menschen am 10. Oktober 2015 in Berlin

Die selbstorganisierte Europäische

Bürgerinitiative

Die Unterstützer

Verbändepapier „Für eine Handelspolitik im Interesse

der Menschen und der Umwelt vom 30. Januar 2015

Fünf Zentrale Kritikpunkte in TTIP/CETA

1. Gefahr der Absenkung von Umwelt-, Gesundheits-,

Arbeits- und Verbraucherschutzstandards

2. Einschränkung demokratischer Verfahren durch Re-

gulatorische Kooperation / Regulatorische Kohärenz

3. Einschränkung staatlicher Handlungsfähigkeit durch

Investitionsschutzbestimmungen, insbesondere

Investor-Staats-Klagen

4. Gefährdung von Daseinsvorsorge und Kultur durch

Dienstleistungsliberalisierung/Negativlistenverfahren

5. Gefahren für Klimaschutz und Energiewende,

Förderung umweltschädlichen Frackings

Drei Mythen der TTIP-Befürworter

1. TTIP bringt Wohlstand und

Arbeitsplätze

Wirtschaftliche Auswirkungen

Studie CEPR im Auftrag der EU Kommission: 0,5 %

Zuwachs BIP über 10 Jahre, 120 Mrd. absolut

IG-Metall-Chef Wetzel: „Da spielt das Wetter eine

größere Rolle für die Beschäftigungswirkung als das

Freihandelsabkommen“

Handelsliberalisierung ist Rationalisierungsstrategie:

Erst- und zweitklassige Unternehmen werden

überleben, drittklassige nicht

Schaffung von neuen Arbeitsplätzen setzt

Investitionsbereitschaft voraus

Transatlantischer Handel hat bereits hohes Niveau

Zuwachseffekte des EU-Binnenmarktes sind nicht

wiederholbar (12 → 1 vs. 2 → 1)

2. TTIP wird nicht für die Konzerne,

sondern für die KMU gemacht

TTIP vor allem für KMUs?

Agenda ist vor allem von BusinessEurope und

AmCham sowie großen Konzernen bestimmt

Nur 2,8% der europäischen KMU sind im Extra-EU-

Handel aktiv, 0,7% im Handel mit den USA, aber

fast alle sind von verschärfter Konkurrenz betroffen

Durchschnittliches ISDS-Verfahren kostet 8 Mio. €,

unabhängig vom Erfolg

Von EU vorgeschlagenes KMU-Kapitel enthält nur

Maßnahmen, die auch ohne TTIP möglich sind

(Website, Best Practice etc.)

Die Deutsche Wirtschaft – einhellig für

TTIP?

Nicht ganz: Initiative KMU gegen TTIP

Bundesverband der mittelständischen

Wirtschaft (BVMW)

Zu den geplanten Investor-Staat-Streit-

beilegungsmechanismen (ISDS) in TTIP:

überflüssig und strikt ab-

zulehnen

benachteiligen die mittel-

ständische Wirtschaft

hebeln die Rechts-

staatlichkeit aus

3. Die Angst vor der Gelben Gefahr

Die Angst vor der „Gelben Gefahr“

In den USA schon seit längerem zentrales Argument:

TTIP und TPP sind Instrumente zur Eindämmung von

China und den BRICS-Staaten insgesamt

Obama 08.05.15 at Nike Headquarters in Oregon:

We have to make sure, America writes the rules of

the global economy. And we should do it today, while

our economy is in the position of global strength.

Because if we don´t write the rules for trade around

the world, guess what? China will! And they’ll write

those rules in a way that gives Chinese workers and

Chinese businesses the upper hand.”

Obama at Nike Headquarters 08.05.15

Anteile an der Weltwirtschaft

Quelle: U.S. Census Bureau; Exporter Database; World Trade

Organization (WTO); International Monetary Fund (WEO). Stand:

11.02.2014, aus: U.S. Department of Commerce, International

Trade Administration: Benefits of Trade Agreements

Trade in Services Agreement (TISA) currently being negotiated.

