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Z. anorg. allg. Chem. 486, 102-110 (1982) J. A. Barth, Leipzig uber Chalkogenolate. 108 [I] Untersuchungen uber Perthiocyansaure 1. Darstellung und Eigenschaften von Perthiocyanaten Von G. GATTOW und R. GERNER Rfainz, Institut fur Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universitat Inhaltsubersicht. Die nach unterschiedlichen Verfahren hergestellten Perthiocyanate M,[C,N,S3]. 3 H,O mit M = [(C,H,),As] bzw. M, = Ba, M,[C,N2S3] . 2 H,O mit M = Na, K, M,[C,N,S,] . H,O Mz[C~NZS~I mit M = Rb, Cs bzw. M2 = Cu, Cd und mit M = NH,, T1, Ag bzw. M, = Pb, Hg wurden mit verschiedenen Methoden charakterisiert. On Chalcogenolates. 108. Studies on Perthiocyanic Acid. 1. Synthesis and Properties of Perthiocyanates Abstract. The perthiocyanates MZ[C2N2S3] * 3 H,O with M = [(C,H,),As] resp. M, = Ba, Mz[C,N,S3] 1 2 HzO with M = Na, K, Mz[C2NzS3]. H,O Mz[CZNZS~I with M = Rb, Cs resp. M, = Cu, Cd, and with M = NH,, TI, Ag resp. M, = Pb, Hg have been prepared by different techniques. The compounds were characterized by means of diverse methods. Uber Perthiocyanate [C,N2S,]2- liegen in der Literatur nur wenige Angaben vor ; vgl. den fjbersichtsartikel [2]. Sie entstehen durch Umlagerung aus der iso- meren Isoperthiocyansaure H,C,N,S, (= Xanthanwasserstoff, 5-Amino-l , 2,4- dithiazol-3-thion) im alkalischen Medium, wobei nach HANTZSCH und WOLVE- KAMP [3] sowie SODERBACK [ 41 als Zwischenprodukte Cyanodithiocarbimate [S2C=N-CNI2- [5] und Schwefel auftreten, die zu Perthiocyanaten weiter rea- gieren. Zu widerspriichlichen Ergebnissen fuhrten die Untersuchungen von [ 6 - 81. Von den Salzen der Perthiooyansaure sind lediglich die Darstellungen der Barium- und der Am- moniumverbindung beschrieben [3, 61. EMEL~US u. Mitarb. [9] teilten das Infrarotspektrum des Ba- Salzes mit und DUBSKP u. Mitarb. [lo] beschrieben das thermische Verhalten dieser Verbindung. Von den Alkalimetallperthiocyanaten ist nur bekannt, daB sie hygroskopisch sein sollen [3, 61. cber die Fallung von Schwermetallsalzen der Perthiocyansaure s. [lo, 111.

Über Chalkogenolate. 108. Untersuchungen über Perthiocyansäure 1. Darstellung und Eigenschaften von Perthiocyanaten

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Z. anorg. allg. Chem. 486, 102-110 (1982) J. A. Barth, Leipzig

uber Chalkogenolate. 108 [I]

Untersuchungen uber Perthiocyansaure 1. Darstellung und Eigenschaften von Perthiocyanaten

Von G. GATTOW und R. GERNER

Rfainz, Institut fur Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universitat

I n h a l t s u b e r s i c h t . Die nach unterschiedlichen Verfahren hergestellten Perthiocyanate

M,[C,N,S3]. 3 H,O mit M = [(C,H,),As] bzw. M, = Ba, M,[C,N2S3] . 2 H,O mit M = Na, K, M,[C,N,S,] . H,O Mz[C~NZS~I

mit M = Rb, Cs bzw. M2 = Cu, Cd und mit M = NH,, T1, Ag bzw. M, = Pb, Hg

wurden mit verschiedenen Methoden charakterisiert.

On Chalcogenolates. 108. Studies on Perthiocyanic Acid. 1. Synthesis and Properties of Perthiocyanates

Abst rac t . The perthiocyanates

MZ[C2N2S3] * 3 H,O with M = [(C,H,),As] resp. M, = Ba, Mz[C,N,S3] 1 2 HzO with M = Na, K, Mz[C2NzS3]. H,O Mz[CZNZS~I

with M = Rb, Cs resp. M, = Cu, Cd, and with M = NH,, TI, Ag resp. M, = Pb, Hg

have been prepared by different techniques. The compounds were characterized by means of diverse methods.

