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Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitgt Miinchen. Uber die Messung analgetisch-sedativer Wirkungen am Tier und die tdbertragbarkeit der Messungsresultate auf den Menschen. Von W. Straub und E. Triendt. Mit 7 Textabbildungen. (E~ngegangen am 1. Januar 1940.) Die in so vielfachen Variationen verwendeten analgetisch-sedativen Mischpr~parate der Therapie, meistens bestehend aus Sehlafmitteln und Antipyreticis, werden mit verschiedenen Methoden im Tierexperiment gepriift. Wenn man davon absieht, da~ die am Mensehen erstrebten psychisehen Wirkungen am Tier kaum gemessen werden kSnnen, hSchstens unter Heranziehung miihsamer Dressurversuche, bleibt nichts anderes iibrig, als periphere Reaktionen auf sensible Dauerreize odes Unbequemlichkeiten mit den Mischpr~paraten odes deren Bestandteilen messend zn bek~mpfen. Die mit den versehiedenen Methoden bisher gefundenen Werte mSgen fiir grunds~tzliche und qualitative Folgerungen brauehbar sein, abet ihre nnmittelbare, ziffernm~l]ige Ubertragbarkeit yon Tiergewicht auf Menschen- gewicht, von gefundenen Tierdosen auf berechnete Mensehendosen ist sehr problematisch. Essei bier nus in des folgenden Tabelle der Fall des Kom- bination Veronal and Pyramidon, das bekannte Veramon, herausgegriffen. Im letzten Stab der Tabelle haben wit errechnet, wie grol~ die Menschen- dosis sein miiBte, wenn die am Tier gefundenen Werte unmittelbar auf den Menschen iibertragen wiirden, wenn also bier des Sprung von des Maus auf den Menschen zul~ssig wiire. Man kommt dabei zu geradezu grotesken Dosen, die am Menschen sicher schon pessimal wirken wiirden, denn die Menschendosis ist empirisch fiir alle diese Stoffe als wesentlich kleiner erprobt. Wit haben uns die Alffgabe gestellt, fiir diesen Zweek eine Methode heranzuziehen, bei des das Tier auf kleinste Dosen reagiert, so klein, daft mSglichst die unmittelbare Umrechnung des Dosen yon Tiergewicht auf Menschengewieht gestattet ist, also ungef~hr die empirisch erprobten Menschendosen erreicht werden. Fiir die Misehprgparate scheint uns eine derartige Messung wiinschenswert zu sein, da ihre Zusammensetzung gelegentlich aus ~ui~eren Griinden gei~ndert werden mull Es kann sein, dal~ der eine oder andere Bestandteil einer Verknappung unterliegt, dal]er ganz aus dem freien Handel versehwindet, dal~ gesetzgeberisehe Mal]nahmen das Mischpr~parat unter Rezeptzwang stellen und die Freiverkguflich- keit und damit Wirtschsftliehkeit aufheben (Barbitursiiuren). Arehiv f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 195. 3~

Über die Messung analgetisch-sedativer Wirkungen am Tier und die Übertragbarkeit der Messungsresultate auf den Menschen

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Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitgt Miinchen.

Uber die Messung analgetisch-sedativer Wirkungen am Tier und die tdbertragbarkeit der Messungsresultate

auf den Menschen. Von

W. Straub und E. Triendt.

Mit 7 Textabbildungen.

(E~ngegangen am 1. Januar 1940.)

