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140. Uber die Viskositat wassriger Losungen von Pektinstoffen, besonders von Natriumpektaten von H. Deuel und F. Weber. (18. VII. 45.) 1. Allgemeines. In der umfangreichcn Pektinliteratur des 19. Jahrhunderts finden sich kaum An- gaben nber die Viskositgt (=V.) wilssriger Pektinlosungen. Baltutl) erwahnt, dass die V. der Losungen durch Elektrolyse stark abnimmt. Gleichzeitig werden reduzierende Grup- pen gehildet. Miink und Laida) betonen, dass Pektin schon in geringer Konzentration die V. des Wassers erhoht. duch von FeZZenberg3) machte nur qualitative Angaben iiber die V. Er beobachtete u. a. eine Abnahme der V. bei der Alkalieinwirkung und die ge- ringere V. von Losungen des Rubenpektins gegcniiber denen des Apfelpektins. Die ersten quantitativen Angaben der V. stammen wohl von Ball4), der die Zunahme der V. bei der Einwirkung des Enzyms Pektase (am Syringa vulgaris) bestimmte. Seit etwa 1924 hat man sich eingehend mit der V. von Pektinlosungen befaest. Viskosimetrische Messmgen eignen sich zur Bewertung von Pzktinpriiparaten und Pektinrohstoffen, zum Studium von Extrak- tions- und Reinigungsmethoden, zur Bestimmung des Pektinabbaus bei der Gewinnung von Pektinderivaten, bei der Untersuchung von Koagulationsvorgangen, zur Aktivitatsbestimmung pektolytisch wir- gender Enzyme usw. Die V. sol1 im folgenden stets durch die Zahigkeitszahl B charakterisiert werden. Dazu ist die genaue Kenntnis der Konzen- tration an Reinpektin (durch Titration oder Decarboxylierung) not- wendig. qsp = qre1-1 qre,= V. der Losung/B. des Losungsmittels. m = Milliaq. Gesamt-COOH des Pektins pro 100 cm’ LBsung. Z ist ein Mass fur die Viskositatserhohung durch 1 Milliaq. ge- lostes Pektin. Stets mussen die Messbedingungen genau angegeben sein, da Z fur ein bestimmtes Pektinpriiparat keine Materialkonstante darstellt und leicht im Verhaltnis 1 zu 10 je nach Zusammensetzung der Losung und je nach Stromungsbedingungen variieren kann. Eine Extrapolation vop Z fur die Pektinkonzentration Null und den Geschwindigkeitsgradienten Null wird nicht vorgenommen. l) Fischer, Jahresber. chem. Technik 352 (1896). 2, Mon. sci. [a] 20, 221 (1906). 3, Bioch. Z. 85, 118 (1918). 4, Sci. Proc. Roy. Dublin SOC. 14, 349 (1915). 69

Über die Viskosität wässriger Lösungen von Pektinstoffen, besonders von Natriumpektaten

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140. Uber die Viskositat wassriger Losungen von Pektinstoffen, besonders von Natriumpektaten

von H. Deuel und F. Weber. (18. VII. 45.)

1. Allgemeines. In der umfangreichcn Pektinliteratur des 19. Jahrhunderts finden sich kaum An-

gaben nber die Viskositgt (=V.) wilssriger Pektinlosungen. Baltutl) erwahnt, dass die V. der Losungen durch Elektrolyse stark abnimmt. Gleichzeitig werden reduzierende Grup- pen gehildet. Miink und L a i d a ) betonen, dass Pektin schon in geringer Konzentration die V. des Wassers erhoht. duch von FeZZenberg3) machte nur qualitative Angaben iiber die V. Er beobachtete u. a. eine Abnahme der V. bei der Alkalieinwirkung und die ge- ringere V. von Losungen des Rubenpektins gegcniiber denen des Apfelpektins. Die ersten quantitativen Angaben der V. stammen wohl von Ball4), der die Zunahme der V. bei der Einwirkung des Enzyms Pektase (am Syringa vulgaris) bestimmte. Seit etwa 1924 hat man sich eingehend mit der V. von Pektinlosungen befaest.

Viskosimetrische Messmgen eignen sich zur Bewertung von Pzktinpriiparaten und Pektinrohstoffen, zum Studium von Extrak- tions- und Reinigungsmethoden, zur Bestimmung des Pektinabbaus bei der Gewinnung von Pektinderivaten, bei der Untersuchung von Koagulationsvorgangen, zur Aktivitatsbestimmung pektolytisch wir- gender Enzyme usw.

Die V. sol1 im folgenden stets durch die Zah igke i t s zah l B charakterisiert werden. Dazu ist die genaue Kenntnis der Konzen- tration an Reinpektin (durch Titration oder Decarboxylierung) not- wendig.

qsp = qre1-1 qre,= V. der Losung/B. des Losungsmittels. m = Milliaq. Gesamt-COOH des Pektins

pro 100 cm’ LBsung.

Z ist ein Mass fur die Viskositatserhohung durch 1 Milliaq. ge- lostes Pektin. Stets mussen die Messbedingungen genau angegeben sein, da Z fur ein bestimmtes Pektinpriiparat keine Materialkonstante darstellt und leicht im Verhaltnis 1 zu 10 je nach Zusammensetzung der Losung und je nach Stromungsbedingungen variieren kann. Eine Extrapolation vop Z fur die Pektinkonzentration Null und den Geschwindigkeitsgradienten Null wird nicht vorgenommen.

l) Fischer, Jahresber. chem. Technik 352 (1896). 2, Mon. sci. [a] 20, 221 (1906). 3, Bioch. Z. 85, 118 (1918). 4, Sci. Proc. Roy. Dublin SOC. 14, 349 (1915).

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- 1090 - Beim *Vergleich verschiedener Pektinprapwate miissen die ver-

schiedenen, die V. beeinflussenden Faktoren moglichst konstant ge- halten werden. Es sind vor allem zu beriicksichtigen: Veres t e r u n g s - g r a d des P e k t i n s m i t Me thano l , P e k t i n k o n z e n t r a t i o n , R e inh ei t s g r a d , E l e k t r o ly t e, Temper a t u r , S t r o miin g s b e d i n g u n g e n und Hers t e l l u n g s - a r t de r Losung. Selbstverstandlich muss ein irreversibler Ab- bau der labilen Pektinmolekel verhindert werden. - Zur che- mischen Charakterisierung von PektinprBparaten stehen zahl- reiche Methoden zur Verfiigung. Nur das Molekulargewicht ist schwierig zu ermitteln (Ultrazentrifuge, Osmose, Endgruppen, Stro- mungsdoppelbrechung, Fiillungstitration). Hier kann nun gerade die V. zur ,4bschiitzung des Molekulargewichtes - wie allgemein nach Staudinger bei hochmolekularen Verbindungen - gute Dienste leisten. Der hochpo lymere B a u des P e k t i n s kann als gesichert angesehen werdenl). Die V. wird ausserdem in noch unbekannter Weise vom eventuellen Verzweigungsgrad der 3lakromolekeln und der P o 1 y d i s p e r s i t 5 t beeinflusst.

Prinzipiell ist das viskosimetrische Verhslten des Pektins iihnlich wie das anderer heteropolarer Linearkolloide. Sicher spielt jedoch seine spezielle Konstitution eine wesentliche Rolle. Pektin ist der pa r t i e l l e M e t h y l e s t e r d e r Po lyga lak tu ronsaure . Seine SaIze werden als P e k t i n a t e bezeichnet. Die Salze der methoxylfreien PolygalakturonsBure, der sog. P e k t i n s a u r e , heissen P ek t a t e. - Die stsrke Variabilitiit der Ziihigkeitszahl Z unter verschiedenen Messbedingungen ist qualitativ weitgehend verstiindlich. Es sol1 hier auf den oft diskutierten Einfluss der L a d u n g , der H y d r a t a t i o n und des K n a u e l u n g s z u s t a n d e s d e r F a d e n m o l e k e l n , sowie der As s o z i a t io n z wi s c h e n d e n Makr o m ole k e ln nicht eingetreten werden. Durch die Formulierung der ,,Eigengesetzlichkeit der Eol- loide“ werden die an sich schon komplizierten Viskositatsverhaltnisse nur einem tieferen Verstandnis entzogen. Die V. schliesst sich, ahnlich wie z. B. die Dissoziation, eng dem Verhalten niedermolekularer Elektrolyte an. So ist es wohl auch unzweckmassig zu behaupten: “The viscosity is not directly associated with the chemical structure of pectin.” 2,

Z u sa t z n i e d e r molekular e r

l) G. Bertrand und A. &IaZl2vre, C. r. 119, 1012 (1894); K. Smolenski, C. 1924, 11, 316; K . H. Meyer und H. Mark, Aufbau d . hochmolekularen Naturstoffe, Leipzig, 1930; G . wan Iterson, Chem. Weekb. 30, 2 (1933); S. Norel l , L. Baur und R. P. Link, J. Biol. Chem. 105, 1 (1934); P. B. Myers und G. L. Baker, Delaware Agr. Exp. Stat. 187, 1 (1934); F . A. Henglein und G. G. Schneider, B. 69, 309 (1936); IT. Svedberg und N . Graltn, Nature 142, 261 (1938); G. H . Beawen, J . K . N . Jones, F . Smith, Chem. and Ind. 17, 363 (1939); P . A . Lewene, G . M . Meyer und M . Kuna, Sci. 89, 370 (1939); S. Luckett und F . Smith, SOC. 1940,1106, 1114 und 1506; S. Saverborn, KolI. Z . 90,41 (1940).

