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ANNALEN DER PMYSIK 5. FOLG1E BAND 30 HEFT 4 OKTOBER 1937 fber dde G~ZtCgkedtsgrenxem des Reeomamq3rWps der UmZadumg Vom Pram WoZf (Mit 13 Abbildungen) 6 b er si c h t : I. Ergebnisse neuer Umladungsmessungen. - 11. Zusammen- stellung des gessmten Versuchsmaterials. - 111. Priifung des Resonanzprinzips: 1. Resonanzkurven; 2. Verschiedene Moglichkeiten beim umladenden StoB; 3. Strenge Resonanz; 4. Kleine Resonanzverstimmungen ; 5. GroSe negative Resonanzverstimmungen; 6. GroBe positive Resonanzverstimmungen. - Zu- ssmmenfassung. Nachdem aus meinen fruheren Arbeitenl) eine ganze Reihe von experimentellen Erfahrungen uber Umladungsvorgange zur Verfugung steht, sollen im folgenden die Giiltigkeitsgrenzen des Resonanzprinzips fiir die Umladung zwischen langsam bewegten Ionen und Gas- molekulen einer systematischen Prufung unterzogen werden. Auf Grund der Einzelergebnisse verschiedener vorangehender Experimental- untersuchungen2) haben zuerst Kallmann und Rosen dieses Prinzip formuliert und quantenmechanisch begriindet 3, sowie seine Richtig- keit an zahlreichen StoBversuchen erprobt 4). Uanach ist die Aus- beute an umladenden StoBen eine Funktion des Unterschiedes A = En- Ei zwischen der vom Strahlion bei seiner Neutralisierung abgegebenen Energie En und der zur Ionisation des getroffenen Gasmolekuls aufgewandten Arbeit Ei. J e weniger beide GroBen voneinander verschieden sind, eine desto grogere Umladungsausbeute ist zu erwarten. Fiir A = 0 sol1 sie ein Maximum erreichen und mit wachsendem I A I, fur beide Vorzeichen symmetrisch, ziemlich 1) Hierher gehorige Arbeiten zitiere ich wie friiher: F. Wolf, Ann. d. Phys. 23. S. 627. 1935 kurz ,,II": 26. S. 737. 1936: ,,IVi'; 27. S. 543. 1936: ,,VI"; 28. S. 361. 1937: ,,VIIIi'; 28. S. 438. 1937: ,,IX"; 29. S. 33. 1937: ,,Xi'. 2) Literatnr vgl. vor allem im folgenden Zitat, S. 66. 3) H. Kallmann u. B.Rosen, Ztschr. f.Phys. 61. S. 61. 1930. 4) H. Kallmann u. B. Rosen, a. a. 0. sowie Ztschr. f. Phps. 64. S.806. 1930. Annalen der Physik. 5. Folge. 30. 21

Über die Gültigkeitsgrenzen des Resonanzprinzips der Umladung

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ANNALEN DER PMYSIK 5. FOLG1E B A N D 3 0 H E F T 4 O K T O B E R 1937

f b e r dde G~ZtCgkedtsgrenxem des Reeomamq3rWps der UmZadumg

Vom P r a m WoZf

(Mit 13 Abbildungen)

6 b er si c h t : I. Ergebnisse neuer Umladungsmessungen. - 11. Zusammen- stellung des gessmten Versuchsmaterials. - 111. Priifung des Resonanzprinzips: 1. Resonanzkurven; 2. Verschiedene Moglichkeiten beim umladenden StoB; 3. Strenge Resonanz; 4. Kleine Resonanzverstimmungen ; 5. GroSe negative Resonanzverstimmungen; 6. GroBe positive Resonanzverstimmungen. - Zu- ssmmenfassung.

Nachdem aus meinen fruheren Arbeitenl) eine ganze Reihe von experimentellen Erfahrungen uber Umladungsvorgange zur Verfugung steht, sollen im folgenden die Giiltigkeitsgrenzen des Resonanzprinzips fiir die Umladung zwischen langsam bewegten Ionen und Gas- molekulen einer systematischen Prufung unterzogen werden. Auf Grund der Einzelergebnisse verschiedener vorangehender Experimental- untersuchungen2) haben zuerst Ka l lmann und Rosen dieses Prinzip formuliert und quantenmechanisch begriindet 3, sowie seine Richtig- keit an zahlreichen StoBversuchen erprobt 4). Uanach ist die Aus- beute an umladenden StoBen eine Funktion des Unterschiedes A = En- Ei zwischen der vom Strahlion bei seiner Neutralisierung abgegebenen Energie En und der zur Ionisation des getroffenen Gasmolekuls aufgewandten Arbeit Ei. J e weniger beide GroBen voneinander verschieden sind, eine desto grogere Umladungsausbeute ist zu erwarten. Fiir A = 0 sol1 sie ein Maximum erreichen und mit wachsendem I A I, fur beide Vorzeichen symmetrisch, ziemlich

1) Hierher gehorige Arbeiten zitiere ich wie friiher: F. Wolf, Ann. d. Phys. 23. S. 627. 1935 kurz ,,II": 26. S. 737. 1936: ,,IVi'; 27. S. 543. 1936: ,,VI"; 28. S. 361. 1937: ,,VIIIi'; 28. S. 438. 1937: ,,IX"; 29. S. 33. 1937: ,,Xi'.

2) Literatnr vgl. vor allem im folgenden Zitat, S. 66. 3) H. K a l l m a n n u. B.Rosen , Ztschr. f.Phys. 61. S. 61. 1930. 4) H. K a l l m a n n u. B. R o s e n , a. a. 0. sowie Ztschr. f. Phps. 64. S.806.

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rasch nach Art einer Resonanzkurve abfalles. Allerdings gilt diese einfache Form der GesetzmaBigkeit nur fur den Fall, dafl bei den Zusammenstoflen allein Umladung ohne irgendeine Anregung der Partner stattfindet. Besteht bei dem ZusammenstoB aufler dem reinen Austausch eines Elektrons eine energetische Wahrscheinlich- keit fur die Aufnahme quantenhafter Anregungsarbeit, was bei positivem A, vor allem, wenn Molekule mit im Spiel sind, leicht der Fall sein kann, so werden die uberlegungen verwickelter. Hierauf wird spater im einzelnen einzugehen sein.

Ich gebe im folgenden zur Vervollsfandigung der experimentellen Unterlagen zunachst neue Umladungsmessungen bei einigen geeignet ausgewahlten Paaren von StoBpartnern wieder, wodurch noch vor- handene Lucken in der Reihe der moglichen Resonanzverstimmungen d ausgefiillt werden. AnschlieBend sol1 d a m an Hand des gesaniten jetzt vorliegenden Erfahrungsmaterials untersucht werden, wie weit das Resonanzprinzip bei Variation der Resonanzverstimmung A so- wie der Geschwindigkeit der stoflenden Ionen das tatsachliche Ver- halten richtig wiedergibt.

