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Ueber die Beurtheilung yon Glasgef~issen zu chemischem Gebrauche. 1)ie Einwirkung yon Wasser auf Glasl). Yon F. ~Iylius und F. Foerster. A. I]inleitung. W~ihrend das Glas dem Laien als eine dureh Luft und Wasser unver~nderliche Substanz erseheint, wissen die Chemiker, dass diese Unver~inderliehkeit nicht dauernd ist. Das Glas bedeekt sich an der Atmosph~ire langsam mit einer ¥erwitterungsschicht undes wird in Beriihrung mit Wasser fortdauernd angegriffen, und zwar um so st~irker~ je mehr die Alkalisilieate darin vorwalten. Kali- und Natronwasserglas sind in der That am bekanntesten in der w~issrigen LSsung. Bei manchen analytischen 0perationen sind die Verunreinigungen, welehe die Chemikalien durch die Substanz der Glasgef~sse erleiden, so stSrend~ dass man sich der Platin- oder Porzellanger~thsehaften be- dienen muss. Dies ist jedoch h~ufig zu umst~ndlieh und oft gar nicht durchffihrbar. Da es ein ideales~ gegen die Reagentien v611ig indifferentes Glas nieht gibt, so ist man darauf angewiesen, zu feineren Untersuehungen Ger~ithe aus m 5 g 1 i c h s t g u t e m Glase zu benutzen. Dank den Unter- suchungen hervorragender Forseher sind gegenw~irtig die Prineipien, naeh denen widerstandsf~ihige CTl~iser herzustellen sind, tier Hauptsache nach bekannt. Es ist besonders das ¥erdienst Rudolph Weber's, das ¥erh~ltniss der Zusammensetzung des Glases zu seiner L6sliehkeit aufgekl~trt zu haben. Obwohl, wie die neu erschienenen Untersuehungen 1) Die folgende Experimentaluntersuchung wurde yon den Verf~ssern im Auftrage der Physik~lisch-technischen Reichsans~alt ausgefiihrt und in etwas knaploerer Form bereits in tier Zeitschrift fiir Instrumentenkunde 1891, S. 311 abgedruckt. Fresenius, Zeitschrift f. analyt. Chemie. XXXI. Jahrgang. 16

Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

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Ueber die Beurtheilung yon Glasgef~issen zu chemischem Gebrauche. 1)ie Einwirkung yon Wasser auf Glasl).

Yon

F. ~Iylius und F. Foerster.

A. I]inleitung.

W~ihrend das Glas dem Laien als eine dureh Luft und Wasse r unver~nderliche Substanz erseheint, wissen die Chemiker, dass diese Unver~inderliehkeit nicht dauernd ist. Das Glas bedeekt sich an der Atmosph~ire langsam mit einer ¥erwitterungsschicht u n d e s wird in

Beriihrung mit Wasser fortdauernd angegriffen, und zwar um so st~irker~

je mehr die Alkalisilieate darin vorwalten. Kali- und Natronwasserglas sind in der That am bekanntesten in der w~issrigen LSsung.

Bei manchen analytischen 0perationen sind die Verunreinigungen, welehe die Chemikalien durch die Substanz der Glasgef~sse erleiden, so stSrend~ dass man sich der Platin- oder Porzellanger~thsehaften be-

dienen muss. Dies ist jedoch h~ufig zu umst~ndlieh und oft gar nicht

durchffihrbar. Da es ein ideales~ gegen die Reagentien v611ig indifferentes Glas

nieht gibt, so ist man darauf angewiesen, zu feineren Untersuehungen Ger~ithe aus m 5 g 1 i c h s t g u t e m Glase zu benutzen. Dank den Unter-

suchungen hervorragender Forseher sind gegenw~irtig die Prineipien, naeh denen widerstandsf~ihige CTl~iser herzustellen sind, tier Hauptsache nach bekannt. Es ist besonders das ¥erdienst R u d o l p h W e b e r ' s , das ¥erh~ltniss der Zusammensetzung des Glases zu seiner L6sliehkeit aufgekl~trt zu haben. Obwohl, wie die neu erschienenen Untersuehungen

1) Die folgende Experimentaluntersuchung wurde yon den Verf~ssern im Auftrage der Physik~lisch-technischen Reichsans~alt ausgefiihrt und in etwas knaploerer Form bereits in tier Zeitschrift fiir Instrumentenkunde 1891, S. 311 abgedruckt.

F r e s e n i u s , Zeitschrift f. analyt. Chemie. XXXI. Jahrgang. 16

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2~:2 Mylius und Foers~r: Ueber die Beurtheilung yon

yon W e b e r t) und S a u e r 1) zeigen~ die Arbeiten auf diesem Gebiete noch nicht abgesehlossen sind, weiss man doch, dass es zur Erzeugung guter Gl~ser darauf ankommt, den Alkaligehalt im Glase gent~gend zu

vermindern and das richtige ¥erh~ltniss zwisehen dem Kalk and der Kiesels~iure herzustellen; dem praktisch Erreiehbaren ist aber insofern eine Grenze gesetzt, als mit der Abnahme des Alkaligehaltes die Glas-

sorten schwerer schmelzbar werden and sich immer schwieriger zu Ge-

f~ssen verarbeiten lassen. Es mhge zum Beispiel daran erinnert werden, dass die Glasgef~isse, welehe S t a s 2) zu seinen Atomgewichtsbestimmungen benutzte, nur mit grosser M•he herzustellen waren.

Vielfach ist die Meinung verbreitet, dass besonders widerstands- f~ihige Glasgef~isse aus Bhhmen bezogen werden mfissen. Gegeniiber dem >~Bhhmisehen,, Glase verstand man unter >>Thiiringer<, Glas leichter

sehmelzbare, weniger gute Glassorten. Eine solehe Bezeiehnungsweise, welche in frt~heren Jahrzehnten vielleieht am Platze war, besteht heute nieht mehr zu Recht. Einerseits khnnen nicht alle aus Bhhmen stammen-

den Hohlgl~iser als gute bezeiehnet werden, andererseits gibt es in

Th~ringen and anderen Theilen You Deutschland eine ganze Reihe YOn Glashtitten, deren Fabrikate dem besten bhhmischen Glase an Wider-

standsf~ihigkeit gegen chemisehe Einflasse gleiehkommen. Iqeben diesen existiren im Handel freilieh auch Gef~isse, welehe ihre sehlechte Be- sehaffenheit sehon naeh kurzem Lagern dureh einen diehten Besehlag -con Sodakrystallen verrathen, und welehe man aueh f~ir grhbere chemisehe Arbeiten nicht gern verwenden mhchte.

Die U n t e r s e h e i d u n g y o n g u t e n u n d s c h l e c h t e n G l a s - s o r t e n hat stets besondere Schwierigkeiten gemacht. Die zahlreiehen Glassorten, welche gegenw~rtig zu wissenschaftlichen Ger~then Anwen- dung finden, gehhren verschiedenen Typen an and lassen sich daher

hinsiehtlich ihrer Zusammensetzung nicht mit einander vergleiehen; man unterseheidet Silieatgl~ser, Boratgl~iser, Phosphatgl~iser. Unter den Silieat- gl~sern waren, abgesehen vom Wasserglase, neben den Kalk-und Thon- erdegl~isern die bleihaltigen Gl~ser schon lange im Gebrauch. In neuerer Zeit haben~ dank tier Wirksamkeit des glastechnischen Laboratoriums zu Jena7 aueh Zink, Baryum, Thallium etc. zur Herstellung werthvoller

1) R. Webe r , Sprechsaal 1891 I~r. 14; R. W e b e r und E. Sauer , Bet. d. deutseh, chem. Gesellsch. zu Berlin 25, 70.

2) S tas , Chem. News 17, 1.

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Glasgeffissen zu chemisehem Gebrauche. 243

Gl~ser Verwendung gefunden. Alle diese verschiedenen Glassorten werden

yon chemischen Reagentien bald mehr, bald weniger, aagegriffen, und

in diescm Sinne kann man sie nach ihrer Haltbarkeit in bessere und

schlechtere Glassorten ordnen. Zur Herstellung yon Gef~ssen fiir den • chemischen Gebrauch kommen jedoch fast ausschliesslich die Kalk-Silicat- gl~ser in Betracht und nur yon diesen soll in unserer Mittheilung die Rede sein.

Zur Erkennung der Gtite yon Htittengl~tsern hat sich als q u a l i -

t a t i v e Probe die bekannte Salzs~urereaction yon R u d o l p h W e b e r ~) sehr ntitzlich erwiesen.

Versuche, die Unterschiede in der Angreifbarkeit verschiedener Glas-

:sorten q u a n t i t a t i v und zahlenmitssig auszudrticken, sind schon oft gemacht worden, so yon E m m e r l i n g 2 ) , K r e u s l e r und H e n z o l d 3 ) , Rieth~)~ S c h w a r z ~ ) , S c h o t t 6 ) , W e b e r 7) und auch yon den Ver- fassernS). Bei diesen ¥ersuchen wurden gewShniich die Mengen yon

Glassubstanz dem Gewichte nach bestimmt, welche bei der Bertihrung gleicher Oberfl~chen der Gl~ser mit Wasser und verschiedenen Reagentien bei erh0hter Temperatur in LSsung gingen. Dieser Weg ist sehr um- standlich und ftihrt bei einander nahe stehenden Glassorten nicht immer

zu einem unzweideutigen Ergebniss, da es eines sehr starken Angrifts der Glasoberfl~che bedarf~ um wohl definirbare Mengen der gelSsten Stoffe zu erhalten. Gef~tsse, welche man zu solchen Versuchen verwendet, werden durch den starken Angriff der Oberfl~che nicht selten zerstSrt.

Bei der B e u r t h e i l u n g d e r B r a u c h b a r k e i t y o n G e f ~ s s e n

kommt zwar zun~chst die Beschaffenheit der Glassorte selbst in Betracht, aber man hat hier auch besonders mit der ¥er~nderlichkeit der Ober- fliichen zu rechnen. Die Oberfliichen yon Glasgegenst~nden veri~ndern sich bekanntlich leichL und es ist der Fall mSglich, dass ein C-lasgef~ss ft~r

1) 2)

17, 34. 4) 5) G) 7)

R. W e b e r , D i n g l e r ' s polyt. Journ. 171, 129. E m m e r l i n g , Annal. d. Chem. u. Pharm. 150, 257. K r e u s l e r uncl Henzo ld , Ber. d. deutsch, chem. Gcse]lsch. zu Berlia

R i e t h , Zeitsehr. L Vermessungsw. 16, 297. S c h w a r z , Yerhandl. z. BefSrd. d. Gewerbfl. 1887, S. 204. S e h o t t , Zeitschr. f. Instrumentenkunde 9, 86. R. Weber , Sprechsaal 1891, Nr. 14.

8) M y l i u s und F o e r s t e r , Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. zu Berlin 22, 109°-.

16"

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bestimmte Zwecke zani~chst untauglich ist, naeh lgngerer Benutzung aber daza brauchbar wird. Die Yersuche yon R. F r e s e n i a s i ) , sowie die- jenigen ~on E m m e r 1 i n g 2) zeigen, dass die verschiedenen Reagentien

aus neuen Gefgssen immer grOssere Mengen fester Bestandtheile in LSsung bringen als aus gebrauchten.

Es muss erwtinscht erscheinen, den jedesmaligen Zustand eines

Glasgef~tsses durch eine Prfifang kennen zu lernen, welche keine so tiei greifende ¥eritnderung der 0berfi~che bedingt, wie das andauernde Kochen der Gefftsse mit Wasser.

Die Salzsiiureprobe yon W e b e r l~sst sich ftir diesen Zweck nicht gut verwerthen, da man es mit dem Innern yon Gefiissen za than hat.

Eine Farbenreaction~ welche der eine yon uns frtiher in ¥orschlag gebracht hat, 3) erweist sich bier einigermaassen brauchbar. Die Ge-

fitsse werden eine bestimmte Zeit hindurch mit einer LOsung yon Jodeosin in feuchtem Aether in Bertihrung gelassen; durch die Wirkung der

Glassubstanz auf das in der LSsung enthaltene Wasser wird Alkali ge- bildet, welches eine gquivalente NIenge Jodeosin fixirt. Nach Entfernung

tier LSsung erscheinen die Glasoberfliichen je nach ihrer Beschaffenheit mehr oder weniger roth gefitrbt ; man kann also aus der Farbenintensitgt

einen Schlass auf die Beschaffenheit der 0berfii~che ziehen. Diese Farbreaction, welehe zu ihrer Ausftihrung immerhin einige

Uebung bedarf, eignet sich zu q u a n t i t a t i v e n Bestimmungen in dieser Form nicht. Durch eine Umformung der Reaction ist es jedoch mSglich, quantitativ verwerthbare Bestimmungen zu erhalten. DieUmformung besteht darin~ dass man die Reactionen zwischen Glas, Wasser and iitherischer EosinlSsung nicht gleichzeitig, sondern nach einander vor sich gehen l~tsst; man bringt das Glas w~ihrend einer bestimmten Zeit in Bertihrung mit

Wasser and schiittelt die entstandene L0sung mit ~theriseher Jodeosin- 10sung; die wiissrige Sehicht nimmt dabei um so mehr Eosin auf, je mehr Alkali darin vorhanden ist, und aas der Farbenintensitgt dieser Schicht erfithrt man die ~enge ,con Alkali, welche aas der angegriffenen Glasoberfliiche gel0st wurde. Das Yerfahren erlaubt also die kleinen Mengen alkalischer Stoffe za bestimmen, welehe kaltes Wasser aus dem Glase frei macht. Es unterscheidet sich demnach hinsichtlich seiner

1) Anleitung zur quantitat. Analyse, 6. Aufl. II. S. 797. ~) a. a. O. a) Zeitsehr. f. Instrumentenkunde 9, 80.

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Glasgefiissen zu chemischem Gebrauche. 245

Empfindlichkeit wesentlich yon den frtiher tiblichen gewichtsanalytischen

Methoden der Glasprtifung.

Uebrigens haften dem Verfahren die ¥orztige und die M~tngel aller

colorimetrischen Methoden an; trotz der grossen Empfindlichkeit ist die erreichbare Genauigkeit keine sehr grosse; bei kleinen Werthen kSnnen Fehler bis zu 10 ~ des Gesammtergebnisses vorkommen; es soll aber sogleich noeh an einen anderen wiehtigeren Mangel der Methode erinnert werden. Es wird beabsichtigt, den Angriff zu beurtheilen, welchen Wasser

und neutrale Fliissigkeiten auf das Glas austiben. Bei der vorgeschlagenen

Art der Prtifnng wird die Brauchbarkeit des Gef~sses nur nach den in LSsung gehenden a 1 k a 1 i s e h e n Bestandtheilen (Kali, Natron, Kalk)

benrtheilt; die iibrigen in LSsung gehenden Bestandtheile sind dagegen ausser Acht gelassen. ~un ist bei friiheren Arbeiten 1) gefunden worden, dass das Wasser aus dem Glase zwar vorwiegend Alkali aufnimmt, class a ber auch die Kieselsiiure in der LSsnng niemals ganz fehlt; dieselbe

begleitet das Alkali in um so grSsserer Menge, je hSher die Temperatur der Digestion ist.

