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(Aus der Bundesstaatlichen Impfstoffgewinnungsanstalt Wien. Leiter: Ministerialrat Dr. M. Kaiser.) Uber die vaccinale Immunifiit yon Kiihen. II. Mitteilung. Von 1)I. Kaiser, Dr. Maria Gherardini und Dr. phil. Heinrieh K. Michna. Bundesstaatl. Kommissiir. Mit 1 Textabbildung. In einem Az'tikel mit _Franz Weln/urter (Z. HygL 113, 192) hat der eine yon uns auf die Notwendigkeit hingewiesen, in Gegenden, in denen Kuhpocken auftreten, die Kiihe aus sanit~r- und veteriniirhygienischen Grfinden gegen diese Krankheit impfen zu lassen. ~ber einige Yersuche in diesera Sinne ist in dem soeben erw~thnten Aufsatze beriehtet worden. Oifen blieb damals die ~Frage, ob die Anlegung eines einzigen Impfstriches am Datum zur Eriangung einer praktiseh verwertbaren, die Er- krankung an Kuhpocken verhindernden Immunitiit ausreicht und wie lange die dutch eine derartige cutane Impfung erzielte Immunit~t bei Ktihen anh~lt. Laufe des Jahres 1932 hatten wir Gelegenheit zu solchen Versuchen und es standen uns die Kiihe zweier groger Geh6fte zur Verfiigung, die mehrere hundert Tiere umfai3ten. Ursprtinglieh wollten wit die Tiere wie frfiher (1. e.) am Datum impfen, es wurde uns jedoch geraten, diese Impfung am Hals vorzunehmen. Wir liel3en deshalb an dieser S~elle einen etwa handtellergroBen ~leck ausrasieren und impften mit zwei, etwa 4--r6 cm langen und durchsehnittlieh 1--2 em von- einander entfernten Striehen, die wir mit einer normalen Impflanzette vornahmcn. Das ErgebIds der Reaktionen der in dieser Art geimpften 250 Tiere erwies sich leider fiir unscre Zwecke unbrauchbar, dcnn sie zeigten eine sehr starke Infiltration der Impfstetle, die Haare wuchsen ranch dariiber, die Kiihe beleekten nieh gegen- seitig und die Halskette scheuerte die Impfstellen auf, so dab ein Ablesen wie beim mensehliehen Impfling leider nicht m6glich war. Wir erw~hnen diesen mil~glfickten Versueh lediglich deshalb, um etwaige Nachprtifer vor iihnlichen Enttauschungcn zu bewahren. Von den Impflingen, die uns auf diese Art verIoren gingen, soll wei~er nicht mehr die Rede sein. Im zweiten Geh6ft kehrten wir zu der alten Impfmethode am Damm zuriiek und bemiihten uns mit m6glichst wenig Lymphe, die in die Imt)fstriche hinein- gestrichen wurde, das Auslangen zu linden, um ein Abtr~ufeln auf die Euter und damit deren Infek~ion zu vermeiden. Auch bier wurde eine etwa handtellergrol3e Stelle ausrasiert, was mit entsprechender Assistenz m6glich ist, und es wurden, wie bereits oben gesagt, zwei Impfstriehe angelegt, ein Eingriff, w~hrend welches das Tier auf seinem Platz im Stalle angekettet bleibt und zwischen 2 Personcn steht, yon denen die eine den Schwanz seitw~rts abzieht. Die yon uns beniitzten Lymphcn wurden vorher austitrier~; wir bcdienten uns dabei des Verfahrens nach Groth und filtrierten die Lymphe dutch dan urspriinglich yon Groth angegcbcne Filtcr Nr. 86 von Dreversho/[. Die Filtration Zeitschr. f. ]tygienc. Bd. 115. 45

Über die vaccinale Immunität von Kühen

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Page 1: Über die vaccinale Immunität von Kühen

(Aus der Bundesstaatlichen Impfstoffgewinnungsanstalt Wien. Leiter: Ministerialrat Dr. M. Kaiser.)

Uber die vaccinale Immunifiit yon Kiihen.

II. Mitteilung.

Von

1)I. Kaiser, Dr. Maria Gherardini und Dr. phil. Heinrieh K. Michna. Bundesstaatl. Kommissiir.

Mit 1 Textabbildung.

I n e i n e m Az' t ikel m i t _Franz Weln/urter (Z. HygL 113, 192) h a t de r

e ine y o n uns auf die N o t w e n d i g k e i t h ingewiesen , in G e g e n d e n , in d e n e n

K u h p o c k e n a u f t r e t e n , die K i i h e aus san i t~r - u n d v e t e r i n i i r h y g i e n i s c h e n

Gr f inden gegen diese K r a n k h e i t i m p f e n zu lassen.

~ b e r einige Yersuche in diesera Sinne ist in dem soeben erw~thnten Aufsatze beriehtet worden. Oifen blieb damals die ~Frage, ob die Anlegung eines einzigen Impfstriches am Datum zur Eriangung einer praktiseh verwertbaren, die Er- krankung an Kuhpocken verhindernden Immunit i i t ausreicht und wie lange die dutch eine derartige cutane Impfung erzielte Immunit~t bei Ktihen anh~lt.

�9 Laufe des Jahres 1932 hat ten wir Gelegenheit zu solchen Versuchen und es standen uns die Kiihe zweier groger Geh6fte zur Verfiigung, die mehrere hundert Tiere umfai3ten. Ursprtinglieh wollten wit die Tiere wie frfiher (1. e.) am Datum

�9 impfen, es wurde uns jedoch geraten, diese Impfung am Hals vorzunehmen. Wir liel3en deshalb an dieser S~elle einen etwa handtellergroBen ~leck ausrasieren und impften mit zwei, etwa 4--r6 cm langen und durchsehnittlieh 1--2 em von- einander entfernten Striehen, die wir mit einer normalen Impflanzette vornahmcn. Das ErgebIds der Reaktionen der in dieser Art geimpften 250 Tiere erwies sich leider fiir unscre Zwecke unbrauchbar, dcnn sie zeigten eine sehr starke Infiltration der Impfstetle, die Haare wuchsen ranch dariiber, die Kiihe beleekten nieh gegen- seitig und die Halskette scheuerte die Impfstellen auf, so dab ein Ablesen wie beim mensehliehen Impfling leider nicht m6glich war. Wir erw~hnen diesen mil~glfickten Versueh lediglich deshalb, um etwaige Nachprtifer vor iihnlichen Enttauschungcn zu bewahren. Von den Impflingen, die uns auf diese Art verIoren gingen, soll wei~er nicht mehr die Rede sein.

