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141 &er d<e Verteilung des Energiestroms bei der T&aZre&xion ?ran 3. Noether (Mit 1 Figur) Im Falle der Totalreflexion verlauft bekanntlich im zweiten, dem optisch diinneren Mittel eine sogenannte idtornogene WeZZe, deren Auftreten notwendig ist, um den erforderlichen Stetigkeits- bedingungen des E'eldes an der Grenzflache geniigen zu konnen. Die Behandlung diesesReflexionsfalles mittels im strengen Sinne ebenen Wellen, die zur Ableitung der auch hier gultigenFresne1- schen Gleichungen ausreichend ist, liefert aber keine Erklarung dafiir, woher die Energie dieser inhomogen en Welle entnommen wird, da diese Form der Berechnung den durch die Grenzflache tretenden EnergiefluB an jeder Stelle im Zeitmittel zu Null er- gibt. Offenbar ist irgendwie der Rand des Wellengebiets, der so noch nicht beriicksichtigt wird, f iir den Energieiibertritt aus- schlaggebend. Auger in einer alteren von H. Weyl angeregten Untersuchung 1) ist dieses Problem neuerdings in einer groBeren Brbeit von J. Picht 2, ziemlich weitgehend diskutiert worden, der den Fall behandelt, daB nicht eine ebene Welle, sondern ein auf einen kleinen raumlichen Winkel beschranktes Licht- biindel aus dem optisch dichteren Mittel auf die Trennungs- flache unter einem mittleren im Gebiet der Totalreflexion ge- legenen Winkel auffallt. Das bemerkenswerte Resultat dieser letzteren Untersuchung war, daB der iibertretende Energiestrom sich im Zeitmittel in der Grenzflache nach einer h'urve ver- teilt, die ein Maximum in den geometrischen Grenzen des Biindels hat und ahnlich wie eine F r e s n e l sche Beugungs- 1) E. Funk, Reflexion und Brechung optiscber Kugelwellen und 2) J. Picht, Beitrag zur Theorie der Totalreflexion. Ann. d. das Problem der Totalreflexion. Phys. (5) 3. S. 433. 1929. Diss. T. H. Ziirich, 1921.

Über die Verteilung des Energiestroms bei der Totalreflexion

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Page 1: Über die Verteilung des Energiestroms bei der Totalreflexion

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&er d<e Verteilung des Energiestroms bei d e r T&aZre&xion

?ran 3. N o e t h e r (Mit 1 Figur)

Im Falle der Totalreflexion verlauft bekanntlich im zweiten, dem optisch diinneren Mittel eine sogenannte idtornogene WeZZe, deren Auftreten notwendig ist, um den erforderlichen Stetigkeits- bedingungen des E'eldes an der Grenzflache geniigen zu konnen. Die Behandlung diesesReflexionsfalles mittels im strengen Sinne ebenen Wellen, die zur Ableitung der auch hier gultigenFresne1- schen Gleichungen ausreichend ist, liefert aber keine Erklarung dafiir, woher die Energie dieser inhomogen en Welle entnommen wird, da diese Form der Berechnung den durch die Grenzflache tretenden EnergiefluB an jeder Stelle im Zeitmittel zu Null er- gibt. Offenbar ist irgendwie der Rand des Wellengebiets, der so noch nicht beriicksichtigt wird, f iir den Energieiibertritt aus- schlaggebend. Auger in einer alteren von H. Weyl angeregten Untersuchung 1) ist dieses Problem neuerdings in einer groBeren Brbeit von J. P i c h t 2, ziemlich weitgehend diskutiert worden, der den Fall behandelt, daB nicht eine ebene Welle, sondern ein auf einen kleinen raumlichen Winkel beschranktes Licht- biindel aus dem optisch dichteren Mittel auf die Trennungs- flache unter einem mittleren im Gebiet der Totalreflexion ge- legenen Winkel auffallt. Das bemerkenswerte Resultat dieser letzteren Untersuchung war, daB der iibertretende Energiestrom sich im Zeitmittel in der Grenzflache nach einer h'urve ver- teilt, die ein Maximum in den geometrischen Grenzen des Biindels hat und ahnlich wie eine F r e s n e l sche Beugungs-

1) E. Funk, Reflexion und Brechung optiscber Kugelwellen und

2) J. P i c h t , Beitrag zur Theorie der Totalreflexion. Ann. d. das Problem der Totalreflexion.

Phys. (5) 3. S. 433. 1929.

Diss. T. H. Ziirich, 1921.

