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262 Ober das Seidenfibroin. 111. Die Einwirkung von Salzsiiure auf Seide. (11. Mitteilung uber Proteine); von Stefan Goldschmidt, Gertrud Freyss und Kossy Strauss. Mit 2 Figuren im Text. Die Einwirkung hydrolysierender Agenzien auf Seiden- fibroin ist sowohl zur Erfassung der in der Seide vorhandenen Aminosauren, als auch in der Absicht studiert worden, $b- baustufen zu isolieren, die Einblicke in die Konstitution des Seidenfibroins erlauben konnten.2) In jungster Zeit haben sich besonders E. Abderhalden und A. Bahn3) mit der Hydrolyse von Seidenfibroin durch Natronlauge befafit und als Produkte partieller Hydrolyse Seryl-prolyl-tyrosyl-prolin und Glycyl-seryl-prolyl-tyrosyl-prolin isoliert. Stufenweiser Abbau von Seide durch Salzsaure. Wir haben im AnschluB an die Erfahrungen, die bei der Einwirkung von Hypobromit auf Seide gemacht worden sind, die fraktionierte Hydrolyse entbasteter Seide durch SUEZ- siiure untersucht. Wir verfolgten dabei das Ziel, festzu- stellen, wie der ungeloste Bestandteil der Seide selbst im Verlaufe der Salzsaureeinwirkung verandert wird und welcher Art die in Losung gehenden hydrolytischen Spaltstucke sind. Wir erreichten dies, indem wir Seide bei konstanter Tempe- ratur wechselnde Zeiten der Einwirkung von Salzsaure nnterwarfen und den in der Losung jeweils vorhandenen Gesamt- und Amino-Stickstoff bestimmten. Die ungelosten dnteile (Abbauprodukte) selbst wurden jeweils der nnalytischen *) Ein betrachtlicher Teil des Inhaltes dieser und der vorangehenden Arbeit wurde auf der Tagung der Siidwestdeutschen Chemiedozenten in Heidelberg, April 1932, vorgetragen. 7 Lit. vgl. E. Abderhalden, Lehrbuch der physiol. Chemie, S. 288, 6. Aufl., 1931. H. 210, 246 (1932).

Über das Seidenfibroin. III. Die Einwirkung von Salzsäure auf Seide. (11. Mitteilung über Proteine)

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262

Ober das Seidenfibroin. 111. Die Einwirkung von Salzsiiure auf Seide.

(11. M i t t e i l u n g u b e r P ro te ine ) ; von Stefan Goldschmidt, Gertrud Freyss und Kossy Strauss.

Mit 2 Figuren im Text.

Die Einwirkung hydrolysierender Agenzien auf Seiden- fibroin ist sowohl zur Erfassung der in der Seide vorhandenen Aminosauren, als auch in der Absicht studiert worden, $b- baustufen zu isolieren, die Einblicke in die Konstitution des Seidenfibroins erlauben konnten.2) I n jungster Zeit haben sich besonders E. Abderha lden und A. Bahn3) mi t der Hydrolyse von Seidenfibroin durch Natronlauge befafit und als Produkte partieller Hydrolyse Seryl-prolyl-tyrosyl-prolin und Glycyl-seryl-prolyl-tyrosyl-prolin isoliert.

S t u f e n w e i s e r Abbau v o n Se ide d u r c h Sa lz sau re . Wir haben im AnschluB an die Erfahrungen, die bei

der Einwirkung von Hypobromit auf Seide gemacht worden sind, die fraktionierte Hydrolyse entbasteter Seide durch SUEZ- siiure untersucht. Wir verfolgten dabei das Ziel, festzu- stellen, wie der ungeloste Bestandteil der Seide selbst im Verlaufe der Salzsaureeinwirkung verandert wird und welcher Art die in Losung gehenden hydrolytischen Spaltstucke sind. Wir erreichten dies, indem wir Seide bei konstanter Tempe- ratur wechselnde Zeiten der Einwirkung von Salzsaure nnterwarfen und den in der Losung jeweils vorhandenen Gesamt- und Amino-Stickstoff bestimmten. Die ungelosten dnteile (Abbauprodukte) selbst wurden jeweils der nnalytischen

*) Ein betrachtlicher Teil des Inhaltes dieser und der vorangehenden Arbeit wurde auf der Tagung der Siidwestdeutschen Chemiedozenten in Heidelberg, April 1932, vorgetragen.

