11
1 Motivation Die Kundenschnittstelle (customer inter- face) im E-Commerce verbindet Anbieter mit jedem einzelnen ihrer Kunden und er- mo ¨ glicht die Distribution von Inhalten so- wie Interaktionen, die z. B. zur Abwick- lung von Kaufprozessen notwendig sind [Pfam98, 71 bzw. SCLO02, 142; Robr04, 1]. Hier stehen den Unternehmen immer mehr mobile und stationa ¨re Kommunikati- onswege zum Kunden zur Verfu ¨ gung. Ihr erfolgreicher Einsatz zur șbertragung von produkt- oder dienstleistungsbezogenen Informationen an den Kunden scheitert je- doch daran, dass auf seine spezifischen Be- du ¨ rfnisse zu wenig Ru ¨ cksicht genommen wird [TeLo ¨ 02, 376]. Stattdessen fu ¨ hlt sich der Nachfrager schon heute bela ¨ stigt von zu vielen Angeboten, Informationen und Hin- weisen, die ihn ta ¨glich u ¨ ber mobile End- gera ¨ te, am PC, in Radio und TV erreichen. Die Herausforderung fu ¨ r Unternehmen gegenu ¨ ber ihren Kunden besteht in einer si- tuationsbasierten Informationsversorgung (ambient services). Diese bezieht im Sinne des Ubiquitous Computing [Bast03, 1] alle verfu ¨ gbaren stationa ¨ren und mobilen End- gera ¨te des Kunden ein und beru ¨ cksichtigt seine Medienpra ¨ferenzen in verschiedenen Situationen im Tagesablauf. Auch die u ¨ ber- tragenen Informationen richten sich an der Situation des Kunden und seinen damit einhergehenden Informationsbedu ¨ rfnissen aus. Dazu ist es erforderlich, verschiedene kontextspezifische Einflussfaktoren auf das Informationsverhalten der Nutzer zu er- fassen und abzubilden. Mit einer empiri- schen Untersuchung von Medienpra ¨feren- zen und Informationsbedu ¨ rfnissen in ver- schiedenen Situationen schafft dieser Beitrag hierfu ¨ r eine Basis. Mit dem so genannten Ubiquitous Cus- tomer Interface (UCI) entsteht mithilfe ei- ner empirischen Untersuchung ein Kon- zept fu ¨ r eine Kundenschnittstelle, u ¨ ber die Anbieter ihren privaten, mobilen Kunden zu jeder Zeit und an jedem Ort an die Si- tuation angepasste Informationen u ¨ ber das jeweils pra ¨ferierte Medium zur Verfu ¨ gung stellen ko ¨ nnen. 2 Situationsbasierte Informationsbedu ¨rfnisse und Medienpra ¨ferenz 2.1 Forschungsansa ¨tze Bereits seit einiger Zeit geht man davon aus, dass die Situation neben Personen- oder Gruppenmerkmalen die vom Medien- nutzer gewu ¨ nschten Inhalte sowie das pra ¨- WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 1, S. 25 35 Die Autorin Susanne Robra-Bissantz Dr. Susanne Robra-Bissantz Universita ¨t Erlangen-Nu ¨rnberg Lehrstuhl fu ¨r Betriebswirtschaftslehre, insbes. Wirtschaftsinformatik II Lange Gasse 20 90403 Nu ¨rnberg [email protected] Ubiquitous Customer Interface Situationsbasierte Informations- versorgung des mobilen Kunden Kernpunkte Eine individualisierte Informationsversorgung des mobilen privaten Kunden ist ein Bestand- teil erfolgreicher Strategien im E- und M-Commerce zum Teil sogar Basis des Gescha ¨fts- modells. & Heutige Angebote richten sich zu wenig an den konkreten Informationsbedu ¨rfnissen und Medienpra ¨ferenzen der Rezipienten aus. & Eine empirische Untersuchung zeigt, dass Informationsbedu ¨rfnis und Medienpra ¨ferenz wesentlich von der Stimmung des Nachfragers abha ¨ngen. & Beobachtbare Situationen (bestimmt u ¨ber Ort und Ta ¨tigkeit) fu ¨hren zu verschiedenen Stimmungen des Nachfragers. & Das Konzept eines Ubiquitous Customer Interface (UCI) fu ¨hrt die empirischen Ergebnisse zusammen. & Mithilfe eines UCI erfasst ein Anbieter von Informationsdiensten die Situation seiner Kun- den. Er schließt damit auf ihre Stimmung und kann gewu ¨nschte Informationen sowie die pra ¨ferierten Medien auswa ¨hlen. Stichworte: E-/M-Commerce, Kundenschnittstelle, Ubiquitous Computing, Ambient Ser- vices, Situationstypen WI – Schwerpunktaufsatz

Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

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Page 1: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

1 Motivation

Die Kundenschnittstelle (customer inter-face) im E-Commerce verbindet Anbietermit jedem einzelnen ihrer Kunden und er-moglicht die Distribution von Inhalten so-wie Interaktionen, die z. B. zur Abwick-lung von Kaufprozessen notwendig sind[Pfam98, 71 bzw. SCLO02, 142; Robr04,1]. Hier stehen den Unternehmen immermehr mobile und stationare Kommunikati-onswege zum Kunden zur Verfugung. Ihrerfolgreicher Einsatz zur �bertragung vonprodukt- oder dienstleistungsbezogenenInformationen an den Kunden scheitert je-doch daran, dass auf seine spezifischen Be-durfnisse zu wenig Rucksicht genommenwird [TeLo02, 376]. Stattdessen fuhlt sichder Nachfrager schon heute belastigt von zuvielen Angeboten, Informationen und Hin-weisen, die ihn taglich uber mobile End-gerate, am PC, in Radio und TVerreichen.

Die Herausforderung fur Unternehmengegenuber ihren Kunden besteht in einer si-

tuationsbasierten Informationsversorgung(ambient services). Diese bezieht im Sinnedes Ubiquitous Computing [Bast03, 1] alleverfugbaren stationaren und mobilen End-gerate des Kunden ein und berucksichtigtseine Medienpraferenzen in verschiedenenSituationen im Tagesablauf. Auch die uber-tragenen Informationen richten sich an derSituation des Kunden und seinen damiteinhergehenden Informationsbedurfnissenaus. Dazu ist es erforderlich, verschiedenekontextspezifische Einflussfaktoren auf dasInformationsverhalten der Nutzer zu er-fassen und abzubilden. Mit einer empiri-schen Untersuchung von Medienpraferen-zen und Informationsbedurfnissen in ver-schiedenen Situationen schafft dieserBeitrag hierfur eine Basis.

Mit dem so genannten Ubiquitous Cus-tomer Interface (UCI) entsteht mithilfe ei-

ner empirischen Untersuchung ein Kon-zept fur eine Kundenschnittstelle, uber dieAnbieter ihren privaten, mobilen Kundenzu jeder Zeit und an jedem Ort an die Si-tuation angepasste Informationen uber dasjeweils praferierte Medium zur Verfugungstellen konnen.