I. Ergebnisse neuer Umladungemeseungen

Mittels des in Arbeit ,,VI" entwickelten Verfahrens wnrde an sechs verschiedenen StoBvorgangen die Abhangigkeit des Umladungs- querschnitts von der Geschwindigkeit der Strahlionen zwischen rund 30 und 1020 Volt untersucht. Die MeBergebnisse sind in den Abb. 1-6 niedergelegt. F u r die Anlage der Abbildungen und die Bedeutung der Punkte sowie der beigef ugten senkrechten Striche gilt das friiher wiederholt gesagte.

Die Abb. 1-3 beziehea sich auf St6Be mit wachsender negativer Resonanzverstimmung. Der jeweilige Wert von A wurde den Ab- bildungen beigefugt. Wie man sieht, ist die Ausbeute an umladendeu Stoflen hier durchweg sehr klein. Deutliche Anomalien auf der Seite kleinster Geschwindigkeiten wie bei den meisten Stoflvorgangen mit kleiner Resonanzverstimmung von ?,VI" sind nicht zu erkennen. Allenfalls bei N,'-t Ne in Abb. 1 mag gegen 5,5 hin ein schwacher Wiederanstieg erfolgen, der aber auch durch Meflunsicher- heiten vorgetiuscht sein konnte. Dagegen mu6 man die ganzen Kurven ihrem Charakter nach als anomal bezeichnen. Denn die theoretischen fjberlegungen l) verlangen einen monotonen Anstieg des Umladungsquerschnitts mit wachsender Strahlenergie bis zu einem Maximum, das nach allen bisherigen Erfahrungen erst bei

1) Vor allem H. S. \Ir. Massey u. R. A. S m i t h , Proc. Roy. Soc. A. 142. S. 142. 1933.

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vielen tausend Volt zu erwarten ist. Die gemessenen Umladungs- kurven fallen aber durchweg nach einem flachen Maximum in der Gegend von 200-400 Volt gerade gegen die grogten untersuchten Geschwindigkeiten von etwa 1000 Volt hin bis fast auf den Wert 0 ab ohne die geringste Andeutung des erwarteten Anstiegs. Ahnliche Falle waren auch in Arbeit ,,VI" schon beobachtet. Auf der Seite negativer A fehlte bei N + - t H , und Ne+-+He, bei positiven d fur N,+ -+ H, und Ar+ --t H, jedes Anzeichen fa r eine Zunahme

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Abb. 1. Umladungsquerschnitt bei N,+-+ Ne. A = - 5,96 Volt

Abb. 3. Umladungsquerschnitt bei N+-+ Ne. A = - 7,Ol Volt

der Umladung mit wachsender Strahlenergie. Vielleicht darf man bei den neuen wie bei diesen alten Fallen erwarten, da8 der voraus- gesagte Anstieg erst bei groBeren, von meinen Messungen nicht erfaBten Geschwindigkeiten einsetzt. Dann waren die bisher be- obachteten Kurvenstucke den friiher in vielen Fallen bei kleinster Strahlenenergie gefundenen anomalen Maxima zu vergleichen, die sich hier nur iiber einen riel grii8eren Geschwindigkeitsbereich er- streckten. Messungen bei groficn Strahlenergien sollen diese Fragen aufklaren.

Die Abb. 4-6 zeigen die Umladung bei Stohorgangen mit wachsender positiver Resonanzverstimmung. Hier i6t die Ausbeute groB, der Kurvencharakter aber nicht einheitlich. Abb. 4 und 5

21 *

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liefern ohne Anomalie den theoretisch erwarteten Anstieg mit zu- nehmender Geschwindigkeit. In Abb. 6 ist wieder schwer zu ent- scheiden, ob nur Mefiunsicherheiten oder irgendwelche Anomalien

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Abb. 4. Umladungsquerschnitt bei He+-+ Ne. A = + 3,OO Volt

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Abb. 5. Umladungsquerschnitt bei Ne+- t N,. A = + 5,96 Volt

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den welligen Verlauf bei kleinster Strahlenergie verursachen. I m ubrigen ist gerade diese Kurve aufierordentlich merkwiirdig. Es befindet sich keine ahnliche unter samtlichen bisher untersuchten Fallen mit Resonanzverstimmung. Der Verlauf erinnert aber an

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Wolj. Die Gultigkeitsgrenxen des Resonanzprinzips der Urnladung 317

die Umladung bei StoBen mit strenger Resonanz. Um zu einer Deutung zu gelangen, muB man beachten, daB neben der Umladung hier zweifellos auch Anregung des N,-Molekiils stattfindet, worauf in Abschn. III, 6 noch nuruckzukommen sein wird.

11. Zusammenstellung des gesamten Versuchsmaterials

Die Abb. 7 gibt eine flbersicht iiber das gesamte jetzt zur Ver- fugung stehende Versuchsmaterial. Sie umfaBt allerdings nur die StoBvorgange mit Resonanzverstimmung. Solche unter strenger Resonanz, die bereits in Arbeit ,,Xi' zusammengestellt sind, werden in dem spater folgenden Abschn. III,3 gesondert behandelt. Neben den Betragen von A, die in Abb. 7 nach unten wachsen, wurden in gleichem MaBstab links die Umladungskurven mit negativer, rechts diejenigen mit positiver Resonanzverstimmung eingezeichnet. Die Abszisse lauft in jedem Teilbildchen von 0-40 VZE, die Ordinate von 0-60cm-'. Die Herkunft einer jeden Kurve ist jeweils in Klammern durch die romische Ziffer der betreffenden Veroffent- lichung angegeben.

Im einzelnen ist zu dieser nbersicht noch folgendes zu be- merken: Der groBte Teil der MeBergebnisse stammt aus Arbeit ,,VI". Neben der hieraus entnommenen Kurve fur H+ --f d r ist in dasselbe Teilbildchen unter A = - 2,16 Volt auch diejenige fur D++ Ar von ,,VIII" gestrichelt eingetragen. Sechs weitere Falle wurden aus dem Kap. I der vorliegenden Veroffentlichung jbezeichnet mit ,,XI") entnommen. In Arbeit ,,IX" waren ferner insgestcmt 5 verschiedene StoBvorgange von Alkaliionen untersucht, die alle unter groBer negativer Resonanzverstimmung ablaufen. Da hierbei durchweg praktisch die Umladung Null gefunden wurde, habe ich nur die beiden Extremfalle groBter und kleinster Resonanzverstimmung unten links in die obersicht der Abb. 7 aufgenommen. Dazwisclien sind also noch drei weitere Kurven desselben Charakters liegend zu denken.

