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  21 T T T T T  AXI  AXI  AXI  AXI  AXI Nr. 78 BESTELLUNG BEI STRANGEHOUSE@ GMX.CH CHF 20.- PRO CD INKL. VERSAND (NUR CH) Inserat LOST ADVENTURE: DOWN POLIETTI LANE Stil: Psy/Goa LOST ADVENTURE: THE NEXT LEVEL Stil: Psy/Goa DEVOLOOP: INSTANT BLOOD Stil: NuDance  neu! LOST ADVENTURE: UNIVERSE OF SOUND Stil: Psy/Goa LOST ADVENTURE: DEEPER Stil: Psy/Goa LOST ADVENTURE: REBORN IN OUTER SPACE Stil: Psy/Goa neu! Martin Ulrich Ein TV-B-Gone ist, vereinfacht gesagt, eine Universalfernbedienung mit nur ei- nem Knopf: Ein und Aus. Das Gerät eig- net sich natürlich hervorragend für Streiche, unter anderem kann man sich damit beliebt machen im Centro Italiano mitten im Torsturm der Azzurri. Oder bei den Schulschwänzern im Gamela- den. Oder während man sich Fernseher demonstrieren lässt... Anfänge des TV-B-Gone Die Erfindung entstammt dem genialen Gehirn des alternativen, homosexuel- len San Franciscoer „Virtual Reality“-Pio- niers, studierten Elektrotechnikers und Weltverbesserers Mitch Altman. Dieser litt schon früh als Kind aktiv und passiv unter dem Dauerfernsehkonsum, der in Amerika verbreitet ist. Er hinterfragt ihn: „Wieviele von den Programmen, die man konsumiert, mag man wirklich?“ TV-B-Gone! In letzter Zeit beobachtete ich in den Fussgängerzonen gleich mehrere Personen aus meinem Bekanntenkreis, verstohlen und mit kleinen Gerätchen in der Hand: TV-B-Gones - der Trend aus den Staaten schwappt anscheinend jetzt auch in die Schweiz. Ich ging der Sache nach... Weiter fragt er: „Wenn man tun könn- te, was immer man möchte, würde man dann fernsehen?“ Altman erfand darum 2004 das TV-B- Gone, dessen erste Massenfabrikation (20´000 Einheiten) er aus Geld vom Verkauf seiner früheren Silicon Valley- Firma 3ware finanzierte. Sein neues Un- ternehmen nannte er Cornfield Electro- nics. Das Gerät in Form eines Schlüssel- anhängers war ein kommerzieller Erfolg, trotzdem liess sich Mitch Altman von Ha- ckern überzeugen, dass das „Open Sour- ce“-Prinzip allen nützt und das Produkt stetig verbessert. So legte Altman die Schaltpläne offen, gab zusammen mit Lady Ada, einer befreundeten Tüftlerin, Bausätze heraus, und hielt sogar Bastel- kurse darüber. Damit trat er die zweite Welle der Lawi- ne los: Versierte Menschen rund um die Welt erweiterten, verstärkten, modifi- zierten den beliebten TV-Verschwindi- bus, schlachteten kaputte Natels aus und versteckten die Schaltung darin, nähten die Leds in Jacken, Brillen, Kap- pen ein, oder leiteten die Infrarotstrah- len durch Teleskope wie Scharfschützen. Eine offizielle Weiterentwicklung ist das stärkere TV-B-Gone Pro SHP mit 8 IR- LEDs, das sowohl in Nordamerika als auch in Europa funktioniert. Sein Gehäu- se sieht aus wie ein IPhone bzw. wie ein IPod Nano. 2008 kam es zu einer Kontroverse we- Mitch Altman Mitch Altman an einem Bastelworkshop

TV B Gone

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Circuit Mitch Altmans TV-b-gone

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5/12/2018 TV B Gone - slidepdf.com

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BESTELLUNG BEI STRANGEHOUSE@ GMX.CH

CHF 20.- PRO CD INKL. VERSAND (NUR CH)

Inserat

LOST ADVENTURE:DOWN POLIETTI LANE

Stil: Psy/Goa

LOST ADVENTURE:THE NEXT LEVELStil: Psy/Goa

DEVOLOOP:INSTANT BLOOD

Stil: NuDance neu!