Verschiedene Sorten yon Glas geben, je naeh ihrer ~atur und je

nach den Bedingungen der Digestion, mehr oder weniger Kiesels~ure ab; so fanden wir e) nach fiinfsttindigem Kochen yon Glas mit Wasser das moleculare Verh~ltniss yon Alkali zu Kiesels~ure in der LSsung bei

Alkalireichem C~las . . . . . . . . 1 : 0,66 Schlechtem Thtiringer C~las - - 1 : 0 , 2 1

Glas yon T i t t e l & Co . . . . . . . 1 : 0 , 3 7 Glas yon G e h l b e r g . . . . . . . 1 : 0,91 Rheinisehem Fensterglas . . . . . . 1 : 1 Bleikrystallglas . . . . . . . . . 1 : 0,43 J e n n e r Thermometerglas . . . . . . 1 : 0,83 BShmischem C~las yon K a v a l i e r ~ 1 : 1,6 Griinem Flasehenglas . . . . . . . 1 : 1,1

Bei den einzelnen Glassorten entspricht daher der gleichen Menge in LOsung gegangener Alkalien nicht die gleiehe Menge der aufgelSsten Glassubstanz (als Alkali ~-Kiesels~iure gedaeht). Die Vergleiehung der LSslichkeit naeh der geschilderten Methode wfirde daher nieht genau

1) W a r b u r g und l h m o r i , W i e d e m a n n ' s Ann. d. Phys. und Chemic 27, 481; ferner Myl iu s und F o e r s t e r , Ber. d. deutseh, chem. Gescllsch. zu Berlin 22, 1092.

e) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. zu Berlin 22, 1111.

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sein. Bei der Anwendung des k a l t e n Wassers f~llt dieser Umstand jedoch nicht besonders schwer in's Gewicht, da hier, wie wir gefunden haben, fast nur Alkali gelSst wird. Selbst bei dem Wasserglase~ ia

welchem auf 1 Molecfil Iqatron 3 - -4 Molecfile Kiesels~ure kommen~ fanden wir nach neunt~giger Behandlung mit Wasser yon etwa 20 o in

der LSsung auf 1 Molecal bTatron nur 0,32 Molecale Kiesels~ure. Man wird also im Allgemeinen die Menge des yon einem Glase abgegebenen Alkalis als ein Maass far dessen Angreifbarkeit ansehen darfen.

In den letzten Monaten sind auch yon E. P . f e i f f e r 1) und yon F. K o h 1 r a u s c h 2) umfangreiche Arbeiten erschienen, welche das Studium der Wirkung yon Wasser auf Glas zum Gegenstand haben. Die ge-

nannten Autoren lassen, wie es bei unseren ¥ersuchen geschieht, zumeist Wasser yon gewShnlicher Temperatur einwirken und ermitteln dann das

elektrische LeitungsvermSgen der LSsung. Im Wesentlichen wird hier dasselbe erreicht werden wie durch unsere alkalimetrische Bestimmung~ da die Erh5hung des LeitungsvermSgens nahezu proportional dem Ge- halt der LSsung an alkalischen Bestandtheilen ist, und die Leitungsi

vermSgen ~quNalenter Mengen yon Kali- und INatronlSsung sich nur um

etwa 10 ~ unterscheiden. Die grosse Exactheit, mit welcher das elek- trische Leitungsverm5gen einer LSsung bestimmt werden kann, gereicht

der Methode gewiss zum Vortheil. Die yon P f e i f f e r l~ngere Zeit hindurch angestellten Dauerversuche h~tten kaum nach einem anderen ¥erfahren mit der gleichen Genauigkeit und Sicherheit durchgefahrt werden kSnnen. Es besteht jedoch auch bier, noch mehr wie bei dem yon uns "~orgeschlagenen chemischen Yerfahren, der Uebelstand, dass aus

den erhaltenen Werthen nicht die Gesammtsumme der gelSsten Glas- bestandtheile sicher gefolgert werden kann ; K o h 1 r a u s c h schl~gt daher vor, far die LSsung einer jeden einzelnen Glassorte das Yerh~ltniss des gefundenen LeitungsvermOgens zu der Gewichtsmenge der aufgelSsten Glassubstanz ein far allemal zu bestimmen. M~n warde dann bei sp~teren ¥ersuchen mit dem gleichen Glase durch Multiplication mit dem so erhaltenen Factor aus dem LeitungsvermSgen die Summe tier aufgelSsten Glasbestandtheile berechnen kSnnen. K ohl r au s ch selbst macht jedoch darauf aufmerksam, dass diese Factoren je nach den Ver- suchsbedingungen sehr wechseln.

1) E. P f e i f f e r , Wiedemann 's Annalen ~4, 239. 2) F. Koh l rausch , Wiedemann 's Annalen 4~, 577.--Bet. d. deutsch.

them ~. Gesellsch. zu Berlin 24, 3560.

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Glasgef~issen zu chemischem Gebrauche. 247

Der genannte Forseher schliesst sich bei tier vergleiehenden Prfifung

verschiedener Glassorten frtiheren Beobachtern insofern an, aIs er alas Glas in Gestalt m6glichst feiner Pulver auf Wasser einwirken l~sst.

Auf alas Messen der Oberfl~tehen muss hierbei yon vornherein verzichtet werden, und die Pulver versehiedener Glassorten kSnnen, ~vie der Ver- fasser zugibt, ohne dass man es ihnen anmerkt, hinsichtlich der mittleren Gr6sse des Korns nngleieh ausfallen. Wir batten fraher versueht, durch

Anwendung von Sieben zu groben Pulvern yon gleieher Oberfl~tche zu

gelangen, aber selbst bei diesem mahevollen Verfahren gelingt dies auch mit der iiussersten Sorgfalt nieht vollkommen. Aus diesem Grunde haben wir geglaubt, yon tier Anwendung der Glaspulver Abstand nehmen

zu mfissen, namentlich wenn es sich um die ¥ergleiehung einander nahe stehender Glassorten handelt. Es sei uns noch erlaubt darauf hinzu- weisen, dass bei dem Auslaugen feiner Glaspulver die LSsungen gegen-

fiber dem Alkali viel st~trker mit Kiesels~iure beladen werden als dies bei der Bertthrung glatter Oberfllichen mit Wasser der Fall ist. Der Grund dafiir liegt darin, dass in einem mit Wasser durchfeuehteten

Glaspulver sich bald eine e o n e e n t r i r t e AlkalilSsung bildet, welehe grosse Mengen yon Kiesels~ture hydratisirt und zu Wasserglas 15st,

w~thrend in einem mit "Wasser geffillten Gef~tsse die an der Oberfl~ehe der

(}l~ser entstandene coneentrirte Alkalilssung sehr bald dutch Diffussion verdfinnt wird und daher kaum 10send auf die Kiesels~ure einwirkt.

Das Zusammenbaeken der Olaspulver, welches K o h l r a u s e h bei

seinen Versuehen beobaehtet hat, Mngt mit dieser Thatsaehe zusammen. Der Kitt, weleher die einzelnen Glaspartikel des feuehten Bodensatzes vereinigt, besteht aus wasserhaltigem Glase." Wie wir frfiher gezeigt habenl), erh~tlt man die Erseheinung am reinsten, wenn man mit fein gepulvertem Kaliwasserglas arbeitet; dasselbe bildet sic]a, mit Wasser

durehfeuehtet, unter W~irmeentwiekelung sehon naeh wenigen Stunden zu einer homogenen, durehseheinenden, steinharten Masse urn, welehe etwa

50 N Wasser enth~lt und im Wasser viel leiehter 16slieh ist als das wasserfreie Glas. Aueh an einigen kalkhaltigen und kalireiehen Gl~tsern haben wit ~thnliehe Beobaehtungen friiher beschrieben und, wie wir glauben, in ausreiehender Weise erkl~trt.

Wir sind auf diese Erseheinungen hier n~her eingegangen, um zu betonen, dass die Faetoren, welehe man bei unserem Verfahren anwenden

]) Bcr. d. deutseh, chem. Gesellseh. zu Berlin 2~, 1098.

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248 Mylius und Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

miisste, um die Summe der gel0sten Glasbestandtheile zu erhalten, viel niedriger und gleichartiger uusfallen wtirden~ als sie K o h 1 r a u s c h bei seinen Versuchen mit gepulvertem Glase gefunden hat. Bei der Schwierig- keit~ diese Factoren zu bestimmen~ haben wir einstweilen auf die An- wendung derselben verzichtet und zu Yergleichen nur die gefundenen Alkalimengen benutzt. Diese Alkalimengen vermOgen wir aber nach unserem ¥erfahren durch die ihnen ~quivalente Gewichtsmenge Natron auszudrlicken; wit sind aber nicht im Stande, die einzelnen Bestandtheile der LOsung ihrem Gewichte nach festzustellen; wit bestimmen also weniger die L0slichkeit der Gl~ser als deren Angreifbarkeit; ffir letztere aber wird durch die bei unseren ¥ersuchen gefundenen Zahlen und wohl auch durch die Bestimmung des elektrischen LeitungsvermSgens der LSsungen ein unmittelbarer Anhalt gewonnen. Hierbei muss be-. merkt werden~ dass die gleiche Angreifbarkeit mehrerer Glassorten nicht die Abgabe gleicher Gewichtsmengen der Glasbestandtheile be- dingt; es kOnnen beispielsweise ein Kali- und ein Natronglas gleich angreifbar sein, und doch wird die absolute Menge der yon ersterem gelSsten Bestandtheile grSsser sein als yon letzterem, da eben Kali ein hSheres Moleculargewicht besitzt als Natron. Es wird eine Be- urtheilung der Glasgefasse sich bald unter dem einen, bald unter dem anderen Gesiehtspunkte als wt~nschenswerth herausstellen.

Bei unseren ¥ersuchen gingen wir darauf aus, eine sichere Ver- gleichung and Beurtheilung yon GlasgefKssen zu erreichen; daftir war es in erster Linie unerliisslich, im Allgemeinen die Beschaffenheit und die Ver~nderung der 0berfiachen yon Glasgef~issen beim Gebrauch zu studiren. Ueber die Beobaehtungen, welche wir mit Hiilfe unserer Me- rhode bisher gemacht haben~ wird im Nachfolgenden berichtet werden.

Die Frage, ob man im Stande ist, aus der Beschaffenheit der Ober- fl~tche eines geblasenen Glasgef~tsses einen sicheren Schluss auf die Substanz des Glases selbst zu ziehen, bedarf einer eingehenden Priifung, mit der wir noch beschaftigt sind.

B. Die Bestimmung kleiner Mengen yon Alkali mit Hi~lfe von Jodeosin und Aether.

Das aus der Badischen Anilin- und Sodafabrik bezogene Jodeosin oder Erythrosin yon der Zusammensetzung C2ottsJa05 stellt ein ziegel- rothes Pulver vor~ welches sich in verdiinnter AlkalilOsung ohne merk- liche Fluorescenz mit rosenrother Farbe 15st. Das k~ufliche Pr~parat

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enthi~lt als Verunreinigung kleine Mengen fremder Stoffe, deren Alkali-

10sung einen blauvioletten Farbenton zeigt. Die Reinigung geschah dutch Umkrystallisiren des Natronsalzes aus Alkohol und Abscheidung

des Farbstoffes aus der LSsung des Natronsalzes mit Hillfe yon Salz-

saure. Das reine Jodeosin ist wesentlich heller gef~rbt als das kiiuf]iche

Product; es ist fast unl(islich in absolutem Aether, Benzol, Petroleum- ~ther, Chloroform, leichter 15slich in Aceton, in Alkohol und in w~issrigem Aether. Uebers~ttigte LSsungen kann man durch Ausschtitteln yon frisch gef~lltem amorphem Farbstoff mit Aether erhalten. Bei dem Stehen der LSsung lagert sich der tiberschtissige Farbstoff in kleinen, orangegelben Krystallen yon rhombischen Umrissen ab.

Das Jodeosin hat bis jetzt, wie es scheint, keine Anwendung in der Alkalimetrie gefunden; wenn seine Benutzung in der gebr~iuchlichen Weise erfolgt, verh~lt es sich freilich wie ein schlechter Indicator. Ftigt man zu einer Alkalil6sung eine Spur Jodeosin und neutralisirt mit Normalsalzs~iure, so erfolgt der Farbentibergang yon Rosa in Orange- gelb mit unerwtinschter Langsamkeit, und es ist ein entschiedener Ueberschuss yon S~ure nothwendig, um die Reaction zu vollenden. Die Anwendung des Farbstoffes als Indicator wird erst mSglich, wenn man die Titration in einem Schiittelgef~tsse bei Gegenwart yon Aether vor- nimmt. Man kann dann den neutralen Punkt sehr scharf erkennen, da der geringste Uebersehuss yon Siiure beim Schtitteln die anwesende kleine Menge Eosin aus der w~tssrigen in die i~therische Sehicht tibergehen lfisst. Die erstere erscheint dann (fast) farblos.

T i t r a t i o n m i t T a u s e n d s t e l - N o r m a l l S s u n g e n .

Bei der Bestimmung grSsserer Mengen yon Alkali, welche man mit Normal- oder Zehntel-NormallSsungen ausfiihrt, liegt ke in Grund vor, sich des genannten Verfahrens zu bedienen; die Anwendung der gebr~uehlichen Indicatoren in w~ssriger LOsung ist wesentlieh bequemer. Man kann auf dem gew6hnlichen Wege, wie bekannt, Titrationen mit Hundertstel-NormallSsungen noch mit einiger Sicherheit ausfiihren. Hier ist aber auch die Grenze erreicht. Mit Htilfe yon Jodeosin und Aether gelingt aber auch die Titration mit Tausendstel-NormallSsungen noeh mit grosser Sch~rfe. Zur Herstellung yon Tausendstel-Normall6sungen muss man reines, oder wenigstens neutralisirtes Wasser verwenden, weil anderenfalls die aus den gl~tsernen AufDewahrungsgef~ssen des Wassers

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stammenden alkalischen Yerunreinigungen schon wesentlieh stSren. In Gef~ssen aus gutem Glase sind Tausendstel-NormallSsungen einige Zeit haltbar. Die Titration ffihrt man zweekm~ssig in einem StSpselfl~sch-

ehen aus, indem man 50- -100cc der zu untersuehenden w~ssrigen Fl~lssigkeit entspreehend mit 10--20 cc einer ~therischen JodeosinlSsung scht~ttelt, welehe nieht mehr als 2 mg des Farbstoffs im Liter enth~lt.