Im zweiten Geh6ft kehrten wir zu der alten Impfmethode am Damm zuriiek und bemiihten uns mit m6glichst wenig Lymphe , die in die Imt)fstriche hinein- gestrichen wurde, das Auslangen zu linden, um ein Abtr~ufeln auf die Euter und damit deren Infek~ion zu vermeiden. Auch bier wurde eine etwa handtellergrol3e Stelle ausrasiert, was mit entsprechender Assistenz m6glich ist, und es wurden, wie bereits oben gesagt, zwei Impfstriehe angelegt, ein Eingriff, w~hrend welches das Tier auf seinem Platz im Stalle angekettet bleibt und zwischen 2 Personcn steht, yon denen die eine den Schwanz seitw~rts abzieht.

Die yon uns beniitzten Lymphcn wurden vorher austitrier~; wir bcdienten uns dabei des Verfahrens nach Groth und filtrierten die Lymphe dutch dan urspriinglich yon Groth angegcbcne Filtcr Nr. 86 von Dreversho/[. Die Filtration

Zeitschr. f. ]tygienc. Bd. 115. 45

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diirfte nach unserer Sch~tzung etwa 20% der Erregcr zuriickhalten, was ffir Groth web1 der Grand gewesen sein mag, davon abzukommen, und die Lymphen lediglich so fein als m6glich zu verreiben. Wit k6nnen uns bei dieser Gelegenheit abet der Bemerktmg nlcht enthalten, dab es schwer mSglich is~, gleichmiiBige Verreibungen zu erzielen, dab die Ieinen Flocken sehon wahrend des Pipetticrcns sedimentieren und dab auch die ieinen Flocken bei sehr nachdriicklicher, halb- sttindiger Verreibung im Aehatm6rser noch immer grol3 genug sind, um paradoxe Resultate am Kaninchenriicken, oder auf der Hornhaut zu ergeben. Sehr deut- llch zeigt diese ungleichmaBige Aufsehwemmung ein mikroskopisches Pr&parat.

Im allgemeinen ware es bei Ver6ffentlichung yon Versuchen mit Impfstoff schr begriiBenswert, wenn die verschiedenen Autoren das Nachpriifen ihrer Ver- suchsergebnisse erleichterten, indem sie die Technik, deren sie sich bei den Aus- wertungen bedient haben, etwas genauer beschrieben, als es meist der Fall ist.

Die Erstimpfungen unserer Tiere haben wir in den Monaten l~ebruar und April 1932 vorgenommen, die Nachimpfungen im Februar und Miirz 1933. Die I. Gruppe der Tiere, und zwar 175 impften wir mit einer verdiinnten Dermolymphe (Verd. 1:15, K. 1--2 ex 1930, TiLer naeh Groth 1:12000). In den folgenden Tabellen sind die Tiere mit ihren Stallnummem (Hornbrand) angefiihrt. Es wurde diese Art der Bezeiehnung gew/~hlb, weil es so m6glieh isb, auf den einzelnen Tabellen das Ergebnis der sp/iber zu erw/~hnenden Naehimpfungen bei jedem einzelnen Tier sofort abzulesen. In Tab. 1, Stab 2 finder sich am Kopf der Vermerk ,,Friihreakbion 'u. Wir haben diese ]?riihreakbion nicht gesehen, diirfen aber mit groBer Wahrsoheinliehkeit darauf sehlieBen, well trotz der Verimpfung eines wirksamen Impfstoffes (siehe TiLer und Impfergebnis bei don anderen Tieren) und der deublichen Zeichen einer Scarffikation (Borke) am Tage der Iqaehschau (4. Tag.) irgendeine l~e- aktion nieht zu sehen war. Offenbar hatben diese Tiere frfiher einmal Kuhpocken fiberstanden gehabt. Veto 4. Tag an wurden die Ersb- impflinge mit Ausnahme des 7. Tages regelm/~l~ig besiehtigt und der Befund in einem Protokoll verzeiehne~, in der vorliegenden Tab. 1 die Tiernummer unter den Tag eingebragen, an dem das X)ustelsba. dium seinen tI6hepunkt erreicht hatte. Unter anderen Verhiiltnissen ware es besser gewesen, so wie w i r e s bei den Kindern maehen, die Pustelbreiten naeh Groth mit dem Sehiebemal3 zu messen; hier war es leider nieht mSglich, weft das Rasieren bei der Unruhe der Tiere, die nieht entspreehend fixiert werden ktinnen, kleinere Verletzungen sebzt und die Pusteln nieht gleiehmaBig breit ausfallen. I-Iingegen ist es ohne weiteres mSglieh festzustellen, wann das Wachstum aufh6rt. Immerhin geben wir zu, da$ die Beurteilung subjektiv beeizrfluBt ist, was man ja aueh veto Ablesen tier Impfreaktionen beim Mensehen wei$.

Im Stab 3 der Tab. 1 linden sich die Iqummern yon 4 Tieren. Aus welehem Grunde bei diesen Tieren das Pustelwaehstum am 4. Tage seinen t tShepunkt erreiehte, verm6gen wit nicht anzugeben; viel!eiehb

x Siehe Fuflnote S. 693.

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waren Immuni~i~tsreste von einer friiheren Kuhpockeninfektion daran schuld t ragend.

