16
Aus der medizinischen Abteilung der Stiidtischen Krankenanstalten Aachen. (Chefarzt: Prof. Dr. Beltz.) Uber die Einwirkung yon tlypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffweehsel. Yon Franz Robert. (Eingegangen am 20. XI. 1931. Die Erforschung der Wirkung yon Hypophysen-Hinterlappenextrak- ten auf den menschliehen und tierischen Organismus hat seit 3 Jahren einen neuen Weg eingeschlagen. Es gelang damals Kamm 1 und seinen Mitarbeitern, aus dem Hypophysenhinterlappen zwei versehiedene Sub- stanzen zu isolieren, yon denen die eine, das Oxytocin oder Pitocin, die uteruserregende, die andere, das Vasopressin oder Pitressin, die vasopres- sorisehe Wirkung besaB. Sie lieferten damit die exakte Bestatigung ftir die zuerst yon Roca 2 geauBerte Vermutung, dab die Blutdruckwirkung durch eine andere Substanz bedingt sei als die Uteruswirkung. In der Folge stellten besonders Amerikaner und Englander mit den neuen Frak- tionen experimentelle Untersuchungen an. Gargle, Gilli gan und Bluin- g art a fanden die antidiuretische Wirkung des Vasopressins, B u g b e e und Simmond a bestatigten im Tierversueh den Parallelismus des antidiure- tisehen und des blutdrucksteigernden Effektes. Auf Grund genauer Unter- suchungen behaupteten jedoch Hemingway und Peterson 5, dab beide Praparate sowohl Vasopressin wie Oxytocin -- antidiuretisch wirkten, allerdings das erste 20mal so stark wie das zweite. Zu teilweise davon ab- weichenden Ergebnissen kam D rap e r e; er land in Tierversuchen mit Bla- Kamm, Aldrich, Grote, Rowe und Bugbee, Journ. of the Americ. chem. soc. 1928, Bd. 50, S. 573. 2 Roca, Journ. of pharmaeol, a..exp, therapeut. 1921, Bd. 18, S. 1. a Gargle, Gilligan und Blumgart, Journ. of exp. med. 1928, Bd. 98, S. 169. 4 Bugbee und Simmond, Americ. journ, of physiol. 1928, Bd. 86, S. 171. 5 Hemingway und Peterson, JoUrn. of physiol. 1929, Bd. 68, S. 238. s Draper, Amerie. journ, of physiol. 1929, Bd. 89, S. 273.

Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

Aus der medizinischen Abteilung der Stiidtischen Krankenanstalten Aachen. (Chefarzt: Prof. Dr. Beltz.)

Uber die Einwirkung yon tlypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffweehsel.

Yon

Franz Robert. (Eingegangen am 20. XI. 1931.

Die Erforschung der Wirkung yon Hypophysen-Hinterlappenextrak- ten auf den menschliehen und tierischen Organismus hat seit 3 Jahren einen neuen Weg eingeschlagen. Es gelang damals K a m m 1 und seinen Mitarbeitern, aus dem Hypophysenhinterlappen zwei versehiedene Sub- stanzen zu isolieren, yon denen die eine, das Oxytocin oder Pitocin, die uteruserregende, die andere, das Vasopressin oder Pitressin, die vasopres- sorisehe Wirkung besaB. Sie lieferten damit die exakte Bestatigung ftir die zuerst yon Roca 2 geauBerte Vermutung, dab die Blutdruckwirkung durch eine andere Substanz bedingt sei als die Uteruswirkung. In der Folge stellten besonders Amerikaner und Englander mit den neuen Frak- tionen experimentelle Untersuchungen an. Garg le , Gil l i gan und Blu in - g a r t a fanden die antidiuretische Wirkung des Vasopressins, B u g b e e und S i m m o n d a bestatigten im Tierversueh den Parallelismus des antidiure- tisehen und des blutdrucksteigernden Effektes. Auf Grund genauer Unter- suchungen behaupteten jedoch H e m i n g w a y und P e t e r s o n 5, dab beide Praparate sowohl Vasopressin wie Oxytocin - - antidiuretisch wirkten, allerdings das erste 20mal so stark wie das zweite. Zu teilweise davon ab- weichenden Ergebnissen kam D rap e r e; er land in Tierversuchen mit Bla-

Kamm, Aldrich, Grote, Rowe und Bugbee, Journ. of the Americ. chem. soc. 1928, Bd. 50, S. 573.