*) 2. I . Rertesz, Am. SOC. 61, 2544 (1939).

1091 - Das Pektin zeichnet sich durch grosse Elektrolytempfindlichkeit und komplizierte

Loslichkeitsverhiiltnisse aus. Wasserunloslich ist das auf unbekannte Weise im pflanzlichen Gewebe verankerte Protopektin. Erst durch einen Hydrolyseprozess wird es - ahnlich wie Kollagen in Gelatine - in wasserlosliches Pektin ubergefuhrt. Die Wasserloslich- keit der Pektine nimmt mit fallendem Molekulargewicht und steigendem Veresterungs- grad zu. Loslich sind die Pektinate und Pektate der Alkalien, des Ammoniaks und ver- schiedener organischer Basen (Pyridin, Nicotin, Morphin, Brucin, aliphatische Amine). Die Gegenwart niedermolekularer Elektrolyte beeinflusst die Loslichkeit stark. So ist z. B. Natriumpektat in Wasser gut loslich, in 0,l-n. NaOH jedoch kaum loslich. Pektin lost sich dagegen in 0,l-n. NaOH und bleibt auch nach Verseifung zu Pektat in Losung. Fektin I6st sich nicht wie Cellulose in 14-molarer Phosphorsaure oder in Kupfer-tetrammin- oxyd. Dies beruht auf der Anwesenheit der Carboxylgruppen. Allgemein zeigt sich, dass je leichter ein Pektin bestimmten Molekulargewichtes in Losung geht, desto hoher auch die Zahigkeitszahl Z ist. So nimmt die Loslichkeit und die V. cet. par. mit steigendem Ver- esterungsrad und mit steigender Dissoziation der COOH- bzw. COOMe-Gruppen zu.

Fur die viskosimetrische Abschatzung des Molekulargewichtes diirfen sich die zu messenden Systeme nicht in Koagulation oder Gelierung befinden. Durch Strukturbildung ist meist ein Anstieg der V. festzustellen'). Nach Herstellung der Losung muss die Ein- stellung eines Gleichgewichtszustandes abgewartet werden. Dies gilt besonders fur Losungen hoheren Pektingehaltes2).

-

2 . Ni t ropek t in . Wegen dieses zunachst so unubersichtlichen Verhaltens des Pektins erscheinen

Messungen der V. an Pektinderivaten erfolgversprechender. Die Umsetzungen in poly- mer-analoge Verbindungen erfolgen aber nach den heutigen Methoden entweder unter fur Serienanalysen zu umstandlichen Bedingungen oder unter einem kaum zu vermeiden- den Abbau. Eine gewisse Verbreitung haben nur Bestimmungen a n Nitropektin gefunden. Nitropektin wurde wohl zuerst bereits 1833 von Braeonnot3) hergestellt, wenn er selbst auch von Pektinsaure spricht. In einer Anmerkung zu der Ubersetzung dieser Arbeit schreibt Liebig, dass (wenigstens bei Starke) eine Salpetersaureverbindung entsteht. D a m haben erst wieder I(. Smolenski und W. Pardo4) Nitrate (und Acetate) von Pektinstoffen gewonnen. Sie bestimmten die V. in verd. Alkali. Iii zahlreichen Untersuchungen be- schaftigten sich Henglein und Mitarb.5) mit der V. acetonischer Nitropektinlosungen zur Bestimmung von Molekulargewichten. Diese Studien waren fiir die Konstitutionsermitt- lung des Pektins von Bedeutung. Die Gelierfahigkeit envies sich als eindeutige Funktion viskosimetrisch (und osmotisch) ermittelter Molekulargewichte. Es wurde eine k,-Kon- stante nach Staudinger von 6 x 10-4 festgestellt. Sie lie@ zwischen den k,-Konstanten fur Nitrocellulose und Nitrostarke. Die V. von Nitropektinen ist dann auch von anderer Seite bestimmt wordens). Die Viskositatsverhdtnisse sind auch nicht so einfach, wie

I ) A. G. Normann, Biochemistry of cellulose, the polyuronides, lignin etc., Oxford, 1937; G. L. Baker und &I. W . Goodwin, Delaware Agr. Exp. Stat. 216, 1 (1939); H . Deuel, Ber. Schweiz. Bot. Ges. 53, 219 (1943).

z , E . W. Bennison und F. W. Norris, Biochem. J. 33, 1443 (1939). 9 A. 7, 245 (1833). 4, C. 1933, I, 1604. 5 ) F. 4. Henglein, G.G. Schneider und Mitarb., B. 69, 309, 2530 und 2537 (1936);

70, 1611 und 1617 (1937); 71, 1353 (1938); G. G. Schneider und H. Bock, Z. angew. Ch. 51, 94 (1938); H . Bock und R. Einsele, J ,pr . [2] 155, 225 (1940); H . Bock, Ch. Z. 65, 461 (1941); H . Bock, J . Sammerl und M . Josten, J. pr. [2] 158, 8 (1941).

6, T. K . Gaponenkoto, C. 1940, I , 3257; A. G. Olsen, R. F. Stuewer, E. R. Fehlberg und N . ill. Beach, Ind. Eng. Chem. 31, 1015 (1939); S. Saverborn, loc. cit. (1940); iM. Liidtke und H . Felser, A. 549, 1 (1941); H , Deuel, loc. cit. (1943); A. Zeller, Gartenbau- forsch. i. Dienste d. Kriegsern. Sef t 1 (1943).

1092 - -

zuerst angenommen wurde. Die Zahigkeitszahl Z ist sehr stark von der Nitropektin- konzentration abhangig. Die Abweichungen vom Hagen- Poiseuille’schen Gesetz sind be- deutend. Sicher ist der Einfluss deq Nitrierungsgrades auf Z erheblich, der des Vereste- rungsgrades mit Methanol wurde nie untersucht. Die Nitropektin-Methode ist durchaus nicht zurerlassiger als die Bestimmung an geeipneten wassrigen Losungen der Pektin- stoffe, wie nachstehend gezeigt werden 8011.

3. Einf lus s des Veres t e rungsgrades des P e k t i n s auf d ie Vis k o s i t iit .

Der Einfluss des Veresterungsgrades auf die V. wurde in der Literatur meist nicht berucksichtigt. Auf eine Abnahme der V. bei der Demethoxylierung wies zuerst tion PelZenberg’), spater Kertesx2) hin. Die Verseifung kann durch das Enzym Pektase (Phytolipase), durch SSiuren oder durch Basen crfolgen. Es entsteht dabei Pektin- saure oder Pektat. Tritt die Verseifung untcr Bildung wasserloslicher Pektate ein, so nimmt die V. kontinuierlich ab. Man kann die Ver- seifung also viskosimetrisch verfolgen. - Bei einem Verseifungs- versuch mit Ammoniak (Tabelle 1) war nsch 120 Stunden der Methylalkohol zu 98 yo abgespnlten. Nach dieser Zeit war auch die V. auf einen konstanten Wert gesunken, ohne dass dabei ein Ketten- abbau erfolgte.

Tabelle I. Verse i fung v o n P e k t i n m i t Ammoniak.

I n 100 cm3 Reaktionslosung: 2,OO Milliiiq. Ammoniak und m = 0,40 Milliiiq. Pektin (Priiparat 1, anfangs zu 75,5% verestert), Temperatur 20,O0 C.