SchlieBlich stehen aus Arbeit ,,IVL' noch Umladungsmessungen an H,+-+ Ne und He+-+ Ar rnit A =- 6,lO bzw. + 8,78 Volt zur Verfugung. Diese Knrven durften in die vorliegende Zusammen- stellung allerdings nicht unverandert ubernornmen werden weil sie noch mittels meines alteren Verfahrens von ,,II" gewonnen waren, das systematisch zu groBe Querschnittswerte lieferte. Durch den in ,,VI", Abschn. IV, 1, durchgefiihrten Vergleich an H,++ Ar zwischen den Messungen mittels der alten und der neuen Methode sind jedoch die Mittel vorhanden, nm die alten Ergebnisse auf ihre richtige GroBe umzurechnen. Bei H,+-t Ne, wo friiher schon die

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A Volt

N+ --t N,

N+ -+ Ar

H+ --t H,

H+ --t Ar

Ne+ --t He

N,+ -* Ne

H,+ --t Ne

N+,'-+ Ne

El - 1,05

- 1,23 r,l i_,l - 1,84

- 2J6

- 6,lO

- 7,Ol

8,78 + 1 1 He+ --t Ar (IV) /

(XI) N2+ --t He

(IX) Li+ - t H , - 10,Ol

(IX) K+--tHe - 2OJ5

Abb. 7. ubersicht iiber samtliche unterauchten Umladungsvorghge mit Resonanzverstimmung, geordnet nach wachsenden Betrlgen von A

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W o l f . Die Giiltigkeitsgrennen des Resonanzprinzips der Urnladung 319

Umladung durchweg fast Null war, wird die Abanderung kaum merklich. Dagegen verkleinern sich die Werte fur He+-+ Ar er- heblich. Ich habe, um die neu abgeleiteten Umladungsquerschnitte fur He+-+ Ar deutlicher als durch Abb. 7 festzuhalten, die ver- besserte Kurve gesondert in groBerem MaBstab in Abb. 8 wieder- gegeben, in die auch die fruhere Kurve von ,,IV" gestrichelt ein- getragen ist. Die Genauigkeitsgrenze dieser Umrechnung wird in Abschn. 111, 6 noch besonders besprochen werden.

Abb. 8. Umrechnung der Umladungskurve fur He+-+ Ar. A = I- 8,78 Volt

Nach dieser Angleichung stutzen sich samtliche Messungen der Abb. 7 auf ein und dasselbe Versuchsverfahren von ,,VI", dessen Zuverlassigkeit dort eingehend diskutiert wurde. Die verschiedenen Kurven sind danach ohne Vorbehalt untereinander vergleichbar.

HI. Prufung des Reeonansprinzipa 1. R e s o n a n z k u r v e n

Die Prufung des Resonanzprinzips gestaltet sich am ubersicht- lichsten, wenn man bei festgehaltener Strahlenergie die Ordinaten sarntlicher gemessener Umladungskurven uber der zugehorigen Re- sonanzverstimmung A auftragt. Dies ist in den folgenden Abb. 9-12 fiir 4 verschiedene Energien, namlich fiir 1024 Volt (32,O lmt) 484 Volt (22,O 1/mi), 196 Volt (14,O l/m) und 64 Volt (8,O Imt) - in wenigen Fallen unter geringer Extrapolation der MeBkurven - durchgefiihrt. Zur Sicherheit ist dabei von den groBen Original- zeichnungen ausgegangen, in denen fruher der jeweilige Kurven- verlauf aus den Einzelmessungen abgeleitet wurde. In der Umgebung von A = 0 sind fast alle Kombinationen Ton StoBpartnern, die sich unter Verwendung der Gase He, Ne, Ar, H, und N, und ihrer Ionen uberhaupt zusammenstellen lassen, tatsachlich beobachtet. Bei groBeren Betragen von A dagegen habe ich a m einer groBeren Reihe von Moglichkeiten nur einige Beispiele ausgewahlt, die das Charakteristische wohl hinreichend deutlich zeigen. Trotzdem wurden die Einzelpunkte der Abb. 9-12 einfach durch Polygonziige mit-

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Abb. 9. Umladungsquerschnitte in AbhLngigkeit von der Resonanzverstirnmung bei 1024 Volt

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-20 -70 -8 -6 -4 -2 0 2 ' Y 6 ' BMfA

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0 2 Y 6 ' BfiIfA -20 -70 -8 -6 -4 -2

Abh. 10. Dgl. bei 484 Volt

Abb. 11. Dgl. bei 196 Volt

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Toy. Die Oiiltigkeitsgrenzen des Resonanzprinzips der Urnladung 321

einander verbunden. Die Verbindungslinien geben also nicht streng den wahren Sachverhalt im Bereich zwischen den Beobachtungs- punkten an, sondern wiirden durch weitere Einzelmessungen sicher noch verandert werden. Die nicht in den Kurvenzug einbezogenen Punkte bei - 2,16 Volt gehoren zu dem StoB D+-r Ar.

Bei dieser Darstellung sollten die MeBpunkte nach der einfachen Form des Resonanzprinzips alle auf einer glatten Resonanzkurve liegen, die bei A = 0 ihr Maximum hat und nach beiden Seiten hin symmetrisch abfallt. Allerdings gilt dies nur unter der Voraus- setzung, dat3 bei allen StoBen die Wechselwirkungeenergien zwischen den Partnern gleich und zwar etwa gleich denjenigen zwischen einem Wasserstoffatom nnd einem Wasserstoffion sind. Da dies in Wirklichkeit sicher nicht zutrifft, ist nur qualitative fjbereinstimmung der Beobachtungen rnit einer glatten Kurve zu erwarten, und man muB aus dem starken Herausfallen einzelner Punkte sofort auf eine besondere Eigenart der Wechselwirkungsenergien schlieBen konnen.

