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93 6. Uber das ultrccrote Absorptiorbsspektm CEe.1. Koh.Zer&sdure in seiu&er Abhlingdykeit vom DrucE; von Cleinens Schaefer. Uber die Absorption der KohlensPure liegt bereits eine groBe Zahl von Experimentaluntersuchungen vor, die sich zum groBeren Teile auf Qesamtstrahlung l), zum kleineren auf spektral zerlegtes Iicht beziehen. Was die letzteren angeht, so entdeckten Angstriim2) die beiden Absorptionsstreifen bei 2,7 y und 4,4 p, Rubens und Aschkinass3) denjenigen bei 14,7 y. AuBerdem liegen noch die sorgfdltigen Untersuchungen von F. Pas c hen 4, vor, auf die spater noch zuruckzukommen sein wird. Von den Untersuchungen iiber die Gesamtabsorption der strahlenden Warme durch Kohlensaure sei besonders die Arbeit von Koch')) hervorgehoben, in der auf Veranlassung von Angstrbm untersucht wurde, ob VergroBerung der Schicht- dicke bei unverandertem Druck und VergrbBerung des Druckes bei unveranderter Schichtdicke den gleichen EinfluB auf die Absorption haben. Falls diese Frage bejaht wird, bedeutet dies nichts anderes, als daS nur die Anzahl der vorhandenen Molekule - ohne Riicksicht auf ihren in beiden Filllen ver- schiedenen physikalischen Zustand - fur die Absorption ma8- gebend ist. __~ ~ . 1) R. Franz, Pogg. Ann. 94. p. 337. 1855; G. Magnus, Pogg. Ann. 112. p. 514. 1861; John Tyndall, Contributions to molecular Physics . . . of Radiant Reat 1872; E. Lecher u. Pernter, Wied. Ann. 12. p. 180. 1881; E. Lecher, Wied. Ann. 16. p. 441. 1882; W.C. RSntgen, Wied. Ann. 23. p. 259. 1884; J. E. Keeler, Amer. Journ. of Science 28. p. 190. 1884; K. Angstrijm, Wied. Ann. 39. p. 267. 1890; F. Kurlbaum, Wied. Ant 61. p. 417. 1897; Sv. Arrhenius, Ann. de Phys. 4. p. 690. 1901; K. Angstram, Ann. d. Phys. 6. p. 163. 1901. 2) K. %ngstrom, ofversigt af k. Vetonsk. Akad. F6rh. 47. p. 331. 1890; Phys. Revue 1. p. 325. 1892. 3) H. Rubens u. E. Asolikinass, Wied. Ann. 64. p. 584. 1898. 4) F. Paschen, Wied. Ann. 51. p. 23. 1894; 62. p. 221. 1894. 5) J. Koch, Ofversigt at' K. Vetensk. Akad. Forh. 68. p. 331. 1901.

Über das ultrarote Absorptionsspektrum der Kohlensäure in seiner Abhängigkeit vom Druck

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6. Uber das ultrccrote Absorptiorbsspektm CEe.1. Koh.Zer&sdure in seiu&er Abhlingdykeit vom DrucE;

von Cle inens S c h a e f e r .

Uber die Absorption der KohlensPure liegt bereits eine groBe Zahl von Experimentaluntersuchungen vor, die sich zum groBeren Teile auf Qesamtstrahlung l), zum kleineren auf spektral zerlegtes I icht beziehen.

Was die letzteren angeht, so entdeckten Angstriim2) die beiden Absorptionsstreifen bei 2,7 y und 4,4 p, R u b e n s und Aschkinass3) denjenigen bei 14,7 y. AuBerdem liegen noch die sorgfdltigen Untersuchungen von F. Pas c h e n 4, vor, auf die spater noch zuruckzukommen sein wird.