In den Io]genden Kolonnen sind einzelne Nummern eingeklammert; diese Tiere sollen nach Angabe des Personales bereits einmal an Kuh- pocken erkrank~ gewesen sein. Nach unseren Erfahrungen mfissen wir diese Mitteilungen mit gul~erster Vorsicht aufnehmen, weft die ver- schiedensten Efflorescenzen auf dem Kuheuter yon den Melkern ein- fach a]s Kuhpocken gedeutet werden, Efflorescenzen, die bestimmt niehts mit Poeken zu tun haben. Tatsachlich haben diese Tiere ganz normal, d .h . wie Erstimpflinge reagiert. Bei der Durchsicht der Tab. 1 finder man weiter, dab das Waehstum der Pusteln in den meisten Fallen am 6. Tag seinen t t6hepunkt erreieht. Am 7. Tag konnte aus au6eren Griinden eine Ablesung nieht stattfinden, es bat ten jedoch 2 Tiere am 8. Tag bereits eine vollstandige Verborkung gezeigt, die etwas breiter war als die am 6. Tag abgelesene Pustelbreite. Deshalb wurde hier der 7. Tag als HShepunkt des Pustelstadiums erschlossen. Die Tab. 1 zeigt welter, dab das Pustelbreitenwaehstum nicht bei allen Tieren am 6. Tage seinen H6hepunk~ erreichb, dal3 am 8. und 9. Tage noch fund 11% und 12% der Tiere eine Breitenzunahme ihrer Pusteln zeigen und dab bei ganz wenigen diese Zunahme auch am 10. Tage noeh festzustellen war.

Im April desselben Jahres wurden noch einige Nachzfigler geimpf~, und zwar 21 Tiere, deren Impfergebnisse keiner weiteren Erklarung bediirfen (vgl. Tab. 1). Verwendet wurde hierfiir ein Impfstoff K. 5 ex 1930, 1:7 verd., Titer 1:64000 nach Groth.

Auf den folgenden Tab. 2a und 2b sind die Ergebnisse der Wieder- impfungen der bereits in Tab. 1 angefiihrten Tiere ersiehtlieh. Diese Impfungen wurden fast 1 Jahr sparer, im Februar und Marz 1933 mit versehiedenen Lymphen vorgenommen, und zwar sollte nachgewiesen werden, ob 1. dieselbe Lymphe verschiedenen Titers versehiedene Re- aktionen erzielt und ob 2. Lymphen anderer t terkunft besondere Reak- tionen hervorrufen. Wir w~hlten hierfiir eine Lymphe K. 13 ex 1930, die nach Groth austitriert einen Titer von 1 : 64000 hatte ; diese Lymphe wurde 10- und 100fach verdiinnt. Wir teilten die Tiere in 3 Gruppen, die ledig- ]ich aus i~uBeren Griinden nicht ganz gleich groB sein konnten, und zwar:

1. in eine Gruppe yon 32 Tieren, die mit obigem Impfstoffe 1:100 (Titer 1:640 berechnet) geimpft wurde;

2. ine ineII . Gruppevon39Tieren, fiir die derselbeImpfstoff mit einem jedoch 10real hSheren Titer (1:6400 bereehnet) in Anwendung kam, und

3. in eine Gruppe yon 45 Tleren, die mit einer Stierhodenlymphe (Titer 1:100, ausgewertet nach Groth) behandelt worden ist.

Bei der Gruppe I zeigte sich, da6 kein Tier ohne Reaktion ver- blieb, dab also aueh mit der schwachen Lymphe yon niederem Titer Wiederimpflingsreaktionen erzielt wurden. Bei 21 Tieren war eine

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t3ber die vaccinale Immunitg~ von Kiihen. II. 6 9 3

~Frtihreaktion~ festzustel len, und zwar bei 5 am 1., bei 14 am 2. und bei 2 am 3. Tage nach der Impfung. Geringere Grade yon I m m u n i t a t wiesen 11 Tiere auf, und zwar 8 entzi indl iche KnStchen am 3. und 4. Tage und 3 modifizierte Schutzblattern, ebenfalls an diesen Tagen. Wir m6ch~en

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c d Abb. 1. Impfreakt ionen am :Kind. a: Friihreaktion; b: entziindliche K n 6 t v h t , n , y o n d [ ~ n l , n d i , "

zwei iiuSeren auf Rasierverletzungen zuriiekzufiihreu sind: c: mod ifizierto ~chuzblattern; d: E r ~ t -

i m p f l i n g s r e a k t i o n . L c i e a - P h o t o .

bemerken, dab diese Reakt ionen mi t derselben Deut l ichkei t abgelesen werden konnten wie bei menschl ichen Wiederimpfl ingen, was die Abb. 1

1 Als ,,Friihreaktion" bezeichnen wit bier, etwas abweichend von v. Pirquet, lediglich das nach dem AbbIassen der traumatischen ReakLion auftretende, sicii nicht mehr zum ,,KnStchen" fortentwickelnde Erythem, das von kurzer Dauer ist.

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z e i g t , Unter den Wiederimpflingen dieser Gruppe hat te somit kein einziger eine Erstimpflingsreaktion aufgewiesen, woraus bereits jetzt der SchluB gezogen werden kann, dab die Erstimpfung am Damme mit zwei kurzen Impfstrichen eine Immunit~t yon der Dauer yon min- destens 1 Jahre verliehen hatte, wobei wir a llerdings voraussetzen, dal] das Kuhpockenvh-us kein grSl~eres HaftvermSgen besitzt, als die zur Immunisierung verwendete Lymphe und dab die erzeugte Immunit~t yon dem Kuhpockenvirus nicht durehbrochen wird, DiesbezSgliche Versuehe w~ren noch nStig, sie sind jedoch nicht leieht auszufiihren, weft die Entnahme yon Kuhpockenmaterial bei den Besitzern auf Sehwierigkeiten stSBt,

Wir h~tten die •aehimpfung wenigstens gruppenwelse gerne auch in einem spi~teren Zeitpunkte vorgenommen, konnten sie aber nieht l~nger hinausschieben, weft die Kiihe friiher oder sps verkauft werden. So wurden yon den im Jahre 1932 geimpften 196 Kiihen bis zur Wiederimpfung im Februar und Ms 1933 bereits 80 Tiere weg- gegeben,

Prozentuell ergaben sich in der I. Gruppe 66% Friihreaktionen, 25% entziindliehe Kn6tchen und 9% modifizierte Schutzblattern.