2. Verschiedene Maglichkeiten beim umladenden StoB Bevor solche nberlegungen aber iiberhaupt zulassig sind, mu8

fur jeden StoBvorgang zunachst feststehen, ob er auch wirklich bei der richtigen Sbszisse A in die Darstellung eingetragen ist. Bisher war namlich bei der Berechnung der Resonanzverstimmungen A = E,, - Ei immer von der Energie E, zur Neutralisation des unangeregten Strahlions in eine unangeregte neutrale Partikel und ebenso von der Ionisierungsarbeit Ei des getroffenen Teilchens vom Grundznstand aus und ohne Anregung des entstehenden Ions aus- gegangen, und hiernach sind die Abb. 9-12 gezeichnet. Es besteht aber immer die Miiglichkeit, dab die Umladung sich nicht zwischen den Grundniveaus sondern zwischen irgendwelchen angeregten Zu- standen der StoBpartner vollzieht, was eofort andere tatsachliche Energien E, und Ei und damit ein verandertes A liefern muB. Um hier klar zu sehen, seien 4 grundsatzliche Moglichkeiten unterschieden. Die beiden ersten beziehen sich auf den Fall, daB ein Partner sich bereits zIor dew Stop in einem hoheren Anregungszustand befindet:

Full A . Das Strahlion ist vor der Umladung a19 Folge seiner Erzeugung durch ElektronenstoB angeregt. Bei seiner Neutralisierung im UmladungsstoB steht dann ein gro6eres En als im unangeregten Fall zur Verfiigung, A fallt groBer Bus. Der betreffende MeBpunkt ware in den Abb. 9-12 entsprechend weiter rechts einzutragen. - Tatsachlich sind bei allen hier als Geschosse benutzten Partikeln Spektrallinien beobachtet, die auf einen Elektronensprung im Ion unmittelbar nach seiner Erzeugung durch den ElektronenstoB hin-

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weisen. Doch durfte die Wahrscheinlichkeit fiir derartige gleich- zeitige Anregungen des Ions wahrend seines Erzeugungsvorgangs ganz allgemein klein sein, gegenuber derjenigen fur die bloBe Ionisation, da dann ja auBer der Abtrennung des ersten Elektrons gleichzeitig noch ein zweites auf ein hoheres Niveau gehoben werden muB. Jedenfalls ist f iir die Anregung verschiedener Ar II-Linien nur knapp der tausendste Teil der Ausbeute gefunden’) wie fur die reine Ionisierung des Ar. Man wird daher im Strahl fast am- schlie8lich Ionen erwarten diirfen, bei denen sich das Leuchtelektron im Grundzustand befindet. Fur die Molekulionen H,+ und N,+ besteht daneben aber noch die Moglichkeit, da8 irgendein hoherer Rotations- oder Schwingungszustand durch den ElektronenstoB an- geregt wird. Hierbei darf man wie bei allen folgenden Betrach- tungen in erster Annaherung von der Rotation ganz absehen, da die diesbezuglichen Quanten schon beim Wasserstoff nur einige Hundertstel Volt betragen und beim Stickstoff wegen des grofieren Tragheitsmoments noch vie1 kleiner sind. Anders liegen die Uinge fur die Aufnahme von Schwingungsenergie. Bei der BeschieBung von Wasserstoff mit Elektronen fanden zahlreiche Autoren ,) eine merkliche Bildung von H,+ erst bei einer Elektronenenergie, die um etwa 0,5 Volt groSer als die Ionisierungsspannung von 15,37 Volt des H, ist. W-enn spater Bleakney3) H,+-Ionen auch schon genau von der Ionisierungsspannung an nachweisen konnte, so beginnt doch seine Ausbeutekurve ebenfalls erst bei etwas groBerer Elek- tronenenergie, steiler anzusteigen. Demnach wird offenbar bei allen diesen Versuchen in der Regel wahrend der Ionisierung des H, durch ElektronenstoB gleichzeitig etwa 0,5 Volt Schwingungsenergie im entstehenden Ion aufgespeichert. Es muB allerdings fraglich bleiben, ob dies auch noch fur den Fall gilt, daS das Wasserstoffgas wie bei allen meinen Versuchen mit Elektronen der verhaltnismafiig groBen Energie von 80-100 Volt beschossen wird. - Ganz Analoges gilt auch fur die Bildung von N,+ aus N, durch ElektronenstoB. Erst bei der Elektronenenergie von 15,s Volt werden Molekulionen in rnerklicher Menge beobachtet, wahrend die spektroskopisch er- mittelte Ionisierungsspannung bei 15,51 Volt liegt. Der Fall A liefert also als einzige zu beachtende Ergebnisse, daB bei Stofien des H, +-Ions moglicherweise mit einer VergroBerung des A-Werts urn 0,5 Volt, bei solchen des N,+ urn 0,3 Volt zu rechnen ist.

1) 0. Fi scher , Ztschr. f. Phys. 86. S. 646. 1933. 2) Vgl. hierfiir und fur das Folgende vor allem W. de Groot u. F. M.

3) W. Bleakney, Phys. Rev. 40. S. 496. 1932. Penning in Hdb. d. Phys. Bd. 23/1.

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Wolf. Die Guliighitsgrenzen des Resonanzprinzips der Untladung 323

Fall B. Prinzipiell konnte auch das beschossene Gnsmolekiil sich vor dem UmladungsstoB in einem angeregten Zustand befinden. Dadurch wiirde Ei kleiner, A also wieder vergroBert. - Bei Zimmer- temperatur verharrt nun aber selbstverstandlich jedes Gas elektronen- maBig im Grundzustand, und dasselbe darf bei den Molekiilgasen auch fur den Schwingungszustand angenommen werden. Der Fall B spielt claher fiir das Folgende keine Rolle.

Die restlichen beiden E'alle bezieheu sich auf die Moglichkeit, da6 nach dem Umladungsstoj3 einer der Partner angeregt zuriickbleibt. Sie untersclieiden sich von den bisherigen grundsatzlich dadurch, daI3 gerade das Resonanzprinzip fur solche Vorgange dann eine besondere Wahrscheinlichkeit voraussagt, wenn ihr Eintreten wahrend der Um- ladung gleichzeitig eine Verminderung des Betrags von A zur Folge hat, wenu hierdurch also eine bessere Resonanz, d. h. moglichste Gleichheit der insgesamt abgegebenen und aufgenommenen Quanten- energie herbeigefiihrt wird. DaB diese Auffassung richtig zu sein scheiut, geht nicht nur aus den Umladungsversuchen von K a l l m a n n und R o sen hervor, sondern noch unmittelbarer weisen hierauf zahl- reiche spektroskopische Beobachtungen, vor allem von P a s c h e n und seinen Mitarbeitern, hin. Beispielsweise fand T a k a h a s h i ' ) bei einer Hohlkathodenentladung in Heliumgas, dem wenig Cadmiumdampf beigemischt war, eine ungewohnlich starke Anregung bestimmter Funkenlinien des Cd. Dabei stimmt der Energiebetrag, der zur Ionisation des Cd und zur gleichzeitigen Anregung des entstehenden Cd+ auf das Ausgangsniveau dieser Linien notig ist, aiemlich genau mit demjenigen iiberein, den in der Entladung vorhandene He+-Ionen bei ihrer Neutralisierung abgeben. Es findet hier offensichtlich bevor- zugt Umladung unter moglichst vollstandigem Austausch der Quanten- energie statt.

