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Uber die Oxydationswirkung von Kohlesuspensionen. Von F. FEIGL. (Vorlaufige Mitt eilung). Es ist bekannt, daB feinverteilte Kohle neben anderen Gasen auch Sauerstoff aufnimmt und diesen beim Kochen mit H,O nicht ale Oe, sondern als CO, abgibt.1) Diese Erscheinung macht die An- nahme wahrscheinlich, daB der Sauerstoff sich an oder in der Kohle in einem Zustand erhohter Reaktionsfiihigkeit befindet, der nicht unbedingt der einer Verdichtung oder Adsorption m sein braucht , sondern auch in einer superoxydischen Bindung des Sauerstoffes an Kohle bestehen konnte2) und der sich in jedem Falle in Oxydations- wirkungen der Kohle auBern muBte. Daruber sind in der Literatur jedoch nur sparliche Angaben zu finden. CALVERT,) hat die Oxy- dation von gasf. SH,, PH,, SO, an Kohleoberflachen zu H,SO, und H,PO, festgestellt; CAZENEWVE~) hat bei einem Studium uber Entfarbungskohlen Oxy dationswirkungen v erschiedener Kohlea rten beobschtet und die Wirkung der Kohle mit der des Wasserstoff- superoxFds verglichen. Desgleichen hat HOFFMANN~) gefunden, da B aus Leukanilin bei Gegenwart von Kohle Rosanilin entsteht. Eine systematische Untersuchung daruber, ob Kohlen imstande sind, auch andere, insbesonders anorganische Verbindungen zu oxydieren als die angefuhrten, sowie eine Messung der entstehenden Oxgdations- produkte scheint vollig zu fehlen, obwohl gerade diese einen Einblick nieht nur in die Natur 'dieses Vorganges, sondern auch in die Bindungs- verhaltnisse des Sauerstoffs an Kohle gewahren konnte. Zudem durfte auch eine eingehende Untersuchung uber die quantitative Seite von durch Kohle hervorgerufener Oxydationswirkungen fur das Studium jener Adsorptionsvorgange von Bedeutung sein, bei 1) ENOLER-WEISSBEIW, Die Theorie der Autoxydation (1910), 201. *) VAUBEL, C. B. 1906, 11. 1638. 3) GRACE-CALVERT, Journ. Chem. SOC. V, (1867), 293. 4) CAZENEUVE, Compt. rend. 110 (1890), 788. 6) A. W. HOFFMANN, BeF. 7 (1874), 630. Z. nnorg. u. allg. Chom. Bd. 119. 20

Über die Oxydationswirkung von Kohlesuspensionen

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Page 1: Über die Oxydationswirkung von Kohlesuspensionen

Uber die Oxydationswirkung von Kohlesuspensionen. Von F. FEIGL.

(Vorlaufige Mitt eilung).

Es ist bekannt, daB feinverteilte Kohle neben anderen Gasen auch Sauerstoff aufnimmt und diesen beim Kochen mit H,O nicht ale Oe, sondern als CO, abgibt.1) Diese Erscheinung macht die An- nahme wahrscheinlich, daB der Sauerstoff sich an oder in der Kohle in einem Zustand erhohter Reaktionsfiihigkeit befindet, der nicht unbedingt der einer Verdichtung oder Adsorption m sein braucht , sondern auch in einer superoxydischen Bindung des Sauerstoffes an Kohle bestehen konnte2) und der sich in jedem Falle in Oxydations- wirkungen der Kohle auBern muBte. Daruber sind in der Literatur jedoch nur sparliche Angaben zu finden. CALVERT,) hat die Oxy- dation von gasf. SH,, PH,, SO, an Kohleoberflachen zu H,SO, und H,PO, festgestellt; CAZENEWVE~) hat bei einem Studium uber Entfarbungskohlen Oxy dationswirkungen v erschiedener Kohlea rten beobschtet und die Wirkung der Kohle mit der des Wasserstoff- superoxFds verglichen. Desgleichen hat HOFFMANN~) gefunden, da B aus Leukanilin bei Gegenwart von Kohle Rosanilin entsteht. Eine systematische Untersuchung daruber, ob Kohlen imstande sind, auch andere, insbesonders anorganische Verbindungen zu oxydieren als die angefuhrten, sowie eine Messung der entstehenden Oxgdations- produkte scheint vollig zu fehlen, obwohl gerade diese einen Einblick nieht nur in die Natur 'dieses Vorganges, sondern auch in die Bindungs- verhaltnisse des Sauerstoffs an Kohle gewahren konnte. Zudem durfte auch eine eingehende Untersuchung uber die quantitative Seite von durch Kohle hervorgerufener Oxydationswirkungen fur das Studium jener Adsorptionsvorgange von Bedeutung sein, bei