2 SituationsbasierteInformationsbedurfnisseund Medienpraferenz

2.1 Forschungsansatze

Bereits seit einiger Zeit geht man davonaus, dass die Situation neben Personen-oder Gruppenmerkmalen die vom Medien-nutzer gewunschten Inhalte sowie das pra-

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 1, S. 25–35

Die Autorin

Susanne Robra-Bissantz

Dr. Susanne Robra-BissantzUniversitat Erlangen-NurnbergLehrstuhl fur Betriebswirtschaftslehre,insbes. Wirtschaftsinformatik IILange Gasse 2090403 [email protected]

Ubiquitous Customer InterfaceSituationsbasierte Informations-versorgung des mobilen Kunden

Kernpunkte

Eine individualisierte Informationsversorgung des mobilen privaten Kunden ist ein Bestand-teil erfolgreicher Strategien im E- und M-Commerce – zum Teil sogar Basis des Geschafts-modells.

& Heutige Angebote richten sich zu wenig an den konkreten Informationsbedurfnissen undMedienpraferenzen der Rezipienten aus.

& Eine empirische Untersuchung zeigt, dass Informationsbedurfnis und Medienpraferenzwesentlich von der Stimmung des Nachfragers abhangen.

& Beobachtbare Situationen (bestimmt uber Ort und Tatigkeit) fuhren zu verschiedenenStimmungen des Nachfragers.

& Das Konzept eines Ubiquitous Customer Interface (UCI) fuhrt die empirischen Ergebnissezusammen.

& Mithilfe eines UCI erfasst ein Anbieter von Informationsdiensten die Situation seiner Kun-den. Er schließt damit auf ihre Stimmung und kann gewunschte Informationen sowie diepraferierten Medien auswahlen.

Stichworte: E-/M-Commerce, Kundenschnittstelle, Ubiquitous Computing, Ambient Ser-vices, Situationstypen

WI – Schwerpunktaufsatz

Page 2: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

ferierte Medium zu ihrer �bertragung de-terminiert [Groe99, 44]. In ersten Studienzur Medienwahl im Berufsleben ist belegt,dass die Situation einen wesentlichen bzw.sogar den mit Abstand wichtigsten Ein-flussfaktor auf die Wahl des Mediums aus-ubt. Personenbezogene Einflussfaktorenwie z. B. Alter, Geschlecht oder Einkom-men spielen bei der Medienwahl lediglicheine untergeordnete Rolle [vgl. Robr00;JaUW02].Die Situation ist durch eine Vielzahl von

Determinanten charakterisiert [vgl. Am-We02]. Um situationsbasierte Informa-tionsbedurfnisse und Medienpraferenzeneines Kunden im E-Commerce herauszuar-beiten, ist es notwendig, diese Determinan-ten zu kennen. Verschiedene Forschungs-ergebnisse, z. B. aus dem Bereich des Mo-bile Commerce, der Medienwirtschaft, derInformationslogistik und der Ambient In-telligence, liefern hierzu erste Ansatze:& Im Mobile Commerce werden insbeson-

dere Ort, Zeit und Tatigkeit des Medien-nutzers als wesentliche Determinantenhervorgehoben [vgl. AmWe02]. So ge-hen z. B. die Ansatze der Situation / Lo-cation Based Services vom Ort, an demder Nutzer mobiler Endgerate sich auf-halt, sowie dem damit verbundenen ak-tionsbezogenen und zeitlichen Kontextaus [Zobe01, 51]. Auf Basis dieser kon-textspezifischen Informationen lassensich situationsgerechte Dienste generie-ren und individuell anbieten.

& Die Medienwirtschaft sieht in der Stim-mung eine weitere Determinante derMediennutzung, insbesondere in Bezug

auf die Rezeption von Hor- und Rund-funksendungen. So erganzt z. B. dieBertelsmann-Stiftung die raumlichenund zeitlichen Determinanten und er-kennt einen Zusammenhang zwischenSituation, Stimmung und Mediennut-zung [SaLF89, 88ff.]. Den Einfluss derStimmung bestatigt eine Studie vonRheingold fur Anbieter von TV-Pro-grammen. Die Untersuchung zeigt, dasses zur Befriedigung der Zuschauer-anspruche nicht vorrangig wichtig ist,wer vor dem Fernseher sitzt, sondern inwelcher Stimmung sich der Zuschauerin diesem Moment befindet. Ordnetman bestimmte Rezeptionsverfassungenverschiedenen Abschnitten im Tagesver-lauf und somit unterschiedlichen Situa-tionen zu, so wird ein eindeutiger Zu-sammenhang zwischen Situation undStimmung sowie Situation und An-spruch an das TV-Programm sichtbar[vgl. Schu02, Grun01].

& Erste Umsetzungsversuche der indivi-dualisierten und nutzerspezifischen Be-reitstellung von Inhalten im Rahmen derInformationslogistik [vgl. Frau99] sowieder E-Content-Logistik [vgl. Medi03]leiten praferierte Medien und gewunsch-te Informationen uber die Determinan-ten Ort und Tatigkeit von Kunden imTagesablauf ab.

& Ambient Intelligence verknupft die Ent-wicklungsrichtungen des UbiquitousComputing / Networking mit Intelli-gent / Context Aware Interfaces [vgl.z. B. ISTS02, Loen03, 1]. Sie zielt u. a.darauf ab, dass intelligente Schnittstellen

zwischen Medium und Nutzer dessenSituation erkennen und ihm kontext-bezogene, individualisierte Informatio-nen ubermitteln [Bast03, 1]. Hierzuexistieren u. a. Formalbeschreibungeneines Frameworks [vgl. DoLK03], derIC-Design-Anforderungen [vgl. AaRo03]sowie die Ausgestaltung einer Metaspra-che [vgl. ISTS02]. In Bezug auf dieSchnittstelle zum Nutzer gelingt esschon seit einiger Zeit, Ortsinformatio-nen, wie z. B. das Betreten eines Rau-mes, fur seine Informationsversorgungnutzbar zu machen. In Multi-Sensor-Anwendungen werden vielfaltige Kon-textinformationen zur Erkennung vonSituationen wie „Nutzer schlaft“, „Nut-zer fahrt Rad“ oder „Nutzer sieht fern“herangezogen [GeSB02].

In unterschiedlichen Ansatzen ist somit ge-zeigt, dass die Determinanten Ort, Zeit,Tatigkeit und Stimmung das Informations-bedurfnis und die Medienpraferenz beein-flussen. Zur �bertragung der Ansatze aufein Konzept an der Kundenschnittstellestellt sich zunachst die Aufgabe, die Ab-hangigkeit des Informationsbedurfnissesund der Medienpraferenz im E-Businessvon der Situation – hier beschrieben durchOrt und Tatigkeit sowie die Angabe derZeiten – zu bestimmen. In einem nachstenSchritt ist zu uberprufen, ob ein Zusam-menhang zwischen Situation und Stim-mung der Art besteht, dass Ort und Tatig-keit signifikant zu bestimmten Stimmun-gen fuhren. Trifft dies zu und bestatigt sichebenfalls, dass Informationsbedurfnisseund Medienpraferenzen von der Stimmungabhangen, so ergeben sich fur das Konzeptdes UCI zwei Schlussfolgerungen: DieStimmung kann als wesentliche Determi-nante zur Bildung von Situationstypen he-rangezogen werden. Daneben stehen, zur(genaueren) Beschreibung ebenso wie zurIdentifizierung von Situationstypen, derOrt und die Tatigkeit des Kunden zur Ver-fugung.