Fall C. Die Strahlpartikel bleibt nach ihrer Neutralisation an- geregt. Dies bedeutet eine Verringerung der Energie E,. Also wird A verkleinert, der betreffende Punkt muB in den Abb. 9-12 entsprechend nach links rucken. - Will man diese Moglichkeit bei den unter- suchten StoBvorgangen priifen, so geniigt es nicht, nur die durch Auswahlregeln oder ElektronenstoBversuche bekannten fjbergange zu beachten, sondern man muB alle iiberhaupt moglichen dnregungs- stufen in Betracht ziehen, da iiber die nbergangswahrscheinlichkeiten bei den Umladungsprozessen von vornherein gar nichts bekannt ist. Bei den benutzten atomaren Strahlpartikeln im neutralen Zustand

1) Y. Takahashi , Ann. d. Phys. [5] 3. S. 27. 1929.

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sind nun aber selbst die niedrigsten Anregungsstufen meist sehr grog. Sie betragen fur:

In keinem der in Abb. 7 oder Abb. 9-12 gezeichneten Falle wurde hiernach, wie man leicht pruft, eine nach der Umladung verbleibende Anregung der atomaren Strahlpartikel einen kleineren Wert I A J liefern als der in den Abbildungen vorausgesetzte flbergang ins Grundniveau. Immer wiirde man mit Anregung eine weit auf der negativen Seite liegende groBe Resonanzverstimmung erhalten. Das- selbe gilt, wenn auch nicht so ausgepragt, ebenfalls fur die mole- kularen Strahlpartikeln, die ja nach ihrer Neutralisation auger in Elektronentermen auch schwingungsmafiige Anregungsenergie zuriick- behalten kbnnen. Bei H, betragt das erste Schwingungsquant 0,54, bei N, 0,29 Volt. Danach wiirde bei N,+--t H,, wofiir bisher A = + 0,14 Volt angegeben war (Abb. 7) , bereits ein einziges nach der Umladung beim N,-Teilchen verbleibendes Schwingungsquant die im Prinzip starkere Resonanzverstimmung A = - 0,15 Volt und mehr Quanten eine wirklich nierkliche Verstimmung hervorrufen. Fur die untersuchten StoBe mit H,', fur die stets von vornherein A negativ anzugeben war, gilt dasselbe erst recht. Alle derartigen Vorgange, die den Betrag der Resonanzverstimmung vergrogern, sind nach oben unwahrscheinlich, und auch meine eignen MeBergebnisse sprechen, wenn man sie daraufhin ansieht, nicht dafur, da8 sie in merklichem Ma8 auftreten. Auch der Fall C kann also weiterhin auger Be- tracht bleiben.

Das beschossene Gasmolekul wird bei der Umladung nicht nur ionisiert, sondern im entstehenden Ion findet auBerdem Anregung statt. Hierdurch vergroBert sich Ei. Wieder mu8 A kleiner ausfallen, und der MeBpunkt ist in den Abb. 9-12 ent- sprechend weiter nach links zu riicken. - Diese Moglichkeit ist ahnlich wie bei Fall C fur alle diejenigen StoBe von vornherein un- wahrscheinlich, deren fruher mittels der Grundzustande berechnetes A bereits negativ ausfiel. Sie wiirde nur jedesmal wieder zu einer starkeren Resonanzverstimmung in negativer Richtung fuhren ent- gegen der Resonanzvorstellung und im Widerspruch mit spektro- skopischen und meinen eignen neuen Erfahrungen. Dagegen konnen

FaZl D.

1) Landolt-Bornstein, Eg. IIIb, S. 763 u. f.

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Wolf. Dk Gultigkeitsgrenzen des Resonanzprinzips deer Umladung 325

die mit positivem A in die Abbildungen eingetragenen StiiBe im Prinzip alle durch gleichzeitige Anregung des getroffenen Teilchens ihr A verkleinern, so daB der Vorgang jeweils unter geringerer Ver- stimmung ablaufen wiirde. Es mu6 an Hand der Termschemata der betreffenden Partikeln entschieden werden, wie weit solche Moglich- keiten wirklich bestehen. Dies wird in Abschn. 111, 6 durchgefuhrt werden.

Nach diesen Vorbereitungen kiinnen nun die Ergebnisse des Experiments im einzelnen mit dem Resonanzprinzip verglichen werden.

3. Strenge Resonanz

Obwohl die Umladungsquerschnitte von SttiBen unter strenger Resonanz s'ich mit denen bei Resonanzverstimmung wegen des prinzipiell verschiedenen Kurventyps schlecht vergleichen lassen, sei zunachst hervorgehoben, daB meine Messungen an Ha+-+ Ha, N,++ N, und Ar+ -+ Ar von ,,Xi', durchaus in fjbereinstimmung mit dem Resonanzprinzip , recht erhebliche Ausbeuten lieferten. Die Werte der folgenden Tabelle passen sogar zahlenmaBig einigermaBen zu dem

cms/cm8 bei

1024 I 484 I 196 I 64 Volt

H,+ -+ H, 17 18 23 31 N,+ -+ N, I !5 1 ;; 1 i! 1 68 Ar+ --+ Ar 85

allgemeinen Verlauf der Resonanzkurven der Abb. 9-1 2. Trotzdem fallen die groBen quantitativen Unterschiede, besonders die Kleinheit der Werte von H,+-t H, gegeniiber denen der beiden andern StoBe sofort ins Auge. Um sie zu verstehen, konnte man daran denken, daB im Sinn des oben besprochenen Falles A das H,+-Ion mit 0,5 Volt Schwingungsenergie ankommt, so daB gar keine strenge Resonanz besteht. Doch konnte auch hierbei die Umladung unter wirklicher Resonanz vor sich gehen. Dns H,+-Ion brauchte nur nach seiner Neutralisierung die mitgebrachte Schwingungsenergie gema6 Fall C miiglichst vollstandig als Schwingungsquanten des neutralen Molekuls beizubehalten. Oder aber die mitgebrachte Schwingungs- energie konnte im Sinne des Falles D quantitativ auf das neu- geschaffene H,+-Ion ubergehen. Ganz Anaioges gilt fur N,+--t N,.- Die groBe Verschiedenheit der gefundenen Umladungsquerschnitte laBt sich also kaurn anders als durch Annahme stark verschiedener Wechselwirkungsenergien bei den einzelnen StoBvorgangen verstehen.