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kurve verlauft, indem sie nach beiden Seiten rasch mit einigen Schwankungen abfallt (a. a. 0. S. 463 Fig. 4, 5). Auffalliger- weise ist aber die Richtung der Energiestrtimung nicht etwa gleichsinnig nach dieser Kurve verteilt, so da6 etwa auf der einen Seite des Biindels die Energie zum optisch-diinneren Mittel iibertrate und auf der anderen Seite zuriickflutete, wie man wohl zunachst erwarten wiirde, sondern es besteht eine feinere Unterteilung, nach der die Energie in vie1 kiirzeren Abstanden durch die Trennungsfliiche hindurch hin- uud her- flieBt. Die Ursache dieser Erscheinung, die im ganzen die Form einer Schwebung hat, ist bei dem mathematisch-kom- plizierten Charakter der ganzen Untersuchung nicht leicht zu durchschauen ; einer Anregung aus Physikerkreisen folgend, will ich aber hier eine ganz elementare Erklarung dafiir geben, die an einem vereinfachten Fall unter Beseitigung aller mathe- matischen Schwierigkeiten das physikalisch Wesentliche un- mittelbar clurchsichtig macht.

Die genannte Untersnchung geht davon aus, daB man ein solches Lichtbundel im AnschluB an P. Deb y e l) als ein Integral uber ebene Wellen von unter sich gleicher Intensitat darstellen kann, die sich samtlich in dem geometrischen Brennpunkt des Biindels durchkreuzen, und deren Normalen den geometrischen Offnungswinkel des Biindels erfiillen. Das fur uns Wesent- liche tritt aber schon dann in Erscheinung, wenn man statt dessen nur 2 oder 3 sich i n einer Linie durchkreuxende ebene Wellen ins Auge fa&, die kleine Winkel miteinander ein- schlieben. Die physikalische Erklarung ist namlich so: Der EnergiefluB wird nach dem Po in t i ng schen Satze bekanntlich durch das Produkt der elektrischen Feldstiirke E init ent- sprechenden Komponenten der magnetischen Feldstarke H in der Lichtwelle gemessen. Bei einer einzelnen ebenen Welle haben die in Betracht zu ziehenden Komponenten von E und H gerade eine Phasenverschiebung von ein Viertel Wellenlange untereinander, so dab ihr Zeitmittel gerade den Wert 0 ergibt. Wenn aber 2 Wellen von etwas verschiedener Richtung zu- sammenwirken, so ist 2. B. auch das Produkt einer Kom-

1) P. Deb y e , Das Verhalten von Lichtwellen in der Nahe eines Brennpunktes oder einer Brennlinie. Ann. d. Phys. (4) 30. S. 755. 1909.

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f'ber die I'erteilang des Energieslroms bei de7 Totahef Zexion 143

ponente El aus der ersten Welle mit einer Komponente H, aus der zweiten Welle in Betracht zu ziehen. Diese treffen in irgendeinem Punkte auf der Grenzflache mit einer anderen, eben von dem Richtungsunterschied und der seitlichen Lage des Punktes abhangigen Phasenverschiebung ein, wie Fig. 1 ohne weiteres zeigt; ihr Produkt kann daher nicht mehr das Zeitmittel 0 ergeben, sondern zeigt eine harmonische Ab-

Entstehung der Phasenverschiebung Fig. 1

hangigkeit von der Lagenkoordinate auf der Grenzflache. Diese entspricht der genannten ,,Kr&uselung" der Energie- iibertrittskurve.

Urn diese einfache Uberlegung analytisch zu prazisieren, legen wir ein Koordinatensystem nach Fig. 1 fest: y- und z-Richtung in der Trennungsebene, x-Richtung in deren Nor- malen, und die einfallenden Wellen, zunachst 2, sollen sich in einer der z-Richtung parallelen Geraden durchkreuzen. Die Einfallswinkel der beiden Wellen seien u1 und us. Sie lassen sich also h c h die Phasenfunktionen

beschreiben, wobei n die Frequenz pro Sekunde, il die Wellen- lange im optisch dichteren Medium becleutet, wahrend A,, die

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im optisch dunneren Medium sei. Die Dielektrizitatskonstante sei E im ersteren, 1 im letzteren Medium, also A,, = L f ; und E > 1. Wir behandeln nur den Fall, daB beide Wellen senk- recht zur Einfallebene polarisiert seien, also fur jede der ein- fallenden Wellen die Komponenten

E z , H , = l / F E Z . sin cc, HY = - l /FEz. cos a vorhanden sind. Die zugehorige retlektierte Welle mit den FeldgroBen E,', Hx', H,' erhalt man hieraus durch Ver- tauschung yon u mit n - cjc , die gebrochene (inhomogene) Welle, mit den FeldgroBen Esr' , Hx" , Hy" durch Vertauschung von a mit dem Brechungswinkel ,I!?. Dabei sol1 wegen der Voraussetzung der Totalreflexion sin ,B = v l sin u > 1 , also cos l4 = 1/ 1 - sin2 @ rein imaginar, = i q , sein. Die Stetigkeitsbedingungen E, + Ez' = Ez" HY + H,' = H," ergeben jetzt die E'resn e l schen Gleichungen, von denen wir nur die eine brauchen:

und

und ebenso fiir die andere Welle mit Index ,. Wenn beide Wellen im angegebenen Sinn uberlagert werden, so lautet der Ansatz sinngemal3

uud die fragliche zur Trennungsfliiche senkrechte Energiestrom- komponente ist:

Sx = -& Realteil (E1;") . Realteil (H ").