2.2 Untersuchungsdesign

Ziel der Studie (vgl. Bild 1) ist die Bildungvon Situationstypen, in denen sich Kundeneines Unternehmens befinden und die Ein-fluss auf das bevorzugte Medium sowie diegewunschten Informationen haben. Kannein Informationsanbieter diese Situations-typen erfassen, lasst sich der Kunde opti-mal mit Informationen versorgen.Folgende Hypothesen sind zu testen:& Die Situation hat Einfluss auf Informa-

tionsbedurfnis und Medienpraferenz(H1).

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 1, S. 25–35

Situationstypen

Situation

Ort Zeit Tätigkeit

StimmungMedienpräferenz Informationsbedürfnis

�������� ��������

��������

�������� ��������

�������� ��������

Bild 1 Untersuchungsmodell

26 Susanne Robra-Bissantz

Page 3: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

& Die Situation hat Einfluss auf die Stim-mung (H2).

& Die Stimmung hat Einfluss auf Informa-tionsbedurfnis und Medienpraferenz(H3).

& Es gibt Situationstypen mit unterschied-lichen Informationsbedurfnissen undMedienpraferenzen, die im Wesentlichendurch die Stimmung des Kunden sowieerganzend durch seine Tatigkeit und sei-nen Aufenthaltsort determiniert sind(H4).

Als Basis zur �berprufung der Hypothe-sen wurde uber drei Wochen eine Umfrageauf der Homepage des Lehrstuhls Wirt-schaftsinformatik II der Universitat Erlan-gen-Nurnberg platziert. Mittels E-Mailwurden als relevant erachtete Personen-gruppen auf sie aufmerksam gemacht. Wiebei allen Studien des Lehrstuhls umfassendiese insbesondere Studenten (insgesamtmehr als 60 Prozent der Befragten), die ge-maß ihrem Internetnutzungsverhalten undwesentlicher demographischer Merkmaleder Gruppe erfahrener Internetnutzer, wiein ahnlichen Studien im Internet, entspre-chen [vgl. z. B. Humm02]. Als weitereProbanden wurden Mitarbeiter und Ge-schaftskunden der Kooperationspartnerder Studie (Vereinigte WirtschaftsdiensteGmbH und Lufthansa AG, insgesamt ca.35 Prozent der Befragten) sowie eineGruppe von Hausfrauen angesprochen. Ingruppenspezifischen Auswertungen erga-ben sich keine signifikanten Unterschiedehinsichtlich der Ergebnisse. Lediglich dieMedienpraferenzen der Berufstatigen be-ziehen sich auf ein großeres Medienset.Insgesamt nahmen 760 Personen an derStudie teil. Die Befragten erhielten ein Setvon 16 ausgewahlten Situationen, die hin-sichtlich der ausgeubten Tatigkeit sowiedes Ortes beschrieben waren. Es musstenu. a. Angaben gemacht werden, zu welcherZeit sich die Teilnehmer der Umfrage inder jeweiligen Situation befinden, wie ihreStimmung dann ist und welche Informatio-

nen sie uber welche Medien empfangenmochten. Die Medien, die zur Auswahlstanden, umfassten unterscheidbare, gangi-ge und zurzeit am Markt verfugbare statio-nare und mobile Typen, wie z. B. PC, Mo-biltelefon, PDA und Notebook [vgl.BoRo03]. Zusatzlich wurden Radio undFernsehen heran gezogen, da davon aus-zugehen ist, dass sich zukunftig uber digi-tale Formen dieser Medien individualisierteInhalte an Kunden distribuieren lassen.

Situation

Die Beschreibung der Situation (vgl. Tabel-le 1) auf Basis der Determinanten Tatigkeitund Ort erfolgt in Anlehnung an bereitsdurchgefuhrte und als relevant erachteteStudien [SaLF89, 103; IPDe02, 8–14].

Stimmung

Die abgefragten sechs Grundstimmungenlehnen sich ebenfalls an bestehende empi-risch erhobene Ergebnisse an (vgl. Ab-schnitt 2.1, insbesondere [SaLF89, 272;EiGF01, 382–397]). Es bestand die Aus-wahl zwischen entspannt, aktiv bei der Sa-che, gelangweilt, gesellig, gestresst sowie in-formationsaufnahmebereit.

Informationsbedurfnis

Der Begriff des Informationsbedurfnissesumfasst sowohl das Interesse einer Personan bestimmten Inhalten als auch den kon-kreten Bedarf zur Erfullung einer Aufgabe[Frau99, 4]. Zur Charakterisierung diesesBedurfnisses lassen sich funf Informations-typen bilden, die im Rahmen einer explora-tiven Vorstudie entstanden. In Interviewsund Workshops gaben 30 Personen Infor-mationen an, die sie besonders interessie-ren. Diese beurteilten sie hinsichtlich ihrer�hnlichkeit im Sinne einer multidimensio-nalen Skalierung und charakterisierten siemithilfe von Attributen, die zur Beschrei-bung von Informationen dienen, wie z. B.Zeitbezug, Anzahl der Empfanger, Volu-men [RaHe00, 90–92; Welk00, 58–59;Robr00, 51ff.; Paav02, 59]. Eine Cluster-analyse mit vorgeschalteter Faktoranalyseergibt die in Tabelle 2 dargestellten Infor-mationstypen.

3 Ergebnisse der Studie

3.1 Einfluss der Situationauf Informationsbedurfnisseund Medienpraferenz

Bilder 2 und 3 zeigen die Informations-bedurfnisse und Medienpraferenzen (alsMittelwert aller Probanden) in den ver-schiedenen Situationen (vgl. Tabelle 1).

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 1, S. 25–35

Tabelle 1 Situationen im Tagesablauf

1 Beschaftigungen im Haushalt

2 Ausruhen an einem ungestorten Ort

3 Essen zu Hause

4 Besuch zu Hause haben

5 Beschaftigung im Badezimmer

6 Unterwegs sein mit �VM

7 Unterwegs sein mit dem Auto

8 Erledigungen tatigen außer Haus

9 Beschaftigung an der Arbeitsstelle oder inder Universitat

10 Berufliche interne Meetings

11 Berufliche externe Meetings

12 Pause bei der beruflichen Tatigkeit

13 Beim Sport außer Haus

14 Ausgehen mit Freunden

15 Bei Freunden zu Besuch sein

16 Wartesituationen außer Haus

Tabelle 2 Informationsbedurfnistypen

Typ Informationsarten (Beispiele) Beschreibung Bezeichnung

1 Staumeldungen, Sportergebnisse, Klatsch und Tratsch sehr aktuell und kurz kurz & aktuell

2 Branchen- und Jobinformationen, Restaurant- oderShoppingtipps, Kino- oder Flugbuchungen

aktuell, kurz, personlich, interaktiv und motivierend interaktiv & motivierend

3 Wetter, Videodemonstration Ferienziel, Reisefuhrer interaktiv, erklarend, multimedial und personlich erklarend & multimedial