Die in so vielfachen Variationen verwendeten analgetisch-sedativen Mischpr~parate der Therapie, meistens bestehend aus Sehlafmitteln und Antipyreticis, werden mit verschiedenen Methoden im Tierexperiment gepriift. Wenn man davon absieht, da~ die am Mensehen erstrebten psychisehen Wirkungen am Tier kaum gemessen werden kSnnen, hSchstens unter Heranziehung miihsamer Dressurversuche, bleibt nichts anderes iibrig, als periphere Reaktionen auf sensible Dauerreize odes Unbequemlichkeiten mit den Mischpr~paraten odes deren Bestandteilen messend zn bek~mpfen. Die mit den versehiedenen Methoden bisher gefundenen Werte mSgen fiir grunds~tzliche und qualitative Folgerungen brauehbar sein, abet ihre nnmittelbare, ziffernm~l]ige Ubertragbarkeit yon Tiergewicht auf Menschen- gewicht, von gefundenen Tierdosen auf berechnete Mensehendosen ist sehr problematisch. Essei bier nus in des folgenden Tabelle der Fall des Kom- bination Veronal and Pyramidon, das bekannte Veramon, herausgegriffen.

Im letzten Stab der Tabelle haben wit errechnet, wie grol~ die Menschen- dosis sein miiBte, wenn die am Tier gefundenen Werte unmittelbar auf den Menschen iibertragen wiirden, wenn also bier des Sprung von des Maus auf den Menschen zul~ssig wiire. Man kommt dabei zu geradezu grotesken Dosen, die am Menschen sicher schon pessimal wirken wiirden, denn die Menschendosis ist empirisch fiir alle diese Stoffe als wesentlich kleiner erprobt.

Wit haben uns die Alffgabe gestellt, fiir diesen Zweek eine Methode heranzuziehen, bei des das Tier auf kleinste Dosen reagiert, so klein, daft mSglichst die unmittelbare Umrechnung des Dosen yon Tiergewicht auf Menschengewieht gestattet ist, also ungef~hr die empirisch erprobten Menschendosen erreicht werden.

Fiir die Misehprgparate scheint uns eine derartige Messung wiinschenswert zu sein, da ihre Zusammensetzung gelegentlich aus ~ui~eren Griinden gei~ndert werden m u l l Es kann sein, dal~ der eine oder andere Bestandteil einer Verknappung unterliegt, da l ]e r ganz aus dem freien Handel versehwindet, dal~ gesetzgeberisehe Mal]nahmen das Mischpr~parat unter Rezeptzwang stellen und die Freiverkguflich- keit und damit Wirtschsftliehkeit aufheben (Barbitursiiuren).

Arehiv f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 195. 3~

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482 W. STP~UB und E. TEIENDL:

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Messung analgetisch-sedativer Wirkungen am Tier usw. 483

Ais Beispiel hubert wir den Fall geramon und seine Bestandteile ge- wihlt, als 5lethode die ~ugerst schonende von A. W. F o r s t (5), bei der die Maus spontan und frei be- weglieh auf einem grogen Kipp- teller herumlguft: Der Kippteller ist eine runde Scheibe von 24 em Durchmesser, die zentral auf einer Spitze gelagert ist. Die Laufbe- wegungen des Tieres bringen den Teller um einige Winkelgrade aus tier Horizontalen, wodurch automa- tisch Kontakte bet~tig~ werden, die ant ein Zihlwerk (Arbeitssammler) iibertragen werden. Ant diese Weise wird die Motilit~t des normalen oder beeinflul3ten Tieres graphiseh registriert. Die anderen Methoden arbeifen mit oft reeht eingreifenden oder schwer zu deutenden Zwangs- zustinden der Versuchstiere.

Einen linger dauernden Reiz- zustand setzten wit dutch Anbrin- gung einer elastischen Klemme am Schwanz cler Miiuse. Der Unter- schied unseres Vorgehens gegentiber der friiher schon yon F, Ha f f - ne t (2) benutzten Abk].emmung des Miuseschwanzes besteht darin, dab bei H a f fn er s Versuchen die Ktemme ]eweiis nut kurze Zeit liegen blieb, wiihrend sie bei uns fiir die gauze Dauer eines Versuchs angebracht war. Wit haben uns deshalb be- miiht, den Klemmwert, mit dem der Schwanz belastet w~rde, kon- stant zu halten dutch einen ge- messenen Federdruck yon 200g. Das Tier wird dutch einen derar- tigen, dauernd liegenden Druek keineswegs geschgdigt, wenn man darauf achier, dal~ die dorsal u~d

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484 W. STI~AIJB und E. TRI]~NDL:

ventral verlaufenden Sehwanzvenen bei der Ansetzung der Klammer nieht mitgetroffen werden.