7 Lit. vgl. E. Abderhalden, Lehrbuch der physiol. Chemie, S. 288, 6. Aufl., 1931.

H. 210, 246 (1932).

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GoEdschmidt und Mitarb., ober das Seidenfibroin. III, 263

Unterauchuny sowie der Hydrolyse zur Festellung der am Auf- bau beteiligten Aminosilnren unterworfen. Die prgparative Methodik schlofi sich dabei im wesentlichen an die bei der Hydrolyse der Hypobromit-Abbauprodnkte beniitzte an.

Zum StzldizCm der shfenw&sen Rydrolyse wurde zuniichst k m . Salx- sawe gewahlt. Wie Fig. 1 zeigt, verliuft die Einwirkung von konz. Sahssiure ahnlich wie die von Hypobromit auf Seide, indem zuerst eine weeentlich raschere Einwirkung als spilter erfolgt

Z Gesomt -NdLosg in % d GesamtlYd Se;de flAm/no-/ w #

* * - * . ). RlAusbeute on 40 -.4&6auprodukfaus MUyJeuk

U 2Q PO &O JO 100 Z'U 110 160 BU - Stunden

Fig. 1. Abbau von Seidenfibroin Fig. 2. Abbau von Seidenfibroin durch konz. Salzsaure bei 25O. durch 5 n-Salzsllure bei 25 O.

Trotzdem wurde nach Feststellung dieses Befundes die Einwirkung von konz. Salzsaure auf Seide verlaseen, weil die Seide naeh sehr kurzer Zeit in Liisung ging und damit wenig Aussicht bestand, einen fraktionierten Abbau der Seide zu erreichen.

Bringt man jedoch etwa Sn-Salzsiiure mit Seide zur Um- setzung, so befindet sich auch nach sehr langen Einwirkungs- zeiten nur ein Teil der Seide in Losung. Der in der Zeit- einheit in Losung gehende Anteil ist zu Beginn der Reaktion wesentlich grofier als im vorgeschrittenen Stadium (Fig. 2). So gehen, wie man a m Kurve 111 sieht, im Vedauf der ersten 80 Stunden der Einwirkung etwa 60 Proc. der Seide in Losung, wghrend nach weiteren 200 Stunden nur noch 13 Proc. gelost werden.

Der in Losung befindliche Anteil der Seide setzt sich offenbar in der Hauptsache aus kleineren Bruchstucken zusammen; denn im Mittel kommt auf je 2-3 in &?sung befindliche Stickstoffatome 1 in Form yon Aminogruppen vor-

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264 Goldschrnidt, P r e y s s und S t r a u s s ,

liegendes Stickstoffatom (Verhaltnis der Werte Kurve 11: Kurve HI).

E i g e n s c h a f t e n u n d Z u s a m m e n s e t z u n g d e r A b - b a u p r o d u k t e . Die Eigenschaften der ungelosten Salz- saure-dbbauprodukte gleichen im wesentlichen denen der Hypobromit- Abbauprodukte. Man erhalt sie in Form von farblosen, unter dem Polarisationsmikroskop doppelbrechen- den Pulvern, die rontgenographisch, soweit sich dies auf Grund von Debye-Scherrer-Aufnahmen feststellen lafit, voll- kommen der naturlichen Seide entsprechen, und dieser auch im Verhalten gegen Hypobromit gleichen.

dus der zeitlichen Verfolgung des Abbaues ergibt sich, daD eine konstante Zusammensetzung des Abbauproduktes erst dann erwartet werden kann, wenn die Salzsaure etwa 80 Stunden zur Einwirkung gekommen ist. Wie die Zusammen- stellung von Analysen auf Seite 269 zeigt, ist dies in der Tat nach dieser Zeit innerhalb vou Versuchsfehlern der Fall, w e m auch die Schwankungen der Analysenzahlen etwas groBer sind als bei den Hypobromit-Abbauprodukten.