4 Borsen- und Finanzinformationen, Terminreminder aktuell, personlich, vertraulich, motivierend personlich & vertraulich

5 Grußkarten, Video-on-Demand-Filme zeitlos, multimedial und erklarend multimedial & zeitlos

Ergebnisse einer Clusteranalyse mit euklidischer Distanz und Ward-Verfahren (BEPW00, 366)

Ubiquitous Customer Interface 27

Page 4: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

Sie sind auf einer Skala von 1 (Mediumnutze ich / Information erhalte ich in dieserSituation gar nicht gerne) bis 5 (Mediumnutze ich / Information erhalte ich in dieserSituation sehr gerne) abgefragt und codiert.Zusatzlich hatte der Proband in allen Fra-gen der Studie die Moglichkeit, ein „weißnicht“ anzugeben.Bereits anhand der Grafiken ist davon

auszugehen, dass die Situation, in der mansich befindet, sowohl Einfluss auf die Pra-

ferenz fur verschiedene Medien als auchauf das Informationsbedurfnis hat. Mithilfeeiner Kreuztabellierung und eines dazu ge-horigen Chi-Quadrat-Tests [Bros01, 404]lasst sich H1 (vgl. Abschnitt 2.2) mit einerIrrtumswahrscheinlichkeit, die kleiner als0,01 Prozent ist, bestatigen. Der Anteil,den die Situation an der Varianz [JaLa03,247] bezuglich der Medienpraferenz er-klart, liegt zwischen zehn bzw. zwolf Pro-zent (PDA und Mobiltelefon) und 28 Pro-

zent (TV), derjenige bezuglich des Infor-mationsbedurfnisses lediglich zwischenacht (aktuelle Inhalte) und 14 Prozent(multimediale Inhalte). Begreift man dieabhangige Variable als metrisch skaliert(Annahme gleicher Abstande in der ordi-nalen Skalierung), so bestatigt sich das Er-gebnis bezuglich der Varianzerklarungs-anteile mithilfe der Varianzanalyse.

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 1, S. 25–35

1

1,5

2

2,5

3

3,5

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

gesa

mt

Situationen am Tag

Mit

telw

erte

(1:g

arni

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5:se

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kurz & aktuell interaktiv & motivierend

erklärend & multimedial persönlich & vertraulichmultimedial & zeitlos

1. Haushalt2. Ausruhen3. Essen zu Hause4. Besuch zu Hause5. Badezimmer6. Unterwegs ÖVM7. Unterwegs Auto8. Erledigungen9. Beschäftigung (Beruf)10. Interne Meetings11. Externe Meetings12. Pause (Beruf)13. Sport außer Haus14. Ausgehen mit Freunden15. Zu Besuch16. Wartesituationen

Bild 2 Mittelwerte der Informationsbedurfnisse in Situationen

1. Haushalt2. Ausruhen3. Essen zu Hause4. Besuch zu Hause5. Badezimmer6. Unterwegs ÖVM7. Unterwegs Auto8. Erledigungen9. Beschäftigung (Beruf)10. Interne Meetings11. Externe Meetings12. Pause (Beruf)13. Sport außer Haus14. Ausgehen mit Freunden15. Zu Besuch16. Wartesituationen

1

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

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Situationen am Tag

Mit

telw

erte

(1:g

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erne

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ehr

gern

e)

TV Radio Notebook

PC PDA MobiltelefonSmartphone Telefon

e

Bild 3 Mittelwerte von Informationsbedurfnissen und Medienpraferenzen in Situationen

28 Susanne Robra-Bissantz

Page 5: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

3.2 Einfluss der Situationauf die Stimmung

Die Mittelwerte der Stimmungen uber alleSituationen zeigt Bild 4. Die Stimmunghangt starker von der Situation ab als diezuvor gepruften Variablen. Dies bestatigenChi-Quadrat-Test und Varianzanalyse, dieeinen Varianzerklarungsanteil der Situatio-nen an den Stimmungsvariablen zwischenzehn Prozent (informationsaufnahme-bereit) und 32 bzw. 35 Prozent (entspanntbzw. gesellig) zeigen, mit einer Irrtums-wahrscheinlichkeit von kleiner als 0,01Prozent.Durch einen Vergleich der Mittelwerte

der Situationen 2 (Ausruhen an einem un-gestorten Ort), 11 (Berufliche externe Mee-tings) und 16 (Wartesituationen außerHaus) wird dieser Zusammenhang ver-deutlicht (vgl. Tabelle 3).

Der Einfluss der Situation auf die ge-wahlten Stimmungsvariablen (H2) (vgl.Abschnitt 2.2) ist damit bestatigt.

3.3 Einfluss der Stimmungauf Informationsbedurfnisseund Medienpraferenz

Die �berprufung des Einflusses der Stim-mung auf Medienpraferenzen und Infor-mationsbedurfnisse ergibt mithilfe des Chi-Quadrat-Tests und der Varianzanalyse einesignifikante Abhangigkeit. Der Anteil derdurch die Stimmung erklarten Varianz derInformationsbedurfnisse liegt zwischen ei-nem und 26 Prozent, der entsprechendeWert der Medienpraferenz zwischen einemund zwolf Prozent (vgl. Bild 5).

Die Irrtumswahrscheinlichkeit (p) liegtjeweils unter 0,01 Prozent, H3 (vgl. Ab-schnitt 2.2) ist somit bestatigt. Eine Regres-sionsanalyse schlusselt die Ergebnisse fur

den Zusammenhang zwischen Stimmung,Informationsbedurfnis und Medienprafe-renz genauer auf. So zeigt sich u. a., dassdie Stimmungen „entspannt“ (p ¼ 0,35%)und „aktiv bei der Sache“ (p ¼ 0,23%) kei-nen signifikanten Einfluss auf die Praferenzfur das Mobiltelefon haben, wohl aber dierestlichen vier Stimmungen (p jeweils<0,01%). Bei den Informationsbedurfnis-sen deutet die Stimmungsvariable „aktivbei der Sache“ im Gegensatz zu allen ande-ren (p jeweils <0,01%) nicht auf einenZusammenhang mit dem Informations-bedurfnistyp „interaktiv & motivierend“(p ¼ 0,76%) hin.