Partners: Australia, Canada, Chile, Chinese Taipei (Taiwan),

Colombia, Costa Rica, European Union, Hong Kong, Iceland,

Israel, Japan, Liechtenstein, Mexico, New Zealand, Norway,

Pakistan, Panama, Paraguay, Peru, Republic of Korea,

Switzerland, Turkey, and the United States.

TTIP – die richtige globale Strategie?

Ein Raum mit 800 Mio. Menschen definiert die Regeln für

die anderen 6,5 Mrd. Menschen – noch realistisch?

Alle wirtschaftlichen Prognosen setzen voraus, dass die

anderen Länder, insbesondere die BRICS-Länder keine

Gegenmaßnahmen ergreifen.

Merkwürdige Logik: Die Zukunftsmärkte liegen in Asien –

deshalb steht die Vertiefung der transatlantischen

Beziehungen im Vordergrund unserer Handelspolitik?

Eine wirtschaftliche und politische Konfrontation mit den

BRICS-Staaten würden die EU und Deutschland im

Gegensatz zu den USA nicht aushalten.

TTIP hat auch Auswirkungen auf Europa

Ist die EU zu schwach, um sich international ohne die

USA zu behaupten?

Ersetzen des EU-Formates durch das NATO-Format –

alte Differenz zwischen „Europäern“ und „Transatlan-

tikern“ in der deutschen Außenpolitik

Konservative Politik in Europa: Erst wird die europäi-

sche Integration zerstört, dann wird nach dem großen

Bruder jenseits des Atlantik gerufen.

CDU-Bundesparteitag 8.-10.12.2014:

„Das Freihandelsabkommen muss neben der NATO die

zweite Säule der transatlantischen Partnerschaft

werden und zügig und zielorientiert weiter verhandelt

werden.“

Umwelt-, Gesundheits-, Arbeits- und

Verbraucherschutzstandards

Welten treffen aufeinander

Im Zentrum stehen nicht Zölle, sondern „nicht-

tarifäre Handelshemmnisse“ (Durchschnittlicher

Zollsatz EU: 5,2 %, USA: 3,5 %)

Was dem einen sein „nicht-tarifäres Handelshemm-

nis“, ist dem anderen sein ökologischer, sozialer

oder Verbraucherschutz-Standard

Beispiele:

Tierschutzbestimmungen / Handelshemmnis für

Fleischexporte

Chemikalienzulassungen und –verbote /

Handelshemmnis für Stoffe und Produkte

Verfahren der Beseitigung

„nicht-tarifärer Handelshemmnisse“

Angleichung der Standards und Verfahren

Nach oben, unten oder in der Mitte?

Wer entscheidet über neue Standards?

Gegenseitige Anerkennung

Tatsächliche Gleichwertigkeit der Standards?

Gefahr des „Race to the bottom“

Erfahrung bei der Schaffung des Europäischen

Binnenmarktes: Angleichung statt Anerkennung

Demokratieproblem wurde durch Stärkung des EP

und Schaffung der Politischen Union angegangen

Dieser Weg ist zwischen EU und USA nicht möglich

Nahrungsmittelsicherheit und

Landwirtschaft (SPS)

Konfliktthemen und -bereiche

Gentechnik

Einsatz von Hormonen in der Tiermast

Chlorhühnchen

Pestizideinsatz in der Landwirtschaft

Kennzeichnungspflichten

Risiken für Produzenten und Verbraucher

Gesundheitsgefahren für Verbraucher

Verunreinigungsverfahren für Bio-Produzenten

Ausrichtung der Agrarpolitik (industriell vs.

bäuerlich)

Technischer Umweltschutz (TBT)

Betroffene Branchen z.B.: Chemische Industrie,

Kraftfahrzeugindustrie, IKT, Pharmazeutische

Industrie, Medizingeräte

Hätte es das europäische Chemikalienrecht

REACH gegeben, wenn es damals schon TTIP

gegeben hätte?

Verharmlosende Beispiele: Einklappbare

Rückspiegel und Farbe der Blinker

Unterschiedliche natürliche Anforderungen

erfordern auch unterschiedliche Regulierungen.