Von den Untersuchungen iiber die Gesamtabsorption der strahlenden Warme durch Kohlensaure sei besonders die Arbeit von Koch ' ) ) hervorgehoben, in der auf Veranlassung von Angs t rbm untersucht wurde, ob VergroBerung der Schicht- dicke bei unverandertem Druck und VergrbBerung des Druckes bei unveranderter Schichtdicke den gleichen EinfluB auf die Absorption haben. Falls diese Frage bejaht wird, bedeutet dies nichts anderes, als daS nur die Anzahl der vorhandenen Molekule - ohne Riicksicht auf ihren in beiden Filllen ver- schiedenen physikalischen Zustand - fur die Absorption ma8- gebend ist. _ _ ~ ~ .

1) R. Franz , Pogg. Ann. 94. p. 337. 1855; G. Magnus, Pogg. Ann. 112. p. 514. 1861; John T y n d a l l , Contributions to molecular Physics . . . of Radiant Reat 1872; E. Lecher u. Pernter , Wied. Ann. 12. p. 180. 1881; E. L e c h e r , Wied. Ann. 16. p. 441. 1882; W.C. RSntgen, Wied. Ann. 23. p. 259. 1884; J. E. Keeler , Amer. Journ. of Science 28. p. 190. 1884; K. Angstrijm, Wied. Ann. 39. p. 267. 1890; F. Kurlbaum, Wied. A n t 61. p. 417. 1897; Sv. Arrhenius, Ann. de Phys. 4. p. 690. 1901; K. Angstram, Ann. d. Phys. 6. p. 163. 1901.

2) K. %ngstrom, ofversigt af k. Vetonsk. Akad. F6rh. 47. p. 331. 1890; Phys. Revue 1. p. 325. 1892.

3) H. R u b e n s u. E. Asol ikinass , Wied. Ann. 64. p. 584. 1898. 4) F. Paschen, Wied. Ann. 51. p. 23. 1894; 62. p. 221. 1894. 5) J. Koch, Ofversigt at' K. Vetensk. Akad. Forh. 68. p. 331. 1901.

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94 C'lemens Schaefer.

DaB diese Anschauung fur kleine Schichtdicken uiid ge- ringe Drucke richtig i s t , kann man wolil ohue weiteres zugeben; allein es ist sehr unwahrscheinlich, daW diese Ge- setzmaBigkeit eine allgemeine Geltung haben sollte. Denn die Gase befinden sich in den beiden Fiilleii in ganz ver- schieclenen Umstiinden: dem grii/3eren Drucli entspricht eiii kleirierer Abstand der Molekule. Wenn man sicli auf deli elektromagnetischen Standpunkt stellt, so ist es als sicher an- zuuehmen , claB die gegenseitige Beeinflussung cler als Reso- natoren fungierenden Molekule im letztereii Falle anders aus- fallt a1s im ersten. Auch hat schon A n g s t r o m darauf aufmerksam gemacht, claW iiach dieser Anschauung clas Ab- sorptionsspektrum fur die E'lussigkeit mit dem cles Dampfes iibereinstimmen sollte. Nun habea zwar in cler Tat die Spektren der Fliissigkeiten groSe ..&hnlichkeiten mit denen ihrer Diimpfe - was gerade den ScliluB nahelegt, daB es dieselben Teilchen hier wie dort sind, clie die Absorption be- wirken -, aber sie siucl Beineswegs iclentisch. l)

Die ersten Versuche zur Kntscheidung dieser Frage hat Angs t rom selbst in der genaniiten Abhandlung gemacht. E;r benutzte zwei Rohren, die eine von 6 cm, die andere von 12 cm Lange, und beobachtete die Bbsorption durch das in beide Rohren eingeschlossene Gas, wenn in beiden Fallen die Gesamtzahl der Molekule sich nicht Hnderte, d. h. wenn die kiirzere Riifire Gas von doppeltem Druck enthielt, wie die langere Rohre. lndessen waren seine Resultate ,,negativ, oder mindestens unsicher".

