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[~ber die Differenzierung der Liquoreiweillkiirper durch Precipitation. (Vorli~ufigc Mit~eilung.) Von Prof. Dr. V. Kafka. (Aus der Serologischen Abtcilung der Sta~tskrankenanstalt und Psychiatrischen Univcrsit~ttsklinik Friedriebsberg in Hamburg.) Mit 1 Textabbildung. (Eingegangen am 24. Oktober 1925.) Die Herkunft der Liquoreiwei~kSrper besonders in p~thologischen F~llen ist bisher noch strittig. Wenn wir such annehmen miissen, dal.~ ein Tell aus dem Blute, ein Tell aus den kranken Meningealpartien, ein wciterer Tell aus dem Zentralnervensystem st~mmt, so war doch im speziellen Fall bisher so gut wie unmSg]ich, festzustellen, wieweit jede dieser Herkunftsquellen beteiligt ist. Zwar hat man versucht, durch rein chemische und kolloidchemische Bestimmungen eine Antwort zu finden. Besonders welt vorgewagt hat sich nach dieser Richtung hin Carl Lange, der aus dem Ausfall der Goldsolkurve auch Schliisse nach dieser l~ichtung hin zieht, sowie Goebel, der dazu die Mastixreaktion be- nutzt hat. Ihnen sind eine Reihe von Autoren gefolgt. Es erscheint mir aber untunlich, derartige Schltisse ohne weiteres aus dem Ausfall der Kolloidkurven zu zichen, d~ diese von eincr zu gro~en Reihe von Fak- toren abh~ingig sind. Wit haben daher, um dcr LSsung dieses Problems n~iherzukommen, einen andcren Weg eingeschlagen, und zwar den biolo- gischen, die Hervorrufung von spezifischen Pri~cipitinen. Ganz neu ist dieser Weg nicht, denn w~thrend unserer Versuche kam uns cine Arbeit yon Neymann und Hektoen zu Gesicht, die bereits im Jahre 1922 Kaninchen intravenSs mit den Serum- und Liquorglobulinen und -albuminen spritzten und durch die so erhaltenen Antiser~ genauere Anhaltspunkte tiber den Globulin- und Albumingehalt des Liquors zu erhalten glaubten als dutch die Kolloidreaktionen. Leider konnte ich die Arbeit nur im Referate durchsehen. Ferner erschien im Jahre 1923 eine Arbeit von Ellinger, der K~ninchenliquor und -vollblut yon an verschiedenen Kr~nkheiten Leidenden injizierte und mit den Antiseren Pr~tcipitations- und Komplementbindungsversuche gegeniiber WaR. positiven und negativen Liquores anstellte. Da Ziele, Technik und Ergebnisse andere sind als dic unsrigen, sei an dieser Stelle auf die Arbcit nicht ein- gegangcn und auf meine ausfiihrliche Publikation verwiesen.

Über die differenzierung der liquoreiweißkörper durch präcipitation

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[~ber die Differenzierung der Liquoreiweillkiirper durch Precipitation.

(Vorli~ufigc Mit~eilung.)

Von Prof. Dr. V. Kafka.

(Aus der Serologischen Abtcilung der Sta~tskrankenanstalt und Psychiatrischen Univcrsit~ttsklinik Friedriebsberg in Hamburg.)

Mit 1 Textabbildung.

(Eingegangen am 24. Oktober 1925.)

Die Herkunf t der Liquore iwei~kSrper besonders in p~thologischen F~llen is t bisher noch s t r i t t ig . Wenn wir such annehmen miissen, dal.~ ein Tell aus dem Blute, ein Tell aus den k ranken Meningealpar t ien , ein wci terer Tell aus dem Zen t ra lne rvensys tem s t~mmt , so war doch im speziellen Fa l l bisher so gut wie unmSg]ich, festzustel len, wieweit jede dieser Herkunf t sque l len bete i l ig t ist. Zwar ha t man versucht , durch rein chemische und kol loidchemische Bes t immungen eine A n t w o r t zu finden. Besonders welt vorgewagt ha t sich nach dieser R ich tung hin Carl Lange, der aus dem Ausfal l der Goldsolkurve auch Schliisse nach dieser l~ichtung hin zieht, sowie Goebel, der dazu die Mas t ix reak t ion be- nu t z t hat . Ihnen sind eine Reihe von Autoren gefolgt. Es erscheint mir aber untunl ich , derar t ige Schltisse ohne weiteres aus dem Ausfal l der Kol lo idkurven zu zichen, d~ diese von eincr zu gro~en Reihe von Fak - toren abh~ingig sind. W i t haben daher , um dcr LSsung dieses Problems n~iherzukommen, einen andcren Weg eingeschlagen, und zwar den biolo- gischen, die Hervor ru fung von spezifischen Pri~cipitinen.

