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ARCHIV DER PHARIIIACIE. CXXXIV. Handes ztveites Heft. Erste Abtheilung. I. Physih, Chemie und praktische Pharmacie. Ueber die LBslichkeit der Kieselerde in Wasser, wkerigen Siinren, Alkalien nnd Salzen ; yon Prof. Dr. Hermann Ludwig in Jena. Erst in der neuesten Zeit ist die Loslichkeit der Kieselerde in Wasser und wasserigcn Losungen von Sau- ren, Alkalien und Salzen genauer ermittelt worden. Koch in der 5. Auflage von L. Gmelin’s Handbuch der un- organischen Chemie vom Jahre 1853 finden sich dariiber nur folgende sparlichen, iiber jene der 3. Ad. voin Jahre 1827 nicht vie1 hinausgehenden Angaben : Viele Quellwasser ent- halten Kieselerde gelost. Wasserfreie Kieselerde lost sich nicht im Wasser. Das Kieselerdehydrat lost sich nach Kirm a n in lo00 Theilen Wasser auf, besonders leicht, wenn es demselben im Moment seines Entstehens darge- boten wird. - Die durch Zcrsetzung des Fiuorsiliciums mittelst Wasser erhaltene Kieselgallerte lost sich in gr6sseren Mmgen Wassers zu einer geschmacklosen, Lackmus nicht rijthenden Fliissigkeit ; dieselbe setzt beim Abdainpfen die Kieselerde als ein weisses nicht krystallisches Pulver ab. Diese Kieselerde befindet sicli in einem besondern ZU- stande, da sic sich in1 Wasser wieder lost. War der witsserigcn Kieselerde vor dem Abdampfen Schwefelsiiure - ,,W a s s er i go K i es eler de. Arch. d. Phann. CXXXIV. Bds. 2. Hft. 10

Ueber die Löslichkeit der Kieselerde in Wasser, wässerigen Säuren, Alkalien und Salzen

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ARCHIV DER PHARIIIACIE. CXXXIV. Handes ztveites Heft.

Erste Abtheilung.

I. Physih, Chemie und praktische Pharmacie.

Ueber die LBslichkeit der Kieselerde in Wasser, wker igen Siinren, Alkalien nnd Salzen ;

yon

Prof. Dr. H e r m a n n L u d w i g i n Jena.

Erst in der neuesten Zeit ist die Loslichkeit der Kieselerde in Wasser und wasserigcn Losungen von Sau- ren, Alkalien und Salzen genauer ermittelt worden. Koch in der 5. Auflage von L. G m e l i n ’ s Handbuch der un- organischen Chemie vom Jahre 1853 finden sich dariiber nur folgende sparlichen, iiber jene der 3. A d . voin Jahre 1827 nicht vie1 hinausgehenden Angaben :

Viele Quellwasser ent- halten Kieselerde gelost. Wasserfreie Kieselerde lost sich nicht im Wasser. Das Kieselerdehydrat lost sich nach K i r m a n in lo00 Theilen Wasser auf, besonders leicht, wenn es demselben im Moment seines Entstehens darge- boten wird. - Die durch Zcrsetzung des Fiuorsiliciums mittelst Wasser erhaltene Kieselgallerte lost sich in gr6sseren Mmgen Wassers zu einer geschmacklosen, Lackmus nicht rijthenden Fliissigkeit ; dieselbe setzt beim Abdainpfen die Kieselerde als ein weisses nicht krystallisches Pulver ab. Diese Kieselerde befindet sicli in einem besondern ZU- stande, da sic sich in1 Wasser wieder lost. War der witsserigcn Kieselerde vor dem Abdampfen Schwefelsiiure

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,,W a s s e r i go K i es e le r de.

Arch. d. Phann. CXXXIV. Bds. 2. Hft. 10

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oder Salzsaure zugefugt, so bleibt unlosliche Kieselerde zuriick.