Uber Perthiocyanate [C,N2S,]2- liegen in der Literatur nur wenige Angaben vor ; vgl. den fjbersichtsartikel [2]. Sie entstehen durch Umlagerung aus der iso- meren Isoperthiocyansaure H,C,N,S, (= Xanthanwasserstoff, 5-Amino-l , 2,4- dithiazol-3-thion) im alkalischen Medium, wobei nach HANTZSCH und WOLVE- KAMP [3] sowie SODERBACK [ 41 als Zwischenprodukte Cyanodithiocarbimate [S2C=N-CNI2- [5] und Schwefel auftreten, die zu Perthiocyanaten weiter rea- gieren. Zu widerspriichlichen Ergebnissen fuhrten die Untersuchungen von [ 6 - 81.

Von den Salzen der Perthiooyansaure sind lediglich die Darstellungen der Barium- und der Am- moniumverbindung beschrieben [3, 61. EMEL~US u. Mitarb. [9] teilten das Infrarotspektrum des Ba- Salzes mit und DUBSKP u. Mitarb. [lo] beschrieben das thermische Verhalten dieser Verbindung. Von den Alkalimetallperthiocyanaten ist nur bekannt, daB sie hygroskopisch sein sollen [3 , 61. c b e r die Fallung von Schwermetallsalzen der Perthiocyansaure s. [lo, 111.

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Perthiocyanate 103

I m Hinblick auf Versuche zur Darstellung der freien Perthiocyansaure muBten wir uns systematisch rnit einfachen Salzen dieser Saure hefassen. I m vorliegenden Teil sol1 uher die Praparation und Eigenschaften der Alkalimetallperthiocyanate, des Ammonium-, Tetraphenylarsonium- und Bariumsalzes sowie uber Schwer- und ~hergangsmetallperthiocyanate herichtet werden.

1. Barstellung yon Perthiocyanaten -4uBer der Ammoniumverbindung wurden sanitlichr Salze der Perthiocyan-

saure i i h a das Bariumperthiocyanat hergestellt. Die Darstellung der Barium- verhindung erfolgte in Anlehnung an bekannte Methodcn [3, 61 durch Umsetzung von Isoperthiocpa.nsaurr, die nach dem von KLASON [6] beschriebenen Verfahren gewonnen wurde, mit Bariumhydroxid in waBriger Losung.

A r b e i t s v o r s c h r i f t I soper th iocyansaure . Eine Losung von 20Og NH,SCN in 150 cm3 Wasser wird unter Kiihlen und Riihren niit 100 cm3 37%iger Salzsanre versetzt. Sach 2 d Stehen bei Zimmertemperatur wird der entstandene gelbe Xiederschlag abgesaugt und nach mehrmaligem Waschen niit Wasser bei 110°C his zur Gewichtskonstanz getrocknet. Ausbeute: et,wa ' iO% der Theo- rie, bezogen auf die eingesetzte Menge an NH,SCN. Die feinkristalline, gelbe Isoperthiocyansaure schmilzt bei 198- 202 "C unter Zersetzung. Das Infrarotspektruni ist identisch niit dem von EXEL~US u. Mitarb. [ l?] publizierten.

Arbei t ,svorschrif t Ba[C,N,S,] . 3 H20. Unter Ar-Atniosphire und Riihren werden bei 20'C zu einer Suspension von 50 g Isoperthiocyansaure in 250 cm3 Wasser 1 U G g Ba(OH), * 8 H,O in kleinen Portionen gegeben und das Reaktionsgemisch auf 60°C erwarmt. Nach kurzer Zeit f d l t Schwefel aus, der sich nach etwa 20 min Reaktionsdauer mieder lost. Die auf Zimmertemperatur abgekiihlte Losung wird zur Entfernung von etn-as ausgefallenem Schwefel und von Bariumcarbonat unter Luftaus- schlul3 durch eine Umkehrfritte filtriert, auf 0°C abgekiihlt und rnit 1000 cm3 SGy/,igeni Athanol versetzt,. Kaeh ctwi 16 h Stehen bei 0°C wird das in farblosen Pkt tchen kristallisierende Ba[C,K,S,] . 3 H,O abgesangt, mit Athanol und Ather gewaschen und uber Sieapent getrocknet. Es 1aBt sich aus Athanol/~aasser-Gemischen (1 : 1 bis 2 : 1) umkristallisieren. Ausbeute: etwa 83% der Theorie, bezogen auf Isoperthiocyansaure.