Eine solehe LSsung, welehe fast farbl0s erseheint, kann leieht dureh ¥erdannen der welter unten zu erw~hnenden ~therisehen EosinlSsung erhalten werden. Ist freies Alkali vorhanden, so erscheint naeh dem

Sehfitteln die untere Schieht rosa gef~rbt, w~hrend sie naeh der :Nan- tralisation dureh S~ure wieder farblos wird. Man vollendet die Titration am besten dureh abermaliges Hinzufagen yon so viel AlkalilSsung, dass

eben eine deutliche Rosaf~rbung eintritt; der kleine Uebersehuss yon etwa 0,2 cc, welcher dies bewirkt hat, ist dann yon der im Ganzen

gebrauchten Menge AlkalilSsung in Abzng zu bringen. Dies ¥erfahren ist aueh anwendbar bei Gegenwart yon Kohiens~ure; man ist daher

zum Beispiel im Stande, mittelst desselben die Alkalinit~t yon Brunnen- wasse~ zu bestimmen.

C o l o r i m e t r i s e h e A l k a l i b e s t i m m u n g .

Die Titration mit Tausendstel-NormallOsungen gestattet noch mit

einiger Sieherheit in 100 cc Wasser die Bestimmung yon Alkalimengen, welche 0,1 mg Na20 gquivalent sind. Far kleinere Nengen gestaltet man zweekm~ssig die obige Methode zu airier eolorimetrischen urn. Eine solehe kann man mit ttttlfe yon Jodeosin auf Grund folgender Thatsachen gewinnen: Schilttelt man eine wgssrige, sehr verdt~nnte AlkalilOsung mit einer ~therischen Eosinl6sung, deren Eosingehalt dem Alkali gegen- fiber im Uebersehuss ist, so fgrbt sieh die AlkalilSsung unter Bildung yon Eosinalkali, je nach der Nenge an vorhandenem Alkali , mehr oder weniger stark rosa. Aus der Intensitgt der erhaltenen Fgrbung kann man also einen Rileksehluss auf die Menge des in der LSsung ent- haltenen Alkalis ziehen. Dazu ist aber nothwendig, dass man in ganz bestimmter Weise arbeitet. Nan hat namentlieh auf die Reinheit des: anzuwendenden Wassers and Eosins, auf den Gehalt der gtherisehen LSsung an Farbstoff und auf die mit einander in Berahrung kommenden Volumina der beiderseitigen Lt}sungen zu aehten. Aueh braucht kaum bemerkt zu werden, dass alle benutzten Gef~tsse aus sehr gutem

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Glasgefassen zu chemischem Gebrauche. 251

Glase sein miissen, damit nicht w~thrend der Operation durch Abgabe yon Alkali ein Fehler in die ]3estimmung eingefiihrt wird.

Die bei dem colorimetrischen Verfahren inne zu haltenden Be- dingungen ergeben sich aus dem V e r h a l t e n des J o d e o s i n s u n d s e i n e r A l k a l i s a l z e zu W a s s e r und A e t h e r .

Das freie Jodeosin ist in reinem Wasser nicht vollkommen unlSs- lieh, sondern 10st sieh darin in geringem ~aasse auf, und zwar mit der- selben Rosaf~trbung, welche die verdtinnte alkalische LOsung zcigt; diese Fi~rbung bleibt sogar noch bestehen, wenn der wfissrigen Eosinl5sung eine kleine Menge S~ure hinzugeftigt wird. Vermuthlich ist der Grund dieser Erscheinung der, dass durch Wasser ein rosa gef~rbtes Eosinhydrat gebildet wird, welches sich mit rother Farbe in Wasser 10st, w~ihrend das gelbe Jodeosin, wie es durch iibersehtissige Siiuren gefiillt wird oder sich in wasserfreien oder wasserarmen L(isungsmitteln auflSst, die wasser- freie Modification des Farbstoffes darstellt, 1)

Da ferner auch bei Gegenwart iiberscht~ssigen Eosins stets nm~ ein neutrales Salz desselben, wie zum Beispiel C.~oHsNa2J40~ entsteht und niemals ein saures, wie sich zeigen liess, so miisste aus der Menge gelSsten Eosins in einfachster Weise sich die Menge des in der LSsung vorhandenen, daran gebundenen Alkalis ergeben. Dies ist jedoeh nicht genau tier Fall.

Es hat sich n~imlich herausgestellt, dass verdtinnte Alkalil(isungen der ~ttherischen EosinlSsung etwas weniger Farbstoff entziehen, als far sie zur ]3ildung des neutralen Salzes erforderlieh w~ire. Wir erkl~iren uns diesen Umstand damit, class auch die neutralen Alkalisalze des Jodeosins in Wasser nicht vOllig best~tndig sind und gem~iss der geringen, yore Wasser ausgetibten Zerlegung eine kleine ~enge yon freiem Eosin an Aether abgeben.

D i e H e r s t e l l u n g d e r zu r c o l o r i m e t r i s c h e n A l k a l i - b e s t i m m u n g e r f o r d e r l i c h e n L S s u n g e n setzt zungchst die Be- schaffung reinen Aethers voraus. Der k~iufliche Aether ist gewShnlich sauer. Die Reinigung geschieht einfach durch Schtitteln mit verdtinnter Natronlauge. Ausser den S~uren werden hierbei auch andere Ver- unreinigungen, zum Beispiel die yon L e g l e r e ) mit so grosser Sorg-

1) Die Erkliirung dieser Erscheinung nach der elektrischen Dissociations- hypothese siehe Zeitschr. f. physikal. Chemie 9, 85.

~) Leg le r , ]~er. d. deutsch, chem. Gesellsch. zu ]3el'lin 18, 3343.

Page 12: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

252 ]~ylius uncl Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

falt untersuchten Tr~ger des Wasserstoffsuperoxyds, entfernt. Der ab-

getrennte Aether wird dann noch einmal mit Wasser gesehfittelt und

tiber Wasser aufbewahrt, da er nur in wasserhaltigem Zustande zur

Anwendung gelangt. Man ist dann leicht im Stande, eine Spur Saure,

welche nach langerer Zeit wieder entstanden ist , dureh Umschfitteln

der IVIisehung zu beseitigen. Die S~urebildung erfolgt tibrigens nur

sehr langsam, sodass sie w~hrend der Dauer einer Operation keinen

:Fehler veranlassen kann. Zur Herstellung der ~ t h e r i s c h e :1 E o s i n -

1 5 s u n g 15st man 0~lg des zerriebenen und bei 100 ° getrockneten

Farbstoffes in 1 l w~tssrigem Aether. Das LSsen erfordert mehrere

Stunden. F~igt man zu der LSsung einige Cubikcentimeter Wasser,

so mtissen diese naeh dem Sehiitteln einen rothen Farbenton annehmen ,

zum Beweise der Abwesenheit yon S~ure. Man braueht ausserdem zur

Ausftihrung der eolorimetrisehen Bestimmungen noch eine a 1 k a l i s c h e

E o s in 15 s u n g. Dieselbe wird hergestellt~ indem man 0,01 g Jodeosin

in einem kleinen Ueberschuss yon ~atronlauge (man braucht 0,24cc

und verwendet zweckm~ssig 0~4 cc Zehntelnormal-~atronlauge) 15st und

die LSsung auf 1 1 mit Wasser verdt~nnt. Dieselbe bleieht mit der Zeit

am Lieht ; sie ist daher in braunen Flaschen an dunklem 0r te aufzu-

bewahren und ist dann monatelang haltbar.

Ffir unsere ¥ersuehe war es, wie sehon bemerkt, unerl~tsslich, class

wir uns n e u t r a 1 e s W a s s e r verschafften. Zur Erreiehung dieses

Ziels wurde ein Destillationsapparat folgender Construction benutzt: Ein

runder Kolben aus Platin yon 200 c e Inhalt ist nach oben zu durch

einen helmartigen Aufsatz mit der Kt~hlsehlange verbunden; dieselbe

besteht ebenfalls aus Platin, sodass das Wasser w~hrend der Destillation

mit keinem anderen Stoffe in Bertihrung kommt. Der Kolben wird

dureh einen Ringbrenner erhitzt. Nach unten zu l~uft das Gef~ss in

ein rechtwinkelig gebogenes Platinrohr aus~ welches an passender Stelle

mit dem ebenfalls reehtwinkelig gebogenen Ausfiussrohre eines Glas-

kolbens durch einen Schliff vereinigt ist. Beide Gef~sse befinden sich

in gleicher t tShe, sodass der ~¥asserstand im Glasgef~sse denjenigen

im Plat ingef~sse anzeigt. Ein fortw~hrendes ZustrSmen yon Wasser

~v~thrend der Destillation wird dureh ein grSsseres M a r i o t t e ' s e h e s

~Gef~ss bewirkt , dessert Ausflussrohr auf dem constant zu haltendea ~iveau miindet. Die Einzelheiten der Anordnung sind aus Fig. 20 (S. 253)

ersichtlich. Der Apparat erlaubt~ wie man sieht, ohne Unterbrechung be-

l iebig grosse Mengen yon Wasser aus kleinem Platingef~sse zu destilliren.

Page 13: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu cbemischem Gebrauche. 253

Wird der Apparat mit >,destillirtem Wasser<< gespeist, so ist das

gewonnene Destillat, wenn es in einem Platingef~ss aufgefangen wird~

zwar frei yon festen Bestandtheilen, enth~lt abet nachweisbare ~engen

yon Ammoniak. Um dasselbe zurQckzuhalten, bedient man sich ge- wShnlich eines kleinen Zusatzes yon freier Schwefelsaure oder yon sauren Sulfaten.

Bei unseren Versuchen haben 0,05 g reine Schwefelsgure voll-

kommen ausgereicht, um die flt~chtigen Basen im Platinapparat zurack-

Fig. 20.

zuhalten, wenn das Destillat mehrere Liter betrug. Das so gewonnene Wasser nimmt nach sehr zahlreichen Versuchen bei der unten zu be- schreibenden Form der colorimetrischen Prafung far 100 cc soviel Eosin auf (0,054 rag), als 5~4~ cc der alkalischen EosinlSsung entspricht.

Es k5nnte der Einwand gemacht werden, dass bei unserem Ver- fahren ein kleiner Theil der Schwefels~ure mit den Wasserd~mpfea abergegangen sei. Diesen Einwand haben wir dadurch zu entkrgftea gesucht, dass wir das mit Schwefelsfture destillirte Wasser in dem gleichen Apparate noch einmal mit reinem Natron destillirten. Wieder-

Page 14: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

254 Mylius and Foerster: Ueber die Beurtheihng yon

holte Yersuche haben ergeben, dass das so gewonnene Wasser ungef~hr

den gleiehen Eosinwerth zeigt, wie das mit Sehwefels~ture destillirte. Die bei der Eosinprtifung erhaltene Fi~rbung entsprach n~mlich im Mittel 5,9 cc der alkalischen EosinlSsung; die Differenz yon 0,5cc, welche bei der Prt~fung der beiderseitigen Destillate zu Tage trat, ent- spricht sehr nahe dem nfittleren Fehler der Methode, sodass man es als bewiesen annehmen darf, dass ein irgendwie nennenswerther Ueber-

gang yon Schwefels~iure oder yon Natron in das Destillat nicht statt- findet; wenn tiberhaupt eine Spur Schwefels~ture mit tibergeht, so betri~gt

dieselbe jedenfalls weniger als ein Hundertmillionstel des Wassers. Auf die Verunreinigungen, welche das Wasser beim Abtropfen aus

der umgebenden Luft aufnimmt, sind wir bisher nicht niiher eingegangen.

Wir mSehten eill Wasser ,neutral,, nennen, welches bei der Eosin-

prtifung nach unserem Yerfahren so gefarbt wird, ~'ie eine Flt~ssigkeit, welehe auf 100 cc 5,65 c c (das Mittel der obigen beiden Bestimmungs- reihen) der alkalischen JodeosinlSsung enth~tlt.

Bei der Ausftihrung der feineren alkalimetrischen Untersuchungen ist es oft uubequem, wenn man das reine Wasser sieh erst dutch Destillation beschaffen soll. Es gentigt meistens, das gewShnliche destil-

lirte Wasser durch Hinzuftigen yon Schwefelsiiure zu neutralisiren, so dass der -Eosiuwerth,~ des neutralen Wassers (5,6--5,7 cc EosinlSsung auf 100 cc Wasser) erreicht wird. Zur Neutralisation "con 1 1 destillirten

Wassers, welches im Glasballon aus der K a h l b a u m ' s c h e n Fabrik ge- liefert w~rd, gehSren 0,2--0,3 m.q Schwefels~iure. Diese Art, sich neu- trales Wasser her~ustellen, hat sich fiir die unten zu bespreehenden Glasprtifungen vortrefflich bew~hrt; es ist aber zu bemerken, dass das Wasser t~tglich auf's Neue neutralisirt werden muss, wei les immer wieder Alkali aus dem gliisernen Aufbewahrungsgef~sse aufnimmt.

Die A u s f t i h r u n g der c o l o r i m e t r i s e h e n B e s t i m m u n g e n gestaltet sich nun am besteu folgendermaassen: In einen kugeligen Scheidetriehter yon etwa 150 cc Inhalt bringt man 100 cc der zu prtifen- den Fliissigkeit~ ftigt 2 0 c c der atherischen EosinlSsung hinzu und schfittelt kr~ftig urn. Dabei vermehrt sich die w~issrige, nunmehr ge- r5thete Schicht dureh Aufnahme yon Aether auf l l0cc . Nach einigen Minuten l~tsst man sie in einen zweiten gteichen Scheidetrichter fliessen und schtittelt sie darin mit 10 cc w~sserigem Aether 7 um den grSssten Theil des beim ersten Aussehtitteln vom Wasser aufgenommenen freien Eosins wieder zu entfernen. Die zum zweiten Mal ausgeschtittelte LSsung

Page 15: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgefassen zu chemischem Gebrauche. 255

sammelt man schliesslich, um sie nun mit einer EosinalkalilSsung yon

bekanntem Gehalte zu vergleiehen. Eine solche VergleichslSsung stellt man sich aus einer Anzahl Cubikcentimeter der oben genannten alkali- sehen JodeosinlOsung durch Verdt~nnen mit Wasser her. Zur Vergleiehung eignen sieh am besten LSsuugen, deren F~rbung 10- -20 cc der Url6sung in 100cc entspricht, und Flassigkeitsschiehten yon 5- -15 cm HShe. Bei dem geringen Umfange dieser Zahlen wird man natfirlich h~tufig in die Lage kommen, die gef~rbte LSsung in geeigneter Weise ver- dannen zu reassert, ttierbei sowohl, wie bei der Abmessung der ¥er- gleichslSsung wird man sich zu erinnern haben, dass die zum Vergleich gelangende Flfissigkeitsmenge l l 0 c c betr~gt. Ftir die Zweeke der Yergleichung hat sieh das W o l f f ' s c h e Colorimeter 1) gut bew~hrt, bei welchem die Einstellung zweier L0sungen auf Farbengleichheit durch Regulirung der SchiehtenhShe erreicht wird.