Verseifungsdauer in Stunden

10

~

Z

1,48 1,31 1,23 1,15 1,08 1,03

~~~~~ ~

Verseifungsdauer in Stunden

- ____

75 100 110 120 130

Z

0,88 0,83 0,81 0,81 0,81

I

Wird bei der Verseifung P2ktinsgure oder unlosliches Pektat gebildet, so nimmt die V. - wenigstens am Ende der Reaktion - durch Gelierung zu. Der Viskositatsanstieg bei der Pektaseverseifung in Gegenwart von Calci~msalzen~) ist durch die Bildung unloslichen C alciump e k t a t e s ver s t andlich . - D er Einf lus s der Met hox ylgruppen auf die V. wurdc bereits fruher eingehend studiert4). Es wurde auch

I ) Bioch.Z. 85, 118 (1918). :) Food Res. 3, 481 (1938). : ) N . G. Ball, loc. cit. (1915); A. C. Sloep, Diss. Delft, 1928. ‘ ) H . Deuel, loc. cit. (1943); F. Weber, Diss. Zurich, 1944.

1093 - -

darauf hingewiesen, dass es empfehlenswert ist, zur Abschatzung von Nolekulargewichten Pektate zu verwendcn. So ist der von Praparat zu Praparat wechselnde Veresterungsgrad ausgeschaltet. Bei der vor- sichtigen Verseifung des Pektinpraparates 1 betrug Z fur das Natrium- pektinat z. B. 2,03 und f i i r das Natriumpektat nur 1,09. - Ein Nach- teil der P e k t a e e besteht darin, dass sie besonders e l e k t r o l y t - em p f i n d li c h sind, da sie pro Grundmolekel eine dissoziationsfahige Carboxylgruppe besitzen. Ma,n darf nur gut gereinigte Pektate ver- wenden. Bereits durch geringen Zusatz von NaOH oder NsCl kann es zu Gelierungen kommen. Strukturhildungen machen sich durch Zu- nahme der V. rnit der Zeit bemerkbar.

Die Demethoxylierung durch Pektase kann ohne Gelierung er- folgen, wenn gereinigtes Pektin, ein Ca---freies Pektasepraparat und ein Zusatz von z. B. Pyridin verwendet wird (Tabelle 2). Es wird auf diese Weise wasserlosliches Pyridinpektat gehildet. Auch hier tritt wahrend der Verseifung Abnahme der V. ein, wie ein Vergleich von Z fur Losung a und b zeigt. Das Pyridinpektst der Losung c wurde durch Verseifung des Pektins mit NaOH, Ausfallung mit HC1-Alkohol, Reinigung mit Alkohol und Losen in verd. Pyridin hergestellt. Theoretisch sollten Losung b und c die gleichen 8-Werte aufweisen.

Zusammensetzung der Losung

Tabelle 2. Verse i fung v o n P e k t i n m i t P e k t a s e i n Gegenwar t v o n Pyr id in .

In 100 cm3 Losung: 5,OO Milliaq. Pyridin und m = 0,92 Xilliaq. Pektin (Rapam t 2, anfangs zu 65% verestert).

Pektase: Extrakt aus je 4 Arbuz-Tabletten. Temperatur 20,OO C.

Messung der V. 4 Tage nach Herstellung der Losungen.

Z

Pektinf Pyridin+ inaktivierte Pektase . .

Pektin+Pyridin+ aktive Pektase . . . .

Pektinsaure + Pyridin + inaktivierte Pektase

(Pyridinpektinat) = a

(Pyridinpektat) = b

(Pyridinpektat) = c 1

0,90

0,50

0,44

- In Tabelle 3 sind Messungen an verschiedenen Pektinen und an

den aus ihnen durch Verseifung mit NaOH gewonnenen Natrium- pektaten zusammengestellt. Stets zeigt das Natriumpektat eine be- deutend geringere V. Die Beziehung zum Gel4egrad ist deutlich, wenn auch nicht eindeutig. (S. u. Beziehung der V. zur Gelierfahig: keit.)

- 1094 -

Tabelle 3.

m = 1,O. - Veresterungsgrade anfangs 5 6 6 5 % . Einige Pektine mit zugehorigen Natriumpektaten.

Pektin in Wasser

Z

0,7? 1,70 2,57 3,78 4,50 4,57 4,96 5,72 6,11 6,25

Natrium- pektat in

0,05-n. NaCl Z

0,38 0,75 0,75 1 1,06 0,98 1,lO 1,11 1,17 1,29

~~ ~~~~

GelQgrad des Pektins)

___^_

45 130 245 245 255 299 255 294 395 284

4. Einf luss verschiedener F a k t o r e n auf die Viskosi ta t . Die Literatur uber den Einfluss verschiedener Faktoren auf die

V. ist sehr umfangreich'). Mit steigender P e k t i n k o n z e n t r a t i o n durchlauft 21 ein Mini-

mum. Der Anstieg bei hoheren Konzentrationen (z. B. mehr als 0,4 yo) ist wohl durch Assoziationen zwischen den Makromolekeln zu erklaren. Bei sehr starker Verdiinnung nimmt Z wegen des erhohten Dissoziationsgrades der Carboxyle zu. Dieser Effekt kann z. T. durch den Zusatz niedermolekularer Elektrolyte ausgeschaltet werden. Dann verhalt sich das Pektin annahernd wie ein homoopolares Linear- kolloid. Da Z bei hoheren Konzentrationen iiberproportional mit der Konzentration snsteigt, sind Unterschiede im Molekulargewicht aus viskosimetrischen Messungen bei konzentrierten Losungen besonders deutlich feststellbar. DieBestimmungen sind jedoch kaum reproduzier- bar und theoretisch besonders schwer auswertbar. Bur Beschreibung der Viskositatsabhangigkeit von der Konzentration wurden ver-

G. Wendelmuth, Koll. Beih. 19, 115 (1924); A.Ohn, Ind. Eng. Chem. 18, 1925 (1926); 22, 635 (1930); H . Liiers und R. Lochmiiller, Koll. Z . 42, 154 (1927); W . Wlo- stowska, C . 1930, 11, 229; K. Smolenski und Mitarb., C. 1930, 11, 1527; S. Gliickmann, KoIl. Z. 55, 64 (1931); 57, 330 (1931); 60, 52 (1932); Kaulbersz-Mary owska, c'. 1933, 11, 148; F. Ehrlich mit H . Grunert, Abderhalden, Hdb. biol. Arbeitsmeth. I , I I , 11, 1503 (1936); E. Sauer und K. Sanzenbacher, Koll. Z. 79, 55 (1937); G. L. Baker und 41. W . GON win, loc. cit. (1939); H. P. Kortschak, Am. SOC. 61, 681 und 2313 (1939); A. G. Olsen, R. F. Stuewer, E. R. Fehlberg und N. M . Beach, loc. cit. (1939); I. T. Horn, Diss. Bern, 1940; S. Siiverborn, loc. cit. (1940); L. Malsch, Bioch. Z. 309, 283 (1941); F. Blank und H. Deuet, Vjschr. Naturf. Ges. Ziirich 88, 161 (1943); H. S. Owens, H. Lotzkar, R. C. Mer- riE2 und &I. Peterson, Am. SOC. 66, 1178 (1944).

m

0,05 0,15

0,26 0,51 0,77 1,03 1,38

1 7 5 4

2,05 2,56

Priiparat 13 Praparat 14 in dest. in 0,05-n. in dest. in 0,05-n. Wasser NaOH Wasser NaOH

Z Z Z Z

2,72 1,02 1,67 0,74 2,79 0,75 1,41 0,42

2,06 0,70 1,16 0,39 1,69 0,76 0,95 0,41 1,42 0,72 0,87 0,42 1,32 0,75 0,83 0,46 1,19 0,71 0,80 0,46

1,24 0,82 0,79 0,47 1,25 0,82 @,78 0,51

- __

- 1,42 I - I 0,54

Priiparat 15 ( Gelbegrad des Pektins: 164)

Z

m

0,05 0,92 0,13 0,58

0,26 0,39 0,52 0,40 0,78 0,36 1 9 0 4 0,40

Priiparat 16 (GelQgrad des Pektins: 414)

Z

1.38 0,82

0,79 0,85 0,85 0,88

~- -

- 1095 -

schiedene empirische Formeln ausprobiert. - In den Tabellen 4 und 5 finden sich einige Bestimmungen verschieden konzentrierter Natrium- Pektatlosungen.

Tabelle 4. Zwei N a t r i u m p e k t a t p r a p a r a t e in dest . Wasser u n d i n 0,05-n. NaOH.

V a r i a t i o n d e r P e k t a t k o n z e n t r a t i o n .

Tabelle 5 . Zwei wei te re N a t r i u m p e k t a t p r a p a r a t e i n 0,05-n. NaOH.

Bestimmung des Gel6egrades mit dem Tarr-Baker-GLI-Tester. V a r i a t i o n d e r P e k t a t k o n z e n t r a t i o n .

Die 2-Werte sind stets in der 0,05-n. NaOH deutlich geringer als in Wasser. Auch der Anstieg von 2 beim Verdiinnen der Pektat- losung ist in der Natronlauge bedeutend weniger ausgepragt. Fiir ein bestimmtes Praparat ist 2 ziemlich konstant, wenn 0,25 bis 1,25 Milliaq. Pektat pro 100 om3 0,05-n. NaOH vorhanden sind. - In Tabelle 6 wurde zum Vergleich noch eine Serie von Natriumalginat-

- 1096 -

lijsungen untersucht. ( Alginsaure = Polymannuronsaure.) Das PrB- parat erscheint nach der V. noch etwas hoherpolymer als das Pektin- praparat 16, das eine sehr gute Gelierfahigkeit zeigt. Die Konstanz von Z fiir das Alginat in 0,2-n. NaOH ist befriedigend. (Pektat kann in 0,2-n. NaOH nicht mehr gemessen werden.)

Tabelle 6. N a t r i u m a l g i n a t i n dest . Wasser und i n 0,20-n. NaOH.

V a r i a t i o n d e r A l g i n a t k o n z e n t r a t i o n .

in dest. Wasser rm I Z in 0,20-n. NaOH

Z

0,028 0,056 0,14 0,28 0,56 0,84 1,26

6,07 5 3 5 4,58 4,14 3,16 2,69 2,Ol