In der II . Gruppe blieb ebenfalls kein Tier ohne Reaktion. Wie erwartet, verschoben sich jedoch in dieser Gruppe die Reaktionen inso- fern, als die Zahl der Frfihreaktionen prozentuell wesentlieh abnahm, und zwar yon 66 % auf 36 % und dab die Zahl der entziindlichen Kn6t- ehen yon 25% auf 59% anstieg, was als ein unzweifelhafter Einflu6 der Gymphe hSheren Titers zu werten ist. Es ist sicher anzunehmen, dab sieh diese Reaktionen noch weiter verschoben h~ttten nach der Seite der modifizierten Schutzblattern und typisehen Erstimpflingspusteln hin, wenn eine Lymphe noch h6heren Titers verwendet worden wiire. Die Anwendung einer solchen hochwertigen Lymphe schien uns aber fiir unsere Versuehe nicht angebraeht, weft sie das Vorhandensein yon Immunit~tsresten verschleiert, wie man es in der Geschichte der Vaccination s e h o n einmal gesehen hatte, als noch die Immuni- t~tt der t tornhaut in Diskussion stand. Es dfirfte wohl ein Zufall sein, dab die Prozentzahlen bei den 5 erzielten modifizierten Schutz- blattern der Gruppen I und I I einander zu widerspreehen scheinen. Auch in dieser Gruppe haben wir~ keine Erstimpflingsreaktion ge- sehen.

Fiir praktische Zwecke mSchten wir aus den Wiederimpfungsergeb- nissen der zwei ersten Gruppen, d ie dafiir allein in Betracht kommen, den SchluB ziehen, dab es sieh empfehlen wiirde, die Vaccination der Kiihe mit einer hochwevtigen Lymphe vorzunehmen.

Die II l : Gruppe yon 45 Tieren wurde, w i e bereits erws mit einer Stierhodenlymphe geimpft, die w i r durcli Fortziichtung eines

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~ber die vaccinale Immunita~ yon Kiihen. II. 695

Stammes, den uns Professor Reiter in Schwerin in zuvorkommender Weise zur Verffigung stellte,, gewonnen hatten. I)ieser Stature stand damals (1929) in der 24. Passage und hat te zwei weitere Passagen durch den Stierhoden mitgemacht, naehdem el" vorher noeh einige Male auf Kaninchenhoden fortgeziichtet worden war. I m Laufe der Auf- bewahrung mu6 der Titer dieses Stammes stark zuriickgegangen sein, denn er hat te zur Zeit, als wir ihn verwendeten, nur mehr 1:100 be- tragen.

Am 7. I I , 1933 wurde die Auswertung dieser Lymphe (K. 5 ex 1931, St. I-I. L.) int raeutan nach Groth vorgenommen, und zwar in den Ver- diinnungen 1:100, 1:1000, 1:2000, 4000, 8000, 16000, 32000, 64000. Am 16. I I . wurde bei diesem Tier lediglich in der Verdiinnung 1:100 eine 12:15 m m breite Nekrose festgestellt, die iibrigen Impfstellen blieben negativ. ~ b e r den ganzen l~iieken verstreut zeigten sich an diesem Tage Papeln yon 2 - -4 mm Durchmesser. Auf der linken Ober- lippe eine typische gedellte Pustel. Am 17. I I . war die Impfstelle bereits 30 m m breit, prall infiltriert, die verstreuten Pusteln wurden hi~morrhagisch und nekrotisch; das Tier zeigte sich sehr angegriffen, der ProzeB senkte sich sp~ter entlang der Flanke und hat te einen Urn- fang yon 60:40 mm mit einer groBen zentralen Nekrose. Weiter wurde dieser ProzeB nicht verfolgt, da das Tier aus anderen Griinden get(itet wurde. Es ist bezeichnend, da6 diese Lymphe, welehe bei intracutaner Impfung derartige Reaktionen hervorrief, einen lediglich so niedrigen Titer hat te und dab sie bei cutanen Probeimpfungen am Rind, die auch in der Anstalt vorgenommen wurden, meist keine Reaktion verur- saehte.

Mit dieser Lymphe wurden 45 Tiere geimpft; davon bl ieben 13 ne- gativ, d. 'h. wir erzielten hier nieht einmal eine Friihreaktion, wi~hrend bei 32 Tieren eine Friihreaktion auftrat , die sich jedoch von jener der friiher angefiihrten Tiere doch etwas unterschied insofern, als sie etwas bl~sser und zarter war. Es waren also in dieser Gruppe 71% Friih- reaktionen und 29% Ausf~lle zu beobachten.

Es war uns nich~ geniigend klar, ob die schwache, bei dieser Gruppe verwende~e Lymphe iiberhaup~ ims~ande war, die yon der Erst impfung her bestehende lmmuni t s zu verst~rken. Wir haben deshalb diese ganze Gruppe zum dri t ten Male geimpft, und zwar mit derselben Lymphe, mit der die Gruppen I und I I der Tab. 2a geimpft worden waren, n~m- lich mit K. 13 ex 1930 1 : 100 und 1 : l0 verdf inn t . Das Verhs der Friihreaktionen zu den entzfindliehen Kn5tchen ist in diesen 2 Gruppen dasselbe geblieben wie bei den Gruppen auf Tab. 2a, so zwar, daB wir bei den Kiihen, die mit Lymphe 1 : 100 geimpft, 47 % Friihreaktionen und 35% KnStchen, bei den Tieren, die mi~ Lymphe 1:10 geimpft, jedoch nur ' 30% Friihreaktionen und 56% entzfindliche KnStchen feststellen

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konnten. Bei dieser I I . Gruppe beobachteten wir auch eine Erst- impfungsreaktion, was unsere friihere Annahme einer Verschiebung nach der Seibe der st/irkeren Reaktionen bei Verwendung einer st~rkeren Lymphe best/~tigt. Die Zahl der modif!zierten Sehutzblattern zeigt sonderbarerweise auch hier nicht das erwartete Ergebnis, doch is~ die Zahl der F~lle eine zu geringe, um hier eine Erkl/~rung ffir dieses para- doxe Verhalten suchen zu mfissen.

Fragen wir uns nun, ob die 1%evaccination mit Stierhodenlyml0he eine Verst/irkung der Immuni t s zur Folge hat te , die sich durch den Ausfall der 3. Impfung h~tte nachweisen lassen, so miissen wir sagen, dab unsere Erwartung im Sinne der Untersuchungen der Schule Sobern- helms nicht in Erfiillung gegangen ist, denn das Verh/~lmis der entztind- lichen KnStchen zu den Friihreaktionen betrug nach dieser 3. Impfung bei Verwendung der Lymphe 1:100 74%, w~hrend es bei der Zweit- impfung (Tab. 2b) nur 38% betragen hatte. Ebenso haben bei der Verwendung der Lymphe 1:10 die Friihreaktionen den entzfind- lichen KnStchen gegeniiber nicht zugenommen, wie w i r e s erwartet batten.