Spater hat Koch in seiner schoii zitierten Arbeit die Vermutung Angs t roms, daB bei gr8Berem Druck auch groBere Absorption eintritt , durch Benutzung einer ahnlichen, aber verbesserten Anordnung wahrscheinlich gemacht.

Aus den angefuhrten Untersuchungen hat sich als wahr- scheinlich also das Resultat ergeben, daB die Absorption nicht allein von der Anzahl der absorbierenden Molekiile, sonderii auch von dem physikalischen Zustand derselben abhangig ist.

Woher dieser Unterschied kommt, daruber gibt die schon genannte Untersuchung Paschens2 ) einen Fingerzeig. Er

1) K. Angstri im, 1. c.; F. Paschen, 1. c. 2) F. Paschen, Wied. Ann. 61. p.84. 1894.

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Das ultrarote Absorptionsspektrum der Kohlensaure etc. 95

findet, daB bei VergroBerung der Schichtdicke die Breite des Absorptionsstreifens sich nicht andert , und er bemerkt dazu, da6 dieses Resultat nicht ohne weiteres fiir die Gasdtchte gelte; in einer Note an derselben Stelle hei6t es: ,,DieKohlensaure der Zimmerluft steht unter einem Partialdruck von ca. l/looo Atm. Es mag dies der Gruncl sein, weshalb die Breite des Absorp- tionsstreifens fur sie ein wen<q'schmaZer war" (namlich im Ver- gleich mit Kohlensaure, die unter dem Drucke von 1 Atm. stand).

I n der vorliegenden Untersuchung habe ich versucht, die Verbreiterung der Streifen mit wachsendem Druck nachzu- weisen; das positive Ergebnis derselben gestattet unter anderem eine Kritik der von A r r h e n i u s zur Stutze seiner Theorie der Eiszeit angestellten Versuche; auBerdem ist noch bei einigen anderen strittigen Punkten eine Entscheidung moglich gewesen.

Die allgemeine Versuchsanordnung war , folgende : Von der Lichtquelle A (vgl. Fig. 1) werden die Strahlen durch den

TER

Fig. 1.

vorderseitig versilberten Hohlspiegel S, parallel "gemacht und durchsetzen dann der Reihe nach das Diaphragma D, das AbsorptionsgetaB, von dem unten weiter die Rede sein wird, und das Diaphragma a,; darauf fallen sie auf den Hohl- spiegel S,, der auf den Spalt des Spektrometers ejn reelles Bild der Lichtquelle entwirft. Das Spektrometer (von Schmid t & Haensch) war mit Spiegeleinrichtung (8, und 8,) versehen und wurde in der bekannten Weise justiert.

Die Beobachtung der strahlenden Energie geschah mit Hilfe einer R u bensschen Thermosiiule. Durch eine Anzahl

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96 Clemens Schaefer.

rechteckiger Diaphragmen, deren schmalstes sich in unmittel- barer Nahe der Thermosaule befand und 0,6mm breit war, wurden die 15 in einer geraden Linie angeordneten ungerad- zahligen Lotstellen ausgeblendet. Die Temperaturempfindlich- keit l) der Thermosaule betragt 800. 10-6Volt pro Celsiusgrad; der gesamte Widerstand des Stromkreises (Thermosaule + Gal- vanometer) betrug ca. 15 Ohm, die Stromempfindlichkeit des Galvanometers angenahert 5.10-10 Amp. Also entspricht einem Galvanometerausschlag von 1 mm eine Tsmperatur- erhohung der bestrahlten Lotstellen von 1 . 10-6 Celsiusgraden.

Leider war die Ruhelage des benutzten Galvanometers infolge von magnetischen und mechanischen Storungen nicht sehr gunstig, so daB eine groSe Anzahl von Einzelbeobach- tungen gemacht werden muate; besonders fur die Absorptions- messungen , bei denen die Konstanz der Lichtquelle wahrend einer Versuchsreihe die Voraussetzung bildet , war dies ein betrachtlicher Nachteil. Nach mehreren Vorversuchen benutzte icli schlieBlich eine Nernstlampe (kleineres Model1 der A.E.G. fur 110 Volt Spannung), die allen Anforderungen genugte.