In Betreff der B e r e c h n u n g de r B e s t i m m u n g e n , welche nach dem eben beschriebenen Verfahren ausgeftihrt werden, wurde bereits erwahnt, dass aus der Rothfarbung der ausgeschfittelten LSsung durch Vergleich mit einer gleich stark gefgrbten LSsung yon eosinsaurem Natron bestimmten Gehaltes auf die in ihr enthaltene Alkalimenge nicht direct geschlossen werden darf. In die wassrige Schicht geht, wie er- wghnt, etwas freies Eosin mit fiber und bleibt auch zum Theil noch darin nach dem zweiten Ausschfitteln mit w~ssrigem Aether; diese Auf- nahme wird aber fiberwogen yon der Abgabe des Eosins an den Aether infolge der hydrolytischen Spaltung der eosinsauren Alkalisalze. Beide Einfltisse Iassen sich nicht berechnen, und es ergibt sich die ~oth- wendigkeit, die aus der beobachteten Rothf~rbung direct bereehnete ~enge Alkali noeh mit einem empirischen Factor zu multiplieiren, um die wirklieh vorhandene Alkalimenge zu ermitteln. Zum Zweck tier Auffindung eines solchen Factors wurde eine Reihe yon Bestimmungen rait weehselnden Mengen einer SodalSsung, welehe 1 , O m g Na.20 im Liter enthielt, durchgeftthrt. Es ergab sich zunachst, dass bei An- wendung aller durch die Empfindlichkeit der Methode gebotenen Sorg- falt unter gleichen Bedingungen auch gleiehe Resultate erhalten wurden; die gefundenen Zahlen zeigen aber, wie kaum anders zu erwarten war, nicht unerhebliche Abweichungen unter einander, welche bis auf 10

1) Vergl. G. H. Xrfiss, Colorimetrie nnd quantitative 8pectralanalyse, Hamburg und Leipzig 1891.

Page 16: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

256 Mylius und Foerster: Ueber die Beurtheihng yon

vom Gesammtwerth sich belaufen kSnnen. Die folgende Tabelle ant- h~tlt die fill" jeden Fall aus einer Reihe yon Einzelbestimmungen ent- nommenen Mittelwerthe ;

• Angewandte Mengen Die beobachtete Farbung Der Fi~rbung wiirden Na~O in Tausendstelmilli- entspricht Cubikcenti, Tausendstelmilligramme

grammen auf 100cc metern EosinlSsung Na20 entsprechen

0

10 15 20 25

40 60 80

100

5,6

14,5 20,5 25 3l 45

66 86

104

6,6 11,0 14,3 18,8 29,1 44,7

59,5 72,8

Man ersieht aus der vorstehenden Uebersicht zun~ehst, dass di~ Zunahme der beobachteten Rothf~trbung ungefiihr den vorhandenen Alkali-

mengen entsprieht. Man findet in der dritten Spalte diejenigen Mengen

yon Natron verzeiehnet, welche anwesend sein milssten, wenn alles Alkali als neutrales eosinsaures Natron vorhanden wiire, wenn also 1 cc der Eosinl6sung der ~tquivalenten Menge Natron, n~mlich 0,00074 mg Na~O entspr~ehe; die Anzahl der hierbei in Rechnung gezogenen Cubikcenti- mater ist die beobachtete, abzilglich der yon reinem Wasser erforderten 5,6cc EosinlSsung, da nur diese Differenz auf das anwesende Alkali zurilckgefiihrt werden kann. Man bemerkt, dass die auf solche Weise. berechneten Alkalimengen sehr anniihernd denselben Bruchtheil der wirklieh vorhandenen, n~mlich im Mittel 72,4: ~ derselben ausmachen. Um nun diese 72,4 Theile auf 100 umzurechnen, muss man sie mit 100

- - 1,38 multipliciren. 72,4

Thatsi~chlieh entsprieht also 1 ccder alkalisehen EosinlSsung:

0,00102 mg :Na20 , 0,00154 ~ K~O~ 0,00056 ~ NH3, 0~00189 ~< CaO.

Page 17: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu chemischem Gebrauche. 257

Ein Beispiel mag das Gesagte erli~utern. In obiger Uebcrsicht finden wir einmal, dass die beobachtete Ffirbung 45 cc EosinlSsung ent- spricht; da der ~)Eosinwerth,, des Wassers allein ~ 5,6 cc ist, so ist die dem Alkali entsprcchende F~rbung 39,4 cc EosinlSsung entsprechend. Wiire alles Alkali als neutrales, eosinsaures Natron vorhanden, so wtirde i cc Eosinlfisung -~- 0,00074 m g Na~O sein ; thats~tchlich entspricht abet 1 cc dem 1,38fachen dieser Alkalimenge, also 0,00102 mg Na~0; also entsprechen 39,4 cc 0,0402 mg N%0; angewandt waren 0,0400 ~g N%0.

In wie welt man in der eben dargelegten Weise zwischen zugesetzten und wiedergefundenen Alkalimengen zu einer Uebereinstimmung gelangt, zeigen folgende Uebersichten:

K a l i

angewandt

15,16 30,32 60,64 90,96

151,6

wiedergefunden

14,2 32,1

58,9 88,3

160,1

A m m o n i a k

angewandt wiedergefunden

10,96 11,4 21,92 20,4 54,84 55,4

Die Zahlen bedeuten Tausendstelmilligramme und zeigen, dass der ftir Natron ermittelte Factor auch fiir Kali und Ammoniak genfigend genau ist. Aus Allem aber ergibt sich, dass man nach unserer colori- metrischen Methode noch 0,005 m g Alkali mit einiger Sicherheit zu bestimmen vermag. Auch bei dieser Methode erwies sigh die Anwesen- heit dcr Kohlensliurc als belanglos. Selbst Gin miissiger Ueberschuss dieser Siinre st(irt die zu erhaltenden Resultate nicht.

F r e s e n i u s , Zeitsehrift f. analyt, Chemie. XXXI. Jahrgang. 17

Page 18: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

258 Mylius and Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

C. Anwendung der Methode zur Untersuchung der L~slichkeit des Glases.

In Bezug 'auf die Anwendung der geschilderten Methode ftir die

Prfifung des Glases muss zunachst daran erinnert werden, dass das Jod- eosin mit allen alkalischen Bestandtheilen des Glases, welche an das Wasser abgegeben werden, reagirt, n~mlieh mit Natron, Kali, Kalk (Magnesia and Zinkoxyd). Man vermag daher nicht anzugeben, wie viel yon den e i n z e l n e n Bestandtheilen die LOsung enth~lt. Da die

genannten Stoffe sich aber im Verhiiltniss der Aequivalente in den Eosin-

yerbindungen vertreten~ so vermag man die Summe der alkalischen Be- standtheile durch die ihr ~tquivalente Menge Natron auszudriicken. Man

erh~lt so immer Zahlen, welche direct mit einander vergleichbar sind and welche der Alkalitiit der LSsung entsprechen ohne Riieksicht dar- auf, dutch welche Betandtheile dieselbe bedingt ist. Auch bei den Glassorten, welehe nur Kali enthalten, ist dieser Gebrauch zul~tssig. Mit

demselben Rechte kSnnte man nattirlich die Gesammtalkalinit~t jedesmal durch die ~quivalente Menge Kali ausdriicken.

Als ein praktisches Ziel der Arbeit batten wir uns zuniichst vor-

genommen, das beste im deutsehen Handel befindliehe~ zu chemisehen Ger~ithen verarbeitete Glas herauszufinden. Zu diesem Zwecke wurden yon angesehenen Handlungen aus einer Reihe der wiehtigsten Stadte Deutschlands sowohl Kolben als Flaschen zur vergleichenden Prtifung

dureh die Reichsanstalt bezogen. Die Handlungen waren ersueht worden, die besten ihnen zug~nglichen Glassorten zu liefern und die Htitte an-

zugeben, in welcher die Gefi~sse hergestellt waren. Sowohl die Kolben als die Flaschen hatten einen Rauminhalt yon

250--300 cc; die ersteren waren kugelig, die letzteren eylindrisch, so dass die benetzten Oberfl~tchen sehr angenlihert gemessen werden konnten.

Mit den beiden Gattungen you Gef~ssen wurden folgende ¥ersuche angestellt, aus denen wir uns zun~ichst fiber die Art des Angriffs des Wassers auf die Glasoberfli~chen unter verschiedenen ~usseren Bedingungen unterrichten wollten, um sp~ter daraus die geeignetste Methode zur ¥or- nahme einer Prfifung herzuleiten.

I. Die Kolben und Flaschen wurden durch wiederholtes Ausspiilen mit Wasser 1) yon den anhaftenden Verwitterungsproducten befreit and

1) Wenn yon Wasser die Rede ist, so ist immer neutrales Wasser gemeint.

Page 19: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~issen zu chemischem Gebrauche. 259

sodann 24 Stunden lang mit Wasser yon etwa 20 0 in Beriihrung ge-

lassen. Darauf wurde die Alkalinit~t der L6sung mit Htilfe der Eosin- methode bestimmt und auf die benetzte 0berfiiiche, welche gewShnlich 200- -300 Quadratcentimeter betrug, bezogen. Die Prtifung geschah zum Theil auf colorimetrischem Wege, zum Theil musste, namentlich bei den Flaschen, za dem Titrationsverfahren gegriffen werden. Die angefiihrten Zahlen bedeuten die Menge des yon 100 Quadratcentimeter Oberfi~iche abgegebenen Alkalis, ausgedrtickt in Tausendstel-Milligrammen Natron.

Mehrere Exemplare yon Gef~tssen derselben Sendung gaben uns, ebenso wie bei den sp~iter mitzutheilenden Yersuchsreihen, bei wieder- holten Bestimmungen immer ann~hernd die gleichen Werthe ; die Zahlen beziehen sich also nicht nur auf ein einzelnes Gef~ss, sondern auf das Verhalten der ganzen Lieferung und zeigen zun~chst, ~ie grosse Unter- schiede zwischen C~liisern vorkommen, welche im Handel als gut be- zeichnet werden.

A. Kolben.

Alkali- Bezeichnung abgabe

No. 1 5 , 2 10 . 3 12 ,, 4 14 , 5 25 . 6 53

, 7 66

, 8 66

, 9 83 , 10 309 . 11 435

B. F laschen .

Bezeichnung

No. I I i

I I I

. I V

V

, V I

V I I

, V I I I

. I X

Alkali- abgabe

23 30 31 42 76

189 201 339 498

I I . Die oben bezeichneten Flaschen wurden nach der bereits ge- nannten Behandlung wiederum mit Wasser 24 Stunden lang in Be- rtihrung gelassen, darauf entleert, abermals mit Wasser gefiillt, und diese Behandlung 4 Tage lang fortgesetzt. Bei der jedesmaligen Prtifung der entstandenen LSsung ergab sich das Verhalten des Glases zum Wasser withrend je eines Tages. Sp~tter dauerte die Behandlung der Gef~tsse mit Wasser je eine Woche, woraus man den Durchschnittswerth far einen Tag ableitete. Es ergab sich folgende Uebersicht, in welcher auch die Werthe ftlr den ersten Tag mit verzeichnet sind;

17"

Page 20: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

260 Mylias und Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

A b g a b e y o n A l k a l i a u s 1 0 0 Q u a d r a t c e n t i m e t e r O b e r - f l i~che a n W a s s e r y o n 20 0 w a h r e n d 21 S t u n d e n t a u s g e d r t i c k t

in T a u s e n d s t e l - M i l l i g r a m m e n N a t r o n 1 . )

1.Tag 2. Tag 4. 15. bisl l ,Tag 12.bislS.Tag 19.bis251Tag Nummer Tag Durchschni~t Durchschnitt Durchschnit~t

der Flaschen ffir den Tag ftir den Tag ffir den Tag

I II

I I I IV V

¥ I VII

VIII IX

23 30 31 42 76

189 202 340 499

2,9 6,7 6,8

16 28 53 65

101 111

3,0 4,5 4,4

11 21 16 20 16 53

2,0 1,5 2,6 8,0

15 9

11 9

28

0,66 0,8 1,4 5,2

10,9 6,2 8,8 6,9

22,7

0,25 0,5 2,8 5,3 3,1 4,5 3,9

12,6

Diese Zahlen beweisen, dass die Abgabe alkalischer Bestandtheile,

welche die Glassubstanz erfi~hrt, am ersten Tage ausserordentlich viel grSsser ist als an den folgenden Tagen. Wenn man die an einem Tage abgegebenen Mengen Alkali als Ordinaten, die Zeit der fortlaufenden Behandlung des Glases als Abscissen darstellt, so zeigen alle ftir die einzelnen Glassorten erhaltenen Curven zun~chst einen sehr steilen Ab- fall und erleiden eine scharfe Biegung, yon der aus sie allm~hlich ia die wagerechte Richtung iibergehen. In Fig. 21 (Seite 261) sind der besseren Uebersicht wegen nur wenige dieser Curven verzeichnet.

Es ist yon Wichtigkeit, hervorzuheben~ dass, obwohl die Abgabe

alkalischer Bestandtheile im Laufe der Zeit tiiglich geringer wird~ den- noch sp~ter die Unterschiede zwischen den einzelnen Glassorten noch eben so d~t l ich hervortreten wie am ersten Tage; nur erscheint die Reihenfolge der Glliser bier und da etwas verschoben. Dies tritt be- sonders deutlich hervor, wenn man den Werth far das Glas No. I als Einheit nimmt und die Werthe for die tibrigen Gl~ser darauf bezieht; man erhalt dann:

I) Die Werthe des dritten Tages sind hier nicht mitgetheil~, weil sie mehrere Fehler enthalten.

Page 21: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu chemischem Gebrauche.

~io.. 91.