Analyse. Die Gehalte an C, H und S wurden nach den ublichen Methoden cler organischen Chemie bestimmt. Der S-Gehalt wurde nach dem Verfahreii von sCH6NIGER [13] ermittelt. Die Re- stimmung des Ba-Gehaltes erfolgte grnvimetrisch als Sulfat,. Ba: 47,2 (her. 40,G7); C : 7,l (7.11); H: 1,87 (1,78); N : 8,0 (8."); S: 28,3 (2Y,49)0&.

Der Kristall~~assergehalt von 3 Molekulen H,O pro Molekiil Bariumperthiocyanat ist in cber- einstinimung ,mit dem Thermogramm (s. neiter unten) nnd den Angaben von DUBSKP 11. Mitarb. [lo]. KLASON [GI gibt 4 JIolekiile H,O an, wahrend HANTZSCR und WOLVEK.43lP [3] sowie EMEL~US u. Mitarb. [9] sirh iiber den Wassergehalt nicht auslassen.

Die Alkalimetallperthiocyanate wurden durch doppelte Umsetzung des in Wasser geliisten Bariumsalzes der Perthiocyansaure mit Alkalimetallsulfaten hergestellt. LLIjt man Isoperthiocyansaure mit Natriummethoxid in Methanol reagieren, dann entsteht ehenfalls das Perthiocyanat, das, jedoch stark mit Thio- cyanat verunreinigt ist. Bci Vcrwendung von Kaliumathoxid in Athano1 bleibt die Reaktion auf der Stufe von Kaliumcyanodithiocarbirnat [5] stehen.

Arbei t svorsehr i f t N2[C',XzS3]~ sH,O mit M = ?\'a, K und x = 2 sowie mit 31 1 Rb. Cs und x = 1. Eine Losung von 10 p (0,029 mol) Ba[CzR,S,] . 3 H,O in 100 cm3 Wasser wird nnter Ar-Atmosphare mit der aquivalenten Menge von entsprechendem Alkalimetallsulfat, gelost in 50 em3

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104 G. GATTOW u. R. GERNER

Wasser, versetzt. Das ausgefallene BaSO, 1aBt man bei Zimmertemperatur absitzen (Dauer: etwa 16 h). Die klare Losung wird abgesaugt und am Rotationsverdampfer bei 40°C zur Trockene einge- engt. Der Ruckstand wird zur Reinigung in Athanol bzw. in einem AthanollMethanol-Gemisch 1: 1 (fur die Cs-Verbindung) aufgenommen. Nach Filtration wird die Losung am Rotavapor bis zur Trockene eingedampft und der feste Ruckstand iiber Sicapent bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Ausbeuten: etwa 70% der Theorie fur die Na-, 65% fur die K-, 53% fur die Rb- und 55% fur die Cs-Verbindung.

Analysen. Wegen Ubereinstimmung der Infrarotspektren wurde nur von der Cs-Verbindung eice Gesamtanalyse angefertigt; Methoden wie vorstehend beschrieben. Cs: 61,2 (ber. 61,68); C: 6,7 (5,57); H: 0,45 (0,47); N: 6,6 (6,46); S: 21,l (21,32)y0. Von den ubrigen Alkalimetallperthiocyanaten wurden lediglich die Alkalimetallgehalte nach Abrauchen mit konz. H,SO, gravimetrisch als Sulfat bestimmt. Na: 20,2 (ber. 19,97); K: 30,O (29,80); Rb: 51,3 (50,73)y0.