1,11 1,02 1,w 0,96 1,17 1,02 1,11

Ein Zusa tz von n iede rmoleku la ren S a u r e n zu Pektin ver- mindert die V. durch Herabsetzung des Dissoziationsgrades der Carbo- xyle. Die Abnahme von Z ist umso grosser, je tiefer das pR ist. Die Verminderung der V. kann 50 yo betragen. Pektine geringen Ver- esterungsgrades und Pektate konnen durch SBuren ausgeflockt wer- den. - Soweit nicht Koagulation eintritt, setzen auch N e u t r a l - sa lze und Puf fe r losungen Z stark herab. Dadurch konnen die Viskositatsanomalien, die durch den heteropolaren Charakter be- dingt sind, ausgeschaltet werden. Die Verminderung von Z durch Elektrolytzusatz ist umso ausgepragter, je weniger das Pektin ver- estert und je verdunnter die Pektinlosung ist. Bei Reinigungs- methoden, bei denen kein Pektinabbau eintritt, und die eine Ent- fernung niedermolekularer Elektrolyte zur Folge haben, kann Z sehr stark zunehmen.

Ein grundlich mit HCI-Alkohol und iilkohol gereinigtes Pektin, das aus Apfeltrester vorsichtig isoliert wurde, besass in 0,138-proz. Losung ein Z von 2,69. Bei weiterer Reinigung durch Elektrodialyse stieg 2 auf 3,19 (Praparat 1 7 ) .

Wegen des grossen Einflusses geringster Elektrolytmengen auf Z ist von vorneherein ein Elektrolytzusatz zu empfehlen.

Fiir den Einfluss von Salzen gelten die bekannten Regeln von SchuZze-Hardy und Hofmeister. Polyvalente Kationen konnen evtl. eine Umladung der Pektinmakromolekeln bedingen. Salze poly- valenter Eationen, die Pektin auszufallen vermogen, erhohen die V. durch Strukturbildung. Beim Entfernen solcher mehrwertigen Metall- ionen kann daher Verminderung der V. eintreten.

1097 - -

Interessant ist vor allem der Z u s a t z von Basen , die zur Bil- dung wasserloslicher Pektinate und Pektate fuhren. Bei dcr Neutrali- sation der freien Pektincarboxyle nimmt die V. zu, da das Salz starker als die Sarire dissoziiert ist. Schwache Basen wie Pyridin, Nicotin usw., im Uberschuss zugesetzt, verandern 2 kaum, da sie die Dissoziation der Makromolekeln nur sehr wenig zu vermindern vermogen. Salze von Pektinstoffen mit organischen Basen wurden wiederholt studiert l). Braco.nnot2) stellte bereits 1825 wasserlosliches Morphinpektat her. - Bei Verwendung von starken Laugen wird 2 durch Basenuberschuss vermindert, da Verseifung des Methylesters und Verminderung des Dissoziationsgrades des Pektates eintritt. Pektin und Pektinsaure lassen sich claher viskosimetrisch titrieren. Am Weutralisationspunkt besitzt Z ein deutliches Maximum. Bei sehr hohem Uberschnss an starker Lauge tritt zunachst wieder Anstieg von Z ein, als Zeichen einer beginnenden Strukturbildung und Aus- flockung. I n den Tabellen 7 und 8 finden sich einige Messungen uber den Einfluss der NaOH-Konzentration auf die V.

Praparat 18 m = 1,03

anfangs E12,5:/~ verestert

Z

2,00 2,32 1,41 1,27 0,93 0.i9

Tabelle Z u s a t z verschiedene

Priiparat 19 m = 1,08

anfangs 60,674 verestert

Z

1,16 1,31 0,85 0,82 0,61 0.53

NaOH-Konzentration

Pektin in dest. Wasser . . . . . . . Natriumpektinat in dest. Wasser . . Natriumpektat in dest. Wasser . . . Natriumpektat in 0,001-n. NaOH . . Natriumpektat in 0,01-n. NaOH . . Natriumpektat in 0,02-n. NaOH . . Natriumpektat in 0,05-n. NaOH . . Natriumpektat in 0,07-n. NaOH . .

7. N a 0 H -Me ng e n.

0,68 0,48 0,67 I 0,48

Tabelle 8. Na t r i u m p e k t a t i n v e r sc h ie d e n konz en t r icr t e r Na 0 H.

Praparat 20

Normalitat der NaOH

0,0125

1, R. F. Stuewer und A . G . Olc

m = 0,568

z. 1,11 1,oo 0,85 0,84 0.84

n. J. Am. Ph

I m = 0,852 Z

0,88 0,87 I 0,87 --

,rm. Assoc. 29, 303 (1940); H . Deuel, a loe. cit: (1943); H . S . Owens, H . Lotzkhr usw., loc. cit. (1944).

?) Ann. chim. phys. [a] 30, 96 (1825).

0,OO 0,Ol

0,lO 0,20 0,50 1900

2,OO

1) H . Staudinger und E. Trommsdorff, A. 502, 201 (1933); W. Kern, 2. physikal. Ch. [A], 181, 249 (1938).

2, E. Heen, Koll. Z. 83, 204 (1938); W. Pauld und L. Sternbach, Koll. Z. 84, 291 (1938); J . B. Speakman und N. H . Chamberlain, J. SOC. Dyers Col. 60, 264 (1944); W. T . Astbury, Nature 155, 667 (1945).

I 4y14 1,58 I 3J6 1,68

1,06 I 1,36 0,96 1,17 1900 1 , l O 1,Ol 1,19

1,37 1,33

1098 - -

Die P o l y - a c r y l s a u r e l ) und die A l g i n s a u r e 3 , deren Viskositit,sverhalten im ganzen sehr Hhnlich wie das der Pektinsiure ist, losen sich noch leicht in relativ konzen- trierten Elektrolytlosungen (z. B. in 2-n. NaOH). Besonders bemerkenswert ist der deut- liche Unterschied zwischen Poly-galakturondure (Pektinskure) und Poly -mannuronsrZure (Alginshure). Die Pektinsaure ist bei gleich hohen Z-Werten bedeutend elektrolytempfind- licher. Neben der verschiedenen Konstitution der Grundmolekel ist wohl auch der Unter- schied im Aufbau der Makromolekel von Bedeutung. Die Alginskure ist wahrscheinlich /3-glykosidisch und die PektinsrZure a-glykosidisch. Auch das Geliervermogen ist z. B. bei Pektat und Alginat ein verschiedenes. Da zur wassrigen Lasung beim Alginat mehr nieder- molekularer Elektrolyt hinzugefiigt werden kann, ehe Ausflockung eintritt, ist die Aus- schaltung des ionalen Viskositiitsfaktors leichter moglich (Tabelle 6 und 9).

Tabelle 9. N a t r i u m a l g i n a t in v e r s c h i e d e n k o n z e n t r i e r t e r NaOH.

Uber den Einfluss yon N i c h t e l e k t r o l y t e n auf 2 lasst sich schwer etwas Allgemeines aussagen. Geringe Mengen von Bucker oder Alkohol verandern Z kaum. Der bei der Verseifung des Pektins freiwerdende Xethylalkohol ist, wie eingehend gepriift wurde, auf die V. ohne Einfluss. Bei hoheren Alkoholzusatzen muss jedoch, da bereits 0,5 Volumen-% Alkohol die V. des Wassers deutlich erhoht, die V. des Wasser-Alkohol-Gemisches als v,, in Rechnung gestellt werden. Der Einfluss von Alkohol auf Z ist wichtig, da oft das Pektin- praparat vor der Zugabe des Wassers mit Alkohol (oder Aceton) be- feuchtet wird, um die Herstellung der Pektinlosungen zu erleichtern. - Hohere Alkoholmengen (von ca. 10 Volumen- % an) erhohen 2 deut- lich, wiederum a19 Zeichen einer beginnenden Ausflockung. - Hoch- molekulare Beimengungen, wie z. B. Araban, bewirken natiirlich eine Zunahme der V.

Ton grosser Bedeutung ist noch die Temper a t u r bei der Mes- sung und bei der Aufbewahrung der Losungen Tor der Messung. Bei den mitgeteilten Bestimmungen wurde stets eine Temperatur von 20,OO C wahrend der Viskositatsmessung eingehalten. Bur Ver-

1) H . Staudinger und E. Trommsdorff, A. 502, 201 (1933); W. Kern, 2. physikal. Ch. [A], 181, 249 (1938).

2, E. Heen, Koll. Z. 83, 204 (1938); W. Pauld und L. Sternbach, Koll. Z. 84, 291 (1938); J . B. Speakman und N. H . Chamberlain, J. SOC. Dyers Col. 60, 264 (1944); W. T . Astbury, Nature 155, 667 (1945).

- 1099 - meidung von Strukturbildungen in der Losung waren evtl. hohere Temperaturen angebracht. Oberhalb 40° C findet aber bereits, be- sonders im alkalischen und sauren Milieu, eine deutliche Pektin- degradation statt. - Durch geringe Variation der Temperatur wird 2, wie allgemein bei gut dispergierten Systemen von Makromolekeln, nur wenig verandert. Die der Messtemperatur entsprechende V. des Losungsmittels muss natiirlich zur Berechnung von Z verwendet werden. - Das Gefrieren der Losungen vor der Bestimmung der V. beeinflusst, wie Messungen an Pektin und Pyridinpektat zeigten, Z nicht.

