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E. Jhnecke, H. Hamacher u. E. Rahlfs. Das Sptem KN03-NH,N03-H,0 357 Uber das System KN0,-NH,NO,-H,O Von ERNST JANECEE, HEINR. HAMACHER und ERICH RAHLFS Mit 5 Figuren im Text Einleitung: Bei einer Nachpriifung der in einer frbhern Mit- teilungl) niedergelegten Untersuchung ergab sich, daB das System Ammonnitrat-Kalinitrat-Wasser in einigen Punkten anders sein muBte als angegeben war. Dieses fiihrte dam, die Untersuchungen durch ein- gehende Loslichkeitsbestimmungen und Abkiihlungskurven zu er- ghzen, wobei insbesondere auoh hohere Temperaturen Beriicksichti- gung fanden. Die fruheren Untersuchungen: In der Fig. 1 sind die Er- gebnisse der frfiheren Untersuchungen wiedergegeben. Dasjenige, was hierbei richtig ist, ist durch starke Linien dargestellt, wahrend die Er- gebnisse, die eine Korrektur erfahren muBten, durch diinne Linien zum Ausdruck gebracht sind. Die Figur zeigt, daB auBer der eutek- tischen Temperatur bei 157O noch bei 127O, llOo und --So besonders beachtenswerte Gleichgewichte auftreten miissen. Diese beziehen sich auf die gleichzeitige Anwesenheit dreier Bodenkorper mit einer ge- sattigten Mutterlauge. Die Abgrenzung der Gebiete an der Ammon- nitratseite ist in der neuen Darstellung in der Hauptsache die gleiche geblieben. Fiir die Loslichkeitsdarstellung hat sich jedoch in den Temperaturen oberhalb 25O ein wesentlicher Unterschied ergeben. Von den friiher beobachteten Haltezeiten in den Abkuhlungskurven passen sich einige ausgezeichnet dem neuen Diagramm an. Insbesondere ist auch die Losliohkeitskurve zwischen Oo und 250 vollstiindig die gleiche. Es sind aber auch einige Umwandlungstemperaturen, die durch das alte Diagramm nicht erklart werden konnten, durch das neue richtig wiedergegeben. Nicht beobachtet wurden fniher Mischkristalle zwischen Ammonium- und Kaliumnitrat, die keiner der bei gewohn- licher Temperatur vorkommenden Modifikationen von Ammonium- und Kaliumnitrat zugeordnet sind. Das Auftreten dieser Art Misch- kristalle, die also nur in einem mittleren Gebiet vorhenden sind, war sehr iiberraschend. l) E. JANE- u. H. H m m Z. angew. Chemie 41 (1928), 919.

Über Das System KNO3NH4NO3H2O

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E. Jhnecke, H. Hamacher u. E. Rahlfs. Das Sptem KN03-NH,N03-H,0 357

Uber das System KN0,-NH,NO,-H,O Von ERNST JANECEE, HEINR. HAMACHER und ERICH RAHLFS

Mit 5 Figuren im Text

Einleitung: Bei einer Nachpriifung der in einer frbhern Mit- teilungl) niedergelegten Untersuchung ergab sich, daB das System Ammonnitrat-Kalinitrat-Wasser in einigen Punkten anders sein muBte als angegeben war. Dieses fiihrte dam, die Untersuchungen durch ein- gehende Loslichkeitsbestimmungen und Abkiihlungskurven zu er- ghzen, wobei insbesondere auoh hohere Temperaturen Beriicksichti- gung fanden.