Lnsst man Fluorsiliciumgas durch krystallisirte Bor- siiure absorbiren und enteieht die Fluss - und Bors#ure durcli einen grossen Ueberschuss wiisserigen Ammoniaks, so bleibt ein von dicsen Sauren ginzlich befreites, selir leicht in Wasser losliches Kieselerdehydrat. Die wasserigc Losung desselben reagirt nicht auf Pflaneenfarben und lasst beim Kochen keine Kieselerde fallen, welche jcdoch beim Abdampfen zur Trockne als ein unauflosliches Pulver bleibt. B e r z e 1 i u s (Ann. de C'hinz. et de Piiys. X1 V. 366). "

Bei dein wiisscrigen kiesclsauren Kali oder der Iiiesel- feuchtigkeit sind die Beobachtungen von T o r b e r n Berg- man , Lowitz, Fuchs , Karsten, D a l t o n und Dover i angefihrt, aus denen ich Folgendes hervorhebe :

,Die frisch gefallte, nicht gegliihte Kieselerde lost sich schon in kaltcm, wiisserigcm Kali, unter Warmeent- wickelung; auch nach starkeni Gliihen lost sich die kiinstlich abgeschiedene Kieselerde vollig, aber nur lang- Sam in kalter, schnell in kochender Kalilauge. Wic die geflillte Kieselerde vcrhaltcn sich die Opalarten, von wel- chen der Hyalitl.1 sich am langsanisten in kalter Lauge lost. Selbst sehr fein gepulverter Quarz lost sich gar nicht in lialter Kalilauge, nur Busserst langsam und schwierig in kochender. (Ftich.)

Rei dreimdigeni Einkochen des gepulverten Berg- krystalls mit Kalilauge (im Silbertiegel) erfolgt Aufliisung. (Lo w i t z ; &ell8 chem. Annal. 1799, 2. 375.)

Sauren entziehen der Kieselfeuchtigkeit das Kali. Eine unzureichende Menge Sliure fdlt nach Da 1 ton eine Verbindung des Kalis mit uberschiissiger Kieselerde j eine grossere Menge flillt die Kieselcrde als gallertartiges Hy- drat, doch bleibt um so mehr Kieselerde gelost, je ver- dunnter und mit j e mehr Siiinre sic iibersattigt ist.u (L. Gmelin, Xundb. der anorg. Chem. 6. Aufl. 2. B d . p . 335 -336.)

J. Fuchs [Annul. der CXem. u. Pharmacie. B d . 82. Ap' l 1852) untersuchte die Loslichkeit des durch Ein-

B e r z el i u s (Lehrb. 2,122).

Lb;slichhit der Kieselerde in Wasser etc. 131

leiten von Fluorsiliciumgas in Wasser abgeschiedenen und gut ausgewaschencn Kieselslurehydrats. Er fand, indem er das feuchte, gallertartige Kieselerdehydrat init kaltern Wasser, sodann mit kalter, endlich mit kochender Salz- snurc behandclte, dass 1 Theil Kieselerde (wasserfreie) 7700 Tli. kaltes Wasser, 11000 Th. kalte und 5500 Th. siedende Salzssurc von 1,115 spec. Gewicht zur Auflijsung erfordertc. Ilas 30 T a p iibcr Schwefelsiiurehydrst ge- trockncte Kieselerdehydrat cnthielt $1 bis 0,6 Proc. Was- ser (entsprechend der Formel HO, 3 SiOz oder HO, 6 SiOj. Ini Wasscrbade, bei 1000 Cels. 18 Tage lang getrocknet enthieit es noch 6,63 bis 6,96 Proc. Wasser (entsprechend der Formel HO, 4 SiOz = HO, 8 SO).

I)cr Hergratli H e i n r i ch I< ii h n in Meissen hat iiber die Anfliislichkcit des Kieselsgurehydrats in Wasser (im Journ. f. prukt. aemie , 59. Ud. Juiii 1855) Versuche bekannt gemacht, nach welehen es moglich sein soll, wiisserige Kiesclerdehydratlosungcn mit einem Gehalte an 10 Proc. Kieselerde zu crlangen. Aus der Darstellungsmethode dieses sogenannten Kieselerdehydrats geht aber hervor, dass daseelbe ein saures kieselsaures Kali sein miisse. Herr I< ii h n schreibt nlmlich vor :

