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32 AKCH.MATH. ~ber algebraische Unabh~ingigkeit bei gewissen niehtfortsetzbaren Potenzreihen Voll PETER ~UIWDSCHUH und FRAt~Z-JOSEFWYL~EGALA 1. Einleitung. Das Ziel der vorliegenden Note ist der Nachweis der algebraischen Unabh~ngigkeit yon Zahlen, die Werte gewisser nichtfortsetzbarer Potenzreihen mit algebraischen Koeffizienten an algebraischen Stellen im Innern ihres Konvergenz- kreises sind. Reihen dieser Art sind yon Cijsouw und Tiideman [3] an algebraischen Argumentstellen auf Transzendenz untersucht worden. Wesentliehes Beweishilfs- mittel ist ein yon Durand [5] gefundenes hinreichendes Kriterium f'tir algebraisehe Unabh~ngigkeit komplexer Zahlen, welches wir zu Anfang yon Absehnitt 2 formu- lieren. Pr~ziser geht es hier um Potenzreihen der Form oo (1) k=0 wobei alle ak algebraisch und =~0 sind, w~hrend die e~ ganzrational sind und der Bedingung 0 ~ e0< ez <-" geniigen. Zur Formulierung des ttauptsatzes fiihren ~dr noeh die folgenden Bezeichnungen im Zusammenhang mit den a~ ein: Fiir k = 0, 1.... sei S~ := [Q (a0 ..... a~) : Q]; M~ sei eine natiirliehe Zahl, so dal~ alle Mkat (~ --- 0 ..... k) ganzalgebraisch sind und schliel31ieh sei Ak := Max(l, la0l ..... la~l), wobei lal f'fir algebraisehes a das Maximum der Absolutbetrs aller Konjugierten yon a beziiglieh Q bezeiehnet. ]:)ann gilt folgender Satz. Die Potenzreihe (1) habe den Konvergenzradius R > 0 und de/iniere in [z l <~ R die Funktion (~(z). Es sei (2) lira (e~ q- log M~ q- log A~:) S~/e~+t = O. /c-->oo Sind zl ..... zt algebraische Zahlen yon ~aarweise ver~chiedenen Absolutbetr'dgen mlt 0 < I zvl ~: R (1 ~ z ~ t), so eind (y(zl) ..... a(zt) i~ber Q algebraisch unabhgngig. Unter den Voraussetzungen dieses Satzes haben Cijsouw und Tijdeman [3] in Ver- a llgemeinerung und Versch~rfung friiherer Ergebnisse yon Cohn [4] bzw. Baron

Über algerraische Unabhängigkeit bei gewissen nichtfortsetzbaren Potenzreihen

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32 AKCH. MATH.

~ber algebraische Unabh~ingigkeit bei gewissen niehtfortsetzbaren Potenzreihen

Voll

PETER ~UIWDSCHUH und FRAt~Z-JOSEF WYL~EGALA

1. Einleitung. Das Ziel der vorliegenden Note ist der Nachweis der algebraischen Unabh~ngigkeit yon Zahlen, die Werte gewisser nichtfortsetzbarer Potenzreihen mit algebraischen Koeffizienten an algebraischen Stellen im Innern ihres Konvergenz- kreises sind. Reihen dieser Art sind yon Cijsouw und Tiideman [3] an algebraischen Argumentstellen auf Transzendenz untersucht worden. Wesentliehes Beweishilfs- mittel ist ein yon Durand [5] gefundenes hinreichendes Kriterium f'tir algebraisehe Unabh~ngigkeit komplexer Zahlen, welches wir zu Anfang yon Absehnitt 2 formu- lieren.

Pr~ziser geht es hier um Potenzreihen der Form o o

(1) k = 0

wobei alle ak algebraisch und =~0 sind, w~hrend die e~ ganzrational sind und der Bedingung 0 ~ e0< ez < - " geniigen. Zur Formulierung des t tauptsatzes fiihren ~dr noeh die folgenden Bezeichnungen im Zusammenhang mit den a~ ein:

Fiir k = 0, 1 . . . . sei S~ : = [Q (a0 . . . . . a~) : Q]; M~ sei eine natiirliehe Zahl, so dal~ alle M k a t (~ --- 0 . . . . . k) ganzalgebraisch sind und schliel31ieh sei

Ak := Max(l , la0l . . . . . la~l),

wobei lal f'fir algebraisehes a das Maximum der Absolutbetrs aller Konjugierten yon a beziiglieh Q bezeiehnet.