Wir haben oben bereits erwi~hnt, dab das Gut Laxenburg wiihrend unseres Versuches eine grSl]ere Zahl yon Kiihen verkauft ha t te ; an Stelle dieser 80 Tiere wurden 44 andere eingestellt, die wir wieder in 3 Gruppen teilten und mit einem Impfstoff K. 13 ex 1930 (Titer s. o.) 1:10 und l :100 verdiinnt und mit der bereits erw/~hnten Stierhoden- lymphe impften. Das Ergebnis der Impfungen der zwei ersten Gruppen (Tab. 3) zeigt, dab der HShepunkt in der Entwicklung der vaccinalen Efflorescenzen bei der Lymphe mit hSherem Titer etwas friiher erreichb wird; bei der mit 1:100 geimpften Grulope zeigte sich ein entziindliches KnStchen, also eine Wiederimpflingsreaktion, ohne dab wir hierffir einen Grund anzugeben vermSgen, vielleieht hat te dieses Tier friiher einmal Kuhpocken iiberstanden gehabt. In der Gruppe I I I (vgl. Tab. 4) sind 17 Tiere angefiihrt, die erstmalig mit der bereits erw/ihnten Stier- hodenlymphe geimpft und hernach nach 25 Tagen mit derselben Lymphe naehgeimpft wurden (K. 13 ex 1930), die ffir die zwei Vorhergehenden Gruppen benfitzt worden war. Es sollte damit festgestellt werden, inwieweit die Sehr sehwaehe Stierhodenlymphe bei Erstimpflingen eine vaccinale Immunit• t zu erzeugen imstande war. Bei diesen Erst- impflingen zeigte sieh, dab die Stierhodenlymphe eutan iiberhaupt nicht imstande war, vaccinale Efflorescenzen zu erzeugen und dal] es bloB zu 1RStungen kam, die 76 % der Impflinge betrafen, wiihrend 24 % iiberhaupt ohne jede Reakt ion verblieben.

Die Nachimpfung dieser Tiere sollte zeigen, ob diese Impfung, welche ohne epidermale Reaktionen abgelaufen w a r , eine :Immunit/~t hinter. lassen ha t oder nicht. Es wurden deshalb 10 Tiere mit d em Impfstoff

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~ber die vaceinale Immuni t~ yon Kiihen. II. 697

Tabelle 3. Verzeiehnis der Ers r und deren R e a k t i o n e n im J a h r e 1933.

Impfstoff

K. 13ex 1930, i :10 verd.

F I . lModifiz.I rfih- IEn~ziindl.l~... I ~ C | I U I ~ Z *

H/ihepunkt der Nntwieklung i

am am am i era am am am nachd. 4. Tag 4. Tag 4. Tag i 4. 'rag 5. Tag 6. Tag 7. Tag 4. Tag

I 820 814 784 809 821 792 812 - - 794 823

800 - - 811

2 5 l 3

797 808 813

K. 13 ex 1930, ] 1 : 100 verd. I

i 817

i - - 1 778

788 789 793 795 798 806 810

- - 8

805 782 807 787

2 : 2

Smnmc

14

13

K. 13 ex 1930 1:10 verdiinnt geimpft ; davon zeigten 5, also die H~tlfte, eine Erst impflingsreaktion, w~hrend bei den anderen 50% Immunit i i ts- reakt ionen vorhanden waren, wle sie aus der Tabelle abzulesen sind, so dai~ wir annehmen diirfen, dab auch ganz schwache Impfstoffe eine gewisse I m m u n i t ~ t zu erzeugen imstande sind. Zwischen den 2 Gruppen der mi t st~irkerer und sehwi~cherer L y m p h e geimpften Tiere sind wesent- liche Unterschiede nicht festzustellen gewesen. SchlicBlieh k6nnte man aber auch hier bemerken, daI~ die L y m p h e mit h6herem Titer st~rkere Reakt ionen hervorgerufen hat , wie es auch nicht anders zu erwarten war.

An dem uns in dem genannten GehSfte zur Verfiigung stehenden Tiermateriale konnten wir einen Versueh nicht vornehmen, ngmlich die ~berpr i i fung, ob eine massive In fek t ion imstande ist, die durch einen kiirzeren Impfst r ich (4 cm L~nge) erzeugte ]mmuni t~ t zu dureh- breehen oder nicht. Urn dies festzustellen, waren wir auf einen Versuch in der Ansta l t angewiesen, bei dem wir uns jedoch in der ungiinstigen Lage befanden, das Versuehstier aus wirtschaft l ichen Griinden nieht allzulange zuriiekbehalten zu k6nnen. E in Stierkalb yon 335 kg wurde am 24. XI . 1932 mit einem Impfs t r ich von 4 cm L~nge geimpft ; leider k6nnen wir den Titer dieser L y m p h e nicht angeben, weft vergessen

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698 ~M. Kaiser, M. Gherardini und H. K. Michna:

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Ober die vaccinale Immunitit$ yon Kfihen; II. 699

worden war, sie auszuwerten. Am 30. XI. 1932 wurde das Tier in fiblicher Weise nachgeimpft, wobei der ganze Bauch und die Brust als Impffeld dienten.