Beispiel: Autounfälle in Deutschland und den USA

Übernahme des metrischen Systems?

Vorsorgeprinzip vs. Sound Science

– Grundsätze –

Vorsorgeprinzip ist im europäischen Primärrecht

verankert (Art. 191, Abs. 2 AEUV)

Staat kann bei Hinweisen auf die Schädlichkeit

bereits vor dem eindeutigen Nachweis handeln

Nachweispflicht liegt beim Hersteller/Importeur

U.S.-Recht: „Sound Science“ (~ solide Wissen-

schaft)

Verfahren gilt so lange als ungefährlich bis

Schädlichkeit erwiesen ist

Nachweispflicht liegt beim Staat

Aber: Sammelklagen auf Schadensersatz

Vorsorgeprinzip vs. Sound Science

– Praktische Beispiele –

Verbot von DDT

Zwischen ersten Hinweisen und weltweitem

Verbot lagen über 50 Jahre

Verbot von Asbest

Zwischen erstem Hinweis und kausalem

Nachweis vergingen 70 Jahre

Weitere 2 Jahrzehnte Diskussion um

angemessene Grenzwerte

Am Ende in der EU vollständiges Verbot, in den

USA bis heute nicht

Zukünftiges Beispiel: Chemikalie Bisphenol A?

Alles nur Panikmache?

Europäische Kommission versichert seit einiger

Zeit, Standards würden nicht abgesenkt, aber:

Verhandlung ist Geben und Nehmen

Kampf gegen Einschränkung des Verhandlungs-

mandats im Juni 2013

Berechnete Wachstumseffekte werden nur bei

vollem Abbau der Handelshemmnisse erreicht

Gentechnik, REACH, Tierschutz auf der

„Konzern-Wunschliste“

Beurteilung nur anhand der Entwurfstexte für den

Vertrag möglich (aber: nicht erst nach Abschluss

der Verhandlungen)

Vorsorgeprinzip aus Sicht der BASF

Regulatorische Kooperation /

Regulatorische Kohärenz

Regulatorische Kooperation

– Ziele und Konsequenzen –

Ziel: „lebendes Abkommen“, bei dem „stufenweise

nach vorab festgelegten Zielen und einem festen

Zeitplan auf mehr Regelungskonvergenz hingear-

beitet wird“ (EU-Kommission MEMO/13/564 v. 14.06.2013)

Reduzierung Volumen / Komplexität von TTIP

(CETA-Entwurf: 500 Seiten, mit Anlagen 1.500

Seiten)

Verringerung des Widerstands gegen TTIP und

CETA

Folge: TTIP forever – eine unendliche Geschichte

Ziel: Prüfung bestehender und zukünftiger Gesetz-

gebung, gesteuert von „Regulatory Cooperation

Body“ und „Sectoral Working Groups“

Umfangreiche Anzeige-, Informations- und Konsul-

tationspflichten für Rechtsakte (Richtlinien, Verord-

nungen, Gesetze, Implementierungsmaßnahmen)

Betroffen: Rechtsakte auf Ebene der EU und der

Mitgliedstaaten

Besonderheit EU: Alleiniges Initiativrecht der Kom-

mission. Folge: Konsultation bereits vor Entschei-

dung der Kommission. EP und Rat erhalten nur Vor-

schläge, die bereits mit der US-Seite abgestimmt

sind.

Regulatorische Kooperation

Vorschlag EU-Kommission 2015

Regulatorische Kooperation

– Bewertung –

Kein Veto-Recht des Vertragspartners

Aber: Abweichende Regulierung steht unter

Begründungszwang: Rechtsetzungsverfahren

bekommt Schlagseite

Kritik im Einzelnen:

Unzulässige Kompetenzübertragung ohne

ausreichende demokratische Legitimierung

Verhandlungsdemokratie statt parlamentarischer

Demokratie. Zurück zu intergouvernementalen

Verfahren und Hinterzimmer-Verhandlungen

Verzögerungsmöglichkeit bei dringend notwen-

digen Regulierungen

Regulatorische Kooperation

– Verzögerung von Regulierung –

Nadelöhr-Funktion der Regulatorischen Dialoge und

des Regulierungsrates

Aktuell anstehende notwendige Regulierungen: z.B.