2 Roca, Journ. of pharmaeol, a..exp, therapeut. 1921, Bd. 18, S. 1. a Gargle, Gil l igan und Blumgart, Journ. of exp. med. 1928, Bd. 98, S. 169. 4 Bugbee und Simmond, Americ. journ, of physiol. 1928, Bd. 86, S. 171. 5 Hemingway und Peterson, JoUrn. of physiol. 1929, Bd. 68, S. 238. s Draper, Amerie. journ, of physiol. 1929, Bd. 89, S. 273.

Page 2: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

368 F. ROBERT:

senfistelhunden, dab die Diuresewirkung nut etwa um die H~lfte starke dagegen seine Blutdruckwirkung mehr als hundertfaeh s toker ist als di des Pitocins. Daraus zieht er den Schlul~, dab ftir die Diuresewirkung de Hypophysins eine besondere aktive Substanz, ein ,,drittes Hinterlappen hormon" verantwortlich zu machen sei. In einer anderen Arbeit verwen. det derselbe Autor 1 die unter beiden Fraktionen in fast gleieher Intensitiit eintretende Herabsetzung des COs-Bindungsvermiigens des Blutplasmas gleichfalls zu der Forderung eines dritten wirksamen Prinzips. Vor ihm schon waft Gaddum s die Frage auf, ob der Effekt auf die Froschmelano- phoren nicht durch eine dritte Substanz bedingt sei, da beide Fraktionen diese Melanophorenwirkung besitzen.

In Deutschland wandte zunachst nur Wagnera den amerikanisehen Ergebnissen sein Interesse zu. Erst als es auch der deutschen Forsehung gelang, aus dem Hypophysin zwei Fraktionsprodukte zu isolieren, und zwar den uteruswirksamen Anteil, das Orasthin, und die diuresehem- mende Komponente, das Tonephin, setzten in Deutschland klinisehe Untersuchungen ein. Rosenbe rg a verglich bei Diabetes insipidus-Kran- ken unter anderem die Tonephinwirkung mit der des Pitressins. Er ver- wandte beide Praparate pernasal und kam zu dem Ergebnis, dab das fltissige Pitressin starker wirke als das trockene Tonephin, welches die Nasensehleimhaut zu stark reize and nicht roll resorbiert wiirde. Die antidiuretische Wirkung des Tonephins wurde dann durch Le b er m an n ~ bestatigt, Is a a c und Sie gel~ verwandten die gleiehe Fraktion mit Erfolg bei der Behandiung yon Insipiduskranken. In ihren experimentellen Untersuehungen stellten sie fest, dab das Tonephin sowohl die Nieren-, wie die GefaB- und Darmwirkung des Hypophysins besitzt, dal~ dagegen nur nach Tonephin, nicht nach Orasthin Diuresehemmung mit gleich- zeitigem Anstieg der NaC1-Konzentration im Ham auftritt. Im Gegen- satz zu diesem Befund land jedoeh C h r o m e t z k a 7 bei Versuchen am Star l ing-Verneyschen Herz:Lungen-Nierenpraparat, dab entspre- chend den amerikanischen Fraktionen beide Prinzipien antidiuretisehe Wirkungen besitzen, das Orasthin aber in geringerem Mal~e als das Tonephin.

Draper und Hill, Proc. of the soc. f. exp. biol. a. reed. 1929, Bd. 27, S. 33. 2 Gaddum, Journ. of physiol. 1928, Bd. 65, S. 434.

Wagner, Med. Klinik 1929, Bd. l, S. 962. 4 Rosenberg, Klin. Wocheuschr. 1930, Bd. I, S. 152. 5 Lebermann. Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 1930, Bd. 70, 8. 41. 6 Isaac und Siegel, Klin. Woehensehr. 1929, Bd. 2, 8. 1700.

Chrometzka, Ebenda 1930. Bd. 2. 8. 1651.