Nach einer anf/ingliehen RStung entlang s/imtlicher Impfstriche am Tage nach der Impfung ging die Rcaktion am Ende dieses Tages bereits in das papul6se Stadium fiber und entwickelte sich im Laufe des 3. Tages zu schmalen, trockenen, roten Leistchen, die wir als Kn6t- chenbildung kennen, doch zeigte sich bei der Verteilung dieser leisten- fSrmigen Kn5tchen etwas ganz besonderes. Es ist jedem Impfstoff- bereiter bekannt, dab die Entwieklung der vaeeinalen Efflorescenzen zwischen den Sehenkeln, am Scrotum und am Hinterbauch wesentlich fippiger und breiter sind als auf der Brust. Hier zeigte sich das um- gekehrte; wir hatten den 4 cm langen Impfstrich auf der Innenseite des linken Oberschenkels angebracht und die Nachimpfung am 6. Tage wie bei der normalen Tierimpfung zum Zwecke der Impfstoffbereitung vorgenommen. Auf den beiden Oberschenkeln, am Scrotum und auf dem Unterbauch zeigte sieh lediglich am ersten Tag eine Aula entlang s/~mtlicher Impfstriche, die am 3. Tage bereits versehwunden war, yon hier nach vorne zu begann aber allm~ihlich ansteigend die KnSt- chenbildung, so da$ die vaceinalen Efflorescenzen um so st/irker ent. wickelt waren, je welter entfern~ sie yon der Stelle der Erstimpfung lagen.

ObwohI wir wissen, dal~ der Erreger bereits wenige Stunden naeh der Impfung im Blute kreist, dal3 die nach der Vaccination entstehende Immuniti~t eine humorale ist, die s/imtliche Gewebe (eine gewisse Aus- nahme bildet die Hornhaut) umfaBt, so glauben wir doeh nicht irre zu gehen, wenn wir annehmen, dab auf der Haut wenigstens diese Immu- nit/it v o n d e r Impfstelle aus gegen die Peripherie allm/ihlich fort- schreitet.

Das Ergebnis dieses Versuehes war derart interessant, dal~ wir noeh eiuen zweiten, /ihnliehen anstellten. Bei diesem Versuch wurde ein gungstier (306 kg) 10 Tage naeh der Erstimpfung nachgeimpft. Am 11. Tage (hath der Erstimpfung) zeigten sich zwischen den Schenkeln, auf Brust und Bauch die Frfihreaktionen, die auf dem Bauch und den Schemkeln konfluierten, auf der Brust jedoeh lediglieh etwa 1 mm breit zu beiden Seiten der Impfstriche auftraten. Am 12. Tage waren die Areen in den hinteren Anteilen des Impffeldes noch konfluierend, sonst aber abgeblaBt; die Impfstriehe selbst mit einer zarten gelben Borke be- deckt, womit der Ablauf des vaccinalen Prozesses beendet war. Es zeigte sieh somit, dab am 10. Tage nach der Impfung die Hautimmuni- t/it bereits vollst/indig war, dab also Unterschiede je naeh der Ent- fernung der nachgeimpften Stelle yon der zuerst geimpften nieht mehr festzustellen waren.

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700 �9 M. Kaiser, M. Gherardini und H. K. Michna:

Auf diesem Gebiete k6nnen wit noeh fiber eine weitero Erfahrung beriehten, die wir Prof. Hamburger verdanken. A(ff seinen Wunseh soll~e ein Jungtier an 4 Stellen mit Lymphen verschiedener Herkunft zuers~ geimpf~, dann nachgeimpft und in der Anstal t genau beobachtet werden.

Diesem Zweeke diente ein Stierkalb, 5 Monate al~, 98 kg sehwer, das in der Anstalt seit Mitre Februar 1933 zuerst mit Milch, dann mit Itaferschrot, zuletz~ ledigIieh mi~ Heu und einmal t/~glich mi~ tIaferschrot geffittert wurde; es war vollkommen gesund und kr~ftig. Die Erstimpfung erfo]g~ cutan am 28. IV. 1933 mit 4 versehiedenen Lymphen und zwar auf den Innenseiten der vorderen und hin~eren Extlvmit~ten kurz vor der Leistenbeuge, bzw. der Aehselh6hle.

1. Reehter HinterfuB geimpft mit Mischlymphe ex 1928, 1930, 1931, Titer 1:256000 ausgewertet nach Groth am 22. IV. 1933.

2. Linker HinteffuB geimpft mit Stierhodenlymphe ex 1930, Titer 1:100, ausgewerte~ nach Groth am 7. I I . 1933.

3. Reehter VorderfuB geimpft mit Ncurolapine Pasehen, nicht ausgewertet, jedoeh yon sehr hohem Titer.

4. Linker Vorderfut3 geimpf~ mit Lapine, nich~ ausgewerbe~. Am 29. IV. EntwickIung normal bei 1 und 4, die mi~ Neurolapine und Hoden-

lymphe geimpften Stellen zeigen keine Spur einer Reaktion. In den fo|genden Tagen normaler Fortschri t t der Pustelen~wieklung. Am 3. V. 1-I6hepunk~ der Entwicklung bei 1 und 4, 2 und 3 bleiben dauernd reaktionsIos. Kniefaltendrfise reehts kirschgrofl. Das AusmaB der Impfpusteln bei 1 betr~gt 68, 38, 39 und 48 mm L~nge und durchschnittlich 8 mm Breite und ist als normal zu bezeichnen. Bei 4 konnten infolge der grol]en Unruhe des Tieres mi t )Iiihe und Not nut einige kurze Impfstriche angelegt werden, yon denen nur zwei zur normMen Entwick- lung gelangt sind. . ,

Am 12. V., also 15 Tage nach der Erstimpfm~g erfolgte ingracutan eine Naeh- impfung mit der gleichen Dermolymphe. Der TiLer der Lymphe is~ ann~themd derselbe geblieben, denn eine an diesem Tage vorgenommene Auswertung nach Groth ergab eine positive Beaktion bis 1:256000, doeh zeigte die letzte Verdtumung eine sehr deutliehe Abnahme des Infiltrationsumfanges, war aber doeh noch als sehwach positiv zu deuten. Die Nachimpfung erfolgte auf der reehten Brustseite parallel der Linia alba-abdominis, intracutan und links ebenso gclcgen cuban in steigenden Verdfinnungen. ~berdies wurde der rechte Oberschcnkel intracutan noch mi~ den 3 Verdiinnungen 1 : 10, 1 : 100, und 1 : ]000 gespritzt. Wir verwendeten dazu 0,5 ccm, weft wir wiederholt gesehen hatten, dab bei Anwendung geringerer Dosen die Reaktionen undeutlicher waren.

Am Tage nach der Impfung zeigten sich bereits Infil trate und R6tungen, die 12 Stunden naeh der Impfung die in der anverwahrten Tab. 5 angeffihrten AusmaBe auswie~en. ~:, ~..