]:)ann gilt folgender

Satz. Die Potenzreihe (1) habe den Konvergenzradius R > 0 und de/iniere in [ z l <~ R die Funk t ion (~ (z). Es sei

(2) lira (e~ q- log M~ q- log A~:) S~/e~+t = O. /c-->oo

Sind zl . . . . . zt algebraische Zahlen yon ~aarweise ver~chiedenen Absolutbetr'dgen mlt 0 < I zvl ~: R (1 ~ z ~ t), so eind (y(zl) . . . . . a(zt) i~ber Q algebraisch unabhgngig.

Unter den Voraussetzungen dieses Satzes haben Cijsouw und Tijdeman [3] in Ver- a llgemeinerung und Versch~rfung friiherer Ergebnisse yon Cohn [4] bzw. Baron

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und Braune [2] bewiesen: Ist z algebraisch und gilt 0 < I z I ~ R, so ist a (z) tran- szendent. Dies ist gerade der Fall t ~ 1 unseres Satzes. DaB die Voraussetzung (2) iibrigens noch beide Grenzf~lle R----0 und R = ~ zul/~$t, wurde in [3, S. 304] erl~utert. Welter sei erwithnt, dal3 die Potenzreihe (1) unter der Voraussetzung (2) bei endlichem Konvergenzradius R > 0 nach dem Hadamardschen Liickensatz (vgl. etwa [6, S. 150]) den Kreis I z[ -~ R als natiirliche Grenze besitzt.

Es ist klar, dab unser Hauptsatz zahlreiche speziellere Ergebnisse enth/~lt, yon denen hier nur wenige nochmals explizit formuliert werden mSgen.

Korollar 1. S ind die a~ in (1) aUe ganzrational Und ~ O, ist der Konvergenzradius _R yon (1) nicht Nu l l und gilt lira e~/ek+l = O, so sind a(zz) . . . . . q(zt) algebraisch un-

abh~ingig, wenn die zv den Bedingungen des Satzes geniigen.

Korollar 2. Gilt lim ek/e~+l = 0 und ist al ( z ) := ~ z ~ in I z] < 1 gesetzt, so sind k - - ~ k = O

az (zz) . . . . . ~1 (zt) algebraisch unabh~ingig, wenn die z~ den Bedingungen des Satzes 9e- niigen.

Korollar 3. 1st a2 ( z ) : : ~ z k: in I z I < 1, so sind a2 (zl), . . . , o2 (zt) algebraisch un- k = O

abMingig, wenn z l , . . . , zt algebraische Zahlen m # 0 < I z~l < 1 und paarweise ver- schiedenen Absolutbetrdgen sind. Insbesondere sind bei ~aarweise verschiedenen natiir-

oo

lichen Zahlen gv > 2 die Zahlen ~ g~-k'. (v ----- 1 . . . . , t) voneinander algebraisch un. abhSngig, k=o

Korollar 2 wurde im Speziaffall zv -~ 1/g~ (v ~ 1 . . . . . t) mit paarweise versehie- denen natiirliehen Zahlen g~ ~ 2 auf Grund eines wesentlich schw~cheren Kriteriums ftir algebraisehe Unabh~ngigkeit yon Adams [1] beweisen. Dabei warde iiberdies bei beliebigem natiirlichem t noch zus~tzlich die Voraussetzung der multiplikati~ren Unabh~ngigkeit der gl, . .-, g~ benStigt, w~hrend im Falle t----3 eine andersartige Zusatzbedingung zu fordern war. Es sei angemerkt, da$ die Anwendbarkeit des Durandschen Kriteriums auf Unabh~ngigkeitsfragen, wie sie in der vorliegenden :Note untersucht werden, yore zweiten Autoren in dessen Dissertation [7, S. 123ff.] erkannt wurde, wo sich in einer knappen Bemerkung das Korollar 2 im Spezialfall zv = 1/g~ fmdet.