Ammoniumperthiocyanat wurde in Anlehnung an die von [ 31 beschriebene Methode durch Reaktion von Isoperthiocyansaure mit Ammoniak in -&than01 als Suspensions- bzw. Losungsmittel erhalten.

Arbei t svorschr i f t (NHJ2[C2N2S3]. I n eine Suspension von 10 g Isoperthiocyansaure in 100 cm3 abs. Athanol wird bei 20°C trockenes NH3(g) eingeleitet. Es fallt ziemlich schnell elementarer Schwefel aus, der nach etwa 1 h unter Warmeentwicklung wieder in Losung geht. Die dunkelgelbe Losung wird auf 0°C abgekuhlt und rnit 250 em3 abs. Diithylither versetzt, wobei die farblose NH,- Verbindung ausflllt. Sie wird abgesaugt und rnit abs. Ather gewaschen. Die Substanz muB bei tiefen Temperaturen ( - 78°C) aufbewahrt werden. Ausbeute: etwa 93% der Theorie.

Anal y se. Wegen der Zersetzlichkeit des NH,-Salzes wurde nur eine S-Bestimmung [13] durch- gefuhrt. S: 53,2 (ber. 52,19)%.

Die Darstellung des Tetraphenylarsoniumperthiocyanats erfolgte durch Um- setzung der Bariumverbindung mit Tetraphenylarsoniumchlorid in wahiger Losung.

Arbei t svorschr i f t [(C,H,),AS]~[C~N,S~] . 3 H,O. Zu einer Losung von 0,42 g (0,0012 mol) Ba[C2N,S,] . 3 H,O in 150 cm3 Wasser wird bei 20°C unter Argon als Schutzgas eine Losung von 1,0 g (0,0024 mol) [(C,H,),As]Cl~H,O in 20 em3 Wasser getropft. Nach etwa 16 h Stehen bei Zimmer- temperatur R erden die entstandenen gelben Kristalle abgesaugt, mit wenig Wasser gewaschen und uber Sicapent getrocknet. Ausbeute: etwa 65% der Theorie.

Analyse. Durchfuhrung wie vorstehend beschrieben. C: 61,s (ber. 61,70); H: 4 , i j (4,34); N: 2,9 (2,94); S: 9,9 (9,86)%.

11. Eigenschaften der Perthiocyanatc Die hergestcllten Perthiocyanate stellen farblose bis gelb gefarbte (s. Tab. l),

kristalline Substanzen dar ; die Natriumverbindung ist rontgenamorph. Ihre mit- tels eines Heiztischmikroskops bestimmten Schmelz- bzw. Zersetzungspunkte sowie die Dichten und Molvolumina sind Tab. 1 zu entnehmen. I n der Reihe der Alkalimetallverbindungen wird vom Na- zum Cs-Salz hin eine Farbvertiefung und eine Abnahme der Schmelztemperatur (Zersetzung) beobachtet. Die Alkali- metallperthiocyanate sind alle stark hygroskopisch, wobei die Hygroskopizitat von der Cs- zur Na-Verbindung ansteigt. Das Ammoniumperthiocyanat weist hereits bei Zimmertemperatur einen hohen NH,-Partialdruck auf, so daB es bei - 78 OC aufbewahrt werden muB. Die blaogelbe Tetraphenylarsoniumverbindung,

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Perthiocyannte 105

die bei 177OC schmilzt, zeigt ein thermochromes Verhalten: Grunfarbung bei Temperaturen 2 179 O C .

Tabelle 1 Eigenschaften von Perthiocyanaten

Verbindung Farbe Schmelz- bzw. Dichteb) d$O Molvolumen V, Zers.-Temp.&) ["Cl [dcm31 [cm3/Mol]

Naz[C2NzS3] . 2 HzO farblos 235 (S, Z) 1,859 123,7 ~[CZNZS31 * 2 HzO blal3gelb 223 (S, Z) 1,911 137,l Rbz.[CzNzS8] ' Hzo bla Bgelb 190 (S, Z) 2,343 143,8 csz[cz~zs3l . HZO hellgelb 157 (S, Z) 2,664 162,l (NH~)Z[CZN~S~] farblos 20 (Z) 1,600 115,2 [(C&)~A~]Z[CZNZS~ 1. 3 HzO gelb 177 (S) 1,293 749,l Ba[CzNzS,] - 3 H,O farblos 163 (Z) 2,482 136,8

") S = Schmelzen, Z = Zersetzung, b, Genauigkeit +0,002 bis &0,005 g/cm3.