Das Prisma war ein Steinsalzprisma von 60° brechendem Winkel. Bei Beginn einer jeden Versuchsreihe wurde die Thermosaule mittels des Okulars so eingestellt, daS die B-Linie in der Minimumstellung auf die Lotstelle fiel. Da nun die B-Linie in der Minimumstellung fixiert wurde, und das Prisms keine automatische &himumeinstellung besaB, so berechnete sich der Austrittswinlrel aus dem Prisma fur Strahlen von der Wellenlange AD (der zugleich der Einfallswinkel fur samtliche Strahlen ist) aus der bekannten Oleichung

i = arc sin (ni~sin rp/2),

worin unter y der brechende Winkel des Prismas, unter nD der Brechungsexponent der Natriumlinie und unter i der Ein- fallswinkel zu verstehen ist. Nun besteht zwischen letzterem, dem Austrittswinkel i', dem brechenden Winkel und dem Brechungsexponenten n fur eine beliebige Wellenlange die Beziehun g :

i' = arc sin (sin y

1 ) H. Rubens u. E. Aschkinass , Wied. Ann. 64. p. 590. 1898.

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Das ultrarote Absorptionsspektrum der Kohlensaure etc. 97

Nach dieser Formel war i' mit Hilfe der Dispersionsbestim- mungen von H. R u b e n s und A. Trowbr idge l ) als Funktion der Wellenlange berechnet und graphisch dargestellt worden. Als Abszissen dieser Kurve wurden die Wellenlatigen, als Ordi- iiaten die GrOBen (i-i') aufgetragen, d. h. die Ablenkung von der in Minimumstellung befindlichen B - Linie an gerechnet; dies ist auch im folgenden immer unter Ablenkung verstanden.

Die Kohlensaure wurde in einem starken eisernen Rohr von 50 mm augerem, 33 mm iiinerem Durchmesser einge- schlossen. Die innere Rohrwand war stark oxydiert, urn die Refiexion von Warmestrahlen moglichst auszuschlieBen. Auf die Enden des Rohres konnten starke Kappen aus Eisen auf- geschraubt werden, welche eine Bohrung von 32 mm Durch- messer besagen. Durch die Kappen und zwischengelegte Lederringe wurden Messingringe, die in der Mitte Steinsalz- platten von l c m Dicke und 3cm Durchmesser eingekittet hielten, gegen die gut geschliffenen Rohrenden gepreBt. Das Rohr wahr mit drei Hahnen versehen, von denen der eine zu einem Manometer (a), der zweite zu einer Kohlensaurebombe, und der dritte zu einer Luftpumpe fiihrte.

Die Messungen wurden nach dem Vorgange P a s c h e n s in der Weise ausgefiihrt , daB Energiekurven aufgenommen wurden, und zwar einmal wenn das Absorptionsrohr rnit Luft, das andere Ma1 mit Kohlensaure von bestimmtem Drucke ge- fiillt war; zur Kontrolle der Konstanz der Warmequelle wurde dann noch eine dritte Beobachtungsreihe unter denselben Be- dingungen wie die erste angestellt. Nun enthalt aber die Luft gleichfalls Kohlensaure, die unter einem Partialdruck von 1/,,,, Atm. steht, und diese winzige Menge genugt bereits, um Absorptionen hervorzurufen , die sich als Diskontinuitaten in der primaren Energiekurve zeigen. Da nun die Dispersion ziemlich gering und die Thermosaule zienilich breit ist, so hat man es keineswegs mit homogenem Licht zu tun. InVerbin- dung mit der starken Absorption der in der atmospharischen Luft vorhandenen CO, bewirkt nun dieser Umstand, daB man die Absorption der Kohlensaure nicht ohne weiteres aus dem Unterschied der beiden Energiekurven herleiten kann , wie

1) H. Rubens u. A. Trowbridge, Wied. Ann. 60. p. 724. 1897.

