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Deutschland hat die Funkwellen empfangen und die blechernen Töne aus dem Radio bilden den Soundtrack zum aufstrebenden Vaterland. Die neuen deutschen Popinvasoren wollen auch ihr Herz für Nation und Heimat patriotisch mit in den Beat einklingen lassen. annähernden Nazis zu marschiert. Denn auch der frühere Stiefelnazi gibt sich neuerdings angepasst um mit der Zeit zu gehen. Auf der Suche nach modernen Kleidungsstilen wurde sich vom alten klischeehaften Skinheadlook verabschiedet. Um weiterhin völkische Symbole benutzen zu können, wurden diese so codiert, dass sie nur die Anhänger und Sympathisanten der eigenen Szene entschlüsseln können. Hinter dieser modischen Fassade geht der Nazi als ganz typischer Jugendlicher durch und erfreut sich zuvor nicht erträumter Aufmerksamkeit beim ungehinderten Handeln aus seinem menschenverachtenden Denken heraus. Subkulturelle und politische Kennzeichen wurden vereinnahmt. Psychologisch positiv erscheinende Bedeutungsketten werden mit negativ belegten Inhalten verknüpft. Durch die Besetzung ähnlicher Ausdrucks- und Erscheinungsformen beziehen die Rechten nun gleiche Identifikationsmöglichkeiten auf sich selbst und erhöhen die Chance der Wahrnehmbarkeit gegenüber Jugendlichen, die für vermeintlich linke Symboliken sensibilisiert sind ohne genügend Kenntnisse über den eigentlichen Inhalt zu besitzen. Damit wird dann eine Entpolitisierung entgegen gesetzt, um zu sagen man könne „auch cool und Deutsch zugleich verteilte ‚Schulhofsampler‘ der NPD. Damit sollten nationale und patriotische Gefühle von Schülern geweckt werden. Eltern, Lehrer und Geschwister bestärken sie darin. Exemplarisch dafür steht ein Fall in Sachsen: Ein Lehrer sei an seiner Schule mit dem Versuch gescheitert, seine Kollegen dafür zu gewinnen, den Schülern das Tragen von verfassungswidrigen neonazistischen Zeichen zu verbieten. Lieber nicht, hätten einige gesagt, „kann ja sein, dass alles mal wieder andersherum kommt“. Dies zeigt das die Nazis immer noch kein Randphänomen sind, sondern wieder dorthin zurückkommen, wo sie in Deutschland hingehören: Mitten in die Gesellschaft. So schließt die Mitte den Kreis mit den extremen Rechten durch Schlagzeilen wie „Asylantenlawine“, „Das Boot ist voll“ oder „Auffanglager Afrika“. Negativ besetzte Begriffe wie „Asylant“ und „Überfremdung“ finden schnelle Wideraufnahme in der „Normalgesellschaft“ und werden stereotypisiert. Antisemitismus, Rassismus und Nationalgefühl lassen Deutschland wieder neu aufleben. Turn it down Txt: Stephan und Andreas. Foto: Michel ‚angefangen’ hatte, lieferte uns schnell eine neue ‚Wir’-Definition. Es sind die ‚Böhsen Enkelz‘, die Deutschland im neuen Glanze erstrahlt sehen wollen um auch in schlechten Zeiten daran zu erinnern, dass es dem Volk schon einmal viel jämmerlicher ging als heute. So wird ein Film zum Wunder gehievt und für einen ‚Trauertriumphalismus und Fatalo-Idealismus‘ gesorgt, zu dem auch der Russische Kriegsheimkehrer und die Bombenopfer vom ‚Alliierten Terror‘ bei Guido Knopp ein Forum für den ‚Opfermythos’ finden. Damit im Einklang wälzt sich auch Plattenboss Tim Renner gerne in der Rolle des gebeutelten Deutschen, dem die Amerikaner ihre Popkultur aufgedrückt haben, um diese an der Entwicklung eigenständiger nationaler Kultur zu hindern. Er schreit dabei neben anderen geltungsbedürftigen Musikvertretern ganz vorne in der ersten Reihe nach einer Quote für Deutsche Musik und schürt so die Sehnsucht vom starken deutschen Kollektiv, das dem Einzelnen die Hoffnung vermittelt, im großen Ganzen aufgehen zu können. Über die Zusammengehörigkeit zur Nation möchte sich das Volk wieder stärker miteinander verbunden sehen. Nur durch Definierung dessen, was nicht deutsch ist, lässt sich dieses Gefühl herstellen. Hier können die Rechtsextremen im Einklang mit allen unterm durchschnitt po box 190 471 50501 köln www.unterm-durchschnitt.de bei uns ebenfalls erschienen und überall erhältlich sind die platten von katzenstreik und jet black.

Turn It Down - Against Nazi (Sub-)Culture

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Statement by the label unterm durchschnitt on it´s release 2004. Published by unterm durchschnitt, Cologne, Germany, 2004.

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Deutschland hat die Funkwellen empfangen und die blechernen Töne aus dem Radio bilden den Soundtrack zum aufstrebenden Vaterland. Die neuen deutschen Popinvasoren wollen auch ihr Herz für Nation und Heimat patriotisch mit in den Beat einklingen lassen.

Parteien ohne größere Probleme nahtlos andocken.