LOST ADVENTURE:

UNIVERSE OF SOUND

Stil: Psy/Goa

LOST ADVENTURE:DEEPERStil: Psy/Goa

LOST ADVENTURE:REBORN IN OUTER SPACE

Stil: Psy/Goaneu!

Martin Ulrich

Ein TV-B-Gone ist, vereinfacht gesagt,eine Universalfernbedienung mit nur ei-nem Knopf: Ein und Aus. Das Gerät eig-net sich natürlich hervorragend fürStreiche, unter anderem kann man sichdamit beliebt machen im Centro Italianomitten im Torsturm der Azzurri. Oderbei den Schulschwänzern im Gamela-den. Oder während man sich Fernseher

demonstrieren lässt...

Anfänge des TV-B-GoneDie Erfindung entstammt dem genialenGehirn des alternativen, homosexuel-len San Franciscoer „Virtual Reality“-Pio-niers, studierten Elektrotechnikers undWeltverbesserers Mitch Altman. Dieserlitt schon früh als Kind aktiv und passivunter dem Dauerfernsehkonsum, der inAmerika verbreitet ist. Er hinterfragtihn: „Wieviele von den Programmen, dieman konsumiert, mag man wirklich?“

TV-B-Gone!

In letzter Zeit beobachtete ich in den Fussgängerzonen gleich mehrere

Personen aus meinem Bekanntenkreis, verstohlen und mit kleinenGerätchen in der Hand: TV-B-Gones - der Trend aus den Staatenschwappt anscheinend jetzt auch in die Schweiz.Ich ging der Sache nach...

Weiter fragt er: „Wenn man tun könn-te, was immer man möchte, würde mandann fernsehen?“

Altman erfand darum 2004 das TV-B-Gone, dessen erste Massenfabrikation

(20´000 Einheiten) er aus Geld vomVerkauf seiner früheren Silicon Valley-Firma 3ware finanzierte. Sein neues Un-ternehmen nannte er Cornfield Electro-nics. Das Gerät in Form eines Schlüssel-anhängers war ein kommerzieller Erfolg,trotzdem liess sich Mitch Altman von Ha-ckern überzeugen, dass das „Open Sour-ce“-Prinzip allen nützt und das Produktstetig verbessert. So legte Altman dieSchaltpläne offen, gab zusammen mit

Lady Ada, einer befreundeten Tüftlerin,Bausätze heraus, und hielt sogar Bastel-kurse darüber.

Damit trat er die zweite Welle der Lawi-ne los: Versierte Menschen rund um dieWelt erweiterten, verstärkten, modifi-zierten den beliebten TV-Verschwindi-bus, schlachteten kaputte Natels aus

und versteckten die Schaltung darin,nähten die Leds in Jacken, Brillen, Kap-pen ein, oder leiteten die Infrarotstrah-len durch Teleskope wie Scharfschützen.

Eine offizielle Weiterentwicklung ist dasstärkere TV-B-Gone Pro SHP mit 8 IR-LEDs, das sowohl in Nordamerika als

auch in Europa funktioniert. Sein Gehäu-se sieht aus wie ein IPhone bzw. wieein IPod Nano.

2008 kam es zu einer Kontroverse we-

Mitch Altman

Mitch Altman an einemBastelworkshop

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gen des Mitarbeiters eines Technik-Web-logs, der an der „Consumer ElectronicsShow“ in Las Vegas mit einem TV-B-Gone sein Unwesen trieb, auch währendVorführungen, sodass er lebenslangHausverbot bei dieser Messe hat.

FunktionsweiseDie Hauptarbeit im Inneren des Gerätserledigt ein Mikrocontroller, ein intelli-

genter kleiner Chip, der - man glaubtes kaum - programmierbar ist per PCvia Kabel. Es gibt übrigens sogar Tüft-ler, die mit Mikrokontrollern SD-MP3-Spieler, Roboter, ja gar eigene Spielkon-solen bauen (UzeBox, FuzeBox). Sozu-sagen ist ein Mikrocontroller selber soetwas wie ein kleiner Computer, er führtProgrämmchen aus, verarbeitet Einga-ben und gibt Signale an die Aussenweltab.

In unserem Fall ist er mit den Abschalt-codes diverser Fernseher geladen. Er istso programmiert, dass er auf unserenKnopfdruck hin beginnt, die Codes aus-zugeben. Seine Signale werden dazuvon Transistoren verstärkt und zu denInfrarot-LEDs weitergeleitet, die siedann in die Weltgeschichte rausmorsen.