~~ ~

Annalen der Physik IV. Folge. 16. 7

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98 Clemens Schaef'er.

P a s c h e n gezeigt hat.. Man miiBte zu diesem Zwecke viel- mehr eine Energiekurve als primare zugrunde legen, bei der die absorbierenden Stoffe der Luft beseitigt sind. Wenn man nicht den ganzen Apparat ins Vakuum setzen kann oder will, so bleibt nichts anderes ubrig, als die Diskontinuitaten, die durch die absorbierende Wirkung der CO, der Zimmerluft in der primaren Energiekurve hervorgerufen werden , dadurch fortzuschaffen , da6 man durch graphische Interpolation die Kurve kontinuierlich macht. Uber die Berechtigung dieses Verfahrens vergleiche die Diskussion zwischen P a s c hen und Angstriim.')

Die Einzelbeobachtungen, aus denen sich eine vollstandige Beobachtungsreihe zusammensetzte , wurden im Spektralgebiet von 1-6 p angestellt, und zwar wurde das Spaktrometer von Winkelminute zu Winkelminute verstellt. Wegen der schon oben erwahnten schleohten Ruhelage des Galvanometers muBte bei jeder Spektrometereinstellung aus 7-10 Einzelbeobach- tungen das Mittel genommen werden. Der Zutritt der Strahlung zur Thermosaule wurde durch Aufziehen eines Fallschirmes herbeigefuhrt.

Zur Priifung der Justierung und ersten Orientierung im Spektrum habe ich zunachst die Emissionskurve des Auer- brenners aufgenommen, der in dem fiir die vorliegende Unter- suchung in Betracht kommenden Spektralgebiete die Emissions- maxima des Wasserdampfes bei 2,66 p und der Kohlensaure bei 4,4 p besitzt. Die betreffenden Maxima fanden sich an denselben Stellen des Spektrums, wie bei den Untersuchungen von P a s c h e n , Rubens und Aschkinass .

E:s zeigte sich nun bei den eigentlichen Messungen der Befund P a s c h e n s genau bestatigt. Als in dem Absorptionsrohr Zimmerluft, d. h. CO, von l/looo A t m . Partialdruck enthalten war, zeigte sich bei 2,7 p eine Absorption von im Mittel 22 Proz. und bei 4,4 p von 37,5 Proz.; naturlich war diese Absorption durch die im ganzen Strahlengange befindliche Kohlensiiure hervorgerufen. Wurde dann das Rohr mit Kohlensaure von 1 Atm. Druck gefiillt, so stieg die Absorption auf 28,8 Proz.

1) F. Pasohen, Wied. Ann. 61. p. 9. 1894; 53. p. 287. 1894;

- ~~

K. Sngstri im, Wied. Ann. 62. p. 503. 1894.

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Dad ultrarott Absorplionsspehtrum dm Kohlmiiure stc. 99

bez. auf 62,7 Proz. Wenn nun die Schichtdicke von .60 cm a d 200 cm erhiiht wurde, was in einigen Versuchen geschah, so war keine Anderung der Absorption mit Sicherheit nach- weisbar, so daS der SchluS berechtigt ist, dab eine 50 cm dicke Schicht Kohlensaure die Absorption sozusagen vollstandig be- wirkt hat; wahrscheinlich ist eine noch geringere Schicht dazu ausreichend. Auch zeigt sich hier die oben erwahnte Beob- achtung P a s c h e n s iiber die Streifenbreite bestatigt: bei l/looo Atm. betrug die scheinbare Breite 9' (von 1 O 40' bis lo 49' von der Minimumstellung an gerechnet) bez. 16' (von lo 59' bis 2O15'); dagegen fand ich bei 1 Atm. eine Breite von 14' (von 1O38' bis 1O52') bez. von 21' (von 1°57' bis 2O18'). Dieses Resultat ermutigte dazu, die Versuche bei hoherem Druck fortzusetzen.