Eine Snflosung von kieselsaurem Kali (kliufliehes sogentinntee Wasserglas) wird mit Wasscr bis auf einen Kieselerdegehalt von 3 Proc. verdiinnt, dann bei gewohn- licher Temperatur unter gutem Uinriihren mit Salzsilure von 1 , l O bis 1,13 spec. Gew. moglichst rasch bis zur Uebersgttigung vermischt, hierauf die vorwaltende Siiure mit mehr nachgebrachtcr kieselsaurer Alkalilosung bis auf eine geringe Spur freier Siiurc wieder abgestumpft. Die Mischung wird schwach niilchig, gelbroth opalisirend und gerinnt bci 250 K. zu einer loclieren Qallerte. Diese stellt nun das Kiihn’sche sogenannte Kieselerdchydrat dar, welches jene Leichtloslichkcit im Wasser besitzen 8011. K ti h n beschreibt seine IGesclsliurclosmig als eine Flus- sigkeit von etwas adstringirendem Qeschmack und ohnc Einwirkuiig auf Lackmuspapier. Wie sie auf Cureuma-

10 *

13.2 Lzldtuig,

papier wirkt, ist nicht gesagt; jedenfalls wiirde eine Briiu- nung desselben zu beinerken gcwesen sein.

Schon Forchliaininer (L. Gnzeliw Handb. der m o ~ g . Cheniie, 5. A?$‘. 2. Bd.p. 3%) zeigte, dass der gallertartige Xicdcrsclilag, wclchen die Liisiing dcr Kieselerde in ko- clicndeni wiisserigen kdilensaurcn Kali beini Erkaltcn aL- setzt, aus KO, 24 SiOz = KO, At3 SiO bestche (100 ”11.

dessclben entliicltcn 5 J”W. Kali, 79,s Proc. Kiesclarde 15,5 Proc. ’\\-assel.). Es ist ~ : I ~ W A S ersichtliclt, dnss Kiesclerde ails alkalischcn Liieuiigcn gefiillt liartiiiickig Alkali zuriickhiilt.

C. 6 t r u ck 111 a a n lint iiu 1,nboratoriiini des Prof. 136 d e c k e r in Cfijttingen \’ersuchc angestcllt iiber die Zersctziing dcr alkalisclicn Silicate durch Kohlensiiure und iiber die Liisliclilieit der Iiicselcrdc in reineni IYas- ser, so wie in M’:isser, wclchcs Salzsiiure, Kolilensiiure, Rniinoni:ilr, Salmiak und kolilensnure Salze entlialt. Diese Vgrsuche finden sicli mitgcthcilt in den Aznnl . der C h e m u. PhUl .?) l . Bd. 94. Jwzi 1856. St ruck inann gelangte zu folgenden Resultaten:

vine vcrdiinnte wiisserigc Liisung des kieselsauren Ihli-Natrons wird durcli nielirtiigiges Einleiten von Koh- lcns#uregas vollstiindig zcrsetzt und die Kieselerde als gallertartiges Hydrat ,abgeschieden, wiilirend doppelt koh- lcnsaures Xatron - Kali ncbst ainer schr kleinen Menge von liiesclerde gelost bleiben und zwar 1 Th. Kieselerde in 3265 Theilen der Fliissigkeit.

Scltoii Dov e r i Leobachtete die vollstiindige Zersetzung einer wiisserigen Losung von kieselsaurem Alkali durcli Kolilensiiure (Liebig- Kopps‘ Jahresb. f. 1847 u. 1848. p:400. L. GnieZin u. Q. 0.). Desg-1. L ie b i g. Diescr sagt in seiner Agricultuidteniie 6 . AuJ. 11. 112 :

,Die Kieselsaure iat die sehwiichste unter allen Siiu- ren ; die loslichcn Silicate werden schon durch Kohlensiiure vollkommen zersetzt. Eine Aufliisung von Wasserglas erstmrt, wenn sie mit Kohlensriure gesiittigt wird, zu einer Gallerte. Wir iniissen annehinen, dass diese Zersetzung

Liislichkeit dei. Kieselerde in IVusser ctc. 133

such in ganz verdiinnten Auflosungeii vor sicli gelit, wo wir lceine Absclicidung von liiwclcrde wahrnchiiien j in diescni P:tlle bleibt die liieselerde in Wasser geliist (Lie-

(+. Il isch o f , welchcr (in seineni Lehrb. der Geologie I . 2. p. 824) Gcliauptet, class durch Iiohlensiiure die Kiesel- crdc aus ihren alkalischcn Losungen nicht ausgeschiedcn werde, hat sicherlicli dns Einleiten von Kohlenssure nicht lange genug fortgesetzt.