Die fruheren Untersuchungen: In der Fig. 1 sind die Er- gebnisse der frfiheren Untersuchungen wiedergegeben. Dasjenige, was hierbei richtig ist, ist durch starke Linien dargestellt, wahrend die Er- gebnisse, die eine Korrektur erfahren muBten, durch diinne Linien zum Ausdruck gebracht sind. Die Figur zeigt, daB auBer der eutek- tischen Temperatur bei 157O noch bei 127O, l l O o und --So besonders beachtenswerte Gleichgewichte auftreten miissen. Diese beziehen sich auf die gleichzeitige Anwesenheit dreier Bodenkorper mit einer ge- sattigten Mutterlauge. Die Abgrenzung der Gebiete an der Ammon- nitratseite ist in der neuen Darstellung in der Hauptsache die gleiche geblieben. Fiir die Loslichkeitsdarstellung hat sich jedoch in den Temperaturen oberhalb 25O ein wesentlicher Unterschied ergeben. Von den friiher beobachteten Haltezeiten in den Abkuhlungskurven passen sich einige ausgezeichnet dem neuen Diagramm an. Insbesondere ist auch die Losliohkeitskurve zwischen Oo und 250 vollstiindig die gleiche. Es sind aber auch einige Umwandlungstemperaturen, die durch das alte Diagramm nicht erklart werden konnten, durch das neue richtig wiedergegeben. Nicht beobachtet wurden fniher Mischkristalle zwischen Ammonium- und Kaliumnitrat, die keiner der bei gewohn- licher Temperatur vorkommenden Modifikationen von Ammonium- und Kaliumnitrat zugeordnet sind. Das Auftreten dieser Art Misch- kristalle, die also nur in einem mittleren Gebiet vorhenden sind, war sehr iiberraschend.

l) E. JANE- u. H. H m m Z. angew. Chemie 41 (1928), 919.

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358 Zeitschrift fur anorgankche und allgemeine Chemie. Band 206. 1932

Die Los l ichkei t sversuche: Es wurden zur Feststellung der Losliohkeitsverhiiltnisse und Zusammensetzung der Bodenkorper bei

n 77u O X

Fig. 1. Zustandsbild nach friiheren Untersuchungen

iiber 20 versohiedenen Temperaturen genaue Bestimmungen gemacht. Fiir die mittleren Temperaturen bis 50° waren dieses Schuttelversuche.

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Hierbei wurden die Gemische in Einviertelliterflaschen eingewogen, im Thermostaten zunachst bei erhohter Temperatur gelost und darauf bei konstanter tieferer Temperatur 1-2 Tage geschuttelt. Von den Salzen und Wasser wurden solche Mengen verwandt, daB sioh etwa 300cm3 ergaben, und die Bodenkorper nur einige Gramm wogen. Dadurch war es leicht, nach einer Analyse der Bodenkorper eine genaue Angabe der Zusammensetzung der Mutterlauge zu machen. Bei dieser Schiittelzeit traten metastabile Bodenkorper, die sich sonst wohl bilden, nicht mehr auf. Die Ausgangsprodukte Ammonium- und Kaliumnitrat von MERCK wurden bei 120° getrocknet.

Die Versuche oberhalb 50° C wurden in einem GefiiB (vgl. Fig. 2) ausgefiihrt, dessen Boden eine Glasfilterplatte bildete. Das GefaB war durch einen Gummistopfen verschlossen, durch den ein Ruhrer und ein Kuhler eingefuhrt wurden. Das RiihrgefkB endete unterhalb der Glasfilterplatte in einen Schliffkonus. Der zugehorige Schliffmantel saB an einem zweiten GefaB, das zur Aufnahme der Lauge nach dem Filtrieren diente. Um ein Durchsickern von Lauge durch das Glasfilter zu verhuten, druckte Luft von unten mit so geringem Uberdruck dagegen, daB nur wenige Luftblasen durch das Filter drangen.

Zum Filtrieren wurde mit von oben wirkendem Luftdruck die Lauge ohne Verdampfung in das untere Gefalj durch den Bodenkorper gedriickt. Da das ganze GefaB in einen Thermostaten eingebaut war, behielten Bodenkorper und Lauge die Versuchstemperatur, auch

3 Fig. 2

wenn das Filtrieren sehr lange dauerte. Bei Beginn derversuche wurden nach Einstellung des Gegendrucks Salzgemisch und Losungsmittel in das obere GefaB gebracht. Dam wurde bei erhohter Temperatur gelost und darauf auf die Versuchstemperatur abgekuhlt. Bei dieser Temperatur wurde etwa 6 Stunden lang kraftig geriihrt, dann filtriert, und Bodenkorper und Mutterlauge analysiert. Auf diese Weise konnten noch Isothermen festgestellt werden, die wenig unter dem Eutektikum der wasserfreien Salze liegen. Die wasserarmste Losung oder Schmelze enthalt bei dieser Tempuratur nur 2-3% Wasser. Daraus ist ersichtlich, da5 man die oben beschriebene Methode sogar auch zur Untersuchung von wasserfreien Schmelzen benutzen konnte.