261

A l k a l i -

h b g a b e 5 0 0 r ' - -

4 0 0

300

2 0 0

l o o

80,

6O

4O

0

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Nummer der Flaschen 1. Tag 12. bis 18. Tag Durchschnitt

I I I

I I I IV V

VI VII

VIII IX

1 1,3 1,3 1,8 3,3 8,2 8,7

14,7 21,6

1 1,2 '2,1 %8

16,5 9,4

13,3 10,4 34,4

Page 22: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

262 Mylius und Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

Die Curven far die einzelnen Glasgefi~sse laufen also nicht alle

parallel, sondern durchschneiden sich bisweilen, wie man an dem Glase V und ¥ I deutlieh sieht.

E. P i e i f f e r hat in der weiter oben citirten Arbeit ¥ersuche mit

einer einzigen Glassorte nach derselben Riehtung ausgeftihrt, hat aber die bier angedeuteten Curven, und zwar bei verschiedenen Temperatnren, viel weiter und sorgf~tltiger verfolgt, als es bei unseren Yersuehen ge-

sehehen ist ; P fei f f e r unterscheidet bei der andauernden Behandlnng yon Glasoberfliiehen mit Wasser yon 200 3 Perioden; zun~chst die Periode

des schnellen Abfalles der LSslichkeit. Dann folgt eine Periode des Sehwankens, welche etwa 60 Tage in Anspruch nimmt; hierbei wurde zuniichst etwa nach 20 Tagen ein Minimum der LSslichkeit erreicht; dieselbe nahm nun allm~hlich wieder Zu, um ein Maximum zu erreichen.

Endlieh trat die dritte Periode ein, in welcher die LSslichkeit constant wnrde; bis znr Darter yon 150 Tagen (wo die Beobachtnngen ab- gebrochen wurden) verlief nun die Cur~e parallel zur Abseissenaxe. Bei

unseren ¥ersuehen haben wir die Periode des Schwankens nicht abge- wartet; nnsere Methode wtirde auch nicht genau genug sein, die feinen yon P f e i f f e r beobachteten Seh~ankungen kenntlich zu machen; die Richtung aber, welehe unsere Curven nehmen, liessen uns wahrnehmen~

was durch P f e i f f e r best~tigt worden is L dass die Abgabe yon Alkali aus der Glasoberfliiehe mit der Digestionsdauer mehr und mehr den Zeiten proportional werde. P f e i f f e r sieht in der Alkaliabgabe bei einer bestimmten Temperatur w~thrend tier Periode der constanten LOslich-

keit eine eharakteristisehe Eigel~schaft der vorliegenden Glassubstanz und setzt voraus, dass die entsprechenden Werthe fiir versehiedene Glas- sorten verschieden sein werden. Unsere soeben mitgetheilten ¥ersuche

weisen darauf hin, dass dies in der That der Fall ist. Naeh iibereinstimmenden Beobachtungen yon Kohlrauseh, P fe i f f e r

und uns wird die ~tusserste Oberfl~che des Glases yon kaltem Wasser wesentlieh leiehter als die darunter liegenden Sehichten ausgelaugt. Diese Thatsache, auf welehe auch schon frtiher yon anderen Seiten hingewiesen wurde, erkliirt P f e i f f e r mit der Annahme, dass die ~usserste Glas- schicht besonders reich an Alkali sei; wir meinen abgr, dieselbe erklart sich ungezwungen aus der ~atur des Glases. Die an der Oberfl~tche liegenden kleinsten Theilchen des Glases werden unmittelbar vom Wasser getroffen and relativ schnell zersetzt. S0bald aber die oberste Schicht ausgelaugt worden ist, hat das Wasser eine schwer durchl~ssige Schieht

Page 23: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu chemischem Gebrauche. 263

yon Calciumsilicat und Kiesels~ure zu durchdringen, bevor es an andere

Glastheile gelangt. Die weitere Zersetzung des Glases ist also yon jetzt

ab durch Diffusionsvorg~nge erschwert. Sehr allm~hlich w~ehst nun die

Dicke der zu durchdringenden Schieht, und demgem~ss nehmen die in

der Zeiteinheit gelSsten Alkalimengen best~ndig, aber immer langsamer

ab~ um sieh einem constanten Grenzwerthe zu n~hern. Die yon P f e i f f e r

beobachteten Schwankungen werden hierdureh freilieh nieht erkl~rt.

Uebrigens handelt es sich bei den yon uns mitgetheilten ¥ersuchen um

ausserordentlieh diinne Schichten des Glases. Unter der ¥oraussetzung,

dass die dureh Wasser angegriffene Schicht auch v~llig ausgelaugt wird,

wiirde man aus dem gelSsten Alkali zu der Sch~tzung kommen, dass

(tie in den ersten 24 Stunden ausgelaugte Sehieht kaum ein zehntausendstel

Millimeter an Dieke erreicht.

Die ¥ersuche yon K o h l r a u s c h best~tigen, wie diejenigen yon

P f e i f f e r , die Richtigkeit unserer in diesem Abschnitte beschriebenen

Beobachtungen. K o h 1 r a u s c h hat eine sehr grose Anzahl versehiedener

Gl~ser hinsichtlich ihrer L~slichkeit mit einander verglichen; bei einigen

Yersuchen findet er, dass der st~rkste Angriff des Wassers auf friseh

gepulvertes Glas schon in der ersten Minute erfolgt, und dass sich nach

12 Stunden erst die doppelte bis vierfache Menge Substanz gelSst hat

wie naeh tier ersten Minute. Dann nimmt die Angreifbarkeit des

Glases immer mehr und mehr ab. Aus K o h l r a u s c h ' s Mittheilung

tr i t t uns jedoch eine yon der unsrigen abweichende Auffassung des

LSsungsprocesses entgegen. K o h 1 r a u s c h finder, dass Glaspulver, welches

mit Wasser behandelt worden ist, nach l~ngerem Absetzen, Abgiessen

der LSsung und Aufgiessen frischen Wassers zun~ehst wieder mehr

Substanz in LSsung gehen l~sst, als man erwarten sollte, dass aber

nach weiterer Digestion unter Umschiitteln die Abgabe schnell geringer

wird. K o h 1 r a u s c h gibt nun folgende Erklttrung : *Man wird dies

vielleicht so auslegen, dass yon den aus dem Glase gelSsten Stoffen ein

Theil im gewShnlichen Sinne in Wasser schwer 15slieh ist und sich also

um so rascher 15st, je welter seine LSsung yon ihrem S~ttigungspunkt entfernt ist; Kiesels~ure und vielleicht Calcium werden bier eine Rolle

spielen. Ein anderer Theil ist aber an sich leicht 15slich, diffundirt

aber nnr ]angsam aus dem Glase heraus, wobei nicht viel darauf an-

kommt, ob reineres Wasser oder eine sehon gebildete GlaslSsung mit

dem Glase in Ber~ihrung steht. Die Alkalien werden bier haupts~ehlich

in Betracht kommen.~ Gegenfiber dieser Auffassung mSchten wir an

Page 24: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

264 hIy]ius und Foerster: Ueber die Beartheilung yon

unsere frtihere Mittheilung ii b e r d i e L 5 s 1 i c h k e i t d e s G 1 a s e s i n

W a s s e r erinnernl), worin wir glauben nachgewiesen zu habell, dass

das Silicat-Glas iiberhaupt keine 15slichen Bestandtheile besitzt (es seien denn Verunreinigungen). Die L6sung der Silicate ist stets bedingt durch eine zun~chst vor sich gehende Zersetzung, bei welcher 15sliches Alkalihydrat (NaOH und K OH) auftritt und ungel~ste Kiesels~ure zu- rtickbleibt; je concentrirter nun die entstehende AlkalilSsung ist, desto

mehr Kiesels~ure wird in den 18sliehen (hydratischen) Zustand iiberge- fiihrt und gelSst. Einige anscheinend auffallige Beobachtungen yon K o h 1 r a u s c h finden durch diese Thatsache ihre Erkl~rung.

So glauben wir zum Beispiel die oben erwahnte Beobachtung damit

erkl~ren zu miissen~ dass dicht auf einander gelagertes durchfeuchtetes

Glaspulver in kiirzerer Zeit durch Wasser zersetzt wird, als wenn es sich im Wasser zerstreut findet, weil die im ersteren Falle entstehende

concentrirte AlkalilSsnng die Kiesels~ure sehr stark angreift, wodurch neue Glastheile blossgelegt werden.

Die bekannten Beobaehtungen yon B u n s e n und yon W a r b u r g tiber die Absorptionserscheinungen an Glasoberfl~chen lassen keinen Zweifel iibrig, dass alle Glasgegenstande yon einer wasserhaltigen Schicht

bedeckt sind, in welcher als Zersetzungsproduet des Glases Alkalihydrat oder -earbonat enthalten ist. Man darf daher yon vornherein annehmen, dass die stattgehabte Verwitterung des Glases auf seine L6sliehkeit dureh

kaltes Wasser nicht ganz ohne Einfluss sein wird. Die Werthe, welche man bei der ersten 2¢sttindigen Einwirkung yon Wasser auf Glasfl~chen

erh~lt, leiden daher in Folge der Verwitterungserscheinungen an einer betrachtlichen Unsicherheit, durch welche die Beurtheilung des Glases sehr erschwert wird. Wenn die Priifung nicht mit ganz frisch geblasenen Gef~ssen angestellt wird, so kSnnen die erhaltenen Zahlen nur als ein ungefahrer Ausdruck fiir die Giite des Glases gelten. Weiter unten wird yon den Verwitterungserscheinnngen noch etwas ausftihrlicher die

Rede sein.

III. Nachdem man sieh eine Vorstellung yon der Wirkungsweise des kalten Wassers auf Glasgegenst~nde gebildet hatte, war es yon Interesse, damit die Wirkung des heissen Wassers zu vergleichen. Zu diesem Zwecke wurden in einer weiteren Versuchsreihe Flaschen yon gleicher Herkunft wie die oben erw~hntea nach und nach je eiue Stunde lung

1) Ber. d. deutsch, chem. Gesellsch. zu Berlin 2~, 1092.

Page 25: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef/~ssen zu chemischem Gebrauzhe. 265

mit Wasser yon 80 ° in Berahrung gelassen; dies geschah in Wasser-

b~dern, welche leicht auf constanter Temperatur zu halten sind; die

Abktihlung geschah mSglichst schnell durch Einstellen der Gef~tsse in

kaltes Wasser. Wegen der Ungenauigkeit mancher Bestimmungen werden hier nur

diBjenigen der 1., 3., 6. nnd 10. Stunde mitgetheilt.

A b g a b e y o n A l k a l i au s 1 0 0 Q u a d r a t c e n t i m e t e r O b e r - f l ~ c h e an W a s s e r y o n 80 ° w a h r e n d e i n e r S t u n d e , a u s g e -

d r t i c k t in T a u s e n d s t e l - M i l l i g r a m m e n N a t r o n .

~umrner 1. Stunde 3. Stunde 6. Stunde 10. Stunde

der Flaschen

I II

I I I IV V

VI VII

VIII IX

60 96 87

267 405 493 271 626 876

I1 32 25 ?

113 zersprungen

144 108 150 185

5,3 25 17 58

81 71

105 148

5,3 23 17 54

58 50 96

125

Eine einstiindige Behandlung der Gl~ser mit Wasser yon 80 o bringt also mehr Alkali in LSsung als eine 24stiindige Behandlung mit kaltom

Wasser. Tr~gt man auch hier wioder die Resultate der Versuche in Bin Coordinatensystem Bin, SO erscheint der Abfall tier einzelnen Curven

nicht so steil wie bei den Parallelversuchen Init kaltem Wasser, weil der Einfluss der ~ussersten Glasschicht gegentlber den grSsseren Mengen gelSster Stoffe mehr zur~icktritt. Auch bier zeigt tier Verlauf der Curven, dass die Menge der in der Zeiteinheit abgegebenen Bestandtheile all- mahlich oiner constanten GrSsse zustrebt. Diese Beobachtung hat schon E m m e r 1 in g 1) gemacht, welcher seine ¥ersuche mit siodendem Wasser 28 Stunden lang fortsetzte. Auch in Fig. 22 (Seite 266) sind unter den schon oben erw/ihnten Gesichtspunkten nur wenige der erhaltenen Curven aufgenommen worden.

IV. Da die Yersuche mit den Flaschen einige weniger genaue Werthe ergeben batten, so wurde noch eine ~hnliche Versuchsreihe mit mehreren

1) E m m e r l i n g , Lieb. Ann. 150, S. 257.

Page 26: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

266 Mylius und Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

rig. 22.

h l k a l i - A b g a b o 1000 , , ' . . . .

| i I I I , I I i

I[ I I I t J i l * i | I I | I i , i i

800 - - , - - - , - - , - - - , - - , - - - - . - - - - , - - - , - - ' ' - - ~[ I i i l : i i i i ] I i t l ~ I t i

~0o - , - - , - - , - - , - - - - , - - , - - , - - ' - - ' - - " , | i I i i i I I II I I I i l I ! " I

~oo - , , - , - - , - - - , - - , - - , - ' ' - - - - ' - - - - ' - - - " J l i I I I I I I I I ~ / I I ! I I I I

500 - , , - , - - , - - - - , - - - - - - - , - - - - ' - - " ' - - - - ' - - - II I I i. t i

400 - - ~ - ~ - + - - - t - - - - + - - - . . t - - - - - - ~ - - - + - - - + - - - - - { - - - . I~ \ , I I I i I I

i\ \ , I ~ I I I I I s o o - ÷ -~ - -~+- - - - 4 - - - - - + - - - - + - - - - - I - - - - - + . - - - . 4 - - - - - ÷ - - - .

k \ ~, ~ I I I I I I

, o o , - I i . ' , L . ~ T ~ i t i i i

~o~ - - +.- - + - --~-~"-'~-= ~" - -~- -*--+-- I L-"--..~ _ ~ '-'~. ~ ~ i , I p..~- i * I I I I I • t I ' ' " I r i r , I

o 1 s s .t - 6 6 ".' s 9 1o S t d

Kolben aus m0glichst verschiedenen Glassorten ausgefahrt und dabei

besonders auf die genaue Regulirung der Temperatur Riicksicht ge- nommen. Die Zusammensetzung der Glassorten is~ welter unten mit-

getheilt.

A b g ~ b e d e r K o l b e n an W a s s e r y o n 800 w i i h r e n d e i n e r S t u n d e , a u s g e d r f i c k t in T a u s e n d s t e l - M i l l i g r a m m e n

N a t r o n .