Uin die Liisliclikeit des I~icselerdehydrats xu priifen, stellte Y t r u c k m a n n das IGeselerdehydrnt dnr durch Einleitcn von liohlens'iurcgas in die verdiinnte wiisserigc Losung dcs kieselssurcn Xatron -K&, Auswascheri des gnllcrtartigen abgescliiedeneii I<ieselcrclehydrats niit Wns- ser, ljiiigcres I3chandeln dessclbcn niit vordunnter Snlz- s h r c in dcr Ii81tc uiid nlernialiges JYaschen rnit IT'asser, llis dns Waschwasser niit salpetersaurem Quccksilberoxydul keine Triibung nrehr zeigte. Das nun fiir rein genoin- iiicne Kicselcrdc1iydr:it wurde init deni betreffenden Lo- sungsmittel in der Italte tinter liiinfigcrcii Uinscliiitteln in Beriihrmig gelassen, darauf die ungelost gebliebene I<ieselerdc abfiltrirt uncl roni Filtrnt ein bcstimmtcs Gewicht verdnmpft. D L ~ BUS feineii weissen 13liittchcn bcstcliende Kiickstancl wurdc fiir rcine Kicselcrde genoni- iiien. S t r u ck ni a n n crniittelt so folgende Liislichkeits- verhiiltnissc :

u) 1 Gewth. Kicselcrcle braucht 4762 Gcwth. kaltcn reinen Wassers zur Losung.

b) 1 Gewtli. Iiicsclerdc liist sich in 7353 Thl. mit Kohlensaure gesattigtem Wasser.

c) 1 Gewth. Kieselerdc bcdarf 5825 Theile wiisscriger hlzsiiure von 1,088 spec. (few. zur Liisung. Bei lang- s:tnier Verdunstnng diesel. Losung setzten sich biischel- i'iirmig vereinte I<rystdlnadeln von Iiicsclerdehydrat an die n'aiide der Porccllnnschale, ganz so, wic es schon L) o v c r i beobachtctc.

(1) 1 Gewth. Kieselcrde lost sich in 6000 Thcilcn cincr

Lig ; 1 f94q .u

134 Luazcig,

wasscrigen Aufliisung des anderthalbfach kolilcnsaurcn Am- nioniaks auf, welche 5 Proc. kohleiisrtures Ammoniak und 95 Proc. Wnssur enthiilt.

e) 1 (fewtli. Kicsclcrdc kist sich in 1613 Theilru rci- ner wiisserigcr Aufltisnng dcs anclcrthalbfncli koh1ci;~:~m.m Ammoniaks auf, wclchc nur 0,l Proc. Irohlensaiircs h i -

moniak enthiilt. Beim Aufbewaliren dieser Losung an der Luf’t in offcnen Gefissen scheidet sich, wohl durch An- ziehung von Kolilensaure und Hildung von zweifach Boli- lensaurcm Ammoniak cin Theil der liicselcrde in myten l’lockcn aus. In dcr gcstandcnen doppeltkohleiis~~uI.cs Aniinonisk haltenden Fliissigkeit ist 1 Gewth. Kie.;elcrde in 3472 Theilcn Flussigkcit gelost. Fast dassclbe 1,oslich- keitsverhiiltniss zeigtc sich oben beini doppeltlro1ilens:iurcn Kali -Natron (IVO 3265 Tli. Fliissigkeit 1 Th. Kiesclcdc zuriickhicltcn).

f) 1 Gcwth. IGsclcrdc liist sich in 1408 Thcilen Actz- ammoniakflussigkcit, wclchc 19,2 Proc. Amnioniak, H3 S, cnthfflt.

g) 1 Gewth. I<icselerde lost Rich in 1000 Gewth. eines iitzamnioniskhaltigcn Wssscrs, desscn Ainnioniakgehalt l , G Proc. bctriigt.