Ganz neu ist dieser Weg nicht, denn w~thrend unserer Versuche kam uns cine Arbeit yon Neymann und Hektoen zu Gesicht, die bereits im Jahre 1922 Kaninchen intravenSs mit den Serum- und Liquorglobulinen und -albuminen spritzten und durch die so erhaltenen Antiser~ genauere Anhaltspunkte tiber den Globulin- und Albumingehalt des Liquors zu erhalten glaubten als dutch die Kolloidreaktionen. Leider konnte ich die Arbeit nur im Referate durchsehen. Ferner erschien im Jahre 1923 eine Arbeit von Ellinger, der K~ninchenliquor und -vollblut yon an verschiedenen Kr~nkheiten Leidenden injizierte und mit den Antiseren Pr~tcipitations- und Komplementbindungsversuche gegeniiber WaR. positiven und negativen Liquores anstellte. Da Ziele, Technik und Ergebnisse andere sind als dic unsrigen, sei an dieser Stelle auf die Arbcit nicht ein- gegangcn und auf meine ausfiihrliche Publikation verwiesen.

246 V. Kafka: ~ber die Differenzierung

Wir selbst bedienten uns zur Hervorrufung der Pr/~cipitine nicht des intraven6sen, sondern des subcutanen Weges, und ffir die ersten Ver- suche lag uns die Fragestellung mehr am Herzen, ob man mit Hilfe der Pr/~cipitation etwas fiber die Herkunf t der einzelnen Globulingruppen erfahren kSnnte, ferner ob eine Differenz zwischen den Seren, die wasser- mann-posi t iven, und jenen, die wassermann-negat iven Ursprungsflfissig- keiten ents tammen, vorliegt.

Wir gingen im einzelnen in folgender Weise vor: Kaninchen erhielten in Ab- sti~nden yon ungef/~hr 1 Woche subcutane Injektionen yon 5 ccm der betreffenden Globulinl6sung. Diese Globulinl6sungen stellten wit in der Weise her, dal] wir wassermann-negative und wassermann-positive Krankensera mit der Menge von

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§ 2 4 7

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Abb. 1. Ergebnis eines Pr~cipitatlonsversuches mitLiquor. Ab- lesung nach Aufschtittelung, 2 Stunden Zimmertemperatur und

16 Stundeu 87 ~ ~ I o - - - - - o Normal

Liquor ~ ] I o - - - - - -o Paralyse ~ l I I o . . . . . o tuberkulSse Meningitis

konzentrierter AmmoniumsulfatlSsung versetzen, da~] 33-, 40-, und 50proz. Kon- zentrationen entstanden, dal] also nach der gewShnlichen Nomenklatur die Eu- globuline, l~seudo - und Gesamtglobuline gef/~llt wurden. Nach Zentrifugieren wurde die tiberstehende Fliissigkeit abgegossen, nur bei den Gesamtglobulinen wurde sie aufbewahrt und einem anderen Kaninchen als Albuminl(isung injiziert. Die Globuline wurden in 0,9proz. KochsalzlSsung aufgelOst, wobei sich zeigte, da~] besonders bei den Euglobulinen, aber auch bei den I)seudo- und Gesamt- globulinen die wassermann-negativen KSrper sich bedeutend klarer 15sten als die wassermann-positiven. Dieser Punkt, auf den schon Weisbach in anderem Zu- sammenhange hingewiesen hat, ist von theoretischer und praktischer Wichtigkeit, und ich werde dartiber an anderem Orte berichten. Die GlobulinlSsungen sowie