H y d r o l y s e d e r Abbauproduk te . Abbauprodukte, bei denen die Abbauzeit mindest,ens

80 Stunden betragen hat, bestehen auf Grund zahlreicher Hydrolysen mit nachfolgender Esterdestillation nur aus den Aminosauren AZanin, GZykokolZund Tyrosinl) und unterscheiden sich somit von dem Hypobromit-Abbauprodukt durch die An- wesenheit von Qrosin. Die mengenmajige Anteilnahme der einzelnen Aminosauren am Hydrolysat der Abbauprodukte ergibt sich aus nachfolgender Zusammenstellung.

Im Mittel sind also in den Salzsaure-Abbauprodukten die Aminosauren Alanin, Glykokoll und Tyrosin im molekularen Verhaltnis 13 : 8 : 1 enthalten.

1) Nur bei einem einzigen Abbau wurde bei der Esterdestillation eine geringe Menge einer hoher siedenden Fraktion erhalten, der wahr- scheinlich Serin zugrunde lag. Im ganzen Whren die analytischen Ergebnisse sowie die angegebene Beobachtung zur Annahme, daB zu- weilen aus nicht ersichtlichen Grunden die Einwirkung von Salesaure einen etwas abweichenden Verlauf nimmt.

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uher das Seidenfibroin. III. 265

96 60 : 28: 11 100 I 60 : 3 3 : 8 140 58 : 3 2 : 11

Alanin : Glykokoll : Tyrosin in Proc. I in MOL Abbauzeit

1,8 : 1 :0,16 1,5 : 1 :011 1.55 : 1 : 0.14

187 61 :28: 11 1;s : 1 : O i l 4 [1,9] : 1 : 0,09 308 I [65]:29: [6] I -

Mittel I 6 0 : 2 9 : 10 I 1,7: 1 : 0,13

F e r m e n t a t i v e H y d r o l y s e vo n Se id e n- A b b a u p r o d u k t en.

I m Rahmen der Untersuchungen interessierte uns die Frage, ob Hypobromit- bzw. Salzsaure-Abbnuprodukte der Seide durch Fermente abgebaut werden. Bei der experimentellen Prufung der Frage stellten wir anhand des Zuwachses an Amino-N fest da13 beide Sbbauprodukte von Trypsin an- gegrigen werden. Sie unterscheiden sich damit von der naturlichen Seide, die unter den von uns angewandten Be- dingungen durch Trypsin nicht verandert wird. Dieses letzte Ergebnis steht nicht in Ubereinstimmung mit Erfahrungen von F. Wessely.’) Indes sind unsere Versuche mit denen von W e s s e l y wegen der dort gewahlten, verschiedenartigen Versuchsbedingungen nicht genau vergleichbar.

Vollzieht sich die Einwirkung des Trypsins auf das Salzsaureabbauprodukt in nicht zu verdiinnter Losung, so scheidet sich im Verlaufe der Einwirkung ein Niederschlag aus, der aber nicht einheitlich ist. Er besteht aus einem krystallisierten, in Wasser schwer loslichen Anteil, der sich als Tyrosin erwies und aus einem amorphen Anteil, der mit dem Bbbauprodukt selbst die Unloslichkeit in Wasser, ver- diinnten Sauren und Alkalien, sowie die Loslichkeit in konz. Salzsaure gemeinsam hat. Er ist ferner wie das Abbau- produkt hochmolekular(Verha1tnis Qesamt-N: Amino-N=22: l), uiiterscheidet sich aber von ihm durch seine chemische Zusammensetzung.

I) H. 135, 117 (1924).

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266 Goldsehmid t , Freyss und S t r a u s s ,

T h e o r e t i s c h e Folgerungen. Durch den Hypobromitabbau des Seidenfibroins hat sich

erweisen lassen, da13 der krystallisierte Anteil dieses Natur- stoffes die Aminosauren Alanin und GIykokoll enthUt. Das Studium des Salzsaureabbaues hat ergeben, da13 daneben auch Tyrosin in Abbauprodukten auftret,en kann, die in bezug auf Doppelbrechung und Debye-Scherrer-Diagramm der natiir- lichen Seide entsprechen. Das molekulare Periialtnis der Aminosauren Alanin und Glykokoll ergab sich in den beiden auf ganz verschiedenen Wegen erhaltenen Abbauprodukten wie 1,7-1,8: 1. Es erhebt sich nun die Frage, ob und in welcher Weise das Tyrosin am Aufbau des krystallisierten Anteiles der Seide beteiligt ist.