~ummer ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Kolben ~ ~ ~d ~ ~ ~ ~

2 23 4,4 4,4 4,4 ] 4,2 4,4 3,8 2,9 3,8 3,8 6 137 52 31 25 ] 19 18 17 15 16 16 9 360 129 94 75 69 60 55 54 52 - -

Die iibliche graphische Darstellung der Beobuchtungen ergibt nebenstehendes Bild (Fig. 23, Seite 267).

An den erhaltenen Curven sieht man sehr deutlich~ d~ss bei den guten Gllisern~ sobuld die ~tusserste Schicht ausgelaugt ist, eine leidliche

Page 27: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu chemischem Gehrauche. 267

F i g . 2 3 :

A b g a b e

I ~ I , ~ , , , , i , • i . 1 i ! .

i ~l i I i i 4 i i

4 5 o I I ~ I i ! i i I

l ' ' ' ' ' ' i L 4 0 0 . - - - . - - - , - - - , - - - . - - - - , - - - - ' - - - - . " . . . . .

I | I I i I ~, I i , , i , , t i I

1 I f I I I I I I I I I t I I I

- - I - - - - ~ - - - - - - I - - - 4 - - - - - + - - - - + - - - 4 - - - - - - v - - - - BOO - - - -

• I i I I I I I / l ,~ * l I I , ,

2 . 5 0 I - - - + ~ - - ÷ - - - ~ - - - + - - - ~ - - - - ~ - - - - 4 - - - - ' 1 - - " ~ - - - - I I ~ t , I i i ! I I \ i i t n ~ I l I

2 o o , - - . . - , - . - - . - - , - - - . - - - . - - - - , - - - , - - . - - - - I J \ i , , I i i i / i \ t I I I I I t I

x s o t ' - - i ' - - ~ - - + - - - i , - ' ÷ - - + . - - - ; - - - + - - + - - . / k I',, I i I i i I I I I \ i x , j t I , i I l

1oo l - - + \ - - + - ~ , . ~ - - + - - + - - ÷ - - + - - + - - ~ - - - -

I i " , 4 , I I I 5o F - - . ~ - - T " , ~ - + - - - t - - + - - + - - 4 - . . . . . .

i 2 3 4 6 6 ? 8 9 l o S t d .

Constanz der Alkaliabgabe in der Zeiteinheit vorhanden ist, w~hrend sich dieselbe bei den schlechteren Sorten erst viel spi~ter herausbildet~ Der Grund dafi~r ist offenbar der, dass dureh die bei dem ersten An- griff des Wassers entstehenden coneentrirten Alkalil~isungen wieder ein Theil des ausgelangten Geriistes der Kiesels~ture geiSst wird, und dass. somit eine schtttzende Decke erst entstehen kann, wenn-der Angriff der Oberfiache start dutch verhiiltnism~ssig concentrirte AlkalilOsungen durch reineres Wasser erfolgt.

Die Untersehiede in der Angreifbarkeit der verschiedenen Glassorten wurden dutch die Behandlung der letzteren mit heissem Wasser eben so. wenig abgeschw~tcht als bei der Digestion mit kaltem Wasser. Will man die Wirkungsweise einerseits des kalten, andererseits des heissen Wassers auf die Glasgefiisse mit einander vergleichen, so empfiehlt e~ sich, nicht die Anfangswerthe hierzu zu w~hlen, sondern die sp~ter er- haltenen, weil dann die Einfltisse der stattgehabten Verwitterung nicht mehr wesentlich in Betracht kommen. Bei den folgenden Zahlen, welche sich auf die mit den Flaschen ausgeftihrte Yersuchsreihe III beziehen~, ist wieder das Glas Nr. I zur Einheit gewiihlt.

Page 28: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

268

R e l a t i v e

Mylias and Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

A n g r e i f b a r k e i t des G l a s e s d u r c h k a l t e s h e i s s e s W a s s e r :

u n d

Nummer der

Flaschen

I II

I I I IV V

Wasser yon 20o! 12. bis 18. Tag l Durchschnitt

1 12 2,1 7,8

16

Wasser yon I Nummer 80 o I/ der

10. Stunde I Flaschen

4,5 ¥I I 8,3 VIII

10 .... IX

Wasser yon 200 12. his 18. Tag Durchschnitt

9 13 10 34

Wasser yon 80o

10. Stuade

11 9

18 23

Es geht aus den Zahlen hervor, dass das ¥erhaltniss der Angreif- barkeit gegen kaltes und gegen heisses Wasser nicht bei allen Glassorten .dasselbe ist~ sondern mannigfach variirt; auf diese Thatsache batten wir .sehon bei einer frtiheren Gelegenheit ~) hingedeutet. Offenbar wtirde die weitere ¥erfolgung dieser Frage einen niitzlichen Angriffspunkt zur Be-

~rtheilung des Glases liefern, weleher bisher noeh nicht gentigend in Betracht gezogen werden konnte.

Auch K o h 1 r a u s e h fiihrt ¥ersuehe an, welche diese Schlussfolge-

rungen best~tigen.

Y. Da die Glasoberfl~iehen bei der Bertihrung mit Wasser yon Tage

zu Tage weniger angreifbar werden, so verhalten sieh die Flaschen bei l~ngerem Gebrauehe immer besser. Bei besonders guten Gl~sern wirkt dies damn, dass nach einiger Zeit tiberhaupt keine merkliehe Abgabe yon Alkali mehr stattfindet; bei weniger guten Gliisern dauert die Ab- gabe aber unbegrenzt lange fort; man erkennt dies sehr deutlich daran,

dass destillirtes Wasser in Flasehen, welehe sehon Jahre lang zur Auf- 3)ewahrung desselben gedient haben, immer wieder alkalisch wird.

Yon W a r b u r g and I h m . o r i s) wurde einmal darauf aufmerksam gemacht, dass man Glasoberfli~chen durch Koehen mit Wasser >~alkaliarm¢ maehen kSnne. Inwieweit man diese Thatsache zur Yerbesserung tier Gefitsse benutzen kann, wird aus der folgenden ¥ersuchsreihe hervor- gehen. Zu derselben wurden Kolben benutzt, welche man nach dem Aussptilen zunitehst eine Stunde l ang mit Wasser yon 80 0 und dann

1) Zeitschrift f. Instrumentenkunde 1889, S. 121. ~) W a r b u r g and I h m o r i . Wiedem. Ann. 27, 4SI.

Page 29: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~tssen zu chemischem Gebrauehe. 269

mehrmals .48 Stunden mit kaltem Wasser behandelte. Darauf folgte eine abermalige Digestion mit heissem Wasser und wiederum eine litngere Behandlung in der Kiilte. Die Resultate der jedesmaligen Prtifung sind in der folgenden Tabetle mitgetheilt, deren Zahlenwerthe in der gewohnten Ansdrueksweise Tausendstel-Milligramme Natron bedeuten.

A b g a b e v o n A l k a l i a u f 1 0 0 Q u a d r a t c e n t i m e t e r o b e r f l ~ c h e d e r K o l b e n .

Nummer Stunde 2 Tage 2 Tage 2 Tuge 1 Woche 1 Stunde 1 Woche 1 Woche der mit [ mit mit ! mi~ mit I mi~ mit ] mi~

~rasser I kaltem kaltem kalteni kaltem Wasser kaltem kal~em Wasser Kolben on 800 Wasser Wasser Wasser yon 800 Wasser Wasser

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11

37 77 84

130 381 308 392

1213 640

18 1,3 ? 22 2,5 1,4

1,9 194

2,0 113 610 2,8

18 8,0 11 5,8 19 2,9 35 167 12

0.~3 .

1,0 1,5 1,0 2,0 7,3 4,7 4:,6

12 2,5

3,4: 32 4,3 5,3 4,2 7,4

22 12 17 56

8,9

7,3 6,9 4,0

19 14: 37

184 87

146 619 102

? 9. ? ? 9

9

35 9

19 98 7,6

3,7 4: 4:,8 4,3 4,4: 6,8

15 10 12 4:2

8,4:

Sowohl die Behandlung mit kaltem als diejenige mit heissem Wasser macht die Glasoberfl~chen widerstandsf~higer gegen die fernere Wirkung des Wassers. Ein genaueres Eingehen auf die mitgetheilten Zahlen l~sst aber erkennen, class die beiderseitige Wirkungsweise nicht ganz gleichartig ist, worm der sp~tere Angriff durch kaltes Wasser erfolgt. W~hrend n~mlieh, wie oben erw~hnt wurde, bei einer l~tngeren Be- rahrung mit kaltem Wasser die Untersehiede in der Angreifbarkeit der versehiedenen Glassorten bestehen bleiben, bemerkt man nach der Be- handlnng mit heissem Wasser eine m~issige Verwisehung dieser Unter- schiede hinsichtlieh der ferneren Wirkung kalten Wassers. Sobald aber eine erneute W.irkung des heissen Wassers in Frage kommt, treten die Unterschiede wieder, in Uebereinstimmung mit friiheren Versuchen, in ihrer ursloriinglichen Sgirke hervor. Die folgende Uebersicht soll dies zur Ansehauung bringen. Die Werthe for das Glas No. 1 sind hier zur Einheit gew~hlt :

Page 30: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

270 Mylius und Foerster: Ueber die Beurtheilullg yon

U n t e r s c h i e d e t ie r A n g r e i f b a r k e i t t ier K o l b e n , b e z o g e n a u f d i e j e n i g e des G l a s e s No. 1.

Nummer 1 Stunde 2wSchenffiche 1 Stunde 2wSchentliche des mit Behandlung mit mit Behandlung mit

Glases Wasser yon 80o kaltem Wasserl) Wasser yon 80o kaltem Wasserl)

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11

1 1,2 2,0 4,1 4,5 7,0

:20 16 21 64 34

1 0,9 1,3 t,6 1,2 2,2 6,5 3,7 5,0

16 2,6

2,5 2,0 5,1

25 12 20 85 14

1 1 0,9 1,1 0,5 1,3

1,1 1,2 1,8 4,3 2,8 3,4

11 2,3

Hieraus geht hervor, dass bei weniger guten Glasgefiissen, welche zur Aufnahme yon kalten Flfissigkeiten bestimmt sind, eine vorl~ufige

Behandlung mit heissem Wasser sehr v0rtheilhaft sein wird. Man daft aber nicht darauf rechnen~ bei schlechten Glassorten durch diese Be- handlung die Abgabe yon Alkali ganz aufzuheben. Bei diesen reicht, wie frtiher gefunden worden ist~), selbst ein 100 Stunden lang fortge-

setztes Kochen mit Wasser nicht aus, sie vor der Zerse~zung durch kaltes Wasser zu schiitzen. Dies wird um so mehr zutreffen, je mehr sich das Glas in seiner Zusammensetzung dem kalkfreien Wasserglase

ntthert. Auch bier sei darauf hingewiesen, dass K o h 1 r a u s c h a u s seinen Versuchen dieselben Folgerungen ableitet wie wir.

YI. Wenn der Angriff der Glasgefiisse durch heisses Wasser so stark erfolgt, wie es bei der bisher gebr~tuchlichen gewichtsanalytischen Prtifung geschehen mag, so verschwinden die Unterschiede der Angreifbarkeit ver- schiedener Glassorten bis zu dem Grade, dass es genauer alkalimetrischer Bestimmungen bedarf, um iiberhaupt noch Unterschiede nachzuweisen; durch Wiigung der gel5sten Substanz ist dies dann k a u m noch mit Sicherheit mSglich. Unsere Yersuche nach dieser Richtung sind mit den

1) Hier sincl die Werthe tier letzten Woche zu Grunde gelegt. ~) F. Myl ius . Zeitschrift f. Instrumentenkunde 1889, S. 56.

Page 31: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu chemischem Gebrauche. 271

drei Kolben angestellt worden, welche bereits bei Versuch IV eine zehn- sttindige Behandlung mit Wasser yon 800 erfahren hatten; die Kolben wurden jetzt 6 Stunden lang mit reinem, im Platinapparate destillirtem Wasser im siedenden Wasserbade digerirt. In den erhaltenen L(isungen geschah die Bestimmung des Alkalis dutch Titration mit 1/loo-normaler Siiure; die gelCiste Glussubstanz wurde durch Eindampfen der LSsung ermittelt. Die auf 1 qdm 0berfl~che bezogene Alkalimenge in der LSsung betrug bei dem Kolben

No. 2. 0,00089g Nap0 ~ 6. 0~00151 ~

~ 9. 0,0025 ~<

W~thrend sich die Angreifbarkeit dieser Kolben bei den frtiheren Versuchen (unter tteranziehung der in der neunten Stunde gefundenen Werthe) etwa wie 1 : 4 : 1 4 verhielt, wtirde sich nach diesen ¥ersuchen das Yerhaltniss des Angriffs wie 1 :1 ,8 :2 ,8 ergeben. Die Mengen der gel6sten Glassubstanz wareu in allen drei F~llen uicht wesentlich yon einander verschieden und betrugen etwa 4 his 6 rag.

Die iiltere Methode der Prtifung der Gl~tser, nach welcher man, um tiberhaupt vergleichbare Gewichtsmengen des Glases in L6sUng zu bringen, den Angriff des Wassers zu einem Viel energischeren machen muss, als er beim Gebrauch der Gliiser, zumaI in der analytischen Praxis, in den weitaus meisten F~llen zu erfolgen pflegt, drtickt also die Unter- schiede in der A n g r e i f b a r k e i t einander nahe stehender Gliiser that- s~tchlieh weniger deutlieh aus als das alkalimetrische Verfahren. Man ist zwar in der Lage, wie wir friiher gezeigt haben, bei Gl~sern yon sehr verschiedener Beschaffenheit auch bei sehr energischem Angriffe des Wassers noch recht bemerkbare Unterschiede aufzufinden; zwischen Gl~sern jedoch, welche einander nahe stehen, aber bei ihrer Anwendung zu Gefiissen noch sehr in Betracht kommende Unterschiede zeigen, kSnnten diese nach der ~lteren Prfifungsmethode leicht gitnzlich tiber- sehen werden.

VII. Bei der Untersuchung des Angriffes "con Wasser auf CJlas ist grosse Sorgfalt auf das Constanthalten tier Temperatur zu verwendeu. In wie hohem Grade die Zersetzung des Glases durch die Steigerm~g der Temperatur beschleunigt wird, ergibt sich aus einigen Yersuchen, bei welchen vier gleiche Kolben mit Wasser yon 0 °, 18 °, 40 o und 80 o behandelt wurden. D i e dabei erhaltenen Werthe waren folgende:

Page 32: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

272 Mylius und Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

A l k a l i a b g e g e b e n y o n 1 0 0 Q u a d r a t e e n t i m e t e r O b e r - f l~che , a u s g e d r ~ l c k t in T a u s e n d s t e l - M i l l i g r a m m e n

N a t r o n .