Die Alkalimetallperthiocyanate sind ebenso wie die Ammoniumverbindung gut loslich in Wasser, niederen Alkoholen und Dimethylsulfoxid, wobei die Los- lichkeit in z. B. Athanol vom Natrium- zum Casiumsalz hin abnimmt,. WaBrige Losungen des NH,-Salzes sind instabil ; aus ihnen kristallisiert nach einiger Zeit die Isoperthiocyansaure in Form gelber Nadeln aus. Die Tetraphenylarsonium- verbindung ist wenig loslich in Wasser, dagegen gut loslich in Athano1 und Chloro- form. Bariumperthiocyanat lost sich gut in Wasser und ist kaum loslich in Athanol, hoheren Alkoholen und anderen gebrauchlichen Losungsmitteln.

Tabelle 2 Thermisches Verhalten von Perthiocyanaten

Zerfallsreaktion :h Gewichtsabnahme Zerfalls- temperatur

exp. ber. ["CI

Na,[C,N&] .2H,O + Na,[C,N&] . H1O + H,O 8 ,O 798 83 Na,[C,N,Ss] . HIO + Na2[CIN,S~I + H,O 8 3 8,5 120 Na,[C,N,S.] + 2NaSCN + S 17,3 16,5 224-271 2NaSCN + 7 58,O 42,6&) 497 Sz[C*N&l 2HzO + Kz[CtNsSa] ' HsO + Ha0 6 3 6,Q 96 K:[C,N&l. Ha0 -+ K,[C,N&I + H.0 799 734 188

BRSCN + 2KCK + 2 s 31.1 33,O 548 Rb,[C2N2Ss] . H 2 0 + Rbs[CsN&] + HZ0 4,9 5,3 154 Rb,[CzXtSrl +- 2RbSCN + S 9 3 10,o 170-352 2RbSCN + 2BbCN + 25 23,l 22,3 548 CSJCJ&] . HZO + Csa[CsN&I + HIO 4,O 4.2 131 Cs,[C,N,Ss] -+ 2CsSCN + S 7,3 797 164-320 2CsSCX + 2CsCN + 2 5 17,5 16,8 512 (NH,),[C*N.Ss] + NH,(HCzN&I + NHI 8,3 9 2 20-55 NHI[HC*N:SI] + HsC:N& + NHs 11,4 10,2 100 H,C2N,Ss verdampft quantitativ

[(CeHs)rAs]r[CsNnSaI . 3HsO + [(CJL),A~I:[CZN&I + 3H.O 591 5.6 130 [(C~HdrAsls[CsN,S~l + 2[(CJ&AslSCN + S 3,6 3,s 233 [(C,H,),As]SCN verdampft quantitativ 270-341

Ki,[C;N&l + 2 KSCN + S 13,5 14,l 190-356

130-167

Ba[C:N&l. 3 H z 0 + Ba[C,N&I + 3H10 16,l 16,O 97 Ba[C,N,S;I + Ba(SCN). + S 11,3 11,3 265 Ba(SCN); + Ba(CN), + 2 S 25,5 25,s 438

5) Berechnet fur die Reaktion 2NaSCN + 2NaCN + 25.

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106 G. GATTOW U. R. GERXER

Beim Erhitzen in N,-Atmosphare auf der Thermowaage (TG 750, Stanton Rcdcroft ; Aufheizgeschwincligkeit : 10°/min) zersetzen sich die hergestellten Per- thiocyanate, mit Ausnahme der Ammoniumverbindung, nach Abgabe des Kri- stallwassers in Schwefel und Thiocyanat, das dann weiter zerfallt. Die Zerfalls- reaktionen und -temperaturen sowie die Gewichtsabnahmen sind in Tab. 2 wieder- gegeben.