3.4 Situationstypen

3.4.1 Bildung

Aufgrund der bisherigen Ergebnisse ist essinnvoll, die Stimmungsvariablen bei derBildung und Beschreibung von Situations-

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1. Haushalt2. Ausruhen3. Essen zu Hause4. Besuch zu Hause5. Badezimmer6. Unterwegs ÖVM7. Unterwegs Auto8. Erledigungen9. Beschäftigung (Beruf)10. Interne Meetings11. Externe Meetings12. Pause (Beruf)13. Sport außer Haus14. Ausgehen mit Freunden15. Zu Besuch16. Wartesituationen

1

1,5

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

gesa

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Situationen am Tag

Mitt

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entspannt aktiv bei der Sache

gelangw eilt geselliggestresst informationsaufnahmebereit

Bild 4 Mittelwerte von Stimmungen in Situationen

Tabelle 3 Vergleich der Stimmung in unterschiedlichen Situationen

Situation Stimmung

entspannt aktiv bei der Sache gelangweilt gesellig gestresst informationsaufnahme-bereit

2 þþ � þ 0 �� þ11 �� þþ �� � þþ þþ16 � �� þþ �� þ þ

Legende: þþ trifft voll zu þ trifft zu 0 weder noch � trifft eher nicht zu �� trifft gar nicht zu

Ubiquitous Customer Interface 29

Page 6: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

typen einzubeziehen. Wahrend die Situa-tion, beschrieben uber Tatigkeit und Ort,eher die Medienpraferenzen beeinflusst, istder Erklarungsanteil der Stimmung fur dieInformationsbedurfnisse hoher. Mithilfe ei-ner Clusteranalyse ergeben sich Situations-typen aus allen als metrisch skalierbar an-genommenen Variablen: Stimmung, Me-dienpraferenz und Informationsbedurfnis.Eine Faktoranalyse (Hauptachsenana-

lyse und Faktorrotation) eliminiert vorabKorrelationen zwischen den Variablen. Be-schreibt man die �hnlichkeit der Situatio-nen fur die Clusteranalyse mithilfe der Eu-klidschen Distanz und verwendet zur ihrerFusionierung das Wardverfahren, so erge-ben sich mithilfe des Elbow-Kriteriumssechs Situationstypen. [BEPW00, 301ff.,366ff.]Interessant ist, dass uber eine Cluster-

analyse allein mithilfe der (faktorisierten)Stimmungsvariablen im Wesentlichen die-selben Cluster entstehen. Lediglich die Si-tuation 1 („Beschaftigungen im Haushalt“)

ist in der Analyse uber alle Variablen demCluster 1 zugeordnet, uber die Stimmungs-variablen dem Cluster 5. Eine genauere Be-trachtung der betroffenen Situation zeigt,dass ihre Beschreibung der weiteren ausCluster 5 („Unterwegs sein mit demAuto“) bis auf die Medienpraferenz sehrahnlich ist (vgl. Bild 6).Fur die Ausgestaltung des UCI wird da-

her die Situation 1 dem Cluster 5 („beingbusy“) zugeordnet (vgl. Tabelle 4). Jedochist darauf zu achten, dass eine Ansprachedes Clusters 5 uber TV oder PCs im Autonur begrenzt moglich ist.Mit einer Diskriminanzanalyse lasst sich

die Trennscharfe der Gruppeneinteilung er-mitteln. Die Signifikanzprufung mithilfeder Diskriminanzfunktionen zeigt, dass dieNullhypothese („die 6 Gruppen unter-scheiden sich nicht“) fur beide Analysenmit einer Wahrscheinlichkeit von uber 95Prozent abzulehnen ist. H4 (vgl. Abschnitt2.2) ist somit bestatigt.

3.4.2 Beschreibung

Die erarbeiteten Situationstypen lassen sichwie folgt charakterisieren:& „Chill out & energize“ bezeichnet Situa-

tionen, in denen der Betroffene sehr ent-spannt und aufnahmebereit ist. Er istuber alle Medien uberdurchschnittlichgerne erreichbar, bevorzugt jedoch eherden passiven Konsum uber TV und Ra-dio. Ist Interaktion notwendig, greift erauf Telefon oder PC zuruck. Entspre-chend sind in diesem Situationstyp alle

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 47 (2005) 1, S. 25–35

12,0%

10,0%

8,0%

6,0%

4,0%

2,0%

0,0%TV Radio

PC PDA

Vari

anz

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ngsa

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l

entspanntgesellig

aktiv bei der Sachegestresst

gelangweiltinformationsaufnahmebereit

Handy

Smartphone

Telefon

Notebook

30,0%25,0%20,0%

15,0%10,0%

5,0%0,0%

kurz & aktuell

interaktiv & motivierend

erklärend & multimedial

persönlich & vertraulich

multimedial & zeitlos

Vari

anz

erk

läru

ngsa

ntei

l

Bild 5 Varianzerklarungsanteil der Stimmung an Medienpraferenz und Informations-bedurfnis

Tabelle 4 Situationstypen als Ergebnis der Clusteranalyse

Typ Situationen Bezeichnung

1 2: Ausruhen an einem ungestorten Ort

3: Essen zu Hause

12: Pausen bei der beruflichen Tatigkeit

chill out & energize

2 4: Besuch zu Hause haben

13: Beim Sport außer Haus

14: Ausgehen mit Freunden

15: Bei Freunden zu Besuch sein

fun, sports & activity

3 5: Beschaftigung im Badezimmer

8: Erledigungen tatigen außer Haus

don’t disturb

4 6: Unterwegs sein mit �VM

16: Wartesituationen außer Haus

stressy bored

5 1: Beschaftigungen im Haushalt

7: Unterwegs sein mit dem Auto

being busy

6 9: Beschaftigung an Arbeitsstelle oder Universitat

10: Berufliche interne Meetings

11: Berufliche externe Meetings

at work

30 Susanne Robra-Bissantz

Page 7: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

Inhalte, besonders aber multimedialeund sehr personlich zusammengestellteInformationen, anhand derer man Ent-scheidungen treffen kann, willkommen.Interaktive Inhalte sind vergleichsweiseweniger gefragt.

& Im Cluster „fun, sports & activity“ istdie Person zwar entspannt und geselligaber gleichzeitig außerordentlich aktiv.Das fuhrt dazu, dass sie grundsatzlichuberhaupt nicht angesprochen werdenwill. Sie hat keine Informationsbedurf-nisse, es sei denn, sie kann und muss di-rekt auf kurze Nachrichten reagieren.Hierfur kommt lediglich das Mobiltele-fon in Frage.

& „Don’t disturb“ sind Situationen, in de-nen man aktiv und eher gestresst ist. In-formationen sind auch in diesen Situa-tionen nicht gewunscht. Eine Ausnahmesind kurze, aktuelle Sachinhalte. Im Ge-gensatz zum Situationstyp „fun, sports& acitivity“ mochte man in dieser Situa-tion nicht interagieren. Daher kommt indiesen Situationen allein das passive Me-dium Radio als Distributionskanal furInformationen in Frage.

& „Stressy bored“ zeichnet Situationen aus,in denen der Betroffene gelangweilt ist,weil er nichts tun kann und z. B. wartenmuss. Gleichzeitig ist er jedoch sehr ge-stresst und eigentlich in Eile. Daher istdie Person in diesen Situationen fur alleInhalte sehr aufnahmebereit. Dabei sindinsbesondere multimediale, erklarendesowie zu einer Entscheidung motivie-rende Informationen gefragt. Der Be-troffene wird in diesen Situationen gerneuber alle Medien kontaktiert. Da er je-doch meist nicht zuhause ist, praferierter Radio, Mobiltelefon, Notebook so-wie die neueren mobilen Medien wiePDA und Smartphone.

& Mit „being busy“ lassen sich Situationencharakterisieren, in denen sich Personensehr konzentriert einer Aufgabe widmenund sehr aktiv sind. Trotzdem sind dieBetroffenen dabei informationsaufnah-mebereit. Im Unterschied zu den Situa-tionen des Typs „stressy bored“ prafe-rieren sie kurze, aktuelle, erklarendeoder auch zu einer Interaktion motivie-rende Informationen. Diese empfangensie speziell im Auto sehr gerne uber Ra-dio (mit dem Mobiltelefon als Ruck-kanal), im Haushalt auch uber TV.