Sehr gross ist der Einfluss des Geschwindigkei t sgradien ten auf 2. m e r die Abweichungen vom Hagelz-Poiseuille’schen Gesetz liegen bereits Messungen vor l). Vorliiufig kann aus einer einzelnen Viskositatsbestimmung nicht auf die ganze Fliesskurve geschlossen werden. Fiir Vergleichszwecke muss stets mit dem gleichen Viskosi- meter gearbeitet werden. Bei den eigenen Bestimmungen wurde der Geschwindigkeitsgradient nicht systematisch variiert. Die Messungen der Tabelle 10 sollen nur auf die Bedeutung der Stromungsbedin- gungen hinweisen. Bei Bestimmungen der V. der gleichen Losungen im HBppZer- und Ostzuald-Viskosimeter wurden verschiedene Werte f i i r Z erhalten. Die Praparate 21, l bis 21,7 wurden aus dem Praparat 81 durch Abbau mit dem Enzym Pektinase gewonnen.

100 (Z = 1,03) 93,O 85,6 73,6 63,6 56,4 47,7 40,4

Tabelle 10. N a t r i u m p e k t a t e verschiedenen A b b a u g r a d e s . Xessungen i n zwei Viskosi-

m = 1,02. - Losungsmittel: 0,0511. NaOH. m e t e r n m i t u n t e r s c h i e d l i c h e m Geschwindigkei t sgradien ten .

100 (Z = 0,658) 91 ,o 80,l 65,8 57,l 49,4 37,7 30,l

Praparat Nr.

21 21,l 21,2 21,3 21,4 21,5 21,6 21,7

5. Viskos i ta t von N a t r i u m p e k t a t i n 0,05-n. Nat ronlauge . Nach den bisherigen Erfahrungen scheinen Viskositatsmessungen

an Natriumpektaten in 0,05-n. NaOH bei Pektatkonzentretionen

J. Bonner, Verh. Akad. Amsterdam 38, 346 (1935); I. T. Horn, loc. cit. (1940); H. DeueE, loc. cit. (1943).

- 1100 - von 0,25-1,25 Millilq. pro 100 em3 Losung zur Abschatzung rela- tiver Molekulargewichte geeignet zu sein. Die Natronlauge wird sowohl zur Verseifung des Pektins, als auch zur Unterdriickung des heteropolaren Charakters des Pektates verwendet. Obwohl Natrium- pektat selbst in 0,05-n. NaOH schwer loslich ist, gelingt es, stabile Losungen herzustellen, wenn das Praparat erst in Wasser gelost und darauf mit Natronlauge versetzt wird (s. Methodisches). Diese einfache Methode ergibt befriedigend reproduzierbare Resultate. Voraussetzung ist, dass die Praparate mit HC1-Alkohol und danach mit Alkohol weitgehend gereinigt wurden. Mit dem Pektinpraparat 22 wurden (m = 0,80) bei sechsmsliger Wiederholung' folgende Werte fur Z erhalten: 1,04; 1 , O l ; 1,O.Z; 1,03; 1,09; 1,03. - Aus Tabelle 11 geht hervor, dass sich 8 mit der Zeit nur wenig andert.

0,55 0,95 1,15 1,45

Tabelle 11. Stabi l i tat der Losungen von Natr iumpektat in 0,05-n. NaOH

m = 0,85 Aufbewahrungstemperatur 4O C. Temperatur der Messung (wie gewohnlich) 20,i)" C.

0,54 0,93 1,16 1,46

~~

1 Aufbewahrungsdauer in Stunden I

0,57 0,97 l , l 5 -

_____ 0,54 0,91 1,11 l,53

23 24 25 26

0,56 ' 0,55 0,95 0,94 1,14 1,15 1,46 1,45

Sehr storend bei der becchriebtnen Methode kann sich ein noch geringer Calciumgehalt des Pektinpraparatcs auswirken. Besonders bei schwach veresterten Pektinen ist das Calciurnion schwierig zu entfernen. Wegen Bildung unloslichcn Calciumpcktates sind dann keine brauchbaren Werte zu erhslten. Durch eincn geringen Zusatz von Natriumoxalst vor der Zugsbe der Natronlauge kann diese Schwierigkeit behoben werden (Tabelle 12) . - Es wurde ausser- dem gepruft, dass durch den geringen Oxalatzusatz allein die Vis- kositat von Natriumpektatlosungcn nicht verandert wird. - Ein kiinstlicher Zusatz von 0,05 Milliaq. CaC1, verunmoglicht eine Viskositatsmessung vollig. Enthalten 100 em3 Losung jedoch ausser- dem 0,5 Milliaq. Oxalat, so erhalt man die glcichen 8-Werte wie fur die Losungen ohne CaCI, und ohne Oxalat. Die feinen Calcium- oxalatkrystalle - durch das PEktst geschutzt - storen bei den Mes- sungen nicht, z. T. werden sie durch Filtration entfernt.

1101 - -

Tabelle 12. Z u s a t z v o n N a t r i u m o x a l a t zu L o s u n g e n v o n S a t r i u m p e k t a t i n

0,05-n. N a O H Praparat 27: Ca. -reiches Pektin mit einem Veresterungsgrad r o n ca. 450/,. m = 0,SO.

des Pektins mit HCI- Alkohol in Minuten

0 15 30

nicht messbar

1,69

0,005-n. Oxalat

6 . B ez iehung d e r V i skos i t a t z u m Molekulargewicht u n d z u m K e t t e n a b b a u .

Aus den Untersuchungen von Suverbornl) lasst sich eine (nicht lineare) Beziehung zwischen der V. wiissriger Pektinlosungen und dem mit der Ultrazentrifuge ermittelten Molekulargewicht erkennen. Er isolierte iibrigens aus Zitronensaft ein Pektin, das eine besonders hohe V. der wassrigen Losung aufwies. Ein sehr hochpolymeres Pektin wurde auch von Baker und KneeZand2) aus Preiselbeeren ge- wonnen. Die Polydispersitat der Pektinpraparate geht u. a. aus den Ergebnissen der fraktionierten Flillung3) und der fraktionierten Membranfil trati~n~) hervor. Es werden Fraktionen mit verschiedenen 8-Werten erhalten.

Deutlich zeigt sich die Relation zwischen Molekulargewicht und V. vor sllem beim Abbau der Pektinmakromolekel zu kleineren Bruchstueken. Eine solche Degradation, die auf verschiedenem Weg festgestellt werden kann, ist am einfachsten viskosimetrisch zu verf olgen.

Oft wurde die V. zur Bestimmung des h y d r o l y t i s c h e n A b b a u s durch Sauren herangezogen'). Bei den Untersuchungen von Weber zeigte sich, dass keine feste Be- ziehung zwischen Z, gernessen als Natriumpektat in verd. NaCl, und der Jodzahl besteht. W'underl!y stellte fest, dass mit der Abnahme der V. auch die Reaktionstriibung des Pek- tins rnit Paraglobulin und die Beschleunigung der Erythrocytensenkung vermindert ist. - Schon eine geringe P e k t i n d e g r a d a t i o n d u r c h Ox y d a t ion kann viskosimetrisch leicht beobachtet werdena). Dwight und Kersten') stellten nach der gleichen Methode einen Pektinabbau bei E i n w i r k u n g von R o n t g e n s t r a h l e n fest.

l) loc. cit. (1940). *) Ind. Eng. Chern. 28, 373 (1936). 3, G. G. Schneider und 77. Fritschi, B. 69, 2537 (1936). 4, A. Mehlitz, Koll. Z. 41, 130 (1927). 5 ) E. Sauer und Ti. Sanzenbacher, loc. cit. (1937); G. L. Baker und M . W . Goodwin,

Food Ind. 13, 45 (1941); H . Deuel, loc. cit. (1943); F. Weber, loc. cit. (1944); Ch. Wun- derly, Schweiz. Z. Path. Bakt. 6,437 (1943), und Vjschr. Naturf. Ges. Zurich 89,170 (1944).

") A . G. S o r m a n und F. R'. Norrrs, B onhem. J. 24, 402 (1930); W. v a n B. Robertson, M . W . Rapes und W. Bauer, Biochem. J. 35, 903 (1941); H . Pallmann und H . Deuel, Exper. I , 89 (1945); H . Deuel, Helv. 26, LOO2 (1943).

;) J. Phys. Chem. 42, 1167 (1938).

- 1102 - Vor allem wurden oft irreversible Viskositiitsabnahmen durchspezif ische, h y d r o -

l y t i s c h wirkende E n z y m e , die sog. P e k t i n a s e n , gemessen. Diese Fermente sprengen die glykosidische Bindung des Pektins. Sie spielen in der Phytopathologie die Roue eines ,,spreading factor". Die Aktivitat von Enzympraparaten, die fiir die Klarung von Obst- siiften verwendet werden, laisst sich viskosimetrisch leicht beurteilenl).

Bei systematischen Untersuchungen iiber den Einfluss des Molekulargewichtes auf die V. und andere Eigenschaften diirfte der Abbau durch Pektinase besonders geeignet sein, da hier Nebenreaktionen wie Verseifung, Decarboxylierung und Oxydation praktisch susgeschaltet werden konnen.

I n den Tabellen 13 und 14 sind die Ergebnisse eines A b b a u - versuches m i t P e k t i n a s e zusammengestellt. Die Degradation wurde durch die V. d e r Reak t ions losung , die N a t r i u m p e k t a t - v i skos i t i i t , die J o d z a h l und den Gelhegrad verfolgt.Dns Pektin- praparat 21 wurde vorher griindlich mit HC1-Alkohol und Alkohol gereinigt. Die Reaktionslosung von 3 Litern enthielt 1 yo Pektin und den Ca**-freien, wgssrigen, klar filtrierten Auszug aus 12 g Filtrations- enzym Pectinol. Der Abbau erfolgte bei einer konstanten Temperatur von 18,6O C. Die Unterbrechung der Pektinasewirkung zu gewiinschter Zeit konnte sehr einfach durch die Zugabe von Natronlauge erzielt werden. Bur Bestimmung der Natriumpektatviskositat und der Jod- zahl musste ohnehin Natronlauge zugegeben werden. Bei der Gelee- herstellung wurde die Reaktion durch Aufkochen abgestoppt.