Schlielt man sich der Anschauung an, daB der krystalli- sierte Anteil der Seide durch Aneinanderlagerung langer Polypeptidketten zustande kommt, so bestehen folgende Mijglichkeiten :

I. Die einzelnen Ketten selbst sind aus ein und derselben Aminosaure, z. B. aus Alanin oder Glykokoll oder Tyrosin auf- gebaut.') I m Krystallit sind dann i n bestimmter Art und Weise verschiedenartige Aminosaureketten zusammen gelagert.

11. Die verschiedenen Aminosauren beteiligen sich am Aufbau ein und derselben Eette in wechselnder Art und Weise, wobei die einzelnen Aminosauren entweder regelmafiig 'in der Kette wiederkehren oder ungeordnet in ihr verteilt sein konnen.

R H O R d 1 7 8 c I N I H /I\ C/\C/\N/I\ c/\c/

it $ 1 1 I I H I/ i 0 E H i 0 j t-- 6,95iE --t /

Rontgenographisch steht auf Grund der Debye-Scherrer- Aufnahmen der Identitltsabstand in der Faserachse bei Seide, sowie bei den untersuchten Abbauprodukten mit etwa 7 RE

die Kette aufbauen. I) Vorausgesetzt, daS, wie beim Seidenfibroin, nur a-Aminosauren

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uber das Seidenfibroin. III. 267

fest. Dieser Befund ist mit der ersten der erwahnten An- nahmen vertrkglich. Denn dieser Abstand bleibt, wie das oben- stehende Schema zeigt, im wesentlichen davon unabhangig, welcher Art der Substituent R in der Polypeptidkette ist. Der Identitatsabstand durfte also ziemlich gleich sein, un- abhangig davon, ob die Kette aus Tyrosin, Alanin oder Glykokoll aufgebaut ist.

Der rontgenographische Befund macht andererseits fur die zweite der oben diskutierten MSglichkeiten die geordnete Wiederkehr der verschiedenen Aminosauren in der Kette un- wahrscheinlich, weil dann noch die diesen Abstanden ent- sprechenden Interferenzen in der Faserachse auftreten muflten, wahrend er die ungeordnete Wiederkehr nicht aus- schlieS t.

Wir versuchten zu diesen Uberlegungen noch experi- mentelle Gesichtspunkte beizubringen. Unter den Produkten der Hydrolyse des Hypobromit-Abbauproduktes fehlt das Tyrosin, das offenbar schon im Abbauprodukt zerstort ist. DaS dies wirklich so ist, zeigt die Einwirkung von Hypo- bromit auf Tyrosin und insbesondere auf N-Benzoyl-tyrosin, in dem der Benzolkern einer weitgehenden Oxydstion unter- liegt. 1st das Tyrosin in der Peptidkette zwischen Alanin und Glykokoll verankert, so muflten die car6ozyZreichen Oxydutionsprodukte des Tyrosins [Asparaginsaure 13 l) nach der Hydrolyse der Hypobromit-Abbauprodukte aufzufinden sein. Liegen dagegen ans Tyrosin bestehende Peptidketten vor, so besteht immerhin die Moglichkeit, daS die oxydativ ver- anderten Ketten infolge ihres grol3en Carboxyl-Reichtums in der alkalischen Oxydationslosung dispergiert werden und infolgedessen nach der Hydrolyse des unioslichen Hypo- bromit-Abbauproduktes nicht mehr aufzufinden sind. Wir haben deshalb in den Produkten der Hydrolyse des Hypo- bromitabbaus mit besonderer Sorgfalt auf carboxylreichere Spaltstucke, bei denen das Verhaltnis von Amino-N: COOH- gruppen nicht gleich 1 : 1 sein sollte, untersucht. Aber wie oben (vorhergehende Arbeit S. 257) schon gezeigt wurde,

I) Vgl. Goldschmidt u. Freyse, B. 66, 784 (1933).

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268 Goldschmid t , F r e y s s zcnd S t rauss ,

haben sich nicht die geringsten Anzeichen fur deren Vor- handensein ergeben. Wir sind also vorlaufig geneigt, anzu- nehmen, dap im kryztallisierten Anteil der Seide Peptidketten enthalten sind, die jeweils aus einzelnen Aminosauren bestehen Mit dieser Anschanung steht ubrigens auch der Befund der fermentativen Hydrolyse des Salzsaure-Abbauproduktes in obereinstimmung, der unter anderm z u !l”yrosin und dem schon erwahnten amorphen hochmolekularen Korper fuhrt.