Bei den hochsten Temperaturen wurde als Losungsmittel nicht immer Wasser, sondern auch ein Gemisch aus Wasser und Glycerin benutzt. Da die gesattigten w&Srigen Losungen bei diesen Tempe-

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360 Zeitschrift fiir anorgankche und dgemeine Chemie. Band 206. 1932

raturen nur sehr wenig Wasser enthalten, macht sich ein geringer Verlust schon stark bemerkbar. Durch den Zusatz von Glycerin wurde nun erreioht, daB die erforderliche Menge vom Losungsmittel groBer war und der Dampfdruck des Wassers geringer. Der Zusatz von Glycerin beeinflufit naturlich die Lage der Zweisalzpunkte und die Zu- sammensetzung der Misohkristalle, die mit einer Losung von be- stimmtem Verhaltnis NH4N0, zu KNO, im Gleichgewicht sind. Die Zusammensetzung der Grenzmischkristalle bleibt jedoch unverandert , so daB diese bestimmt werden konnte.

Die Versuche unterhalb 0 0 C wurden in einem Extraktionsapparat, ahnlich dem von BILTZ und RAHLFS~) beschriebenen, ausgefiihrt. Das GefaB mit dem Glasfilter diente dabei als RuhrgefiiB und wurde in das Kaltebad gesteckt. Die Ausfuhrung war ebenso wie bei hohen Tempe- raturen. Das Filtrat sammelte sich in dem zweiten GefiiB, das bei diesen Versuchen nicht bei konstanter Temperatur erhalten zu werden brauchte.

Die A b ku hlung sv er su c h e : Zur Erganzung der Loslichkeits- versuche wurden Erwarmungs- und Abkuhlungsversuohe von Ge- misohen aus trockenem Ammonium- und Kaliumnitrat gemacht. Zur Herstellung der Gemische wurden die Salze in Wasser gelost und die Losung im Vakuum bei 1000 zur Trockne gebracht. D a m wurde sie auf eine Temperatur etwas oberhalb der eutektischen erhitzt und genaue Abkuhlungskurven aufgenommen. Bei einigen Versuchen an Gemischen, die rasch gekuhlt waren, ergaben sich deutliche Halte- punkte, die an anderen Stellen lagen als bei langsam gekfthlten Ge- mischen. Diese sind auf metastabile Gleichgewichte zuriickzufuhren (740, 950, 950, 950 bei 95, 90, 85, NH,NO,). Sie stehen offenbar in Zusammenhang mit der metastabilen Urnwandlung von NH,NO, bei 50° von N, in N,, indem die Bildung von N, unterbleibt.

Die Ergebnisse der Versuche: In der Tabelle 1 sind die Werte fur die Grenzmischkristalle und die Zusammensetzung der zugehorigen Zweisalzlosungen vermerkt , wie sie sich aus den Loslichkeitsversuchen ergeben. Die Zahl der Loslichkeitsversuche betrug uber 300. Nur fir einige Temperaturen wurde das ganze Gebiet von Ammonium- und Kaliumnitrat untersucht. In den meisten Fallen wurde nur Wert darauf gelegt, genaue Angaben Wr die Zweisalzlosungen und die zu- gehorigen Bodenkorper zu bekommen. Die Tabelle 1 umfal3t nur die Angaben, die sich auf die Zweisalzpunkte beziehen. Die Genauigkeit in den Angaben der Zusammensetzung von Bodenkorper und Mutter-

l) W. BILTZ u. E. RAHLFS, 2. anorg. u. allg. Chem. 166 (1927), 368.

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E. Jiinecke, H. Hamacher u. E. Rahlfs. Dae System KN0,-NH,NO,-H,O 361

Temp. 0 C

- 15 - 10

0 + 10 + 15 -i- 20

- 15 - 10 0

10 15 20

25 30 32 35 40 50 60 95

105 125

25 30 32 35 40 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95

105

110

125

140 150

Tabelle 1 Z w ei salzlti s ung en ( m h den Isothermen)