Tabelle 13. V i s k o s i t a t u n d J o d z a h l be im P e k t i n a b b a u d u r c h Pekt inase .

Dauer der Enzym- einwirkung in

Minuten

0 15 30 60 90

120 180 240 360 555

1370 1910

Reaktionslosung (mit Pektin)

m = 5,12 Z in von Z,,

(Z, = 10,8) 100 57,O 38,7 21,l 13,7 8 3 597

2,s

0,6

4,o

1 3

-

Natriumpektat in 0,05-n. NaOH

m = 1,02 Z in 72 von Z,

(Z, = 1,03) 100 92,8 85,5 73,6 63,5 56,3 47,6 40,4 34,4 28,2 18,8 14,O

Zunahme an Alde- iydgruppen in Aq. pro Ag. Pektin (ber. aus Jodzahl)

0,000 0,000 0,008 0,014 0,018 0,023 0,029 0,037 0,055 0,070 0,117 0,148

~ ~~

I ) z. B. G . A. Pitman und W. V . Cruess, Ind. Eng. Chem. 21, 1292 (1929); G. L. Baker und R. F. Kneeland, Ind. Eng. Chem. 27, 92 (1935); H. Liiers und A. Loether, Wschr. Brau. 52, 49 (1935); E. Popowa, Rev. Appl. Mycol. 15, 103 (1936); F. Ehrlieh, Enzymol. 3, 185 (1937); C. 8. Hanes und 2'. N . Morris, Chem. Abstr. 1940, 2946; 2. I. Eertesz, Am. SOC. 61, 2544 (1939); E. Hiibler, Diss. Heidelberg, 1940; M . A. JosEyn und A. Sedky, Plant Physiol. 15, 675 (1940); A. Mehlitz, Bamunn-Xyrbliek, Meth. Ferment- forsch. 2865 (1941); S. C. Wereh, A. A. Bag, 8. W. Jung und A. C . Ivy, Proc. SOC. Exp. Biol. Med. 46, 569 (1941).

1103 - -

Tabelle 14. Viskos i ta t u n d Geleegrad be im P e k t i n a b b a u m i t Pekt inase .

Dauer der Enzym- einwirkung in

Minuten

0 10 20 30 40 50 60 75

120

Natriumpektat in 0,05-n. NaOH Ostwald-Visk.

m = 1,02 Z in yo von Z,

(Z, = 0,468) 100 94,O 88,6 83,l T9,O 73,6 70,4 64,s 51,O

.-

--

I ich

Geleegrad

- _ _ _ ~ _ _ 306 177 16.5 153

Wahrend des Abbaus nimmt Z der konzentrierten Reaktions- lcisung (Pektin) bedeutend rascher ab als Z der verdiinnteren Zatrium- pektatlosung. Die absoluten Werte von 2 sind fiir die Reaktions- losung anfangs vie1 hoher. Bei der Natriunipektatlosung diirfte eine Assoxiation zwischen den Makromolekeln cine geringere Rolle spielen. Fur kleine Unterschiede in der Kettenliinge am Anfang des Abbaus ist die Viskositat der konzentrierten Pektinlosung etwa ebenso emp- findlich wie der Geldegrad. Die Jodzahl ist bei hochpolymeren Pek- tinen wenig empfindlich; sie ist deher zur Bewertung des Pektins fur Gelierzwecke ungeeignet. Die Aldehydgruppen nehmen im Laufe des Abbaus ziemlich regelmassig zu. Selbst bei Abbruch des Versuchs ist der Kettenabbau noch lange nicht bei der Galakturonsaure an- gelangt. - Die Abnahme von Z der Natriumpektatlosung ist anfangs grosser als spater. Ein Abbau zur halben Bettenliinge benotigt eine ume,so geringere Anzahl von Spaltungen und daher um so kiirzere Zei,, je hoher der Polymerisationsgrad des Pektins ist. Fur die Aus- wertung der Abbauversuche ware wichtig, zu wissen, ob der Abbau eine Reaktion erster Ordnung darstellt und wie weit die 8taudinger- sche Viskositatsregel Gidtigkeit hat. Auch der Einfluss der sich wahrend des Abbaus noch veriindernden Polymolekularitzit ware naher zu priifen. - Durch Titrationen wurde festgestellt, dass sich der Veresterungsgrad von 63," yo wahrend des Pektinaseabbaus nicht verandert.

Bei der Darstellung von P e k t i n d e r i v a t e n ist es von Interesse, den dabei evtl. stattfindenden Eettenabbau xu bestimmen. 81s Bei- spiel dafiir diene ein Veresterungsversuch mit Methylalkohol (Ta- belle 15). Hier ist es besonders wichtig, f l i r den Vergleich der Vis- kositaten den stark variierenden Veresterungsgrad auszuschalten. Das Veresterungsprodukt wurde mit Natronlauge verseift, in Pektin- sgure ubergefiihrt und d m n als Pyridinpektat in 0,l-n. Pyridin ge-

- 1104 - lost. J e starker das Priiparat verestert wurde, desto stiirker war im vorliegenden Falle die Molekelverkiirzung.

Tabelle 15. &folek- . labbau b e i d e r V e r e s t e r u n g v o n P e k t i n s i u r e m i t Methanol .

Praparat 28. Die Veresterungsprodukte wurden von Hrn. Dr. E. Eichenberger zur Verfiigung gestellt.

Dauer der Lagerung in HC1-AUrohol

in Stunden

0 24 48 72

Ausgangspektinsaure : Methylierungsprodukt :

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Natriumpktat in 0,05-n. NaOH Veresterungsgrad

m = 0,75 1 % Z -

0,54 63,9 0,55

Veresterungsgrad O f / O

090

47,5 51,l 5495 66 86 95

Pyridinpektat in in 0.1-n. Pyridin,

m = 0,80 2

0,79

0,55 0,48 0,39 0,27 0,16 0,05

') H. W. Buston und H. R. Nan,'i, Biochem. J. 26, 2090 (1932); C. L. Hinton,

*) S. &forell, L. Baur und K. P. Link, J. Biol. Chem. 105, 1 (1934); 31. Liidtke Biochem. J. 34, 1211 (1940).

und H. Felser, A. 549, 1 (1941).

- 1105 -

In Tabelle 1 7 moge noch ein Beispiel der Anwendbarkeit der Pektat-Viskositiit folgen, aus dem hervorgeht, dass A b n a h m e n d e r V. i n k o n z e n t r i e r t e r e n P e k t i n l o s u n g e n nicht auf Pektin- abbau zu beruhen brauchen. Eine O,?'-proz. Pektinlosung wurde mit wenig Thymol versetzt und sterilisiert. D a m wurde sie bei Zimmer- temperatur aufbewahrt. Nach verschiedenen Zeiten wurde die V. der Losung bestimmt, und gleichzeitig wurden aliquote Proben, die mit NaOH zur Ermittlung der Pektat-Viskositat verdiinnt wurden, entnommen. - Viskositiitsabnahmen ohne Nolekelabbau sind bei ein- und mehr-proz. Pektinlosungen noch ausgepragter.

Tabelle 17. Zei t l iche Viskosi t i i ts i inderung e i n e r 0 ,7-proz. Pekt in losung.

Priiparat 29

0,7-proz. Pektin- Lagerungsdauer der losung

0,7-proz. Pektin- losung in Stunden m = 3,5

Z I

xatium$tat in 0,05-n. NaOH. 0,2% Pektat

m = 1,0 Z

120 2,42 0,56 216 2,24 0,55

7. Bez iehung d e r Viskos i t i i t zu r Gel ierf i ihigkei t . Die B e w e r t u n g des Ge l i e rmi t t e l s P e k t i n erfolgt heute

meist nur durch die Eignungsprihng, den Gel ie r tes t . Wird letz- terer durch Zahlen ausgedriickt, so spricht man von Gelfestigkeit oder Gelbegrad.

Das Verhalten beim Eignungstest stellt meist einen schwer entwirrbaren Xomplex vieler Einzeleigenschaften dar. Wenn sich das Material beim Test als unbefriedigend erweist, so ist dadurch noch nicht festgestellt, an was dieses Versagen liegt. Deshalb sollte die Eignungspriifung, soweit es die derzeitigen Kenntnisse gestatten, durch die Bestimmung einzelner Eigenschaften ergiinzt werden. Beim Pektin erscheinen dazu neben der chemischen Analyse gerade viskosimetrische Bestimmungen geeignet zu sein.

Zunachst ist die V. ebenso wie die Gelierfahigkeit (= G.) die Resultierende verschiedener Einzeleigenschaften des Pektinprapa- rates. Aber der Einfluss dieser Eigenschaften auf die V. und auf die G. ist ein verschiedener. Nach zahlreichen Beobachtungen steht ziemlich sicher fest, dass sowohl die V. als aueh die G. cet. par. ein- deutige Funktionen des Molekulargewichtes sind. Es bestehen jedoch keine linearen Beziehungen. Der Vorteil der Viskositiitsbestimmung beruht darauf, dass hier alle ubrigen Faktoren konstant gehalten werden konnen. Es ist also nicht zu erwarten, dass z. B. die Pektat- Viskositkt mit der Gelfestigkeit. durch eine eindeutige Funktion ver- bunden ist, da eben beim Geliertest neben dem Molekulargewicht

70

- 1106 - noch andere Faktoren von einem Pektinpraparat zum andern vari- ieren. Der symbate Verlauf von V. und G . ist daher nur eine Regel mi t Ausnahmen.