Ich habe demgemaf3 in derselben Weise Beobachtungeu angestellt, wenn das Rohr mit Kohlensaure von 1, 2, 3 und 4 Atm. gefullt war. Die groSte Schwierigkeit bei diesen Messungen bestand darin, das Rohr gasdicht zu bekommen. Nachdem Leder- und Qummidichtungen viillig versagt hatten, bewahrte sich sogenanntes ,,Klingerit" sehr gut.

Bei den Messungen- ergab sich nun folgendes Resultat: Bei jeder Druckzunabme fand eine Perbreiterung der beiden

Streifen statt, die schlieblich sogar ineinander iibergingen. Qleichzeitig ging die Maximalabsorption in beiden Fallen be- trachtlich in die Hohe. Burch blope Pergroperung der Schicht- '. dicke bis zu einer Jange von 200 ern1) war weder das eine noch das andere Resultat zu erzielen, vielmehr blieb sowohl die Maximalabsorption bei demselben Wert stehen, den sie bei 50 cm Schichtdicke besab, als auch blieb die Streifenbreite die namliche.

Um die Messungen an einem Beispiele zu zeigen, gebe ich meine Beobachtungen fur den Absorptionsstreifen von 2,7 p in Fig. 2 wieder. Da die verschiedenen Messungsreihen zum Teil mit verschiedener Empfindlichkeit angestellt worden sind, so habe ich sie siimtlich auf die namliche primare Energiekurve

1) Zu diesen Versuchen benutzte ich ein Meesingrohr von der an- gegebenen Lilngc, das zur Vermeidung von Reflexionen geecbwfirzt und mit neun in Abstilnden von 20 cm befindlichen Diaphragmen versehen war.

~ _ _ _ _

Die Enden waren durch Qlimmerplatten verschloeaen. 1*

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100 Cleniens Schaefm.

umgerechnet ; der gestrichelte Teil der primiiren Energiekurve ist durch graphische Interpolation gewonnen, wie oben dargelegt. Aus den der Fig. 2 zugrunde liegenden Zahlen ist die folgende

I"20' 30' 40' 50' ZOO'

Fig. 2.

Tabelle (vgl. p. 102) berechnet; die Zahlen bedeuten die Absorption der CO, in Prozenten der auffallenden Strahlungsintensitiit ; der Kiirze halber bedeutet (CO,), die Absorp- tion der CO, bei n Atm. Druck. Diese Zahlen bedeuten keineswegs die wirklichen Absorptionswerte, weil die LStstellen der Thermosaule eine endliche Breite besitzen; sie sind daher nur fur die benutzte Anordnung maBgebend, und wurden sich bei einem anderen Apparate anders ergeben. Indessen beeiu- trachtigt dieser Umstand nicht die Ziele der vorliegenden Unter- suchung.

Wenn ich diese Zahlen den- noch in extenso wiedergebe, so geschieht es aus dem Grunde, weil es die ersten Absorptionsmessungen bei CO, von hoherem Drucke sind. Fig. 3 stellt diese Tabelle dar.

' Eine am oberen Rande angebrachte Teilung gibt die zu den Ablen- kungen (i - i') gehorigen Wellen- langen in p an. Was nun die Kurven der Fig. 3 lehren, ist folgendes :

1. Man sieht deutlich, da6 mit hoherem Druck eine Verbrei- terung der Streifen und eine Ver- groBerung der Maximalabsorption eintritt. Andererseits zeigen die

Beobacbtungen Paschens , sowie meine eigenen, da6 beides bei VergroBerung der Schichtdicke nicht der Fall ist. Daraus ergibt