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4. K l e i n e R e s onanzver 8 t i mm ungen

Bei den StijBen mit Resonanzverstimmung sei die Betrachtung zunachst auf den Bereich I A1 < 3 Volt eingeschrankt. In diesem Gebiet liefern die Darstellungen der Abb. 11 und 12 f u r 196 bzw. 64 Volt die beste Ubereinstimmung mit der erwarteten Resonanz- kurve. Dies wird noch deutlicher, wenn man sich erinnert, da6 - ubrigens bei allen 4 $bbildungen - die Verbindung zwischen den Punkten bei A = + 0,32 und + 3,O Volt nur wegen fehlender MeB- punkte geradlinig gezeichnet, also nicht als reel1 zu betrachten ist.

Im einzelnen fallt aber auf, daB abweichend von der Erwartuiig den zwei Paaren symmetrisch gelegener Punkte bei /dl = 0,14 und 0,32 Volt nicht symmetrisch gleiche Ordinaten zugehoren. Man konnte zunachst bei den beiden reclits der Achse liegen$en Punkten mit den grofleren Ordinaten geniaB Fall D an eine Verschiebung des wirklichen A in negativer Richtung durch Aufnahme von Schwingungs- energie in dem in beiden Fallen beschossenen H,-Teilchen denken. Doch wurde dies wegen der GroBe des ersten Schwingungsquants bereits zu groBerer negativer Verstimmung fiihren. Wenn man andererseits versucht, die auffallend kleine Ordinate f u r H,+ --t N, bei - 0,14 Volt dadurch zu deuten, da8 das H,+-Ion schon vor dem StoB nach Fall A 0,5 Volt Schwingungsenergie besitzt, wonach eine vergroBerte korrigierte Verstimmung, d = + 0,36 Volt, einzusetzen ware, so entstunden doch wieder Schwierigkeiten. Denn d a m miiBte auch fur den StoB Hi+-+ Ar bei - 0,32 Volt classelbe angenommen weiden, und man erhielte bei seiner korrigierten Abszisse, d = + 0,18 Volt, wieder eine gegenuber den andern Punkten viel zu kleine Ordinate. Genau so konnte man auch mit der Annahme, daB bei den entsprechenden StoBen das N,+-Ion hereits mit 0,3 Volt Schwingungsenergie ankommt, keinen glatteren Verlauf der Me6- punkte erzielen. - Die UnregelmaBigkeiten deuten also zwingend auf individuelle Verschiedenheiten cler bei den eiiizelnen StoBvorgangen vorliegenden Wechselwirkungsenergien.

Der Wert f u r H+-+ Ar, A == - 2,16 Volt, ordnet sich sowohl bei der Energie von 196 Volt wie auch bei 64 Volt gut i n die allgemeine Kurve ein. Der nicht in die Kurve einbezogene Punkt fiir D+ --t Ar liegt dagegen in der Ietzten Abbildung wegen des stark anomalen Verlaufs der Umladungskurve viel zu hoch. Bei diesen StoBen ist es nun besonders interessant, daB ihre Umladungsquer- schnitte ebenso wie clerjenige yon H+-+ H, bei - 1,84 Volt in ganz grobem Ma6 gegen die durch die Mehrheit der Punkte festgelegte Resonanzkurve verstoBen, sobald man zu den groBeren Strahl- geschwindigkeiten der Abb. 9 und 10 iibergeht. Keiner der 4 Falle A

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Wolf. Die Giiltigkeitsgrenzen des Resonanzprinxips der Urnladung 327

bis D ist imstande, hieran etwas zu andern. Vielleicht macht auch hier gerade der Wasserstoff besonders deutlich vom sonstigen Ver- halten abweichende, individuelle Eigenschaften geltend.

5. GroBe nega t ive R e s o n a n z v e r s t i m m u n g e n

Bei den StoBen rnit Resonanzverstimmungen A 5 - 3,O Volt zeigen die Beobachtungen durchweg sehr kleine oder auch vollig ver- schwindende Umladungsquerschnitte. Dies gilt einerseits uber den ganzen untersuchten Bereich der Strahlgeschwindigkeiten, anderer- seits fur das auBerordentlich groBe Interval1 der Verstimmung bis zu A = - 20,15 Volt bei K+-+ He. Zwar zeigen sich auch hier an einzelnen Stellen, vor allem fur N + - t Ne bei - 7,Ol Volt, kleine individuelle UnregelmaBigkeiten. Aber im ganzen darf das Resonanz- prinzip, das in diesem Gebiet keine wesen tliche Umladungsausbeute mehr erwarten last, als durchaus in ubereinstimmung rnit der experimentellen Erfahrung gelten.

6. G r o B e p o s i t iv e Res on an z v e r s t im m u ngen

Ein erster flberblick iiber die Abb. 9-12 zeigt, daB zwischen den vier Umladungsvorgangen, die im Rereich A 2 + 3,O Volt unter- sucht sind, und dem entsprechenden Kurvenstiick auf der negativen Seite keine Symmetrie besteht. Die StoBe rnit groBem positiven A liefern durchweg ganz erhebliche Ausbeuten. Bei der Deutung dieser Erscheinung mu8 damit gerechnet werden, daB hier das durch die Umladung erzeugte langsame Ion gemaB Fall D gleichzeitig An- regungsenergie aufnimmt und so eine Verkleinerung ron A hervor- ruft bis zu Werten, bei denen nach den bisher besprochenen Er- fahrungen groie Ausbeuten wegen guter Resonanz auftreten.

Zur genaueren Untersuchung dieser Moglichkeit sei mit den beiden StoBen begonnen, bei denen Molekule beschossen werden. Es handelt sich in beiden Fallen um Stickstoffgas. Sowohl bei Ne++ N, rnit A = + 5,96 Volt wie bei He+-+ N, rnit A = + 8,96 Volt mussen vom N,-Molekul nach seiner Ionisierung ganz erhebliche Anreguugen aufgenommen werden, wenn das resultierende A wirklich hinreichend nahe an Null heranriicken soll. Aus der Analogie zur Seite negativer Resonanzverstimmungen muB man mindestens verlangen, da.B hier- durch A < 3,O Volt herauskommt. Andererseits darf das resul- tierende A nach den Erfahrungen von Abschn. 111. 4,5 auch keines- falls kleiner als - 3Volt werden, sondern es miissen die Grenzen - 3,O < A < + 3,O Volt, wahrscheinlich aber noch engere eingehalten werden.