Page 3: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

Einwirkung yon Hypophysin auf den Wasser-Salzstoffwechsel. 369

Bei der Bedeutung, die das Hypophysin im letzten Jahrzehnt in Be- zug auf seinen Wirkungsmeehanismus auf den Wasser-Salzstoffweehsel gewonnen hat, erschien es uns yon besonderem Interesse, die widerspre- chenden Angaben yon I s a a c - S i e g e l und C h r o m e t z k a einer Kontrolle zu unterziehen, also naehzuprtifen, welehen Einflul~ die beiden Hinter- lappeniraktionen auf die Diurese besitzen. Dariiber hinaus sollte fest- gestellt werden, welche Veranderungen der Blutehemismus unter der Ein- wirkung beider Praparate aufweist, ob tatsachlich das uteruswirksame Prinzip im Sinne D r a p e r s und H i l l dieselben Versehiebungen herbei- fiihrt wie das blutdrucksteigernde, eine Frage, die wegen des viel dis- kutierten Angriffspunktes des Hypophysins - - ob renal oder extrarenal - -

besondere Beaehtung verdient.

Methodik. S~mtliche Untersuchungen wurden aus Vergleichsgrtinden an einem ge-

sunden, kr~tigen 19jiihrigen Mann ausgeffihrt. W~hrend der ganzen Versuchs- zeit erhielt er eine Standard-Diiit, der t~iglich etwa 6--7 g Kochsalz zugelegt wurde. Aus Kontrollgriinden wurde der Urin laufend auf seinen NaCl-und N-Gehalt untersueht. Zwischen die Hauptversuchstage wurde jedesmal eine Spanne yon mindestens 4 Tagen eingeschoben.

S~mtliche Versuche fiihrten wir nach gleichem Schema dureh. Dabei bewahrte die Versuchsperson den ganzen Tag tiber Bettruhe und blieb bis um 3 h 30' niichtern. Erst um 15 h 30' erfolgte die erste Malflzeit, um 19 h 15' die zweite. In den Abendstunden war eine weitere Fltissigkeitsaufnahme ge- stattet. Diese Mal~nahmen trafen wir, um jeden Einflu~ der Ernahrung auf die Blut- und die Harnzusammensetzung w~hrend der Hauptversuchsstunden auszuschalten.

Jeder Versuchstag begann nach der ersten Venenblutentnahme mit einer peroralen Zufuhr von 1500 cem reinem Wasser, anschlieltend erfolgte die Injektion des zu priifenden Hypophysenpr~parates, von dem jedesmal zehn Voegtlin-Einheiten subkutan appliziert wurden. Es wurden in allen Versuchen die Markenfabrikate yon Bayer-iV[eister Lucius verwandt.

Die weiteren Venenpunktionen erfolgten unter m6glichst geringer Stauung um 7 h 40', um 9 h 00' und von da ab in 2stiindigem Abstand bis 15 h 00'. Ein Teil des Venenblutes wurde unter Paraffin aufgefangen, und naeh scharfem Zentrifugieren im Serum der C02-Gehalt nach van Slyke und Neill 1, ~ und die Trockensubstanzmenge - - dutch Erhitzen im Brutschrank bei etwa 100 ~ bis zur Gewichtskonstanz - - bestimmt. Der andere Teil des Blutes wurde gleichfalls sofort zentrifugiert, das Serum abpipettiert, und in ihm C1 als NaC1 nach Volhard, Ca und K nach Kramer und Tisdal l , Na nach Rourke 3, die Gefrierpunktserniedrigung mit dem Apparat yon Bur ian und Drucker 4,

I van Slyke und Neill , Journ. of biol. chem. 1924, Bd. 61, S. 523. 2 van Slyke und Sendroy , Ebenda 1927, Bd. 73, S. 127. a Rourke, Ebenda 1928~ Bd. 78, S. 337: 4 Burian und Drucker , Zentralbl. f. Physiol. 1910, Bd. 23, S. 772.

Page 4: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

370 F. RObeRT:

der Eiwei~gehalt mit dem Eintauchrefraktometer nach Pulfr ieh bestimmt. Insgesamt wurden an jedem Versuchstage eswa 175 ccm Blut entnommen.

Der Ham wurde in den ersten 4 Stunden (~- erste Versuchsperiode) nach der Wasserzufuhr 1/2stfindlich, dann bis 15 h 00' (~ zweite Versuchsperiode) sttindlich, anschlie~end um 17 h 00' und um 19 h 00', der Nachturin gesammelt aufgefa~gen. In jeder Harnportion wurden ~enge, spezifisches Gewicht, Ge- Irierpunktserniedrigung, der prozentuelle Koehsalz- und Stiekstoffgehalt bestimmt.