Die Ergcbnisse von DUB& u. Mitarb. [lo], nach denen das Ba[C,N,S,] * 3 H,O bis 120°C nur zwci Kristallwasser abgeben soll, und der Angabe von KLASON [6], daB das Bariumperthiocyanat vier Kristallwasser besitzt, von denen drei bei 110°C und ein H,O bei 150°C abgespalten werden, konnten nicht bestatigt werden.

Ini s i c h t b a r e n und U V - B e re i c h zeigen waBrige Losungen der Perthioeya- nate unabhangig vom Kation folgende drei Absorptionen mit molaren Extink- tionskoeffizienten F : 208 nm ( E = 1,61 * lo4 1 Mol-l - cin-l), 268 nm (1,96 lo4) und 320 nm (8,9 * lo3) fur die Kaliumverbindung.

Die I n f r a r o t s p e k t r e n (KBr-PreBlinge, Bereich: 4000-530 em-l) der her- gestellten Perthiocyanate weisen Absorptionsbanden auf, deren Maxima mit moglichen Zuordnungen der Tab. 3 zu entnehmen sind. Da sich die Spektren he- ziiglich der Absorptionen des Anions nur unwesentlich unterscheiden hzw. iden- tisch sind, werden lediglich die Bandenlagen der K-, NH4- und Ba-Verbindung angegeben.

Tabelle 3 Infiarotspektrena) von Perthiocyanaten

K2[C2Xi,Ss] . HzO (NH,)JC*N&I Ba[C,N,Ss] . 3H,O Miigliche Zuordnung Icrn-ll lem-'1 lcrn-ll

3S83 s, br -

1621 s, l)r

1600 w. sh -

1370 s

1279 m 117.3s

10% s 900 ni

- 8030 s 2899 s, sh 2aoi S , sil

1540 w 1473 vs 1 4 5 3 s, sh 1395 s 1374 8

1284 m 1143 vs 1078 m 1057 vs

907 6

802 m 781 m 694 w 543 w

3390 6 , br -

1677 m 1647 m 1600 w, sh -

1366s

1287 8

1 1 8 0 s

1049 s 903 m 810 w

702 m 550 m, br

6(OH)

v(S-C--N), v(C=N)? 6(NH&+)

I(( C- N)

viNCS,), v(C=S)? 4C-N) ?

v(C-S) , V(NCS,) G(NSC), v(C-E) v(C-S)?

v(C-S) G(NCN)

a) Y = Valenzschwingung, 6 = Deformationsschwingung, vs = sehr stark, s = stark, m = mittel, w = schwach, hr = bieit. sh = Ychulter.

EnrELkrs u. Mitarb. [9] bestitigten die yon HANTZSCH und WOLVEKAMP [3] vorgeschlagene Ringstruktur dcr Perthiocyansaurc H,C,N2S, bezuglich der Stellung dcr C-, N- und S-Atome durch Vergleich ihrcs Infrarotspektrums mit dencn anderer 1,2,4-Thiadiazolderivatc. Fur das von ihnen veroffentlichtc Spektrum des Bariumperthiocyanats geben sic jedoch keine nahere Interpretation der Absorptionen an.

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Perthiocyanate 10 7

Die Zuordnung der Banden in den Infrarotspektren der Perthiocyanate ist iiuBerst problema- tisch, da in dem Anion infolge der Ringstruktur fast keine reinen Gruppenschwingungen auftreten, sondern Geriistschwingungen und Uberlagerungen verschiedener Gruppenschwingungen. Fur die in Tab. 3 aufgefiihrten versuchsweisen Zuordnungen der Schwingungen wurden bekannte IR-Daten von heterocyclischen Fiinfringsystemen, die die Gruppierung -3T-CS-S- enthalten [14- 191, sowie die von Dithiocarbamaten [20- 221 und Dithiocarbimaten [5] zugrunde gelegt.