Die vielen aufeinanderfolgenden Codesbilden gewissermassen eine „BruteForce“-Attacke („Rohe Gewalt“, einestumpfsinnige Art von Hackerangriff, beidem automatisiert eine Liste möglicherPasswörter einfach durchprobiert wer-

den.) Es dauerte etwas mehr als eineMinute, die ganze Code-Folge durchlau-fen zu lassen, doch populäre Fernseher-marken schalten sich schon nach einpaar Sekunden ab - sie stehen in derAusprobier-Reihenfolge selbstredend anvorderster Stelle.

TV-B-Gones machen selbst das lang-weiligste Einkaufszentrum zur Spielhal-le, zum Lightgun-Schiessspiel. Ein Hei-denspass! Das ausgesendete Infrarot-licht ist unschädlich und für die Augenunsichtbar. Leider kann das Gerät noch

nicht zwischen Arte und RTL unterschei-den.

Marke EigenbauStatt das Gerät einfach fertig zu bestel-len, kann man es heute auch selber bau-en. Nüchtern gesehen rechnet sich das- vor allem wegen des Zeitaufwands -zwar überhaupt nicht, doch man lerntdabei etwas und kann das Gerät pass-genau selbergestalten. Ein paar Schalt-planzusammenlöt-Grundkenntnissebraucht es zwar schon, aber die Platineist ziemlich überschaubar, sollte auch für

den unerfahrenen Elektrotechnik-Ama-teur leicht zu bewältigen sein. Derschwierigere Teil ist dann eher das Pro-

grammieren des Käfers, vor allem, wennes das erste Mal ist, dass man mit die-sen Viechern zu tun hat.

Wo bekomme ich dieKomponenten her?Die meisten Teile sind Standard-Bauteileund für wenig Geld in den heute leiderseltenen Elektro-Bastlerläden erhältlich- in der Innerschweiz und Umgebungz.B. im „Electronic Center“ in Zug. 2, 3

Teile bekommt man aber nicht einmaldort: Den Attiny85-Mikrokontroller undden 8-MHZ-Keramikosziallator.

Der Mikrokontroller kostet um die zweiFranken und man erhält ihn praktischnur bei den grossen Händlern wie Rei-chelt oder Farnell. Den Keramikoszialla-tor kann man aus einem gewöhnlichen8-Mhz-Quarz und zwei keramischen33pf-Kondensatoren improvisieren.

Everlight-LEDs sind in unseren Breiten-graden schwer erhältlich, aber als LEDs

können problemlos auch andere Typenverwendet werden, Hauptsache starkund mit einem tauglichen Abstrahlwinkel(Hier kann man LEDs mit grossem undmit kleinem Winkel mischen, damit dasSignal zugleich in der Weite und in derBreite gut ankommt)

Die Speisung der Schaltung lässt übri-gens grossen Spielraum offen: Man kann1, 2 oder 3 AA Batterien verwenden, esmuss einfach ein Kompromiss zwischenLeistungsfähigkeit und Handlichkeit ge-macht werden.

Die ProgrammierungIdealerweise holt man seinen alten PC

aus dem Keller. Wenn er genug alt ist,verfügt er über einen parallelen Dru-ckeranschluss, den breiten 25-poligen.Wenn einem eine derartige Schnittstel-le zur Verfügung steht, kann man sichden simpelsten und billigsten Program-mieradapter im Handumdrehen dafürselberbasteln: Man braucht nur einenDruckerstecker und zwei Widerstände(Im Internet unter „paralleles Interfacefür AVR und PonyProg“ suchen). Ist der

Fall anders gelagert, wird es teurer/schwieriger: Man muss sich dann einenaufwändigeren Adapter für die USB-Schnittstelle oder für die serielle Schnitt-stelle kaufen/bauen. Aber selbst die 50oder mehr Franken für einen USB-Pro-grammieradapter können sich lohnen,wenn man die Dinger gleich auch nochfür seine Freunde herstellt.

Die Firmware, die man damit auf denAttiny laden muss, heisst „tvbgone_eu.-hex“ (für Europa). Es gibt möglicherwei-se mehrere Firmwares, sodass man die

beste für sich selbst finden muss.