Diese auffallendc Loslichkeit der Kieselcrdc im am- moniakalischen Wasser sucht S t r u ck ni a n n durch die I3ildung von kicselsaurcni Amnioniak zu crklWrcn. Zur Stiitze seiner Ansicht fuhrt cr folgenden Vcrsudi an:

Er fAllte dic wiisscrige Liisung dcs kieselsauren Satron- Kalis durch kohlcnsaurcs Ammoniak, wuach den Kieder- schlag so lange mit Wasser aus, bis das Waschwasser niit Quecksilberchlorid durchaus keine Trubnng niehr zcigte, wo alsdann allcs lrohlcnsaurc Aniinoniak cntfei-nt sein musste. Das gallcrtartigc Kiesclhydrat gab niit Na- tronlaugc ubergossen bci Anniilicrung eines init Salzslure benctzten Glasstabes dcutlichc Salniiaknebel. Das luft- trocknc und crdig gewordenc IGesclcrdeliydrat cntliielt in 100 Thcilen noch 3,l Theil kiesclsaurcs Ariimoniurnoxyd H4 KO, 3 SiO ; die Mcngc dcs Airiinoniaks wurde durch

Lijslichkeit der Kieselerde in Wasser etc. 136

Eindunsten von Salzsaure uber dem Kieselerdehydrat, Aus- xiehen des zuruckbleibenden Gemenges mit Wasser und Zusatz von Platinchlorid aus dem entstandenen Platin- salmiak bestimmt.

Eine andere Probe der wasserigen Kali - Natronsilicat- losung wurde mit Chlorammonium versetzt und das aus- geschiedene gallertartige Kieselerdehydrat so lange mit Wasser gewaschen, bis die Waschwasser mit salpeter- saurem Quecksilberoxydul durchaus keine Triibung mehr gaben. So wurde ein Kieselerdehydrat erhalten, welches lufttrocken noch 1,46 Proc. kieselsaures Ammoniumoxyd H4 NO, 3 SiO enthielt.

L i e big, in einer Abhandlung uber Kieselerdehydrat und kieselsaures Ammoniak (in den A n d . der Chem. u. Pharm. Bd. 94. Juni 1855. p. 373 - 384) bemerkt uber S t ruckmann’s Arbeit: ,,Es ist ganz gewiss, dass losliche kieselsaure Alkalien, wie S t ruck m a n n bestatigte, durch Kohlensaure zersetzt werden; ein saures Salz kann unter diesen Umsthden um SO weniger in LSsung bleiben, wie Herr Prof. Bischof meint, weil die sauren Salze an sick unloslicher oder schwerloslicher Sauren die Schwerloslich- keit dieser Sauren theilen, wie wir dies von den sauren antimonsauren und molybdansnuren Alkalien kennen. Was die Loslichkeit der KieselsLure in Wasser betrifft, so hangt diese wesentlich davon ab, ob, wie bei der Zersetzung von natiirlich vorkommenden Silicaten durch Kohlensaure -haltiges Wasser, oder wie bei der Zersetzung yon kieselsaurem Kali oder Natron durch Kohlensaure oder durch eine verdunnte Mineralsaure, Wasser genug vorhanden ist, um das Kieselsaurehydrat im Momente seines Ausscheidens zu losen, oder nicht. Findet das Kie- selsaurehydrat im Ausscheidungsmomente Wasser genug zur Auflosung, so lost sich weit mehr Kieselsaurehydrat auf, als wenn das gallertartige Kieselsaurehydrat mit Wasser behandelt wird. Wenn man eine Losung von Wasserglas, deren Gehalt an KieselsZGure in einem gege- benen Volum, z. B. in 10 Cubikcentimetern man kennt,

(S truckmann.)

136 Lrtdzoig,

vorsichtig nach uiicl nacli niit nbgemessenen Mcngcn Wasser verdiinnt, so gelnngt nian bald zu dem l’uncte, bci wel- chein durch Xeutralisation mit eirier Siiure keine Ab- sclieidung ron I(iesclsjiurctiyc1rat mehr statt hat, und wo die Fliissigkeit Tage lang \\-\-asucrlicll bleilt, ohne zu o p - lisircn. Quantitative Versuclic, clic in dicser Hinsicht angestellt wurden, lehrtcn, dass nnter dicsen Uinstiinden, Lei genauer Neutralisation oder bei eineni kleinen Uebcr- schuss von Salzsaure bis zu J’500 Kieselsaure aufgeliist Lleibt.“