Fur das Perthiocyanat-Ion lassen sich folgende vier mesomere Grenzstrukturen angeben :

ON -S ct N-S 0 II I 0 I I 0 I I 0 11 I

ON--S c-)

N -S c-)

s-c c-s s=c c-s s=c c=s s-c c=s \N/ 0

\&, \N/ \N/ 0

Den Infrarotspektren ist jedoch zu entnehmen, dalj keine reinen v(C=N)-Schwin- gungen auftreten. Es werden vielmehr intensitatsstarke Banden beobachtet, die auf das Vorliegen von C-N- und C-S-Bindungen hinweisen. Infolgedessen kann das Perthiocyanat-Ion durch die Formel

mit delokalisierten Doppelbindungen beschrieben werden. I n den 13C-NMR-Spektren (20,15 MHz; 20%ige Losungen in Hexadeutero-

dimethylsulfoxid) zeigen die Alkalimetallperthiocyanate bei 30 OC zwei Singuletts mit folgenden chemischen Verschiebungen gegen TMS : G(N-CS-N) = 185,3ppm und S(N-CS-S) = 197,5 ppm.

Die Zuordnung der beiden Signale erfolgte unter Zugrundelegung der Tatsache, daB schwefel- gebundene C-Atome eine groBere chemische Verschiebung aufweisen ale stickstoffgebundene. Das Perthiocyanat-Ion zeigt beziiglich der Resonanzsignale der beiden C-Atome eine gro13ere chemische Verschiebung, als sie beim Dimethylester der Perthiocyansiiure [23] gefunden wird. Weiterhin ist die Differenz der 8-Werte beim [C2N,S,]2--Ion rnit 12,2 ppm geringer als die beim Dimethylderivat mit 17,3 ppm. Beide Effekte konnen mit einer verstarkten Ladungsverteilung durch Delokalisierung von Doppelbindungen im Perthiocyanat-Ion erklart werden.

Die Massenspekt ren (Elektronenstofiionisation, 60 eV, Temperatur der Ionenquelle 140 O C bzw. 20 "C fur die NH,-Verbindung) der hergestellten Perthio- cyanate sind, abgesehen von dem d w Ammoniumverbindung, praktisch identisch. Es werden Fragmente beobachtet, die fur den Bereich m/e = 43-200 in Tab. 4 aufgelistet sind ; die Isotopenverteilung 32S/34S entspricht der Theorie. Der Basis- peak wird bei m/e = 64 k)eohachtet und riihrt von der Masse S, her. Das einfach- protonierte Anion (m/e = 149) tritt mit einer relativen Haufigkeit von 28% und das Anion - 2s (m/e = 84) mit ciner von 53% auf.

Das Ammoniumperthiocyanat zeigt den Peak maximaler Haufigkeit bei m/e = 150. Wie bereits aus dem thermischen Verhalten (s. Tab. 2) dieser Verbin-

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108 G. GATTOW u. R. GERNER

dung geschlossen wurde, zerfallt das Ammoniumsalz uber die Perthiocyansaure (m/e = 150), die dann unter massenspektrometrischen Bedingungen weiter frag- mentiert [ 231.

Tabelle 4 Massenspektruma) von Alkslimetallperthiocyanaten

m/e 96 rel. Fragmention Haufigkeit

192 160 149 128 96 84 77 70 64 59 58

47 14 28 28 18 53 26 76 100

42 13

S6+

Saf HC,N;Ss+ S,+ SS+

C,N,S+ HCS,f CS.+ s,+ HSCN+ SCNf

a) Es sind nur die vom Isotop hervorgerufenen Peaks aufgefiihrt.

111. Darstellong und Eigenschaften von Schwer- und Ubergangsmetallperthiocyanaten Versetzt man waBrige Losungen, die [C2N2SJ--Ionen enthalten, mit T1+-,

Ag+-, Pb2+-, Cu2+-, Cd2+- oder Hg2+-Salzlosungen, dann fallen die entsprechenden Perthiocyanate aus. Bei Verwendung von Mn2+-, Ni2+- oder Co2+-Salzlosungen entstehen dunkelbraune bis schwarze Niederschlage nicht definierter Zusammen- setzung. Mit Zn2+-Salzlosungen findet keine sichtbare Umsetzung statt.