O/o NII,NO, in den Bodenktirpern

K, 9 9,5 935

14,5 13 12,5

72 73,5 80,5 87 90 93

14 13,5 13 13 14,5 13 14 25 27,5 27

29 31,5

35 37,5 44 47 50 52,5 56,5 58 u. 60 61 64 67 71 745

77

82

81 80

N*

K*

KS

-

NS

K8

KS

Ns 56 56,5 57,5 55 58 58

92,5 93 94,5 96,5 97,5 98

27 23,5 23 26 255 21 19,5 28 31 29

53,5 59 60 60,5 62 67,5 u. 69 68 71 72 74 75,5 77 79 80,5 82,5 85,5

92,5

92,5

92 92,5

N4

K,

NS

N,

Nl

Nl

O/Ll "03

in der zugeh6r

85 83 80,5 77,5 76,5 75,5

89 89,5 9095 93 94 95

74 71 70,5 69 68 63 59 54 53 56

74,5 74 74,5 74 74 74,5 75 76,5 76,5 77 77,5 79 80 82 83 86,5

90

g Wasser auf

:n Mutterhuge loog sd.2

120 103 78 61 55 49

109 95 73 59 54 48,5

46 45 44 43 40 37 33 17 15,5

45 40 39 36 32 27 23 21 19 18 15 14,5 12 11 10 797

3

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362 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 206. 1932

Nr. o/io NH4N03 Temperatur OC

1 0 124 2 5 125,3 3 775 126 4 10 127 5 12.5 128

lauge ist meistens grol3, in Einzelfallen geringer. In der Tabelle 2 sind die Umwandlungstemperaturen angegeben, die sich bei der Ab- kuhlung der Schmelzen ergeben haben. In einzelnen Fallen wurde mehr als eine Haltezeit beobachtet. Auoh die ausgefiihrten Er- warmungsversuche sind in dieser Tabelle enthalten.

Tabelle 2 Umwandlungspunkte KN03-NH4N0,

Aus Abkiihlungskurven aefundene, mittlere beobachtete Werte

Nr. 1 O/o NH4N03

13 I 125.5 14 37,5

17 42.5

8 9

10 11 12

129 4 5 7 ! 132 I I 47.5

20- 131,5 20 50 22,5 133 21 52,5 25 134 22 55 27,5 134,5 23 57,5 30 136 24 60

o,o NH4N0,

Temperatur OC

137,5 138,5 140,5 142 143 145 146 147,5 150 151 153 155

Erwarmung Abkiihlung I / o N H ~ N % / o c I o c Erwiirmung Abkiihlung OC OC

Abkiihlungs- und Erwarmungskurven. Eutektische Hsltezeiten

60 62,5 65 70

1 ;:8& u. 155,5 75 157,5 155,5 u. 156 80 156,5 155,8 u. 157

155,2 85 157 156 - 156 1156,5

___ ~~

o/o NH4N0, 1 Erwiirmung C

75 102 I :;: 80 85 37,5 - 45 47,5 - 50 52,5 - 55 -

-

-

Abkiihlung 0 C ~-

- - 124 120 130 134 136 138 137

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fur die Grenzen der in dem System auftretenden Bodenkorper und die gestrichehen fur die Mutterlauge an. Gegeniiber der friiheren Dar-

Fig. 3. Zustands- und Loslichkeitsbild (Mischungsverh. -Temperatur)

stellung ist das auffallendste, da13 ein Mischkristall (K3) auftritt, der sich, wie schon emahnt, zwischen die anderen Mischkristalle in der Art einsohiebt, daB er sich nicht bis zu den reinen Nitraten, weder dem

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364 ZeitschrXt fiir anorganisohe und aUgemeine Chemie. Band 206. 1932

Ammonium-, noch dem Xaliumnitrat hin erstreckt. Die Loslichkeits- und Abkuhlungsversuche fugen sich ausgezeichnet zusammen. Die Umwandlungstemperatur von 127O ist auf 124O verlegt, was besser mit den neuen Beobachtungen paBt und auch mit den friiheren etwas schwierig zu beobachtenden Temperaturen in Einklang zu bringen ist. In dem System finden sich acht invariante Gleichgewichte, die in der Tabelle 3 enthalten sind. AuBer der eutektischen Schmelztempe- ratur J bei 157O gibt es noch sieben invariante Gleichgewichte zwischen drei Bodenkorpern und einer Mutterlauge. Die Tabelle 3 gibt iiber die Temperatur und die Ark der Bodenkorper, sowie die Zusammen- setzung der Mutterlauge AufschluB.