Verbot von Bisphenol A (Inhaltsstoff von Kunststoffen)

Mögliche Verzögerungsmaßnahmen: Anforderung von

Unterlagen, Beauftragung zusätzlicher Gutachten

(Wirkungsanalysen), Regulatorische Dialoge,

Stakeholder-Befragungen etc.

Zeitliche Verzögerung von Regulierungen von der

Energieeffizienz bis zur Bergbausicherheit ist einer der

Hauptkritikpunkte von NGOs während der

Obama-Ära

US-Bundesbehörden im Gesetzgebungsprozess

Grafik: Center for Effective Government

aus: Coalition for Sensible Safeguards, Down the Regulatory Rabbit Hole, How Corporate Influence, Judicial Review and a Lack

of Transparency Delay Crucial Rules and Harm the Public, June 2013

Regulatorische Kooperation

– Beispiele für Verzögerung durch OIRA –

Rückfahrkameras für PKWs, um Unfälle mit Kindern

zu verhindern

Schutz vor Silikonstaub beim Bau und im Gewerbe

Mindestlohn und Überstundenregelungen in der

häuslichen Pflege

Sicherheitsvorschriften für Kohleasche-Deponien

Bessere Energieeffizienz-Standards

Berufsstandards von Finanzberatern gegen Vorteils-

nahme

Kontrolle von Wall Street-Händerln hinsichtlich

spekaulativer Beeinflussung von Energiepreisen

attac-Aktion am 05.02.15 vor dem Reichstag

Investitionsschutz und

Investor-Staats-Klagen (ISDS)

Was sind Schiedsgerichte?

Zusammensetzung: In der Regel drei private Juristen

Ein Vertreter des Klägers

Ein Vertreter der Beklagten

Ein „neutraler“ Vertreter, von beiden gemeinsam

ausgewählt

In der internationalen Unternehmenskooperation

gängiges und unproblematisches Instrument

Völlig anders im Rahmen von Investitionsschutz-

verträgen, die Klagen von Unternehmen gegen

Staaten wegen ihrer Regulierung

Grundsätzliche Kritik ISDS

Materiell rechtlich: Große Spannbreite von faktischer

Enteignung bis zur Entschädigung (vermeintlich)

entgangener Gewinne

Unbestimmte Rechtsbegriffe: „fair and equitable treat-

ment“ („gerechte und billige Behandlung“); „legitimate

expectations“ („legitime Erwartungen“)

Aushöhlung der normalen Gerichtsbarkeit (In Deutsch-

land auch Konflikt mit Verfassungsrecht: „Dulde und

Liquidiere“)

Inländerdiskriminierung: Nur ausländische Unternehmen

oder internationale Konzerne können klagen

Nur Unternehmen können gegen Staaten klagen nicht

z.B. Staaten oder NGOs, Gewerkschaften gegen

Unternehmen

Detailkritik ISDS

Interessenskonflikte der beteiligten Schiedsrichter

(verschiedene Hüte in verschiedenen Verfahren)

Wirtschaftliches Interesse der „Richter“ am Erfolg

der Schiedsgerichtsverfahren

Fehlende Öffentlichkeit und Drittbeteiligungsrechte

Fehlende Berufungsmöglichkeit

Hohe Prozesskosten, auch für „gewinnende Seite“

Die Detailprobleme werden durch die aktuellen

Reformvorschläge der Kommission angegangen.

Nichts Neues durch TTIP und CETA?