24 Stunden 24 Stu~den 1 S~unde 1 Stunde bei 0o bei 18o bei 420 bei 800

1,9 6,4 9,1 153

Durch eine Digestion bei 18 o wurden also schon dreimal, bei 420

115 real, bei 800 etwa 2000real so grosse Mengen Alkali in LSsung

gebracht, als bei 0% Sowohl P f e i f f e r als K o h l r a u s c h haben das Anwachsen der

LSslichkeit des Glases dureh den Einfluss der Temperatur zum Gegen- stand genauerer Versuche gemaeht. P f e i f f e r zum Beispiel findet

folgende relative L6slichkeiten: 10 o 200 300

25 100 673 Er knt~pft daran den Satz: Wenn die Temperaturen in arithmetischer

Reihe auhteigen, so erfolgt das Anwachsen der LSsliehkeit bedeutend

raseher als einer geometrisehen Reihe entspricht. K o h 1 r a u s c h sucht diesen grossen Einttuss der Temperatur auf

die LSsliehkeit des Glases zu erkl~ren, indem er vermuthet, ,~dass die

erhShte Temperatur an sich die Bewegliehkeit der Glastheile, die Leich- tigkeit des Herantretens der 15slichen Theile vermehre,~. Dieser Er- kl~rung m6ehten wir nnter Berticksiehtigung der chemisehen Thatsaehert die unsrige gegent~ber stelten, dass die Alkalil6sungen bei erhShter

Temperatur sehr viel st~trker 15send auf die Kiesels~ure einwirken, und- dass mit dem Fortsehaffen der~Kiesels~ure ~mmer neue Glassehichten

der zersetzenden Wirkung des Wassers preisgegeben werden.

D. Verwitterungs- und Absorptionserseheinungen.

Bei der oberfl~tchlichen Ver~nderung der Glassubstanz unter dem Einfluss der Atmosphere scheint in jedem Falle neben der Verwitterung der Masse selbst, das heisst der Aufnahme yon Wasser und Kohlens~ure dureh dieselbe, eine ~,Auswitterung~ stattzufinden. Die Glasoberfl~tchen bedeeken sich an feuchter Luft mit einer alkalischen LSsung, welch~ beim Trocknen Krystalle yon Natrium- oder Kaliumcarbonat absetzt. Diese Producte lassen sich leicht durch Abspiilen mit Wasser beseitigen.

Page 33: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

GlasgefKssen zu chemisehem Gebrauehe. 273

Bei den vorher beschriebenen Versuchen hat stets ein sorgf~ltiges, wieder- holtes Ausspiilen der Gef~sse stattgefunden. Um eine Vorstellung davon zu geben, wie gross die Menge der ausgewitterten Alkalicarbonate in den k/iufliehen Gef~ssen zu sein pflegt, sind dieselben ffir die zu den Versuchen angewandten Flaschen bestimmt worden. Im Folgenden werdea sie, bezogen auf 100 Quadratcentimeter 0berflgche, ausgedrtiekt in Tausendstel-Milligrammen :Natron, den aus dem Glase in 24 Stunden durch kaltes Wasser gel~sten Mengen Alkali an die Seite gestellt.

Alkaliabffabe bei Nummer der Flaschen Ausffewitterte ein¢/igiger Behandlung

Carbonate mit kaltem Wasser

I II

III IV V

VI VlI

VIII IX

etwa

fiber eCw~

18 18 21 37 7'2

193 114 735 124

23 30 31 42 76

189 201 339 498

Wie man sieht, sind die Mengen der Auswitterungsproducte in einzelnen F/illen sehr bedeutend; im Ganzen nehmen sie mit der ab- nehmenden Giite des Glases zu. Etwas Genaueres 1/isst sich bier nicht angeben, da man nicht weiss, wie lange und unter welchen Bedingungen die Flaschen gelagert haben. Bei einzelnen Gef/issen hat eine sichere Isolirung der Auswitterungsproduete dureh Aussptllen nicht stattfinden k6nnen, weft die kurze Zeit des Aussptilens gentigte, schon die Glas- substanz selbst merklich anzugreifen. In der That geschieht dies bei weniger guten G1/isern iiberrasehend schnell; bei dem Glase :No. IX gentigte zum Peispiel nach wiederholtem, sorgf/tltigem Aussptilen eine 5 Minuten dauernde Behandlung mit Wasser yon 20 °, um fiir ein Quadratdeeimeter Oberfl/tche 0,075 mg Natron (Kali) in L6sung zu bringen. Die n/~ehsten 5 Minuten ergaben 0~044 rag.

Die Verwitterung des Glases wirkt nach zwei entgegengesetzten Richtungen hinderlich ffir die Priifung der Gefiisse. Einerseits macht die Auswitterung der Alkalien in tier Form yon Carbonaten, welche dureh Ausspiilen entfernt werden k6nnen, die/iusserste Glasschieht alkali- Strmer, wodurch die Angreifbarkeit ftir Wasser vermindert wird ; anderer-

Fres e n i u s , Zeitschrift f. analyt. Chemie. XXXI. Jahrgang. 18

Page 34: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

274 l~ylius und Foerster: Ueber die Beurtheihng yon

seits wird die Glassubstanz selbst dureh die Aufnahme yon Wasser un4 Kohlens~ure zersetzt, ohne dass die Zersetzungsproducte sogleich durch Abspi~len mit Wasser entfernt werden kSnnen; hierdurch wfirde die Angreifbarkeit des Glases ftir Wasser erleichtert werdenl). Unsere bisherigen Versuche sind nicht geniigend, um festzustellen, welcher der beiden Einfit~sse hier praktisch tiberwiegt; dies vdrd vielmehr erst dutch sorgf~ltige Dauerversuche erkannt werden k(innen.

Der Ein~and aber, welchen man machen kSnnte, dass die besonders starke Abgabe yon Alkali bei dem ersten Angriff des Wassers a l l e i n auf die ¥erwitterung der oberstcn Schicht zurtickzuffihren sei, l~sst sich leicht durch einige Yersuclie mit ganz frischen Glasgeflissen widerlegen; das Material dazu wurde der Reichsanstalt in sehr dankenswerther Weise yon der Charlottenburger Glashlitten-Actiengesellschaft zur Verftigung gestellt; zugleich wurde auch ein kleiner, aus leicht schmelzbarem Glas- rohr vor der Lampe geblasener Kolben geprlift. Die Zuhlenwerthe haben dieselbe Bedeutung wie bei den frtiheren Yersuchen. Die Behandlung der Gef~isse geschah mit Wasser yon 20 °.

Bezeichnung des Glases !. Tag % Tag 3. Tag

Bou~eillenglas, braun . . . . . . . 12,1 4,1 - - Bouteillenglas, griin 5,9 2,2 - - Thiiringer Glas, vor der Lampe geblasen 46,6 8,9 3,4

Die Yersuche beweisen die Richtigkeit unserer oben geschilderten Auffassung, insofern sich auch bier der starke Abfall des gelSsten Al- kalis yore ersten zum zweiten Tage ungef~hr in demselben Maasse zeigt ~ie bei den ~¢erwitterten Glasern.

wenn das Glaspulver bei K o h l r a u s eh ' s ¥erfahren frisch bereitet war, so beweisen seine ¥ersuehe dasselbel da man es bier mit der Ober- flache ~ yon frischen Bruehstiieken des Glases zu thun hat.

Eine Behandlung der Gefasse mit. kaltem oder mit heissem Wasser sehiitzt das Glas nieht: vor einer nachtraglich eintretenden Verwitterung bei dem Stehen an der L u f t i durch welche das Glas wieder teichter angreifbar wird. Die unter Versuch ¥ erwahnten K01ben wurden zwei Wochen mit der Luft in Beriihrung gelassen and alsdann naeh sorg-

1) Bei dem Kaliwasserglase kann man dies besonders gut: beobaehten.

Page 35: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu chemischem Gebrauche. 275

faltigem Ausspiilen ~8 Stunden mit Wasser bei gewOhnlicher Temperatur behandelt. Es ergab sich, dass namentlich bei den schlechteren Glas-

sorten die Verwitterung sich bemerkbar gemacht hatte. Die yon diesen ~n 48 Stunden abgegebenen Alkalimengen sincl in der folgenden Ueber- sicht mit den zuletzt vor der Verwitterung in der gleichen Zeit yon denselben Kolben abgegebenen Alkalimengen zusammengesteltt, indem (tie letzteren aus der ira Laufe einer Woche erfolgten Abgabe berechnet wurden. Die Zahlenwerthe haben dieselbe Bedeutung wie die der friiheren Tabellen.

Nummer der Kolben Abgabe vor der Vet- Abg~be nuch der ~er- witterung in 48 Stunden wiCterung in 48 Stunden

~ o . 4

, 8

9

, 10 ,, 11

3,0 2,1 2,6

' 8,3 1,6

10,0 7,0 8,1

25,0. 2,8

~och auff~lliger ergibt sich die starke Vermehrung der Alkali- abgabe infolge yon Verwitterung aus: der folgenden, mit grosser Sorgfalt durchgeftihrten Versuchsreihe. Die angewandten Kolben bestanden aus einem guten und zwei weniger guten Gl~sern, yon denen das eine (b~o. 11) sehr sta~k verwittert war. Die Bedeutung der Zahlen entspricht auch hier der gewohnten Ausdrucksweise.

Nummer ' Behan41ung mit^Wasser yon 200 : ~ m,t Wasser ..~ ..~2~"~... ' ¢~

91o / I 1,G 1 2,6 1.0 ~ 1,6 1,4 1,5 1,31 9 , 0 - - - 4,1 8 [ 62,0 8'9 a,6 8,0 6,6 7,3 112,0! 14 4,2 10,0 2,8

9,711~1,0 11 I i 26 3,2 12,0 3,7 1259.,03~,0 13,0 9,5 9,3 s,7

Hier hatte die anf/ingliche 12t~tgige Behandlung der Kolben mit kaltem Wasser zu einer Art Constanz der Alkaliabgabe gefiihrt; die darauf folgende Wirkung des heissen Wassers greift nun wiederuni sehr stark an. Man erwartet, dass das Glas nach dieser Behandlung der Wirkung des k a l t en Wassers besonderen Widerstand entgegen setzen

18"

Page 36: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

276 ]llylius und Foerster: Ueber die Beurtheilung yon

wird. Statt dessen bringt der niichste kalte Auszug mehr Alkal i in

LOsung, als dies vor dem Erhitzen mit Wasser der Fa l l war t ) ; ithnliche

Beobachtungen konnten auch bei der Yersuchsreihe¥ gemacht werden.

Die Ursache dieser Erscheinung ist in der Eigenschaft der Glasflachen

zu suchen, aus concentrirten LSsungen Alkali zuriickzuhalten, welches

durch blosses Abspfilen mit Wasser nicht entfernt werden kann ~).

Erst die weitere Behandlung der Kolben mit heissem Wasser laugt

das zurfickgehaltene Alkal i wiederum aus und zeigt~ dass das Glas

durch das Erhitzen mit Wasser thatsiichlieh widerstandsfiihiger geworde~

ist. Man iiberliess die Kolben nach <lem Entleeren nun einer 10titgigen

Einwirkung der Luft (also der Verwitterung), sptilte sie dann sorgffiltig

aus und behandelte sie auf's Neue mit kaltem Wasser. Der Einfluss

der Yerwitterung zeigte sich nun ganz unverkennbar, insofern dadurch

wiederum eine ¥ermehrung der Angreifbarkeit eingetreten ist. Dieselbe

entspricht

bei Glas No. 1 einer Abgabe yon ~ Tausendstel-Milligramm Natron >> ~> ~ 8 >> >> ¢ 6 >~ >> >> >> ~ >> 1 1 >> >> >> 9 >> >> >>

E. Versuch einer einfaehen Pr~ung der Gef~sse~).

Jeder, der die vorstehende Beschreibung der Versuche gelesen hat,

wird mit uns die ueberzeugung gewinnen, dass eine genaue und maass-

gebende Prtifung yon Glasgefitssen auf ihre Brauchbarkeit nicht auf Grund

eines einzelnen ¥ersuches gewonnen werden kann, sondern dass dieselbe

1) Auf das jedesmalige Ausspfilen der Kolben vor einer neuen Fiillung wurde die grSsste Sorgfalt verwendet.

3) In iihnlicher Weise werden auch Siiuren aus concentrirten LSsungea dutch Glasoberfliiehen zuriickgehalten.

3) Wir bezwecken mit dieser Prtifung niche, die Grlisse der aus der An- wendang yon Glasgefiissen fiir die Analyse erwaehsenden Fehler bestimmen zu wollen; dieselbe miisste fiir jeden besonderen Fall besonders bestimmt werden ; wit wollen vielmehr dutch eine ¥ergleiehung yon Gliisern d~zu gelangen, eine Gew~ihr fiir miigliehste Kleinheit jener unvermeidliehen Fehler uns zu versehaffen. Streng genommen muss eine Prtifung yon Gliisern stets unter solchen Be- dingungen erfolgen, unter welehen die betreffenden Gliiser beansprueht werden solten. Woll~e man beisplelsweise WasserstandsrShren ffir Dampfkessel in Be- zug auf ihre Alkaliabgabe an kaltes Wasser mit einander ~ergleichen, so wfirden die gewonnenen Ergebnisse eine eben so geringe Bedeutung haben als die, welche man erhalten wiirde, wenn man Flasehen, um sie zu prfifen, l~nge~'e Zeit mit siedendem Wasser behandeln wellte.

Page 37: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu chemischem Gebrauche. 277

ein eingehendes Studium fiber das Verhalten des Glases unter ver- schiedenen Bedingungen erfordert. Die hier besprochene Art der Be- ~rtheilung yon Glasgef~issen nach der Menge des an Wasser abgegebenen Alkalis ist zudem insofern einseitig, als hier keine Rfieksicht auf die Bestimmung der in L(isung gehenden Kieselsiiure genommen wird, welche nicht weniger als das Alkali bei dem Gebranche tier Gef~sse stSrend ist.