Cur wurden die Verdiinnungen 1:10, 1:100 und 1:1000 nieht angelegt, die anderen zeigten am 13. noch keine Reaktion. Am 14. waren bei 1:2000 bis 1:16000 deutlieh Infil trationen der /mpfsSriehe wahrnehmbar nebst schmalen Areen. Am 15. V. waren die Impfstriehe (1:2000 bis 1:8000) mit einer, etwa I mm breiten Borke bedeck?; und yon einer sehmalen Area ums~nm~, die fibrigen waren reaktionslos.

Die intraeutanen Impfstellen nahmen st~ndig an Durchmesser ab und ver- blal]ten, nur die Verdiirmungen 1 : 10, 1 : 100 und 1:1000 zeigten am 15. eine eyanotisehe Verf/trbung und ein derbes, knotenartiges Infiltrat, das bei den Ver- dtirmungen 1:10 und 1:100 noch am 26. V. zwar blaB, aber etwa kirschkerngrofl w a r .

Die Temperaturen des Tieres sind aus der Tab. 5 ersiehtlieh.

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Uber die vaccinale Immunitat yon Ki ihen . II.

T a b e l l e 5.

701

Nach Nach l~ach 48

Ver- 12 S~unden 24Stunden Nach72 Stunden dfinnung Stunden r n n l m i l l l ~ m

1:10 1:100 1:1000 1:2000 1:4000 1:8000 1:16000 1:32000 1:64000 1:128000 1:256000

konfluieren, starke Infiltration

45:25 40:30

38:38 I 32:25 32:22

23 Siimt.llche Reaktioncn

deutlich wahrnehmbar, 25 20 16 15 12

Spur 0

19 16 16 12 10

6 Spur

wenn auch nicht mehr I gut meBbar, info]ge a]l-

mahlich abflachender R~nder

0

1 Diffuse R6bung wird sch/~rfer umgrenzt.

Datum iriih mlttags abends Datum iriih mlttags

27. IV. 28. IV. 29. IV. 30. IV.

1. V. 2. V. 3. V. 4. V. 5. V. 6. V. 7. V. 8. V. 9. V.

38,9 39,0 39,1 39,3 40,1 40,3 40,3 38,7

39,0 38,2 39,0

39,1 39,0 38,9 38,9 39,0

40,2 40,2 40,0

38,6

38,4

10. V. 11. V. 12. V. 13. V. 14. V. 15. V. 16. V. 17. V. 18. V. 19. V. 20. V. 21. V. 22. V.

38,5 38,6

39,2 39,0 39,1 39,0 39,0 38,9 39,0 38,8 38,9 38,6

39,0

39,1

39,0 39,1

abends

39,1 39,0

Wir geben diese, auf genauesten Beobachtungen beruhenden Versuclm ohne Kommentar wieder, weft wir es niche wissen, ob wir zufftllig einen schlechbcn Immunstoffbildner geimpft hatten, oder ob es eine Eigenschaft derartiger Jung- tiere ist, eino nut mangclh~fto Immunit/it zu erlangen. Das kostbare Tiermaterial erlaubt es leider nicht, weitere Versuche in dicser Richtung anzustellen. Wir wissen es auch nicht, wie welt dieser Versuch ftir die Beurteilung des Impferfolges bei Frtihimpfungen menschlicher Impflinge zu Verwerten ist (vgl. O. Jellinek, Arch. Kinderheilk. 99, 2).

W i e bere i ts erw/ihnt , h a t t e n wir unsere Un te r suchungen h a u p t - s/~chlich desha lb angeste l l t , um zu er fahren, ob die e inmal ige I m p f u n g eine f i ir p r ak t i s che Zwecke der L a n d w i r t s c h a f t in B e t r a c h t k o m m e n d e Immuni~ /~ gegen K u h p o c k e n ver le ih t . Beziigl ich tier N o tw e nd igke i t einer de ra r t igen I m p f u n g g lauben wir auf den Ar t ike l Z. Hyg . 113, H. 1 verweisen zu kSnnen. Wi r haben d o r t aueh da rau f hingewiesen, da$ die

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702 l~I. KaiSer, M. Gherardini und H. K. Michna :

Kuhpoeken in einzelnen 5sterreichischen Bundesli~ndern nichg selten vorkommen und wir haben unsere erstmaligen Beobachtungen hier- fiber aussehlJeBlich bei niederSsterreichischen und burgenl~ndischeu Kiihen angestellt. ]:)as Material, welches die Gutsherrsehaft Laxen- burg in ihren Stallungen eingestellt hat, s t ammt vorwiegend aus Vor- arlberg, Tirol und Salzburg, es wird aber aueh der ungarische Land- schlag nicht selten angekauft und es besteht die Gefahr, dag auf diesem Wege Kuhpoeken eingesehleppt werden. TatsKchlich sind solehe auch in der Umgebung des genannten GehSftes wiederholt beobaehtet wor- den und sollen naeh Auskunft eines Veterin~rs dieser Gegend dort ende- misch vorkommen. Es war deshalb ffir uns eine besondere Genugtuung, dab wir den frfiher yon der Krankhei t pcriodisch heimgesuchten Stall seit unseren ersten Impfnngen vollkommen pockenfrei erhalten haben und dab sieh die Gutsherrschaft Laxenburg fiber das Ergebnis der Impfungen in anerkennender Weise ausgesproehen hatte. Auch die im Gefolge der Kuhpocken h~ufig auftretenden Furunkulosen und Euterabscesse, die das Wohlbefinden und den Milchertrag der Tierc wesentlich beeintr~ehtigen, sind seit der Durchimpfung nicht mehr vorgekommen.

Wir mSehten ausdrficklich feststellen, dal3 weder der Milehertrag noch die FreB]ust der Tiere h-gendwie gelitten hat te und dal~ der Impf- prozef] weder fiir die Tiere noch ftir das damit beschi~ftigte Personal mi t irgendwelchen Bel~stigungen verbunden war.