In den letzten Jahren hat sich eine Klage-

industrie entwickelt

1990: 1 Dutzend; Ende 2013: 568 Fälle

TTIP und CETA sind die Vorreiter einer neuen

Generation von Freihandels- und Investitions-

schutzverträgen der EU

Professor Gus Van Harten:

Bisherige Verträge decken 15-20 % der

weltweiten Investitionen ab

TTIP allein würde 50-60 % abdecken

Beispiele für ISDS-Verfahren I

Pacific Rim Mining Corporation (Canada) gegen

El Salvador wg. Verweigerung einer Genehmi-

gung zum Goldabbau aus Gründen des Trink-

wasserschutzes. Forderung: 300 Mio $

Rohstoffkonzern Renco (USA) gegen Peru wg.

Schadensersatz für Umweltauflagen, zu denen

er sich selbst einmal verpflichtet hatte.

Forderung: 800 Mio. $

Chevron (USA) gegen Ecuador wg. einer

Gerichtsentscheidung über Schadensersatz für

Umweltverschmutzungen. Forderung: 9,5 Mrd. $

Beispiele für ISDS-Verfahren II

Philip Morris (USA) gegen Australien und Uruguay wegen Anti-

Raucher-Gesetzen (u.a. Gesundheits-hinweisen auf Zigaretten-

schachteln).

Forderungen: jeweils in Milliardenhöhe (Uruguay: 2 Mrd. $,

Australien: unbekannt).

Verfahren gegen Uruguay über die Schweiz, gegen Australien

über Hongkong wg. fehlendem Abkommen USA-Australien

Das Verfahren gegen Australien ist Ende 2015 gescheitert,

die Gründe sind jedoch unbekannt (Schriftsätze geheim),

Verfahrenskosten für Australische Regierung: 50 Mio. $

Yukos-Aktionäre (Zypern, Isle of Man) gegen Russ. Föd. wg.

indirekter Enteignung. Entschädigung: 50 Mrd. $

Ping An (Versicherungsunternehmen, China) gegen Belgien wg.

Zerschlagung der Fortis-Bank in der Finanzkrise. Forderung: 1,8

Mrd. €

Beispiele für ISDS-Verfahren III

Lone Pine (Kanada) gegen Kanada wg. Schadens-

ersatz für entgangene Fracking-Einnahmen. Forde-

rung 250 Mio. $

Evtl. demnächst Klage von TransCanada (Kanada)

gegen die USA wg. Nichtgenehmigung von

Pipeline Keystone XL?

Vattenfall gegen die Bundesrepublik wg. Genehmi-

gungsauflagen für Kohlekraftwerk Moorburg. For-

derung: 1,7 Mrd. €. Ergebnis: Lockerung der

Umweltauflagen

Vattenfall gegen die Bundesrepublik wg. Atom-

ausstieg. Forderung: 4,7 Mrd. €

ISDS-Verfahren gegen nationales Recht

Eli Lilly gegen Kanada

Grund: höchstrichterliche Entscheidung über die

Gültigkeit von Patenten

Hat in Kanada Interesse an ISDS drastisch reduziert

Micula Brothers gegen Rumänien

Grund: Abbau von (Steuer-)Subventionen wegen

Anpassung an das EU-Recht im Zuge des Beitritts

Schiedsgerichtsurteil: 250 Mio. $ Schadensersatz

EU Kommission hat Beihilfeverfahren gegen die

Zahlung der Summe eröffnet

Entscheidung vor U.S. Bundesgericht?

Klimaschutz ► Klagen gegen Fördersysteme für

Erneuerbare Energien

Finanzkrise ► Abkommen beschränken die

Kompetenzen der Staaten zur Kapitalverkehrs-

kontrolle und zur Stabilisierung des Finanzsystem

Fukushima-Katastrophe ► Klage von Vattenfall

gegen den Atomausstieg

Gesundheitsschutz (Kosten des Rauchens jährlich

500 Mrd. $) ► Klagen von Unternehmen gegen

Anti-Raucher-Gesetze

ISDS und die Herausforderungen des

21. Jahrhunderts

Wachsender Widerstand weltweit

Südafrika: Kündigung aller Abkommen mit Investitions-

schutzklauseln (mehr Direktinvestitionen aus Ländern ohne

Investitionsschutzabkommen)

Indonesien: Kündigung Investitionsschutzabkommen mit den

Niederlanden, ebenso wie in der Folge alle weiteren 67

bilateralen Abkommen

Brasilien: Hat noch nie ein Investor-Streitschlichtungs-

verfahren akzeptiert

Australien: ISDS in Vertrag mit USA 2005 abgelehnt

Italien hat die Europäische Energiecharta im Januar 2015

gekündigt.