Dutch die Spontanbewegungen der Maus entstehen direkte Registrie- rungen, wie sie in Abb. 1 gegeben sind. In cIer Abb. 1 bedeutet die Strecke zwisehen A und B jeweils 50 Aussehlgge des Arbeitssammlers.

Da es sieh bei unseren :00 , %

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\ - - - 41

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0 7 2 3 g 5- 6 7 8 $ :o 17ier/elsfunden

Abb. 2. Abgeleitete Motilitatsknrven. a) Tiere ohne Schwanzklemme; b) Tiere mit Schwanzklemme.

Versuchen um die Messung einer Spontanmotilitiit han- delt, sind die Effek~e nicht fiir jecIes Tier die gleichen, und es mul3te auf statisti- schem Wege jeweils 4er Mittelwert aus vielen Ein- zelversuchen festgesteUt werden. Wit verwendeten fiir jede so abgeleitete Kurve immer 100 bis 120 Tiere. Der Mittelwert dieser Versuche wurde ~us einer Beobaehtungsperiode yon jeweils 15 Minuten

w~hrend der immer 21/2 Stunden dauernden to- talen Versuchszeit berech- net. Daraus ergab sieh dann die MSgliehkeit, fiir die versehiedenen Dosen des zu priifenden Stoffes vergleiehbare Werte zu schaffen. Diese abgeleite- ten Mittelwerte wurden dann in besonderer Weise zur graphisehen Darstel- lung gebracht (Abb. 2).

Wenn man die Ver- suchstiere, normale oder mit Sehwanzklemme ge- reizte, auf den Kippteller bringt, so zeigen sie zu-

n~chst ein Maximmn von Motilit~t. Sie beruhigen sich 4ann zunehmend und h~ben fiir unseren Fall naeh 21/2 Stunden ihr beobachtetes Mini- mum. Wir haben nun fiir jedes Tier das regis~rierte Maximum der ersten Viertelstunde mit 100 angesetzt, und die gemessenen Motilit~ts- werte der folgenden Viertelstunden als Prozente dieser MaximMwirkung

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Messung analgetiseh-sedativer Wirkungen am Tier usw. 485

aufgetragen. Es entsteht so die abgeleitete Kurve der Motilit~t fiir 21/2 Stunden, die in Abb. 2 clargesteIlt ist. Maeht man den Versueh mit Tieren, die (tie 4auernd liegende Sehwanzklemme tragen, so erhglt man eine Kurve (Abb. 2b), die wghren4 der 21/2stiindigen Beobaehtungszeit 4er Kurve 4er normalen Tiere (Abb. 2a) nahezu parallel I~uft, natiirlicl~ mit griiBeren Motilitgtswerten 4er koordiniertea Zeiten, d.h. sie verli~uft oberhalb der normalen Kurve. Fiir die Bewertung der Methode is t duraus zu entnellmen, dal3 ftir die Beobaehtungszeit yon 2i/2 Stunden der Dauerreiz tier Schwanzklemme aueh 4auernd wirksam ist, also eine

GewShnung, die dutch eine merkliche Konvergenz der beiden Kurven sieh ausdriieken mtigte, nieht stattfindet. Die Kurve der analgetiseh- sedativ beeinflugten Tiere mug dementspreehen4 tiefer verlaufen, als die lZeizkurvel

Fiir die Priifung der zu uatersuelaenden Substanz wurde diese in Ldsung in den Magen 4er Versuehstiere gebracht, nachdem vorher die erste Viertelstunde exakt registriert wurde. Das~zu priifende Mittel wurde in :siimtliehen Versuehen in einem Volumen yon 0,01 eem/g Maus mit einer 3Iikrospritze injiziert (6). Nach der Injektion erfolgte eine Registrierpause yon einer Viertelstunde, wiihrend der die Resorption zu erwarten war und alas Tier den Sehreek der Magensonc[ierung iiberwunden hatte. Von da ab wurde viertelstundenweise weiter registriert.