Gegeniiber den friiheren Untersuchungen sind neue Gleich- gewichte bei 152O, 138O und 23O bestimmt. Die Temperatur von 1 5 2 O

Tabelle 3 Die invarianten Gleiohgewichte im System KN0,-NH,NO,-H,O

Temper&ur O C

157 1.52 138 124 110 23

- 20 - 48

&halt der Bodenkorper und der Schmelzo an NHJVO,

- _ - -

g Wawer a d l00g Salz in der Mutterlauge

ist unsicher, nicht ganz fest steht auch die von 1380. Als genau an- zusehen ist jedoch die von 23O. Alle drei haben ihre Ursache in dem Auftreten der mit K, bezeichneten Mischkristalle. In den Losungen bilden sich zum erstenmal diese Mischkristalle oberhalb 23O und ver- schwinden mit steigender Temperatur bei 152O. Durch das Auftreten dieses neuen Salaes erleidet die Loslichkeitsdarstellung in bezug auf die Zusammensetzung der Mutterlauge eine wesentliche Veranderung gegen friiher. Die gestrichelte Kurve zeigt, wie die Zusammensetzung der Mutterlauge ist, wenn das Verhllltnis von Kalium- zu Ammonium- nitrat in ihnen beriicksichtigt wird. Die Darstellung der Fig. 4 gibt noch an, wie der Wassergehalt in den gesattigten Losungen sich mit der Temperatur andert. In jedem invarianten Punkte laufen immer drei Loslichkeitskurven in den beiden Fig. 3 und 4 zusammen. In einigen Fiillen ist unterhalb der betreffenden Temperatur eine Kurve vorhanden und oberhalb derselben zwei, in anderen Fallen umgekehrt. Die beiden Figuren zeigen deutlich, wie die Loslichkeits-

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E. Jiinecke, H. Ehmacher u. E. W s . Das System KNOs-NH~N03-I&0 365

beziehungen sind. In der Fig. 4 ist auBer der Losliohkeitskurve fur Ammonnitrat noch bei hoheren Temperaturen die Sattigungskurve fur Kaliumnitrat eingetragen und angegeben, in welcher Art sich die Bodenkorper mit der Temperatur iindern. Die Siittigungskurven haben nach unten hin einen Endpunkt dort, wo als neuer Bodenkorper Eis auf- tritt, fur KNO, bei - 2,9O und fur NH,NO, bei - 17,35O. Die Tempe-

50 700 750°f5P 763" Fig. 4. Laslichkeitsbild KN0,-NH,NO,-H,O ( Wassergehalt-Tempertltur)

ratur des Gleichgewichts F1.-Eis-K,-N3 liegt wahrscheinlich bei - 15O, wie die Aufnahme einiger Erwarmungs- und Abkuhlungskurven zeigte.

Die Erk larung fur das Auftreten der Mischkristalle K3: Zu einer Erkltung fur das Auftreten der eigentumlichen Mischkristalle K, , welche keiner der Modifikationen der beiden Salze angehoren, gelangt man bei Betrachtung der Anderungen in den Bodenkorpern unter Druck. Kaliumnitrat hat auf3er den beiden f i i r gewohnlich auf- tretenden Modifikationen eine dritte Modifikation, die sioh bildet bei

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115 at Druck und 128,3O. Diese Temperatur wurde von BRIDGMAN~) bestimmt. Die dritte Modifikation ist bereits vorher erwahnt worden von JANECKE~). Von & A ~ E K ~ ) wurde festgestellt, daB feuchtes Kaliumnitrat bereits bei einem niederen Druck von 82 at die dritte Modifikation bildet. WALLERANT~) fand e k e instabile Form bei Ab- kiihlung unter dem Tripelpunkt bis 114O. Das Zustandsbild, wie es

A

Fig. 5. Veriinderung des Zustandsbildes mit wachsendem Druck

die Fig. 3 darstellt und in der Fig. 5 noch einmal ohne die Angaben uber die Mutterlaugen wiedergegeben ist, muB sich andern, wenn der Druck iiber 115 a t steigt. In dem Falle mu13 sich zwischen die Modi- fikation K , und K , eine dritte Modifikation schieben. Von dieser kann ohne weiteres angenommen werden, daB sie ebenfalls wie K,

l) P. W. BRIDGMAN, Roc. Am. Acad. 51 (1916), 604. 2, E. JANE=, Z. phys. Chem. 90 (1915), 290. 3, F. C. KRABEE, Journ. of physical. Chem. 34 (1930), 240. 4, E. WALLERANT, Bull. SOC. fr. min. 28 (1905), 310,