1) ENOLER-WEISSBEIW, Die Theorie der Autoxydation (1910), 201. *) VAUBEL, C. B. 1906, 11. 1638. 3) GRACE-CALVERT, Journ. Chem. SOC. V, (1867), 293. 4) CAZENEUVE, Compt. rend. 110 (1890), 788. 6 ) A. W. HOFFMANN, BeF. 7 (1874), 630.

Z. nnorg. u. allg. Chom. Bd. 119. 20

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306 F. Feigl.

welohen auf etwaige, gleichzeitig verlaufende Oxydationsprozesse Riicksicht genommen werden muB.1)

Vorstehende 'ijberlegungen waren AnlaD, neuerlich Untw- suchungen uber das Oxydationsvermogen von Kohlen anzustellen, uber welcthe vorliiufig das nachstehende zu berichten ist.

Qualitative Versuche wurden folgendermaljen durchgefiihrt : die oxy dable Verbindung wurde in saurer, neutraler oder alkalischer Losung mit einigen G r a m Blutkohle ( MIXOK) , Asche = So/,,, einige Minuten gekocht, hierauf filtriert und im Filtrat auf ent- standene Oxydationsprodukte gepruft. - - Nr

1 2

3

4 5 6 7 8 9

10

11

- -

12

13

14

16 10

oxydierberer Stoff

Reaktion der

Versuchslag

chwach wue sauer

alkalisch

,, I ,

Y.

99

neutral alkalisch

,s

, I

sauer

19

alkalisch

I,

,,

Oqdations- produkt

Hd304 J

JO;

SO," SO," SO,''

keines 1 ,

,. Sn....

CIO,"

Hg-

CO,

CuSO,

cuso, coso,

Anmerltung

nachgew. mit Banurnohlorid durch Ausschtitteh

nachgew. durch J-Abschei- dung nach Aneauern

nachgew. mit Ba--Ion

i t cs,

-

-

-

nechgew. durch das Defiz. an Sn nach Wescben

nachgew. mit Ba**-Ion and mit Farbdt ion des Di- phenylkarbazid

nachgew. durch Defizit an HgO nech dem Waschen

nach dem Versuch Defizit an Oxalstiure

vm der Filtration mit Eaeig-

mit NB;,, SO," mit Baa. nachgewiesen

ditto wie sub 14, 16. Co-Nachweis

nach der VoQELschen Reaktion

86W0 an@&, h FiltJXLt &

In einigen FQlen waren die Oxydationsprodukte nur in kleinen Mengen nachweisbar (2).

1) A. FBJ~UNDIJOB, 2. f. phyeik. Chem. 67 (1907), 458.

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0xydaiimwirhwn.g urn Kolihm~spelnen. 307

Zur Bestimmung der Mengen des entstandenen Oxydetions- produktes wurden Versuche bei der Oxydation Cr... -+ CrO,” an- gestellt. Kocht man eine Cr*--Ionhaltige Losung mit KOH nnd Kohle, so erhiilt man ein giinzlich klares, je nach den CrO,”-Mengen und der Kohleart gelb-gelbgriin gefarbtes Filtrat, das giinzliah frei von dreiwertigem Chrom ist, da samtliches nicht oxydiertes Chrom als Cr(OH), ausgeflillt ist. (Kohle befordert die Ausfallung von Cr(OH), $US Cr(OK),-Losungen). Trotzdem ist es nicht ohne weiteres moglich, in diesem Filtrate das gebildete Chromat quantitativ an bestimmen. Eine makrochemische Bestimmung verbieten die kleinen Chromatmengen und die Gegenwart des groBen Alkaliiiberschusses, eine maknalytische Bestimmung, beruhend auf Oxydation ge- messener, zugeeetzter Mengen von FeSO, und Riicktitration mit KMnO, (Methode von SOHWARZ)~) oder Oxydation von J’-Ion zu Jod und Messung desselben mit Na,S,O, (Methode von ZULKOVSICY)~) wird dadurch nnmoglich, dal3 nach der beschriebenen Behandlung aus KOH und Kohle ein Korper entsteht, der in sanrer Ldsung KMnO, verbraucht und Jod in Freiheit setzt, wodurch eine exakte Titration nach vorstehenden Methoden unmoglich wird.8) Es gelingt jedoch diesen Korper dadurch unschlidlich zu machen, daS man vor der maSanalytischen Bestimmung des CrOL’ die alkalische Fliissigkeit mit vie1 KMnO, anhaltend kocht, den UberschuS von KMnO, durch H,O, zerstort und von gebildetem MnO, abfilt-riert. In einem so behandelten Filtrat ist dann eine Bestimmung des Chromates nach allen maBanalytischen Methoden moglich. Die Er- mittelung eines derartigen , jede normale Cr0,“-Titration storenden Korpers berechtigt wohl dam, die von ORPNG~) beschriebene negative Adsorption von alkalischsm K,CrO, an Kohle zu bemeifeln, da dieser Forscher ohne Kenntnis von der Bildung eines Jod in keiheit setzenden Korpers nach ZULKOVSKY titriert und aus einer ver- mehrten J-Abscheidung folgerichtig auf eine erhohte CrO,”-Kon- zentration nnd somit negative Adsorption schlieBt .