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Bas ultraro fe Absorptionsspektrum der Kohlensaure etc. 101

sich nun das Resultat, daS es bei der Absorption eines Gases nicht allein .auf die Anzahl der absorbierenden Molektile, sondern auch auf ihre Dichte pro Volumeneinheit ankommt. Dies ist in bestem Einklange mit siimtlichen bisherigen Kenntnissen uber die Absorption im sichtbaren Bebiet. Nachdem die vor-

1 O z 0 ' 30' 40' 50' 2%' 16' 20' 30' 40'

Fig. 3.

liegende Arbeit bereits im wesentlichen abgeschlossen war, hat P l a n c k l) aus seiner Theorie der Dispersion und Absorption dieselbe Folgerung gezogen. Seine Untersuchungen fiihren ihn zu dem Resultat, daS big zu einer gewissen sehr kleinen Dichte VergroEerung der Schichtdicke und des Druckes ein- ander ilquivalent sind, sobald aber die Dichte weiter steigt,

1) M. Planck, Sitzungeber. d. k. b a d . d. Wiseenach. m Berlin 1909. I. p. 480ff.

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102 Clemens Schaefm.

l o 27' 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

46 41 48 49 50 51 52 53 54 66 56 67 58 69

0

378 7,5 13,6 15,8 22

18,3 13,3

392 0

0

___-

(CO,), .-

0 2

435 6,s 12,s 21,2 25,s 2a,8 erst- 27,8 23,5 13,l

597

385 194 0

0 2

497

0

095

0,s

1,s 2 4 6 9 14 20 26 29 35

aximum b 33,6 29 22,8

892

193 3

594 825

13,3

4

10 12 14,5 15,3

0 1

1,5

235

2

4 5 7

9,5 15 20 26 32 35,5

297 P. 40

39 35,2 28,6 16,6

998 6,5

594

3

8 10 13 14 17,4 18,8

(CO*),V -~

0 1 2 3 3 4 5 6 8 10 13 15 20 25 32 37 41,5 44

43 39 34 29 18 11 6 8 11 12,5 16 18 21 26

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20 0' 1 2 s 4 5 6 7 8

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 sa

~~

2,s 598 16,l 2 r

495 812 20,2 28 32,5 995 13,5 26,5 33,3 36 11,6 17 31,4 36,8 43,5 17 22,6 41 45,8 51 21,3 26,s 49 57,5 60 28,s 3-45 55 63,6 68 35,5 47,5 64 72,5 76,5 37,5 1 62,7 72,5 I 78,8 81

eweites Maximum bei 4,4 p. 35 61,2 68 76,2 79 29 50 67 72,5 75 21,5 37 61 67,8 72 16,5 so 52,7 61,8 67,5 11,8 20,5 45,5 53,5 62 671 15 37,8 49,5 55 0 11 27,8 45,4 50

8 23,8 41,2 46 3 22,2 35 41 0 12 30 36

7,8 25 33 i 587 22 27 2,5 17,5 24 1 14,5 20 0 12 17,5

995 18,2 7 11 498 e15 295 7 195 5 0 393

1,5 1 0

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104 C I e m m Schaefer.

tritt Verbreiterung des Absorptionsstrei fens nach beiden Seiten hin ein, und zwar eine groBere nach Seite der lbgeren Wellen. DaS diese Asymmetrie der Verbreiterung in meinen Kurven nicht zutage tritt, liegt an einem Umstande, den ich unten weiter besprechen werde.