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und K , Mischkristalle mit Ammoniumnitrat bildet. ES ergibt sich SO

ganz zwanglos die Erklarung, da13 die sich bildenden Mischkristalle der unter Druck bestandigen Modifikation von Kaliumnitrat identisch sind mit den Mischkristallen K3 in dem Zustandsdiagramm der beiden Nitrate. In der Fig. 5 ist auf der linken Seite angedeutet worden, in Pielcher Art sich das Gebiet der Mischkristalle X3 ausdehnen wird, wenn der Druck steigt. Das Gleichgewicht zwischen den drei Misch- kristallen K,, K, und K 3 , das bei gewohnlichem Druck bei 138O be- stebt (e, L, f>, bewegt sich mit steigendem Druck in der Darstellung immer mehr zu dern Punkte, der bei Anwesenheit aller drei Modi- fikationen des Kaliumnitrats bei 127,70 (nach BRIDGMAN) vorhanden ist. Diese Temperatur wird erreicht bei trockenem Kalinitrat bei 115 Atm. und bei feuchtem Kalinitrat bei 82 Atm. Bei diesen Drucken mu13 auch auf der Kalinitratseite ein Gebiet fur die dritte Modifikation auftreten. Auf der linken Seite der Figur ist dieses in seiner ungefahren Form angegeben worden. Jetzt ist das ganze Zu- standsbild fur die beiden Nitrate derart, daB samtliche auftretenden Bodenkorper Mischkristalle darstellen, die im Grenzfall zu den reinen Salsen fuhren. Es hat durchaus nichts Befremdendes mehr und ahnelt zum Beispiel dem System Kaliumnitrat-Thalliumnitrat. Auch die Er- hohung der Umwandlungstemperatur, die man bei Mischkristallen haufig beobachtet, hat nichts Sonderbares. Auch auf der Ammonium- nitratseite tritt bei wachsendem Druck eine Veranderung der Boden- korper insofern ein, als das Feld der Modifikation N , allmahlich zu einem Punkt zusammenschrumpft und schlieBlich ganz verschwindet. Die Figur zeigt zwei Zustande dieser Veriinderung. Zwischendurch muI3te ein interessanter invarianter Punkt auftreten, gebunden an eine bestimmte Temperatur und einen bestimmten Druck, in dem die drei Modifikationen N , , N z und N3 mit K3 im Gleichgewicht stehen.

fiber die Mischkristalle des Ammonium-Kaliumnitrats hat WALLERANT Versuche gemacht, indem er die Veriinderung der opti- schen Eigenschaften mit der Zusammensetzung festste1lte.l) Er beob- achtete auch eine Veranderung bei 104O beim Abkuhlen zusammen- geschmolzener Gemische infolge der naoh uneeren Versuchen bei l l O o auftretenden Modifikation N , .

Zusammenfassung

Das System Ammoniumnitrat-Kaliuitrat-Wasser wurde einer Nachpriifung untemogen und hierbei eine bis dahin nicht beobachtete

l) Compt. rend. 142 (1906), 100, 168.

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Modifikation gefunden, die ebenso wie die ubrigen aus Mischkristallen der beiden Salze besteht. Es wurden sehr genaue Loslichkeitsunter- suchungen gemacht, die Bestimmung yon Bodenkorper und Mutter- lauge durchgefiihrt und aul3erdem AbkuhIungskurven geschmolaener Gemische aufgenommen. Diese Ergebnisse wurden in zwei Figuren niedergelegt. Die eine bezieht sich auf die Mischungsverhiiltnisse der beiden Salze in den Bodenkorpern und den Zweisalzlosungen, die andere auf die Darstellung des Wassergehalts der Zweisalzlosungen in bezug auf die Temperatur. Die Mischkristalle ( K J , welche bisher nicht beobachtet wurden, finden eine einfache Erkliirung durch die Untersuchung des Verhaltens von Kaliumnitrat unter Druck. Sie sind Mischkristalle nach einer Form des Kaliumnitrats, die fur sich bei einem Druck von 115 at auftritt.

Oppau, Porschungslaboratorium der I. G. Farbenindustrie.

Bei der Redaktion eingegengen am 29. April 1932.