Zu den gleichen Tageszeiten wurde das KSrpergewicht festgestellt, um die extrarenale Ausscheidung zu bereehnen.

Experimentelle Untersuchungen.

Wasserversuch.

Als Vergleich fiir unsere Hypophysinversuche diente uns der iibliche Volhardsche Wasserstol~ mit 1500 ccm Fliissigkeit. Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, wird er normal erledigt. Nach 4 Stunden sind 2045 ccm Was= set ausgeschieden ~-136% der Aufnahme, das spezifisehe Gewieht des Harns sinkt ab bis auf 100], das ~ bis auf --0,14 ~ der prozei~tuelle NaC1- Gehalt bis auf 90 mg und der prozentuelle N-Gehalt bis auf 146 rag. Die Gesamtvalenzwerte sind mit 511,4 in der ersten Versuehsperiode fast dop- pelt so hoch wie mit 272,4 in der zweiten Periode. Auch der Blutchemis- mus zeigt!m Vergleich mit der vorliegenden Literatur ,,normales" Ver- halten. Der Eiwei~gehalt geht um 5,7% herunter, die Trockensubstanz ftillt um 3,2%. Es kommt also sieher zu einer geringgradigen Verdfinnung des Blutes, ein Ergebnis, das mit denen yon S i e b e e k 1, Vei l s, F r o m - he rz 3 u. a. gut fibereinstimmt. Der Elektrolytgehalt des Serums zeigt keine starken Ver~inderungen, lediglich das Bikarbonat f~llt am Ende der Wasserdiurese um etwa 5% gegenttber dem Ausgangswert ab. Ein ahn- liehes Verhalten der Serumionen nach Wasserzufuhr fanden G o l lwi t z e r - Meyer und R a b l 4. Die kryoskopischen Werte verschieben sich inner- halb der Fehlergrenzen. Die Berechnung der Milliaquivalentkonzentra- tionen (s. Tabelle 6) l i~t eine grSl~ere Versehiebung nicht erkennen, eher aber einen geringen Abfall als einen Anstieg.

Die exsrarenale Ausscheidung ist in der ersten und in der zweiten Versuchsperiode ungefahr gleich groB.

Siebeck~ Handb. norm. u. pathol. Physiol. Bd. 17, S. 187. 2 Veil, Biochem. Zeitschr. 1918, Bd. 91, S. 340: 3 Fromherz, Arch. f. exp. Pathol. t~. Pharmakol. 1.923, Bd. 100, S. I. 4 Gollwitzer-]~eyer und Rabl, Zeltschr. f. d. ges. exp. Med. 1926, Bd. 53,

S. 525.

Page 5: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

Einwirkung von Hypophysin auf den Wasser-Salzstoffwechsel. 371

�9

c~

C'q

r

c~

u ~

= ~ 1 1

.~ ~ I ~ ~ = ~ . ~

!i I~J t �84

C ' q ~ O

I :�84 ~ I

�9 " I J - - - -

I - -

I ' I I C'q

o

Page 6: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

372 F. ROBERT:

O

C ,

r r

t ~

, 2 -

r

~

,.t::l

q~

~o

~o

~ 2

~ t . . ~ ~

I l " ~

r ~ ~ r

r162 t"~ [~ . ,,...~

tCZ

Page 7: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

Einwirkung yon Hypophysin auf den Wasser-Salzstoffwechsel. 373

Hypophysin-Wasserversuch. Die beiden wesentlichen Wirkungen des Hypophysins auf die l~ieren-

t~tigkeit kommen deutlich zum Ausdruck. In der ersten Versuchsperiode werden noch nicht 20% des zugefiihrten Wassers ausgesehieden. Die NaC1-Konzentration im Harn steigt auf 1,137 g%, die des N auf 974 mg%. Zweifellos ersteckt sich die Konzentrationskraft der t~iere aueh auf andere Ionen, wie aus dem Gesamtvalenzwert yon 222,2 der ersten Periode im Vergleich zu der Gesamtmenge an l~aC1 (1,45 g) und N (1,68 g) in der- selben Zeitspanne hervorgeht. Es diirfte sich da nach Gol lwi tze r - Meyer und BrScker 1 und nach Leschke2 um Phosphate und um K-Ionen handeln. Dagegen weichen unsere Befunde in zwei Punkten yon den Ergebnissen yon F r o m h e r z ab, der allerdings mit anderer Versuchs- technik arbeitete. Wir fanden w~hrend der wasserantidiuretischen Phase des Hypophysins k e i n e n Anstieg der absoluten K0chsalzmenge im Harn gegeniiber dem reinen Wasserversueh (1,45 g/3,82 g). Die zweite Diffe- renz betrifft den prozentuellen N-Gehalt, tier eindeutig ansteigt, obwohl w~hrend dieser Versuchsperiode eine Nahrungszufuhr nicht stattfand.