VeronaL

Fiir das VeronaI (in Form yon Mediaal) ergaben sich die abgeleiteten Kurven der Abb. 3, d. h. die Tiere verzeichneten Kurven, die sich der der NormaItiere, nicht Sehwanzklemme tragenden und, nicht mit VeronaI be- handeltea, merklieh niherten. So koaate die Wirksamkeit der Dosen ermittelt werden, insbesondere der an der untersten Grenze liegenden. Sie ist in Abb. 3c mitgeteilt, die von einer Einverleibung yon 1,9 y/g Maus gewonnen wurde. Noeh kleinere Dosen (0,9 y/g Veronal,'Abb. 3b) geben unklare Aussehl~ge, so dal~ man also den Weft yon 1,9 y/g als unterste Wirksamkeit des Veronals in Reehnung setzen kann. Wean man die Reehnung so durehfiihrt, dal? man vom KSrpergewieht der Maus auf das KSrpergewicht &es Mensehen, dieses zu etwa 60 kg gerechnet, sehliegt, so ergibt sieh eine Mensehendosis yon 0,114: g Veronal. Naeh den empirisehen Feststellungen am Mensehen ist diese Dosis von einer Gr613enordnung, die man aueh fiir den Menschen als unterste wirksame bezeiehnen kann. Unsere Versuehsanordnung ist also tatsichlich geeignet, quantitative Schliisse yon Tierwirksamkeit auf Mensehenwirksamkeit zu ziehen. In Abb. 3d und 3e sind aneh die Wirkungen grSl3erer Dosen yon Veronal mitgeteilt, und zwar yon 14,9 und 46,7 y/g. Die Dosis yon 14,9 ),/g gibt eine einfache analgetisela-sedative Wirkungsvertiefung. Sie entsprieht

34*

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486 W. STtl,AUB und E. ~Pmn~DL:

einer ~[enschendosis yon 0,9 g/60kg. Auf Menschenverh~tltnisse um- gerechnet ist der Weft yon 46,7 y/g Maus abet sehon pessim~l. Denn die empirisch gefundene Menschendosis hat Ms maximale Einzelgabe 0,75 g

vorgesehen. Auch die M~use der Kurve 3e zeig- ten schon toxische Er- scheimmgen, erholten sich aber stets wieder.

Pyramidon.

Da aus der Literatur die Dosen yon 200--400 7 Pyramidon pro g Mans [F. t I a f f n e r (2), E. H e s s e (3)] als nur teilweise wirk-

~, sam bezeichnet sind, haben wir zunachst 300 y/g an unseren Schwanzklemme tragendml Tieren erprobt.

-~ Es ergab sieh das merk- wtirdige Bild der Abb. 4d, d. h. eine ungeheuer starke Erregung, die sieh gewisser- mal3en auf die sehon beste- hende Dauererregung itureh die Sehwanzklemme auf- setzte, und sehr lange bestehen blieb. Erst naeh neunmal 15 Minuten wurde mit dieser Dosis eine An- ngherung an den Normal- weft wieder erreieht. Die

o ~ z 3 ~ s e 7 a s 70 Umreehnung yon 300?/g 14~'~/e/s/u'~ Maus auf Mensehenverhglt-

Abb. 3. nisse wiirde 18 g Pyrami- W i r k u n g k l e i n s t e r und g r S g e r e r Dosen yon VeronaI .