Wir hoffen, durch Isolierung und Untersuchung neuer Spaltstucke des Fibroins weitere Beitrage zur Entscheidung der aufgeworfenen Frages tellung liefern zu konnen.

Der Karlsruker Hochsehulvereinigung sowie der deutschelt For- schungsgemeimschaft danken wir fur die Gewlihrung von Mitteln fur die vorliegenden Untersuchungen.

Zeit in Stunden seit Lijsungsbeginn

Aminostickstoff ] 1 3’/, TS/, 23’1, 47’1, 73’14 1l9’i4 193l/,

1,15 2,28 3,23 5,60 7,38 8,50 10,1 11,2

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Uber das Seidenfibroin. III, 269

wurden von dem in Liisung gegangenen Teil gewunschte Mengen mittels einer durch einen Filterkopf verschlossenen Pipette entnommen. I. Amilzo-N: Je 8 ccm Losung; 11. Gesamt-N: Je 1 ccm Losung.

Stunden seit Reaktionsbeginn I. ccm N (Ool 760 mm) . . , II. ccm "/,,,-HCl . . . . . . . .

4 0,04 -

20 46 0,045 0,28 0,65 1,l

E i n w i r k u n g von v e r d u n n t e r Sa lz san re au f S ei d en f i b r o in.

In einem Kolben, der sich in einem Thermostaten von 25' befindet, wird eine gewogene Menge entbasteter, in 1-2 cm lange Stucke zerschnittener Rohseide (Tramaseide, Textilausriistungsgesellschaft Erefeld) in die 50-fache Menge 5 n-Salzsaure eingetragen und die gewiinschte Zeit (z. B. 74 Stunden) unter Umruhren, das mindestens alle 1-2 Stunden erfolgen muI3, stehen gelassen. Ebenso wie beim friiher be- schriebenen Abbau mi t Hypobromit wird auch hier die Seide immer briichiger. Jedoch zerbrechen die in der Losung noch fadenartig scheinenden Bruchstucke erst beim Heraus- nehmen zu einem feinen Pulver. Die Losung farbt sich im Verlauf der Salzsaureeinwirkung rot-violett. Man saugt auf einem geharteten Filter ab, verteilt durch kraftiges Riihren wieder in Wasser und zentrifugiert. Dieses Auswaschen des Abbauproduktes wird solange w'iederholt, bis das Wasch- wasser chlorfrei ist. Zuletzt wird in gleicher Weise das Wasser durch Alkohol (Aceton) und dieser durch Ather verdrangt. Das zuletzt farblose Produkt wird 1 Tag bei

69 90 140 188 0,51 0,65 1,06 1,l - 2,l 2,35 2,5

- ~

__ __ A E c C D B J F H

Dauer des HC1-Abbaus

in Std.

74 96 '36

100 113 130 140 187 308

Aua lOOg Seidenf.

g

41,5 39,O 41,O

42,O 37,O 31,5 31,O 28,5

____

C

48,57 48,24 48,30 48,05 48,46 48,42 47,99 48,22 48,35

H

6,32 6,39 6,38 6,5l 6,40 6,40 6,31 6,42 6,31

N ~ _ _ -__

18,52 18,24 1?,92 18,04 18,66 18,63 18,21 18,13 17,71

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a) 2 b) 20,7 c) 15,2

Hydro 1 y s e d e r S a1 z s a u r e - A b b a up r o d u k t e. Eine gewogene Menge Abbauprodukt (5-20 g ) wird mit der

15-fachen Menge konz. Salzsaure vorsichtig (Schaumen!) erwarmt und dann 60 Stunden gekocht. Das Hydrolysat wird wie in der vorher- gehenden Arbeit S. 259 von Salzsaure befreit und mit etwas Tierkohle entfarbt. Nachdem Bur Trockengehaltsbestimmung ein gewunschter TeiI entnommen ist, dampft man fast zur Trockne ein, saugt das abgeschiedene Tyrosin ab und wascht mit moglichst wenig Wasser nach. Zur viilligen Tyrosinabscheidung wird mit dem Filtrat das Eindampfen wiederholt. Das letzte Filtrat wird dann mit Butylalkohol ersch6pfend extrahiert. Aus den gesamten wieder vereinigten, getrockneten Extrakten wird das Glykokoll als Ester-chlorhydrat abgeschieden. Bei der nach- folgenden Esterdestillation, die neben Alaninester h6chstens ganz wenig Glykokollester lieferte, verblieb zuletzt ein ziemlich groBer Ruckstand, der sich auch bei hoher Temperatur nicht mchr verfliichtigte. Nur bei einer der vielen Hydrolysen erhielt man im Hochvakuum bei 0,65 mm und 99-110° noch eine kleine Fraktion.