& „At work“, bei der Arbeit, ist man, wieim vorigen Situationstyp, außerordent-lich aktiv und informationsaufnahme-bereit. Der Stress ist jedoch etwas hoher,die eigentliche Tatigkeit, die man erle-digt, nimmt einen mehr in Anspruch.

Wie in den Situationen des Typs „beingbusy“ bevorzugt man kurze Informatio-nen, die jedoch noch genauer auf diepersonlichen Bedurfnisse zugeschnittensein mussen. Fur Interaktionen hat manim Vergleich zu „being busy“ und„stressy bored“ weniger Zeit. Die prafe-rierten Medien sind diejenigen, die manam Arbeitsplatz nutzt: Notebook, PC,PDA, Mobiltelefon und Smartphone.

Anhand der empirischen Studie lassen sichmit den Zeitangaben, die die Befragten den(uber Ort und Tatigkeit charakterisierten)Situationen zuwiesen, ungefahre Aussagenuber die Verteilung der Situationstypen imTagesablauf machen. Ein durchschnitt-licher Tag wird von den Situationstypen„at work“ und „chill out & energize“ do-

miniert. „At work“ erstreckt sich dabeiuber den ganzen Tag (9 bis 18 Uhr), wah-rend „chill out & energize“ zwischen 12und 15 sowie von 18 bis 24 Uhr seine Ho-hepunkte erlebt. „Being busy“ und „stres-sy bored“ sind dem fruhen Morgen (6 bis9 Uhr) und dem fruhen Abend (18 bis21 Uhr) zuzuschreiben. „Fun, sports &activity“ liegt eher am Ende des Tages,zwischen 18 und 24 Uhr. Mit „don’t dis-turb“ starten die Befragten zwischen 6 und9 Uhr in den Tag (vgl. Bild 7). In statisti-schen Auswertungen lasst sich zwar einesignifikante Abhangigkeit des Situations-typs von Zeitspannen am Tag mittels Chi-Quadrat-Test (Irrtumswahrscheinlichkeitkleiner als 0,01 Prozent) nachweisen, einfest codierter Ruckschluss allein von der

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Beschäftigungen im Haushalt Unterwegs sein mit dem Auto

54,5

43,5

32,5

21,5

1

entsp

annt

aktiv

bei d

erSa

che

gela

ngwe

iltge

sellig

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Mitt

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erte

Stimmung Medienpräferenz Informationsbedürfnis

Bild 6 Vergleich zweier Situationen

8.00 Uhr 22.00 UhrVormittag Mittag Nachmittag Abend Nacht

stressy bored

being busyat work

don´t disturbchill out &energize

fun, sports& activity

at work being busy

being busy chill out &energize

Bild 7 Situationstypen im Tagesverlauf

Ubiquitous Customer Interface 31

Page 8: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

Tageszeit auf den Situationstyp eines ein-zelnen Kunden erscheint trotzdem fur einepraktische Anwendung nicht sinnvoll.

4 Konzept des UbiquitousCustomer Interface

4.1 Umsetzungsbedingungen

In einem Konzept des UCI ist aufzuzeigen,wie die empirischen Ergebnisse zu einer si-tuationsbasierten Informationsversorgungder Kunden eines Anbieters im E-Com-merce umsetzbar sind. Mithilfe der gebil-deten Situationstypen ist, uber das Kons-trukt der Stimmung, die bei der Mehrzahlder Nachfrager geltende Verknupfung zwi-schen ihrer Situation (charakterisiert durchOrt und Tatigkeit) und Informations-bedurfnis sowie Medienpraferenz bekannt.

Kundenperspektive

Hinsichtlich des Kunden bleibt zu beant-worten, wie der Informationsanbieter des-sen jeweilige Situation ermitteln kann. Al-lein die Tageszeit kann hieruber keine An-haltspunkte bieten (vgl. Abschnitt 3.4.2).In einer einfachen Ausgestaltungsform desUCI wahlt jeder Kunde in einer Initialisie-rungsphase diejenigen Situationen aus, dieer aus seinem Tagesablauf kennt. Ebensogibt er die Medien an, uber die er verfugt.Im taglichen Gebrauch zeigt er mithilfe ei-nes beliebigen Mediums an der Kunden-schnittstelle (am besten mit einem mobilenEndgerat) „auf Knopfdruck“ allen am UCIbeteiligten Anbietern, in welcher Situationer sich gerade befindet. Die Situation fuhrt

zu einem Situationstyp und damit einerStimmung mit bestimmten Informations-bedurfnissen und Medienpraferenzen. DerKunde erhalt aufgrund seiner Angabe si-tuationsabhangig gewunschte Informatio-nen auf das von ihm praferierte Medium.In ausgereiften Konzepten muss der Kundenicht mehr jeden Situationswechsel ange-ben. Auf Basis einer Ortsbestimmung undder aufgrund der Uhrzeit wahrscheinlichenSituation, gegebenenfalls erganzt durch ei-ne Erfassung von Basisstimmungen, ermit-telt das mobile Endgerat den Situationstypselbststandig. Hierzu ist auf bereits beste-hende Ansatze zur Lokalisierung des mo-bilen Kunden zuruck zu greifen [ScDe02],die z. B. uber Situationen zu Hause oderim Buro Aufschluss geben. AusgereiftereMethoden der Kontextbestimmung kon-nen Ortsveranderungen im Haushalt oderam Arbeitsplatz bestimmen [Kork00] so-wie uber Multisensoransatze helfen, eineSituation, wie den Aufenthalt im Badezim-mer oder auf dem Sofa, direkt zu identifi-zieren [GeSB02].

Anbieterperspektive

In Abschnitt 4.2 ist beispielhaft dargestellt,wie Anbieter das UCI nutzen. Wollen sieihren Kunden Informationen ubermitteln,ordnen sie diese einem der erarbeiteten In-formationsbedurfnistypen zu. Hierzu ste-hen Verfahren der automatischen Klassifi-kation oder die in Redaktionen ubliche ma-nuelle oder elektronische Indexierung zurVerfugung [LaSc03]. Die Situationstypengeben Aufschluss daruber, wann der Kun-de am empfanglichsten fur Informationendes Informationstyps und welches das bes-te Medium der �bermittlung ist. Zwei wei-tere Aspekte sind zu berucksichtigen:

& Zeitkritische, extrem wichtige Informa-tionen zu erhalten, wie z. B. uber denUnfall eines Familienmitglieds, ist keinInformationsbedurfnis, das von der Si-tuation abhangt. Situationstypen gebenin diesem Fall lediglich Aufschluss uberdas am Besten geeignete Medium zur�bertragung der Inhalte.

& Medien sind nicht fur alle Informatio-nen gleich gut geeignet. Daher entschei-det neben dem Situationstyp auch dieMedieneignung zur �bertragung der In-formation uber das zu wahlende Endge-rat.