2. Beweise. Fiir P e C[X], P * 0 sei H ( P ) das Maximum der Absolutbetr~ge aller Koeffizienten yon P und L ( P ) die Summe dieser Absolutbetr~ge. H ( P ) bzw. L ( P ) heil3en HShe bzw. L~nge yon P ; deg P bezeichne den Grad yon P. Ist a eine algebraische Zahl mit dem Minimalpolynom P e 7] IX], so nennt man H (a) := H (P), L(a) : = L ( P ) b z w . d e g a : - ~ d e g P die HShe, die L~nge bzw. den Grad yon a. Schliei31ich sei A ( a ) : ~ 2degaL(a) gesetzt. Mit diesen Bezeichnungen gilt

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Lemma 1 (Durand [5]). Seien 01 . . . . . Ote C. Zu #dem n e ~ m6gen t algebraische Zahlen ~(ln), . . . , :~) existieren, so daft gilt

(i) O < l o t + : ~(") = - - - - - ~ + ~ [ < ( i / n ) ] O r ~(/>i /~r i < ~ < t ,

t

mit (~, : = deg ~(n) und ~ :----- [Q (:r n), ~(nh : ~}]. Dann sing 01 Ot voneinander algebraisch unabhSngig. (Ira F a l l e t = 1 entfgllt natfirlich die Bedingung (i).)

Zur Vorberei tung des Beweises unseres Hauptsa tzes fiberlegen wir zuerst, dag ffir jedes feste z G C mit 0 ~ Iz] ~ R das Glied amz ~ den wesentlichen Beitrag zum

oo

Reihenrest ~ a ~ z e~ liefert. I )a Mmam ganzalgebraisch und @0 ist~ ha t man mit

sm: - -degam ~ S m und A m ~ l laml > 7vr-s~l-T-:l-s~ > (MmAm) -s'~ - - ~'~m l~ml

fiir m = O, 1, . . . und also ftir dieselben m

(a) l=~eol > I~I~-(M~A~) -s-. ,

Wit wghlen nun e ---- s(z) > 0 so, dab 1~1 + s < 1 gilt; dabei ist - ~ :--- 0

ffir R ~ oo. 2qach der Cauchy-Hadamardschen Formel gibt es dann ein k0 (s), so

dab fiir alle /c ~ ]co (s) ~ l t : I a~ t ~ -7- e und daher

(4) Z a~ze~ < [Z] -~- 8 1 - - [ z I -~ s , /~=m+l \

falls nur m ~/c0(s) gilt. Man rechnet nun leicht nach, dag f'dr alle m ~ k:(z, s) der Quotient der rechten Seiten yon (4) und (3) hSchstens 1/3 ist und wegen s = e (z) bedeutet dies: Zu jedem komplexen z mit 0 ~ ] z I ~ R existiert ein m0 (z), so dab

fiir alle m ~ too(z) gilt

4 r I 2 (5) ~laml l : l ' :> Z akze" >~la~l l~ l ~- k = m I

Seien jetzt die zr (1 g z g t) wie im Satz vorausgesetzt und o.B.d.A, iiberdies

so, dab noch

(6) o < I~,I < I~-~1 < ' " < I~1 < R .~u

~l t . Setzen ~4r Or : = a(zr), (y(~7) :__ ~ a~ z~ ~ fiir ~ = 1 . . . . . t0 so ist fiir alle k = 0

N -->__ N0 : = Max(m0(z : ) . . . . . mo(zt))

n a c h (5) 4 ~ 2 zr I e~§

(7) o < I Or+l -(~) I < I � 9 = - - - ~ + ~ ~ 1 a~ , l l s n

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ftir 1 ~ ~ < t, wenn n u t 2n ~ ]z,/zz+l I e'~+' gilt. Wegen (6) ist MAn I zr/zr+l] > 1 l ~ z < t

und also gibt es zu jedem n ~ N ein 2gl = N1 (n, zl . . . . , at), so dab ftir alle N ~ N1 91t

2n ~ ( ~ i n I ~ /~+~ l~ ~'+'- \ l _ ~ < t I

Bei beliebigem n e N ha t m a n daher (7) f'tir 1 ~< ~ < t, sobald N ~ Max(N0 , N1) ist. D a m i t ist der Nachweis yon (i) aus L e m m a 1 vorberei te t .

Fiir den Nachweis yon (ii) benStigen wir noch das

L e m m a 2 [3]. Is t a algebraisch und b ~ N so, daft a . b ganz algebraisch ist, so gilt /iir die H6he yon a

H (a) ~ (2 b M a x (1, [-~))deg a

Wegen a(~ ~) e Q (ao . . . . . aN, zr) ist m i t dr : = deg zr nun deg a(~ :v) =< SN dr; ist welter by e N so, dab b~zr ganzalgebraisch ist, so ist un te r Verwendung yon L e m m a 2

(8) L(a(~ ~v)) __< (1 + deg a~ )(>7) H ( ~ ) a (:v')

(1 + deg a(~ 3')) ( 2 i 3 r b y Max (1, [ a(~)[)) dCg ~162 .