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Vom Spektrum des N,+ kennt man ein Bandensystem'), die ,,negativen Stickstoff banden". Die Energie zur Anregung des zu- geh6rigen oberen Elektronenniveaus im nullten Schwingungszustand vom ebenfalls schwingungslosem Grundzustand aus betragt 3,15 Volt. Im Grundzustand werden zur Anregung des ersten Schwingungs- quants 0,27 Volt, zu derjenigen des 15. Schwingungszustands, der als hochster beobachtet ist, 3,56 Volt aufgenommen. Im angeregten Elektronenzustand betragt das erste Schwingungsquant 0,29 Volt. Aus der raschen Abnahme der folgenden Schwingungsquanten ergibt sich, daB hier das Molekiilion bereits bei der Erreichung etwa des 22. Schwingungszustands dissoziiert. Dies entspricht einer Aufnahme von etwa 3,7 Volt an Schwingungsenergie. Vom schwingungslosen Grundzustand aus gerechnet bewirkt also bereits die Zufuhr von ungefahr 6,9 Volt (3:15 + 3,7) die Dissoziation des N,+.

Aus diesen Angaben geht hervor, da6 im Fall des StoB- vorgangs Ne+ --t N, allein schon die Aufnahme von Schwingungs- energie im Grundzustand des N2+, ebenso aber auch die reine An- regung des hoheren Elektronenterms ausreicht, um A in das oben abgegrenzte Gebiet guter Resonanz eben hineinzuriicken. Durch gleichzeitige Anregung von Elektronen- und Schwingungsenergie ist es sogar moglich, sehr nahe strenge Resonanz zu erhalten. Die beobachteten groBen Umladungsausbeuten dieses Stofhorgangs konnen also prinzipiell auf diese Weise ihre Erklarung finden. - Beim Sto6 H e + - + N, reichen zwar reine Anregung von Schwingungs- oder von Elektronenenergie allein nicht aus, um mit A unter + 3 Volt herunterzukommen. Wenn dagegen vom N,+ die volle Energie bis zur Dissoziation aufgenommen wird, so verringert sich die Ver- stimmung bis auf etwa A = + 2Volt. Man befindet sich bereits wieder im Bereich guter Resonanz, die groBe Umladungsausbeute kann auch hier prinzipiell auf diesem Weg verstanden werden. Wenn man neben der Dissoziation gleichzeitig auch noch eine Anregung des entstehenden freien N-Atoms annahme, konnte man sogar zu einer noch kleineren Verstimmung gelangen.

Grundsatzlich anders liegen die Dinge bei den beiden andern, in atomaren Gasen beobachteten StoSen He+-+ Ne mit A= + 3,OO Volt und He+-+ Ar mit A = + 8,78 Volt. Im ersteren Fall miiBte das entstehende Ne+-Ion, um d in den richtigen Bereich zu riicken, eine Anregungsenergie zwischen mehr als Null und weniger als 6 Volt

1) Hdb. d. Exp. Phys. Erg.-Bd. 1 S. 346; ferner G. Herzberg , Ann. d. Phys. 86. S. 189. 1928.

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Woy. Die Giiltigkeilsgrenxen des Resonanzprinzips der Unilndung 329

anfnehmen. Das Termschema des Ne+ I) zeigt zunachst zwei sehr tiefe Niveaus, die sich nur um knapp 0,l Volt unterscheiden. Der nachsthohere Term liegt aber nm 26,7 Volt dariiber. Es ist also mit diesen Anregungsstufen iiberhaupt nicht moglich, in das Gebiet wirklich guter Resonanz hineinzukommen. Der Fall D kann hier nicht zur Erklarung der beobachteten Ausbeute herangezogen werden.

Im zweiten Fall miiBte zur Erzielung hinreichender Resonanz das erzeugte Sr+-Ion eine Anregungsenergie zwischen mindestens 6 und weniger als 12 Volt aufnehmen. Das Termschema von Ar+2) ist dem des Ne+ ahnlich. Die beiden tiefsten Niveaus unter- scheiden sich hier um 0,18 Volt. Der Abstand des nachstfolgenden Iletragt alier selhst vom oberen der lreiden tiefen Terme ah ge- rechnet schon 16,14 Volt. Auch hier ist es also grundsatzlich un- moglich, da8 im Ar+-Ion eine Anregungsenergie aufgespeichert wird, die zu guter Resonanz beim Umladungsvorgang fiihren konnte. - Hieran wird auch nichts geandert, wenn man zwei weitere Spektral- linien hinzuzieht, die friiher ebenfalls dem Ar+-Ion zugeschriehen wurden3). Auch sie wiirden noch zu groBe Anregungsstufen von 13,24 bzw. 13,42 Volt iiber dem Grundzustand ergeben. Da sie aber in die spatere Klassifikation von d e B r u i n nicht mehr auf- genommen sind, scheinen sie dem Ar+ gar nicht zuzugehoren. Auf jeden Fall la8t sich die beobachtete groBe Umladungsausbeute auch hei He+ --t Ar rticht mitt& des Falles D erklaren.

Man konnte gerade bei diesem Vorgang einwenden, da8 die gefundenen Querschnittswerte unzuverlassig seien, weil sie mittels des fehlerhaften Verfahrens von ,,II" gewonnen und nachtraglich erst auf vergleichbares Ma8 umgerechnet wurden (Kap. I1 der vor- liegenden Arbeit). Ich habe mir aber iiber die Zuverlassigkeit dieser Umrechnung auf folgendem Weg Auskunft verschafft. Neben dem Vorgang H,' --f Ar, der die Unterlagen zur Umrechnung lieferte, wurde auch der StoS H+ --f Ar sowohl mittels des alten (in ,,IV", hier allerdings nur bei wenigen Geschwindigkeiten), wie mittels des nmen Verfahrens (in ,,VI") gemessen. Rendet man die am H,+ -+ Ar ahgeleitete Korrektur auf diesen zweiten StoBvorgang an, SO gehen die alten Querschnitte ziemlich genau in die neuen richtigen iiber. Ferner .r\urde der StoB He+ --f He zur Kontrolle herangezogen.

1) H. N. R u s s e l l , R.T. Compton u. J. C. B o y c e , Proc. Nat. Ac.Amer-

2) T. L. de Bruin , Ztschr. f.Phys. 61. S. 307. 1930. 3) K. T. C o m p t o n , J. C. B o y c e u. H. N. R u s s e l l , Phys. Rev.32. s.179.