Die Einwirkung des Hypophysins auf den Wassergehalt und die Ionenzusammensetzung des Serums ist seit Veils Untersuchungen iiber den Wasserstoffwechsel h~ufig bearbeitet worden. Dabei miissen die Er- gebnisse der Versuche, in denen gleichzeitig Wasserzufuhr stattfand, yon denen geschieden werden, in welehen letzteres unterblieb. Beim Vergleich unserer Resultate mit denen der Literatur ergeben sich keine Differenzen, soweit dieselbe Versuchsmethode eingehalten wurde. Wie bei Raab a, Veil u. a. kommt es schon kurze Zeit nach der Injektion zu einer deut- lichen Senkung des Bluttrockengehaltes und der Refraktometerwerte. Beide sinken im Gegensatz zum reinen Wasserversuch um etwa 10%. Unter den Anionen ist nattirlieherweise das Chlorid der Gegenstand zahl- reicher Untersuchungen gewesen. In unserem Versueh fi~llt es zwar deut, lich, yon 591 auf 568 mg%, also einwandfrei mehr als im reinen Trink- versuch. Jedoch diirfte dieser. Senkung yon nur 3,9% unter Berticksich- tigung der Ergebnisse anderer Autoren keine groBe Bedeutung beigelegt werden. Lediglich F r o m h e r z fand konstant in Tierexperimenten unter Hypophysin und Wasser eine starkere Senkung des Chlorspiegels, als unter Wasser allein. Gol lwi tzer- ]Keyer und Rabl stellten.aber in meh- reren Versuchen am Menschen ein inkonstantes Verhalten der C1-Ver-

Gollwitzer-Meyer und Briicker, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 1928, Bd. 62, S. 17.

Leschke Biochem. Zeitschr. 1919, Bd. 96, S. 50. 3 Raab, Wien. Arch. f. inn. Med. 1929~ Bd. 17, S. 471.

Archiv f. exper iment . Pa th . u. Pharmakol . Bd. 164. 25

Page 8: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

374 �9 F. ROBERT: ' =:

sehiebungen fest. Sie be0bachteten dagegen stets ein starkes Abfallen d( HCOa-und K-Ionen. Wir kiinnen diesen Befund besti~tigen. Gerade dies beiden Elektrolyte wiesen auch in unserem Versuch die st~rksten Vet schiebungen naeh unten auf. Besonders eindeutig kommt die Erniedri gung des Bikarbonates zum Ausdruek, Aueh die Ca- und die Na-Ioner zeigen ein, wenn auch mal~iges Absinken. Entsprechend diesen Befunden steigt die Gefrierpunktserniedrigung an, und zwar yon --0,59 auf --0,56 o. Deutlicher geht der Abfall der Gesamtelektrolyte aus der Berechnung der l~iilliilquivalentkonzentrationen hervor (s. Tabelle 6). Sie sinken parallel mit der Serumverdtinnung yon 287,9 auf 274,3, um nach 8 Stunden den Ausgangswert wieder zu erreiehen. Die extrarenale Wasserausseheidung ist in der ersten Versuchsperiode erheblieh griiBer als in der zweiten.

Tonephin-Wasserversuohe.

Aus der gro•en Anzahl yon Tonephinversuchen, die wir angestellt haben, sind in Tabelle 3a und b zwei Beispiele aufgefiihrt. Alle anderen Versuche verliefen prinzipiell gleichsinnig.