der Liquoreiweil~kSrper durch Prlicipitation. 247

auch die AlbuminlSsungen wurden ohne weitere Dialyse dem Kaninchen sub- cutan eingespritzt. Die meisten Kaninchen ertrugen die Injektionen sehr gut, nur das mit den wassermann-positiven Gesamtglobulinen gespritzte Kaninchen starb 2 Stunden nach dcr 2. Injektion, ebenso das Kaninchen. das mit den wasser- mann-positiven Albuminen gcspritzt war. Das mit den wassermann-negativen Albuminen injizierte Kaninchen starb 11/$ Stunden nach der 3. Injektion. In der ausfiihrlichen VerSffentlichung wird auf diese Todesf~tlle n~her einzugehen sein. Hier sei nur der praktischen Resultate gedacht. Die Tiere wurden 3 Tage nach der letzten Injektion entblutet und nun der t?r~tcipitationsversuch in der Weise gemacht, dal~ man in eine Reihe yon l~Shrchen je 0,25 der zu untersuchenden Fliissigkeit hineinpipettierte und den Inhalt jeden RShrchens vorsich*~ig mit 0,25 ccm des betreffenden Testserums unterschichtete. Die Ablesung geschah nun in folgender Weise: Nach 3 Min. wurde die Ringbildung notiert, dann wurde geschiittelt und nach 2 Stunden Zimmertemperatur die entstandene Opalescenz oder Triibung bzw. Flockung abgelesen, und das gleiche wurde nach weiterem 16sttindigen Aufenthalt im Brutschrank wiederholt. Der l~bersicht halber bringe ist die Resultate am Ende der Ablesung in Kurven und spreche yon negativem oder positivem Antieuglobulin-, Antipseudoglobulin- und Antiglobulinserum, aus welchen Ausdriicken ja leicht zu ersehen, welcher Vorbehandlung das betreffende Serum entsprang. In den Kurven der Abb. 1 bringe ich die Resultate eines nor- malen, eines ]~aralysen- und Meningitisliquors mit den negativen Seren, daneben mit den positivcn Seren. Die Kurven s[nd nicht ganz vollst~ndig, da ja das Rc- sulta~ mit dem positiven Antiglobulinserum sowie jenes mit den Antialbumin- seren fehlt. Diese pr~tcipitierenden Ser~ mtissen durch ein- oder mehrmalige intravenSse Injektion hcrgcstellt werden. Ich verfiige bereits iiber derartige Ver- suche, ftihre sie hier aber nicht an, well sie naturgem~ etwas aul~erhalb des Rahmens der obengen~nntcn Versuche fallen.

Bei Betr~chtung der Kurven sehen wir, d ~ sie bei verschiedenen Er- krankungen verschieden sind, und dal~ sich die mit wasserm~nn-posit iven Eiwei~kSrpern hergestellten Kurven yon den wassermann-negat iven unter- scheiden. Ich weise ganz besonders ~uf den Unterschied zwischen der Meningitis und der Paralyse hin, der uns besonders d~r~uf h inzudeuten scheint, da~ m~n nicht nur tiber Globulin- und Albumin~nteil, sondern auch fiber die Herkunf t der Eiwei~kSrper auf diesem Wege Erfahrungen wird s~mmeln kSnnen, besonders durch Vergleich mi t Kurven , die mit Antiseren der Liquorciwei~kSrpcr erhoben werden. Es ist kl~r, d~[~ das erst ein Anf~ng ist, und da~ noch z~hlreiche umf~ngreiche Versuche not- wendig sein werden. Abcr die Erkennung der Herkunf t des Liquor- eiwei~es wird nicht nur die Liquorforschung fSrdern, sondern auch die P~thogenese organischer Erkrankungen des Z. N. S. iiberh~upt. Wenn ~lso mcine Untersuchungen etwas dazu beitragen sollten, derartige Frage- stellungcn einer LSsung n~herzubringen, so freue ich reich ganz bcson- ders, sie Kraepelin widmen zu kSnnen, der es stets vers tandcn h~t, das n~turwissenschaftliche Denken und Forschcn in sein groi~es Lehrgeb~ude meisterhuft einzuflechtcn.