14. S. 280. 1928.

1925. Bnnaleu der Physik. 5. Folge. S O . 24

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530 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 30. 1937

F u r ihn liegen zwar nur Messungen von mir nach dem alteren Ver- fahren VOT, so da6 ein unmittelbarer Vergleich mit solchen nach der neueren Methode nicht moglich ist. Aber man kann als Ver- gleichsmaBstab die Ergebnisse von Ros t a g n i I) heranziehen. I n Abb. 13 sind seine Kurven fur He+ --t H e und S r + --f Ar mit entsprechenden Messungen von mir zusammengestellt. Dabei ist meine Kurve fur Ar schon mit dem neuen Verfahren gewonnen ( in ,,S6?. Die He-Kurve aber wurde aus meinen alten fehlerhafteii Messungen (von ,,II") niittels des zu priifenden Korrektionsverfahrens

Rostagnt -- - - - - - Wfflf E. kor c

- - - - - - - - He' --He

70 20 30 Yo/ qov 0 0 ;2bh. 13

auf richtige Werte umgerechnet. Man sieht, daB meine beiden Kurven innerhall) der Me6genauigkeit etwa die gleiche systematische Aljweichung von R o s t a g n i s Querschnitten aufweisen. Die in Kap. I1 durchgefuhrte Korrektur an He+ --f Ar durfte hiernach zweifellos ebenfalls - mindestens auf f loolo Genauigkeit - das Richtige ergeben. Folglich mu8 die bei diesem StoBvorgang er- haltene gro6e Umladuigfiausbeute reel1 sein, obwohl sie sich mittels keines der vier aufgefiihrten Falle A --D durch Snregungsvorgange denten laBt.

Wenn man sich jetzt noch einmal der beiden anderen Stii6e erinnert, hei denen N,-Molekule heschossen wurden, so mu6ten dort sehr groBe Energielmtraige fur die Anregung des entstehendeu Molekulions angenommen werden , um die grogen Umlndungs- ausheuten mittels des Falles D zu erklaren. In Wirklichkeit mochte man nicht recht an solche extremen Vorgiinge glauben. Dam er- wartet auch das Resonanzprinzip iini so kleiiiere Wahrscheinlich- keiteu fur derartige Auregungen, je grij6er die aufzunehmenden Energiebetrage sind. Die Versuche zeigen aher gerade das Um- -

1) A. R o s t a g n i , Nuovo Cim. 19. S. 134. 1935.

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gekehrte. Wie bei den Sto5en zwischen atomaren Partnern steigt die TJmladungsausbeute mit wachsender positiver Resonanzverstim- mung stark an. Ich mochte daher eher vermuten, da8 diese mole- kularen StoBe nicht unter ganz so hoher Anregung des N,+-Ions verlaufen, sondern daB sich auch in ihrer groBen Ausbeute wenig- stens als Anteil dieselbe GesetzmaBigkeit geltend macht, die nach den obigen 'ijberlegungen fur die StoBvorgange zwischen atomaren Partnern sicher scheint: Bei groBen positiven Werten von A , d. h. bei grogem UberschuB an quantenhafter Energie, zeigen die StoB- vorgange entgegen der Erwartung des Resonanzprinzips ganz erheb- liche Umladungsquerschnitte. Die Ausbeute wachst sogar mit zu- nehmender Resonanzverstimmung deutlich an. Bei rein atomaren StoBpartnern wird die Erscheinung auBerdem rnit zunehmender Strahlenergie immer ausgepragter.

Zusammenfassung

Zur Erganzung fruherer Ergebnisse werden zunachst Messungen des Umladungsquerschnitts bei sechs weiteren StoBvorgangen mit geeignet ausgesuchter Resonanzverstimmung mitgeteilt und seine Sbhangigkeit von der Strahlgeschwindigkeit diskutiert (I). Kine Zusammenstellung samtlicher jetzt vorliegender Umladungsmessungen (11) liefert die experimentellen Unterlagen zu eingehender Prufung des ,,Resonanzprinzips" (111), das nur fur Sto5e unter kleiner Re- sonanzverstimmung groBe Umladungsausbeuten erwartet, wahrend die Wahrscheinlichkeit fur umladende StoBe m i t wachsender Re- sonanzverstimmung - fur beide Vorzeichen symmetrisch - rasch auf Null absinken soll.

Die Priifung erfolgt an Diagrammen, in denen - jeweils fur eine festgehaltene Strahlenergie - die gemessenen Umladungs- ausbeuten verschiedener StoBe iiber der dazu gehorigen Resonanz- verstimmung aufgetragen sind (111. l), indem man die so entstehenden Kurven mit der theoretisch erwarteten Resonanzkurve vergleicht. Abweichungen der experimentellen Erfahrung mussen als Unregel- maBigkeiten der den betreffenden StoBen zugrunde liegenden Wechsel- wirkungsenergien gedeutet werden. Urn sicher zu gehen, ist aber in jedem Fall mit der Moglichkeit gleichzeitiger Anregungsvorgange neben der Umladung zu rechnen, fur die vier prinzipiell denkbare F d l e unterschieden werden (111.2).

Iin einzelnen fiihrt die Diskussion des an 25 verschiedenen Stohorgangen gewonnenen Versuchsmaterials zu folgenden Ergeh- nissen.

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1. fjber einen weiten zusammenhiingenden Bereich hinweg. zwischen extrem negativen und kleinen positiven Werten der Reso- nanzverstimmung, zeigt sich das Resonanzprinzip anniihernd in Uhereinstimmung mit der Erfahrung. Die Umladungsausheuten sind in der Umgebung der Resonanzverstimmung Null tatsachlich grot3 und fallen nach der negativen Seite der Verstimmnngen hin rasch auf nahezu Null ab (111.3, 4, 51.

2. I m einzelnen niuB aus Shweichungen von diesem allgenieinen Verhalten - auch hei Beriicksichtigung yon Anregungsmoglich- keiten - auf Besouderheiten der 1)etrefYenden Wechselwirkungs- energien geschlossen werden (111.3, 4, 5).

3. In Ahhangigkeit von der Strahlgeschwindigkeit ergibt sic11 die beste Ubereinstimmung zwischen Experiment und Theorie in der Gegeud von 100 bis 200 Volt. Mit wachsender Strahlenergie treten individuelle Alweichungen von einer glatten Resonanzkurve immer deutlicher hervor (111.4, 5).

4. Auf der Seite groBerer positiver Resonanzverstimmungen zeigen die Versuche entgegen dem Resonanzprinzip ganz erhebliche Umladungsausbeuten. I n Fallen , hei denen Molekiile getroffen werden, lassen sich diese durch nehen der Umladung moglicherweise statttindende Anregungen deuten. Doch erweist sich dieser Weg der Erklarung nicht als moglich hei StoBvorgangen, bei denen ato- mare Gase beschossen wurden. Vielmehr ergeben die Versuche hier in vijlligein J~”iderspruch mit der theoretischen Voraussage grofle Umladungsausbeuten, die einerseits mit der Strahlenergie, vor allem aber niit zunehmender Resonanzrerstimmung, anwachsen (111.6).

Wieder sage ich der Helmholtz-Gesellschaft fur vielfache Unter- stutzung, sowie der Linde-A.G. fur die Schenkung der Edelgase meinen besten Dank.

K a r l s r u h e (Baden), Technische Hochschule.

(Eingegangen 30. Juni 1937)