Aueh halten w i r e s ffir wichtig festzustellen, dab die in dem oben zitiergen Artikel angeffihrten vaccinalen Melkererkrankungen nieht mehr vorgekommen sind , was einerseits seinen Grund in dem FeMen der Kuhpoeken, andererseits in der Durehimpfung des Per- sonales vor seiner Einstellung in den landwirtschaftlichen Betrieb hatte. Beziiglieh der Melkerknoten (sensu strietiori) mSchten wit vorl~ufig nur darauf hinweisen, dai~ diese Krankheitserseheinung nach unseren nunmehrigen Untersuehungen zur Vaccine keinerlei Bezie- hung hat.

Schliel~lieh mSehten wit noeh kurz auf eine Beobachtung Pondmans zu sprechen kommen, fiber die der Pr~sidenb des obersten Sanitatsrates im Haag N. M. Josephus Jitta berichtet (Bull. mens. off. intern d'Hyg, publ. 24, 4). Ein 3ji~hriges Kind erkrankte etwa 10 Tage nach einen varioliformen Exanthem, das es offenbar yon kuhpoekenkranken Tieren erworben butte, an einer, als postvaccinal gedeuteten Encephalitis. Nach der vorliegenden Beschreibung der vaccinalen Erruptionen bei dem Besitzer des GehSftes und seinen Kin- dern dfirfte wohl eine Kuhpockeninfektion vorgelegen sein. Eine Impfung der Kinder konnte aus begreifliehen Grfinden nicht erfolgen, doch wurden die Kfihe nachgeimpft mit zwei Impfstrichen yon je 2 cm L~nge und zwar mit zwei versetfiedenen Lymphen. Am 3. Tage begann die Entwicklung vollst~ndig normaler Vaeeinepusteln, die sich yon den Kontrollpuste]n nicht uuterschieden. hTach Jitta g]aubt Pondman, da~ eine vaccinale Infektion des Kindes nicht

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0ber die vaceinale Immunit~t voa Ktihen.. II. 703

vorgelegen habe, weil die Kfihe sonst einen positiven Impferfolg nicht ergeben h~tten.

Der Fall Pondmans ist sehr interessant, doch m/~chten wir uns dazu die Be- merkung erlaubcn, dab 1. fiber die Immunit~t der Kiihe nach Kuhpocken sehr wenig bekannt ist. Wir selbs~ hatten (1. c.) unter 28 kuhpoekenkranken Tieren ein Tier, welches mit einer Pastel auf die Impfung reagierte. 2. Eine Lymphe mit hohem Titer vermag die bestehende Immunitiit h6chstwahrseheinlich zu durch- brechen, wie wir naeh dem Ausfall der Wiederimpflingsreaktionen nach unseren Tierimpfungen mit Lyrnphen verschiedenen Titers schlieBen dfirfen. 3. Zur Be- schaffenheit der l~Iarbeh h~tten wir kein zu groBes Vertrauen, weil hier Misch- infektionen vor]iegen kSnnen, die den Impferfolg und damit die Narbenbildung zu beeinflussen verm~gen. 4. Die ganze Beschreibung der Hauterkrankung der FamilienangehSrigen spricht sehr ffir ihre vaccinale Natur.

Es kSnnte somit unser unmal3gebhchen l~ieinung nach die Infektion des Kin- des schon als eine vaccinale gedeute~ werden.

Zusammen]assung.

1. Zweck der vorliegenden Arbeit war die Feststellung der Dauer der vaccinalen Immunit/it bei Kfihen, die den Schutz dieser Tiere gegen die Erkrankung an Kuhpocken als Ziel hatte.

2. An 240 Erstimpflingen und 116 Wiederimpflingen wurde der Nachweis geliefert, dab eine fiir landwirtschaftliche Zweeke geniigende Immunisierung der Kiihe vorausgesetzt werden kann, wenn die Tiere mit 2 Impfstrichen von etwa 4---6 em L/~nge am Datum geimpft werden.

3. In den vorliegenden Versuchen hielt die Immunits rund 1 Jahr an. 4. Es konnte nachgewiesen werden, dab bei Verwendung einer

Lymphe mit 10mal h6herem Titer die Wiederimpflingsreaktionen st/ir- kere wurden, so zwar, dab sie sieh von den mit der schw~cheren Lymphe hervorgerufenen Reaktionen dadurch unterschieden, dab mehr Kn6t- chen als Frfihreaktionen auftraten.

5. Ein Versueh, die mit einer Lymphe hohen Titers .erzielte Im- munit/~t bereits 6 Tage nach der Erstimpfung zu durchbreehen, hatte das Ergebnis, dab die Revaccinationsreaktionen um so st/irkere wurden, je weiter entfernt sie yon der Stelle der Ers~impfung lagen.

6. Bei einem 2. Impftier (ebenfalls Rind) konnte naehgewiesen werden, dab die vaccinale Hau~immunit/it bereits am 10. Tage voll- st/~ndig war und auch durch eine massive Nachimpfung naeh Art der Rinderimpfung bei der Impfstoffgewinnung von einer hoehwertigen Lymphe nicht durchbrochen werden konnte.

7. Eine Anzahl yon Rindern, die mit einer Stierhodenlymphe yon niederem vaecinalen Titer, aber hoher Virulenz eutan anscheinend reak- tionslos geimpft wurden, ergab bei der Wiederimpfung 50% Revacci- nationserfolge.

8. SehlieBlich mSchten wir bemerken, dab sich ffir praktische Zweeke die Verwendung einer Lymphe hohen Titers empfiehlt, und

Zeitschr. f. Hygiene. Bd. 115. 46

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704 M. Kaiser, M. Gherardini und H. K. Michna.

dab fiir den Fall, Ms wissenschaftliche Untersuchungen gemachb wer- den sollen, der Damm als einzige und beste Impfstelle in Betracht kommt.

9. Seit der systematischen Durchimpfung der Kfihe eines friiher h~ufig yon Kuhpocken heimgesuchten GehSftes sind dort der~rtige Erkrankungen nicht mehr aufgetreten. Auch sind vaccinale Melker- erkrankungen sei~ der Durchimpfung des Personales vor Dienstantritt nicht mehr zu verzeichnen gewesen.

10. Die yon uns vorgenommenen Impfungen lief~en sich mit einiger Asslstenz glatt und unschwer vornehmen, die Tiere litten nicht darunter, die FreBlust und der Milchertrag haben in keiner Weise abgenommen~