a) N o r m a l e T i e r e m i t S c h w a n z k l e m m e ; don/60kg en~spreehen, also b) W i r k u n g yon 0,9 y[g V e r o n a h ein sinnlos hoher Wert, e) ,, 1,9 r i g ,, d) . ,, 14 ,9g ig . w e n n m a n bedenkt, d a f t

r ~ ,, 46,~ylg , die maximMe Einzeldosis fiir den Mensehen 0,5 g

ist. Die im Pyramidon zweifellos enthaltene analgetiseh-sedative Wirkung kommt bei unserer Methode aber erst bei kleineren Dosen zur Geltung. Die Abb. 4e zeigt den Effekt yon 75 y/g Maus, die also sehon eine wirklieh analgetiseh-seclative Dosis darstellen. Fiir den Mensehen wiirde das heil~en

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Messung analgetiseh-sedativer Wirkungen am Tier usw. 487

4,5 g, erfzhrungsgemgl~ auch noch eine 15berdosierung. Die kleinste, noch sicher wirksame Dosis yon Pyramidon liegt nach unserer Methode bei

~.~ 9,4 y/g Maus, Abb. 4bl w~hrend ~,7 ~/g etwa die unterste Grenze der Nachweis- barkei~ 4arstellen diirfte. Auf den Mettschen umgel"echnet bedeuten diese Werte 0,56 bzw. 0,28 g/60 kg. D. h. man kommt aueh fiir Pyramidon mit unserer Methode zu den am Menschen erprobten DosengrSl3en.

0 / 2 3 4 5 6 7 8 3 /0 Y/erlel~lunden

Abb. 4. Wirkung yon Pyramidon. u) Nol'm~le M~use m. Schwanzklemme ; b) W i r k u n g yon 9,4 7/g Pyramidon; c) . . 75 7[g . d) ~be rmax ima le Dosis yon 300 7/g

Pyr~midon = 18 g/60 kg Mensch.

55

0 / 2 3 4.5 8 7 a 2 10

~'erlel~funden

Abb. 5. Rein sedat iye Wi rkang yon Veronal bzw. Pyramidon (unterste Grenzdosen). a) Norm~le Yi~iuse ohne Schw~nzklemme, b) Wi rkung yon 0,05 7]g u c) Wi rkung yon 0~3 7/g Pyramidon .

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488 W. STRAUB und E. TItlENDL:

Da~ der Dauerreiz dureh die Sehwanzklemme etwas Spezifisehes darstellt, ergibt sieh aus dem Vergleieh mit den zu rein sedativer Wirkung am normalen, nieht Schwanzklemme tragenden Tier benStigten Dosen yon Veronal und Pyramidon. Wit haben gefunden, dag die Motilitiit soleher

100 %

70

50

....1

30

20

normaler Tiere sehon von

t O,05y/g VerGnal (Abb.5b) bzw. 0,a y/g Pyramidon

I (Abb. 5e) dentlich herab- gesetzt wurde (Abb. 5), wghrend dutch Sehmerz in Dauerreizzustand ge- haltene Tiere zu ihrer Be-

l~ I ruhigung das 40faehe an Veronal nnd das 30faehe an Pyramidon benStigen.

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0 7 2 3 ~ 5 # 7 8 9 70 l/ier/els/unden Abb. 6. Unters te Grenzdosis yon Yeramom

a) Wi rknng der nntersgen Grenzdosis yon 0,9 ~,/g Veronal ;

b) Wi rkung der un te r s t en @renzdosis Yon 4~7 7/g Pyramidon ;

e) W i r k a n g yon 3,3 7[g Yer~mon (Mischung im Vera- mon,zerhgltnis yon 0,9 7/g VeronM + 2,3 7]g Pyra - midon).

Veramon.