4.2 Einsatz eines UCI beieinem Finanzinformationsanbieter

Finanzinformationsanbieter befassen sichmit der Beschaffung und Bearbeitung vonInformationen numerischer und textbasier-ter Art uber spezifische Markte wie z. B.den Aktienmarkt und veroffentlichen diesein digitaler Form [BoRo03, 259]. Fur dieseUnternehmen ist es ein kritischer Erfolgs-faktor, die richtigen Informationen zurrichtigen Zeit uber das richtige Medium zuubermitteln oder bereit zu stellen, ins-besondere wenn sich an die Distributionder Inhalte bei den Empfangern eine direk-te Transaktion am Kapitalmarkt anschließt[RoLR, 561]. Der Einsatz eines UCI bietetsich aus diesem Grund an.Hinsichtlich der von einem Finanzinfor-

mationsanbieter zu ubertragenden Inhaltesind in Echtzeit („realtime“) publizierteWarnmeldungen („alerts“) besonders her-vorzuheben. Diese Realtime-Alerts geho-ren, insbesondere wenn sie personalisiertsind, zu den zeitkritischen, extrem wichti-gen Mitteilungen (vgl. Abschnitt 4.1) undumfassen z. B. wichtige Nachrichten in Be-zug auf einen bestimmten Aktientitel. FurAlerts ist im UCI allein zu entscheiden,uber welches Medium sie am besten uber-tragen werden (vgl. Bild 8). Hierzu sinddie praferierten Medien der Situations-typen heranzuziehen (vgl. Abschnitt 3.4.2).Fur alle weiteren Informationen erarbei-

tet der Finanzinformationsanbieter in ei-nem nicht streng formalisierbaren Prozessden geeigneten Situationstyp sowie daszweckdienlichste Medium. Dabei hat er pa-rallel laufende und sich gegenseitig beein-flussende Zuordnungsaufgaben zu bewalti-gen:& Er ordnet seine Inhalte den Informa-

tionsbedurfnistypen des UCI zu.& Er bestimmt aus der Zuordnung von In-

formationsbedurfnissen zu Situations-typen (vgl. Abschnitt 3.4.2) diejenigen,

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UCIUCI

Realtime-Alerts

stressy boredbeing busy at workdon´t disturb chill out &energize

fun, sports& activity

8.00 Uhr 22.00 Uhr

Bild 8 Realtime-Alerts im UCI eines Finanzinformationsanbieters

32 Susanne Robra-Bissantz

Page 9: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

in denen seine Inhalte hinsichtlich derInformationsbedurfnisse der Rezipien-ten am besten ubertragbar sind.

& Er legt das geeignete Medium zur Infor-mationsubertragung fest. Zu beruck-sichtigen sind dabei die Medienpraferen-zen der Rezipienten im Situationstyp(vgl. Abschnitt 3.4.2) sowie die Eignungdes Mediums fur die Inhalte.

Bild 9 zeigt eine mogliche Ausgestaltungdes UCI fur den Finanzinformationsanbie-ter.Der Situationstyp „chill out & energize“

ist sehr gut geeignet fur multimediale, zeit-lose Inhalte des Informationsbedurfnistyps5. Er ermoglicht, Videos zu verschiedenenThemenstellungen, ausfuhrliche Informa-tionen uber Unternehmen oder nicht-zeit-kritische �bertragungen von Jahreshaupt-versammlungen anzubieten. Der Finanz-

informationsanbieter wahlt hier am bestendas Medium TV. Auch sehr personliche,vertrauliche Inhalte des Typs 4 sind gut indiesem Situationstyp zu ubertragen, ins-besondere wenn sie etwas Zeit und wenigerInteraktionen erfordern. Sie konnen multi-medial ausgestaltet werden, wie z. B. einevirtuelle Beratung zur Optimierung einesAktienportfolios. Stehen Informationen ei-nes anderen Typs an, solange sich der Kun-de in einer der Situationen dieses Typs be-findet, so ist ebenfalls ein eher passives Me-dium oder allenfalls das Telefon zuraktiven Ansprache zu wahlen.Wahrend Situationen der Typen „don’t

disturb“ und „fun, sports & activity“ sinddie ubertragenen Informationen auf dasNotwendigste zu begrenzen. Hierzu geho-ren kurze, aktuelle Nachrichten, wie z. B.Schnelleinschatzungen von Analysten zu

Unternehmensergebnissen (Typ 1). Imletztgenannten Situationstyp sind auchkurze Mitteilungen akzeptiert, auf die manschnell reagieren will (Typ 2), wie z. B. in-dividuelle Aktienkurse. Fur alle zu uber-tragenden Informationen bestehen zwi-schen den Situationstypen Unterschiedehinsichtlich des einzusetzenden Mediums.„Don’t disturb“ eignet sich fur ein passivesMedium wie das Radio, in „fun, sports &activity“ ist das fur Interaktionen geeigneteMobiltelefon zu wahlen.

„Stressy bored“ und „being busy“ sindSituationstypen, in welchen eine angepassteInformationsubermittlung sehr Erfolg ver-sprechend ist. Zu achten ist darauf, dass dieInformationen in „stressy bored“ uber einmultimediafahiges mobiles Medium ange-boten werden sollten, in „being busy“ eheruber Radio. In der Situation „stressy

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UCIUCI

Beispiel: Einschätzungen von Händlern oder Analysten unmittelbarnach einem kursrelevanten Ereignis

Typ 1: kurz & aktuell

Typ 2: interaktiv & motivierend

Typ 3: erklärend & multimedial

Typ 4: persönlich & vertraulich

Typ 5: multimedial & zeitlos

Beispiel: Indizes und einzelne Preise mit direkterMöglichkeit zum Kauf/Verkauf

Beispiel: Analysen von Markttrends mit im Text integriertenRealtime-Charts und -Kursen

Beispiel: Anlageberatung zur Risikooptimierungeines Portfolios

Beispiel: Hintergrundberichte zu Jahreshauptversammlungen mitintegrierter Rede des Vorstandssprechers

chill out & energize

fun, sports & activity

don´t disturb

stressy bored

being busy

at work

Bild 9 Ausgestaltung des UCI bei einem Finanzinformationsanbieter

Ubiquitous Customer Interface 33

Page 10: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

bored“ ist der Kunde fur multimediale In-halte des Typs 5, wie z. B. die �bertragungvon Hauptversammlungen, empfanglich.Da er gerne aktiv wird und interagiert (imGegensatz zum Situationstyp „chill out &energize“), ist es sinnvoll, ihm auch per-sonliche Beratungen des Informationstyps4 oder Hintergrundmaterial des Typs 3 an-zubieten. Diese konnen fur die praferiertenMedien des Situationstyps (z. B. Notebookund PDA) multimedial ausgestaltet wer-den, indem der Kunde z. B. Meldungenvon einem virtuellen Nachrichtensprecheroder aufwandige Beratungstools erhalt. Inden Situationen des Typs „being busy“sind ebenfalls erklarende Inhalte des Infor-mationstyps 3 gefragt. Die Inhalte solltenallerdings kurzer und z. B. als Realtime-Audioberichte ausgestaltet sein. Beabsich-tigt der Anbieter die �bertragung von In-halten, die zu einer Interaktion motivierenund die langer sind, als es der Situationstyp„fun, sports & activity“ zulasst, so emp-fiehlt sich die Distribution wahrend „beingbusy“.Im Situationstyp „at work“ sind alle In-

formationen sehr gut uber PC ubertragbar.Der Kunde hat jedoch nur Zeit fur kurzeMitteilungen des Typs 1. Da er wahrenddieses Situationstyps ungern interagiert, ister am ehesten zusatzlich fur kurze, sehrpersonliche und vertrauliche Informatio-nen des Typs 4 empfanglich, wie z. B. per-sonalisierte Finanznachrichten in Formvon elektronischen Newslettern.