Aus den Protokollen geht die wasserdiuresehemmende Wirkung die- set Fraktion deutlich hervor; sie iibersteigt sogar noch erheblich die des Hypophysins, denn 8 Stunden nach Versuchsbeginn sind in einem Falle erst 41%, im anderen erst 64% der Fltissigkeitszufuhr ausgeschieden. Die Betrachtung der Gesamtvalenzwerte zeigt, in welchem Mal~e gerade unter Einwirkung des Tonephins die Salzausscheidung yon der Wasserdiurese abh~ngig ist. Obwohl der prozentuelle :NaC1-Gehalt extrem hohe Werte erreicht (!486 bzw. 1300 rag%), der prozentuelle :N-Gehalt stark ansteigt (1053 bzw. 711 mg%), liegt die innerhalb von 8 Stunden ausgesehiedene Salzmenge (V.W. 597,0 bzw. 716,9) betri~ehtlich unter der in gleicher Zeit- spanne im reinen Wasserversueh ausgesehiedenen (783,8). Erst auf der Hiihe der diuretischen Phase, etwa 8--10 Stunden naeh Versuchsbeginn, setzt die st~rkste Salzausschwemmung ein.

Der Blutehemismus zeigt unter Tonephin prinzipiell das gleiehe Ver- halten wie unter Hypophysin. Es kommt ziemlich parallel zur eintreten- den Hydramie zum Abfall des Elektrolytgehaltes des Serums, an dem sieh vorwiegr HCOs (8,4 bzw. 11,4%) und K (8,9 bzw. 6,8%) beteiligen. Aber aueh alle anderen Ionen, vorwiegend Ca, erfahren eine au~erhalb der Fehlergrenze liegende Erniedrigung. Dementsprechend sinkt die Milli- /iquivalentkonzentration des Serums stark ab, and zwar yon 294,4 auf 285,0, hzw. yon 296,7 auf 285,2. :Naeh 8 Stunden, also vor Auftreten der maximalen Diurese, sind die Ionenausgangswerte noeh nicht erreieht.

Page 9: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

Einwirkung von Hypophysin auf den Wasser-Salzstoffwechsel. 375

C' -

L ~ .

i

~'~

0 0 ~ . ~ �84 ~ ~ I ~ I ~

~1 ,-,4

-~.~

~ ~ l r ~

~'~

~ I~ ~ i l l f

I �84 , ~ , ~ J ~ J l ,

e.D e.D

I I ~ . - I ~ I

I I ~

Cq

@

] l , [ I J l

I

J

i

~ ' ~ I I ~

I r �84

25*

Page 10: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

376 F. RopER'r:

="

r

="

L ~ .

C~ ~C3

C'q

L"--

v

.~..r

Cr

==

tO

~ . ~

I I ~ I ~ I ~ ' ~

~ ) C q

I ~ = 1 ~

I

I

I

I

I

c o

- - ~ ",~C',]O0.,....~

[ L'~ ~.- ~ r

0,1 ~...~ ~...~

I ~ r oO 0,1

c ' q c',I o";.

~'~ 0,1

,r-r r c ~

OO r162

Cq t~,

I ~ l = - I I l l 0,1 r

- - I

~ : ~ : ~ ,..; c>~:~"r ~

' , ~ o O

t

i

i

I

J

I

c ~ Cq

Page 11: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

Einwirkung yon Hypophysin auf den Wasser-Salzstoffwechsel. 377

Die extrarenale Wasserausscheidung tiberwiegt wie unter Hypophy- sin in der ersten Versuehsperiode.

O r a s t h i n - W a s s e r v e r s u e h e .

Auch mit dieser Hinterlappenfraktion wurde eine grS~ere Anzahl yon Versuchen durchgefiihrt. In den Tabellen 4a und b sind wiederum die Ergebnisse yon zwei Versuchstagen zusammengestellt.

Es geht aus ihnen deutlich hervor, da~ auch das Orasthin eine wasser- antidiuretische Wirkung besitzt. Nur 54 bzw. 66% der Wasserzufuhr wer- den in der ersten Versuchsperiode, in beiden Perioden zusammen aber 136 bzw. 135% ausgeschieden. Beim Vergleich dieser beiden Versuche mit dem reinen Volhardschen Trinkversuch ergibt sich aul~erdem die Er- hShung der molaren Konzentration des Urins durch Orasthin. Besonders eindeutig bringt dies der zweite Versuch zur Darstellung, in dem der kryo- skopische Wert noch 11/$ Stunden naeh der Wasseraufnahme bei --1,62 o liegt (ohne Orasthin bei--0,17~ Hier iibersteigen aber die Gesamt- NaCI-, N- und Valenzwerte der ersten Periode die der zweiten, wenn auch bei weitem nicht so stark wie im einfachen Wasserversuch. Wir kSnnen demnach im gro~en Ganzen die Chrometzkaschen Versuchsergebnisse best~tigen.