Um mit dem Chip zu kommunizieren unddie Firmware draufzuladen, braucht manauf dem PC das herunterladbare Pro-gramm „Ponyprog2000“ (oder ein ähnli-ches). Nach der Installation muss manPonyprog die automatische Kalibrierungdurchlaufen lassen, und man sollte inden Einstellungen angeben, mit wel-chem Chip man über welches Kabel anwelche Schnittstelle arbeitet.

Um zu testen, ob die Verbindung steht,

liest man einmal den Inhalt des Chipsaus („read“). Wenn das klappt, lädt mandas Hexfile „tvbgone_eu.hex“ ins Pro-

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gramm. Bevor man nun „write all“ drü-ckt, muss man unbedingt noch die soge-nannten Fusebits richtig setzen (Nur SU-T0 braucht ein Häkchen). Fusebits defi-nieren Sondereinstellungen für denChip, in unserem Fall bestimmen sie,dass der externe 8Mhz-Quarz anstelledes chipeigenen Taktgebers verwendetwerden soll (Nebeneffekt: Dieser Schrittführt dazu, dass der Chip unverwendbar

wird wenn er keinen externen Takt hat.Will man ihn umprogrammieren, mussman ihn von Aussen antreiben, mit demTakt vom Quarz, genau wie in der ferti-gen Schaltung.)

Testen und ProblembehandlungDamit man zum ersten Testen nicht dieoffene Platine zum Fernseher tragenmuss, kann man mit einer Videokameraoder einem Natel das IR-Licht sichtbarmachen (Zu beachten ist, dass einelangsame (Natel-)Kamera die schnelleBlinkfrequenz nur schleppend zeigt, wasman fälschlicherweise für einen Defekthalten kann.) Wenn aber gar nichtsblinkt oder im Gegenteil die IR-LEDsdauernd leuchten, stimmt etwas nicht.Man überprüft am besten, ob alles kor-rekt angeschlossen ist. Falls ja: Es kannsein, dass bei diesem oder jenemHexcode der Output-Pin ein andererist... wenns also nicht sofort geht: Aus-probieren! (Darum baut man die Schal-tung anfangs am besten auf einemSteckbrett auf.) Ein weniger ärgerlicherFehler ist, dass die (unnötige) Kontrol-

leuchte nicht funktionert, was auch amHexcode liegen kann. Die Batterien kön-nen bei längerer Lagerung im Gerät aus-laufen. Um das zu verhindern, entferntman sie entweder bei Nichtgebrauchoder baut einen Schalter ein.

Weitere Erfindungen Altmansund Lady AdasLady Ada hat unter anderem noch FreshAir und Wave Bubble entwickelt, Gerätmit ähnlichem Gedanken wie beim TV-

B-Gone von Altman, sie stören GPS-,

WiFi-, Bluetooth- und andere Signale.Es gibt aber noch viel mehr nützlicheSchaltpläne, leider sind manche ziem-lich schwierig und es gibt sie nicht alsBausätze. Im Folgenden nur gerade diespektakulärsten Schaltungen:

Brain Machine: Altman baute sich eine  „Brain Machine“, eine Brille mit in be-stimmten Frequenzen blinkendenLeuchtdioden und „binauralen“ Kopfhö-rerklängen. Das Prinzip der binauralen

Takte läuft darauf hinaus, das Gehirn zumanipulieren, es in bestimmte Stim-mungen und Bewusstseinszustände zuversetzen. Inzwischen werden binauraleKlänge auch schon auf Videoplattformenwie Metacafe.com oder Myvideo.ch an-geboten. Eine Zürcher CVPlerin warnteunlängst vor diesen sogenannten I-Do-sern. Manche versprechen sich Entspan-nung davon, andere Räusche oder Lei-stungssteigerung.

MiniPOV: Worte einfach in die Luftschreiben - das ist möglich dank derLangsamkeit unserer Augen, wenn man

eine Lichtquelle schnell bewegt, scheintsie einen Schweif zu ziehen. Microcon-troller können blitzschnell ganze Reihenvon LEDs gleichzeitig während ihrer Be-wegung steuern, und ein Wort oder Bildschwebt im Raum. Der Effekt nennt sich

 „Persistence of View“. Die Weiterentwi-cklung namens SpokePOV zaubert ste-hende Luftbilder sogar auf rotierendeFahrradräder. Die Schaltung misst dieUmdrehungszahl der Räder und gleichtderen Abweichungen aus.

www.tvbgone.com/

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Brain Machine