5 Fazit und Ausblick

Das Beispiel eines Finanzinformations-anbieters zeigt, dass in Kenntnis von Infor-mationsbedurfnissen und Medienpraferen-zen klare Entscheidungen hinsichtlich der�bertragung von Inhalten zu einzelnenKunden in bestimmten Situationen getrof-fen werden konnen. So zeigen sich z. B. inder Empirie Situationen („stressy bored“ inWartezimmern, Flugzeugen oder Bahn so-wie „being busy“ im Haushalt oder bei Au-tofahrten), die sehr gut geeignet fur ein An-gebot von Informationen als Zusatzleistungzu Produkten und Diensten eines Anbietersim E-Commerce sind. Der Ansatz einesUCI ist damit grundsatzlich geeignet, me-dienubergreifend situationsbasierte Dienstefur den mobilen Kunden zu entwickeln.Vor einem praktischen Betrieb sind je-

doch weitere Untersuchungen und Ent-wicklungen notig. So ist z. B. aufgrund in-dividueller Informationsbedurfnisse undMedienpraferenzen eine lernende, person-

liche Ausgestaltung des UCI zu erwagen.Daneben stellen die genannten Medien le-diglich Vertreter fur bestimmte Rezep-tionsarten dar. Nicht immer sind die heuti-gen Auspragungen bereits den Anforde-rungen eines UCI gewachsen. So stehenz. B. erst bei weiterem Zusammenwachsenvon TV und PC individualisierbare Pro-gramme fur den Empfanger zur Verfugung.Erste Formen des Webradios legen denSchwerpunkt einer Individualisierung we-niger auf Nachrichten als auf Musikzusam-menstellungen. Auch sind grundsatzlich„Pull-Medien“ nur beschrankt und dannmit einer Beobachtung des Rezeptionsver-haltens fur eine �bertragung von wichti-gen Informationen an den Nachfragernutzbar. Positiv auf die Ausgestaltung einesUCI wirken sich hier Medienkonvergenz-prozesse aus. Sobald eine Art „mobiler Al-leskonner“ verfugbar und im Einsatz ist,sind Medienubergange stark vereinfachtund das Set praferierter Medien reduziertsich deutlich. Die situationsbasierte Infor-mationsverteilung setzt damit insbesonderean Informationsbedurfnissen eines mobilenKunden an.Hinsichtlich der Kundenakzeptanz so-

wie datenschutzrechtlicher Bestimmungeneines UCI sind auch dann in jedem Fall ge-nauere Untersuchungen notwendig. Aller-dings existieren bereits heute Studien imBereich des Permission Marketing [JaSK02,283], E-Commerce [Robr04] sowie hin-sichtlich proaktiver Dienste [RoZa04], dieaufzeigen, dass der Kunde grundsatzlichfur sehr individuelle und an seine Situationangepasste Dienste offen ist.

Offen bleibt auch die Frage, wie dasUCI z. B. hinsichtlich eines Geschafts-modells praktisch umzusetzen ist. Anbietervon Informationsdiensten, die bereits uberein ausgereiftes Multichannel-Managementverfugen, sollten heute schon in der Lagesein, ihren Kunden Situationsarten zurAuswahl vorzugeben, um ihre Informatio-nen daran angepasst zu distribuieren.Langfristig anzustreben sind aber Unter-nehmenskooperationen, die vielen Nutzernauf Basis von ausgereiften Erlos- und Rev-enue-Sharing-Modellen gemeinsam ein UCIanbieten. Denkbar ist, dass u. a. Endgerate-Hersteller, Software-Produzenten, Infor-mationbroker sowie Content-Lieferanten,z. B. Finanzinstitute, Reiseanbieter undUnterhaltungsdienstleister, zusammen einUCI realisieren und Aufwendungen sowieErtrage teilen. Insbesondere die Realisie-rung eines benutzerfreundlichen und funk-tionsfahigen Kunden-Frontends, d. h. des(mobilen) Mediums, uber welches die der-zeitige Situation und damit der Situations-typ des Kunden erhebbar sind (vgl. Ab-schnitt 4.1), stellt hierbei hochste An-spruche. Die entstehenden Kosten undAufwendungen sind mit dem gemaß derEmpirie vermuteten Nutzen abzuwagen.Jenseits des umfassenden Konzepts eines

UCI wird in der vorliegenden Studie deut-lich, dass die Stimmung insbesondere aufdie Informationen, die man erhalten moch-te, einen wesentlichen Einfluss hat. Sie isthinsichtlich der Informationsbedurfnissewichtiger als die bisher im E-Business be-trachteten Determinanten der Situation.Insbesondere erlaubt sie die Bildung von Si-

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Abstract

Ubiquitous Customer Interface – Situation Based Content Distribution for a Mobile Custo-mer

A Ubiquitous Customer Interface (UCI) is a concept for the different stationary and mobilemedia that are used in companies’ contact with private customers. Via the UCI contents aredistributed to a mobile customer at any time and to any place, but under the condition thatthe supplier considers customers’ needs regarding media and content preferences. In thispaper approaches for a UCI are developed from a customer’s point of view. An empiricalstudy shows that customers in e-commerce find themselves in five different types of situationduring the routine of a day. These types of situation have an impact on the preferred mediaand on the special need for information. The variable that determines the description of thetypes of situation is the mood of the customer. Based on these insights the concept of the UCIis transferred to the example of a financial service provider.

Keywords: E-/M-Commerce, Customer Interface, Ubiquitous Computing, Ambient Ser-vices, Types of Situation

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Page 11: Ubiquitous Customer Interface : Situationsbasierte Informationsversorgung des mobilen Kunden

tuationstypen, was die Umsetzung von vie-len situationsbasierten Diensten deutlichvereinfachen kann. Insbesondere fur situa-tionsbasierte Ansatze des Mobile Com-merce ist es aufgrund der erzielten Ergeb-nisse sinnvoll, die Stimmung zusatzlich zuz. B. Lokalisierungsinformationen heran-zuziehen.Die Erkenntnisse des UCI bieten eine

wichtige Variable zur Beschreibung desKontexts eines E-Business-Kunden – eineso genannte „interne“ Situation. Im Ver-gleich zu internen Personlichkeitsvariablenist diese nicht relativ zeitstabil und damitnicht unabhangig vom aktuellen Umfelddes Kunden. Verglichen mit gelaufigen Si-tuationsvariablen, wie dem Ort oder Tatig-keiten, ermoglicht sie ebenso eine Typi-sierung uber die extern beobachtbarenVariablen. Zusammen mit zukunftigenEntwicklungen der Ambient Intelligence,insbesondere im Bereich der (Bio-) Senso-rik, ist die Beschaftigung mit der Stimmungeines Rezipienten auch im E-Business so-wohl wichtig als auch Erfolg versprechend.

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