Verhandlungen der USA mit Indien stocken

Hintergrund: Kombinierte Investitionsschutz- und Libera-

lisierungsabkommen behindern den Aufbau

heimischer Wirtschaftszweige

Dienstleistungsliberalisierung /

Daseinsvorsorge

Daseinsvorsorge und Public Services

Ein Streit um Äpfel und Birnen

Daseinsvorsorge nach deutschem Muster ist weder in

der EU, noch mit den USA oder in der WTO Konsens

Bisher in der EU: Mitgliedstaat entscheidet selbst

Positivliste oder Negativliste

Neues Prinzip in TTIP und CETA gegenüber GATS:

Negativliste statt Positivliste

Abgrenzungsproblem Daseinsvorsorge

Negativlistenprinzip erfordert Definition der

Daseinsvorsorge (bisher vermieden)

Abgrenzungsmöglichkeiten

Besitzverhältnisse (privat, öffentlich, gemischt)

Gegenstand der Dienstleistung (Branche)

Geschäftsmodell (mit oder ohne Gewinn-

erzielungsabsicht)

Marktstruktur (Konkurrenz zu privaten Dienst-

leistern?)

Klimaschutz und Energiewende

Was wir wirklich brauchen …

Nature-Studie Januar 2015: Anteile technisch und

wirtschaftlich förderbarer fossiler Rohstoffe, die im

Boden bleiben müssen, um das 2-Grad-Ziel zu

erreichen:

80 % der Kohlevorkommen

50 % der Gasvorkommen

30 % der Ölvorkommen

Klimareduktionsziele bis 2050: EU 80%, D 80-95%

Daraus folgen:

Erhebliche Beschränkungen für die Nutzung fossiler

Reserven, nicht die Erschließung neuer Quellen

Umfassende Förderung Erneuerbarer Energien

… und was die EU-Kommission bei

TTIP möchte …

Zentrales Ziel: Generalgenehmigung für Exporte von

Öl und Gas aus den USA nach Europa (Inländerbe-

handlung) – Obama-Öl statt Putin-Gas –

Bisher notwendig (seit Mitte der 1970er Jahre):

Einzelgenehmigung des U.S.-Energieministeriums

Department of Energy (DoE)

Folgen

Höhere Nachfrage führt zu höheren Energiepreisen

in den USA

Anheizen des Fracking-Booms in den USA

Gefährdung der Klimaziele weltweit

… und ihre Bündnispartner

Unterstützer:

U.S. Öl-und Gaskonzerne

Gegner:

Konsumenten

Umweltverbände

Energieintensive Unternehmen in den USA

Offizielle Begründung der Kommission:

EU setzt sich für Abbau von Handelsbeschränkungen

für fossile Rohstoffe und seltene Erden in allen

Freihandelsabkommen ein.

Deal im Kongress Ende 2015: Genehmigung wird

abgeschafft

Teersande in Kanada (Provinz Alberta)

Copyright: Garth Lenz

... und außerdem: Die Förderung

Erneuerbarer Energien behindern

Bereits heute ist die Gestaltung der EE-Förderung

durch Beihilferecht in der EU stark eingeschränkt

Weitergehende Regelung in TTIP-Vorschlag der

Kommission: Grundsätzlicher Ausschluss von

Preisregulierungen, also z.B. den EEG-Einspeise-

tarifen (Ausnahmen nur klar umrissen, zeitlich

begrenzt und „nicht mehr belastend als nötig“)

Zementierung durch völkerrechtlichen Vertrag

erschwert Änderungen erheblich

... aber nicht nur in Europa!