Die Verschiebungen im Wasser- und Elektrolytgehalt des Serums sind unter Orasthin bei weitem nicht so weitgehend wie unter Hypophysin und Tonephin. Immerhin ist auffallend, da~ yon den untersuchten Ionen auch hier jedesmal HCOa und K die st~rksten Erniedrigungen aufweisen. Auch die molare Serumkonzentration geht starker herunter als im reinen Trink- versuch, und zwar verl~uft diese Erniedrigung wieder ziemlich parallel zur Zunahme des Wassergehaltes. Nach 8 Stunden sind die Ausgangs- werte fast wieder erreicht.

Die extrarenale Fliissigkeitsabgabe ist in der zweiten Periode grS~er als in der ersten.

Eine gedrangte Zusammenstellung aller Versuchsergebnisse findet sich in den Tabellen 5 und 6. Die erste yon beiden behandelt die quanti- tativen und qualitativen Versehiebungen im Ham, die andere enthalt die Ver~nderungen der MiUiaquivalentkonzentration des Blutserums.

Die kritisehe ~bersicht tiber die Gesamtheit aller Ergebnisse, beson- ders die gleiehzeitige Betrachtung der Blut- und Harnversehiebungen in jedem einzelnen Hypophysinversueh, fiihrt dazu, sich mit der Frage aus- einanderzusetzen, inwieweit die Serumveranderungen auf die Umstellung der Nierent~tigkeit zurtickzuftihren sind. Anders gefal3t, dtirfte das Pro- blem so hei]en: Lassen sieh alle Versuchsergebnisse durch einen rein

Page 12: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

3 7 8 F. ROBEUT:

o

r r

O

O

5"q

I

>

!

7~

a)

I t ~ ~

~o

O0

~ l I ~

I i ~

t

t" -

r

f I I-~"

O~

.Sxl

I

I l l I

I l l L

r

r

I

oO ~q

r s

r ~q 5xt

Page 13: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

E i n w i r k u n g y o n H y p o p h y s i n a u f d e n W a s s e r - S a l z s t o l T w e c h s e l . 3 7 9

Q

w

�9

I

r ' -

r~

!

~

J

~ ~ I ~ I ~ I ~ ~ m

o

.~ o~ ~ ~ ~.~,

!

i f ~ J ~

~

'~ I I I qq

r j J i I

J I I I J

j t i j i

�9 J I I I

I I ! I

J I J r I

I I l l I

( I I I

~q

q q q q

Page 14: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

3 8 0 F . ROBERT:

1. und 2. Versuchsperiode

2. Versuchsperiode

~ ,~ ~ 1. Versuchsperiode % der Aufnahme

1. Versuchsperiode

r~

1. und 2. Versuchsperiode

~>~ ~ 2. Versuchsperiode

r 1. Versuchsperiode

~D

.~ 1. und 2. Versuchsperiode

�9 fl 2. Versuchsperiode

1. Versuchsperiode

�9 ,-~ r 1. und 2. Versuchsperiode

�9 ~ ,.~ ~ 2. Versuchsperiode

1. Vers~chsperiode

(D ~0 1. und 2. Versuchsperiode

% der A u f n a h m e

1. und 2. Versuchsperiode

~ 2. Versuchsperiode

"~ 1. Versuchsperiode % der Aufnahme

"~ 1. Versuchsperiode

e "N +

Gq ~

Cq Cq r

~ Cq

. ~ t ~ ~ ~

r

~q g q ~'q

~q Cq 0D

c q

r

D*

O0

v~

QO

O

Cq

J~

o

+

Page 15: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

Einwirkung von Hypophysin auf den Wasser-Salzstoffwechsel. 381

renalen Angriffspunkt des Hypophysins, bzw. seiner Fraktionen, erkl~- ten, oder mfissen extrarenale ~echanismen mit herangezogen werden?