Die Verhaltnisse beim Pektin sind ahnlich, wie bei anderen hochmolekularen Ver- bindungen (z. B. Cellulose, Gelatine und Kautschuk), bei denen auch Festigkeitseigen- schaften mit der V. durch ihre gemeinsame Abhangigkeit vom Molekulargewicht ver- kniipft sind. Zur Bestimmung dieser Beziehungen beim Pektin sind noch weitere Unter- suchungen auszufiihren. Sicher liegen die Verhaltnisse etwas anders fiir die Geliereigen- schaften des Pektins a18 z. B. fur die Faserfestigkeit der Cellulose. Bei dem GelbiIdner Pektin kann ein erhohtes Molekulargewicht durch Verminderung der Pektinkonzentration im GelBe ausgenutzt werden.

Auf einige Schwierigkeiten beim Geliertest sei hingemiesen : Die Gelierfahigkeit hangt in unbekannter Weise von den verschiedenen Eigenschaften des Pektinpraparates ab. Mit verschiedenen Pektintypen lassen sich nicht unter gleichen Bedingungen (pH, Zucker, Elektrolytzusatz) GelBe herstellen. Es gibt auch nicht-gelierfahige Pektine, die technische Bedeutung besitzen konnen. Die Herstellung van StandardgelCes ist heikel. ,,The usual commercial practice of determining pectin grade has always been more of an art than a science". (Olsenl). Die gemessene Gelfestighit ist eine undefinierte rheolo- gische Eigenschaft Die GeMekochung und die Festigkeitsmessung sind nicht international standardisiert, so dass Vergleiche schwer moglich sind. Der Geliertest, der durchaus nicht bekiimpft werden 8011, bedarf noch eines eingehenden Studiums.

Beziehungen zwischen der V. und der G . wurden wiederholt festgestellt. Als erste haben wohl Hardyz) und Wendelmuth3) die V. als Mass f i i r die G. verwendet. Vor allem wurde dann von Myers und Baker4) in zahlreichen Untersuchungen eine gewisse Paral- lelitiit zwischen dem durch die V. charakterisierten Polymerisationsgrad und der G. ermittelt. Sie bestirnqten die V. wassriger, 0,B-proz. Pektinlosung. Es wurden Falle beob- achtet, bei denen deutliche Abnahmen der V. ohne solche der G. auftraten. Nach dem Erhitzen von PektinIosungen ist die V. relativ weniger herabgesetzt als die G. Viskosi- metrische Messungen sollen zur Betriebskontrolle brauchbar sein, wenn es sich stets um Pektine gleicher Herstellungsart handelt. - O h 5 ) gibt Grenzzahlen fiir die V. an, bei deren Unterschreitung keine Gelierung mehr eintritt. - Wilsono) stellte eine eindeutige Beziehung zwischen der V. und der G. fest. Die V. wurde an 1-proz. Pektinlosungeil unter Zusatz von Natriumtartrat gemessen. - Z i e g e l m a y e ~ ~ ) verwendet die V. von Obst- siiften beim Eindampfen als Kennzeichen der G. - OZsens) zeigte, dass Zunahmen der V. beim Lagern des Pektins ohne Anstieg der G. auftreten konnen. - Gadduma) fand ver- schiedene Quotienten aus der V. und der G. fiir heisswasser- und saureextrahiertes Pektin. - Auch Bakerlo) und Baker und Kneelanall) bedienten sich der V. von Extrakten zur Beurteilung der G. Eine Viskositlts-Pipette wird aIs ,,jelly-meter" bezeichnet. - B i P ) konstatierte eine gewisse Parallelitat zwischen der V. von 0,75-proz. Pektinlosungen

1) 1nd.Eng.Chem. 25, 699 (1933). %) Biochem. J. 18, 283 (1924).

Koll. Beih. 19, 115 (1924). *) Delaware Agr. Exp. Stat. 141, 14 (1925); 147, 15 (1926); 149, 1 (1927); 160, 1

5, Ind. Eng. Chem. 18, 1295 (1926). B, Ind. Eng. Chem. 20,1302 (1928). ;) Koll. Z. 52, 243 (1930). 8 ) loc. cit. (1933). 9 Agr. Exp. Stat. Gainesville, Florida 268, 1 (1934).

(1929); 187, 1 (1934).

1 ) Food Ind. 6, 305 (1934); 7, 170 (1935). 11) Ind. Eng. Chem. 27, 92 (1935); 28, 373 (1936). l2) Chem. Weekb. 32, 557 (1935).

- 1107 - und der subjektiven Gelbonitierung. - Auch Gaponenkow') schliesst aus der V. auf die G. und das Wasserbindungsvermogen. - EckarP) bestimmte Viskositaten an Pektin- extrakten mit dem Hoppler-Viskosimeter. - Nach Norman3) hangt die V.-G.-Relation vom Pektintyp ab. Bei sehr hochpolymeren Pektinen steigt die V. starker als die G. an. (Das gleiche d a t e auch fur relativ stark abgebaute, kaum gelierende Pektine gelten, SO dass G. als Funktion von V. eine S-Kurve ergibt.) - Wegen des grossen Einflusses von Fremdstoffen auf die V. sol1 nach Ripa4) vorlaufig die Bestimmung von Viskositaten ,,keine allgemeine und anerkannte Bedeutung" besitzen. Er erwahnt, dass von Fellenberg hei einer Beratung im Eidg. Gesundheitsamt in Bern viskosimetrische Xessungen zur Pektinbewertung empfohlen hat. Im Schweiz. Leben~mittelbuch~) wird auch gefordert, dass die spezifische V. bezogen auf die 1-proz. Pektinlosungen nicht weniger als 2,8 be- tragen SOU. Die Messungen werden im Osbwald-Viskosimeter bei 20O C mit 0,03-0,06-proz. Losungen von vorgereinigtem Pektin ansgefiihrt, so dass die relativen V. zwischen 1,25 und 1,50 liegen. - Baker und Gooduii ts) bestirnmten die V. von Tresterextrakten. Fur ein konstantes Verhaltnis zwischen der V. und der G. sollen pH-Werte der Losungen von 2,75 am gunstigsten sein. (Schwach veresterte Pcktine flocken allerdings bei diesem pH bereits aus.) - Bennison und Norris7) nahmen Messungen der V. an 0,B-proz. Pektin- losungen vor. Bei einem hydrolytischen Pektinabbau nahmen mit der Zeit die V. und die G. ab, die G. jedoch relativ rascher. - Xehl i t zs ) mass zur Tresterbewertung die V. von Estrakten. Laboratoriumstrester enviesen sich als bedeutend hochwertiger als Trester der Industrie und des Handels. - Nehli tz und Desme2h8) beobachteten eine gewisse Parallelitat zwischen der V. nnd der G. - Olsen, Stuewer, Fehlberg und Beachlo) verglichen die V. yon 0,8- und 1,O-proz. Pektinlosungen mit den Gelbegraden. Diese Autoren emp- fehlen fur Viskositatsmessungen eine Einstellung des pH auf 4,4--4,5. Xach Liildke und Felserll) verlaufen die V. und die G. nicht immer parallel. - Auch aus Untersuchungen von iClalsch1*) ergibt sich keine eindeutige Relation zwischen diesen beiden Werten. Dies ist auch gar nicht zu erwarten, da seine Pektinpraparaie im Methoxylgehalt und im Rein- heitsgrad sehr verschieden sind. Geeignet erscheint es, die Messungen der V. in Gegenwart von Puffern zur Ausschaltung des elektro-viskosen Effektes auszufiihren. - Auch M e h l i t ~ ' ~ ) vcrwendet die spezifische V. als Mass der G. Er reinigt seine Praparate weitgehend und nimmt dann die Bestimmungen an sehr verdiinnten Losungen unter Zusatz von Koch- salz und Puffersubstanzen vor. - Von Owens, Lotzkar, Merrill und Peterson14) wird eben- falls die ,,intrinsic viscosity" (Z extrapoliert fur die Pektinkonzentration Null) zur Pektin- bewertung empfohlen.

Auch aus den eigenen Untersuchungen (Tabelle 3 und 5 ) geht her- vor,, dass der symbate Verlauf zwischen der V. und der G. nur eine Regel darstellt. Eindeutigere Beziehungen zwischen diesen beiden Groswn sind zu erwarten, wenn die verschiedenen Pektinpriipsrate aus e i n e m Ausgangsmaterial, z. B. durch enzymatischen Abbau, gewonnen werden. Die Pektine unterscheiden sich dann nur im Molekulargewicht (Tabelle 14).

l) C. 1936, 11, 3375. z, Z. Unters. Lebensm. 71, 428 (1936). 3, A.G. f lorman, Biochemistry of cellulose, the polyuronides, lignin etc. Oxfor 1937. 4, R. Ripa, Pektinstoffe., Braunschweig, 1937; V. Congr. internat. techn. chim.

5 , Schweiz. Lebensmittelbuch, 4. Aufl. 189 u. 190 (1937). 6, Delaware Agr. Exp. Stat. 207, 26 (1935); 214, 20 (1938); 216, 1' (1939). 7, Biochem. J. 33, 1443 (1939). 8 , Vorratspflege u. Lebensmittelforsch. 2, 541 (1939). O ) Obst- und Gemiiseverwertungsind. 26, 237 (1939).