Wurde auf die vorstehend beschriebene Art eine Titration des chromstes ermoglicht, so ergaben sich bei Behandlung gleicher

1) 9. CLASSEN, Theorie und Praxis der MaBanalyse (1912), 414. 2) A. CLASSEN, Theorie und Praxis der MaBenalyse (1912), 460. 3) Auf den Urnstand, da13 es nicht moglich sei, in einer chmmathaltigen

Flotte noch Adsorption an Wolle das zuriickbleibende H,CrO, exakt maBana- lytisch zu bestimmen, weist schon PELLET-JOLIVET hin. (“heorie des Fiirbe- prowesee, S. 61.)

4) T, ORYNG, 2. f . Ch. u. Id. d . Kolloide 13 (1913), 14. 20 *

Page 4: Über die Oxydationswirkung von Kohlesuspensionen

308 F. Feigl.

Mengen Cr,(SO,), mit wechselnden Mengen Kohle und gleichen Kohlemengen mit wechselnden Chrommengen, bei Einhaltung gleichor Alkalitht (etwa 6--8fache Menge KOH als zur Chromitbildung notig), gleicher Volumina und Kochdauer (15‘) die in nachstehenden Tabellen ehgetragenen Werte.

Tabelle 1. Verwendet: Blutkohle (MXJBCK) Asche = ll,90/o.

1,36 2,60 4,69 6,37

10,05 12,13

die vemend.

mgcr

7,9 16,6 27,l 36,s 58,O 70,o

4 6 6

I 0,6 i 1

2 3

111,85 4 6 8

I 19,89

1,OO 1 5,s 1,97 11,l 3,14 21,6 5,04 29,l 6,33 36,6 89% 51,6

1 1,40 66,8

at enth.

“lo cr 1,77 3,49 6,01 8.21

12 $5 15.77

5 ,% 9,94

19,2% 26,03 32,74 46,75 58,77

1 1,98 11,l

6,04 I 29,l

Bus diesen Werten folgt, da5 bei Verwendung gleicher Cr-Mengen grol3ere Kohlenmengen mehr Chromat bilden.

Tabelle 3. Verwendet: stets 1 g Blutkohle (KAHLBATJM) Asche = 8,0°/0.

79,01 78,97 47,49 26,03

Page 5: Über die Oxydationswirkung von Kohlesuspensionen

Oxydatimwirhng uon Koh2eszlspensiolaen. 309

Ans Tab. 3 und 4 geht hervor, daB gleiche Kohlemengen mit wechselnden Chrommengen behandelt, verschiedene Chromatmengen ergeben und mit groI3eren Cr-Mengen absolut hohere, prozentuell jedoch niedere Chromatmengen zustande konimen.

Den gleichen Effekt bringen auch andere Kohlearten hervor, doch sei schon hier festgestellt, daB sich in ihrer oxpdierenden Wirkung die verschiedenen Kohlearten durchaus verschieden ver- helken und daB sich bis jetzt keine Beziehung m ihrem Aschegehalt ergab. Der Oxydationseffekt der Kohlen scheint von einer Reihe von Faktoren abmhangen; er laDt sich steigern und hera bdrucken. Dariiber sind Unt'ersuchungen in1 Gmge.

W%n, Zweites chernisches Laboratorium der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 27. Juni 1921.