Die yon uns kurz erw~thnte Thatsache, dass die L(isliehkeit ver- sehiedener Glassorten mit der Zeit nieht in gleicher Weise abnimmt, sondern bei einigen schneller, bei anderen langsamer, hat K o h 1 r a u s c h bestiitigt und eingehend verfolgt. Mit dem zweekmi~ssigen Ausdruek ~ H a r t n i i c k i g k e i t der LSsung eines Glases~ bezeichnet er das Ver- h~ltniss der L6slichkeit nach l~tngerer Digestionsdauer zur anf~nglichen L0sliehkeit. K o h 1 r a u s c h spricht aus, dass es bei der Charakterisirung der Best~ndigkeit versehiedener Glassorten sowohl auf die Menge des GelSsten als auf die Hartniickigkeit der LSsung ankomme. Wit stehen v(illig auf dem Boden dieser Anschauung; indessen mSehten wir doch dem allgemein empfundenen Bedi'lrfniss nach einer empfindliehen, leicht ausffihrbaren, wenn auch in maneher Beziehung einseitigen Methode abhelfen, naeh welcher man Glasgef~sse verschiedenen Ursprungs mit einander vergleichen kann. Diesem Bedfirfniss kann genfigt werde~, indem man die (zuvor noeh nicht gebrauchten) Gef~sse unter gteichen ~usseren Bedingungen in gleicher Weise dem Angriff des Wassers aus- setzt und die dabei in L0sung gegangenen Alkalimengen mit einander vergleicht. Man wird zu diesem Zweek bestrebt sein mfissen, die durch ¥erwitterung und anderweitige Einflfisse veranlassten Veri~nde- rungen der Oberfl~che m(iglichst zu beseitigen. Man gelangt dazu, indem man die Einwirkung des Wassers eine bestimmte Zeit lang an- dauern l~sst, bevor man die Prfifung vornimmt. Da wenige Tage einer Behandlung mit Wasser ausreichend sind, die Produete der Ver- witterung zu entfernen, und da der weitere ¥erlauf des Angriffs viel regelm~ssiger erfolgt als am Anfange, so kSnnte man vorschlagen, die zu prfifenden Gef~sse zun~chst 3 Tage hindurch mit kaltem Wasser (yon 20 °) zu behandeln, die entstandene LSsung nun zu beseitigen und alas Gefiiss mit reinem Wasser yon bTeuem 3 Tage lang in Berfihrung zu lassen. Die LSsung wird jetzt auf ihren C-ehalt an Alkali geprfift. Die erhaltenen Zahlenwerthe werden gewShnlieh gross genug sein, um auch die feineren Untersehiede der Angreifbarkeit versehiedener Glassorten kennt- lich zu maehen, soweit die Fehlerquellen der Methode selbst dies zu-

Page 38: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

278 ~Iylius und Foerster: Uebor die Beur~heilang yon

lassen. Bei der Prtifung der besten Gliiser kommen diese Fehler nattir- lich am meisten in Betracht.

Die folgenden you uns ausgeftihrten Prtifnngen sind in der That nach diesem Verfahren vorgenommen worden. Bei der Vorbehandlung

wurde darauf Bedacht genommen, die nach dem ersten Tage entstandene L0sung durch reines Wasser zu ersetzen.

•ach der Ausfiihrung der eigentlichen Prtifung haben wir dana jedesmal die Glasgefiisse einer einsttindigen Einwirkung yon Wasser yon 800 unterworfen, am auch die Angreifbarkeit durch heisses Wasser

kennen zu lernen. Um eine mSglichst vollstiindige vergleichende Ueber- sicht za haben~ sind auch die Flaschen dieser Behandlung ausgesetzt ~vorden, obgleich sie ja bei 80 o gar nicht beansprucht werden sollen.

A n g r e i f b a r k e i t d e r G l a s s o r t e n n a c h d r e i t i i g i g e r V o r - b e h a n d l u n g m i t W a s s e r y o n 20 0 .

Die Zahlen bedeuten Tausendstel-Milligramme Natron (Kali).

Bezeichnung des Gef~ss 3 Tage Digestion mit 1 Stunde mit Glases Wasser yon 20 o Wasser yon S0 o

A B C D E F G H I K L

N 0 P Q

S T U V W X Y Z

Kolben

Flasehen Kolben

Flaschen

Kolben

:Fl~schen

Kolben Flaschen Kolben

1,0 1,5 2,1 5/2 3,7 4,0

10,0 7,2 8,9 7,6

13 13 17

26

41 41 50 51 40

100 108 131 783

6,7 8,9 8,9

13 29 43 43 78 81

107 176 203 211 200 270 341 279 378 331 405 558 472 654 927

2410

Page 39: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

G]asgef~ssen zu chemischem Gebrauche. 279

Von den in der vorstehenden Tabelle aufgeftihrten Glassorten sind die mit A, B, E bezeichneten in Schlesien hergestellt worden; C ist das b0hmische Glas von K a v ~ l i e r ; D stammt aus Thtiringen; F be- deutet das Thermometerglas aus Jena. Die tibrigen aufgeftihrten Glas- sorten sind in den verschiedensten Gegenden Deutschlands hergestellt worden; zum Theil tragen sie aueh die Bezeiehnung: BShmisehes Hohl- glas. Gef~sse yon der Beschaffenheit des Kolbens Z gehen gewShnlieh nicht in den Handel fiber, da sie yon den Handlnngen als zu schleeht zurfickgewiesen werden.

Unsere Yersnche ffihrten zu dem Ergebniss, dass zwar die Mehr- zahl der untersuehten Glasgef~tsse des Handels zu den gew6hnliehen Zweeken der Chemiker brauehbar ist, jedoch nur wenige davon strengeren Ansprtichen an die Widerstandsfahigkeit gegen Wasser Gentige leisten. Im Folgenden wird eine Uebersicht gegeben fiber die Zusammensetzung derjenigen Gefasse, welche wir bei unserer Prtifung als die besten er- kannt haben. Dies sind die Kolben A bis C und die Flasche G. Im Anschluss hieran wird die Analyse der Kolben No. 6 und ~ro. 9 mit- getheilt, welehe aus alkalireieherem Glase bestehen und zur Ausftihrung der Versuehsreihen IV und VI gedient haben.

Die Analyse hat folgende Werthe ergeben ~):

K o l b e n A. K o l b e n B.

CaO 9,9 ~ Ca0 7,2 K e 0 4,4 >> K eO 3~6 >> 5T%0 9,3 >> ~ % 0 10,1 >>

A1 e O~ ] Ale 03 / FeeO~ 1,0 >~ F%O~j 0,3 >>

Si0 e 75,4 >> SiO~ 78,8 - 100,0 100,0

K o l b e n C. F l a s c h e G.

Ca0 7,6 ~ Ca0 8,2 % K eO 6,7 >> K~O 5~5 >>

Na 2 0 6,4 >> Na e 0 9,2 >>

AI~ Oaj Ale Oa( 0,6 Fe 20 at 0,2 >> ~> F% 0 3 ) Si0 e 79,1 >> SiO e 76,5 >>

100,0 100,0

1) Die ]~estimmung der Kieselsiiure geschah in allen F~llen aus der Differenz.

Page 40: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

280 l~ylius and Foerster: Ueber die Beurtheflung yon

K o l b e n No. 6. K o l b e n ~%. 9. Ca0 5,9 ~ CaO 5,S K eO 6~6 * K~O 5,3 * Na20 10,4 ~ Na~0 13,4

AI:O 3t 0,6 - AI~03I Fe~O 8~ F%03~ 2,2 -

SiO~ 76,5 7, MnO 0,2 >>

100,0 Si02 73,1 >>

I00,0 Yon allen untersuchten Gef~tssen mtissen als die besten die in der

vorstehenden Uebersicht unter A aufgeftihrten Kolben bezeichnet werden. Wie die Analyse lehrt, hat man es bier mit einem ziemlich kalkreichen und alkaliarmen Glase zu thun. Sehr bemerkenswerth ist es, dass darin sowohl Kali als Natron vorhanden ist ; wir sehen darin eine prak- tische Bestittigung unserer schon friiher I) ausgesprochenen Ansieht, dass es hinsiehtlich des Angriffs besserer Sorten yon Glas durch Wasser nicht wesentlich darauf ankommt, ob sie Kali oder Natron enthalten.

Die Yergleichung der analytischen Resultate kann tibrigens da- dureh erleichtert werdcn, dass man ftir die einzelnen Gl~iser die Zahl der Aequivalente Kalk (Ca 0), Alkali (Na~ 0 and K~ O) und Kiesels~ture berechnet und das Yerhttltniss dieser Zahlen auf den Kalk als Einheit bezieht. Man kann n~tmlich auf diese Wcise am besten eine Vergleichung mit einem idealen Glase yon der sogenannten Normalformel RnO, R~0, 6 SiO 2 erreichen. Ein solches Glas wird yon den Glasteehnikern ftir besonders widerstandsf~hig gegen chemische Einfltisse gehalten.

CaO ~ 0 Si 02

Kolben Flasche G Gefiisse Normal- A KolbenB Kolben C formel yon S t a s

1 1 1 1,1 6 7,0

1 ~,26 1,5 10 I 10,5

1 1,44 5,4

1 0,8._, 6,9

Die Zusammenstellung litsst erkennen, class sich das Glas A in seiner Zusammensetzung der erw~thnten Formel schon ziemlich niihert, und man wtirde sicherlich auch aus der Analyse allein den Schluss gezogen haben, class ein gutes Glas vorliegt. Yon dem Glase, welches S t a s frtiher zur tIerstellung seiner Gef~sse for die Atomgewichtsbestimmungen verwendet

1) F. Mylius and F. F o e r s t e r , Zeitschr. f. Instrumentenkunde 1889, S. 120,

Page 41: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

Glasgef~ssen zu chemischem Gebrauche. 281

hat, wiirde man naeh der Vergleiehung der Analysen sagen mtissen,

dass es wahrscheinlich noch etwas besser ist als das beste der yon uns gepriiften Gliiser. Die Glastechnik ist also im Stande, bei gegebener

Gelegenheit Gef~sse yon hoher Widerstandsfahigkeit gegen den Einfluss des Wassers zu erzengen.

Der Grund daftir, dass yon den Chemikern nicht aussehliesslich

Glasgef~tsse arts den besten Glassorten gebraucht werden, liegt nament- lich darin, dass das alkalireiche Glas wesentlich geringere Kosten zu seiner Herstellung erfordert als die schwerer sehmelzbaren besseren Sorten.

Man wird also weder erwarten noch verlangen dtirfen, dass die Gef~tsse aus weicherem Glase jemals aus dem Handel verschwinden. Der experi- mentirende Chemiker muss sich aber dartiber klar sein, bis zu welchem

Grade die Genauigkeit seiner Arbeiten yon der Wahl der Glasgef~sse abhlingig ist. Wir geben uns der H~)ffnung bin, dass unsere ¥ersuehe Einiges beitragen mSgen, das Urtheil fiber den Werth yon Glasgef~tssen zu erleichtern und das Interesse an der Priifung des Glases in weiteren Kreisen zu fOrdern.

Die fast gleichzeitig mit der unsrigen erschienenen Arbeiten yon

P f e i f f e r und yon K o h l r a u s c h behandeln den Gegenstand unter fihnliehen Gesichtspunkten wie wir; wie nieht auffallend sein kann, ist der physikalische Theil ihrer Untersuehungen vielfach sorgfiiltiger dureh- geftlhrt, als es bei unseren Versuchen gesehehen ist. Im Ganzen sind unsere Beobachtungen durch die angeftihrten Arbeiten vollkommen

best~tigt worden, was wir an passenden Stellen unserer Mittheilung stets hervorgehoben haben. Auf alle Einzelheiten, besonders der Arbeit

yon K o h l r a u s e h , einzugehen, war uns bier nicht mSglich, da wir in Betreff einzelner Glassorten noch nicht gentigende Erfahrungen besitzen.

Wir mSehten zum Schluss nicht unterlassen, einige wichtige S~tze

tiber die Einwirknng yon Glas anf Wasser anzufiihren, welche wir (so- weir sie nicht schon friiher angenommen waren) dnrch unsere Be- obachtungen, sowie durch diejenigen der Herren E. P f e i f f e r und F. K o h 1 r a u s e h ftir erwiesen halten.

1) Die LSsung yon Glas in Wasser ist durch eine Zersetzung be- dingt, bei welcher zun~tchst freies Alkali entstehtl).

2) Diese Thatsache wurde schon in bestimmter Weise 1886 yon W a r b u r g and I h m o r i ausgesprochen.

Page 42: Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischem Gebrauche. Die Einwirkung von Wasser auf Glas

282

2)

3)

~)

I~Iylius and Foerster: Ueber dio Beurtheilung yon Glasgef~issen etc.

Die Kiesels~ure des Glases wird secundi~r durch das freie Alkali in LSsung gebracht. Die Bestandtheile der LSsung weehseln je nach den Bedingungen der Digestion. Die yon einer bestimmten 0berfli~ehe unter bestimmten Bedingungen in LSsung gehende Menge Alkali ist ein Maass ffir die Angreif- barkeit des Glases unter dieseu Bedingungen.

5) Die Angreifbarkeit yon C~lasoberfl~ehen dureh kaltes Wasser sinkt mit der Digestionsdauer znniichst sehr schnell, um sich sparer con- stanten Werthen zu niihern.

6) Verschiedene Glassorten zeigen eine verschiedene ~>Hartniiekigkeit- der LSsung.

7) Die Angreifbarkeit des Glases steigt sehr schnell mit zunehmender Temperatur,

8) Das Verhiiltniss der Angreifbarkeiten mehrerer Glassorten ist ab- h~ngig yon der Temperatur.

9) Aus Gli~sern yon gleicher Angreifbarkeit kOnnen ungleiehe Ge- wichtsmengen Substanz in LSsung gehen.

10) Die Angreifbarkeit eines guten Glases wird dutch eine Vorbehand- lung mit Wasser wesentlieh herabgedrtickt.

11) Je sehleehter ein Glas ist, um so weniger wird seine Angreifbar- keit bei der Behandlung mit Wasser verringert.

12) Die Angreifbarkeit yon Glasoberfl~tehen wird durch Verwitterungs- einfliisse ge~tndert.

13) Naeh der Behandlung mit Wasser haben die Glasoberfl~chen die Eigenschaft, Alkali aus den entstandenen LSsungen zu fixiren und bei erneuter Behandlung mit Wasser wieder abzugeben.

14) Die Kaligl~tser sind bei weitem 15slieher als die Natrongl~ser; die Unterschiede versehwinden aber in dem Maasse~ als die Gliiser reicher an Kalk werden,

15) In tier Substanz yon Glasgefi~ssen geringer Angreifbarkeit durch kaltes und heisses Wasser mtissen Kalk, Alkalien und Kieselsliure in einem bestimmten Yerh~ltniss zu einander stehen.

16) Yon den bekannteren Glassorten sind die bleihaltigen Flintgliiser in Wasser am wenigsten 15slich, werden jedoeh an ihrer Oberfliiche corrodirt und durch S~uren leicht zersetzt.

C h a r l o t t e n b u r g ~ 16. Januar 1892.