2. A r r h e n i u s hat die Qesamtabsorption der CO, bei ver- schiedenen Drucken bestimmt; er ging bis zu 7 Atm. bei 50 cm Schichtdicke. Seine Resultate zeigen eine mit der Kohlensiiure- menge, d. h. bei seinen Versuchen mit dem Bruck KontinuierZich steigende Absorption. Dies Ergebnis steht mit dem obigen qualitativ - eine quantitative Vergleichung ist durch die Ver- schiedenheit der Versuchsanordnungen ausgeschlossen - im Einklange. A r r h e n i u s hat jedoch aus seinen Zahlen den SchluI3 gezogen daS eine Abnahme des Kohlensiiuregehaltes der Erdatmosphare eine starke Temperatursenkung der Erde zur Folge haben miiSte, da infolge der nach seinen Zahlen ver- minderten Absorption eine starkere Ausstrahiung der Erde in den Weltraum stattfindet. Er erblickt in diesem Umstande eine mogliche Ursache der Eiszeit. Inclessen ist nach dem Obigen dieser SchluB nicht erlaubt, da die Kohlensaure der Erdatmosphare sich ja unter dem geringen Drnck von l/looo bis 1/9000 Atm. befindet. Es liegt also dem Schlusse Arrhenius’ die durch die vorliegenden Versuche als falsch erwiesene An- nahme zugrunde, daB Variation der Schichtdicke und des Druckes den gleichen EinfluB auf die Absorption hsben. Damit fallt dieser Erklarungsversuch der Eiszeit zusammen , denn Anderungen des C0,-Gehaltes haben uberhaupt keinen EinfluB auf die Erdtemperatur, solange die Abnahme der Kohlensiiure unter 80 Pror. der bisirerigen Menge bleibt.’) - Die Versnche Arrhcnius’ bilden also zwar eine schatzenswerte Erganzung des Beobachtungsmateriales, beweisen aber fih die vorliegende Frage nichts.

3. Angstrom 7 hat kiirzlich - nachdem er GUher die entgegengesetzte Ansicht vertreten hat - seinen Standpunkt dahin prazisiert , daI3 die Absorptionsstreifen der Kohlensiiure ein kontinuierliches Band bilden, und nicht, wie es die Beob-

1) Ich 2) K . ingatr6m, Ofvereigt sf K. Vetenek. Akad. FSrh. p. 887. 1901.

edenke dies an snderer Stelle ausfiihrlich w beenden.

Page 13: Über das ultrarote Absorptionsspektrum der Kohlensäure in seiner Abhängigkeit vom Druck

B a s ultrarote Absorptionsspektrum der Kohlensaure etc. 105

achtungen Lang leys zu fordern scheinen, aus einer groSen Anzahl feiner Linien bestehen. Falls diese feinen Linien tat- sachlich existieren, so kann man mit gewohnlichen Mitteln dieselben nicht finden, da der Bolometerstreifen zu breit ist; man miBt uberall nur Mittelwerte der Absorption. Nun spricht allerdings der Umstand, daS man bei VergroSerung der Schicht- dicke niemals die Absorption 100 Proz. erhalt, auf den ersten Anschein direkt zugunsten der Annahme der feinen Linien. Indessen ware ein solcher SchluS, wie Paschen gezeigt hat, nicht biindig; denn da nur einmalige spektrale Zerlegung an- gewendet ist, hat man auSer der Wellenlihge, die man messen will, immer noch ,,falschesg' Licht auf dem Bolometerstreifen, das durch diffuse Reflexion etc. an den Wanden des Prismas entstanden ist. Dieses ,,falsche Licht" konnte unter Umstanden ganz wohl einen Betrag von 50 Proz. erreichen. Ein strikter Beweis fur die Existenz der feinen Linien wird dagegen ge- liefert durch die Beobachtungen unter hoherem Druck; denn in diesem Fall verbreitern sich die Streifen und die Maximal- absorptionen steigen. Das ist durch , ,falsches Licht" nicht mehr erklarbar, denn durch eine Steigerung des Druckes konnte dies nicht weggeschafft werden. Umgekehrt erkliiren sich beide Tatsachen durch das Breiterwerden der feinen Linien.

Dies ist auch der Grund, weshalb die von der P l a n c k - schen Theorie geforderte Asymmetrie der Verbreiterung nicht in die Erscheinung tritt; das Bolometer zeigt eben direkt die feinen Linien liberhaupt nicht an.

Bres lau , den 12. November 1904.

(Emgegangen 20. November 1904.)