Man muB hier, fur die Trennungsebene x = 0 , Amplituden und Phasen einfiihren und die Phasenunterschiede der ein- zelnen Faktoren beachten, aus denen dieses Produkt sich zu- sammensetzt. Zwischen EYZ und - iq, E y z , eloenso zwischen Ei, und - iq, E i z ist dieser Phasenunterschied + R und diese Teilprodukte ergeben daher im Zeitmittel 0. Dagegeii ist der Phasenunterschied zwischen 1 3 g z und - iq, EYz bzw. zwischen EYz und - iq, E i s wegen der Phasenfaktoren (1):

R + I . y . (sin a, - sin u2).

(3) E," = EYz + Ei,, Hy" = HyY + H$,= - i(q, Eiz + q2 E i J ,

(4) Y

1 2 n

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Uber die Verteilung des Energiestroms bei der Totakeflezion 145

Also wird hier das Zeitmittel nach bekannten Regeln

Diese Gleichung zeigt, daB die durch die TrennungsflSiche hin- durchtretende Energiestromkomponent,e S2 in einer einfachen harmonisch-periodischen Abhangigkeit von der Iioordinate y steht, und diese Periodizitat entspricht der eingangs er- wahnten Erscheinung. Denn ihre Periode --- stimmt

in der Tat mit der von P i c h t (a. a. 0. S. 448, 463) berechneten in der GroBenordnung iiberein, wenn man unseren Winkel ccl -az mit dem dort angenommenen Offnungswinkel des Lichtbiindels gleichmacht. Dies ist aber naturgemai8 bei unserem Ansatz, bei dem die Wellen in der y-Richtung nicht begrenzt sind, die einzige Veriinderlichkeit in der Verteilung der betreffenden Energiestromkomponente. Der obenerwahnte seitliche Inten- siyatsabfall, der analog einer F r e sn e l schen Beugungskurve verlauft, tritt hier noch nicht in Erscheinung. Wenn man aber auBer den beiden betrachteten Wellen noch eine dritte hinzufiigt, etwa mit dem Einfallwinkel a. = +(al + uz), so setzt sich der Energiestrom in unmittelbarer Bbertragung der G1. (5) aus drei Teilen zusammen, die sinngemaB in der Haupt- sache von den drei Differenzen a, - ul , (ill - u,, az - a, ab- hangen. Man bekommt namlich, wenn man diese drei Rich- tungsunterschiede als gering uud die drei Amplituden E“ als annahernd gleich annimmt, ferner y’ = y cos u, setzt, statt (5):

a (sin a1 -sin a,)

1 . (a - a ) 2ny ’ - sin U __ 2 2

2 n y‘ -- u2) - a 1 2 n y‘

* cos- (a1 - az) - 4 a ’ und sieht somit, daB diese Verteilung den Charakter einer ziemlich raschen Xchwebung hat (Schwebungsperiode = 3 Schwin- gungsperioden), also schon Intensitatsanhaufungen des Energie- stroms anzeigt. J e mehr Teilwellen man hinzufugt, desto mehr

Annalen der Physik. 5. Folge. 11. 10

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konzentriert sich die Erscheinung zu dem F r e s n e l schen Inten- sitatsverlauf.

Der gedanklichen Entstehung nach ist der periodische Verlauf der G1. (5)) wie Fig. 1 am deutlichsten zeigt, ahnlich wie eine F r a u n h o f e r sche Beugungserscheinung erklart, so daI3 man im Gesamtresultat die bekannte uberlagerung von Fresne lscher und F r a u n h o f e r scher Beugung wiederfindet. Uberraschend ist dabei nur, daB die letztere hier rascher ver- Snderlich ist als die erstere, wahrend man in der Optik sonst an das Umgekehrte gew6hnt ist. Aber das liegt daran, daB der Offnungswinkel des Bundels in der numerischen Rechnung ziemlich gro8, ungefahr loo, gewiihlt war, wahrend in der Beugungsoptik mit vie1 feineren Offnungen gearbeitet wird. Bekanntlich rucken ja die Beugungsspektren mit zunehmender GroBe der 6ffnung enger zusanimen.

Bingegangen 6. Juli 1931)