Y t r uckrii a n n s Ansiclit von dcr Existcnz cines kie- sclbnurcn Lhnionialis thcilt L i e b i g nicht, ninimt viel- niehr an, das Kieselerclehydrat lialte dws ilmnioniak nur Iiicchanisch zurdck. ,,Cei IViederholung der Versuclie clcs Hcrrn S t ruckm a n n habc icli, sagt L i e b ig , gcfiindcn, dass der floclrigc (niclit gallcrtartige) wcissc Siedcrschlag, den man beirii Vcrinischen einer Ynliiiiakliisung rnit einer N’nsserglasliisung crliiilt, so N eit ausgewaschen, class das Filtrat durch Silbcrsalz nicht melir gctrubt wird, bcini Zusamnienreiben mit Kallrhydrat, wie Herr S t r u ckmanii sngiebt, deutlich Aniiiionisk entwickelt. Es ist ganz ge- wiss, dass clas I~iescls~iurclryclrst unter diescn Umstgnden Ainmoniak zuriickbehiilt, ganz wic die Tlionerde ; alleiii das bcim rluswaschen ablaufende Wtisscr reagirt auf scliwach geriithetcs Lackmuspapier ganz rleutlich alkalisch, und wenn cine Lctrkchtlichc Mcnge dieses M’asscrs niit cinern Tropfen Sublimatlos~uig vcrsctzt wird, so niniiiit man eine sehr dcutlichc Tritbnng wahr. So lange das Filtrat auf Lackinnspapier alkalisch reagirt, entwickelt der Niederschlag tlcs Kicselsaurchydrats mit Kalkhyclrat Ani- nionink ; nacli dcin vollltoninienen Auswnschcn Lis ziini

Aufiibren clcr Subliinatreactioii giebt das Iiicsclsaurchyclrat anch lreine Arnmoniakrcaction mehr. l)ns Rieselsaure- hydrnt, welches boini F#llen Aiiiriioniak zuriiclrgehalten hat, verliilt sich clcinnacli gegcn einc grossc AIcnge Was- wr, wie Leini Trocknen an der Luft, (1. h. das Ammoniak trennt sicli voii der Kiese1saurc.- (Lie L ig.)

Liislichkeit der Kieselerde i , t L Wasser etc . 137

Schon im Jahre 18.51 liabc ich, unbefriedigt durch die spiirlichen Angaben der IIandbucher uber die Liis- lichkeit der I<ieselercle, einige Versnche iiber dieseii Gc- genstand angestellt und das Resultat derselben initgetlieilt in meineii Grundziigen dcr analytischen Chemie unorgn- nisclier Substanzen (Jena bci Carl Diibereiner 1851) iiuf Seite 14% in der Annierkung rnit clon Worten:

, ,Am cler wiisserigen Liisung des Kicselerde -1ialis wird (lurch salzsaures Aininoniak cin Theil der Kieselerde in gnllcrtartigen Flocken getUt. Dicser Kiederschlag hiilt nuch nach iangern Auswaschcn etwas Iiali hartniickig zu- ruck. In 10000 Ucwichtstlieilen dcs Wascliwnssers bleibt 1 Cfcwiclitstheil kalilidtige Kieselerde geltist. Diesc Losllng wird durch Kalbwnsscr nocli einige &it flockig grtriibt, wegen Uildung von Irieselsaurcm Iialk (H. Ludwig). ii

Uiese higaben stutzen sich auf folgendc Versuuhe : a) Vein zerriebener Carneol von Jena wurde iriit ]Cali-

laugc in der Ylntinschale eingekoclit, die aufgeschlosscme Uasse mit Wasser in eiiie Porcellanschale gespiilt, iiiit Salzsiinre angesiiuert, die E’lussigkcit zur staubigcn T r o c h e gebracht, der ltuckstand niit Salzsiiure crwiirint, die un- gelost gebliebene Iiicselerde niit Wasser gewaschen, darauf in erwiirmter Kalilauge geliist und ails dieser Losung clurcli iiberschiissiges Chloranimonium das Kieselerdehyclmt geMlt. Der gut ausgewaschcnc Xiederschlag wurdc nocli fencht der Frostkalte ausgesctzt , das gebildetc Eis anfthauen gelassen und dau durch das Uefrieren zusammenge- schrunipfte IGeselerdeliydrat mit Wasser gut ausgcwasclicn. Es wurde nun init reinem kalten Wasser (welches beini Abdampfcn keinen Riickstand hinterliess) znsammenge- ricben ; dadnrch vcrtheilt sich dassclbe darin zu einer opalisirenden Fliissigkeit, clic aiif ein Filter gcbracht cin triibes Filtrat gih, welclies erst nacli iiiehruialigein Fil- trircn (lurch dasselbe Filtrnni vdlig klnr wurdc. Die SO

c.rhaltc.nc l ~ i c s ~ l e r ~ l c l i ~ s i ~ i i ~ war farblos, rothete das blauc Lackinuspapier niolit, briiunte anch nnch ltingerer Ein- wirkung das Curcuinapipier nicht, wurde weder durch