I s t ~ : = [ ~ (a(1 :v), . . . , a~ ~')) : Q], so gilt 5 =~ D S ~ mit D : = dl . . . dt und welter ha t m a n mi t zJv : - - Max(2, [zv])

N _ _ e k eN * < - - A y ~ A~ < 2ANA~

k = O

Daher ha t m a n aus (8) und der Definition yon A ftir T = 1, . . . , t (N) 5/deg a~c~) ~ (N) 5/deg (~(m A(a~ ) = 2 Z ( a ~ )

<= (16 M ~ A~r(b~ A~)e~) Ds" ,

t

so dal3 die Fes t se tzung G : = ~ I b v A v lieferg

t (9) ~ A (a(~-~)) ~/deg a~) ~ ( 16 M ~ A N Ge~) tl)s"

"t'=l

ffir IV ---- 0, 1 . . . . . Wegen (4) und (5) ist fiir N ~ N2 : = Max(ko(s(z l ) ) , mo(zl))

0o) o < I o n - o ? ) I < I~l +~(~) �9

Die Bedingung (2) des Satzes zeigt nun naeh leiehter Reehnung, dab es zu jedem n ~ N ein 2V3 ----- N3 (n, Zl, . . . , zt) gibt, so daft f'tir alle N ~ N3 die rechte Seite yon (10) nieht gr6Ber ist als

(16 M ~ A NG~") -~tl)s~ ,

so dab nach (9) und (10) fiir 5 r ~ Max(N2 , N3) gilt t

(11) 0 < I o~ - oi'~'> { < 1-I A (~(~->)-~,do~, o , , ~ , .

3=1

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Jedem n ~ ~ ordnen wir nun das kleinste _Y e N zu mi t N ~ Max (No, N1, N2, N3) ; dieses schreiben wir N (n), wobei wir seine Abh~ngigkeit yon Zl . . . . . zt unterdri icken dfirfen. Setzen wir schlieBlich im Hinblick auf Lemma 1

~(n):=a(,x(n)) ffir T = l , . . . , t ; n - ~ l , 2 . . . . ,

so erffillen diese t~(~) . . . . ~n)) wegen (7) und (11) die Bedingung (i) und (ii) yon L e m m a 1 und unser Satz ist dami t bewiesen.

Un te r den Voraussetzungen des Korollars 1 kann M~ = 1, Sk = 1 fiir alle k ge- nommen werden. Weiter ist l akl ~ (2/R) e~ fiir alle groBen k und also ha t man log A~ ~ c ek ftir alle k ~ 1 mi t einer posit iven Kons t an t en c, da hier R ~ 1 ist. Die Bedingung lim e~/e~+l = 0 des Korollars 1 impliziert also (2) des Hauptsat , zes.

]g ---~oo

Die Korollare 2 und 3 sind offenbar einfaehe Spezialf/~lle yon Korollar 1.

Literaturverzeichnis

[1] W. W. ADAMS, On the algebraic independence of certain Liouville numbers, g. Pure Appl. Algebra 13, 41--47 (1978).

[2] G. BARO~ und E. BR.~tYN:E, Zur Transzendenz yon Liickenreihen mit ganzalgebraischen Koef- fizienten und algebraischem Argument. Compositio Math. 22, 1--6 (1970).

[3] P. L. CiJsovw and R. TIJD:EMA~, On the transcendence of certain power series of algebraic numbers. Acta Arith. 23, 301--305 (1973).

[4] H. CoH_~, :Note on almost-algebraic numbers. Bull. Amer. Math. Soc. 52, 1042--1045 (1946). [5] A. D~A~D, Ind~pendance alg~brique de hombres complexes et crit~re de transcendance.

Compositio Math. 35, 259--267 (1977). [6] H. K~SV.R, Funktionentheorie. GSttingen 1958. [7] F.-J. WX%EG~A, ApproximationsmaBe und spezielle Systeme algebraisch unabh~ngiger

p-adischer Zahlen. Dissertation, KSln 1979.

Eingegangen am 15. 10. 1979

Anschrift der Autoren:

P. Bundsehuh und F.-J. Wylegala Mathematisches Institut der Universit~t Weyertal 86--90 D-5000 KSln 41