Alanimbestimmung: Diese erfolgte entweder durch indirekte Be- stimmung (Summe der Extrakte-Glykokoll-Tyrosin = Alanin) oder durch Ermittlung der Drehung. Hierzu wurde E. B. 1 g Abbauprodukt (J) wie oben hydro1ysiei.t und das Gesarnthydrolysat (entsprechend 0,962 g Trockensubstanz) nach moglichst valliger Abscheidung des Tyrosins durch Zugabe von Salzsaure auf ein Volumen von 10 ccm gebracht. (Je Mol. Alanin etwa 1 Mol. HC1) Gef. aD = - 31' (1 dm - Rohr); [a]= Alanin = loo 24'; Ber. 58 Proc. Alanin.

S l l 4 4 5 8 12 18 28 20,6 20,6 20,42 20,37 20,35 20,15 19,97 17,O 17,O 19,6 21,45 21,9 25,9 29,5

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Uber das Seidenfibroin. IIL

Abbau- zeit

in Stdn.

271

Trocken- riickst. n. Hydrol.

a) 1 3 4 7 10 20 27 52 76 b) c) 14,2 15,2 17,6 18,O 18,6 19,O 19,8 20,O 21,O 21,2

14,37 14,08 13,N 13,25 13,07 12,94 12,71 12,65 12,35 12,31

- - Summf

trakte

17,56 10,75 7,65 5,25 18,75 16,3

a. E ~ - __ ~

100 12,20 21,5

L

58.7 I 328

22 17,38 13,5

32 17,38 13,5

1 17,46 12,3

2 17,38 13,5

a) 1 2 3 20 38 52 128 208 b) 17,25 17,15 17,15 17,15 17,lO 17,06 17,05 16,90 c) 5,8 6,2 6,2 6,2 6,4 6,6 6,7 7,2

1) Als Glykokoll-kupfer isoliert. 7 Alaningehalt und Drehung.

272 16,90

7,2

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272 Goldschmidt , Freyss und Strauss ,

tralisierte man durch Zufugen von Salzsaure bzw. Natronlauge. Die triibe Lijsung wurde nach der Zugabe von 0,5 g Trypsin in Boratpuffer mit Boratpuffer (pH = 8,9) auf 500 ccrn aufgefullt. Dann wurde in einem Thermostaten von Oo stehen gelassen. Zu gewunschten Zeiten wurden zur Amino-N-Best. j e 10 ccrn entnommen. Es wurden gefunden: Zeit . . . . . . 0 16" 30" 3 u. 5Tage ccrn N (OO, 760mm) 1,76 6,54 7,12 991

Im Verlauf der Hydrolyse fiel ails der Losung eiu Niederschlag aus, der aus einer Mischung eines krystallisierten KGrpers und einer amorphen Substanz bestand. Nach Beendigung der Einwirkung trennte man den Niederschlag durch Zentrifugieren ab und kochte ihn mehr- mals mit Wasser aus, bis nichts mehr in Losung ging. Bus der wall- rigen Losung schieden sich beim Abkuhlen Krystalle von Tyrosin (A) aus, deren Menge man durch Einengen vermehreu konnte (Ausbeute 0,65 g). Der unlosliche amorphe Korper B wurde wiederholt mit Methanol und Ather aufgeschlemmt und jeweils zentrifugiert. SchlieB- lich wurde er im Hochvakuum bei 100' bis zur Gewichtskonstanz ge- trocknet (Ausbeute l,? g). Ein Versuch, den loslichen Teil dcs Abbaus zu dialysieren, zeigte, dall in der Lasung nur niedermolekulare Bestand- teile vorhanden waren, da nur ein gane unbedeutender Ruckstand in der Membran verblieb.