138 LUd?L-ig,

Salzslure, noch durch Salpetersaure gctriibt, auch nicht durch Aetzammoniak, durch Chlorbaryum und Ammoniak, durch Eisenchlorid nebst essigsaureni Natron. Die auf- gekochte und darauf soglcicli init Bleizucker oder Hlei- essig vermischte Liisung zeigte kcine Triibung. Salpcter- saurcs Silberoxyd gab keine Trubung. Salpetersaures Silberoxyd niit so vie1 Ammoniak vcrmischt, dass die anfangs entstandene Triibung eben wieder verschwand, gab nun niit der Kieselerdelosung vennischt kcine Tru- bung. Kalkwasscr bewirlde sowolil in der ungckochten aIs in clcr gekochten Kiesclcrdcliisung eine sclir gcringe Triibung; nach mehrstiindigem Stehen im bcdeckten Glas- cylinder hatten sich aus der Flussigkeit weiese gallert- artige E'liiclichen von kiesclsaureni Iialk abgcschieden, wclche sich in Essigsjiiire wieder auflostcn. Das daneben in einein oflenen Cylinder wiilirencl derselben Zeit stehen geblicbcnc Kalkwasser liatte nur cinen scliwnchen pulvcri- gen weissen Niedcrsc1il:ig gegcben. I.:s ist also fur ge- loste Kieselerdc das lialk\vasser das empfindlichste Ken- gens, sobald man sich von der Rbwescnheit der Kohlen- siiurc iiherzcugt hat.

4(3,318 Grm. dicscr kaltbcrciteten wksserigen Kiesel- crdelosung licssen beim Abdnmpfen 0,007 Grm. Ruckstand, oder 1 'l'heil m f 6617 Theile Liisung.

Allcin dieser Itiickstnnd war nicht reine Kicselerde, denn init IYasser bcliantlelt lostcn sich 0,002 Grin. auf und es blicben nur 0,005 Grm. Kiesclerde ubrig, oder 1 Thcil Kiesclerde nuf 9264 Theilc Plussigkeit. Diese Kieselercle loste sich vollig in erwiirmtcr Kalilnuge und wurde durcli Salmiak daraus wicder in weissen Fiocken

50,000 Grni. Kieselcrdelosung wurden init Salzsiiure schwach angesiiuert und anfangs in dcr Porcellanschale gcsen das Ende in der Plntinschale eingedampft und der Ruckskind gegluht. Dabei bemerkte inan zu Anfang des Gluhens das ICntwcichcn wcisser Diimpfe, die wohl vou cinem klcinen Rucklialt von Salmiak herruhrten. Es

gcfiill t.

Liislichlceit der Kieselerde in Wusser etc. 139

bliebcn 0,007 Grm. Gluhrticlistand. Nit Wasser ausge- lnugt blieben 0,005 Grm. Kiesclcrde ungelost zuruck. Es war also 1 Gewth. Kieselerde in 10,OOO Theilen Wasser gelost. Die Waschwiisscr gaben mit salpetcrsaurem Sil- beroxyd eine starke weisse Triibung unloslich in Salpe- tersiiure, ein Beweis fur dic Gcgenwart von Chlorkalium, dessen Kalium in der Form von Kali mit der Kieselerde verbundcn gewesen scin musste.