Arbeitsvorschrift. Zu einer geriihrten Losung von 2 g (0,008 mol) Ba[CZN,Sa]. 3 H,O in 50 cm3 Wasser wird unter Argon als Schutzgas bei 20°C die iiquivalente Menge an in Wasser gelostem Metallsalz (Halogenid oder Nitrat) tropfenweise hinzugefugt, wobei das entsprechende Perthiocyanat sofort ausfallt. Der Niederschlag wird abgesaugt, mit Wasser gewaschen und durch Digerieren mit abs. Digthylather getrocknet. Aufbewahrt werden die Substanzen im Dunkeln uber Sicapent. Die Ausbeuten sind Tab. 5 zu entnehmen.

Analysen. Da sich die hergeetellten Schwer- und ubergangsmetallperthiocyanate nicht ruck- standsfrei in Losung bringen lieBen, beschrankten sich die Analysen auf die Bestimmung der C- und N-Gehalte. Die Egebnisee sind in Tab. 5 wiedergegeben.

Tabelle 5 Ausbeuten und Analysenwerte von Schwer- und ubergangsmetallperthiocyanaten

Verbindung Ausbeute 96 c /" N 0'

[ % I exp. her. exp. her.

TlJCnN&I 91 4,5 4,31 5,1 5,03 AgJCsNsSJ 87 6 3 6 , O O 7 , s 7,70 PblCsN&] 73 6,4 6,50 7,s 8,04

Cd[CsN;Ss]. HsO 36 8,4 8,63 10,3 10,07 Hg[CzN&l 53 6 3 6,76 779 7,88

Cu[C,N,Ss] * H,O 81 10,s 10,46 12,3 12,20

Die Schwer- und ubergangsmetallperthiocyanate sind mehr oder weniger gefarbte (8. Tab. 6 ) , kristalline Substanzen, die bei Zimmertemperatur unzersetzt haltbar sind, sich jedoch bei hoheren Temperaturen (5. Tab. 6 ) zersetzen. Sie

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Perthiocyanate 109

sind mit Ausnahme der Cadiniumverbindung in Wasser schwer loslich, praktisch unloslich sind sie in gebrauchlichen organischen Losungsmitteln. Ihre Dichten und Molvolumina sind Tab. 6 zu entnehmen.

Die Schwer- und Ubergangsmetallperthiocyanate stimmen in ihren spektro- akopischen Eigenschaften mit den im Abschn. I1 aufgefuhrten Perthiocyanaten praktisch uberein. Auch weisen die Infrarotspektren keine signifikanten Unter- achiede auf, so dal3 auf eine Wiedergabe derselben verzichtet werden kann. Lediglich Tl,[C,N,S,] zeigt unter massenspektrometrischen Bedingungen (Tempe- ratur der Ionenquelle 36OOC) ein unterschiedliches Verhalten : Neben den fur Perthiocyanaten charakteristischen Fragmentionen (s. Tab. 4), tritt noch bei m/e = 203 und 205 das T1+-Ion mit einer relativen Haufigkeit von 85 bzw. 100% auf.

Tabelle 6

Verbindung Farbe Schmelz- bzw. Dichteb) d;O Molvolumen V,

Eigenschaften von Schwer- und Obergangsmetallperthiocyanaten

Zers. -Temp.") ["CI [g/cm31 [cm3/Mol]

Th[C2N2Sd gelb 194-198 (Z, S) 4,350 127,9 Agz[C2N2S,I blal3gelb 174 (S, Z) 2,872 126,8 Pb[C2N&l dunkelgelb 260 (Z) 3,186 111,4 CU[C~NZS~] * H20 dunkelgrun 260 (Z) 2,560 89,7 Cd[CZN&] . H20 blal3gelb 307 (Z) 2,586 107,6 Hg[C2N2S,I farblos 315 (Z) 2,952 117,9

") S = Schmelzen, Z = Zersetzung, b, Genauigkeit 10,002 bis f0,005 g/cm3

Fur die Bereitstellung von Hilfsmitteln danken wir sehr der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemie sowie der Adolf-Todt-Stiftung.

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Bei der Redaktion eingegangen am 15. Mai 1981.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. GATTOW und Dip1.-Chem. R. GERNEB, Imt. f. Anorg. Chemie u. Analyt. Chemie d. Univ., Johann-Joachim-Becher-Weg 24, D-6500 Mainz