Tabelle 6. Ver~nderung der Mill i~quivalentkonzentration im Serum.

r 7~oo, 17h~, I 9 ~ , I ~ihoo, 118h~, 15~oo,

. | I 287.9 I J 274. I I 88.1

1500 ccm H~O+Orasthin . I 291,1 ! 284,6 I 284,6 [ 290,7 I 286,4 I 288,0

Auf Grund der zahlreichen Untersuchungen verschiedenster iV[etho- dik, die gerade in den letzten Jahren durchgeffihrt worden sind (R a a b 1, J ans sen 2, Gremelsa), dttrfte fiber einen primiir renalen Angriffsptmkt des Hypophysins kein Zweifel mehr bestehen. Auch die yon uns teilweise mit neuer ~ethode festgestellte Hydr~mie lal~t sich am einfachsten durch eine nierensperrende Wirkung erkl~ren. Die Parellelismen Wasseranti- diurese und Blutverdfinnung oder Diurese und Bluteindickung lassen sieh in allen Versuchen eindeutig zeigen. Zu gleicher Zeit mit der Sperrung der Wasserabflusses tritt der barnmolsteigernde Effekt des Hypophysins in Erscheinung. Es gelingt aber trotzdem niemals der Niere, die ihr durch den Wasserstol~ zugeffihrten Ionen vollkommen zu eliminieren. Die Ge- samtvalenzwerte liegen unter Einwirkung yon Hypophysenpraparaten durcbschnittlich immer um die Halfte niedriger als im reinen Wasser- versuch. D~raus ergibt sich die Forderung einer Ionenretention, zum min- desten in der Blutbahn. Dem diirfte das Absinken der molaren Blut- serumkonzentration widersprechen. Jedoch ist dieser Abfall nut ein scheinbarer, in Wirklichkeit kommt es wohl zu einem Ionenanstieg, denn die Erniedrigung der Milliaquivalentkonzentration erreicht in keinem Falle die des Trockengehaltes. Z. B, fiillt im Hypophysinversuch (Ta- belle 2) innerhalb von 2 Stunden der Trockensubstanzgehalt von 8,48% auf 7,77%. Das bedeutet eine Erniedrigung yon 9,2%. In derselben Zeit- spanne sinken dagegen die l~illiaquivalentmengen nur yon 287,9 auf 274,3 = 4,7%. ~.hnlich liegen die Proportionen in den anderen Versuchen.

I R a a b , a. a. 0. 2 Janssen, Klin. Wochenschr. 1928, Bd. 2, S. 1680. 8 Gremels, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1928, Bd. 130, S. 61.

Page 16: Über die Einwirkung von Hypophysin und seinen Fraktionen auf den Wasser-Salzstoffwechsel

382 F. ROBERT: Einwirkung yon Hypophysin auf den Wasser-Salzstoffwechsel.

Berticksichtigt man die Tatsache, da~ parallel mit Zu- und Abnahme der Hydramie die Salzkonzentrationen des Serums schwanken, so kann man den Satz aufstellen: Unter Hypophysin und Wasser verhalt sich die too- late Konzentration des Blutserums proportional zur Wasserdiurese. Da- mit diiffte ein extrarenaler Wirkungsmechanismus des Hypophysins und seiner Fraktionen in Bezug auf den Wasser-Salzstoffwechsel abzulehnen sein. Da die Verschiebungen der Alkalireserve nut im Rahmen der ge- samten Elektrolytverhaltnisse bewertet werden diirfen, kSnnen wir auch der Forderung yon D r a p e r und Hil l nach einem dritten Hypophysen- hinterlappenhormon nicht beipflichten.

Zusammenfas sung .

Das Tonephin hat zum mindesten die gleiche wasserantidiuretische und molkonzentrierende Wirkung wie das Hypophysin. Es bewirkt wie j enes keine Steigerung der a b s o 1 u t e n Salzausscheidung. Die Ver~nde- rungen des Serumionengehaltes sind unter beiden Praparaten fast gleich stark, es kommt im Vergleich zum einfachen Wasserversuch zu einer er- heblichen Reduktion der Gesamtelektrolyte, die ihr Maximum etwa 11/2 Stunden nach der Injektion erreieht, urn yon da ab (immer ent- sprechend der Wasserdiurese und der Abnahme der Blutverdtinnung) all- mi~hlich zur Norm zurtickzukehren.

Das Orasthin besitzt auf den Wasser-Salzstoffwechsel den gleichen Effekt wie das Hypophysin. Es unterscheidet sich yon diesem lediglich durch seinen geringeren Wirkungsgrad. Dies geht sowohl aus den Harn-, wie aus den Serumveranderungen hervor.