Das diirch Salmiak aus cincr Iiisung der Kieselerde in Kalilaugc gefallte, durcli Frost verdichtete und gut ge- waschenc Kieselerdchydrat hslt sonach hartnackig etwas Kali und auch etwas Amnioniak zuriick. Es lost sich in kaltem reinen Wasser in dcm Verhiiltnisse von 1 Tlieil Kieselerde zu 9264 bis 10,000Theilen Wasser auf. Man lianii in runder Sumrne l/loooo als das Lijslichkeitsver- haltniss eincs solchcn Kiesclerdehydrats annehmen.

b ) Fein zerriebener Kiesclschiefer wurde niit Kali- hydrat nuf nassem Wege aufgeschlossen, die aufgeschlos- scne Masse in N’asscr gelost, die Losung filtrirt, das Filtrat mit Salzsiiure angcssnert, zur Trockpe verdampft, der Biickstand niit salzs$urehaltigem, zulctzt mit reinem Wasscr ausgeivaschcn, getrocknet und gegluht. Die ge- gliihtc Kiesclerde wurde fcingerieben niit reinem destillir- ten Wasser ubergossen untcr zcitweiligcm Umriihren 48 Stundcn lang stchen gclassen und die klar abgegossene Losung untersucht.

55,159 Grp. Kicselerdel8sung liessen nach dem Ver- dampfcn 0,002 Grin. trockcne Kieselerdc; odcr 1 Thcil Kieselerde aus 27,579 Thcilcn Liisung.

c) Diesclbe gegliihte I<iesclerdc, acht M’ochen hinter- einander mit kaltem Wasser untcr bisweiligem Umruhren in Beriihrung gelassen gab cine klare Losung, wdche in 24,966 Theilen 1 Theil Kieselerde cnthielt. Denn

249,660 Grm. Flussigkeit liesscn beini Eindampfen eiii wcisscs, rissig gesprungencs, perlinutterglanzendes, in Regenbogenfarlien spiclcndes Hiiutchcn von Kieselerde, welclics 0,010 Grm. wog. Auch diese Kicselerde briiixiite

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clas Curcumapapier deutlich, obgleicli schwach. Kalk- wasser bewirkte auch in dicser Kieselertlclosung nach mohrstundigciii Stclien in zugcdcckten Ucfxmm eincn weissen flockigen Nicdcrschlag, liislich in Essigslurc.

Es ergiebt sich aus dicsen Versuchen, dass durch Ilchandlung des kieselsauren Kalis mit iiberschiissigcr Sdzsiiure cben falls nicht alles Kali entfernt werden knnn, class vielniehr ein iibcrsaures kieselsaurcs Kali bleiht, weluhes auch nach dem Gluhen noch etwas loslich in \Vasser ist und zwar in dein Vcrhkltnisse von 1 Theil Kicsclcrde auf 24,966 Lis 27,679 Theile N’asser, oder in runder Summe im Verhiiltnisse von 1:25000.

Ich lrltltc cs fur hiichst wahrscheinlicli, dass S t rnc l i - m a n 11’ s sogcnanntcs Kiesclerdchydrat, welches dcrselbe durch Koh1cnsiiureg:is aus wiisscriger Liisung dcs kicsel- s:iurcn Kali - Satrons fillte und rnit vcrdunnter Salzsaure kingere Zcit in dcr Kiilte bchandclte, cbenfalls nichtq nndercs als iibcrsaures kieselsaures Kali -Satron gcwcscn ist und bin auch jetzt noch der Ansicht Bischof’s, d ~ s s clic in den nuturliclicn Wisscrn ge1Sstc Kiesclcrde niclit nls wiw Iiiesclcrde, sondern :ils ulersaures lricselsaurcs Alkali vorhnndcn ist.

Die Kieselorcle verhalt sich gcgcn Siiuren und Alka- lien iihrilicli den Oxyden des Antiinons. Wic Iinrtnackig bleilen nicht rlom Algnrothpulver dic letztcn Anthcile des Chlors nnhiiiigen, und wie innig ist die Vcrbindung tles Kalis in dem ubersauren antiinonsauren Kali. Ebenso verliert das kicselsaure Alkali scin Alkali nus schwierig untl die letzten ltcste hangen ihni um so har tnkkiger an, j e gcringcr sic wcrden. Mit Abnahnie dcs Alkaligeh:ilta iiiniint :uwli die Lijslichkeit dcr IGxelcrdc ah. Vielleicht Iieruht nucli die lcichtere Liislichkeit des aus deni Fluor- siliciiim durch I~inwirkung des 1Vassei.s entstandcnen I<icselcrdcli~drats auf eincn nur bis jetzt dcr Xachwei- sung ciitgangtncn Ruc1rh:dt von Fluor.

L z ~ h i y , Liislichkeit der Iiieselevde in Wusser etc.

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