Das Veramon besteht aus 2 Mol Pyramidon und 1 Mol Veronal. Es wird yon ihm angegeben, da~ as gerade in diesem Mi-

sehungsverh~ltnis be- stimmte Qualiti~ten h~tte. Ob es auch besgimmte Quantit~igen der Wirkung hat, also vielleieht eine Potenzierung eintreten kSnnte, wurde mit unserer Methode gemessen. Wir haben uns deshalb LSsun- gen von Veronal nnd Pyra- midon im Veramonverhiilt- his hergestellt, und ihre Wirkung mit der der ein- zelnen Komponengen ver- gliehen. Die Dosis yon 3,3 7/g Veramon, Abb. 6e, znsammengesetzt aus der nnwirksamen Dosis yon 2,3 y/g Pyramidon, Abb. 6 b

(siehe oben), und der alleruntersten Orenzdosis yon 0,9y/g Veronal, Abb. 6 a, kann als Grenzwert bezeichnet werden (Abb. 6). Aus dieser Kurve ist eine deutlieh sedativ-analgetische Wirkung gegeniiber der der nahezu

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Messung analgetisch-sedativer Wirkungen am Tier usw. 489

unwirksamen Einzelbestanteile zu ersehen. Um aber eine Potenzierung 4araus abzuleiten, seheint der Effekt cloeh zu klein.

In einem zweiten Versueh wurde mit einem Gemiseh, das 4er vierfaeh grSfteren Dosis yon Veramon entsprieht (Abb. 7 e), also deutlieh wirksamen

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Abb. 7. Wirkmig von Veramon.

a) Wi rkung yon 3,7 7]g Veronal; b) ,, , 9,4 71g Pyramidon ; c) ~ ,, 13,17/g Veramon (Mischung im Yeramonverhii l tnis

yon 3,7 r Veronal z/ 9,4 7/g Pyramidon) .

Mengen der einzelnen Bestandteile yon Pyramidon und Veronal, gearbeitet (3,7 7/g Veronal d- 9,4 y/g Pyramidon, Abb. 7a und 7b). Aueh in diesem Falle diirfte es sieh lediglieh um eine Steigernng der Wirkung, die einer Addition, aber nieht einer Potenzierung entspriehg, handeln. Soweit

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seheint der behauptete therapeutisehe Vorzug des Veramons, tier nieht bestritten werden soil, auf underem Gebiete zu liegen.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Fiir die 1Jbertragung der im Tierversueh gefundenen Dosen yon anMgetiseh-sedativen Wirkungen sind welt empfindliehere Methoden not- wendig, Ms die bisher verwendeten.

2. Die Methode von A. W. F o r s t (5), kombiniert mit einem Dauer- reiz an der Sehwanzwurzel der Yersuehstiere, entspricht diesen An- forderungen.

3. Als analgetisch-sedative Grenzdosen fiir Veronal und Pyramidon warden gefunden: 1,9 y/g VeronM und 9,4 y/g Pyramidon. Die ziffern- lr~iigige Umreehnung auf einen Menschen yon 60kg entsprieht 0,114 g Veronal bzw. 0,56 g Pyramidon.

4. Diese Dosis liegt fiir VeronM 40real, ftir Pyramidon 30real hSher als die zur Erzielung einer rein sedativen Wirkung am normalen, nieht dutch Sehmerz gereizten Tier benStigte Menge.

5. Fiir das Veramon wurde als Grenzdosis 3,3 y/g Maus gefunden.

6. Im Veramon liegt naeh unserer Methode keine Potenzierung, sondern eine Addition der Wirksamkeit der einzelnen Komponenten vor.

Literatur. 1) Naunyn-Schmiedebergs Arch. 174, 405 (1934) ; Y. t t i 1 d e b r a n d t (Schmerz-

reiz durch lokale tIitze). -- 2) Dtsche. Mediz. Wschr. Nr. 18,731 (1929); F. H a ~ f- ne r (Sehwanzklemme). -- 3) Naunyn-Schmiedebergs Arch. 158, 233 (1930); E. H e s s e (Verst~rkte Sehwanzklemme). -- 4) Ebenda 158,247 (1930); E. H e s s e (Entziindung durch KrotonS1). -- 5) Verhandl. d. Dtseh. Pharm. Ges., 14. Tagung 1938. -- tl)Naunyn-Schmiedebergs Arch. 185, 456 (1937).