lo) loc. cit. (1939). 13) Obst und Gemuse, Heft 11, 4. Aufl. 1944.

ind. agr. Schkveningue 155 (1937).

11) A. 549, 1 (1941). 12) Bioch. Z. 309, 283 (1941). 14) loc. cit. (1944).

- 1108 - In Tabelle 18 sind Bestimmungen an Pektinen zusammengestellt,

die aus verschiedenen Apfeltrestern unter gleichen Bedingungen ex- trahiert wurden. Es wurden stets je zwei Extraktionen nacheinander vorgenommen. Die Viskositiitsmessungen erfolgten , an wassrigen 072-proz. Pektinlosungen. Bei allen Trestern sind die Pektine der zweiten Extraktion nach dem Viskositats- und dem Geliertest minder- wertiger .

Tabelle 18. Bewertung verschiedener Apfeltrester.

Nr. des Tresters

I Erste Extraktion I Zweite Extraktion I m = 1,0

Z

7,11 6,81 6,58 6,25 6,OO 5,50 5,03 3,25

Gelbegrad

318 310 313 254 315 378 271 236

m = 1,0 2

4,57 2,59 1,84 3,78 1,50 2,52 1,49 2,42

Gelhegrad

299 208 154 245 130 265 75

214

In Tabelle 19 sind die Natriumpektat-Viskositaten und GelBe- grade fur einige Pektinpriiparate, geordnet nach steigender Ziihig- keitszahl, zusammengestellt.

Tabelle 19. Bewertung verschiedener Pektinpriiparste.

Gelbegrade

136 135 110 145 163 239 175 190 205 290 350 280 250 311 300 280 383

1109 - -

Z u s a m m e n f a s sung. Die umfangreiche Literatur uber die Viskositat von wassrigen

Pektinlosungen zeigt, dass die komplizierten Viskositatsverhiiltnisse bei Betrachtung des Pektins als heteropolares Linearkolloid ver- standlicher werden.

Die Zahigkeitszahl wassriger Pektinlosungen ist nicht allein vom Molekulargewicht des Pektins abhangig, sondern sie ist zugleich eine Funktion der Pektinkonzentration, des Veresterungs- und Neutrali- sationsgrades des Pektins, der Losungsgenossen, der Temperatur, der Stromungsverhiiltnisse usw.

Sol1 die Viskositat ein Mass fiir das mittlere Nolekulargewicht des Pektinpraparates sein, so mussen alle ubrigen, die Viskositat beein- flussenden Faktoren konstant gehalten werden. Dazu wird die ViskositBt an verdunnten Losungen von Natriumpektat (0,25 -1,25 Nilliiiquivalente Pektat pro 100 em3 Losung), das durch alkalische Verseifung aus grundlich gereinigten Pektinen gewonnen wird, bei 30,0° C in 0,05-n. Natronlauge bestimmt.

Es wird der Einfluss verschiedener Faktoren auf die Viskositiit von Natriumpektatlosungen untersucht. Bum Vergleich werden auch Xessungen an dem bedeutend weniger elektrolytempfindlichen Na- triumalginat vorgenommen.

Die Pektinverseifung kann auch mit dem Enzym Pektase (Phytolipase) durchgefuhrt werden.

Bei einem enzymatischen Pektinabbau (Pektinase) wird die Natriumpektat-Viskositat mit der Viskositat der Pektinlosung, der Jodzahl und dem Gelhegrad verglichen.

Die Viskositat wassriger Pektinlosungen, die zum Gelhegrad in Beziehung steht, ist in den Rahmen der Gesamtanalyse des Pektins zu stellen.

Bei der Ausfiihrung dieser Untersuchungen wurden wir von verschiedenen Seiten, vor allem von Herrn Prof. Dr. H. Pallmann, unterstiitzt. Herr Dr. E. Eiehenberger stellte uns sechs Veresterungsprodukte (Tabelle 15) zur Verfugung. Eine grossere Anzahl von Pektinpraparaten wurden von Herrn Dr. E. Junker') geliefert. Herr Dr. Leutwylerl) be- stimmte die Gelkegrade der Tabelle 14, und Herr dipl. ing. chem. W . Pilnik iiberliess uns die Viskositatsbestimmungen iiber die elektrodialytische Pektinreinigung. Den ge- nannten Herren sei bestens gedankt.

Me t h o d i s ches. Die verwendeten Apf e l t r e s t e r sind Schweizer Handelsware der Jahre 1940-1944. Die P e k t i n e (Nr. 1 4 6 ) wurden aus den Trestern nach dem Verfahren von Olsen

und Xtuewer (Franz. Pat. 796929) gewonnen. Sie wurden stets noch mit HC1-haltigem, 60yo-igem Alkohol auf der Nutsche behandelt und darauf mit verd. Alkohol bis zur Chloridfreiheit gewaschen. Die Praparate enthielten, abgesehen vom Wasser, nur 0,5-4,0~o Fremdstoffe ( Asche, Hemicellulose, Gerbstoffe usw.). Der Veresterungsgrad betrug, soweit nicht besondere Angaben gemacht werden, ca. 62%. Er wurde einfach durch Titration

') Zentrallaboratorium der Unipektin A. G., Ziirich.

- 1110 - der Carboxyle vor (a) und naeh (b) volliger Verseifung rnit Natronlauge bestimmt. Ver- esterungsgrad = 100 b : (a + b).

Die P e k t a t e wurden aus Pektinen durch heterogene Verseifung mit NaOH-haltigem, verd. Alkohol hergestellt. Durch Perkolation mit HC1-haltigem, verd. Alkohol und darauf mit verd. Alkohol erfolgte die Vberfuhrung in Pektinsaure.

Die Alg insaure wurde durch Extraktion rnit 0,2-n. Ammoniumoxalat bei 60° C aus Stipes Laminariae crudus Ph.H.V. isoliert. Das Alginat wurde durch Umfallung mit HC1-haltigem Alkohol gereinigt.

Das Ferment P e k t i n a s e , das Pektin hydrolytisch abbaut, wurde rnit Wasser bei 400 C aus dem technischen Praparat Pectinol dopp. conc. (geliefert von A. Sutter, Uzwil) extrahiert. Das Enzym stammt aus Aspergillus oryzae.

Das Enzym P e k t a s e , das Pektin durch Abspaltung von Methanol zu Pelitinskure verseift, wurde ahnlich wie die Pektinase aus Arbuz-Tabletten (Dr. Schulab G.m.b.H., Munchen) gewonnen. Arbuz wird aus dem Milchsaft von Carica Papaya hergestellt. Die Pektase, ein relativ unspezifisches Enzym, durfte mit der im Priparat vorhandenen Phytolipase identisch sein.

Die V i s k o s i t a t e n wurden, wenn keine besonderen h g a b e n gemacht werden, im H6ppler-Prazisionsviskosimeter bei 20,OO C bestimmt. Vor der Messung m r d e stets durch G 2-Glasfilter filtriert. Als relative Viskositat wurde einfach der Quotient der Fallzeiten fur die Losung und das Losungsmittel verwendet. - Der Einfluss des Ge- schwindigkeitsgradienten, der sehr bedeutend sein kann, wurde nicht genauer festgestellt.

Die Natriumpektat-Viskositiit wurde folgendermassen ausgefuhrt: Zunachst wird der Gehalt des gut gereinigten Pektinpraparates an Gesamt-Carboxylen durch Zu- gabe von Natronlauge im Uberschuss und Rucktitration mit Saure nach zwei Stunden ermittelt. Danach wird auf der analytischen Waage eine Menge Pektin, die der gewiinsch- ten Anzahl Milliaquivalente (z. B. m = 0,800) entspricht, abgewogen. Man gibt das ab- gewogene Pektin in ein Becherglas, befeuchtet es snit 0,5 cm3 60-proz. Alkohol. Hierauf werden 25 om3 Wasser (bzw. 25 cm3 0,02-n.Natriumoxalat) zugegeben und so lange geruhrt, bis sich das Pektin vollstandig gelost hat. Die Losung wird in ein 100 om3- Messkolbchen gegeben und es wird mit c&. 20 om3 Wasser nachgespult. Dann gibt man zu der Losung im Kolbchen genau (5 + m) Milliaq. NaOH und fiillt mit Wasser genau auf 100 om3 auf. Man lasst die Losung ca. 12 Stunden stehen, fitriert durch ein G 2-Filter und bestimmt die Viskositilt.

Der G e l i e r t e s t wurde nach der in den U.S.A. ublichen Methode vorgenommen. (Standardkochung nach Stuewer, Beach und Olsed) und Festigkeitsmessung an den erhal- tenen Gelen mit dem Tarr- Baker-Gel-Tester2))

Die J o d z a h l nach Willstatter und Schudel wurde an je 50 cm3 1-proz. Pektin- liisung festgestellt. Es wurden 20,O om3 0,l-n. Jod und 70 cm3 0,l-n. NaOH zugesetzt. Man lasst genau 20 Minuten stehen, versetzt dann mit 80 cm3 0,l-n. Schwefelsiure und titriert mit 0,l-n. Thiosulfat zuruck. Der Nullwert fur das unabgebaute Pektin (3,s cm3 0,l-n. Jod) und fur die Pektinase (1,4 cm3 0,l-n. Jod) wurden stets in Abzug gebracht. I n Tabelle 13 wurde auf Zunahme an Aquivalenten Aldehyd pro Aquivalent Pektin umgerechnet.

Agrikulturchemisches Institut der Eidg. Technischen Hochschule, Ziirich.

I) Ind. Eng. Chem. Anal. 6, 143 (1934). *) G. L. Baker, Ind. Eng. Chem. 18, 89 (1926).