Ausschluss von Local Content-Regelungen

für Anlagen der Erneuerbaren Energien:

Problematisch für USA

Problematisch aber auch für Schwellen-

und Entwicklungsländer, da in TTIP auch

die Position in internationalen

Verhandlungen abgestimmt werden soll.

Regelmäßiger Konflikt z.B. mit Indien

Morgengabe

EU-Treibstoffqualitäts-Richtlinie

Ziel der EU Treibstoffqualitäts-RL: Minus 6% CO2-

Emissionen im Transportsektor, insbesondere durch

Klassifizierung der Treibstoffe nach ihren Emissionen

2009: Studie Stanford University für EU-Kommission:

CO2-Emissionen von Teersand-Ölen 23% höher als bei

konventionellem Öl

Druck aus den USA (USTR Froman) und Kanada (u.a.

MP Harper) sowie von BP und Shell

EU-KOM 06.10.14: Durchführungsvorschriften ohne

gesonderte Berechnung für Teersand-Öle, Herkunfts-

angaben für Treibstoffe vertraulich

Zustimmung EP 17.12.14: Nur einfache, aber keine

absolute Mehrheit dagegen

TINA – There is no Alternative?

Mögliche Alternativen

TTIP light (ohne ISDS, ohne regulatorische Kooperation,

Positiv- statt Negativlistenprinzip, keine Standard-

absenkungen, keine negativen Klimawirkungen)

Internationaler Gerichtshof für Unternehmensrechte und

–pflichten (Investitionsschutz, aber auch Umwelt- und

Sozialstandards)

Multilaterale oder plurilaterale Branchenabkommen, z.B.

Automobilindustrie

Gesundheitsgeräteindustrie

Maschinenbau

Beispiel Environmental Goods Agreement: APEC-

Initiative, Januar 2014 Davos, Juli 2014

Start der Verhandlungen

Scheinlösungen der TTIP-Befürworter

Transparenz ► Info für Parlamentarier, aber

Verbot zur weiteren Verwendung

ISDS ► Reformvorschlag der Kommission, aber

kein Lösen der Grundprobleme

Absenkung ökologischer und sozialer Standards

► Nachhaltigkeitskapitel, aber „ohne Zähne“

Vorteile für Konzerne ► KMU-Kapitel, aber nur

Begleitwerk

Demokratiedefizit ► „Right to Regulate“, aber

Beibehaltung der Regulatorischen Kooperation

Dienstleistungsliberalisierung ► „Herausnahme“

von Kultur und Daseinsvorsorge, aber ohne klare

Definition und weiter Negativlistenprinzip

Was tun?

Zentrale Aktivitäten 2016

Obama-Besuch der Hannover Messe Ende

April – evtl. Start eines Alternativen Trans-

atlantischen Dialogs

Regionale / Dezentrale Demonstrationen im

Rahmen eines europaweiten / internatio-

nalen Aktionstags, vermutlich im Herbst

Großer Kongress zu Alternativer Wirtschafts-

und Handelspolitik Ende 2016 / Anfang 2017

Weitere Aktivitäten 2016

Kampagne TTIP-freie Kommunen (wird jetzt

auch europaweit vernetzt)

Vorbereitung von Volksbegehren und Volks-

abstimmungen, z.B. in Holland, aber ggf. auch

Volksbefragungen anhand von Wahlen

Druck auf Parteien und Parlamente

sEBI: Kampagne „Adopt an MEP“, v.a. im

Hinblick auf CETA-Ratifizierung

ttip-unfairhandelbar: Einfluss auf Kandida-

tInnenaufstellungen zur Bundestagswahl

Nächste Treffen

22.-24. Februar 2016: Europaweit

5th Strategy and Campaigning

Meeting on TTIP and CETA, Brüssel

26.-27. Februar 2016: Deutschland

Strategie- und Aktionskonferenz der

Stop-TTIP-Bewegung, Kassel

www.ttip-aktionskonferenz.de/

Vielen Dank

Ernst-Christoph Stolper, BUND Sprecher AK Internationale Umweltpolitik

+49-172-2903751

[email protected]