Htlndelt es sich nur um die Gewinnung von Tyrosin, so arbeitet man zweckmallig in verdunnterer Losung als oben angegeben, weil daun die Bildung des amorphen Niederschlages vollkommen ausbleibt.

Tyrosin A. 4,508 mg Subst.: 9,82 mg CO,, 2,55 mg H,O. C,H,,O,N Ber. C 59,67 H 6,OS

Gef. ,, 59,41 71 6933. Korper B. 4,243 mg Subst.: 6,88 mg CO,, 2,48 mg H,O. - Ge-

samt-N. 65,O mg Subst.: 19,7 ccrn n/,,-HCl. - Amilzo-N. 0,1835 g Subst. wurde in etwa 3 ccrn konz. Salzsaure gelost, dann wurde mit krystalli- siertem Na-Acetat abgestumpft und auf etwa 15 ccm aufgefullt. 6 ccrn dieser Losung gaben 1,2 ccm N (17O, 754 mm); 6,8 ccm gaben 1,4 ccm N (17O, 754 mm).

Gef. C 44,2 H 6,54 N 21,20 NET,-N 0,94, 0,96.

F e r m e n t a t i v e H y d r o l y s e a e s Hypobromi t - A b b a u p r o d uk t es v o n Sei den f i br o in.

2 g 16 Minuten-Hypobromit - Abbauprodukt wurden genau wie beim Salzsaure-Abbauprodukt der Hydrolyse mit Trypsin unterworfen. (0,2 g Trypsin, Volumen 100 ccm); ein Niederechlag fiel dabei nicht aus. Zeit . . . . . . 0 16h 2 Tage 4 Tage 5 Tage ccm N (OO, 760 mm) 2,02 2,83 6,54 9,18 9,75

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Uber das Seidenfibroin. IIL 273

Seidenfibroin wurde durch Trypsin unter gleichen Bedingungen nicht angegriffen. Man laste wie oben in konz. Salzsiiure und neutrali- sierte mit Natronlauge. Die Seidesubstane fie1 dabei im Gegensatz zu den Abbauprodukten wieder am. Ein Zuwachs an NHgN trat beim Abbau nicht ein.

1) e b y e - S c h e r r e r - 9 u f n ah m e n. Die Rontgenaufnahmen wurden im Institut f. physik. Chemie aus-

gefuhrt. Wir sprechen Herrn Prof. B r e d i g fur die nberlassung der Apparatur, Herrn Dr. R. B l o c h fur seine Unterstutzung unseren verbindlichsten Dank aus.

Salxsaure-Abbauprodukt J (240 Stunden).') Die feinst gepulverte und gebeutelte Substana wurde mit wenig sehr verdunnter Syndetikon- losung (Kontrollaufnahme von Syndetikon gleichmiilig schwarz!) zu einem Brei angerieben und mittels eines Drahtes durch ein Kapillarrohr geprelt. Die so erhaltenen Stabchen (Durchmesser 0,75 mm, Lange 10 mm) wurden iiber Nacht an der Luft getrocknet, in die Kamerlt gebracht und justiert.

Pulveraufnahme, Cu-Strahlung 35 K V, 20 nzA, Belichtungsxeit: 3V4 Stufiden, Kameradurchmesser 57,8 mm.

Fibroin- Abbauprodukt

Intensitat gef. I 2 d mm

9. st.

8. st. 45,4 breit 61,O schw. 74,O

st.

I n O

10,l 12,3 15,s 20,l 22,3 30,O 36,4 41,7

sin

0,175 0,213 0,272 0,344 0,380 0,500 0,594 0,665

Fibroin (Bombyx mori)')

sin

0,178 0,213 0,278 0,344 0,374 - - -

Hyperbel

l) Es wmden mit dem gleichen Ergebnis noch die Salzsaure- Ahbauprodukte H (308 Stunden), A (74 Stunden), B (130 Stunden) auf- genommen; auf die Wiedergabe der Interferenzen wird deshalb verzichtet.

%) R. B r i l l , A. 4S4, 204 (1923); D. R r a t k y , Z. phyeik. Ch. (B) 5, 297 (1929); 11, 363 (1931). Ubereinstimmende Aufnahmen G o l d - S c h m i d t - S t r a u s s , A. 480, 266 (1930).

Annalen der Chemie. 606. Band. 19