Dies ist der Moment, in dem die

Kulturindustrie inhaltlich auf die sich gleichzeitig äußerlich

annähernden Nazis zu marschiert. annähernden Nazis zu marschiert. Denn auch der frühere Stiefelnazi gibt sich neuerdings angepasst um mit der Zeit zu gehen. Auf der Suche nach modernen Kleidungsstilen wurde sich vom alten klischeehaften Skinheadlook verabschiedet. Um weiterhin völkische Symbole benutzen zu können, wurden diese so codiert, dass sie nur die Anhänger und Sympathisanten der eigenen Szene entschlüsseln können. Hinter dieser modischen Fassade geht der Nazi als ganz typischer Jugendlicher durch und erfreut sich zuvor nicht erträumter Aufmerksamkeit beim ungehinderten Handeln aus seinem menschenverachtenden Denken heraus.Subkulturelle und politische Kennzeichen wurden vereinnahmt. Psychologisch positiv erscheinende Bedeutungsketten werden mit negativ belegten Inhalten verknüpft. Durch die Besetzung ähnlicher Ausdrucks- und Erscheinungsformen beziehen die Rechten nun gleiche Identifi kationsmöglichkeiten auf sich selbst und erhöhen die Chance der Wahrnehmbarkeit gegenüber Jugendlichen, die für vermeintlich linke Symboliken sensibilisiert sind ohne genügend Kenntnisse über den eigentlichen Inhalt zu besitzen. Damit wird dann eine Entpolitisierung entgegen gesetzt, um zu sagen man könne „auch cool und Deutsch zugleich

sein“.Hier wird auch deutlich, welche

wichtige Rolle TURN IT DOWNspielt, die über rechte Symboliken und Veränderungen von Nazi-Musik & Nazi-Kultur aktuell informieren.

Denn wie gut diese Anpassung funktioniert zeigt der Erfolg des an Schulen vor der Landtagswahl in Sachsen verteilte ‚Schulhofsampler‘ der verteilte ‚Schulhofsampler‘ der NPD. Damit sollten nationale und patriotische Gefühle von Schülern geweckt werden. Eltern, Lehrer und Geschwister bestärken sie darin. Exemplarisch dafür steht ein Fall in Sachsen: Ein Lehrer sei an seiner Schule mit dem Versuch gescheitert, seine Kollegen dafür zu gewinnen, den Schülern das Tragen von verfassungswidrigen neonazistischen Zeichen zu verbieten. Lieber nicht, hätten einige gesagt, „kann ja sein, dass alles mal wieder andersherum kommt“.

Dies zeigt das die Nazis immer noch kein Randphänomen sind, sondern wieder dorthin zurückkommen, wo sie in Deutschland hingehören: Mitten in die Gesellschaft. So schließt die Mitte den Kreis mit den extremen Rechten durch Schlagzeilen wie „Asylantenlawine“, „Das Boot ist voll“ oder „Auffanglager Afrika“. Negativ besetzte Begriffe wie „Asylant“ und „Überfremdung“ fi nden schnelle Wideraufnahme in der „Normalgesellschaft“ und werden stereotypisiert. Antisemitismus, Rassismus und Nationalgefühl lassen Deutschland wieder neu aufl eben.

Turn it down

Txt: Stephan und Andreas. Foto: Michel

Wa s mit einer, von

vielen Seiten belächelten, Kampagne unter dem Deckmantel eines schlechten und naiven PR-Versuches ‚angefangen’ hatte, lieferte uns schnell ‚angefangen’ hatte, lieferte uns schnell eine neue ‚Wir’-Defi nition. Es sind die ‚Böhsen Enkelz‘, die Deutschland im neuen Glanze erstrahlt sehen wollen um auch in schlechten Zeiten daran zu erinnern, dass es dem Volk schon einmal viel jämmerlicher ging als heute. So wird ein Film zum Wunder gehievt und für einen ‚Trauertriumphalismus und Fatalo-Idealismus‘ gesorgt, zu dem auch der Russische Kriegsheimkehrer und die Bombenopfer vom ‚Alliierten Terror‘ bei Guido Knopp ein Forum für den ‚Opfermythos’ fi nden. Damit im Einklang wälzt sich auch Plattenboss Tim Renner gerne in der Rolle des gebeutelten Deutschen, dem die Amerikaner ihre Popkultur aufgedrückt haben, um diese an der Entwicklung eigenständiger nationaler Kultur zu hindern. Er schreit dabei neben anderen geltungsbedürftigen Musikvertretern ganz vorne in der ersten Reihe nach einer Quote für Deutsche Musik und schürt so die Sehnsucht vom starken deutschen Kollektiv, das dem Einzelnen die Hoffnung vermittelt, im großen Ganzen aufgehen zu können. Über die Zusammengehörigkeit zur Nation möchte sich das Volk wieder stärker miteinander verbunden sehen. Nur durch Defi nierung dessen, was nicht deutsch ist, lässt sich dieses Gefühl herstellen. Hier können die Rechtsextremen im Einklang mit allen

unterm durchschnittpo box 190 47150501 köln

www.unterm-durchschnitt.de

bei uns ebenfalls erschienen und überall erhältlich sind die platten von katzenstreik und jet black. [ud#014]